_Stecher die 2. Testlauf

 

Vorwort

 

Ein gewissenloser Schurke taucht wieder auf und mordet sich durch die Länder. Viele Menschen mussten bereits sterben. Dann erkennen Caroline und Peter den eigentlichen Zusammenhang. Der Ursprung reicht bis ins Jahr 1981 zurück. Zusammen mit einer französischen Agentin fliehen sie auf die Insel Soulebda. Doch hier verbreiten inzwischen Piraten Angst und Schrecken. Als sich die Piraten mit Soulebda anlegen, kommt es zum Kampf. Caroline und Peter stehen in der vordersten Linie. Ob sie diesmal mit dem Leben davon kommen ist mehr als fraglich.

 **

… damals …

 

„Die Lunte brennt, gib Gas!“

 

Während der Jeep mit Dagan losfuhr und deutlich schneller wurde, schien der dickbäuchige Frachter in einer mächtigen Explosion zu vergehen. Trümmerstücke wurden im Hafengelände herumgeschleudert und ein Teil der Reling knallte neben Dagans Jeep.

 

Während sie immer weiter aus der Reichweite fuhren, wurde im Hafen einiges hektisch. Feuerwehren kamen an und die Löschboote fuhren herbei, um größere Schäden zu vermeiden.

 

„Die Idee mit der Funkzündung war genial. Dagan, die Waffen werden nicht mehr eingesetzt.“

„Ja, aber Theobald, der Stecher Vogel wird genau wissen, wem er das zu verdanken hat.“

„Mag sein“, sagte Frank Brauer, „aber jetzt ist erstmal Ruhe im Laden!“

„OK weiter geht’s, das reicht für heute, wir müssen die anderen suchen.“

 

„Theobald, der Stecher, Vogel wir sehen uns wieder.“

Ende von Teil 1

 

 

 

 

 

 

Beginn von Teil 2

Südfrankreich, Heute

In Südfrankreich liegt oberhalb von Monaco die malerische Funkstation der Arme de l’Air am Mont Agel. Ganz oben auf dem Plateau stehen einige Häuschen und Anlagen, ein großes Radom und viele Radar- und Richtantennen. Dazu finden sich Antennendrähte und kleinere Antennen. Am hinteren Bereich der Ringstraße des Stützpunktes stehen drei moderne Wohn-Container mit moderner Abhörelektronik. Davor steht ein rotes Renault Cabriolet, das offenbar einer Frau gehört.

 

In einem der geheimen Abhörräume saß Clair Clament, vom Franz. Auslandsgeheimdienst DGSE. Sie saß im Container Nummer zwei an ihren Funkgeräten und zeichnete seit Tagen Gespräche aus dem Hafenbereich von Monaco und aus Nizza auf.

 

Endlich war es ihr und ihrer Kollegin, Katherine Chevalier gelungen, die verschlüsselten Funksignale von drei Superyachten zu decodieren. Jetzt endlich am Ende der über zweijährigen Aktion waren sie der Auflösung der Verbrechen so nah.

 

Mit ihren Kolleginnen und Kollegen waren sie vor Jahren auf einen internationalen Schmugglerring gestoßen, die wirklich alles schmuggelten, was man als Ganove brauchte und für viel schmutziges Geld erhalten konnte.

 

Auf ihrem Handy summte es und die Kennung von Katherine Chevalier erschien. Sie stand an der gesicherten Türe und bat um Einlass. Clair öffnete Katherine und die beiden jungen Frauen begrüßten sich ausgiebig. Beide waren sie Mitte dreißig, sehr hübsch und wohlproportioniert, Katherine hatte rabenschwarzes schulterlanges Haar und Clair war ein wahrer Rauschgoldengel mit wasserstoffblonden Haaren.

 

„Kathy, ich glaube, diesmal haben wir sie wirklich, schau dir die Daten an, der Computer hat die ganze Nacht gerechnet.“

„Lass mal sehen Clair“ und Katherine sah sich die Daten an und staunte. „Genau das haben wir gebraucht. Das sind die Beweise, auf die wir seit Jahren warten, die sind wirklich da unten auf der „Raffit“ dieser 90 Meter Superyacht?“

 

„Exakt Kathy, außerhalb der drei Meilen Zone, damit man ja nichts machen kann. Und die Leute mit dem Geld kommen heute Abend vorbei, sie haben eine hellblaue Yacht mit der sie hier kreuzen, das ist die „Archangel“ der Name passt ja gar nicht zu dem Pott. Aber den haben sie wohl einem ihrer Auftraggeber anstatt einer Bezahlung weggenommen.“

 

„Clair, wir müssen das melden, wir brauchen heute Abend die volle Mannschaft und es muss geheim bleiben, das muss diesmal super geheim bleiben, Clair, das darf nicht wieder schief gehen, diesmal nicht.“

 

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Kolumbien Drei Tage vorher

Im Südosten von Kolumbien, nahe der kleinen Stadt Ipiales befand sich auf über 2600 Meter eine malerische, auf einer Brücke stehende Wallfahrtskirche, mit Namen El Santuario de la Virgen del Rosario de las Lajas en Ipiales. Die Leute dort nannten sie aber nur „las Lajas“. Nordwestlich der malerischen kleinen Stadt lag der Verkehrsflughafen San Luis.

 

An diesem herrlichen Tag landete wie so oft die große Privatmaschine von „Don Aluego“. Natürlich war das nicht der richtige Name des Mannes, aber man traute sich nicht ihn mit „El Picador“ anzusprechen, so wie er früher einmal genannt wurde.

 

Woher der Name „El Picador“ kam, wusste keiner mehr. Zumindest lebte keiner mehr, der das erklären konnte. Da er aber über sehr viel Geld verfügte und bei seinen Festen immer sehr ausschweifende Verabschiedungen abhielt, nannten in bald alle „Don Aluego“.

Der edle „Don Aluego“ hatte allerdings Blut an seinen Händen und wenn er seine Fabriken aufsuchte und kontrollierte, dann kannte er kein Pardon. Fehler wurden hart bestraft und wer einen Fehler wiederholte, bekam keine dritte Möglichkeit, sondern verschwand einfach, erstochen von „El Picador“, wie ihn seine Leibwächter nannten.

 

In Europa und Asien kannte man den Mann unter seinem richtigen Namen:

 

Theobald Vogel, genannt der Stecher.

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Don Aluego, der Stecher, kam von einer seiner Fernreisen zurück, die nächste würde bald folgen und seine Sekretärin hatte bereits die Hotelbuchungen bereitgelegt. Diesmal würde es nach Südfrankreich zu einem wichtigen Geschäftstermin gehen.

 

„Ist alles bereit für die Transaktion?“ Fauchte er seine beiden Handlanger an und sie bestätigten, dass alles in die Wege geleitet war.

 

„Die Yacht steht bereit und wir haben für die Überraschung gesorgt, diesmal wird es keine Gegenstimmen geben, Sir.“

 

„Ich dulde keinen Wettbewerb in meinen Gebieten, das soll denen ein für alle Mal klar gemacht werden, war das klar. Johannson, sind sie den Dingen nachgegangen?“

Ein großer hagerer Mann, mit ergrauten Haaren kam vor den schweren Eichentisch und bestätigte Don Aluego, dass alles bestens vorbereitet und er persönlich alles überprüft hatte.

„Gut ich will morgen früh um 03.30 starten und jetzt brauche ich meine Massage. Wo sind meine Mädchen?“

 

„Die haben bereits das Wasser eingelassen.“ Hauchte eines der Mädchen.

„Gut ich brauche meine Entspannung, bereitet alles vor, morgen legen wir los.“

 

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Tel Aviv

General Lem stand an der großen weißen Leinwand und beriet sich mit zwei seiner Auswerter. Sie waren den Umweltsündern von Alofi auf den Spuren. Dort hatte Nguyen als Oberschurke eine Insel als künftige Mülldeponie auserkoren und riesige Tunnel graben lassen. In denen wären alle Gifte und Müllarten hineingekommen, die die reichen Staaten nicht selbst vernichten konnten, oder die ihnen zu teuer waren. Nguyen hatte den neuen Markt erkannt und war bereits dabei ihn zu erschließen. In einigen der Tunnel lagerten hochgefährliche Stoffe aus allen Teilen der Produktion. Darunter auch radioaktives Abfallmaterial, das für teuer Geld gereinigt und dann in die Entsorgung oder Endlagerung gehen sollte.

Es hatte Monate gedauert, bis das Team von Lem eine Liste mit allem gefundenen erstellt hatten. Dazu kam, dass einige Stollen so verschlossen lagen, dass sie sich fragten, ob man sie nicht doch besser ungeöffnet lassen sollte.

 

Nachdem die Bestandslisten erstellt waren, ging es daran, die Namen der Verantwortlichen herauszubekommen. Das war dann auch der Moment, wo sich Lem Rückendeckung holte.

Es kamen Namen zum Vorschein, die man öfter in den politischen Zirkeln las, darunter kleine und große Industrielle, dazu Politiker und diverse andere Leute, an die man nicht gedacht hatte.

 

Nun stand Lem vor der Leinwand und sie konstruierten eine Verbindung, die immer größer und vermutlich auch mächtiger wurde. Namen kamen hinzu, wurden eingeordnet und zugewiesen und nach und nach wurden die Linien, die die Verbindungen aufzeichneten immer mehr.

„Herr General, hier sehen wir eine deutliche Zunahme in Deutschland. Dieser Mann da, über den scheint doch sehr viel zu laufen.“

 

„Der Mann war früher bei Goldmann Dachs, wechselte zu UVW und dann zur bayerischen Edelschmide EMW. Mittlerweile sitzt er in Berlin in einer wichtigen Stelle, das ist ein gefährlicher Mann, General.“

„Und dieser Politiker hat sich 20 Jahre hochgedient und nun erkannt, dass man mit verbotenen Dingen schneller zu weit mehr Geld kommt als durch seine Beamtenpension. Dieser Mann ist gierig und zu allem bereit.“

 

„Gut, gemacht. Bleiben Sie dran, dann sehen wir uns in zwei Tagen wieder, meine Herren, ich danke Ihnen, machen Sie weiter.“

 

Lem setzte sich an seinen Schreibtisch und dachte nach. Immer und immer wieder ging er die Schritte durch, die zur Aufdeckung der Trafalgar Gruppe geführt hatte, und wie verstrickt, dies alles miteinander war. Immer und immer wieder liefen die Verbindungen zu dem Deutschen und Lem war sich sicher, dass er einen seiner Agenten in dessen Nähe platzieren musste. Außerdem gab es da noch zwei offene Punkte auf seiner Tafel, die noch nicht mit Personen besetzt waren.

 

Diese Leute, die auf Alofi ihren Müll illegal ablegten, scheffelten nicht nur Millionen, die sachgerechte Lagerung war ihnen völlig egal. Die Insel war am anderen Ende der Welt und was da geschah, das konnte ihnen in Deutschland egal sein.

 

Lem betrachtete seine Tafel und war sich sicher, da gab es noch viel zu tun.

 

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Der Hafenbereich von Monaco

Noch am gleichen Abend traf das Einsatzteam Zebra ein, das waren die Spezialisten für hartgesottene Fälle und alles ausgewiesene Einzelkämpfer und Profis für alles Mögliche und vor allem für alles Unmögliche.

 

Das Team befand sich unter Wasser an Bord eines Atom-U-Bootes der Rubis-Klasse, die S 610 Diamant, die langsam getaucht näherkam.

 

Das Team stieg unter Wasser in zwei kleinste U-Boote um und fuhren damit leise und unsichtbar näher an den Strand und an die magische 3 Meilen Zone heran.

Hier hatten sich die besten Kräfte versammelt, um internationalen Waffenschiebern das Handwerk zu legen. In dieser Nacht sollte um 19:30 die Falle zuschlagen. Jetzt war es gerade 19:05 und da draußen kreuzte die „Archangel“ und stand über Funk mit drei Personen in Kontakt.

 

Ehe die nicht das OK geben würden, gäbe es kein Geld und die Waren würden auf der „Raffit“ bleiben. Um 19:35 drehte die „Archangel“ ein und fuhr auf die Luxus Yacht „Raffit“ zu, kam längsseits und mehrere Personen stiegen um auf die „Raffit“. Die „Archangel“ legte wieder ab und kreiste in weitem Bogen langsam um die Superyacht.

 

Die beiden kleinste U-Boote befanden sich da bereits schon längst unter der Yacht und blieben unsichtbar. Die Taucher waren ausgestiegen und bereit zuzuschlagen.

Neben den beiden Frauen stand Kommandant LeClerc, ein harter Hund der alten Garde, er hatte die Einsatzleitung übernommen und alles koordiniert. Seine Hand ging an das Sprechgerät.

 

„Hier Omega, Zuschlagen!“ Sagte er leise in das Mikrofon und schaute wieder durch das starke Fernglas, hinaus auf die See.

 

Das einzige was man durch die Optik sehen konnte, war, dass die „Archangel“ kurz das Tempo drosselte um dann weiterzufahren. Auf der „Raffit“ schien sich gar nichts zu tun, aber die drei Beobachter wussten genau, das täuschte. Einsatzteam Zebra war längst aus dem Wasser und an Bord.

In diesem Moment kam der junger Funker Villeneuve zu seinem Kommandanten gerannt und rief außer sich: „Chef, Chef, hier kommt ein verschlüsselter Funkspruch rein, der ist an die „Raffit“ gerichtet, wir können nur den ersten Teil entschlüsseln, er lautet „Sofortiger Abbruch!“ Chef?“

 

Der Kommandant griff erneut zu seinem Sprechgerät und in diesem Moment wurde die „Raffit“ in einen riesigen Feuerball gehüllt und verging darin. Trümmerstücke wurden hochgeschleudert und fielen brennend herab ins Wasser. Dann erst kam der laute Knall der Detonation und einige Scheiben klirrten.

Für die Zuschauer am Ufer sah es so aus, als würde da draußen ein riesiges Feuerwerk zu früh und in einem Stück hochgehen. Als sich der Feuerpilz gelegt hatte, war die „Raffit“ im Meer verschwunden und die „Archangel“ raste einsam hinaus auf die offene See.

 

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Im Kommandostand der Franzosen

Kommandant LeClerc schrie außer sich wilde Flüche und forderte immer wieder eine Antwort vom U-Boot, aber der Funk blieb tot. Der junge Funker Villeneuve hielt seinem Kommandanten einen Zettel unter die Nase und dieser las ihn durch.

 

„Was soll ich damit anfangen, ein verschlüsselter Funkspruch und nicht zu knacken, seid ihr völlig von allen guten Geistern verlassen. Ich will, dass das Ding entschlüsselt wird. Es ist mir egal, ob das ein Schleitz Algorithmus ist, oder Schweiz oder sonst was von Algorithmus. Die sollen im Labor diesen Mist entschlüsseln. Der Dreck hat und eben eine Sondereinheit und drei Jahre Arbeit gekostet – verdammt nochmal!“

 

In diesem Moment kam die Meldung vom U-Boot. Es gab an Bord der „Raffit“ keine Überlebenden. Die Beweise waren verbrannt, genau wie das komplette Einsatzteam Zebra. Ein Dutzend Profis war in dieser Nacht ums Leben gekommen.

 

LeClerc sah in die erschütterten Gesichter der beiden Frauen. Er atmete einmal tief durch und kam langsam auf die beiden Mädchen zu. „Sie können abrücken, melden Sie sich Montag bei mir. Wie es aussieht, ist da etwas schief gegangen, aber so richtig schief.“ Er sah sich in dem Container um. Man konnte sehen, dass hier viel und lange gearbeitet wurde.

„Sie können nichts dafür meine Damen, bis Morgen im Büro.“ Damit drehte er um und ließ die beiden Frauen stehen.

 

„Claire, was meinte der Kommandant mit diesem Schleitz Algorithmus? Hast du davon schon einmal gehört?“

„Bisher nicht, aber ich weiß, wo und wie ich da etwas erfahre Kathy.“

 

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Monaco

In einem abseits gelegenen, edlen alten Herrenhaus brannte noch Licht. Bewaffnete Männer liefen vor dem Haus Streife und kontrollierten. Im großen Saloon bewegten sich mehrere Menschen.

„Seid ihr auch wirklich sicher, dass da unten vor zwei Tagen alle verreckt sind?“ Fragte Don Aluego. „Schickt lieber ein Cleaner Team vorbei …“

 

„Das ist nicht nötig, die ganze Yacht ist in Millionen Stücke zerrissen. Die Konkurrenten hat es zerrissen.“

 

„Und die Ware, was ist mit meinem Kokain, ist das gesichert?“

„Das war auf der Begleityacht und ist in Sicherheit.“

„Gut, sonst noch was?“

 

„Ja, eine Abordnung des Geheimdienstes wollte die Aktion hopsnehmen, die sind mit einem ganzen Sonderteam auch mit hochgegangen und sind jetzt Fischfutter.“

„Gut so, weiter, wo waren wir stehen geblieben … Wie war das mit der Abhörstation vom Geheimdienst?“

 

„Da oben in dieser Abhörstation waren zu dem Zeitpunkt zwei Tussies vom Geheimdienst, die haben alle Funksprüche von uns und der Region aufgezeichnet.“

„Ja und, habt ihr sie liquidiert?“

 

„Eine der beiden haben wir bereits ausgeschaltet, die andere aber hat sich abgesetzt, wie es ausschaut, ist die in Deutschland.“

 

„Ja und, fliegt hin und macht sie alle, wenn sie etwas gegen uns vorbringen kann, muss sie weg.“

„Wir wissen, wo sie sich aufhält, aber das ist ein Hochsicherheitsbereich, genauer sie ist in einem Gefängnis abgestiegen und steht dort unter Schutz.“

 

„So, wenn’s kompliziert wird, muss ich wieder selber ran, wie. Zeigt mir, wo die sitzt und was das für ein Knast ist, dann bau ich das Team entsprechend auf.“ Zusammen mit den beiden Männern ging er an einen großen Monitor, der im Raum stand und auf dem ein Logo als Bildschirmschoner diente. Der eine Mann drückte ein paar Tasten am bereitliegenden Tablet und es erschien eine Übersicht von Mittel, bis Süddeutschland.

 

Schnell scrollte der Mann tiefer in die Karte hinein und eine Stadt erschien, Industriegebiete und Straßengebiete, und schließlich erschien das Viertel, in dem sich das Gefängnis befand.

„Also die Frau ist hier in diesem Bereich und …“

 

Theobald Vogel, alias Don Aluego, genannt der Stecher, hörte genau zu und entwickelte einen perfiden Plan.

 

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Paris, Zentrale des DGSE

Am folgenden Morgen saß Claire sehr früh mit einem heißen Kaffee bei Claude, ihrem Bekannten aus der Nachrichtentechnik und sie berieten sich über diesen Schleitz Algorithmus.

 

Claude Barrier war ein tadelloser Ingenieur und ein genialer Hochfrequenzspezialist und weit mehr als nur ein guter Freund von Clair, sie verband eine gute ehrliche Freundschaft, aber es war noch niemals mehr geworden, was beide irgendwie bedauerten.

Claude hielt die heiße Kaffeetasse und trank genießerisch den extrem süßen Kaffee, den Claire ihm gebracht hatte.

 

„Claire, den „von Schleitz-Algorithmus“ hat vor knapp anderthalb Jahren ein Team von Deutschen erstmals entschlüsselt, ich glaube die haben ihn sogar ganz entschlüsselt und das Ding gilt bis heute als extrem gut. Warte, ich habe hier die Daten von meinem Kontakt.

 

Ja, das ist er, das hier ist Randy Tausendvolt! Wir nannten ihn immer so, sein Verstand stand immer unter Strom und der Mann ist ein absolutes Genie. Ich weiß bis heute nicht, weshalb der nicht mehr aus sich gemacht hat.“

 

„Wie meinst du das Claude?“ „Na Randy arbeitet bis heute in irgendeinem deutschen Gefängnis und repariert alte Funkgeräte, soviel ich weiß, ich habe seit einem halben Jahr nichts mehr von ihm gehört. Auf dem letzten Entwicklertreffen war er aber zumindest in Begleitung einer hübschen Frau.“

„Dann ist dieser Nerd offenbar doch einigermaßen normal und nicht so durchgedreht wie all diese anderen Nerds, die sich lieber Binärgeschichten erzählen, als mit einem Mädchen ins Bett gehen.“ Dabei sah Clair Claude mit fordernden Augen an.

 

Claude bemerkte es durchaus, aber er hatte Angst, dass die super Freundschaft durch eine Beziehung, die beim GDSE nie lange hielten, zerstört würde und wechselte das Thema.

„Anscheinend, schau, hier in der Stadt arbeitet er, da im Süden ist dieses Gefängnis. Der Randy ist wirklich sehr gut und war immer ehrlich, vermasselt das nicht. Randy ist ein sehr guter Freund von mir.“

 

„Ja, ist ja gut, wir versenken hier keine Rainbow Warrior, ich will den Typen nur was fragen.“ Claire schaute auf die Adresse und suchte die Stadt auf der Karte. „Naja das ist zwar nicht Berlin oder München, aber immerhin haben die eine Landemöglichkeit und einen ICE Anschluss.“

 

„Wenn du willst, ich kann dir eine Übernachtungsmöglichkeit bei einer Cousine von mir besorgen, ihr würdet bestimmt gut auskommen, sie ist bei einer Zeitung und wohnt in einer wunderschönen Wohnung ganz nahe am Park. Der Park ist echt schön und lohnt sich auf jeden Fall. Na was ist, soll ich?“

 

„Es würde vieles einfacher machen, du weißt, ich hinterlasse ungern Spuren.“

„Jaja und wenn es wichtig ist, dann noch weniger. Ich gebe dir nachher die Daten per Mail. Wolltest du nicht um halb neun zu deinem Chef?“

 

Schon hatte Claire Claude einen zarten Kuss auf die Wange gedrückt und flüsterte ein sanftes „Dankeschön …“, da war Claire auch bereits aus dem Zimmer verschwunden.

Claude schaute auf das Bild, das seine Abschlussklasse zeigte. Randy war wie immer bei den Mädchen zu finden und er selbst stand bei den anderen Nerds, aber es freute ihn, dass sie es alle geschafft hatten, zumindest bis auf Randy, denn er reparierte ja nur alte Funkgeräte …

 

**

 

Paris

„Major Clament, Sie hatten diese Aktion lange geplant und zusammen mit Ihrer Kollegen, Leutnant Chevalier die Aufgabe, die Basis für die Verhaftung zu legen. Verdammt Major, was ist diesmal schiefgegangen?“

 

Kommandant Paul LeClerc stand mit hochrotem Kopf vor den Anwesenden Personen und ließ so richtig Dampf ab. Die Sicherungsgruppe, die rechtzeitig zugreifen sollte, wurde genau wie die beiden Mädchen, Clair und Katherine, angeschissen. Dann kamen die Funker und Auswerter dran, sie hatten diesen Algorithmus zu spät erkannt und nicht entschlüsselt. Der Kommandant kannte kein Erbarmen.

Am Ende beschwor er die Mannschaft endlich diesen Algorithmus zu entschlüsseln und beauftragte Claire damit. Die anderen wurden neuen Aufgaben zugeteilt, nur Katherine wurde verschont, sie würde weiterhin mit Claire zusammenarbeiten dürfen.

 

„Claire, Sie bleiben noch, alle anderen, an die Arbeit.“ Binnen einer Minute war der Saal geräumt und nur der Kommandant und Claire standen sich noch gegenüber.

„Verdammt Claire, wir müssen wissen, wer da im Hintergrund die Fäden zieht. Aber solange dieser von Schleitz uns dazwischen pfuscht, sehe ich schwarz.“

 

„Monsieur Kommandant, ich habe eine klare Spur, aber sie führt mich nach Deutschland und ich weiß nicht, wie umfangreich diese Arbeit wird, es könnte etwas dauern.“

„Claire, Ihr beide seid die Besten in meiner Abteilung, wenn Sie einen Monat brauchen, dann ist es ebenso, ich zeichne keine Monatsprotokolle ab, ich will Lösungen. Also, wann geht es los?“

„Die Koffer sind schon gepackt, Kommandant.“

„Na dann gute Reise, und jetzt raus Claire, passen Sie auf sich auf.“

 

**

 

Mainstadt, In Randys Werkstatt

Randy schaute auf das Display und sah sein Gesicht, das etwas verwackelt war und auf dem Kopf stand. Offenbar befand sich da eine Kamera an der Decke. Da drehte sich das Bild in der Kamera und Randy hielt eine kleine Pik-As Spielkatze in die Luft. Mit einem leisen Surren landete eine fette Fliege auf der Karte und schaute Randy an. Auf dem Display sah man Randys Gesicht in sehr großer Auflösung. Das Bild war ein superscharfes 2K Bild und zeigte Randys zerzauste Frisur.

 

„Brav Theresa, das reicht für heute.“, grinste Randy und schob die Karte mit der fetten Fliege in einen Ladeschacht an seinem Rechner. Das Bild auf seinem Display änderte sich und es wurden einige Verzeichnisse und Tortengrafiken sichtbar.

 

Die vermeintliche Fliege wurde gerade neu aufgeladen und erhielt ein Update.

 

Währenddessen schrieb Randy eine Mail und notierte darin: … Problem mit der Fluglageregulierung gelöst. GPS Sensor aktualisiert und Flugzeit um 31% gesteigert, wünsche frohes Schaffen. Grüße RK.

Die Mail schob Randy auf ein Symbol mit einem siebenflammigen Kandelaber und anscheinend löste sich die Mail in Rauch auf. Randy grinste und verschloss sein Labor in der Haftanstalt. Ein paar Türen weiter trat er durch eine andere Tür und wurde von seiner wunderschönen geliebten Dana umarmt.

„Na du, machst du endlich einmal eine Pause? Ich habe dir schon zweimal eine Mail geschrieben, dass der Auflauf fertig ist, nun komm und lass uns essen, der Auflauf ist super geworden und der Rotwein hatte genug Zeit zum Atmen.“

 

Dana hatte ein Essen gezaubert und verwöhnte ihren Randy gerne. Denn er hatte wieder eines der Probleme ihres alten Arbeitgebers lösen können.

Die fette Fliege aus dem Labor war alles andere als ein fettes Insekt, sie war eine der modernsten Drohnen. Leider hatte dieses Modell immer wieder Probleme im Einsatz gezeigt und sich „verflogen“, was bei Baukosten von einer halben Million Dollar sehr unangenehm war.

Viel wichtiger aber war die Zuverlässigkeit, wenn Leben in Gefahr waren, dann musste die Technik funktionieren, sei es auch nur, in Form einer einfachen fetten Fliege.

 

Dana indes war nicht einfache nur eine Hausfrau, Köchin und Randys Verlobte, sie war eigentlich Dr. Ingenieur und wenn sie nicht gerade elektronische Schaltkreise layoutete, und mit winzig kleinen siebenschichtigen Mainboards herumspielte, dann zauberte sie allerlei herrliche Leckereien.

Während Dana sich zu Randy auf die Couch legte, um eine kleine Nachspeise zu genießen, läutete das Haustelefon. Das Display zeigte Herrn Meyer von der Pforte und er grinste lächelnd in die Kamera.

„Hallo, Randy, Meyer hier von der Pforte. Hier ist Besuch für Sie, dienstlich wohlgemerkt, eine gewisse Clair Clament aus Paris. Kommen Sie bitte vor?“

 

Randy und Dana wechselten einen kurzen Blick. Mehr brauchten beide nicht um sich zu verständigen. „Geh, ich räum auf, Schatz.“, sagte Dana und küsste ihn zart und Randy umarmte seine Dana. „Schatz, lauf mir nicht weg, dein Auflauf war wieder herrlich und ich will mich nachher bei dir bedanken …“

Damit war Randy aus der Wohnung und auf dem Weg zur Pforte. Einer der Vorteile, wenn man im gleichen Gebäude arbeiten und wohnen konnte. Während Randy zur Pforte ging, schaute sich Dana das Bild der Eingangskameras an der Pforte an.

 

Die Französin sah gut aus, elegant gekleidet und mit einer modischen Handtasche. Ihre Schuhe waren bequem und topmodern. Sie sah auf den ersten Blick aus, wie eine Polizistin oder Soldaten, das zeigten ihre Bewegungen und ihr Gang.

 

Als Randy auf sie zuging, begrüßten sie ihn recht förmlich und die Dame zeigte ihm ihren Dienstausweis. Randy betrachtete kurz den Ausweis und schaute kurz in die Eingangskamera und nickte unmerklich. Dann bat er die Dame, mitzukommen. Herr Meyer hatte bereits das Formelle erledigt und die schwere Stahlgittertüre öffnete sich und beide gingen in die Schleuse.

 

**

 

Als Clair Clament mit Randy und Dana Platz genommen hatte, begann sie vorsichtig von dem Einsatz in Südfrankreich zu erzählen und gab nur das preis, von dem sie annahm, dass das unverfänglich genug war. Doch dann kam Clair Clament auf den mit dem „von Schleitz“ Algorithmus verschlüsselten Funkspruch und Randy und Dana schauten sich zum ersten Mal erschrocken an.

 

„Wieso glauben Sie, dass das ein „von Schleitz Algorithmus“ war und nicht eine sehr gute andere, aktuelle Verschlüsselung?“

 

„Unsere Spezialisten konnten nur den ersten Teil entschlüsseln und die kennen sich nun wirklich aus. Selbst unser bester Mann hat sich damit schwergetan und mich an Sie verwiesen, Sie können mir glauben Claude Barrier ist nun wirklich ein Profi in diesen Dingen, was das …“ Randy unterbrach Clair Clament.

 

„Claude Barrier? Reden wir hier von DEM Claude Barrier? 1,98m groß, hager bis dürr, kein Hintern in der Hose, und er trinkt seinen heißen Kaffee mit mindestens 12 Stück Zucker und ohne Milch?“

„Ja, genau diesen Claude meine ich, wir …“ Clair wirkte etwas verunsichert.

 

„Entschuldigen Sie Miss Clament, dann sind Sie aber nicht einfach von der französischen Polizei, oder Surete, dann kommen Sie doch bestimmt von der DGSE, ist das so?“

Clair Clament fühlte sich ertappt, und sie bestätigte. Die Frau neben Randy hatte sie bisher nur betrachtet und analysiert, aber noch nichts zur Sache gesagt. Jetzt sah sie Clair Clament an und lächelte wissend.

 

„Wieviel Schichten konnten Sie denn bisher entschlüsseln? Eine, Zwei oder sogar einige mehr?“

„Wir kamen bis zur vierten Schicht. Wieviel Schichten hat der „von Schleitz“ denn?“

Dana fuhr fort. „Sie haben gerade die Hälfte geknackt, mehr nicht. Das Ding ist heftig. Ursprünglich wurde dieser Algorithmus von einem Deutschen entwickelt, einem Freiherr von Schleitz, das war bereits Ende der Fünfziger Jahre, da kannten wir noch gar keine Möglichkeiten einer mehrschichtigen Verschlüsselung in diesem Stil, da hatte dieser adelige Ex Nazi diesen Algorithmus berechnet und verfasst. Daraus wurde später dieser Code und er galt lange Zeit als unknackbar.

 

Zuletzt wurde der „von Schleitz“ von einer internationalen Verbrecherorganisation namens HEMA eingesetzt und die haben damit, global gesehen, sehr viel Schaden angerichtet.“

Randy stand langsam auf und schien etwas im Kühlschrank zu suchen, doch dann drehte er sich zu Clair Clament um und fragte sie unverblümt. „Und Sie, Clair Clament, dürfen das alles einfach so frei erzählen, keine Verschwiegenheitserklärung oder so ein Zeugs, das wir zu unterschreiben haben. Sie kennen ja nicht einmal unseren Sicherheitsstatus?“

 

Clair Clament sah die beiden an. Irgendetwas war bei den beiden anders. Das waren keine Ermittler, das waren keine Geheimdienstleute und dennoch wussten die beiden Dinge, von denen sie selbst noch nicht einmal Kenntnis hatte. Ihre Informationen über Randy waren unzureichend und über dessen Begleitung wusste sie noch weniger. Außerdem reparierte Randy keineswegs nur alte Funkgeräte. Das sah sie auf den ersten Blick.

 

„Ihren Status kenne ich durchaus.“ Behauptete Clair, „Wissen Sie, bei dem Einsatz, von dem ich erzählte, sind viele Beamte ums Leben gekommen, ich wollte sie fragen, ob Sie bereit wären, uns beim Entschlüsseln zu helfen?“

 

„Das wird mein Chef zu entscheiden haben, aber ich denke, im Rahmen der Amtshilfe sollte da sicher etwas machbar sein. Ich frage mich allerdings, ob Sie die Berechtigung haben, und in dieser Sache direkt anzusprechen?“

 

Clair Clament schaute leicht verlegen und lächelte entwaffnend. „Ja die Genehmigung habe ich, sonst wäre ich gar nicht hier. Es wäre schön, wenn Sie beide dabei helfen könnten den „von Schleitz“ zu entschlüsseln, dann würde das Formelle sicherlich eine reine Nebensache sein.“

„Wissen Sie, Clair Clament, als wir das letzte Mal in die „von Schleitz“ Angelegenheit reingezogen wurde, da hat man uns sehr schnell als Ziel ausgemacht und wollte uns umbringen. Sind Sie sicher, dass Sie alleine hier sind?“

 

„Ja, da bin ich mir ganz sicher, es gibt nur noch meine direkte Kollegin und Freundin, Katherine, die weiß, wo ich bin und was ich gerademache, Moment, ich wollte mich bei ihr eh noch melden. Darf ich?“

„Nein, bitte nicht mit dem Handy, bitte nehmen Sie diesen Apparat hier.“

 

Damit griff Clair Clament zu dem Telefon und rief bei Katherine an. Es läutete mehrfach, dann ging eine Männerstimme an das Telefon. „Inspektor Houlot, Kriminalpolizei, wer spricht da?“

Claire schaltete sofort. „Hier spricht Helga, ist meine Schwester Katherine nicht da? Hat sie etwa schon wieder ihr Telefon verloren?“

 

„Nein Katherine hat ihr Telefon nicht verloren, sie ist verunglückt, Verkehrsunfall, können Sie hier vorbeikommen?“

„Oh nein, ist etwas passiert, ich bin in 20 Minuten da.“ Clair Clament legte auf und sah Dana und Randy mit großen Augen an.

 

„Meine Kollegin ist angeblich verunglückt. Die Kripo holt die Verwandten nur ab bei Identifizierungen, das heißt, sie ist tot. Katherine ist tot!“

 

„OK, das reicht jetzt, kleinen Moment.“ Randy drückte eine Taste auf dem Tablet und auf dem Bildschirm in der Küche verschwand die MTV-Musiksendung, stattdessen schaute sie Frank Brauer an.

„Randy, was liegt an, dass du so spät noch durchrufst, ich dachte du und Dana seid im Kino?“

„Ähh, das wollten wir ja auch, aber der „von Schleitz“ ist wieder los und das hier ist eine Kollegin aus Paris und ihre Kollegin wurde gerade eben tot aufgefunden.“

 

„Klappe halten! Ich lass euch herholen, alle zusammen, wartet, bis die Truppe kommt.“ Damit erlosch der Bildschirm und die Musiksendung war wieder dran.

Keine 5 Minuten später klopfte es an der Tür. „Randy, Dana, hier ist Bernd, wir bringen euch zu Frank. Aufmachen!“

Clair war erstaunt, dass eine ganze Truppe mit Schutzausrüstung und Maschinenpistolen vor der Türe standen und sie durch die Gänge begleiteten.

 

„Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen, all die Leute nur wegen einem Weg zu deinem Chef?“

„Nein!“ Mischte sich Bernd kurz ein. „Beim Letzten Mal, als der „von Schleitz“ aktiv war, wurden wir auch in unserem Gebäude und danach von den Dächern aus angegriffen, deswegen lautet jetzt die Devise: Kein Risiko!“

 

**

 

Mainstadt, In Franks Büro

In Franks Büro, hinter Panzerglasfenstern, saßen jetzt neben Frank Brauer und Wolfgang Decker auch Randy und Dana, sowie Clair Clament.

 

Nach der kurzen Begrüßung durch Frank bat dieser, Clair sich vorzustellen und ihre Geschichte zu erzählen, weshalb sie eigentlich hier war. Schließlich war das ja kein offizieller Besuch, sondern eher ein freundschaftlicher Abstecher.

 

Für Clair war es, als würde jemand wieder die Zeit zurückdrehen.

„Es ist jetzt acht Jahre her. Ich war damals frisch von der Kriminalpolizei zum DGSE dazu gestoßen. Wir hatten den Auftrag eine Organisation in Frankreich und Spanien auszukundschaften und alles für eine Festnahme einzuleiten. Uns wurde damals gesagt, dass das eine bisher unbekannte Organisation wäre.

Leider stellte sich bei unseren Ermittlungen heraus, dass die Organisation sehr gut vernetzt war und dass mindestens drei Kommissare in den küstennahen Regionen dazugehörten.

 

So wurde unsere Planung von Anfang an unterlaufen und alles verraten, was wir geplant hatten. Mein damaliger Verlobter, der zu dem Zeitpunkt Inspektor war, wurde kurz vor der ersten Festnahme entführt und kurz darauf tot aufgefunden.

 

Leider hatte man keine Beweise, dass das mit unseren Untersuchungen in Zusammenhang stand und so wurde das Verbrechen anderen Quellen zugeordnet.

Ein Jahr später war wieder ein Zugriff geplant und ich war mit einigen Kolleginnen und Kollegen, darunter auch Katherine, vor Ort. Der Zugriff verlief schrecklich und blamabel für uns, alles war verraten worden und es wurden mehrere Agenten dabei enttarnt. Da wussten wir, dass in unseren Reihen mindestens ein Verräter war.

 

Die Organisation hatte immer die neusten Informationen und verfügte über ein für uns unknackbares Verschlüsselungsprogramm, an das wir aber nicht herangelassen wurden, das war zu geheim.

Nach diesem Eklat wollten wir endlich alles sauber und richtigmachen und alle die Beweise finden, die uns den Zugriff ermöglichen. In der Zeit wurden zwei der Verräter enttarnt und verhaftet, von dem dritten Kollegen fehlte jede Spur, wir vermuteten, dass er ermordet wurde, hatten aber keinen Beweis.

Dann fanden wir eine Spur, die uns schließlich an die Côte d’Azur führte, und wir begannen das Gebiet systematisch zu überwachen. Wir fanden heraus, dass im Gebiet Monaco, Nizza, Cannes immer größere Schmuggelaktionen mit Tonnen an Rauschgiften stattfanden und dass die Schmuggler mit unknackbaren Verschlüsselungen arbeiteten.

 

Das Einzige, was wir beweisen konnten, war, dass die Bosse sich zu weiteren Absprachen an Bord einer Mega-Luxusyacht namens Raffit treffen wollten um die Planungen für die Zukunft festzulegen. Dass dabei auch anderthalb Tonnen hochreines Kokain gehandelt werden sollte, fanden wir erst später heraus.

 

Jedenfalls war auch das Treffen verraten worden und wir verloren diesmal sogar eine unserer besten Sondereinheiten, als die Luxusyacht vor unseren Augen gesprengt wurde. Das letzte, was uns klar wurde, war, dass dieses verdammte Kryptoprogramm wieder mit dabei war. Diesmal bekamen wir aber den Namen mit, es war der sogenannte „von Schleitz“ Algorithmus.

Bei meinen Nachforschungen wurde mir von Claude Barrier, einem meiner besten Informanten, erzählt, dass der von Schleitz hier in Ihrer Anstalt einmal aufgetreten war und dass der angeblich entschlüsselt werden konnte.

 

Deswegen bin ich hier, um den Schleitz kennenzulernen und eine Waffe zu entwickeln, wir haben zu viel Blut gezahlt.“

 

Decker sah die junge Frau genau an, dann begann er: „Ihr Freund, Claude Barrier, ist in größter Gefahr. Schaffen Sie ihn in Sicherheit, sofern das noch möglich ist. Wir haben vor einiger Zeit das auch schmerzhaft erfahren müssen, dass die Gangster, die mit dem „von Schleitz“ hantieren brutal und gewissenlos sind.“

 

„Aber Herr Decker, Claude ist in der Nachrichtenzentrale absolut sicher, dafür verbürge ich mich und …“

 

Frank schaltete sich jetzt ein.

 

„Claire, bei uns hat man versucht, Randy im Gefängnis zu erschießen und als wir ihn in Sicherheit bringen wollten, hat man uns mit bewaffneten Hubschraubern angegriffen. Claude ist in Gefahr, ich meine, wenn er überhaupt noch lebt.“

 

„Oh nein, kann ich über eine gesicherte Leitung in Frankreich anrufen?“

 

„Selbstverständlich.“ Frank zog das Telefonsystem im Konferenzraum zu sich und drückte einige Knöpfe. Das Telefon war auf laut gestellt und gesichert. Der ganze Raum war abhörsicher und von Randy überprüft worden. Am Konferenztelefon gab es drei Töne und Frank übergab an Claire. Sie gab eine sehr lange Rufnummer ein und alle warteten …

 

**

 

DGSE

In der Nachrichtenzentrale des DGSE klingelte das Telefon. Nicht irgendein Telefon, sondern eines der „HOT“ getauften Telefone, das waren die abgesicherten Sonderleitungen, über die für gewöhnlich Regierungskreise anriefen. Eines war für all diese Leitungen klar, wenn da ein Anruf kam, war er wichtig, daher waren die Leitungen alle extrem gesichert.

 

„Auriel hier, wer spricht?“ Begann der Diensthabende und an der anderen Leitung kam ein „Auriel, hier Cheops. Bitte warten, ich verbinde, Zentrale, bitte übernehmen!“ Es klickte kurz und dann war Claire am Telefon und identifizierte sich mit ihrer internen Nummer AB 41/63 und dem gegenwärtigen Tagescode.

 

„Tagescode akzeptiert, wen wünschen Sie zu sprechen AB 41/63?“ Claire fragte nach ihrem Freund mit der Dienstnummer und der Operator prüfte kurz, dann informierte er Claire.

„Ihr Kontakt hat diese Woche Dienst in Projekt 21. Soll ich dorthin durchstellen?“ Claire stimmte zu und nach einem weiteren „Bitte warten …“ Klickte es kurz und eine Operatorin meldete sich „Zentrale 21, wen wünschen Sie zu sprechen?“

 

Claire identifizierte sich und bat um das Gespräch. Kurz danach meldete sich endlich ihr Vertrauter, Claude Barrier und sie konnten erstmal über die gesicherte Leitung mit ihrem Bekannten reden.

 

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„Projekt 21“, dahinter verbarg sich die Abhörstation des DGSE Netzwerkes in Mutzig im Elsass. Hoch oben in dem wunderbaren Waldgelände lag die alte Feste Kaiser Wilhelm II, die sogenannte Kriegskaserne 3.

 

Zwischen Dangolsheim, Molsheim und Mutzig gelegen war der Standort im Elsass herrlich und der Funkempfang geradezu ideal. In diesen verbunkerten Räumlichkeiten befand sich diese Abhörstation und im Wald standen die vielen Antennen, die alles einfingen, was sie erreichen konnten. Die Nähe zu Deutschland hatte immer wieder zu unguten Gesprächen geführt, aber da das Lauschen ohne Lärm stattfand, war das Interesse irgendwann von alleine erloschen.

 

Heute wurde aber nicht weniger, eher mehr von hier abgehört, aber das meiste erfolgte vollautomatisch und es waren deutlich weniger Soldaten zu sehen als noch vor 30 Jahren.

 

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Im technischen Büro saß Leutnant Claude Barrier und lauschte den Worten von Claire. Während sie berichtete, was sich zugetragen hatte und wer inzwischen umgebracht worden war wurde Claude immer nervöser.

 

Der Abteilungsleiter wollte Claude Barrier aber nicht unterbrechen, denn immerhin war das ein F1 Gespräch, ein Dienstgespräch mit hohem Faktor. Dahinter verbargen sich immer wichtige Informationen, daher ließ er Claude auch in Ruhe und verließ das Büro zusammen mit den beiden Kollegen.

 

„Aber Claire, das ist ja schrecklich. Da bringt jemand unsere Leute um und der kommt offenbar in sensible Bereiche und an sensible Daten. Hast du das schon an Control gemeldet?“

„Control“ war die Interne Überwachung bei der DGSE und würde bei solchen Vorfällen sofort die Leitung übernehmen.

 

„Nein, ich kam noch nicht dazu, ich habe erst vor wenigen Stunden erfahren, was da passiert ist. Abgesehen davon bin ich nicht im Land.“

„Ah, daher diese Sonderschaltung, wen hast du denn da alles geweckt?“

„Willst du nicht wissen, Claude, bitte pass auf dich auf, wer von uns verständigt Control? Ich bin im Ausland und habe keinen Datenzugriff.“

 

„Das mache ich morgen früh, hier sind wir fertig, wir haben einen neuen Auswertecomputer installiert, der sendet die Daten sehr viel schneller in die Zentrale. Wir fahren heute noch zum Flughafen Straßburg und von dort aus geht es direkt in die Zentrale. Ich bin mit Marc und Jules hier, die kennst du ja.“

„Ja die kenne ich, aber passt auf, ich würde keinem trauen, wenn du verstehst, was ich meine.“

„Ja, also ich mache morgen bei Control Meldung, wie erreiche ich dich?“

„Ich rufe dich auf deinem Handy an, die Nummer habe ich im Kopf, ok?“

 

Nach der Verabschiedung legte Claire auf und bedankte sich nochmal für die Amtshilfe.

„Claire, Sie bleiben erst einmal hier. Wie lange sind Sie abkömmlich?“

„Ich habe erst einmal einen Monat frei und meine Leute wissen nur, dass ich nicht im Land bin.“

„Gut, das sollte so bleiben, Sie telefonieren nicht mit Frankreich, nur in unserem Beisein über gesicherte Leitungen.“ Dann schaute Frank Decker an.

 

„Ab sofort herrscht Alarmstufe. Doppelte Posten und Wachen, du weißt, was damals los war. Der „von Schleitz“ bedeutet immer Ärger.“

Mit einem Blick zu Claire lächelte Frank und sagte: „Claire, seien Sie unser Gast. Wir werden Sie beschützen.“

 

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In einem Lear-Jet über Frankreich

Claude Barrier saß mit seinen Kollegen Marc und Jules in dem Lear-Jet und sie flogen zurück zur Zentrale nach Paris. Draußen herrschte ein schweres Gewitter und die Blitze züngelten um ihre Maschine herum.

 

Wie so oft unterhielten sie sich über Sport und Frauen. Jules wurde gerade aufgezogen, hatte er doch am letzten Wochenende mit einer sehr sexy aussehenden Mittvierzigerin ein Stelldichein und sie hatte ihm eine unvergessliche Nacht bereitet.

 

„Wie war das denn mit deiner neuen Flamme, hast du etwas Neues gelernt?“ Marc war wieder in seinem Element und machte einen Spaß nach dem anderen. Am liebsten auf Kosten der anderen, versteht sich.

„Lena ist nicht so, wie du glaubst, sie hat ihren Ingenieur in Elektrotechnik und ja, sie hat mir tatsächlich das Kamasutra nähergebracht.“

Marc setzte noch einen drauf. „Auf alten Gäulen lernt man reiten, ich glaube, bei deiner Lena kannst du noch einiges lernen.“

 

**

 

Was keiner der drei wusste, hinter ihnen flog eine andere Maschine ohne Positionslichter und an Bord verstand man jedes Wort, das die drei sprachen.

 

Gerade als das Thema „Auf alten Gäulen lernt man reiten“ aufkam, sagte die Pilotin nur ein verachtendes „Na wartet mal ihr kleinen Schnellspritzer.“

 

Sie drückte einige Tasten und auf einem der Displays erschien der Lear-Jet vor ihnen und ein Fadenkreuz, das sich der Maschine näherte. Auf einem anderen Display erschien die Kennung des Lear-Jets und daneben ein kleines leeres Feld mit dem Symbol „Preselect“, da leuchtete dort auch die gleiche Kennung des Lear-Jets auf. Ein anderer Schalter mit „Execute“ leuchtete in einem abwartenden blinkenden Rot.

Als das Fadenkreuz die Maschine erfasst hatte, wechselte die Farbe von weiß auf Rot und die Pilotin sprach ein verächtliches „Sagt euren Ärschen einen schönen Gruß von mir!“

 

Noch während die beiden Raketen auf den Lear-Jet zurasten, sagte der Co Pilot zu ihr „Ein Problem weniger, jetzt weiter zum Treffpunkt mit Kajat.“

 

Vor ihnen erhellte ein Blitz den Himmel und der Lear-Jet ging in einer Explosion auf und trudelte der Erde zu. Schließlich brach der Jet auseinander. Brennend verschwand er in den Wolken.

 

„Guter Schuss Lena.“ Sagte die Begleiterin auf dem Co-Pilotensitz und lächelte.

Auf dem Display mit den Flugzeug Kennungen erlosch „Preselect“ und „Execute“ leuchtete nun in Grün auf.

 

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Am anderen Tag stand im Le Monde ein Bericht über den tragischen Flugzeugabsturz eines zivilen Düsenjets. Offenbar hatte ein Blitz einen kleinen Lear-Jet getroffen, der daraufhin auf einem Maisfeld abgestürzt war.

 

Es gab bei dem Unglück keine Überlebenden. Die Lokalpresse berichtete von verschmutzten Maisfeldern infolge Kerosinverschmutzung. Ein kleiner Bauer versuchte erfolglos den Staat zu verklagen, weil der Absturz auf seinem Maisfeld erfolgt war.

 

Ansonsten waren die Fußballergebnisse der Ersten Mannschaft wichtiger.

 

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Flughafen Le Bourget

Der Leiter der BEA, der französischen Untersuchungsbehörde für Flugunfälle, hatte die Berichte zwei Tage später auf seinem Schreibtisch. Das BEA war in etwa vergleichbar mit der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung.

 

Sein Büro auf dem Flughafen in Le Bourget, nahe Paris hatte die Unterlagen bereits vorbereitet und ein Mann in Uniform wartete draußen.

„Was will der Major hier?“, fragte der Direktor Rémi Joytus, seine Sekretärin.

„Monsieur, der Flieger war offensichtlich nicht direkt zivil, das waren Angehörige der Luftwaffe, vermute ich. Ich konnte den Major aber nicht befragen.“

„Ja, er soll hereinkommen, Madelaine.“

 

Der Mann in der blauen Uniform stellte sich als Major Clemens de la Croix vor und zeigte kurz seinen Dienstausweis.

 

„Monsieur le Director, wir haben Hinweise, dass es sich bei dem Flugunfall nicht um einen Blitzschlag handelt, konnten Sie bereits die Flugschreiber auswerten?“

Die Sekretärin des Direktors lächelte kurz und verließ den Raum mit einem Hinweis auf frischen Kaffee. Der Direktor schloss die Tür und schaute sich den Major genauer an.

„Wer ist „Wir“ und von wem kommen Sie genau?“

 

„Ich bin tatsächlich Major und komme vom DGSE. Das war eines unserer Flugzeuge, aber da es eine zivile Zulassung hatte, liegt die Untersuchung in Ihren Händen. Hier bitte, das sind die Unterlagen der Piloten, beides zivile Flieger mit über 2000 Flugstunden auf dem Lear-Jet. Die Passagiere allerdings waren drei Spezialisten der Elektronikabteilung IV. Das waren mit die Besten der Besten.

 

Ich möchte Sie bitten, auf Überspannungsanzeichen in den Flugschreibern zu achten. Wir haben Informationen, dass es sich auch um etwas anderes gehandelt haben könnte, darüber kann ich nichts sagen, um Ihr Urteil nicht zu beeinflussen.“

„Ja, ich verstehe, bitte nehmen Sie draußen Platz, meine Sekretärin hat bereits Kaffee und Gebäck gerichtet, danke.“

 

Während Major de la Croix draußen seinen Kaffee nahm, rief der Direktor den leitenden Untersuchungsbeamten zu sich. Ein erfahrener, sportlicher Mittfünfziger trat ein und besprach sich mit dem Direktor. Schließlich rief der Direktor den Major auch zu sich.

„Herr Major, das sollten Sie sich anhören, es wird sie interessieren.“

Der Mittfünfziger begann. „Ich bin Dr. Ing. Marcus Pêcheur, leitender Untersuchungsbeamter für diesen Fall. Wir haben die Unglücksstelle gesichtet, aber da war bereits ein anderes Team vor Ort, das Untersuchungen anstellte.

 

Als wir eintrafen, fuhren die bereits wieder los und haben auf unsere Rufe nicht reagiert. Wir vermuteten Militär oder Geheimdienst, wegen der speziellen Pariser Kennzeichen. Inzwischen wissen wir aber, dass die Kennzeichen gestohlen waren.

 

Der Punkt ist, als wir eintrafen, fehlten beide Flugschreiber. Als wir die Polizisten befragten, schauten die uns nur dumm an, das waren Gendarmen aus dem Nachbarort und hoffnungslos überfordert.

Auch wenn ich es nicht beweisen kann, so denke ich, dass die Leute die weggefahren sind, die Flugschreiber gesichert haben. Die Frage ist weshalb und wer waren die Leute?“

 

„Merde, jetzt haben wir ein Problem, wurde der Flieger wirklich durch einen Blitz oder durch etwas anderes heruntergeholt?“

 

„Das kann ich Ihnen heute bereits beantworten, der Flieger wurde durch zwei wärmesuchende Raketen abgeschossen. Beide wurden nicht weiter als 500 Meter hinter dem Jet abgefeuert und dazu gleichzeitig. So etwas macht kein Pilot der Armée de l’Air.“

 

Der Major schaute den Mann fragend an. „Gibt es Beweise für Ihre These?“

„Ich bin es nicht gewöhnt, in Thesen zu reden, ich präsentiere Beweise! Ja sicherlich gibt es Beweise. Wir fanden Reste von zwei Infrarot Steuergeräten, diese steckten in den Flügeln und dem Triebwerkansatz. Außerdem fanden wir mehrere Steuerflächen, als eine Rakete hat. Irgendwer hat Ihren Vogel da abgeschossen, Herr Major und zwar mit zwei Raketen!“

„Danke, sehr gut recherchiert, Sie haben nicht zufälligerweise die Auswertung von den Radaraufzeichnungen für den Zeitraum?“

 

Pêcheur lächelte den Major mitleidig an. „Selbstverständlich habe wir diese Daten. Interessanterweise gibt es da einige Ungenauigkeiten, die Sie mir vielleicht erklären können.“

„Ungenauigkeiten? Welcher Art denn?“

 

„Nun der Computer in der Radaranlage in Paris-Orly hat die ganze Zeit über nur ein Flugzeug registriert, die Radaranlage in LeBourget aber hat stellenweise zwei Kontakte sehr nah hintereinander aufgezeichnet, hatte die aber nach einem Datenabgleich mit Orly als Fehler interpretiert.“

„Und weiter?“, fragte der Major.

 

„Nun Orly hat ein neues ziviles Radarsystem und LeBourget hat ein modernes militärisches System im Test, das eine mehr als doppelt so hohe Auflösung bietet, aber noch nicht abgenommen und damit noch im Testbetrieb ist.“

 

„Und was schließen Sie daraus?“

 

„Irgendwer hat sich an den Lear-Jet gehängt und ihn dann über freiem Feld abgeschossen. Danach hat er die Kennung des abgeschossenen Lear-Jets übernommen und flog problemlos weiter. Wer auch immer das war, dahinter steckt geballtes Fachwissen und sehr kriminelle Energie Herr Major.“

 

„Meine Herren, danke für den Kaffee, Sie haben mir sehr geholfen. Meine Dienststelle wird sich bei Ihnen Monsieur Direktor melden, wegen der offiziellen Daten. Nun entschuldigen Sie mich, ich habe jetzt einiges zu tun.“ Damit entschwand der Major mit schnellen großen Schritten aus dem Gebäude.

Der Direktor schaute Marcus Pêcheur noch einmal genau an und flüsterte dann: „Verdammt Pêcheur, passen Sie auf, nicht dass Sie da in etwas reinschlittern, das für uns zu groß ist. Ich glaube, da sind ganz üble Typen mit im Spiel, passen Sie ja auf. Nehmen Sie die Abteilung 4 mit ins Boot, die können Sie brauchen.“

 

Marcus Pêcheur nickte still und bedankte sich. Irgendwie hatte er kein Interesse zwischen die Fronten zu geraten, er stand kurz vor seiner Pensionierung und diese gedachte er, mit seiner jungen Frau Helene, zu erleben.

 

**

 

Mainstadt

Ich stellte mein Auto auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis ab und ging in Richtung Pforte.

Irgendetwas stimmte nicht! Ein ungutes Gefühl beschlich mich und ließ meine Nackenhaare sträuben sich, also blieb ich stehen und schaute mich um. Auf den ersten Blick fiel mir nichts auf, doch dann sah ich, dass der Turm, welcher das Gefängnis weit überragte und kontrollierte, eine doppelte Besatzung hatte.

 

Ich ging weiter zur Pforte und klopfte gegen die Panzerglasscheibe. Auch hier waren zwei Beamte, statt einem und ich winkte ihnen freundlich zu. Beide kannten mich und derjenige welcher am Schaltpult saß, drückte den Türöffner. Mit einem lauten Brummen öffnete sich die schwere Stahlgittertür und ich betrat die Schleuse.

 

Kaum hatte ich die Tür geschlossen, standen zwei junge Beamte vor mir, welche neu in Deckers Mannschaft waren und von denen einer eine MP7 auf mich richtete.

„Personenkontrolle!“, bellte einer der beiden.

„MANN! Was soll der Mist?!“, fragte ich irritiert, denn neben den beiden stand Hannes, doch der hob die Schultern. Ich zog die Augenbrauen zusammen, denn auch er war mit einer Pistole bewaffnet, was während der Tagschicht eigentlich untersagt war, denn viele Gefangene und Waffen auf einer Stelle, vertrugen sich nicht mit der Sicherheit.

„Ich sagte Personenkontrolle!“ Wiederholte der mit der MP und richtete den Lauf auf mich.

„He, das Ding kann gefährlich sein! Ganz ruhig!“

 

„Filzt ihn gründlich!“, erklang eine bekannte Stimme und ich sah zur zweiten Schleusentür, wo Decker im Halbschatten stand.

Ich seufzte und ließ die Prozedur über mich ergehen. Wie im Lehrbuch sicherte der Mann mit der MP den anderen Beamten, während ich mit den Händen an der Wand gelehnt durchsucht wurde.

Als erstes zog mir der Junge meine Sig aus dem Schulterholster, legte sie außer Reichweite, begann mich dann abzutasten und holte nach und nach, alle Gegenstände, wie Handy, Geldbeutel, usw. aus meinen Taschen. Decker war in der Zwischenzeit an uns herangetreten und schaute kritisch zu, immer darauf bedacht, nicht zwischen mir und dem Mann mit der MP zu stehen.

„Sauber!“, sagte derjenige, der mich durchsucht hatte und trat von mir weg.

„STOPP!“, sagte Decker und drückte mich wieder gegen die Wand, als ich weitergehen wollte. „Stehenbleiben!“

 

Mit einem festen Griff hielt er mich fest und griff mir in die linke Hosentasche, drückte mein bestes Stück zur Seite und zog mir mein Taschenmesser heraus. Mit einer geübten Handbewegung, ließ er die Klinge herausspringen und hielt es dem Jungen, der mich durchsucht hatte, vor die Nase. „Was haben wir denn hier? Ein schönes Ein-Hand Klappmesser, mit feststellbarer Klinge! Eine verbotene Waffe…. Nicht so schüchtern sein.“, sagte Decker zu dem Beamten. „Nah am Sack ist eine beliebte Stelle, um Gegenstände zu verstecken.“

 

„Kann ich jetzt endlich von der Wand weg?“, wollte ich von Decker wissen, der mich noch immer festhielt.

Decker ließ mich ohne einen Kommentar los und ich begann meine Sachen wieder einzustecken. „Kannst du mir mal sagen, was das soll?“

 

„Ich bilde aus! Gute Leute fallen nicht vom Himmel!“

„Ich meine auch nicht die beiden hier. Ich will wissen, warum die Wachmannschaft überall verdoppelt ist und alle mit Kanonen herumlaufen.“

„Routine!“, antwortete er und durchbohrte mich mit seinen Augen, die mir zu verstehen gaben, nicht weiter nachzufragen. Zumindest nicht solange wir nicht alleine waren.

Als ich mein Messer wiederhaben wollte, klappte Decker es zusammen und reichte es dem Mann mit der MP. „Das Messer ist als illegale Waffe konfisziert.“

 

„Ist es nicht! Her damit!“ Hier hörte der Spaß auf! Dieses Messer war für mich weit mehr als ein Gebrauchsgegenstand! Unzählige Male hatte es mir gute Dienste geleistet.

Mit einem fetten Grinsen, das sagte, nimm es dir doch, steckte der Junge das Messer ein. Kopfschüttelnd ging ich weiter und bekam meine Chance! Der Junge hatte die MP gesichert und entspannte sich, als ich ihn mit einem gezielten Tritt in die Kniekehle von den Beinen holte. Noch im Fallen, hatte ich ihm die MP aus der Hand gerissen und drückte ihm den Lauf der Waffe gegen die Stirn, als er mit dem Rücken aufschlug. Während ich in seine Tasche griff, und mein Messer herauszog, starrte der Junge zitternd auf die Waffe, die ich gegen drückte. „Erstens:“, belehrte ich ihn. „Nie jemanden zu nah an sich herankommen lassen!“

 

„Was soll das, Peter?!“, fragte Decker. „Willst du zeigen, was für ein toller Kerl du bist?“

„Ich fülle die Wissenslücken, deiner Ausbildung!“, gab ich zurück und drückte den Lauf noch fester gegen die Stirn des Mannes. „Zweitens: Nie die Waffe halten, ohne sie mit dem Gurt am Körper zu sichern! Und drittens und am wichtigsten: Finger weg von meinem Messer!“

„Verdammt Bad-Man! Lass ihn!“ Hannes legte seine große Hand auf meine Schulter und drückte mich nach hinten.

 

Damit zog ich die MP zurück und ging damit in Richtung der zweiten Tür.

„Stein! Die Waffe!“, rief mir Decker nach.

„Die ist konfisziert!“ sagte ich, ohne mich umzudrehen, ließ sie aber vor der Tür auf den Boden fallen.

 

**

 

„Hallo Schatz.“ Begrüßte mich meine Frau Caroline, als ich unsere Wohnung betrat. Caroline und ich arbeiteten nicht nur im Gefängnis, wir wohnten auch dort.

 

Frank hatte mehrere Räume, die früher als Lagerräume, oder Archive gedient hatten und mit dem Aufkommen elektronischer Archive und externer Lieferdienste nicht mehr als solche gebraucht wurden, zu Wohnräumen umfunktioniert, da dies billiger war, als sie zu Zellen umzubauen.

Uns machte es nichts aus hier zu wohnen, denn die Tatsache, dass ich einen Haufen Geld sparte und nur einhundert Meter zu meinem Büro hatte, wiegte die Tatsache auf, dass an meinem Schlafzimmerfenster Gitter befestigt waren. Neben Caroline und mir hatten auch Randy und Dana eine Wohnung gemietet, die nur ein Stockwerk höher lag.

 

„Hallo Liebes.“ Ich trat auf sie zu und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf ihre herrlichen Lippen. Nach all der Zeit fühlte ich noch immer ein Kribbeln, wenn ich Caroline küsste.

„Hast du eine Ahnung, was hier los ist?“ wollte ich von ihr wissen.

 

„Du meinst den Alarmzustand? Nein keine Ahnung. Als ich vom Ministerium kam, wurde ich sogar gefilzt.“

„Ja, mich haben sie auch auf den Kopf gestellt. Seltsam…Decker hat mir zu verstehen gegeben, nicht nachzufragen. Zumindest nicht offiziell.“

„Wir sollten Frank fragen.“ Schlug Caroline vor.

Als ich antworten wollte, läutete das Telefon und ich seufzte.

„Was ist?“, fragte sie.

 

„Das ist Frank!“, antwortete ich, ohne auf das Display zu schauen.

„Woher willst du das wissen und wenn ja, was will er?“

„Ich soll ins Büro kommen, und zwar sofort.“

„Ist was passiert?“

 

„Die Neuen, die mich gefilzt haben, wollten mein Messer konfiszieren.“

„Oh je.“ Seufzte Caroline und sah mich strafend an. „Dann komm ich besser mit und glätte die Wogen.“

 

**

 

„Muss ich dir wirklich sagen, wie bescheuert das war?“, schnauzte mich Frank zehn Minuten später an.

Ich saß ihm gegenüber und Frank hatte seinem Ärger deutlich Luft gemacht. Ich ertrug den Anschiss, doch diesmal funktionierte meine Masche, ein betroffenes Gesicht machen und Besserung geloben, nicht. Frank kannte mich zu gut, um darauf hereinzufallen.

 

„Wolfgang, kannst du uns mal alleine lassen?“, fragte Frank und sah Decker an.

 

„Kein Problem!“ Decker schaute zu mir und schüttelte den Kopf, nicht ohne mir einen warnenden Blick zuzuwerfen. Jetzt klingelten bei Caroline die Alarmglocken! Vor mir erkannte sie, dass diese Situation, von allen anderen unterschied. Diesmal meinte Frank es ernst und Caroline warf sich dazwischen.

„Frank…“

 

„Nein!“ Kam die Antwort schnell und hart. „Diesmal nicht Caroline!“ Frank fixierte mich mit seinen Augen und mir wurde langsam bange. Hatte ich es diesmal übertrieben? „Was hast du dir dabei gedacht?!“, ich schwieg, da ich wusste, dass die Frage rhetorisch war. „Der Mann hat einen Nervenzusammenbruch! In den Einstellungstests hatte er als Bester abgeschnitten, er hatte als einziger die volle Punktzahl erreicht. Jetzt ist er ein nervliches Wrack und wird nie in der Wachmannschaft Dienst verrichten können. Egal was der Amtsarzt sagt, er wird es nicht schaffen. Unter den Umständen, bleibt mir eigentlich nur ihn rauszuwerfen, da er noch in der Probezeit ist und das Ministerium klare Voraussetzungen für diesen Job vorgegeben hat. Möchtest du vielleicht seiner Frau und seiner Tochter sagen, dass ihr Mann und Vater den Job verliert?!“

 

„Frank…“ ich zuckte zusammen, als mir Caroline an das Schienbein trat.

 

„Schnauze! Ich habe dir bis jetzt immer den Rücken freigehalten! Unzählige Male habe ich, gegen alle Widerstände dafür gesorgt, dass du nicht gefeuert wirst und das nur aus einem Grund: Du hast einen guten Job erledigt, doch jetzt habe ich deinetwegen richtig Ärger am Hals, den ich nicht gebrauchen kann. Ich habe gerade genug Scheiße an der Backe, auch ohne einen Mitarbeiter, der meint, er müsste den großen Krieger heraushängen lassen.“

 

Er brach ab und sah mich vernichtend böse an.

 

„Frank, dürfte ich einen Vorschlag machen?“, fragte Caroline vorsichtig und Frank sah sie abwartend an.

 

„Ich habe dauernd Termine bei denen ich zwischen Ministerium, Gefängnis und den einzelnen Büros der Kommission pendeln muss. Für mich wäre es eine große Erleichterung, wenn ich einen Fahrer hätte, dann könnte ich mich schon auf der Fahrt besser auf die Termine vorbereiten. Das wäre doch etwas für den Mann und du bräuchtest ihn nicht zu entlassen.“

 

Frank schwieg eine Zeit lang, dann nickte er und sah mich an. „Du wirst dich bei ihm entschuldigen! Und damit meine ich kein Lippenbekenntnis! Außerdem machst du eine Woche Extratraining mit Decker, der dir zeigt, wie man sich zusammenreißt.“

 

„Geht klar.“

 

„Jetzt scher dich raus, bevor ich dich doch noch feuere.“

 

Ich erhob mich und steuerte die Tür an, als er mir ein, „Das wird sich nicht wiederholen!“, mit auf den Weg gab.

 

„Nein.“ Caroline drehte mich zu ihm um. „Wird es nicht! Ich werde dafür sorgen.“

Frank und Caroline sprachen sich ohne Worte ab und beide wussten, dass sie sich aufeinander verlassen konnten.

 

„Was ich noch fragen wollte“, Caroline war in der Tür stehen geblieben, „was soll eigentlich der Alarmzustand? Gibt es eine Bedrohung? In den Mails habe ich nichts gelesen.“

Frank sah sie an, dann wanderte sein Blick zu mir und anschließend vielsagend zu Caroline zurück.

 

„Routine!“

 

„Und?“, fragte Frank, während er sich die Schläfen rieb. Mittlerweile fühlte er sich müde und schlapp. All der Ärger und Stress der letzten Tage forderten ihren Tribut. Und als ob er nicht schon genug Ärger hätte, fing sein Freund an durchzudrehen!

Randy saß ihm gegenüber und klappte seinen Laptop auf. „Seit wir hier sind, hat sich nicht das Geringste ereignet.“

 

„Was macht unser Gast?“

„Clair geht’s den Umständen entsprechend gut. Dana hat mit Lem und Levi geredet. Lem ist durch das Auftauchen des Schleitz ebenfalls sehr beunruhigt. Er hat zwar nichts gesagt, aber ich glaube, da läuft irgendeine riesen Sache, denn er hat ohne zu zögern Fabienne und Finja abgestellt um in der Sache zu ermitteln.

 

Jedenfalls ist Fabienne nach Frankreich geflogen und hat sich die Autopsie Ergebnisse besorgt. Das Ergebnis der Autopsie ihrer Freundin besagt, dass diese tatsächlich bei einem Unfall ums Leben kam. Aber Fabienne hat es geschafft, sich die Leiche anzuschauen. Sie ist des Nachts in der Gerichtsmedizin eingebrochen und konnte einen Einstich unter der Zunge feststellen. Kaum zu entdecken, wenn man nicht gezielt danach sucht.“

 

„Unter der Zunge, sagst du?!“, plötzlich war Frank hellwach.

„Ja, Fabienne hat mir erklärt, dass es bei verschiedenen Killern eine beliebte Methode ist, da sie kaum entdeckt wird. Doch es wird noch besser. Fabienne ist sich sicher, dass der Pathologe den Einstich mit Sicherheit bemerkt hat, ihn aber nicht in das Protokoll aufgenommen hat, was bedeutet, der Mord sollte als solcher vertuscht werden. Bleibt die Frage, wollte man Claire damit schützen, oder sie hervorlocken und abschießen.“

 

„Solange wir es nicht besser wissen, gehen wir davon aus, dass man sie abschießen will. Weiter!“

„Ich habe mir die Umgebung um uns herum etwas neuer angesehen. Dazu habe ich die Kameraeinstellungen verändert und eine neue Software benutzt.“

 

Randy drehte den Laptop zu Frank und das Modell einer der Kameras, welche überall an den Mauern des Gefängnisses montiert waren, erschien. „Ich habe den Kameras ein Softwareupdate verpasst, neue Linsen eingebaut, mit denen sich der Erfassungsradius um dreißig Grad erweitert. Viele Leute sehen die Kamera, folgen der Richtung nach der diese ausgerichtet ist und glauben, wenn sie sich seitlich davon aufhalten, außerhalb des Erfassungsbereiches zu sein. Mit dem neuen Update aber erhöht sich Erfassungsbereich beträchtlich.“

Als Frank ihn etwas genervt ansah, hob Randy beschwichtigend die Hände. „Ich erkläre dir das, damit du mir folgen kannst.“

 

„Ich bin ganz Ohr!“

„Also, wie gesagt, habe ich die Kameras neu ausgerichtet und habe dann die Bilder mit einer neuen Software bearbeitet. Die Software erkennt, wie die Gesichtserkennungssoftware Personen die irgendwo gespeichert ist. Sie erkennt Personen, die von den Kameras erfasst werden und speichert zu dem Gesicht Ort und Zeit. Wenn sich ein Gesicht wiederholt an einem Ort aufhält, erkennt die Software das und analysiert das Verhalten der Person.

 

Beispiel:“ Randy rief ein Bild auf, das eine Frau mit Hund zeigte. „Diese Frau geht immer zur selben Zeit mit dem Hund an der Süd-Mauer vorbei. Das Programm erkennt das und schließt eine Bedrohung aus. Genauso wie Pendler, Nachbarn und nicht zuletzt unsere eigenen Bediensteten.“

 

„Kommt auch noch etwas Wichtiges?“

 

„Oh ja! Das hier!“ Randy rief ein paar weitere Bilder auf und vergrößerte Bildabschnitte. „Seit drei Tagen wird unser Gefängnis beobachtet!“

 

Die Bilder die Randy aufrief, zeigten mehrere Männer und Frauen, welche zu unterschiedlichen Zeiten im Erfassungsbereich der Kameras standen.

„Vierzehn Beobachter, neun Männer, fünf Frauen und ein Koordinator. Sie haben sich viel Mühe gegeben um nicht gesehen zu werden, und ohne Erweiterung der Kameras, hätte ich sie auch nicht entdeckt. Sie verteilen sich auf drei Beobachtungspunkte, die die Pforte beobachten und ein Beobachtungspunkt, der den Südflügel im Auge hält.“

„Eure Wohnung?“

 

„Ich weiß nicht…. Von dem Punkt aus kann man unsere Wohnung nicht einsehen, sie liegt auf der straßenabgewandten Seite. Mein Gefühl sagt mir, dass sie nicht uns beobachten.“

„Zufällig aber, seid ihr und euer Gast die Einzigen hier, die man gerade umlegen will.“

„Ich weiß, dennoch… Irgendwas stimmt da nicht überein. Die Hema hat nicht gefackelt und angegriffen. Das Verhalten der Beobachter passt nicht in das Bild von irren Killern, wie die der Hema. Das scheinen eher Profis, wie die eines Geheimdienstes zu sein.“

„HHMM“ brummte Frank und sah sich die Bilder der verborgenen Beobachter an. „Von denen habe ich noch nie einen gesehen. Was sagt die Datenbank?“

 

„Ich habe mich beim BKA und beim LKA eingehackt, keiner der Gestalten ist irgendwo bekannt, geschweige denn zur Fahndung ausgerufen.“

„Hast du auch eine Aufnahme von diesem Koordinator?“

„Klar, die Kamera hat ihn erwischt, als er gerade bei einen seiner Beobachter war.“

 

Als das Bild des Mannes erschien, starrte Frank es an.

 

„Ok, schick mir die Bilder und mach für heute Schluss!“

„Was? Aber…“

„Schick Decker zu mir!“

 

„Ok.“ Randy stand auf, wollte seinen Laptop holen, doch Frank schüttelte den Kopf. „Ich bringe ihn nachher bei dir vorbei!“

 

„Du bist der Boss.“ Randy verließ Franks Büro und suchte Decker.

„Lauter Irre!“, brummte er, nachdem er Wolfgang gefunden und zu Frank geschickt hatte.

 

**

 

„Was hast du denn mit Randy gemacht? Der ist ziemlich durcheinander.“ Wollte Decker von Frank wissen, als er zu ihm ins Büro gekommen war.

Ohne ein Wort zu sagen, drehte Frank den Laptop zu Decker starrte das Gesicht darauf an. Der Mann darauf war älter, grauer und war etwas faltiger geworden und, aber ER war es! Theobald, der Stecher, Vogel!

 

„Scheint so, als ob uns unsere Vergangenheit eingeholt hat.“ Sagte Decker schließlich.

„Jedenfalls wissen wir jetzt, wen sie suchen.“

 

„Ja… uns!“

 

**

 

Was soll das? Jessika knallte eine Tasse Kaffee so heftig auf den Tisch, dass einiges vom Inhalt verschüttet wurde. Ich hatte gerade die morgendlichen Mails aufgerufen und zuckte zusammen. „He! Was hast du?“

„Was ICH habe?! Du…“ sie schwieg, als Caroline hinter ihr auftauchte und ihr die Hand auf die Schulter legte. Als sich Jessika zu ihr umdrehte, nickte Caroline ihr zu und Jessika verstand den Wink. „Ich schließe die Tür ab und mache erst wieder auf, wenn wieder alle bei Verstand sind!“ Wobei ihre Augen mir klar zu verstehen gaben, dass sie mit Alle nur mich meinte. Jessika drehte sich um und schloss die die Tür mit einem lauten Knallen.

 

„Was hat sie denn?“, fragte ich und sah ihr nach.

„Peter, die Frage ist… was hast du? Was ist mit dir?“

„Was soll mit mir sein? Nichts! Alles in Ordnung.“

 

„Nein ist es nicht!“ Caroline schob die Akten auf dem Tisch zur Seite und setzte sich vor mir auf den Schreibtisch „Du bist anders. Seit Alofi hast du dich verändert! Was ist auf der Insel passiert?“

„Du warst dabei. Du weißt, was auf der Insel geschehen ist.“

„Nein! Ich war zwar dabei, aber seit unserem Gespräch auf den Klippen, weiß ich, dass etwas geschehen ist, irgendetwas das niemand, auch ich nicht, mitbekommen habe. Dein, „Nein Schatz, es ist alles in Ordnung“ war gelogen.“

 

„Woher willst du das denn wissen?“

 

„Weil ich dich besser kenne, als du dich selbst und du außerdem ein ganz beschissener Lügner bist. Erinnerst du dich an den Flug zu unserer Hochzeit auf Soulebda, an das, was ich im Flieger zu dir sagte? Solange du ehrlich zu mir bist, stehe ich fest an deiner Seite, also letzte Gelegenheit!

 

Was ist auf Alofi geschehen?!“

 

Der Raum fing sich für mich plötzlich an zu drehen… Verdammt, sogar mein Herz fing an zu rasen, als die Ereignisse wieder auf mich einstürmten.

 

Wie sollte ich Caroline sagen…? Wie sollte ich ihr erklären, dass ich Mualebda gesehen hatte?

Und ich hatte es mir NICHT eingebildet. SIE war es, die den Tomahawk 150 Meter weit getragen hatte. SIE war es, die die Hexen aufgehalten hatte, bis Ma’fretama eingriff und dem kleinen Mädchen das Leben rettete.

 

Jahrelang musste Ma’Fretama Spott und Hohn über sich ergehen lassen, als sie den Menschen ihres Dorfes sagte, sie hätte Mualebda gesehen. „Überlege die gut, wem du davon erzählst, Europäer!“, hatte sie mich gewarnt.

 

Hätte ICH ihr vorher geglaubt? NEIN! Würde man mir glauben? NEIN!!! Würde Caroline mir glauben…? Ich wusste es nicht.

Mein inneres Ich hatte sich, seit diesem Tag, immer wieder damit auseinandergesetzt…. Wenn es wirklich Mualebda war, die vor mir geschwebt war, dann waren all die Legenden der Stammeskrieger wahr!

 

Doch was war dann mit den anderen Legenden, oder gar ganzen Religionen? Waren sie alle falsch? Oder waren sie genauso wie die Legende Mualebda wahr? Waren am Ende alle Religionen dieser Welt??? Und genau wie jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, schaltete mein Gehirn an diesem Punkt aus und ging auf Notstrom!

 

ICH WUSSTE ES NICHT!!! ICH HATTE KEINE ANTWORT!!!

„Peter?“

 

„Hannes hatte Recht!“, sagte ich schließlich und stand auf, um hin und her zu gehen.

„Was?“

 

„Der Tomahawk! Es waren keine 50 Meter mit Rückenwind. Tror’fohl stand tatsächlich 150 Meter entfernt… Ich hätte die Strecke niemals geschafft!

 

Es war Mualebda! Sie hat den Tomahawk ergriffen und die ganze Strecke zu Tror’fohl getragen.“ Ich war vor ihr stehen geblieben und schaffte es ihr in die Augen zu sehen.

„Verdammt Caroline! Ich habe sie GESEHEN! Sie wirklich gesehen!“

Jetzt war es heraus!

 

Caroline starrte mich nicht ungläubig an, oder schüttelte lachend den Kopf, nein sie sah mich neugierig an. „Wie sieht sie aus?“

 

Verdammt, mit dieser Frage hatte ich am Allerwenigsten gerechnet.

„Genauso, wie Ma’Difgtma und die Stammeskrieger es beschreiben. Sie erschien in der Gestalt einer riesigen Harpyie, Transparent, aber deutlich zu sehen. Sie schwebte zwei Meter vor mir und sah mich an…

 

Ich weiß, das hört sich bescheuert an, aber sie hat mich angeschaut und das waren keine Vogelaugen… ich… ich kann es nicht anders beschreiben… Später auf den Klippen, da erzählte mir Ma’fretama, dass sie Mualebda an diesem Tag das zweite Mal gesehen hatte und dass das erste Mal der Grund war, warum man sie jarse nannte.

 

Keiner hat ihr geglaubt und alle haben sie verspottet. Ich habe Angst, dass es mir genauso ergeht.

Mal ehrlich! Denkst du, irgendjemand auf der Welt würde mir glauben?“

Jetzt schüttelte Caroline den Kopf, packte mich und zog mich an sich heran. „Du Idiot!“, schimpfte sie, während ihr eine Träne über die Wange lief.

 

„Du verfluchter Idiot!“, und sah mich mit ihren wunderschönen Augen fest an.

„ICH GLAUBE DIR!“

 

**

 

Erleichterung

Eine Stunde später als Jessika zurückkam, fand die eine völlig andere Stimmung vor.

Ich war von einer tonnenschweren Last befreit! Caroline hatte mich nicht ausgelacht, verspottet oder mich als Wirrkopf bezeichnet und das einzige, was sie sagte, war „Ich beneide dich!“

Mit jemanden zu reden, der mir tatsächlich glaubte, war wie eine Befreiung! Eine Befreiung aus meinem eigenen Gefängnis. Zwar würde ich nicht durch die Gegend laufen und rufen, „Ich habe den Südseegott Mualebda gesehen“, aber die Tatsache, dass mir meine Frau Glauben schenkte, reichte völlig aus, um mich wieder in die Spur zu bringen und mir wurde bewusst, dass ich einiges gutzumachen hatte.

„Soll ich zu Frank gehen und sagen, ich wieder der Alte?“

 

„Nein, ich habe eine andere Idee. Wir zaubern morgen ein tolles Essen und laden alle ein. Im Laufe des Abends werden sie schon erkennen, dass alles wieder ok ist.“

„Wie meinst du das denn?“

„Jeder der dich kennt, hat bemerkt, dass mit dir etwas nicht stimmt, also werden auch alle mitbekommen, dass du wieder in „normal“ bist.“

 

„Und was soll ich sagen?“

„Nichts! Wir machen es wie immer, das Reden übernehme ich!“

Caroline schnappte sich ein Blatt Papier und schriebe eine Liste mit Sachen, die ich besorgen sollte. „Ich erinnere mich an ein tolles Rezept, dass mir Dagan einmal anvertraut hat. Ich denke es ist für heute Abend angemessen.“

 

„Dagan kennt Kochrezepte? So ganz ohne Sprengstoff?“, grinste ich.

„Ja, stell die vor, auch Dagan kam nicht verheiratet auf die Welt und hat gelernt nicht zu verhungern, wenn niemand da ist, der für ihn kocht.“

„Wow, das wirft ein ganz anderes Licht auf ihn.“

 

„Aber wenn es dich beruhigt“, grinste Caroline, „ein paar Zutaten anders gemixt und ich kann damit ein Haus in die Luft sprengen.“ Dabei zwinkerte sie mir zu.

 

Sie reichte mir die Liste und ich las sie durch. „Ok, morgen nach Dienstschluss bringe ich alles mit.“

 

**

 

Die Einladung zum Essen

Als ich meinen Schreibtisch leer gearbeitet hatte, ging ich zu Franks Büro, um ihm die Einladung zu überbringen.

„Ist er allein?“ fragte ich Thekla, seine Sekretärin.

„Nein, Karin ist bei ihm.“

„Karin? Welche Karin?“

„Na Karin Heid, aus der Buchhaltung.“

 

„Ah…“ Ich wurde unterbrochen, als die Tür aufging und Karin freudestrahlend herauskam. Frank hatte sie zur Tür begleitet und hob in einer nicht ernst gemeinten Drohung den Zeigefinger. „Und das nächste Mal kommst du gleich zu mir!“

„Danke!“, sie trat an Frank heran und drückte ihn, dann winkte sie Thekla und mir zu und ging lächelnd nach draußen.

Frank war stehen geblieben und sah mich fragend an.

 

„Hast du eine Minute?“

Ohne mir eine Antwort zu geben, zeigte er mit dem Kopf in sein Büro und ging voran.

„Hast du Karin befördert?“, wollte ich wissen, als er die Tür geschlossen hatte.

„Nein, ihr Sohn beginnt ein Praktikum bei uns.“

„Ein Praktikum? Seit wann nehmen wir im Gefängnis Praktikanten?“

„Seit jetzt! Also was willst du?“

 

„Ich will dich und deine Frau für morgen Abend zu uns einladen.“

„Iris und mich?“

„Ja, außerdem Decker, Marianne und die gesamte restliche Bande.“

„Und was ist der Anlass?“

„Sagen wir einfach, ich habe was gutzumachen.“

 

Frank sah mich misstrauisch an und zog die Augenbrauen zusammen. „Du siehst irgendwie anders aus. Geht’s dir gut?“

 

„Glaub mir, so gut wie jetzt, ging’s mir schon lange nicht mehr.“

 

**

 

Ich packte meine Einkäufe in die Tasche und verstaute alles im Kofferraum meines Wagens.

Caroline, die dank der Tatsache, dass sie jetzt einen Fahrer hatte, ihren Tagesablauf erheblich straffen konnte, war schon zu Hause und hatte angefangen das Essen für die ganze Mannschaft vorzubereiten. Alle hatten zugesagt und ich war sicher, dass der Abend ein Erfolg werden würde.

 

Nachdem ich alles im Auto verstaut hatte, brachte ich den Einkaufswagen zurück, wo eine hübsche Brünette mit ihren Fingernägeln versuchte, den Euro wieder aus ihrem Einkaufswagen herauszuholen.

„Du blödes Ding!“, fluchte sie gerade, als ich meinen Wagen in die Schlange daneben abstellte. „Können sie mal versuchen das Teil herauszubekommen?“, fragte sie mich.

„Selbstverständlich.“ Antwortete ich freundlich und versuchte den Euro herauszubekommen, der sich anscheinend festgeklemmt hatte. Doch nach ein paar Sekunden hatte ich es geschafft und drückte der Frau den Euro in die Hand.

 

„Danke.“ Sagte sie und lächelte mich an. „Man weiß ja nie, wie man ihn nochmal braucht.“

„Ja, wissen kann man das nie.“ Lächelte ich zurück.

„He, ich habe heute Abend Zeit. Was ist mit ihnen?“

 

Wow! Das war ein eindeutiges Angebot und die Frau sah wirklich gut aus! Ich musterte sie ausgiebig und kam zu der Erkenntnis, dass die Frau sicher auch Caroline gefallen würde. Sie war schlank, 1,70 Meter groß, hatte schwarzes schulterlanges, glattes Haar, und stechend blaue Augen, die mich aus einem symmetrischen Gesicht heraus anlächelten.

 

„Sorry“, sagte ich zu ihr, „heute Abend wird das leider nichts.“

„Schade.“ Antwortete sie „Vielleicht ein anderes Mal?“

„Ja, vielleicht.“ Und als ich mich umdrehte, um zu gehen, hielt sie mich kurz am Arm fest.

„Hier.“ Sie gab mir ihren Euro, den ich aus dem Einkaufswagen geholt hatte. „Damit sie mich nicht vergessen.“

 

**

 

Gut gelaunt parkte ich kurz darauf meinen Wagen vor dem Gefängnis und schleppte die Einkäufe durch die Pforte. Um sie nicht den ganzen Weg tragen zu müssen, beschaffte ich mir eine unserer Rollliegen aus massivem Stahl aus der Wäscherei, welche direkt neben der Kammer untergebracht war.

Ich stellte die Tasche auf die Liege und schob sie bis zu unserer Wohnung. Als ich die Tür aufschloss, schlug mir ein herrlicher Duft entgegen.

 

Caroline stand am Herd und übertraf sich selber. „Hallo Schatz.“

„Hi.“ Antwortete sie, sah mich kurz an und widmete sich dann wieder den Töpfen vor sich. „Ich sag dir was! Damit hast du einiges bei mir gut zu machen.“

 

Ich grinste, stellte die Liege einen Meter von ihr einen Meter entfernt ab, umfasste sie von hinten und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Oh, das werde ich.“ Und ließ meine Hände von ihrer Hüfte zu ihrem Busen wandern.

 

„Jetzt nicht! Lenk mich nicht ab, sonst muss ich von vorne beginnen. Hast du alles bekommen?“

„Klar.“ Sagte ich, drehte mich zur Liege um und öffnete die Einkaufstasche.

 

-P-L-I-N-G

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Es gibt Geräusche, welche du einmal hörst und nie mehr vergisst! Das Vorbeisausen einer Kugel an deinem Kopf, das Bersten von Glas und Blech bei einem Unfall… und das Pling wenn der Sicherungsbügel einer Handgranate abspringt, gehörten eindeutig dazu.

 

Ich wirbelte herum, riss Caroline zu Boden und schon tat sich über uns die Hölle auf. Unzählige Stahlsplitter verwüsteten die gesamte Wohnung und zerstörten alles, was in ihrer Reichweite war.

Lediglich die Stahlbleche der Rollliege, auf der die Tasche stand verhinderte, dass Caroline und ich auch zerrissen wurden. Halb betäubt rollte ich mich von Caroline herunter und stellte zu meiner Erleichterung fest, dass sie anscheinend nur ein paar Schrammen hatte.

 

„…Ok…?“, erklang ihre gedämpfte Stimme durch das laute Piepen in meinem Ohr.

Nach einigen Minuten verebbte das helle Piepen in unseren Ohren.

Ich nickte nur, stand auf und starrte auf die verwüstete Küche. „Was zum Teufel war das denn?“

Auch Caroline war aufgestanden und sah sich um. „Keine Ahnung!“

„Bist du sicher, dass du Dagans Rezept richtig in Erinnerung hast?“

Caroline warf mir einen vernichtenden Blick zu und sah ihr Essen an der Wand kleben.

„So eine Scheiße, ich habe mir so viel Mühe gegeben!“

 

**

 

Decker schaute sich die Splitter an, die überall in der Wand steckten. Um ihn herum suchten Ermittler des LKA nach Spuren, doch außer den Splittern fanden sie nur wenig.

Frank, der im Flur stand und dem Ganzen zusah, winkte Decker, Caroline und mich zu sich. „Und?“, wollte er von Decker wissen.

 

„Ich würde sagen eine Handgranate mit einer Extraummantelung mit Nägel und Schrauben.“

„Nur eine?“

„Ja, die Größe der Explosion lässt darauf schließen, dass er nicht ein riesengroßes Loch in die Wand sprengen wollte. Wer immer das war, er wollte nur diejenigen umlegen, die hier drinnen waren.“

„Das passt.“ Meinte auch Caroline. „Wäre der Sprengsatz größer gewesen, hätte uns das dicke Stahlblech der Liege nicht geschützt. Weniger Sprengstoff und mehr Metallteile. Das war eindeutig ein Profi.“

 

„Wo hast du die Bombe her? Gab‘s die heute im Angebot? Und da wunderst du dich, wieso ich dich an der Pforte filzen lasse!“, brummte Decker.

„Haha! Ich habe keine Ahnung, wie die Bombe da in meine Tasche kam! Ich habe meine Einkäufe direkt in die Tasche gepackt und kam direkt hierher.“

„Wo hast du eingekauft?“

„Im Supermarkt, neben der Autobahnauffahrt.“

„Und sonst warst du nirgendwo?“

„Nein, ich habe die Sachen ins Auto gepackt, den Einkaufswagen zurückgebracht und kam auf direktem Weg hierher.“

 

„Den Einkaufswagen hast du selbstverständlich erst zurückgebracht, nachdem du deinen Wagen abgeschlossen hast?!“

„Ach komm schon! Niemand schließt seinen Wagen ab, wenn er den Einkaufswagen zurückbringt!“

„Ich schon!“, meinte Decker in einem belehrenden Ton.

„Das waren nur ein paar Sekunden und der Wagen stand nur einige Meter entfernt, niemand…“

Ich fasste suchend in meine Tasche und tastete nach dem Euro, die mir die Schönheit vor dem Supermarkt gegeben hatte. „Dieses Miststück!“

 

„Was? Wer?“, fragte Caroline.

„Die Frau vor dem Supermarkt. Sie hat so getan, als ob sie ihren Euro nicht mehr aus dem Einkaufswagen bekommt und hat mich in ein Gespräch verwickelt. Sie können die Bombe nur in diesen wenigen Sekunden platziert haben.“

 

„Das hört sich nach einem Killerteam an, dass auf Peter, oder uns beide angesetzt wurde. Bloß habe ich keine Ahnung, um was es geht.“ Sagte Caroline zu Frank.

Frank und Decker tauschten einen vielsagenden Blick und Decker ließ ein, „Ich kümmere mich darum“, vernehmen.

 

„Gut, sag ihnen sie sollen ihren Gast mitbringen. Besprechung in einer halben Stunde!“

 

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Einsatzbesprechung

Im gesicherten Besprechungsraum hatten sich, wie angeordnet, alle versammelt, die Frank zu sich gerufen hatte.

Frank und Decker saßen an der Frontseite des U-förmigen Tisches.

An den Seiten zur Rechten saßen Randy und Dana, sowie Clair Clament,

Zur linken saßen Heiner Mohrle, vom BND, wie uns gesagt wurde, Peter und ich.

 

Frank schaute kurz zu Decker und beide nickten, dann drückte Frank einige Tasten an seinem Pult und die Lichter wurden etwas gedämmt, an der breiten Tür wechselte das LED Schild von „Öffentlich“ zu „Nicht öffentlich“ und Frank stand auf.

„Zuerst möchte ich erklären, dass diese Sitzung als Verschlusssache eingestuft ist und dass Sie alle hier zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

 

Dann begrüße ich Herrn Heiner Mohrle vom Bundesnachrichtendienst, er hilft uns immer mal wieder, bei der Aufklärung von mehreren Jahrzehnten alten Fällen und, bitte entschuldigen Sie mir diese unglückliche Reihenfolge, Frau Major Clair Clament vom französischen Auslandsgeheimdienst.“

Peter und ich sahen zum ersten Mal diese wunderschöne Frau mit ihren langen, glatten, wasserstoffblonden Haaren. Sie war modisch gekleidet, jedoch nicht zu modern und ihre sportliche Figur kam gut zur Geltung.

 

„Frau Clair Clament ermittelt in einer großangelegten Rauschgiftaktion. Während einer Einsatzoperation im südfranzösischen Mittelmeer wurden durch Verrat mehrere Beamte der französischen Sicherheitskräfte getötet, darunter das komplette Einsatzteam Zebra, als man eine komplette Super-Luxusyacht in die Luft sprengte. Dabei wurde die Kommunikation der Verbrecher mit einem uns nur zu bekannten Algorithmus verschlüsselt, nämlich dem „von Schleitz“ Algorithmus.

 

Miss Clament hat uns aufgesucht, weil wir Erfahrung mit diesem Algorithmus haben und bei der Entschlüsselung helfen können und werden. Sie ist seit fünf Tagen unser Gast, daher auch die verstärkten Kontrollen.“ Dabei blickte Frank nochmals Peter mit großen Augen an.

„In dieser kurzen Zeit hat man versucht, alle Beteiligten, die in Frankreich mit der Aktion in Verbindung stehen zu töten und bisher gibt es bereits ein halbes Dutzend Opfer.“

 

Frank nickte Decker zu und er fuhr fort.

„Seit drei Tagen wird unser Gefängnis nachweislich von einem 15-köpfigen Team rund um die Uhr überwacht. Alle unsere Untersuchungen ergaben bisher keine Treffer, wer die Leute sind. Doch heute ist uns ein Teilerfolg gelungen. Das Überwachungsteam besteht aus neun Männern, fünf Frauen und einem Koordinator. Bitte Frank.“

 

Frank fuhr wieder fort. „Dieser Mann, wir nennen ihn hier einfach den Koordinator, ist bereits sehr viel früher in Aktion getreten und muss als extrem gefährlich angesehen werden. Er tritt unter verschiedenen Namen auf, ist angeblich kolumbianischer Bürger und heißt Theobald Vogel, besser bekannt als Don Aluego, oder „Der Stecher“. Bitteschön Herr Mohrle.“

 

Heiner Mohrle begann seinen Vortrag und auf der Leinwand erschien das aktuelle Bild von Theobald Vogel, der Stecher, in verschiedenen Ansichten und Perspektiven.

„Theobald Vogel, genannt der Stecher, so genannt, weil er seine Opfer absticht wie Hasen, verwendet Stichwaffen aller Art und hochgefährliche Gifte. Er wurde bei uns erstmals Ende der Achtziger Jahre aktenkundig, als er im Mittleren Osten seine Opfer mit Rizin Injektionen umbrachte.

Wir konnten ihn allerdings nicht inhaftieren, da er sich in einem Land versteckte, mit dem wir keine Auslieferungsverträge hatten.“ Heiner Mohrle setzte sich wieder und ich hob meine Hand.

„Wie kommen Peter und ich hier ins Spiel?“

 

Frank nickte kurz. „Ganz einfach, oh, Moment bitte, da kommt der Anruf, auf den ich gewartet habe.“ Frank schaltete das Konferenztelefon ein und zwei Leuchten wurden grün, dann klickte es einmal und eine freundliche, tiefe Stimme mit französischem Akzent begrüßte uns.

„Guten Tag und danke für die Zuschaltung. Ich darf mich kurz vorstellen, ich bin Kommandant LeClerc und neben mir sitzt Madame Vistére unsere Verteidigungsministerin.“

„Bon jour Messieurs Dames, auch wenn der Anlass ein unschöner ist, freue ich mich über diese Konferenz, dient sie doch unser Aller Sicherheit, LeClerc bitte…“

 

„Danke, Wir haben in der von Ihnen angesprochenen Angelegenheit mittlerweile neun Menschen verloren und sie, Clair, sind die letzte überlebende Augenzeugin. Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, sie den deutschen Kolleginnen und Kollegen, sagen wir „auszuleihen“. Uns wurde versichert, sie hätten eine Möglichkeit für die nötige Sicherheit zu sorgen, allerdings in Übersee. Da die Argumente schlüssig waren und sie, Clair, für die Untersuchungen extrem wichtig sind, haben wir eingewilligt.“

 

Die Verteidigungsministerin führte fort. „Major Clair Clament, hiermit werden sie für vorerst unbestimmt Zeit freigestellt und in die Obhut der Kollegen gestellt. Ihre Bezüge erhalten sie natürlich weiterhin in vollem Umfang. Sie werden mit Madame Caroline Miles und Monsieur Peter Klein auf die Südseeinsel Soulebda übersetzen und dort auf neue Befehle warten. Danke, das war es.“

Clair schaute mit großen Augen in die Runde, sie war sichtlich überrascht und uns ging es nicht besser.

Frank meldete sich wieder zu Wort. „Frau Minister, Herr Kommandant. Mir liegt das Schreiben unserer Minister ebenfalls vor. Damit ist dieses Abkommen bestätigt. Wir stellen unsere beiden Mitarbeiter für die Dauer der Operation frei, natürlich unter Weiterführung der Geld- und Sachbezüge. Frau Minister, Herr Kommandant, die Kommunikation mit Madame Clair erfolgt ab jetzt nur noch über uns, genauer über mich und meinen Stab. Ganz wie besprochen.“

 

„Gut, der Worte sind genug gewechselt, um einen alten Spruch zu nützen,“ so verabschiedete sich die französische Abteilung und wir waren wieder unter uns.

Frank sah uns alle groß an. „So, damit ist geklärt, wie kommen Caroline und Peter ins Spiel. Ihr habt den Auftrag, Clair nach Soulebda zu bringen und dort für ihre Sicherheit zu sorgen. Wir müssen damit rechnen, dass weitere Anschläge auf Clair und euch verübt werden sollen. Auf Soulebda ist die Chance das zu überleben ungleich besser als hier. Fragen bisher?“

 

Clair meldete sich etwas verunsichert. „Neun Menschen getötet, alle wegen mir? Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, den Kontinent zu verlassen?“

„Clair, bitte sehen sie das nicht so.“ Lächelte Frank sie an. „Sie sind zu wichtig, das haben sie doch eben gehört. Hier in Deutschland oder Frankreich können wir ihre Sicherheit nicht gewährleisten. Wir brauchen eine Umgebung mit ganz speziellen Bedingungen und die sehen wir alleine auf dieser Insel als gegeben an. Ihre Verteidigungsministerin hat bereits zugestimmt.

 

Und für euch beiden gilt: Macht euch reisefertig, der Flug geht in drei Stunden los. Decker und sein Team bringt euch zum Flughafen. Clair, ich wünsche ihnen Gesundheit und viel Glück und nutzen sie auch einmal die Gelegenheit etwas auszuspannen und Kraft zu tanken. Diese Insel ist einzigartig. Da keine Fragen mehr sind, würde ich die drei jetzt gehen lassen.“

So verließen wir die Konferenz. Clair ging in unserer Mitte und wir begrüßten uns erstmals richtig. Clair erhielt zwei Beschützer und sammelte ihre Sachen in ihrer Wohnung und wir machten uns ebenfalls reisefertig.

 

Im Konferenzraum ging die Besprechung allerdings weiter.

„Soweit Phase 1 der Operation. Auf Soulebda ist Clair erst einmal aus der Schusslinie und weit weg vom Geschehen. Jetzt zu dem Koordinator, diesem Theobald Vogel, genannt der Stecher. Wir, das heißt Decker hier und ich hatten mit dem Stecher schon früher einmal zu tun, bitte.“

Frank setzte sich und Decker stand auf.

 

„Also folgendes hat sich damals zugetragen …“

 

**

 

Soulebda, Regierungspalast

Unsere Reise war natürlich längst im Palast auf Soulebda angekündigt und Penelope war bereits ganz aufgeregt. Endlich würde sie ihre geliebte Nun’tschula wieder zu einem Besuch kommen und diesmal würden sie auch etwas mehr Zeit haben. Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda und Mutter von Penelope kam auf ihre Tochter zu und umarmte sie.

„Meine geliebte Tochter, ich freue mich auch für dich. Aber bedenke, dass der Anlass des Besuches kein reiner Urlaub ist. Ich habe Jerome bereits zu den Stämmen geschickt, ich möchte eine Unterhaltung mit den Häuptlingen führen, um mit ihnen abzuklären, wie wir für die Sicherheit unsere Gäste sorgen können.

 

Immerhin sind das ja keine normalen Gäste, das sind Peter als ein ehrenvoller Stammeskrieger und Caroline als deine Nun’tschula und Trägerin des Kahlscha’daar.

Dazu bringen sie eine weitere Frau mit, die wir beschützen sollen. Frank Brauer war mit seinen Angaben etwas vorsichtig, aber ich habe ihm versprochen, dass wir sie aufnehmen und beschützen werden.“

Neben ihnen trat eine ältere kräftige Frau mit einem kleinen Silbertablett und einem Trinkbecher dazu.

„Regentin, Ihre Medizin.“ Madame Ma’Difgtma lächelte und reichte Heylah den Becher. Sie nahm den Becher und trank ihn in einem Zug aus.

 

„Unsere gute Ma‘ wird auch auf die drei aufpassen, damit ihnen nichts geschieht. Danke für den Trank, ich fühle mich gleich wieder stärker.“

„Selbstverständlich, besonders Peter und diese Clair werde ich mir unter die Fittiche nehmen.“ Dabei grinste Madame Ma’Difgtma mit ihren herrlichen weißen Zähnen.

 

**

 

Im Hintergrund flogen einige Paradiesvögel vorbei und das herrliche duftende Blumengedeck, mit dem der Palast geschmückt war, sah einfach wunderbar aus. Der weiße Kalkstein des Palastes sah mit den grazilen Verzierungen prunkvoll und dennoch einfach aus.

Hineingebettet in die malerische Landschaft einer Südpazifikinsel war das ein wunderbares Bild. Davor die schier endlose Menge an zufriedenen Menschen, die auf dem Markt ihre Waren anpriesen und sich unterhielten.

 

Im Hintergrund lagen die beiden Vulkane und dahinter das blaue endlose Meer.

Soulebda. Dieser herrliche Inselstaat mit über 400 Inseln im südlichen Pazifik. Die allermeisten der Inseln waren unbewohnt, einige der größeren Inseln waren mit hübschen gut ausgestatteten Dörfern besiedelt.

Die Bevölkerung war zufrieden und ging ihrem Tagwerk nach. Dass in einigen Kilometern Entfernung seltene Erden abgebaut wurden, fiel nicht auf, da die Umweltbehörde auf die Renaturierung der Abbaugebiete sehr viel Wert legte.

So machte sich die wunderbare Insel Soulebda bereit für den Empfang der drei „Weisen aus dem Morgenland“.

 

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Peter, Clair und ich saßen an Bord der Linienmaschine und schauten uns ein Video vom Bordserver an. Ein Video, das die Herrlichkeiten der Südsee aufzeigte. Einige wunderbare Inseln wurden gezeigt und dann kam endlich Soulebda vor. Clair sah sich das alles sehr genau an. Offenbar kannte sie diese herrliche Insel noch nicht.

 

„Sind das wirklich so viele kleine Inseln da?“

 

„Oh ja, und viele sind unbewohnt, die laden aber zum Baden und sonnen ein und du wirst sehen, dass hier einiges anders ist, als in Europa.“

„Du meinst das Matriarchat? Ich habe davon gelesen, kann mir aber noch keinen so rechten Reim darauf machen, ob das besser oder schlechter ist als bei uns.“

„Gehe einfach unbenommen und ohne Vorurteil darauf zu, wir versuchen nur dich irgendwie am Leben zu halten!“, fiel uns Peter ins Wort und grinste frech.

„Ist der immer so?“

 

„Er ist ein Mann, muss ich dir mehr sagen?“

Clair grinste Peter an, lächelte mich kurz an und konzentrierte sich wieder auf die wunderbaren Bilder. Peter lächelte mich gewinnend an und ich zwinkerte ihm zu, ja das war mein Peter, dieser kleine Held, mit dem ach so großen Herzen und dem ach so herrlichen …

 

„Bitte anschnallen…“ Kam es über die Bordsprechanlage und wir machten uns für die Landung bereit.

„Ich bin ja so gespannt auf diese Insel.“ Lächelte Clair Peter an und fragte gleich „Euch gefällt sie offenbar auch, oder?“ Peter lachte laut und schaute sie liebevoll an.

„Ja doch, das ist meine und unsere Wahlheimat. Wenn wir einmal fertig mit der Arbeit sind und alles hinter uns lassen wollen, dann ziehen wir hierher. Ich habe diese Insel als meine zweite Heimat angenommen und Caroline? Nun, ich glaube, Caroline ist mit der Insel verwachsen, ich denke sie gehört hierher.“

 

Dabei sah Clair mein stilles Lächeln in meinem Gesicht und musterte mich etwas genauer, was ich allerdings nicht mitbekam, denn ich war in Gedanken bei Penelope, der ich in wenigen Minuten endlich wieder unter die Augen treten durfte.

„Was ist mit ihr, sie scheint abwesend?“ Fragte Clair Peter. „Ja Clair, du wirst dich an einige ungewohnte Gegebenheiten einstellen müssen. Hier herrschen noch andere Riten und Sitten. Das mit dem Matriarchat hast du ja mitbekommen, dass aber die weibliche Führungsriege sich eine Nun’tschula nehmen darf, das wirst du erst noch lernen müssen. Das ist etwas ganz Besonderes und selbst ich, habe noch nicht alles verstanden. Caroline, meine geliebte Frau, ist nämlich die Nun’tschula der Tochter der Regentin.“

 

„Was macht eine Nun’tschula, was ist deren Aufgabe?“

„Das meine liebe Clair, kann ich dir nicht sagen, nur die Herrin der Nun’tschula darf diese Aufgaben preisgeben und im Grunde auch nur ihrer Lebensteilerin, das ist nämlich eine Nun’tschula. Sie teilt das Leben mit ihrer Herrin, ist für sie da, trägt und besteht die Gefahren und teilt alles mit ihrer Herrin, zuweilen sogar das Lager.“

 

Clair schaute kurz verdutzt. „Du meinst das Bett, ich meine, sie und ihre Herrin, zusammen im Bett?“ Clair bekam ein Lächeln ins Gesicht. „Wieso spricht Caroline nicht mit uns?“

„Sie ist tatsächlich seit einer halben Stunde im Geiste mit einigen Menschen auf der Insel verbunden und das ist nicht nur ihre Herrin, sie hat uns angekündigt und regelt gerade einiges für heute Abend.“

„Aha und woher weißt du das?“

 

„Ich kann sie im Geiste hören, wie sie reden, wir werden heute Abend ein wunderbares Essen erhalten und du wirst dich wohlfühlen, das verspreche ich dir.“

Clair schaute Peter und mich länger an. Schließlich war ich wieder bei ihr und wir lächelten beide.

„Randy und Dana haben mich gewarnt, dass ihr etwas anders seid als Gewöhnliche, aber ich sollte mich nicht fürchten, haben sie gemeint. Ich soll mich auf euch einlassen.“

 

Ich sah sie an und reichte ihr meine Hand. „Clair, liebe Clair, sei dir versichert, wir werden alles Mögliche tun, um dich hier zu beschützen, und wir haben hier ein paar ganz besondere Freunde, die uns dabei helfen werden. OK wir setzen jetzt auf!“

 

„Aber…“ im gleichen Moment rumpelte es und die Linienmaschine war gelandet und begann mit dem Abbremsmanöver. „… woher willst du das, ach vergesst es. Ich glaube hier ist alles ein wenig anders.“

Wir begannen alle drei zu lachen und freuten uns auf die frische Luft.

 

Endlich daheim …

 

**

 

G.I.P.S.Y.

Im Palast tagte zu der Zeit hinter verschlossenen Türen die neu geschaffene Interventionseinheit unter Führung von Dagan Mayr und Viktor Kubaliborov. Aus Soulebda waren neben Madame Ma’Difgtma, auch der Gelehrte Kana’Fartu Yasomera vertreten.

 

Yasomera war eine lebende Legende der Kampfkünste und ein taktisches Genie ohnegleichen. Seine Lehren wurden im Pazifikraum an diversen Eliteschulen unterrichtet und wenn man von Yasomera sprach, dann immer in Ehrfurcht. Wenn man von den Lehren der Kampfkünste sprach, fielen schnell Namen wie Sun Tsu oder Yasomera.

 

Mit am Tisch saßen die Teamführer der neu geschaffenen Interventionseinheit, Mike Smith und Dave Miller. Sie waren nach ihrem offiziellen Ausscheiden aus den Diensten der CIA stehenden Fußes von Dagan Mayr angeworben und übernommen worden. Im Gegenzug brachte Viktor Kubaliborow aus dem russischen Raum einige sehr gute Talente mit, die sich ebenfalls neu orientieren mussten. Darunter befand sich auch Oleg Popow, eine Strategielegende des GRU mit.

 

Als in der Runde nach einem passenden Namen für die neu geschaffene Einheit aufkam, da war es Oleg Popow der aufstand und einen Vorschlag einbrachte.

 

„Ich möchte, in aller Bescheidenheit, einen Namen vorschlagen. Die Erlaubnis des ehrenwerten Kana’Fartu Yasomera vorausgesetzt, schlage ich für das neue Team den Namen „G.I.P.S.Y.“ vor.

Diese Abkürzung steht für genau das, was wir hier machen und daher denke ich, passt der Name genau zu uns. GIPSY steht nämlich für:

 

Globales Interventions Planungs und Sicherheitsteam Yasomera.“

 

Der altehrwürdige Meister Yasomera stand auf und verbeugte sich kurz. Dann sprach er in einem leisen, sehr klaren Englisch zur den Anwesenden.

 

„Ich habe im Laufe der Jahrzehnte viele gute Einsatzteams gesehen und alle hatten sie sich einen schönen Namen gegeben. Viele von den Teams sind standhaft geblieben, andere sind gefallen und wiederum andere mussten bekämpft werden, weil sie den wahren Pfad verloren hatten, die Ehre und damit die Ehrlichkeit.

 

Ich habe dieses junge Team hier jetzt mit meinem bescheidenen Wissen beraten und habe die Erfolge gesehen. Dieses Team reist überall in der Welt umher und bekämpft das Böse.

Wie Zigeuner seid ihr auf allen Plätzen und allen Ländern zu finden und seid immer mit einem klaren Willen und der Ehre der Krieger dabei, wenn es gegen das Böse geht.

 

Dabei ist das Team sehr erfolgreich. Es wäre mir daher eine Ehre, wenn ich durch meinen Namen einen bescheidenen Beitrag zu eurem Erfolg beitragen könnte, Danke.“

Dagan und Kubaliborov waren die ersten, die anfingen zu klatschen, darauf fingen die anderen Mitglieder des Teams mit ein und endlich hatte das stolze und doch heimliche Einsatzteam einen Namen gefunden, der zu ihm passte. GIPSY.

 

Mike sah Dagan an und grinste schelmisch. „Müssen wir Sie jetzt GIPSY King nennen?“ Viktor Kubaliborow fing laut an zu lachen und alle fielen in das Lachen ein. Sogar der altehrwürde Meister Yasomera hatte ein Lächeln im Gesicht.

 

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Ankunft in Soulebda

Im Terminal wurden wir noch vor dem Zoll von einer Eskorte erwartet. Penelope und Jerome standen vor uns. Sie waren in Begleitung von einem Dutzend Gardistinnen. Jerome erledigte das Schriftliche und Penelope begrüßte uns.

„Clair Clament, ich begrüße Sie auf unserer schönen Insel und heiße euch Alle herzlich willkommen. Clair, den Dienstgrad brauchen sie hier nicht, wie war der Flug?“

 

„Herrlich, ich habe schon lange keine Businessflüge mehr gemacht, dazu war es ein sehr ruhiger Flug.“

„Peter, du starker Krieger, lass dich mal ansehen, ja doch, die Ehe mit Caroline tut dir ganz gut. Du hast ein paar Pfund abgenommen, wie es ausschaut.“

„Hallo Penelope, wie schön dich wieder zu sehen.“ Damit umarmte Peter Penleope und sie küssten sich wie alte Bekannte.

Dann stand sie vor mir.

 

„Und nun zu dir, Caroline komm in meine Arme und begrüße mich, wie es sich für eine Nun’tschula gehört.“

Während ich in ihre Arme sprang und sie lange und ausgiebig küsste, summte die Eskorte eine alte Weise und Claire fragte Peter. „Was singen die da?“

„Die Eskorte summt das Begrüßungslied der Nun’tschula. Jeder weiß jetzt, dass Caroline, als die Nun’tschula von Penelope gelandet ist und dass alles in Ordnung ist.“

„Dürfen sich Frauen sonst nicht einfach so küssen?“

 

„Doch, doch, hier ist die gleichgeschlechtliche Liebe verbreitet. Aber eine Nun’tschula ist eben eine deutliche Stufe höher als eine einfache Geliebte.“

 

„So fertig, alles geregelt.“ Sagte Jerome und verbeugte sich vor Claire. Sie sah den großen eleganten Mann an und ein Leuchten ging durch ihr Gesicht.

 

„Ich bin übrigens Jerome n’Antakcket. Zu ihren Diensten Frau Major.“

Claire schaute überrascht und wollte Jerome gerade ihr Handgepäck reichen, da sprang ich dazwischen.

„Hallo Jerome, grüß dich, lange nicht mehr gesehen, wie fühlt man sich als frisch gebackener Colonel und Chef der Palastgarde?“

 

Claire zog schnell ihr Gepäck zurück und lächelte mich dankend an.

 

„Caroline, danke, aber in Kampfmontur und im Dschungel fühle ich mich nun einfach wohler als am Schreibtisch.“

 

Während wir zu den Wagen gingen, schaute ich mich unauffällig um und spürte, dass es noch keine ungebetenen Gäste gab, oder ich sah sie noch nicht.

Wir fuhren direkt zu meiner Dienstvilla und verschwanden in der mächtigen Tiefgarage, wo wir auch ausstiegen.

 

„Heute Abend gibt es einen kleinen Empfang in deiner Dienstvilla. Morgen früh werdet ihr abgeholt und in den Palast gebracht, meine Mutter erwartet euch so gegen 10.00 Uhr und jetzt fühlt euch endlich wieder wie daheim.“

 

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Nachdem wir uns erfrischt hatten und Claire das große Haus besichtigt hatte, stand sie eine Weile vor dem großen Galgen und betrachtete ihn mit gespaltenen Gefühlen.

Peter kam dazu und stellte sich neben Claire, mit zwei Gläsern wunderbarem Traubensaft in den Händen. „Hier bitte versuch, es ist ohne Alkohol, aber es wird dir bestimmt munden. Du betrachtest Carolines Werkzeug?“

 

„Ja, sie ist wirklich eine richtige Henkerin?“

„Jepp, so richtig mit Strick um den Hals und so, ja tatsächlich sind wir beide vollwertig ausgebildete staatliche Henker. Ehe du die Frage stellst, in Deutschland werden seit über anderthalb Jahren keine Todesurteile mehr ausgesprochen und umgesetzt.“

 

„Ja, wir haben in Frankreich davon gehört.“

Dabei ging sie auf den mächtigen Galgen zu und betrachtete ihn genauer.

„So nah stand ich noch nie vor einem dieser Henkersgeräte. Wurden hier tatsächlich die Urteile vollstreckt?“

 

„Ja, die wurden hier vollstreckt.“ Sagte ich von hinter ihnen langsam näherkommend. Ich hatte mich in einen hauchdünnen Umhang gekleidet, der in den Landesfarben leuchtete.

„Tatsächlich wurden in meiner Zeit als Henker hier mehrere Urteile vollzogen. Soulebda hatte die Gerichtsbarkeit auch für die umliegenden Inselreiche und die Todesstrafen wurden allesamt hier vollzogen.“

 

„Entschuldige, dass ich so direkt frage, hast du kein Problem damit, dass du Menschen umgebracht hast?“

„Clair, ich habe Urteile vollstreckt und nein, ich hatte und habe kein Problem damit bösen Menschen das Leben zu nehmen. Ich war nicht immer Henker, musst du wissen.“

„So, wo hast du früher gearbeitet, bestimmt nicht in einer Verwaltung, oder?“ Ich lachte kurz auf und ging zur Bar, um die Gläser zu füllen.

Peter fing lauthals an zu lachen. „Sag mal Clair, hat man dich nicht über Caroline aufgeklärt, wer sie ist und was sie früher gemacht hat?“

 

„Äh, ich vermute, ich finde auch jedes Fettnäpfchen hier, oder?“

„Nein, keine Sorge. Also kurz zur Orientierung. Caroline Miles war früher beim israelischen Auslandsnachrichtendienst.“

 

„Mir hatte man gesagt, sie wäre bei einem amerikanischen Spezialteam gewesen und später Ausbilderin und Schießtrainerin.“

„Ja, da war sie auch und noch bei ein paar andere Diensten. Jetzt aber ist sie meine Frau und sie ist hier auf Soulebda außerdem etwas ganz Besonderes.“

 

Einige Dienerinnen kamen und deckten den Tisch mit herrlichen Leckereien ein. Als sie bei Peter und Clair vorbeikamen, da verbeugten sie sich kurz und trugen weiter auf. Als sie aber bei Caroline vorbeikamen, da verbeugten sie sich deutlich tiefer, was Clair sofort auffiel.

„Was bedeutet das, wieso verbeugen die sich so vor deiner Frau?“

 

„Nun, Caroline hat vor einigen Jahren hier eine Palastrevolte mit niedergeschlagen und dem Regenten Paar das Leben gerettet. Dafür wurde sie mit sehr hohen Würden ausgezeichnet.“

„Aha, hat sie auch Entführungen beendet oder so? Langsam wird mir das unheimlich.“

„Naja, Entführungen sind dann doch unser Spezialgebiet, wir werden ab und an in komische Situationen gezogen und die endeten mehr als einmal in einer Entführung. Aber keine Angst, unsere Freunde sind bei uns immer gut aufgehoben.“

 

Jetzt war es Clair dann doch zu viel, „Sag mal willst du mich gerade hier veräppeln oder ist das alles wahr?“

 

Peter sah sie an und nickte, da trat ich mit neuen Getränken zu den Beiden dazu.

„Jetzt hört auf uralte Kamellen zu erzählen, wir sind hier um uns ein wenig zu entspannen und um auf Clair aufzupassen.“

Clair schaute sich kurz um. „Wie sollt ihr mich denn beschützen? Ich sehe hier nur drei Serviermädchen, da hinten eine alte Köchin und zwei Boys herumhuschen, von irgendwelchen Wachen habe ich noch keinen einzigen gesehen.“

 

„Das macht auch eine gute Wache aus,“ urplötzlich stand Ma’Difgtma neben uns, „dass man sie nicht sieht, oder erkennt.“ Clair war erschrocken.

„Hallo kleine Lady aus Frankreich, ich bin Madame Ma’Difgtma, ich bin hier die Haushofmeisterin und achte nebenbei auch auf die beiden hier und auch auf dich, kleine Lady. Außerdem bist du hier niemals allein. Du bist von guten Freunden umgeben, pass mal auf.“

 

Ma’Difgtma nahm ein etwa DIN A4 großes, recht dickes, hölzernes Servierbrett und hob es hoch.

Es machte dreimal ein dumpfes Geräusch, wie wenn man einen Stein auf ein Brett fallen lässt und sie zeigte das Brett Clair.

 

In dem Holzbrett steckten drei dünne Messer. Ma’Difgtma lächelte Clair an und legte das Brett achtlos zur Seite. Die Frauen, die die Messer warfen, sind zu deinem Schutz da. In dem Moment verbeugten sich die Serviermädchen und Clair schwor sich, keine Einschätzungen zu machen, ohne die Menschen kennen gelernt zu haben. „Ich wusste ja nicht, dass …“

 

Madame Ma’Difgtma lächelte Clair an, streichelte kurz ihre Wange und erzählte in ihrem beruhigenden Ton:

 

„Wir wurden bereits früh informiert, dass ihr kommt und die letzte halbe Stunde vor der Landung hat uns Caroline die aktuellen Informationen durchgegeben. Wir haben diese Dienstvilla von Caroline überprüft und gesichert. Derzeit befinden sich keine Feinde in deiner Nähe. Das kann ich dir versichern. Jetzt gestatte mir, dass ich dir zwei gute Freunde vorstelle.“

 

Dagan und Viktor traten aus einem Nebenraum unserer Runde hinzu und begrüßten uns freundlich.

„Das hier ist Dagan Mair und hier haben wir Viktor Kubaliborow, beides sind die Anführer einer Sondereinheit und sie wollen sich auch ein wenig um dich kümmern.“

 

Clair schaute auf Dagan. „Sie kenne ich, zumindest vom Namen her, das Gesicht wurde uns nie gezeigt und sie waren immer eine Legende. Mossad, richtig?“

Dagan lächelte, wie nur ein älterer Mann seine Enkelin anlächeln konnte, und nickte leicht. „Sie ist gut.“ Sagte er leise zu Viktor.

 

„Und das hier ist …“ Jetzt lächelte Clair und reichte Viktor ihre Hand. „Das ist also ihr richtiger Name, wir haben uns einmal in Istanbul getroffen, da wurden Sie mir als Botschafter vorgestellt.“

„Ja, Sie waren damals aber noch Hauptmann beim DGSE, wie ich hörte, sind Sie inzwischen Majorin und in den besten Händen. Ihr Kommandant ist ein Eisenfresser, aber ein erstklassiger Lehrmeister und er hält große Stücke auf Sie.“

 

Ma’Difgtma lächelte Clair zu, „Der Mann war eine Legende beim KGB und danach beim GRU, bis er ausstieg um bei uns hier zu arbeiten.“

 

Clair schaute sich um. Auf einmal waren deutlich mehr Leute um sie herum. An einer Ecke der großen Veranda stand Jerome und schaute auf das Meer hinaus. An anderen Stellen standen anscheinend zufällig verteilt Menschen, die unauffällig genau alles und jeden im Auge. Ganz klar Leibwächter. Irgendetwas war im Busch merkte Clair.

 

Mittlerweile war die Tafel gedeckt und von irgendwoher hörte man einen Gong. Leise aber klar zu vernehmen. Die Gäste traten an die Tafel, aber an der Stirnseite blieben drei Plätze frei.

 

„Die Regentin kommt!“ Sagte Dagan zu Clair und sie stellte sich anständig hin, prüfte kurz den Sitz der Kleidung und sah, dass Dagan sie anlächelte und nickte.

 

Aus einer der Nebentüren trat Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, mit ihrer Tochter Penelope ai Youhaahb und Soleab n’Amsala, dem Parlamentspräsidenten von Soulebda hinzu und begrüßten alle wie alte Freunde.

 

Die drei setzten sich an die Front der mächtigen Tafel und Heylah erhob ihr Glas.

„Danke, dass Sie zu uns gekommen sind und unsere Insel besuchen. Wir versuchen, Ihren Aufenthalt so angenehm und ungefährlich zu machen wie nur möglich. Nun erkläre ich die kleine Tafel für eröffnet, ein kleiner Schmaus als Gruß sozusagen. Morgen früh sehen wir uns dann im Palast. Trinken wir auf unsere Gesundheit und den Schutz Mualebdas.“

 

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Nach dem wunderbaren Abendessen hatten sich die Gäste nach und nach verabschiedet. Die Wachen wurden scheinbar weniger und wir zogen uns in die obere Etage zurück. Clair stand vor dem großen Pool und schaute auf das Wasser, sie fühlte mit ihren Fingern das Wasser. „Oh herrlich, den habe ich bei der Besichtigung gar nicht gesehen. Der ist ja herrlich und so erfrischend.“

Während Clair sich über den Pool freute, kam Soleab zu Peter zu und gab ihm einen kleinen Wink, ihm zu folgen.

 

„Grüß dich, oh du Krieger Mualebdas. Ich habe gute und schlechte Nachrichten für dich. Bisher sind noch keine der Schurken hier gelandet. Wir wissen aber, dass sie in Deutschland wissen, dass ihr weg seid. Nur haben die Schurken noch keinen Plan, wo ihr euch aufhaltet. Das war das Gute.

Das Schlechte ist, dass es Anzeichen für einen Anschlag auf eure Anstalt gibt. Wir wissen noch zu wenig und auch eure Leute haben noch nichts Genaueres, aber alle sind nervös und in Alarmstimmung.

Soweit die Neuigkeiten aus deiner Heimat. Jetzt solltest du mit mir kommen, ich glaube, Penelope will mit den Mädchen alleine sein und ich habe mit dir noch einiges zu besprechen über diese Clair.“

Peter ging mit Soleab n’Amsala und schaute sich noch einmal zu uns um, Penelope und Caroline winkten ihm zu.

 

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Badezauber

„Das Wasser ist herrlich.“ Stellte Penelope fest und umarmte mich. Dann sah sie zu Clair. „Wollen wir etwas plantschen? Keine Sorge Clair, der Pool kann von außen oder unten nicht eingesehen werden.“ Ihre beiden Leibwächterinnen, eben sehr hoch gewachsen fingen bereits an, sich zu entkleiden.

Clairs Augen wurden größer, als Penelope, ohne sich zu schämen, ihren Umhang ablegte und uns ihren wunderschönen Körper präsentierte. Ihre schlanke Taille mit den schön geformten Brüsten, dazu das lange Haar hatte etwas von Sandro Botticellis Geburt der Venus. Ihr braungebrannter Körper zeigte, dass sie sich öfter textilfrei sonnte und keinerlei Beklemmnis hatte.

 

„Wer zuletzt drinnen ist, muss nachher die Getränke besorgen.“ Die beiden Leibwächterinnen hatten sich entkleidet, sie sahen nackt einfach nur wunderschön aus und sie hüpften zusammen mit Penelope in den Pool.

 

Clair wirkte noch anfangs etwas unsicher, aber als ich sie anlächelte und meinte „Komm, das ist wie nach der Sauna, da ist nichts dabei und wir sind sicher. Außerdem wirst du das Wasser genießen.“

Damit legte auch ich meinen Umhang ab und Claire bewunderte für einen Moment meinen Körper, ehe ich ins Wasser sprang. Ein paar Momente später sprang auch Clair ins Wasser und wir plantschten eine herrliche Stunde in dem wunderbaren Wasser.

 

Clair sah mich an und flüsterte „ich bin nicht prüde, schließlich bin ich aus Paris, ich war nur etwas überrascht, schließlich ist Penelope ja die Tochter der amtierenden Regentin. Aber du hast Recht, das Wasser ist wunderbar.“

Während ich auf Penelope zu schwamm, flüsterte ich Clair zu „Hätte Heylah etwas Zeit, dann wäre sie bestimmt mit bei uns im Wasser, sei dir dessen sicher.“

 

Clairs Augen begannen zu leuchten. „Wirklich? Soulebda gefällt mir langsam immer mehr.“

„So ihr beiden Süßen, jetzt will ich meine Nun’tschula aber im Arm haben und sie endlich wieder einmal fühlen.“ Damit umarmte sie mich und wir küssten uns heftig.

Clair wurde von den beiden hochgewachsenen Schönheiten höflich eingeladen und die drei spielten am anderen Ende des Pools, während Penelope und ich uns endlich wieder einmal liebkosen konnten.

 

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Eine Stunde später war es rabenschwarz geworden und der klare Sternenhimmel prangte am Himmelszelt. Die immer noch warme Luft machte es uns einfach, aus dem Wasser zu kommen und splitterfasernackt auf die breite Liege zu legen. Wir waren frei von falschen Ängsten und uralten europäischen Verklemmungen. Claire zeigte sich auch ungezwungen und ihr Körper war wunderschön.

 

Ihr wasserstoffblondes Haar fiel über ihren Busen und ich lächelte sie an. „Weißt du, dass du problemlos als Palastangestellte durchgehen könntest mit deiner Figur und deinen langen Haaren, die anderen Mädchen im Palast tragen, bis auf die Regentin auch die Haare so lang, dass sie den Busen bedecken können.“

 

Penelope erzählte, wie es dazu gekommen war, von ihrem Vater, der dann am Ende durchgedreht war und in einem schlimmen Kampf besiegt wurde. Außerdem von dem Büro zur Auswahl der Schönsten unter dem Volke. Dieser Passus war beibehalten worden.

 

Währenddessen spielten die beiden Leibgardistinnen sanft an Claire und streichelten sie sanft an Schulter, ihren Armen und den Beinen. Clair ging mit und ließ sich tatsächlich verwöhnen. Die beiden Grazien wussten aber, dass sie nicht zu weit gehen durften, schließlich war Clair Ehrengast.

Wie lagen auf der Liege und erfreuten uns an dem herrlichen Sternenhimmel. Hier auf der von der Stadt abgewandten Seite der Villa sah man nur das Meer und den Sternenhimmel, keine störenden Lichter.

Penelope legte sich an meine Seite und schmuste mit mir, da zeigte ich nach oben in den Himmel, „Schaut, der weiße Punkt da oben, das ist die ISS Raumstation, da oben sind Menschen.“

Clair kam an meine andere Seite und schaute an meiner Hand entlang zu dem kleinen weißen Punkt am Himmel, der langsam heller wurde und dann nach einer Weile wieder schwächer wurde, um dann ganz zu verschwinden.

 

Da erst merkte sie, dass ihre Hand auf meinem Busen lag.

 

Als sie es überrascht merkte, nahm ich ihre Hand und führte die Hand sanft gen Himmel. Nahe ihrem Schenkel standen einige gute sichtbare Sterne am Himmel. „Das da sind Alpha und Beta Centauri und gleich links daneben…“

 

Clair sah mich mit lächelnden, großen Augen an „Das Kreuz des Südens, ist das wirklich soweit da unten?“ Und sie nahm meine Hand und führte sie mit ihrer Hand langsam an meinen Beinen entlang, bis sie schließlich am Ziel war.

 

„Ja Clair, das ist auch das Kreuz des Südens und wenn man das sucht und findet, wird man zufriedener sein.“

Von der anderen Seite flüsterte mir Penelope ins Ohr „Bleib bei ihr, halt sie im Arm, ich muss leider schon los, also bis Morgen.“ Mit einem Hauch eines Kusses entschwand Penelope und ihre beiden Leibwächterinnen.

 

„Müssen wir auch gehen?“ Flüsterte Clair.

„Nein, Clair, das ist mein Haus, mein Reich, wir müssen gar nichts, aber wir können uns alles erlauben, zumindest heute Abend.“

 

Noch während sie ihre Hand an meiner Scham hielt, begann ich sie mit meiner linken Hand sanft zu streicheln und sie nahm es wohltuend an.

 

Ihre Augen waren jetzt riesig groß und so führte ich das Spiel sanft weiter.

 

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Wenig später lagen wir eng umschlungen auf- und beieinander und küssten uns zärtlich. Ich fühlte, dass sie sich immer mehr öffnete und sich endlich fallen ließ. Sie konnte sich endlich erholen.

 

Völlig entspannt kicherte sie mich an. „Ich wusste ja, dass man sich hier im Süden freier gibt, aber so entspannt hätte ich das jetzt doch nicht erwartet. Weißt du, dass du einen wunderschönen Busen hast, wie schaffst du es, dass der so groß und so straff bleibt?“

 

„Ich treibe gern Sport und kämpfe öfter mit meinen Mädchen und natürlich mit Peter. Das hält dich auf Trab und lässt dich so etwas lernen.“ Lächelnd spannte ich meine Brustmuskulatur an und meine linke Brustwarze fing an sich zu stellen.

 

Bei jeder Kontraktion ein bisschen mehr. Schließlich stand sie ab und Clair schaute sie mit einem Leuchten in den Augen an. „Darf ich?“, hauchte sie mir ins Ohr und als ich nickte, umschloss sie die Knospe mit ihren Lippen, begann sanft zu saugen, danach wurde es himmlisch …

 

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Am frühen Morgen wurden wir durch ein frisches Kaffeearoma geweckt. Unten standen drei Mädchen vor dem großen Tisch und sangen leise ein leichtes Lied, das wunderbar klang. Es war ein Lied, das die Stammesmädchen sangen, wenn sie ihre liebenden Männer verabschiedeten, wenn diese in den Kampf zogen.

 

Clair erwachte und lag in meinen Armen. Ich deutete ihr ein sanftes „pssst“ und legte meinen Zeigefinger auf ihren Mund. Da lauschte Clair der Waise der Mädchen und hörte eine Weile zu.

Dabei sah sie mich fragend an „Was singen die Mädchen da, es klingt wunderbar, aber ich verstehe kein Wort.“

 

Da fiel mir wieder ein, dass die Mädchen in der Stammessprache sangen und Clair dies nicht verstehen konnte.

 

Also übersetzte ich jede Strophe für sie.

 

„Ihr Helden, ihr Starken, so geht nun hinfort,

beschützt eure Frauen und Kinder im Ort.

Bekämpft diese Schurken, schlagt ein wie die Katzen,

bekämpft sie, wo immer sie sind sollt ihr sie kratzen.

Nehmt mit unsere Wünsche, so tragt im Herz,

umschließt sie und fühlt bitte gar keinen Schmerz,

Bedenkt bei den Kämpfen, dass das Leben ihr schont,

Denn Mualebda in jeder einzelnen Selle doch wohnt.“

 

Clair schaute mich an und lächelte dann schelmisch. „Ich vermute, in der Sprache, die die Mädchen singen, reimt sich das etwas besser, oder?“

„Oh ja, ihre Stammessprache ist sehr blumig, sie hat dabei unendlich viele Ausdrücke und eine schier unglaubliche Kraft, etwas auszudrücken.“

 

„Ich war einmal in Papeete, da sprachen die so etwas Ähnliches, das klang auch wie polynesisch, eine wunderbare Sprache, finde ich.“

„Diese Sprache hat etwas Magisches, kraftvolles und ist so voller Farben, das konnte ich mir anfangs nicht vorstellen. Die Menschen haben 21 Worte um eine einfache grüne Pflanze zu beschreiben, hunderte für einen Regenbogen und für die bunte Natur eine Unmenge mehr.“

 

„Wie lange habt ihr gebraucht, diese blumige Sprache zu lernen, ich weiß das polynesisch komplex und schwer ist.“

„Ja, es hat eine Weile gedauert, aber wir hatten gute Lehrer und na sagen wir, Mildernte Umstände beim Lernen. Jetzt aber genug, komm, lass und durch den Pool, dann duschen und ich freu mich auf das Frühstück.“

 

Clair umarmte mich kurz und gab mir einen kurzen sanften Kuss. “Danke für diese eine Nacht, sie war wirklich … herrlich.“ „Nichts zu danken Clair, DAS war noch gar nichts, wenn es passt und dir recht ist, sorge ich für eine Überraschung, nur mit Penelope und mir, sag einfach ob und wann es dir danach ist.“

Als wir beim Frühstück saßen, kamen nach und nach einige Freunde zu uns. Penelope kam mit einem Mädchen. Sie lächelte und das Mädchen lächelte uns mit einem ehrlichen frischen Lächeln an.

Soleab brachte Peter mit und ich sah beiden an, dass sie wieder eine Nacht im Dschungel verbracht hatten. Dabei war Peter bisher nie zu kurz gekommen und folglich sah er erleichtert aus und lächelte mich an.

 

„Wo waren die denn die ganze Nacht, die sehen ja auch entspannt aus und wieso ist der Regierungspräsident so gut Freund mit Peter?“

„Hallo Schatz, hallo Clair, na ihr beiden Grazien, habt ihr gut geschlafen?“ Rief er herüber und auch Soleab hob grüßend seine Hand und winkte uns lächelnd zu.

 

„Die beiden waren wieder eine Nacht im Dschungel, du weißt, die Spiele der harten Männer.“, und beide lachten wir laut auf.

„Das ist schon ein seltsamer Freundeskreis hier. Die halbe Regierung kommt auf Besuch und jeder ist gut mit euch. Habt ihr alle bestochen oder sind die alle so naiv, dass es keine bösen Menschen auf der Erde gibt?“

Mit einem Mal stand Madame Ma’Difgtma wieder neben Clair und goss etwas Saft nach. Sie musterte Clair mit ihren Augen und ohne hinzusehen, goss sie das Glas voll, ohne dass es überlief.

Mit ihrer starken Stimme sprach sie dann zu Clair.

 

„Meine liebe kleine Frau aus dem fernen Frankreich. Wir wissen hier durchaus, dass es auch das Böse gibt und wir kämpfen seit Urzeiten erfolgreich dagegen und sind dabei sehr oft siegreich. Aber naiv, das sind wir beileibe nicht.

Ganz im Gegenteil, oh du Unerschrockene, ich weiß weshalb du hier bist, weiß von deinem Leid und deiner Furcht. Aber deswegen musst du nicht verzagen, denn hier bist du von wirklich guten Freunden umgeben, die jederzeit für dich kämpfen würden – und nun iss, du wirst die Kraft heute noch vor Mittag brauchen können.“

 

Clair schaute mich kurz an „War das eben falsch von mir?“ Dann schaute sie wieder dahin, wo eben noch Ma’Difgtma gestanden war, aber sie war weg.

„Habe ich sie verärgert, und – wo ist sie hin?“ Fragte Clair unsicher.

„Da unten, auf dem Weg zum Markt und nein, du hast sie nicht verärgert.“

Clair schaute über das Geländer und sah, dass tatsächlich Ma’Difgtma mit zwei Männern in Begleitung zum Markt ging.

„Wie … wie kommt sie so schnell da unten hin?“

„Ma’Difgtma wird für dich sicherlich immer ein Rätsel bleiben. Sei aber versichert, du kannst keine bessere Leibwächterin finden und sie mag dich.“

 

„Oh, das wusste ich nicht, dass sie mich mag. Aber eine Leibwächterin, ist sie dafür nicht etwas zu alt?“

„Das mit Ma’Difgtma erkläre ich dir später. Lass uns frühstücken, dann machen wir uns fertig, der Wagen kommt um Neun Uhr.“

 

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Auf in den Palast

Pünktlich um Neun Uhr hielt eine weiße Limousine und wir fuhren durch die Stadt zum Palast. Der Fahrer hatte offensichtlich Anweisungen erhalten die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt im schnellen Durchlauf aufzuzeigen, denn anhalten würden wir nicht.

Clair sah die Häuser, diese muntere aufstrebende Stadt hatte einen Spagat zwischen alter und neuer Welt erfolgreich gemeistert. Die Stadt hatte neue Baukunst und alte bauliche Weisen geschickt gemischt. Die modernen Häuser passten sich der alten Bauweise an, es gab keine der typischen Wolkenkratze Monster oder anderer Bausünden, wie sie in den aufstrebenden Städten im Westen, sooft zu sehen waren. Hier sah es einfach passend aus. Wieviel Feingefühl dahinter stand, konnte man auf den ersten Blick nicht sehen, nur erahnen.

 

Wir fuhren am Zentralkrankenhaus vorbei und Clair bewunderte die Bauart und die stattliche Größe. Weiter ging es und wir kamen in den Verwaltungsbereich der Hauptstadt.

„Schau da kommen die Ausläufer der Universität. Die technischen Fakultäten sind hier, die der Geisteswissenschaften dort oben an den Höhenzügen und das Rechenzentrum liegt genau da.“

„Stimmt es, dass da einer der stärksten Superrechner läuft?“

„Ja und er wird gut genutzt und hat bereits sehr gute Dienste geleistet.“

„Aha, Wetterberechnungen und Überleben und so?“

„Ja, in etwa, es ging auch um den Erhalt der Welt, ja, doch, kann man so sagen.“

„Was ist das da oben auf den Bergen?“

 

„Das ist die neue Kommunikationszentrale, die Alte wurde zu klein und war veraltet. Wir kommen jetzt in den Regierungsbereich und in den Bereich der Stämme Soulebdas.“

„Schau, ab hier geht das Gebiet der Stämme. Von hier aus bis zum Horizont ist das alles das Gebiet der Stämme von Soulebda. Die lehren hier noch uralte Weisheiten und ihr Wissen ist unglaublich vielfältig. Auf der anderen Straßenseite zum Meer hin kommt dann der Regierungspalast mit den Verwaltungseinrichtungen.“

 

„Ich habe in den Aufzeichnungen einiges über diese Stämme gelesen, werden wir sie sehen und uns mit ihnen treffen können?“

„Davon kannst du ausgehen, dass wir mit einigen der Stammeskrieger Kontakt haben werden und mal sehen, vielleicht mögen sie dich ja.“

Wir überquerten einen großen Platz, hier wurden die Treffen, die Feste und andere Veranstaltungen abgehalten und dahinter war bereits der Palast.

Wir wurden bereits erwartet und als der Wagen an der breiten Treppe hielt, standen bereits zwei Mädchen von Heylah’s Sekretariat bereit und eine Abordnung der Palastgarde. Die Männer und Frauen waren aber in Kampfmontur und trugen ihre Waffen.

Clair bewunderte die filigranen Arbeiten an den Kalksteinen, aus denen der Palast gebaut war. Während wir in den Palast gingen, bewunderte sie die fleißigen Helferlein, wie sie an zwei neuen Steinen feinste Arbeiten einschlugen.

 

„Ist das nicht alles sehr teuer, all diese vielen Arbeitsstunden?“

„Nein Clair, hier spenden die Bewohner ihrer Regentin das wertvollste, was sie haben, ihre Arbeitszeit und stellen sie diese in Form von Ornamenten und Kunst dar.“

„Das machen die alle freiwillig?“

„Ja damit bedanken sich die Bewohner für die schützende Hand der Regentin und für all das, was hier geleistet wird. Auch wenn Soulebda alles andere als arm ist, so kann man dennoch nicht jede Hütte vergolden und das würden die Leute hier auch gar nicht wollen. Oh wir werden erwartet.“

 

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Im kleinen Empfangssaal erwartete uns Heylah ai Youhaahb, die Regentin des Inselstaates, zusammen mit ihrer Tochter Penelope ai Youhaahb, und Soleab n’Amsala, dem Parlamentspräsidenten.

Das Treffen war sehr freundlich und das formelle war auch schnell vorbei. Hier erfuhr Clair auch, dass Soleab der Schwiegersohn der Regentin war.

 

„Kommt, wir machen einen kleinen Rundgang. Im letzten Monat haben die lieben Bürger sich etwas Besonderes ausgedacht und unseren hübschen Palast um ein weiteres Stück Geschichte bereichert. Caroline und Peter, ihr werdet das wohl erkennen und du Clair, dir werden wir erzählen, was sich damals alles zugetragen hat.“

 

Soleab hakte Clair unter und erklärte all jene Dinge, die sich in den letzten Jahren ereignet hatten. Die Bevölkerung hatte eine Art Mahnmal Weg in einem der Seitenarme des Palastes errichtet. Mit Bildern und Fotos war da die Geschichte der letzten zehn Jahre aufgezeigt. Schließlich kamen die Bilder des Aufstandes der beiden Häuptlinge und dem daraus folgenden Angriff auf die Regentin.

Heylah blieb an einem großen Gemälde stehen, es zeigte die Bücherei mit umgestürzten Regalen und der Regentin, die von ihrer Leibwache beschützt in der Mitte Schutz gefunden hatte. Die letzten Kämpfe wurden hier nachgestellt und man sah den Soldaten, wie er sich schützend vor die Regentin stellte, aber Clair schaute auf etwas anderes, da stand eine Version Lara Croft mit roten Haaren und zwei Pistolen und schoss wild um sich.

 

Soleab erzählte die Geschichte dahinter und Clair kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Dass ihr diesen Angriff überlebt habt, war aber mehr als Glück.“ Stellte sie nüchtern fest und Heylah lächelte sie an. „Oh ja uns hat in diesen Stunden tatsächlich eine Lara Croft geholfen, hier steht sie.“ Damit zeigte Heylah auf mich und Clair blieb kurz stehen. Clair schaute auf das Bild, das mich leicht seitlich zeigte, wie ich die Angreifer stoppte.

 

„Das war Caroline?“ Heylah lächelte erneut und ging weiter. „Ja, das war Caroline, meine Retterin in der Not. Kommt weiter, jetzt kommt das große Panorama des Wechsels.“

Wir durchschritten einen überdachten Gang und fanden uns in einer kunstvoll geschmückten Darstellung des Aufstandes, der mit dem Tod des Präsidenten endete und eine neue Zeitperiode auf Soulebda einläutete. Soleab hatte Clair immer noch im Arm und erklärte ihr jedes noch so kleine Detail, während uns Heylah zu den beiden Vulkanen lotste. Das sah dann tatsächlich aus, als würde eine Revolution stattfinden. Soldaten stürmten durch eine Schlucht und wurden von einem heldenhaften Jerome gestoppt. Der hintere Vulkan schien gerade zu explodieren und vor dem vorderen tobte ein Kampf.

 

Wir erkannten Tausende einzelner Kleinigkeiten, die herausgearbeitet waren. Tatsächlich hatten hier viele Hundert Künstler ihren Teil dazu beigetragen.

Während Soleab Clair diese Geschichten näher brachte, standen wir etwas abseits bei Heylah und Penelope.

 

„Wir müssen auf Clair aufpassen. Ich habe die Stämme informieren lassen und heute um Cet’lah, also um halb zwölf haben wir eine Verabredung im großen Stammeslager, da werden wir Clair vorstellen.

Unser Geheimdienst hat bestätigt, dass bei euch bereits bekannt ist, dass Clair und ihr verschwunden seid. Der Geheimdienst rechnet jedenfalls mit Besuchern innerhalb der kommenden Woche und bereitet sich darauf vor.“

 

„Wir sollen Frank auf jeden Fall informieren, sobald wir konkrete Spuren haben.“

„Selbstverständlich. So Soleab ist fertig, ich denke, Clair hat den Geschichte Kursus im Eilschritt durchlaufen.“, lächelte uns Penelope zu und nahm mich in den Arm.

 

Es geht weiter, komm.“

Wir durchquerten noch einige Seitenteile und Heylah zeigte uns neue Teile, die gerade entstanden. Heylah ließ es sich nicht nehmen ihre Landsleute zu loben für all die Einfälle, die Zeit und die Kraft, die hier drinnen steckte. Ein Zeichen, dass sie durchaus wusste und verstand, wieviel harte Arbeitszeit hier drinnen steckte.

 

„Zum Schluss will ich euch noch den umgebauten Keller zeigen, da hat sich Jerome ausgetobt. Wo steckt er eigentlich, er wollte doch heute dabei sein, wenn …“

Im gleichen Moment ging vor uns Licht an und ein Treppenabgang wurde erleuchtet. Zwei Gardisten kamen und bat uns ihnen zu folgen. Wir alle, Heylah voraus, gingen die Treppe hinunter in den hell erleuchteten Kellerbereich. Hier war es deutlich kühler, aber auch frisch, die Luft wurde also irgendwie ausgetauscht.

„Hier entlang.“ Klang Jeromes Stimme, die ich überall heraushören konnte. Er trat aus einem der Nebenräume heraus. Jetzt kannte ich den Kellerbereich wieder. Hier war einst die Schießanlage und auch heute wurde hier unten geübt, den Jerome ließ moderne aktive Schallabsorber verteilen. Wir setzten sie auf, die Gardistinnen prüften, ob sie auch eingeschaltet und korrekt eingestellt waren. Dann betraten wir die neue Schießanlage.

 

Jerome stand vor uns, wie ein englischer Colonel und erklärte, dass das eine elektronische Anlage sei, wir allerdings mit richtigen Waffen schießen müssten. Dazu zeigte er uns durch eine Gardistin, die sich an den passenden Platz stellte, wie das ablaufen würde. Nebenan auf dem Tisch lagen die Pistolen, vier verschiedene Modelle aber alle mit Kaliber 9mm.

„Wir schießen hier das kleine Training, das heißt, ihr müsst nicht laufen, sondern bleibt stehen. Vier Ziele erscheinen hier vorne irgendwo, die müsst ihr treffen, dann Magazinwechsel und weitere sechs Ziele erscheinen hier vorne zwei und vier in der Mitte. Erneuter Magazinwechsel und jetzt kommen zehn Ziele, verteilt auf die Mitte und das Ende vom Parcours. Magazinwechsel und zum Abschluss zwölf Schuss auf die hinteren Scheiben und zwei bewegliche Ziele in der Mitte. Letzter Magazinwechsel und ein Schuss auf die Metallplatte da vorne das stoppt die Zeit.“

 

Heylah hielt sich dezent mit Soleab und Penelope zurück. Peter, Clair und ich waren aber voll dabei und als Jerome seiner Gardistin „Feuer frei“ gab, da legte die junge Frau einen sehr guten Parcours hin.

An ihren Bewegungen sah ich sofort, dass die Ziele nicht an statischen Punkten hochkamen, das war kein einfaches Scheibenschießen, hier gab es Veränderungen, auch für die Gardesoldaten. Mit dem letzten Schuss auf die Metallplatte stoppte die Zeit bei 02:35 Minuten.

Die Gardistin lächelte, es war also offenbar eine gute Zeit. Als nächstes schoss ein junger Leutnant und kam mit einem Fehlschuss auf 02:38.

Nach zwei weiteren Schützen einer Gardistin mit 02:34 und einem Gardisten mit 02:35 fragte Jerome uns, ob denn jemand auch eine Runde versuchen möchte. Natürlich brannten wir drei darauf und Jerome war ein guter Gastgeber und ließ Clair voran.

Sie Schoss mit einer SIG ihren Parcours und lieferte einen fehlerfreien Durchlauf in 03:11 aber fehlerfrei, kein einziger Fehler!

 

Als nächster kam Peter an die Reihe und er zeigte, dass er mit der SIG umgehen konnte. Die Magazine flogen nur so umher und am Ende hatte er eine fantastische Zeit mit 02:37 zustande gebracht.

Die Gardisten schauten ehrfürchtig zu Peter, immerhin war das sein erster Durchlauf auf einem völlig fremden Parcours.

Auch Jerome lobte Peter und lästerte freundlich „mir scheint, da hat jemand das Training von Decker doch ab und zu besucht.“

„OK ein wunderbarer Parcours“, lobte ich und wollte gehen. Doch zu früh gefreut.

„So schnell nicht junge Frau, du gehst nicht, ehe du deinen Lauf abgelegt hast, komm und zeig, was du wirklich draufhast.“

Während ich eine passende Waffe suchte, eine Beretta 92 FS und die Magazine dazu geladen bekam, ging bereits ein Raunen durch die Gardisten. Sie wussten genau, wer sich hier bereitmachte und alle erwarteten sie einen interessanten Lauf.

 

Aber Jerome war Profi genug, um mir auch eine Herausforderung zu präsentieren. Bisher waren die Ziele von links nach rechts gewandert, diesmal ging es von rechts nach links und ein grinsender Jerome stand mit verschränkten Händen da und schaute dem beginnenden Schauspiel zu.

Bei 02:33 blieb bei mir der Zähler stehen, ich hatte allerdings einen Schuss mehr abgeben müssen, aufgrund eines Fehlers.

Soleab kam von hinten auf uns nach vorn gelaufen und klatschte in die Hände. „Sauber gemacht, das war ein neuer Rundenrekord, ja meine Damen und Herren der Garde, die Ziele wurden soeben etwas angehoben. Viel Erfolg beim Training.“

Jerome kam auf uns zu und ich lobte ihn, er strahlte richtig und die Gardistinnen nahmen das anerkennend zur Kenntnis. „Das ist ein Spitzen Parcours, der ist wirklich gut zum üben, ich bin jetzt schon auf den Lauf-Parcours gespannt.“

Jerome aber, ganz der Gentlemen, lächelte und meinte „der ist bald dran Caroline und das war ein klasse Durchlauf, nur die eine Fahrkarte, naja …“

 

**

 

Besuch bei den Stämmen

Einige Zeit später gab es, in einem der abgelegenen Bereiche, zwischen Palast und dem Gebiet der Stammeskrieger eine kleine Stärkung mit verschiedenen Leckereien des Dschungels. Trauben kleinen Äpfeln, diversen anderen Früchten, die man in Europa kaum sah und dazu noch herrlich kühle Säfte in diversen Geschmacksarten und Farben.

Clair rätselte gerade mit uns, was das eine oder andere Obstteilchen sein könnte und probierte tapfer das Obst, da kam Heylah zusammen mit Madame Ma’Difgtma und Ma’Feratama, sowie ein paar Frauen und Männern in Tracht auf uns zu.

 

Ich flüsterte ich zu Clair. „Das sind jetzt die beiden obersten Kriegerinnen dieses und des benachbarten Volkes, auf einer anderen großen Insel im Norden. Ma’Difgtma kennst du ja schon und Ma’Feratama wirst du noch kennenlernen. Was die beiden sagen, das hat Hand und Fuß, denk immer daran. Die beiden und alle Stammeskrieger, haben sehr gute Augen und noch viel bessere Ohren.“

„Die sehen aus, wie Mutter und Tochter.“, flüsterte Clair, so leise es ging, und kam mit uns auf die Menschen zu. Ich sah das Lächeln in den Augen von Ma’Difgtma und Ma’Feratama und wusste es zu deuten.

 

Heylah grüßte die gesamte Runde und begann mit dem Reden. „Das hier ist die oberste Kriegerin Ma’Difgtma von Soulebda und das hier ist Ma’Feratama, sie ist die oberste Kriegerin von Futuna und alle haben dich gehört, oh Claire Clament aus dem fernen Paris, der Stadt mit dem Eiffelturm. Das sind tatsächlich Mutter und Tochter.“

 

Clair lief knallrot an und wäre am liebsten im Boden versunken.

 

„Mach dir nichts daraus, liebe Clair aus Paris. Warum baut ihr so hohe Leuchttürme, Paris liegt doch weitab vom Meer?“ Ma’Feratama rettete die Situation. Jetzt lachten wieder alle und auch bei Clair löste sich wieder die Anspannung. Ob Ma’Feratama das gesagt hatte zum Auflockern der Stimmung, oder ob sie Paris nicht kannte, war dabei vollkommen egal.

 

„Hier stelle ich euch vor“, führte Heylah weiter, „die frisch ernannten Kriegerinnen Tez’sil Tursk und Feroa Tarsh, beide wurden erst frisch zu den Kriegern gerufen und beide haben die Prüfungen erfolgreich abgeschlossen.

Dazu stelle ich euch vor die Krieger Namsaruk und Heiderklat. Beide haben die Prüfungen zu den Kriegern erfolgreich abgelegt.

Wisse, oh Clair Clament aus Paris, das Ablegen der Prüfungen ist eine der größten Herausforderungen des Lebens und viele Bestehen die Prüfungen nicht. Sie treten dann nach der Prüfung direkt vor das Antlitz von Mualebda.“

 

Clair schauderte. Jetzt verstand sie, was das bedeutete und dass ein Versagen bei der Prüfung den sicheren Tod bedeutete.

„Dies hier sind die vier Novizinnen und Novizen, die heute Abend ihre Prüfung abzulegen haben. Sie haben, wie die anderen vor ihnen viele Jahre trainiert, geübt und gelernt und haben sich auf diesen einen Tag vorbereitet. Wie auch immer, heute Abend endet ihr bisheriges Leben.

Nach der Prüfung sind die vier tot oder Krieger Mualebdas. Auf jeden Fall aber sind sie keine Novizen mehr.“

Clair schaute die vier an und versuchte in den Gesichtern etwas zu erkennen. Aber was auch immer da zu lesen stand, in keinem der Gesichter war Furcht oder Zaudern.

„So, es ist nun soweit, ihr die ihr aus der gegenüberliegenden Seite der Welt gekommen seid, um unseren Schutz anzufordern, ihr kommt jetzt mit uns zum Stammeszelt der Stammeskrieger. Dort wollen wir bereden, was wir mit euch anfangen.“

 

Clair schaute uns fragend an „Weshalb redet Heylah so geschwollen?“

Peter schaute sie an und antwortete: „Sie redet und vermittelt quasi zwischen zwei Welten. Deiner und der Welt der Stammeskrieger, die erinnern sich an wichtige Dinge, da hüpften die Menschen bei uns noch von Baum zu Baum.“

„Ja, ja nun übertreibst du aber, Caroline, wie weit geht denn die Geschichtsschreibung der Stammeskrieger zurück?“

„Leicht 8.000 Jahre! Es ist wahr, die Menschen hier verfügen über längst verloren gegangenes Wissen. Sie erinnern sich an Geschehnisse, die bei uns bestenfalls als Fabel oder Märchen auftauchen, wenn überhaupt.“

 

Ungläubig schaute Clair und beide an. „Jetzt übertreibt ihr aber, oder?“

„Clair, wenn alles passt, wirst du hier Dinge erleben, die du dir nicht erklären kannst. Wundere dich nicht zu sehr und nimm einiges davon einfach als gegeben an, dann fällt es dir am leichtesten.“

Peter und ich schauten uns plötzlich an. „Sie rufen uns, es geht los, komm Clair. Wir müssen in das Zelt, die Stammeshäuptlinge sind da und sie warten auf uns.“

Clair schaute und verwundert an. „Wir habt ihr das wieder gemacht, ich habe nichts gehört.“

 

**

 

Zusammen mit Clair traten wir durch den verhüllten Eingang des größten Zeltes. Nach dem Eingang kam eine Schleuse, in der zwei bewaffnete Krieger mit kurzen Messern standen. Ob das die Wachen waren, oder mehr zu einer Zeremonie gehörte, konnten wir Clair nicht sagen.

Von drinnen drang leises, monotones trommeln und eine Melodie, von Mädchen gesungen, klang einladend.

 

Schließlich standen wir in dem großen Zelt. Genau gegenüber von uns saßen auf einer kleinen erhöhten Position fünf Menschen. In der Mitte erkannten wir Heylah, links von ihr saßen die beiden ersten Kriegerinnen und rechts von ihr saßen der oberste Stammeskrieger und die oberste Priesterin.

Zwei Kriegermädchen, oder waren es noch Novizinnen, kamen zu uns und führten uns vor die Fünf. Um uns herum saßen, knieten oder standen in mindestens drei Reihen Hunderte Stammeskrieger, ein jeder in seiner Tracht und nur wenige lächelten uns an.

 

Jerome trat dazu. Jetzt merkte Clair erst einmal, wie groß er wirklich war. In seiner Kriegertracht sah er wirklich zum Anbeißen aus. Jerome trat vor Clair und gab ihr einen geschnitzten kurzen Stock in die Hände. Er band den Stock schnell mit wenigen Griffen an Clairs Hände und sie schaute ihn fragend an.

„Das ist der Stab der Wahrheit.“ Sagte Heylah von ihrem Platz aus. Clair schaute auf das Stück Holz, das an ihren Händen befestigt war.

 

„Da wir dich nicht kennen, Clair, aus dem fernen Paris, müssen wir mit der Wahrheitsfindung vorsichtig sein und vertrauen unseren Vorfahren. Sie wussten bereits, wie sich eine Lüge anfühlt, und haben und diese Lehre weitergegeben.

Sei also auf der Hut Clair aus Paris, wenn wir eine Lüge nicht erkennen, der Stock wird es.“

„Weshalb sollte ich euch hier belügen, ich erflehe eure Hilfe.“

Der oberste Stammeskrieger und Häuptling erhob sich und trat vor Clair. Sie hatte erwartet, dass er in einer ihr unbekannten Sprache sprach, aber es lächelte sie an und sprach in feinstem Französisch:

„Clair Clament, Major beim Geheimdienst, aus Frankreich, wir werden dich jetzt prüfen und dir Fragen stellen, die du ehrlich und richtig beantworten wirst. Hast du das verstanden, so antworte mit ja.“

„J.. Ja“ Antwortete Clair etwas verstört.

 

Clair war mehr als verblüfft und nickte. Dabei ließ sie die Augen keine Sekunde von dem Häuptling.

„Clair, hast du deine Geliebte, Katharine Chevallier, jemals belogen?“

„Nein.“

Ein kurzer Schrei nur, aber der Stock an ihren Händen hatte kurz gezischt, und etwas Rauch war aufgestiegen.

 

„Was… was war das?“ Stammelte Clair.

Der Häuptling sprach jetzt wieder in Englisch und er ermahnte Clair erneut. „Wir haben dich gewarnt, dass du uns nicht belügen sollst. Der Stock kennt die Wahrheit. Also hast du sie jemals belogen, ja oder nein?“

 

Clair schaute ängstlich auf den Stock und dann auf uns, dann auf den Häuptling und fragte: „Muss ich das beantworten?“

„Wenn du unsere Hilfe willst, solltest du dich endlich öffnen und ehrlich antworten. Clair, ein letztes Mal, hast du sie belogen, ja oder nein?“

 

„Ja, ich habe sie belogen …“ Schluchzte Clair und betrachtete den Stock.

Der Häuptling sah sie an, direkt in ihre Augen und seinem eindringlichen Blick konnten schon angsteinflößend sein. Doch Clair hielt Stand.

 

„Du musst nichts verstecken und musst nichts verleugnen, was hier gesagt wird, gelangt niemals über das große Meer. Clair Clament, bist du bereit?“

„Ja, das bin ich.“

 

„Will man dich umbringen?“

„Ja.“

 

„Haben die Bösen bereits einige deiner Freunde umgebracht?“

„Ja.“

 

„Willst du dich für das Gute einsetzen, auch wenn du dabei sterben wirst?“

„J.. Ja!“ Antwortete Clair mit festem Ton.

 

„Vertraust du deinem Kommandanten uneingeschränkt?“

„Ja.“

 

„Willst du helfen die Bösen zu finden und zu bestrafen?“

„Ja, auf jeden Fall!“

 

„Diese Bösen sind vielleicht sehr schlimme Menschen. Wenn man die alle umbringen müsste, um Frieden zu schaffen, würdest du das tun?“

„Ich … nun, ich … nein, ich kann nicht.“

 

Das Holz fing an zu zischen und ein leichter weißer Rauch stieg auf.

„Bitte, ich kann nicht, ich darf nicht, ich bin kein Henker, ich darf die Bösen nicht einfach umbringen. Bitte versteht das.“ Das Zischen im Holz hörte sofort auf.

 

„Clair Clament, wenn der oberste Böse vor dir stehen würde, und einen Menschen umzubringen droht, würdest du ihn dann leben lassen?“

 

Clair sah den Häuptling an. Sie kämpfte mit sich, das sah man ihr an. Die ersten Tränen traten in ihr Gesicht. Das Holz an ihren Händen gab ein seltsames Brummen von sich.

„Clair, würdest du ihn leben lassen?“

„Ich weiß es nicht!“ Schrie Clair und das Holz verstummte, kein Zischen und kein Ton war mehr zu hören.

 

„Es ist gut Clair, wir glauben dir und wir helfen dir. Diese letzte Frage aber, die solltest du für dich zu beantworten versuchen.“

Der Häuptling packte das Holz und schien es Clair aus den Händen reißen zu wollen, aber es fiel einfach ab und lag auf dem Boden, wie ein einfaches Stück Brennholz.

Die Stammeskrieger begannen zu murmeln. Auch der Häuptling erschien etwas überrascht, damit hatte er offenbar nicht gerechnet. Er bückte sich und nahm das Stück Holz auf. Dann sah er Clair genauer an.

„Clair Clament, weißt du, dass in dir Kräfte stecken, die du unbedingt erkunden solltest?“ Dann gab er Clair den Stock. „Bitte nimm ihn, hebe ihn gut auf, wer weiß, vielleicht wird er dir zu passender Zeit eine ungewohnte Hilfe sein.“ Lächelnd drehte er sich um und ging zu seinem Platz zurück. Die anderen vier berieten kurz und schließlich stand Heylah auf.

 

„Wir haben beschlossen, dir, Clair Clament, zu helfen. Du stehst ab jetzt unter dem Schutz der Stämme. Geht nun zurück und morgen werden wir mehr wissen. Danke, ihr tapferen Krieger Mualebdas.“

Was dann geschah, das konnte sich Clair nicht erklären. Sie sah sich um und es schien, als lösten sich die Krieger, die um sie gestanden hatten nacheinander in Nichts auf. Schließlich stand sie mit uns zusammen und schaute etwas ratlos um sich. Jerome klopfte ihr leicht auf die Schulter und flüsterte ein „Gut gemacht“ dann ging er hinaus. Heylah und die beiden obersten Krieger kamen zu uns und lächelten.

 

„Schau nicht so überrascht Clair aus Paris, du bist hier auf Soulebda, hier können Wünsche ab und an noch wahr werden, denk immer daran. Jetzt aber geht wir begleiten euch noch aus dem Zelt.“

Als wir das Zelt verlassen hatten, da standen wir drei alleine. Heylah und die obersten Kriegerinnen waren jetzt auch verschwunden. Clair sah uns fragend an und Peter grinste nur „Ist so eine Art von Abkürzung.“ Ich hakte mich bei Clair ein und wir gingen auf den wartenden Wagen zu.

„Wenn jetzt die Bösen kämen, dann hätten sie leichtes Spiel, oder?“

 

„Nein Schatz, das hätten sie nicht. Du bist auch jetzt nicht allein.“

„Was glaubt ihr, wie lange wird es dauern, bis die herausgefunden haben, wo wir uns verstecken?“

„Das kann noch eine Weile dauern, aber wie der Geheimdienstbericht schon aussagte, sollten wir eher früher als später damit rechnen.“

 

„Naja, solange bei uns in Mainstadt noch alles steht, werden sich die Bösen schwertun, unseren Aufenthaltsort herauszufinden.“

„Peter Peter, fordere das Schicksal nicht heraus, bisher kamen die Prügel auch eher früher als später.“

Lachend fuhren wir zurück zur Villa. Hätten wir gewusst, was sich zur gleichen Zeit in Deutschland tut, wären wir sicher nicht so fröhlich gewesen.

 

**

 

Irgendwo in Deutschland

Ein älterer Mann saß an einem schier riesigen Schreibtisch aus Edelholz und unterschrieb mehrere Schecks, als eines der Smartphones neben ihm summte. Eine kurze Nachricht wurde ihm angezeigt und schon war das Gespräch beendet.

Der ältere Mann legte die Schecks weg und verschloss den edlen Füllfederhalter, er zog eine der Schubladen auf und eine Tastatur mit Handauflagenscanner kam zum Vorschein. Während der Mann den neunstelligen Sicherheitscode eingab, leuchtete der Scanner leicht grünlich auf und der Mann legte seine Hand in den Scanbereich. Ein leises Piepen signalisierte, dass alles gut war und aus dem Schreibtisch klappte ein großes hochauflösendes Display und eine Tastatur wurde im Schreibtisch eingeblendet. Einige Tastendrucke später erschien ein Bild eines bärtigen Mannes in Uniform.

 

„Die Frau ist verschwunden, sie ist definitiv nicht mehr im Land.“

„Aha.“

„Wir brauchen Informationen und die bekommen wir nur von innerhalb der Anstalt.“

„Gut.“

„Wir wollten schon viel weiter sein und Alofi geschlossen haben, wieso dauert das alles so lange.“

„Die Israelis verhalten sich nicht so, wie geplant.“

„Das machen die doch nie, was gedenken Sie zu tun?“

„Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Morgen kommt inoffizieller Besuch aus Tel Aviv zu diesem Anstaltsleiter, da werden wir zuschlagen und gleichzeitig die Beweise für den Aufenthalt der Frau beschaffen.“

 

„Gut. Ich veranlasse alles, ich verlasse mich darauf, dass die morgen dort die Beweise besorgen, dann schicke ich das Team los, um aufzuräumen. Aber wenn der Stunt schiefgeht, dann kommt das nächste Team zu ihnen.“

„Sparen sie sich ihre Drohungen.“

„Gut.“

Der Bildschirm erlosch und fuhr lautlos zurück in die Versenkung des Schreibtisches. Der Mann nahm sich wieder seinen wertvollen Füllfederhalter und widmete sich den Schecks.

An der schweren Holztüre klopfte es dreimal. „Herr Dr. Berberich, ihr Termin ist da.“

„Sie sollen hereinkommen.“ Antwortete der ältere Mann leutselig und seine Gesichtszüge entspannten sich zusehends.

 

Zwei Anzugträger traten ein, bewaffnet mit dünnen Aktentaschen und auf Hochglanz polierten Maßschuhen.

„Vielen Dank Herr Dr. Berberich, dass Sie uns doch noch einen Termin einrichten konnten. Es dreht sich um die Konten auf der Kanalinsel.“

„Was ist damit, droht Jersey im Ärmelkanal zu versinken?“

„Nein Herr Doktor, wir rechnen mit einer Überprüfung im kommenden Jahr, da wäre es gut, wenn diese Konten nicht mehr so stark gebucht wären.“

„Gut, wieviel sollte ich, Ihrer Meinung nach, dort entfernen lassen?“

„Nun dreihundert Millionen sind das maximale, das wir dort erklären können. Bitte verstehen Sie, wenn man feststellt, dass dort 13 Milliarden gebunkert sind, gibt das unangenehme Fragen und bei dreihundert Millionen, da fragt keiner nach, das sind dann wirklich Peanuts.“

„Gut, ich lasse das richten. Sonst noch etwas meine Herren?“

 

„Ja die Ausgaben in der Südsee sind angestiegen. Bisher waren das monatlich 12 Millionen, jetzt sind wir bei fast 14 Millionen. Ist das noch in Ordnung?“

„Meine Herren, sorgen sie dafür, dass das Geld fließt, ich kann nicht in der Südsee vorbeifliegen und ich möchte, dass dort genug zur Verfügung steht, meine Leute sind da an etwas Wichtigem dran und ich rechne noch mit Ausgaben von 1,3 bis 1,4 Milliarden. Aber danach rechne ich mit dem dreizehnfachen an Ertrag, also bitte, sorgen Sie dafür, dass das Geld fließt, ja?“

„Selbstverständlich Herr Doktor, äh da wäre noch die Sache mit unseren Schecks…“

„Selbstverständlich, ich habe sie gerade vorhin unterschrieben. Bitte meine Herren, jeweils 120 Millionen, ganz wie abgemacht.“

 

„Ja, Danke und nun einen schönen Tag noch.“

Als die Männer mit den polierten Schuhen weg waren, rief Dr. Magnus Berberich seiner Sekretärin zu: „Luise, bitte lassen sie meinen Flieger bereitmachen ich muss in einer halben Stunde nach England.“

„Sofort Herr Doktor.“ Kam es von der anderen Seite.

Dr. Berberich nahm aus einer der Schubladen eine Pistole und steckte zwei der vergoldeten Handys ein, dann ging er in seinen begehbaren Kleiderschrank und suchte sich einen passenden Frack heraus. Schließlich musste er für morgen ein Alibi vorweisen können.

 

**

 

Südsee

„Verdammt! Radar, wo ist er?“, fluchte Theresa Fuller.

„Ich habe ihn! 180 Meilen westlich. Kurs 080, Höhe 12.000 Fuß Geschwindigkeit 400 Mph!“

„Scheiße!“ Fuller drehte ihre E/2 sofort auf Kurs 260, schob den Schubregler auf volle Kraft und rief ihre Eskorte. „Wasp zwei, Bandit nähert sich uns auf Schussdistanz! Wo zum Teufel steckt ihr?!“

„Hier Wasp zwei, wir sind an ihm dran!“, kam die beruhigende Antwort.

Im weiten Himmel der Südsee rasten die FA/18 der Theobald mit Mach 1,2 an den unbekannten Flieger heran und stellten Sichtkontakt her. „Wasp zwei an Homebase, Sichtkontakt. Bandit ist zweimotorige Maschine. Kurs weiter 260, Geschwindigkeit… verdammt, er beschleunigt! Er beschleunigt auf über 420 Mph!“

 

„Was? Mehr als 420 Mph? Eine zweimotorige Maschine?!“ fragte Fuller im Hexenbesen. „Radar?“

„Hier Radar. Bestätige Bandit beschleunigt auf 420 MPH! Shit jetzt auf 430 MPH Entfernung zu uns 150 Meilen! Das ist Jet Geschwindigkeit.“

280 Meilen entfernt auf der USS Theobald verfolgte man das Drama an den Radarbildschirmen. „Captain, der Bandit nähert sich unserer E/2 auf Schussweite!“ Meldete der Radaroffizier Captain Barris.

„Homebase an Wasp zwei, sehen sie Waffen?“

Erneut flogen die F/18 an dem Unbekannten Flugzeug vorbei und richteten die Kameras auf den Angreifer. „Bestätige! Bandit eindeutig bewaffnet!“

„Entfernung zu Hawkeye?“ wollte Barris wissen.

„128 Meilen, Bandit nähert sich weiter auf direktem Kurs!“

Barris brauchte keine zwei Sekunden, um eine Entscheidung zu fällen. „Wasp zwei, Waffenfreigabe!“

„Verstanden, Waffenfreigabe!“

 

Die F/18 flog eine Schleife und näherte sich dem Flugzeug von hinten auf eine Entfernung von zwanzig Meilen und schaltete die Raketen scharf, als die Zielerfassung auf dem Head up Display ausfiel. „Scheiße! Homebase, Zielerfassung ausgefallen!“

„Wiederholen sie!!“

„Systemausfall! Ich kann meine Raketen nicht abfeuern!“

„Verstanden! Wasp drei, Waffenfreigabe!“

Der Flügelmann von Wasp drei schob seine F18 an diesem vorbei und winkte seinem Staffelkameraden zu. „Sorry Jacky… Persönliches Pech!“

„Arsch!“ brummte Wasp zwei und nahm die Position rechts hinter Wasp drei ein. Das Ganze hatte nur ein paar Sekunden gedauert, doch in der Zeit hatte sich das unbekannte Flugzeug weiter dem Hexenbesen genähert.

 

„Verdammt Wasps!“ Meldete sich Fuller. „Entfernung nur noch 99 Meilen!“

„Wasp drei, Fox… MIST. Systemausfall! Ich kann das Ziel nicht erfassen!“

„Achtung!“, rief der Radaroffizier des Hexenbesens. „Er wird langsamer! Entfernung zu Wasp 10 Meilen. Abstand nimmt schnell ab.“

Als hätte der Pilot des Angreifers eine Vollbremsung hingelegt, rasten die F18 nun auf den Angreifer zu.

„Da ist er…“ Der Pilot brach ab, als ein schrilles Trillern in seinen Kopfhörern ertönte. „Homebase, wir werden…“ Mitten im Satz brach der Kontakt zu Wasp zwei ab und auf den Radarschirmen der Theobald wurde das Echo der F18 rot.

„Wir haben Wasp zwei verloren!“ rief der Radaroffizier.

„Bandit beschleunigt wieder auf…ach du Scheiße… Bandit fliegt jetzt 440 MPH!“

„Scheiße!“ brummte Barris. „Entfernung zur E/2?“

„74 Meilen!“

„Alarmstart! Schicken sie Wasp vier und fünf hoch! Hawkeye soll abhauen!“

„Verstanden!“

 

Kaum war der Befehl heraus, donnerten zwei weitere FA/18 über das Startdeck des Flugzeugträgers und stießen mit ihren Nasen in den Himmel.

Hoch über der Südsee schaltete Fuller alle Systeme ab und ließ den Hexenbesen wie einen Stein nach unten fallen. „Homebase, wir sind offline, wo ist er?“

„Bandit nähert sich weiter von Westen, Kurs 075, Entfernung 69 Meilen!“

„Dieser elende Mistkerl!“, fluchte Fuller. „Wasp drei, wo sind sie?!“

„Ich bin zwanzig Meilen hinter ihm. Aber ich kann ihn nicht erfassen!“

 

„Hören sie, ich lenke ihn ab und sie schnappen sich den Mistkerl!“

Bevor Wasp drei dazu etwas sagen konnte, gab der Operator auf der Theobald Fuller eine klare Ansage.

„Negativ Hawkeye!“, kam die Stimme von Homebase. „Halten sie sich an ihre Befehle! Wasp vier und fünf sind zu ihnen unterwegs.“

 

„Die werden zu spät kommen!“, meinte Fullers Copilotin.

„Ja…“ Fuller sah ihre Copilotin fragend an und die nickte ihr zu. „Ich bin dabei.“

„Wasp drei! Jetzt!“ Fuller schaltete alle Systeme ein, fing die Maschine ab und drehte die E/2 direkt auf den Angreifer zu.

 

Tatsächlich überraschte Fuller den Piloten des Angreifers und der bekam nicht mit, wie Wasp drei seine Nachbrenner zündet und auf ihn zuraste.

Auf den Radarschirmen der Theobald verschmolzen die Echos der Eagle und des Angreifers beinahe, dann wurde das Echo des Hexenbesens rot.

 

„Sir, die Hawkeye wurde abgeschossen!“

„Barris starrte auf den Schirm und sah wie das Echo von Wasp drei und das Echo des Angreifers ebenfalls rot wurden und schlug dann mit der Hand hart auf den Tisch.

„So eine Scheiße! Wir haben eine E/2 und zwei F18 verloren!“

 

**

 

200 Meilen entfernt stiegen der Hexenbesen, Wasp zwei und drei sowie der Angreifer wieder auf eine Höhe von 12.000 Fuß und flogen friedlich nebeneinander her.

 

„Soll ich deiner Frau sagen, dass sie jetzt Witwe ist, oder willst du es ihr selber sagen?“, wollte Esorm grinsend von Bernd wissen. „Dieser elende Mistkerl! Wasp drei hat uns tatsächlich erwischt.“

„Tja, da gibt’s nichts zu beschönigen.“ Stellte Bernd fest und schaltete auf den offenen Kanal. „Wasp drei, das war ein verdammt guter Schuss! Mit der Bordkanone bei Mach 1,3 so einen Treffer zu landen, muss ihnen erst mal jemand nachmachen.“

 

„Ich bin trotzdem tot und unsere Hawkeye haben sie auch abgeschossen.“ Kam die resignierte Antwort des Piloten.

 

„Warten wir erstmal ab, was die Auswertung der Flugdaten ergibt.“ Beruhigte Bernd den Piloten. „Vielleicht entscheidet der Schiedsrichter ja zu ihren Gunsten.“

„Ich bezweifele es. Der CAC wird uns einen richtigen Einlauf verpassen.“

„Sorry“, lachte Bernd, „da kann ich ihnen leider nicht helfen.“

 

„Wir müssen tanken und zurück.“ Sagte Esrom, nachdem er seine Instrumente kontrolliert hatte.

„Ok.“ Antwortete Bernd und meldete sich bei der Flugleitung der Theobald ab. „Condor drei an Homebase, es war und eine Ehre. Wir machen uns auf zum Tanker und dann auf den Heimweg.“

„Hier Homebase, an Condor drei.“ Kam Barris unverkennbare Stimme aus dem Lautsprecher. „Das nächste Mal erwischen wir Euch vorher.“

 

„Wir geben ihnen gerne die Gelegenheit zur Revanche.“ Grinste Bernd und scherte aus der Formation aus um auf Rendezvouskurs mit einem Tanker der Theobald zu gehen.

 

**

 

„Ok, lassen wir das ganze einmal Revue passieren.“ Esrom schaute sich die gesammelten Flugdaten auf seinem Tablet an. „Wasp drei hat uns mit der Bordkanone auf Sicht erwischt, als wir beschäftigt waren der Eagle auszuweichen… Ich kann es drehen und wenden wie ich will, es war ein Glückstreffer. Pech für ihn, das unsere Piranhas schon unterwegs waren. Eine Sekunde früher und er wäre davongekommen. Hier.“ Esrom reichte Bernd das Tablet und übernahm die Steuerung der Condor.

 

„HHMM.“ Brummte Bernd und sah sich die Daten an. „Dennoch ein klarer Punktsieg für uns. Wir haben die Eagle ausgeschaltet und ihre ganze Abwehr durcheinandergebracht. Im Ernstfall wäre eine ganze Staffel aus unserem Radarschatten aufgetaucht und hätten den Träger angegriffen.“

„Die Lektion haben sie heute gelernt und sie werden denselben Fehler nicht noch einmal machen.“

„Nein, ganz sicher nicht… He Moment, dreh mal nach Backbord.“ Bernd zeigte nach unten auf das Meer. „Da ist irgendwas.“

 

Esrom flog eine Kurve und Bernd schnappte sich ein Fernglas um sich zu vergewissern, ob er tatsächlich etwas gesehen hatte.

„DA! Es ist ein Rettungsfloß! Ich gehe tiefer!“ Damit übernahm Bernd wieder die Maschine und ging tiefer, um sich dem Rettungsfloß zu nähern. Nun hatte Esrom das Fernglas vor den Augen und suchte das Meer ab.

 

„Ich sehe es! Ich rufe die Küstenwache!“, sagte er, als er das Floß sah und etwa zehn Besatzungsmitglieder zählte.

 

„Sag ihnen, sie brauchen sich nicht zu beeilen.“ Sagte Bernd bitter, als er über das Floß hinweggeflogen war. Bernd hatte das Floß in nur dreißig Metern überflogen und kein Arm winkte oder Kopf hob sich.

 

„Arme Kerle…“

 

**

 

Mainstadt

„Was für ein Zufall.“ Murmelte Theobald, der Stecher, Vogel. Es stimmt also, man trifft sich immer zweimal im Leben.“

Als er von Berberich den Auftrag bekam alle Zeugen auszuschalten, welche die Mienen auf Alofi gesehen hatten, begann der Stecher mit dem Techniker, den man gefangen und letztlich nach Tel Aviv gebracht hatte.

 

Er und seine Kontaktleute waren sich sicher, dass der Techniker vor seinem Ableben geredet hatte. Offiziell war der Techniker schon auf Alofi gestorben… also hatten weder die Israelis, noch die Behörden auf Soulebda vor, den Mann einfach laufen zu lassen.

Berberich hatte getobt und wollte seine Wut an ihm auslassen, doch der Stecher hatte Berberich schon immer vor Jean-Marcel Nguyen gewarnt!

 

Berberich war mit Nguyen einen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Er, Berberich hatte die Ideen und die Kontakte eine illegale Mülldeponie zu errichten und Nguyen hatte durch seien Mienen auf Wallis die nötigen Arbeiter vor Ort, um diese Deponie auf Alofi zu bauen, sowie die Möglichkeit die Arbeiter im Anschluss verschwinden zu lassen! Noch während sich Nguyens Sklaven durch den Felsen der Insel kämpften, hatte Berberich eine Menge Politiker von seiner Idee überzeugt.

Er bot ihnen die Gelegenheit unliebsame Überbleibsel aus Atomkraftwerken, hochgiftige Chemikalien und andere extrem toxische Stoffe kostengünstig verschwinden zu lassen. Während ein Castortransport medienwirksam und den Augen der ganzen Republik durch das Land geschickt wurde, wurden still und leise zehn andere auf ein Schiff verladen und nach Alofi gebracht.

 

Niemand fragte nach, wo denn der ganze Radioaktive Müll abblieb, solange man nicht daraus Profit schlagen konnte. Und genau hier lag Berberichs Erfolgsrezept! Er hatte ALLE Parteien der Regierung dazu gebracht, mit ihm zusammenzuarbeiten. Keiner konnte mit dem Finger auf ihn zeigen, zumindest niemand der politisch (und auch körperlich) überleben wollte! Dennoch hatte in ganz Europa nur eine Handvoll Politiker mit Berberich persönlich in Kontakt gestanden. Die meisten Gespräche und Abmachungen waren über Mittelsmänner und Scheinfirmen gelaufen, was bei der Masse an Lobbyisten, welche die Politiker wie Schmeißfliegen umschwärmten, überhaupt nicht auffiel.

Auf diese Weise hatte er erst Deutschland und dann die anderen Europäischen Länder „in seien Gewalt“ gebracht. Als die Deponie dann fertiggestellt war, ging alles ganz schnell. Giftmüll aus Deutschland, Frankreich, Italien… fand sich in Alofi wieder und die Einnahmen sprudelten. Es war für Berberich und die Regierungen eine Win-Win Situation. Berberich wurde reich und die Regierungen konnten eine Menge Geld für andere Sachen aufwenden. Oder, was auch geschah, das gesparte Geld in die eigenen Taschen fließen lassen.

 

Dann hörte Vogel zum ersten Mal etwas von einem Projekt Detreptis und warnte Berberich vor Nguyen. Nguyen hatte mittlerweile nur noch seine eigenen Interessen im Auge und konzertierte sich lieber auf sein eigenes Projekt, als auf das gemeinsame und ging kurze Zeit später spektakulär unter. Das schlimmste daran war, dass Nguyen alles aufgezeichnet hatte! Absprachen, Mittschnitte von Gesprächen, Aufträge… Nguyen hatte alles fein säuberlich in Ordner gepackt und auch noch auf Alofi liegen lassen! Akten, die jetzt der Mossad in den Fingern hatte!

 

Glücklicherweise, tauchte Berberichs Name in den Akten nicht auf, da auch hier alle Geschäfte über Mittelsmänner gelaufen waren. Die logische Konsequenz Berberich zu schützen lag darin, alle Mittelsmänner und Kontaktleute, die zwischen Nguyen und Berberich standen zum Schweigen zu bringen. Und so starben in den letzten Monaten mehr als dreihundert Männer und Frauen bei Unfällen, eines „natürlichen“ Todes, oder kamen unter nicht geklärten Umständen ums Leben.

Das größte Problem stellten die Israelis da! Die U-Bootbesatzung welche auf Soulebda stationiert war, untersuchte die gesamte Deponie, erfasste die einzelnen Behälter und deren Inhalt. Selbst für einen mittelmäßigen Physiker war es kein Problem, durch eine Analyse festzustellen aus welchem Kraftwerk der radioaktive Müll stammte, oder welches Labor seinen toxischen Rückständen verschwinden ließ.

Berberich wollte das natürlich unterbinden, doch selbst der Stecher kam nicht an die U-Bootbesatzung heran. Die Israelis hatten Alofi hermetisch abgeriegelt. Seltsamerweise gingen weder die Israelis noch die Soulebdalesen mit dem Skandal an die Öffentlichkeit.

 

Dieser Zustand machte Vogel Kopfzerbrechen…. Warum hielten die Israelis still? Schließlich bekam er heraus, dass General Lem die Ermittlungen in „eigener Sache“, also ohne das Wissen seiner Regierung, die Ermittlungen leitete.

LEM! Nein, der Stecher hatte ihn nicht vergessen! Weder ihn noch seien Freunde. Doch mit Lem konnte sich Vogel vorerst nicht beschäftigen.

Ja, der Stecher musste zugeben, dass es für ihn und sein Team, bestehend aus Lena Vulgaris und Sam Whitinghouse, ein gewisses Maß an Stress gegeben hatte! Doch letztlich waren alle Menschen, welche in den Alofia-Aten erschienen tot!

Und …Nein, der Stecher musste sich eingestehen, alle hatten sie nicht erwischt…zwei lebten noch! Und ausgerechnet die Zwei, welche die Akten UND die Deponie gesehen hatten…

Caroline Miles Und Peter Stein!

 

Zwar kam der Stecher den Beiden schnell auf die Spur, da der Rummel den der „Inselkrieg“ im Südpazifik verursacht hatte, alle Beteiligten ins Rampenlicht setzte, doch an die Beiden heranzukommen stellte sich als extrem schwierig da.

Die Tatsache, dass beide nicht nur in einem Hochsicherheitsgefängnis arbeiteten, sondern auch dort wohnten, machte es besonders schwer. Vogel hatte nicht all die Jahre überlebt, weil er schnell und unüberlegt handelte, nein, er studierte seine Opfer und das, was er über Miles und Stein zu lesen bekam, gefiel ihm überhaupt nicht.

Beide waren erfahrene Kämpfer, was ihm sagte, dass er beide gleichzeitig erwischen musste. Würde er Stein zuerst umlegen, würde Miles mit Hilfe ihre israelischen Freunde untertauchen und wäre von der Bildfläche verschwunden. Stein würde zwar nicht so einfach untertauchen können, doch auch er hatte genug Freunde um Stecher das Leben schwer zu machen.

Nein, er musste die beiden zur selben Zeit ausschalten!

 

Vogel stellte ein großes Team zusammen und ließ das Gefängnis rund um die Uhr beobachten. Zu seinem großen Erstaunen erkannte er zwei alte Bekannte. Frank Brauer und Wolfgang Decker! Jetzt hatte er drei alte Bekannte wiedergefunden. Lem, Decker und… Brauer!

Vor seinem inneren Auge lief derselbe Film immer wieder ab, wie die letzten dreißig Jahren, wenn er an die Geschehnisse, damals in der Iranischen Wüste dachte.

Tagelang hatte er sie verfolgt, gejagt… gestellt…

 

**

 

Damals 1988

Zwei Fahrzeugkolonnen standen sich einhundert Meter gegenüber und beharkten sich gegenseitig mit Maschinenpistolen und Granaten, während zwischen den Fahrzeugen ein wilder Nahkampf tobte. Vogel, vier seiner Männer, Decker, Marunja und Brauer lieferten sich einen Kampf auf Leben und Tod und keine Seite konnte auf die Kämpfenden zwischen ihnen feuern, ohne die eigenen Leute zu treffen.

Der Schlag kam hart und traf Vogel unter das Kinn! Brauer setzte nach, doch Vogel blockte den Angriff ab. Jetzt ging Vogel zum Angriff über, schaffte es, Brauers Abwehr zu durchbrechen und diesem einen harten Schlag zu verpassen. Brauer taumelte rückwärts und Vogel setzte nach, als eine Granate wenige Meter neben ihm explodierte.

 

Der Druck warf den Stecher zurück, und Brauer konnte sich fangen. Jetzt stand Brauer zwei Meter vor ihm und wurde von einem anderen Mann Vogels angegriffen. Das verschaffte Vogel genug Zeit, um seine Pistole zu ziehen, als Decker ihn von hinten ansprang und ihm die Waffe entriss, doch schon waren zwei Männer Vogels da, die mit Decker kämpften.

 

Brauer machte seinen Gegner nieder und wollte sich wieder auf Vogel stürzen, als jemand mit einem MG das Feuer auf Vogel eröffnete. Maja hatte sich eine MG geschnappt und nahm Vogel über eine Kühlerhaube unter Feuer, als dieser seine Pistole aufheben wollte. Sofort sprang er zur Seite und schaffte es, Brauer zwischen sich und das MG zu bekommen, während Maja aus der Kolonne des Stechers unter Feuer genommen wurde.

„Wir müssen weg!“, brüllte einer von Vogels Männern.

„NEIN!“

 

„Die Israelis und die Amis sind in wenigen Sekunden hier!“ Der Mann packte Vogel und zog ihn zu den Fahrzeugen und gegenüber packten Decker und Marunja Frank und zerrten ihn in den Feuerschutz von Majas MG.

 

**

 

28 Jahre später

„Ich werde dich kriegen! Man sieht sich immer zweimal!“, das waren Brauers letzte Worte, bevor er verschwand! Und verdammt, Brauer hatte Recht. Jetzt sah man sich wieder! Natürlich hatte der Stecher in den letzten achtundzwanzig Jahren, das eine oder das andere Mal mit dem Gedanken gespielt Brauer und Decker umzulegen, doch dazu war er zu sehr Profi!

 

Und jetzt das! Ausgerechnet dort wo er seine Zielpersonen fand, fand er auch Brauer und Decker…

Aber noch immer war er Profi und sein Augenmerk galt Miles und Stein. Die große Überraschung aber kam eine Stunde später, nachdem sie ihre Beobachtungsposten errichtet hatten. Eine weitere Zielperson, die Berberich tot sehen wollte, war ebenfalls in dem Gefängnis, Major Claire Clament vom DGSE.

„Wir müssen zuschlagen!“, hatte ihn Lena gewarnt. „Wir sind schon zu lange vor Ort! Noch einen Tag länger und wir fallen auf!“ Lenas Aufgabe hatte darin bestanden, dass sie einen Plan mit den Kameras um das Gefängnis herum anzufertigen und so die Erfassungsbereiche der Kameras festzustellen. Zwar hatte sich das Beobachtungsteam immer außerhalb der Bereiche gehalten, doch Lena wusste, dass irgendwann ihre Glückssträhne zwangsläufig reißen musste.

„Du hast Recht. Morgen schlagen wir zu.“ Vogel wurde sich bewusst, dass das Zusammentreffen von Clament und Miles einen unglücklichen Zustand darstellte. Zwei verschiedene illegale Aktivitäten Berberichs kreuzten sich! Und das war nicht gut! Sollten die drei Zielpersonen lange genug am Leben bleiben, würden sie irgendwann zwangsläufig eine Verbindung zwischen sich herstellen. Vogel musste handeln und beschloss Miles und Stein zuerst zu töten und dann im Caos, das sicherlich entstehen würde Claire Clament umzubringen.

 

„Wie gehen wir vor?“

„Wir verfolgen sie, schnappen sie außerhalb des Gefängnisses. Du wirst dich an Miles heften und Sam soll sich an Stein halten.“

Pünktlich um sechs Uhr standen die Killerteams bereit, doch Caroline verließ erst kurz vor Mittag das Gefängnis und hatte einen Fahrer dabei.

„Verdammt!“, fluchte Lena und folgte dem Wagen mit Miles, denn ihr war klar, dass eine ausgebildete Agentin wie Miles sie noch früher ausmachen würde, wenn sie nicht durch das Fahren abgelenkt war. Als der Wagen mit Miles das Regierungsviertel erreichte, war es zu spät. Lena musste hoffen, dass sich auf dem Rückweg eine Gelegenheit ergab und wartete.

 

Während Lena vor dem Ministerium wartete bis Miles endlich fertig war, kam die Meldung, dass Stein das Gefängnis verließ und einen Supermarkt ansteuerte.

„Perfekt!“ schoss es Lena durch den Kopf und legte sich einen hervorragenden Plan zusammen.

Sie lenkte Stein ab und Sam packte ihm die Bombe in die Tasche. Der Plan schien idiotensicher zu sein, bis die Wohnung explodierte und Miles und Stein immer noch lebten.

Berberich hatte getobt, als er von dem Fehlschlag erfuhr und auch Vogel war wütend. Nur Stunden nach der Explosion verschwanden alle Zielpersonen von der Bildfläche.

„Wir müssen wissen, wo sie abgeblieben sind!“ stellte Vogel fest. Sie saßen in einem Wohnmobil zwei Straßen südlich des Gefängnisses und berieten über ihr weiteres Vorgehen.

„Ich hätte da eine Idee.“ Sagte Sam.

 

„Ich hoffe, sie ist besser als deine letzte Idee!“ meinte der Stecher und sah Sam scharf an. „Noch einen Fehlschlag von dir würde Berberich nicht gefallen.“

Sam verstand die Drohung, ließ sich aber seine Angst nicht anmerken. „Wir lassen noch eine Bombe hochgehen.“

 

„Hast du nicht genug Schaden angerichtet?“ fragte sie Lena.

„Ich?!“, fauchte Sam, „Ich habe dir gesagt, dass wir ihn mit einem Fernzünder in die Luft jagen sollen, doch du hattest es eilig, hast eine beschissene Granate benutzt!“

„Aufhören! Alle Beide!“, machte Vogel dem Streit ein Ende. „Was für eine Idee hast du?“

„Alle in dem Knast dort sind doch Freunde und halten untereinander bestimmt Kontakt. Jetzt wo die Zielpersonen weg sind, werden die Sicherheitsmaßnahmen sicher wieder zurückgefahren. Wir jagen einen von denen in die Luft und sehen nach, wer wen kontaktiert.“

„Das ist gut… das ist sehr gut.“ Lobte ihn Vogel. Lena, du kümmerst dich darum, dass wir mithören, wenn jemand aus dem Knast heraus ein Ferngespräch führt. Sam, wie willst du die Bombe in das Gefängnis bringen?“

 

„Ganz einfach!“ Sam grinste teuflisch, „Wir nehmen eine Drohne, bepacken sie mit Sprengstoff und jagen eines der Büros in die Luft.“

„Das ist ein Schwachsinns Plan!“ meinte Lena. „Die Fenster sind vergittert, da kommt die Drohne nicht durch!“

„Ich weiß, das ist ja der Clou! Wir nehmen 100 Gramm CL-20 fliegen an die Glasscheiben heran und lassen die Drohne hochgehen. Das Glas der Fensterscheiben wird bersten und sich in tausende tödliche Splitter verwandeln. Die Frage wäre nur, wen wir zerhacken.“

Theobald, der Stecher, Vogel bekam ein leuchtendes Lächeln, als er sich den Plan durch den Kopf gehen ließ. „Nein, ich weiß, wem wir einen Besuch abstatten…“

 

**

 

Tel Aviv

„Finja sagt, sie hätte eine Ahnung, dass die Fälle irgendwie miteinander was zu tun haben.“ Teilte Lem Levi am Telefon mit.

„Wissen wir denn, an was die Franzosen dran waren, als sie im Hafen von Monaco in die Luft gesprengt wurden?“

 

„Nein, nur dass es sich um eine Transaktion gewalteigen Ausmaßes gehandelt hat. Ich werde Fabienne nach Soulebda schicken, damit sie mit dieser Clament redet.“

„Und wenn sie nichts verraten will?“

„Fabienne soll sich vorher mit Dagan treffen. Vielleicht können er und Viktor Kubaliborov ja etwas nachhelfen.“

„Gut, ich werde mich morgen mit Frank treffen. Da Claire bei ihm Unterschlupf gefunden hat, weiß er vielleicht etwas.“

„Gute Idee.“

 

„Wie weit bist du mit der Alofi Sache?“

„Ich stecke in einer Sackgasse! Immer wenn ich jemanden gefunden habe der in den Akten vermerkt ist, stelle ich fest, dass der oder diejenige bereits tot ist.“

 

„Lem… das würde zur Vorgehensweise des Stechers passen. Angenommen der Anschlag galt wirklich Caroline und Peter, dann arbeitet der Stecher für den Unbekannten der hinter Alofi steckt. Und die Tote Agentin in Paris, die mit einem Stich unter die Zunge getötet wurde, weist auch auf den Stecher hin. Finja könnte Recht haben.“

 

„Umso wichtiger, dass wir herausfinden, hinter was oder wem die Franzosen her waren.“

 

**

 

Mainstadt

Levi stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab und betrat das Gefängnis.

Weder er noch jemand anderes bemerkte den Van, der sechzig Meter entfernt stand. „Wir sind bereit!“ sagte Sam und nahm die Fernsteuerung der Drohne in die Hand, als Vogel das Fernglas absetzte. Er konnte nicht glauben, was er gerade sah! Benjamin Levi betrat die Schleuse des Gefängnisses.

„Die ganze Bande ist noch zusammen!“ flüsterte er.

„Was?“

„Nichts! Warte noch eine Minute.“

„Warum?“

 

„Ich möchte nicht ein freudiges Wiedersehen verhindern.“ Vogel wartete und schätzte die Zeit, welche Levi von der Pforte bis zu Brauers Büro brachen würde, dann sagte er, „Ok. Bring die Drohne rauf und schalt die Kameras ein. Ich will sie vor Brauers Büro.“

 

„Alles klar!“ Sam startete die Drohne, welche er vor einer halben Stunde zwischen Gestrüpp in der Nähe des Gefängnisses versteckt hatte und ließ sie gerade so hochschweben, dass Vogel die breite Fensterfront von Franks Büro sehen konnte, die immer größer wurde. Ehe sie am Fenster von Franks Büro ankam parkte er die Drohne oberhalb des Büros auf dem Dach.

 

**

 

Was Theobald, der Stecher, Vogel nicht wusste, war, dass Levi nicht direkt zu Frank ging, sondern erst bei Jessika vorbeiging.

„Hallo mein Sonnenschein.“ Begrüßte Levi seine Frau.

„Na, konntest du es nicht erwarten, bis Frank zu uns nach Hause kommt?“

„Ich weiß nicht… zu Hause ist zu Hause, da mag ich nichts Dienstliches besprechen.“

„Oh, Herr Levi ist rein dienstlich hier.“

„Nein Herr Levi geht rein dienstlich nur zu Frank, nicht zu seiner Frau.“

„Du bist schon ein so großer Schleimer wie Peter.“

„He, was soll das denn heißen?“

 

„Das zu viel Zeit mit diesem Tunichtgut verbringst.“ Grinste Jessika und nahm Ben am Arm. „Komm, ich bringe dich zu Frank. Er vereidigt gerade zwei neue Wachmänner.“

Sie erreichten Franks Vorzimmer wo Thekla mit Decker plauderte.

„Bist du nicht bei denen Schützlingen?“, wollte Ben von Decker wissen.

„Nein, ich habe mir Franks Rede schon hundert Mal angehört, ich kenne sie auswendig.“

 

„Hält Frank immer dieselbe Rede?“

„Ja! Seit Zwanzig Jahren dieselbe Rede.“

„Und wie lange dauert die Rede?“

„Zwanzig lange Minuten. Zehn sind vorbei, also müssen die armen Kerle noch zehn Minuten strammstehen.“

„Das ist ja schrecklich!“, grinste Jessika. „Mal sehen, ob wir das nicht wenigstens heute abkürzen können.“

 

„Was willst du denn tun?“, fragte Thekla.

„Na ich gehe da hinein und sage, dass es wichtig ist.“ Lachte Jessika und ging zur Tür. Sie klopfte an, drückte die Klinke herunter und trat in Franks Büro. Dort standen die beiden neuen Wachmänner, genau wie Decker es gesagt hatte stramm vor Frank, während der vor ihnen stand.

„Entschuldigung Frank, ich würde dich nicht stören, wenn es nicht wichtig wäre, aber…“ sie brach ab, als sie eine Bewegung vor dem Fenster sah. Irgendetwas störendes kam da von oben herab …

 

**

 

Exakt wie Sam Whitinghouse es vorhergesagt hatte, war um das Gefängnis keine Funksperre oder Jammer Signal, das die Funksignale einer Fernsteuerung stören konnte. Mit ausschlaggebend dafür war sicherlich der nahe Park, denn dort hatten die Besucher alle ihr Smartphone an. Ein Jammer wäre da vom Amt nie erlaubt worden. Das wusste Sam Whitinghouse ganz genau.

 

Das fiese an dem Sprengsatz war nicht nur, dass mit CL-20 ein hochbrisanter Sprengstoff verwendet wurde, sondern auch, dass er in einer Röhre eine gewisse Richtwirkung entfaltete.

Sprengstoff ist etwas unheimliches, und Sam wusste genau, wie er die Verdämmung sauber zustande brachte um die Richtwirkung zu erzielen.

Im nahen Park wurde gerade eine Videoreportage über Mainstadt gedreht und die Kamera zeigte gerade das Gefängnis, als eine kleine weiße Drohne von oberhalb des Daches langsam an das Fenster von Franks Büro heranflog und ganz langsam tiefer ging. Der Kameramann ging auf die Szene drauf und zoomte heran, zu seinem Glück war seine Kamera auf einem sehr guten Stativ.

 

Die Detonation selbst war ein sehr lauter Knall, der unglaublich schnell vorbei war, von der Wand weg wurde eine dunkle Wolke geblasen, wie aus einer alten Schwarzpulverkanone. Die andere Richtung aber das war die Fensterseite, da mussten die Glasscherben wie Schrotgeschosse den ganzen Raum getroffen haben. Nun klaffte in der obersten Etage ein schwarzes Loch, wo früher das gepanzerte Fenster war. Ob von der Drohne noch etwas gefunden werden konnte, wusste noch keiner.

 

Als die Sirenen rings um das Gefängnis angingen wurde es hektisch und der TV Reporter hielt weiter auf die Szene drauf. Er wusste ja nicht, dass er auch die Gangster, die diesen Anschlag ausgeführt hatten, im Bild hatte.

 

Genau wie Sam Whitinghouse es vorhergesagt hatte, ließ die Druckwelle des explodierenden CL-20 das Sicherheitsglas der Fenster sich in Tausende kleiner tödlicher Splitter verwandeln. Dieses Glas konnte zwar Kugeln stoppen, doch es war nicht dazu entwickelt, einer derartigen Explosion standzuhalten. Die Detonation fegte durch Franks Büro und die Glassplitter zerfetzen alles, was ihnen im Weg stand.

 

**

 

Die Druckwelle der Detonation warf Jessika in das Vorzimmer zurück und schleuderte sie genau vor Benjamins Füße.

 

Levi, Decker und Thekla blieben zwar von den Splittern verschont, doch die Schockwelle traf sie ebenso unvermittelt.

Während Thekla noch nicht verstanden hatte, was überhaupt geschehen war, schrie Levi auf und stürzte sich auf Jessika, die aus unzähligen Wunden blutete und ihm mit aufgerissenen Augen anstarrte.

Decker sprang an den Beiden vorbei in Franks Büro und sah eine Bild der Zerstörung. Frank und die beiden Wachmänner lagen zerfetzt auf dem Boden, zwischen umgeworfenen Möbelstücken, Glasscherben, und Papierfetzen.

 

Einem Wachmann fehlte der halbe Kopf und so stürzte Decker gleich zu dem anderen und zu Frank der sich versuchte umzudrehen, während Blutfontänen aus ihm spritzen.

Sofort beugte sich Wolfgang zu Frank runter und versuchte die Blutungen zu stoppen indem er seine Jacke zerriss und anfing Arme und Beine abzubinden.

Als sich Frank bewegen wollte, drückte ihn Decker zurück. „Bleib ruhig liegen! Ich sehe nach den Beiden!“

 

Decker ließ Frank kurz los und drehte den zweiten Wachmann zu sich, der noch am Leben war. „THEKLA!“, rief Decker, doch er erhielt keine Antwort. „“THEKLA! VERDAMMT RUF SCHEMMEIN!!!“, brüllte Decker und versuchte nun auch bei dem Wachmann Blutungen zu stillen, doch genauso wie bei Frank hatte der zig Wunden, aus denen das Blut nur so herauslief.

 

„BEN, WAS IST MIT JESSIKA?!“

„ICH… ICH WEISS NICHT… SIE LEBT NOCH! SIE BLUTET ÜBERRALL!“

„Scheiße!“, Fluchte Decker. „WO BLEIBT SCHEMMLEIN?!“, während im ganzen Gefängnis die Sirenen aufheulten.

 

Unterdessen hatte Ben Jessika auf den Rücken gedreht und auch er versuchte, die Wunden zu lokalisieren, aus denen immer noch Blut floss. „SSSCCCHHHTTT“, versuchte Ben seine Frau zu beruhigen, als sie etwas sagen wollte, aber nur Blut spuckte. „Keine Sorge Schatz… das bekommen wir hin!“

„Scheiße!“ Hörte Ben jemanden rufen und sah Hannes und Gratzweiler durch die Tür stürmen. „Hast du Schemmlein gerufen?!“, fragte Hannes Thekla.

„Was?!“ Thekla stand noch immer erstarrt im Raum.

„HAST DU SCHEMMLEIN GERUFEN?!“

„Ich… Ich…“

 

Hannes stieß sie zur Seite und griff zum Telefon, das vom Schreibtisch heruntergefallen war. Doch noch bevor er jemanden anrufen konnte, stürmte Schemmlein schon mit zwei seiner Schwestern herein.

„Ach du große …“Schemmlein lief sofort zu Jessika und schubste Levi zur Seite. „Mist! Nicht gut! Gar nicht gut! Jasmin! Hier her!“ Dann sprang er auf um zu Decker zu laufen.

„Ben! Ben sie braucht Platz!“ Hannes packte Levi an der Schulter und zog ihn von Jessika weg, damit sich Jasmin einen Überblick verschaffen konnte.

 

In Franks Büro, hielt sich auch Schemmlein nicht mit dem Wachmann auf, welchem der halbe Kopf fehlte.

„Annika! Zu Decker!“, wies er die zweite Schwester an und kümmerte sich um den Wachmann.

Annika stieß Deckers Hände zur Seite, als der Frank einen Glassplitter aus dem Gesicht ziehen wollte. „Nicht! Die Splitter nicht entfernen! Stecken lassen! Wenn sie die Splitter herausziehen, verursachen sie noch mehr Blutungen!“

 

„ICH HABE RETTUNGSTEAMS ANGEFORDERT!“ rief Gratzweiler.

„Schnapp dir vier Mann und besetzt die Schleuse! Beide Türen öffnen!“, rief Hannes und Gratzweiler stürmte los. Sofort schnappte sich Hannes einen weiteren Sicherheitsbeamten. „Aufs Dach! Alle Zwischentüren zwischen hier und dem Hubschrauberlandeplatz öffnen! SOFORT!“

In Franks Büro schob Schemmlein Decker zur Seite und half Annika Franks Blutungen zu stillen.

„Was ist mit ihm?!“, wollte Decker wissen und zeigte auf den zweiten Wachmann.

„Er braucht keine Hilfe mehr!“, mehr musste auch Dr. Schemmlein nicht sagen. „Jasmin?!“

„Ich tu mein Bestes! Kann mir mal jemanden den Kerl da vom Leib halten?!“

 

„Wolfgang!“ Schemmlein sah zur Seite und Decker verstand den Wink. Der stand auf und ging zu Levi, der Jasmin zwar helfen wollte, doch sie mehr behinderte als unterstützte.

„Hannes!“, Decker winkte Hannes zu sich und gemeinsam zogen sie Levi von Jessika weg, doch der wehrte sich und Decker musste Gewalt anwenden, um Levi von Jessika wegzubekommen, während Hannes versuchte, Ben zu beruhigen.

Thekla, die jetzt erst erfasste, was hier geschehen war, schaute sich in ihrem verwüsteten Reich um, sah all das Blut und fing an sich zu erbrechen, während die ersten Martinshörner erklangen, die zum Gefängnis rasten.

 

**

 

Rückkehr nach Deutschland

Die Nachricht von dem Anschlag schlug im Palast wie eine Bombe ein. Frank und Jessica waren schwer verletzt und einige Wachmänner waren dabei umgekommen.

Randy hatte sofort im Palast auf Soulebda angerufen und einen Notfallcode benutzt. Minutenspäter hatte er die Regentin selbst am Telefon.

 

„Randy, mein Junge, was in aller Welt ist denn da bei euch los.“

„Heylah, hier gab es ein Attentat auf Frank. Dabei starben zwei Wachleute. Frank und Jessica wurden schwer verletzt, hier herrscht das Chaos. Levi war gerade auf Besuch und um ein Haar wäre er auch betroffen, jetzt sinnt er auf Rache. Ich kann in Tel Aviv gerade keinen erreichen. Bitte Heylah, ich brauche hier jemanden, der Levi bändigen kann. Am besten Peter, der konnte immer gut mit ihm.“

„Ich verstehe, ich lasse ihn mit einer Sondermaschine direkt zu euch fliegen. Für Clair können wir hier auch so sorgen, ihr braucht dort jetzt jede Hand, die größeren Schaden verhindern kann.“

Damit war das Gespräch mit Heylah beendet. Randy schaute seine Dana an und beide wollten gerade aufstehen, als es klingelte und die Telefonzentrale sich meldete. „Herr Kaufmann, ihre gesicherte Leitung nach Soulebda steht jetzt, wohin soll ich sie legen?“

 

Dana sah Randy an. „Wenn die erst jetzt geschaltet wurde, dann war das Gespräch eben mit der Regentin …“

„Unverschlüsselt. Verdammt, wenn da einer die Leitungen angezapft hat.“

„Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, wir haben hier gerade genug zu tun. Sind unsere Experimente alle gesichert und die beiden Forschungsaufträge im Tresor?“

„Ja Schatz, außerdem sichert die Spezialeinheit alles ab, wir müssen jetzt eh raus, also komm.“

 

**

 

„Bingo!“ Sagte ein Mann mit einem Kopfhörer über den Ohren und lächelte seinen Begleiter an. „Kannst dem Stecher sagen, wir wissen wo sich die Schlampe aufhält.“

„Wo haben die sich denn versteckt, wir haben ja wirklich alles abgesucht.

Such dir eine Karte der Südsee und dort nach einer Insel namens Soulebda irgendwo nordöstlich von Australien.“

 

„OK Soulebda, ja habe ich. Das ist ja mitten im Urlaubsparadies. Da möchte ich einmal hin und entspannen.“

„Ja klar, stell mich zum Stecher durch.“

Der andere Mann nahm sein Funkgerät, überprüfte die Codierung und drückte einmal auf die Ruftaste.

„Ja, was habt ihr?“

 

„Sir, wir haben jetzt die Informationen, wo sich die Zielperson aufhält. Sie befindet sich auf einer kleinen Südseeinsel mitten im Südpazifik.“

„Gut gemacht.“

 

**

 

Mainstadt

18 Stunden Später

Heylahs Sondermaschine setzte zur Landung an und ich ließ mir die schrecklichen Ereignisse, der letzten Stunden noch einmal durch den Kopf gehen. Hatte ich nach dem Start noch übelste Rachegedanken, war ich mittlerweile im „Funktionsmodus“ angekommen.

Das hieß nicht, dass ich keine Rache mehr wollte, im Gegenteil, ich malte mir in allen Einzelheiten aus, was ich mit diesen Schweinen anstellen würde, aber ich unterdrückte meine Wut und ging die Sache mit Verstand und Professionalität an.

 

Jemand hatte es gewagt Hand an meine Familie zu legen… und NIEMAND vergriff sich an der Familie von Peter Stein!!!

Als ich in Richtung Ausgang ging, kam mir Randy schon aufgeregt entgegen. „Ein Glück, dass du wieder da bist! Hier herrscht das totale Caos!“

 

**

 

Randy lief neben mir her und steuerte sein Auto an, dass er einfach vor dem Haupteingang abgestellt hatte.

„Wie geht’s den Zwei?!“

„Jessika und Frank leben noch, mehr wissen wir noch nicht. Sie sind beide noch im OP. Hannes ist mit Ben im Krankenhaus und meldet sich sofort, wenn es was Neues gibt.“

„Was ist passiert, ich meine was ist wirklich passiert?“, wollte ich wissen.

„Jemand hat eine Drohne mit Sprengstoff vollgepackt und sie vor Franks Büro hochgehen lassen.“

„Eine Drohne?!“

 

„Ja, Dana und ich haben alle Überwachungsvideos überprüft. Auf einem ist die Drohne genau zu sehen, wie sie Franks Fensterfront ansteuert.“

„Wieso?! Wieso sprengt jemand Frank in die Luft?“

„Peter… Ich glaube… „

„Was?“

„Ich glaube, ich habe Mist gebaut!“

„Randy! Kannst du mal in ganzen Sätzen reden?!“

„Ich denke, es ist folgendes passiert; Claire, Caroline und du seid von der Bildfläche verschwunden. Also hat derjenige, der euch umlegen will eine Bombe gezündet um euch wieder hervorzulocken oder herauszufinden, wohin ihr abgetaucht seid.“

 

Verdammt, das was Randy sagte, machte irgendwie Sinn. „Und wieso hast du Mist gebaut?“

„Levi ist am Abdrehen und ich habe auf sofort Soulebda angerufen, aber ohne mich zu versichern, dass die Leitung wirklich sicher war. Ich war so… so durcheinander und aufgeregt. Peter, ich glaube, sie wissen jetzt, dass Caroline und Claire auf Soulebda sind.“

„Und ich bin jetzt hier…“

„Ich habe natürlich sofort im Palast angerufen und Alarm gegeben, aber… Hör zu, es tut mir leid, dass …“

 

„HE!“ Ich packte Randy an der Schulter und schüttelte ihn. „Schluss damit! Niemand macht dir einen Vorwurf. Ich hätte auch nicht daran gedacht und sofort angerufen.“

„Aber was ist mit Caroline?“

 

„Um die brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wenn die Bösen so blöd sind und tatsächlich nach Soulebda gehen, werden sie eine ziemlich üble Überraschung erleben.“

„Was ist…“ er brach ab, als sein Handy klingelte. „Dana!“, sagte er nur und nahm den Anruf an. Er lauschte kurz, dann sah er mich an. „Hannes sagt, sie sind aus dem OP raus!“

Wir hatten sein Auto erreicht und Randy nahm den Strafzettel vom Scheibenwischer und warf ihn einfach weg. Dann stiegen wir ein und Randy bretterte zum Krankenhaus.

 

**

 

Im Krankenhaus wartete Hannes schon am Eingang auf uns.

„Und?!“

„Ich weiß es nicht! Sie lassen niemanden zu ihnen und keiner von uns erhält Auskunft. Niemand außer Ben. Aber das Einzige, dass sie zu ihm gesagt haben, ist, dass sie noch nichts sagen können.“

„Wo ist Ben?“

„Irgendwo da drinnen.“

Wir gingen zu den Aufzügen und fuhren in den fünften Sock, in der Jessika und Frank lagen, doch schon an der Tür zur Station wurden wir abgefangen und eine resolute Krankenschwester verweigerte uns den Zugang zur Intensivstation. Stattdessen verwies sie uns in den Wartebereich, in dem schon Levi am Fenster stand und nach draußen in die Dunkelheit starrte.

Ich ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Was sagen sie?“

„Nichts… ich habe sie nur kurz gesehen… Überall…“

 

Verdammt was sollte ich jetzt sagen? Das alles gut wird? Das Jessika es sicher schafft? Das alles nicht so schlimm ist? Scheiße!!! Ben der meinen inneren Kampf mitbekam, nickte nur und meinte dann zu mir, „Schon gut. Ich weiß was du sagen willst, oder lieber nicht sagst.“

Ich musste tatsächlich für eine halbe Sekunde grinsen, dann stellte ich mich neben ihn und wir starrten gemeinsam in die Nacht.

Eine Stunde später kamen Dana und Schemmlein zu uns und Schemmlein schnappte sich einen seiner Kollegen und zeigte ihm eine Zustimmung von Iris, die Schemmlein berechtigte, sich nach Franks Zustand zu erkundigen. Außerdem hatte er ja die Erstversorgung geleitet und konnte somit wichtige Erkenntnisse an die behandelten Ärzte weitergeben.

 

Schemmlein kam nach zwei Stunden intensiver Beratungen zu uns und zog Levi zur Seite.

„Es ist OK, wenn die anderen mithören.“ Sagte Levi zu ihm und wir traten dazu um zu hören, wie es mit unseren Freunden stand.

 

„Gut. Also das Wichtigste! Jessika lebt und sie wird es schaffen!“

Aus mir wisch eine zentnerschwere Last und ich stützte mich an die Wand, um nicht das Geleichgewicht zu verlieren. Dana schluchzte auf und auch Randy suchte sich einen Stuhl. Einzig Ben stand wie eine Statue aufrecht und schloss nur kurz die Augen.

„Die Tür hat die meisten Splitter aufgefangen und die anderen soweit abgebremst, dass sie nicht zu tief eindringen konnten. Das Problem ist die Masse an Splittern. Bis diese alle entfernt sind, es könnte Tage dauern, bis alle draußen sind. Ob sie sich wieder völlig erholt, kann jetzt noch niemand mit Sicherheit feststellen, aber ich bin ziemlich zuversichtlich.“

„Danke.“ Sagte Levi und ging ein paar Schritte zur Seite um allein zu sein und keiner von uns störte ihn.

„Was ist mit Frank?“, wollte ich wissen.

„Das sind vertrauliche…“

„Scheiß drauf!“

 

Schemmlein dachte kurz nach, dann nickte er. „Ich denke nicht, dass Iris oder Frank was dagegen haben. Frank hatte weniger Glück, aber er hatte dann doch wieder irgendwie Glück! Die beiden Wachmänner müssen zwischen ihm und der Fensterfront gestanden haben. Glück für Frank, Pech für die Wachbeamten.

Es ist dasselbe wie mit Jessika und der Tür, die Wachmänner haben die Splitter abgebremst. Allerdings hat er dennoch eine Menge Glasscherben abbekommen, die viele Blutgefäße verletzt haben. Zum Glück hat Annika Decker davon abgehalten die Splitter herauszuziehen, sonst wäre er verblutet. Bei Frank lässt es sich noch nicht sagen, wie lange er braucht. Die nächsten Tage wird er noch einige OP’s vor sich haben. Erst dann werden wir mehr wissen.“

 

Ich nickte ihm dankbar zu und Schemmlein legte mir die Hand auf die Schulter. „Jetzt hängt hier nicht rum und macht den Leuten hier die Arbeit schwerer, als sie schon ist.“ Er schaute Levi an und sagte, „Einer meiner Studienkollegen arbeitet hier und hat ein Bereitschaftszimmer. Er ist damit einverstanden, dass du dich dort aufs Ohr haust, also los, ab mit dir! Keine Sorge, wenn irgendwas ist, egal was, wird man dich rufen.“

Dann sah Schemmlein zu uns und meinte. „Und ihr verzieht euch! Das ist eine ärztliche Anweisung!“

 

**

 

Wir fuhren zum Gefängnis und ich konnte mir ein Bild der Zerstörung machen. Überall suchten Ermittler der LKA nach Spuren und es wimmelte von Polizisten.

Als Erstes suchte ich Decker auf und fand ihn zwischen all den Leuten. Ich zog ihn zur Seite und teilte ihm mit, was Schemmlein uns über den Zustand von Frank und Jessika berichtet hatte.

„Stecher! Dafür leg ich dich um!“, fluchte Decker und wandte sich ab.

„He! Moment mal! Du weißt, wer das war?!“, ich packte ihn am Arm und hielt ihn fest.

Deckers Augen wurden schmal, als er sich von meinem Griff befreite. „Nicht so laut!“

Ich trat ganz dicht an ihn heran und funkelte ihn an. „Hier rennen zig Polizisten durch die Gegend, die keinen Plan haben und du weißt, wer das war?!“

 

„Komm mit!“ Decker drehte sich um und steuerte Randys Büro an, wo er mich hineinstieß. Dana und Randy, die gerade an mehreren Bildschirmen saßen, starrten uns mit großen Augen an, als ich Decker einen heftigen Schubs gab. Normalerweise, hätte mich Decker mit einer Hand an die Wand geklatscht, doch diesmal hielt er sich zurück.

„Ich will jetzt wissen, was hier los ist!“ Fauchte ich.

„Zeig ihm die Bilder.“ Antwortete Decker und nickte Randy zu.

Ich trat zu ihm hin und Randy zeigte mir Fotos von Leuten, die auf dem Gelände rund um das Gefängnis aufgenommen wurden.

„Halt!“, sagte Decker bei einem Bild und ich sah einen Mann der Ende Fünfzig, Anfang Sechzig war. „Das ist Theobald, der Stecher, Vogel. Einer der meistgesuchten Leute hier auf dem Planeten.“

„Der Stecher?“

 

„Ja, den Namen hat er, da er, da eine seine Vorlieben, das Verabreichen von Gift unter die Zunge ist. Der Stecher hat das Gefängnis beobachten lassen. Frank und ich gingen davon aus, dass er uns beide beobachtet, doch dann haben sie deine Wohnung in die Luft gesprengt. Kurz darauf wart ihr weg und der Stecher auch.“

„Warte mal… ihr wusstet, dass dieser Vogel uns beobachtet und ihr habt Caroline und mir nichts gesagt?! Was soll der Scheiß?! Wir sind fast draufgegangen!“, schrie ich Decker an. „Was habt ihr euch dabei gedacht?!“

 

„Das Problem warst du!“, bellte Decker zurück. „Du warst mit irgendeinem Scheiß beschäftigt und hast völlig neben dir gestanden. Du warst ein RISIKO!“

Verdammt!!! Decker hatte so etwas von Recht! Die letzten Monate war ich nicht ich selbst. Die Begegnung mit Mualebda hatte mich aus der Bahn geworfen und als meine Freunde mich brauchten, stellte ich ein Sicherheitsrisiko da. Plötzlich verflog meine Wut und Resignation machte sich breit.

Doch das hielt nur kurz an. Entschlossenheit breitete sich in meinem Kopf aus! Entschlossenheit die Schweine hier zu fassen!

 

„Ok. Ich hab’s verstanden. Jetzt bin ich wieder klar im Kopf. Du sagst, dass Vogel einer der meist gesuchten Menschen auf dem Planeten ist. Wieso?“

„Vogel ist Auftragskiller und Söldner in einem, der schon seit dreißig Jahren sein Unwesen treibt.“

„Und wieso dachtet ihr, dass der dich und Frank beobachtet?“

„Der Stecher ist ein… alter Bekannter. Wir haben seinen Weg schon gekreuzt, bevor wir hier angefangen haben. Wir haben ihm damals so richtig in die Suppe gespuckt und als wir ihn jetzt vor dem Tor sahen, dachten wir, dass er sich jetzt an uns rächen will Frank und ich haben uns einen tollen Plan zu Recht gelegt, wie wir ihn diesmal erwischen, doch keiner hat damit gerechnet, dass er eure Wohnung in die Luft sprengt.“

„Und warum hast du das nicht der Polizei erzählt, als sie unsere Wohnung nach Spuren abgesucht hat? Und warum erzählst du es der Polizei nicht jetzt?“

„Weil ich keinen einzigen Beweis dafür habe! Wieso glaubst du, kann der Kerl da draußen herumlaufen? Jeder Geheimdienst weiß, dass er ein Killer ist, nur beweisen kann es keiner!“

„Was hat sich damals…“

 

„Ist geheim!“, fiel mir Decker ins Wort. „Also frag erst gar nicht.“

„Randy meinte, der Anschlag auf Frank diente dazu, uns wieder hervorzulocken.“

„So sehe ich das mittlerweile auch. Ich glaube Frank zu erwischen war so etwas wie ein Sahnebonbon für den Stecher.“

 

„Das heißt aber, der Stecher ist hinter Caroline und mir her. Wieso? Wir haben ihn nie getroffen.“

„Dazu kann ich vielleicht etwas beitragen.“ Meinte Dana. „Ich habe vor fünf Stunden mit Lem geredet. Finja hegt den Verdacht, dass der große Unbekannte, welcher hinter Alofi steckt, Vogels Auftraggeber sein könnte.

Keine Personen, die in den Akten auftaucht, welche Caroline auf Alofi sichergestellt hat, ist noch am Leben. Sie sind alle TOD.

Du und Caroline, ihr habt als einzige die Deponie gesehen, mit Ausnahme unseres Teams, das die Deponie sichert.“

„Du meinst, der Anschlag sollte uns als Zeugen ausschalten.“

„Ja, das ist die Vermutung.“

„Und wieso dann Claire?“

 

„Das weiß Lem noch nicht, aber wenn Finja Recht hat, ist der Unbekannte, der hinter Alofi steckt derselbe, der hinter Claire her ist. Fabienne und Finja sind auf dem Weg nach Soulebda um das zu klären.“

 

„Gut! Was machen wir jetzt mit diesen Mistkerlen da draußen?“, wollte ich wissen.

„Sie sind verschwunden. Keine der Kameras hat sie nach der Explosion eingefangen.“

„Ich…ich glaube, ich habe da eine Idee.“ Sagte Randy und grinste.

„Lass hören.“

 

„Decker sagte, das Problem ist, die Anonymität des Stechers, dass man ihm nichts nachweisen kann. Wenn das so ist, helfen wir eben etwas nach!“

Ich runzelte die Stirn und überlegte, was Randy damit meinte. „Und wie?“

 

„Ganz einfach, was wir brauchen, ist ein guter Ort, etwas Technik und jemanden, der verrückt genug ist, um als Köder herumzulaufen.“

 

**

 

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir zu überlegen, wie ich Levi bändigen konnte. Ich hatte seinen Blick im Krankenhaus gesehen…

 

Einen Blick den ich sehr gut kannte, denn ich hatte ihn schon bei mir selbst gesehen. Levi wollte Rache! Das Levi ein ausgebildeter Agent war, half ihm, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten, doch Levi war eine Zeitbombe, die nur auf den richtigen Moment wartete.

Decker machte mir klar, dass meine wichtigste Aufgabe jetzt war, dafür zu sorgen, dass Levi nicht „vorzeitig hochging“.

 

Am nächsten Tag begann das große Aufräumen. Da Facher, Franks Stellvertreter, im Urlaub war, musste ich die Leitung des Gefängnisses übernehmen, zumindest bis Sarah mir die Verantwortung abnahm. Sie und Vera sollten morgen ankommen, da auch die Beiden auf einem Kurztrip in den Bergen unterwegs waren und erst vor wenigen Stunden von den Ereignissen unterrichtet wurden. Dazu musste die Polizei extra einen Hubschrauber zu einer einsamen Berghütte schicken.

 

Ich tat unterdessen mein Bestes, hielt den Laden am Laufen und fuhr gegen Abend ins Krankenhaus, parkte diesmal aber nicht vor dem Eingang, sondern fuhr auf den Besucherparkplatz, der gute einhundert Meter vom Krankenhaus entfernt lag.

Vom Parkplatz führte ein Weg durch eine Art Park, in dem sich die Patienten auf Bänke oder die Rasenflächen setzen konnten. Jetzt lag der Park im Dunkeln und ich konnte meine Gedanken etwas sortieren. Kurz vor meinem Aufbruch hatte sich Caroline gemeldet.

 

Der böse Unbekannte hatte tatsächlich ein Killerteam nach Soulebda geschickt, dass kläglich gescheitert war, doch Caroline war sich sicher, dass man ein weiteres Team schicken würde.

Naja, sollten sie… Auch von diesem Team würde sicher keiner überleben. Die brennendste Frage war nun, hinter was Claire und der DGSE her gewesen ist.

Auf Bitte von Lem würde sich Heylah und Dagan damit befassen und Caroline würde mich auf dem Laufenden halten.

 

Im fünften Stock setzte ich mein freundlichstes Lächeln auf und klingelte an der Tür zur Intensivstation. Zu Frank wurde mir noch immer jeder Zugang verwehrt, doch Dank Iris durfte die Schwester mir sagen, dass sich sein Zustand weiter stabilisiert hatte. Dann durfte ich tatsächlich passieren und zu Jessika. Dort saß Levi an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Jessika sah schlimm aus! Eigentlich sah ich nur Verbände, aus denen Schläuche herausschauten. Ich nickte Ben zu und setzte mich auf die andere Seite des Bettes.

„Die Ärzte sagen, es sieht schlimmer aus, als es ist.“ Beruhigte mich Ben.

„Ein Glück.“

 

Kaum gesagt, konnte ich sehen, wie Bens Augen schmal wurden.

„Ben… Decker und ich machen uns etwas… Sorgen um dich. Wäre es ok, wenn wir die Schweine zusammen und nicht im Alleingang fertig machen?“

„Dazu müssten wir wissen, wer es war.“

„Es war der Stecher.“

Levi erstarrte als er den Namen hörte und die eh schon schmalen Augen wurden zu Schlitzen. Mit Sicherheit ging Ben gerade alle Optionen in seinem Kopf durch die er hatte, den Stecher alleine zu erwischen und kam zu der bitteren Erkenntnis, dass diese Chance bei null lag.

„Also gut. Wer ist im Team?“

 

„Bis jetzt Decker, Dana, Randy, du und ich.“

„Ich kenne dieses Schwein und weiß, wie er arbeitet. Das sind nicht genug. Vogel hat immer ein Spitzenteam um sich versammelt und versteckt sich in der Masse.“

„Daran arbeiten wir schon. Übrigens, euer alter Freund hat eine herbe Niederlage erlitten. Sie haben auf Soulebda ein Killerkommando auf Caroline und Claire angesetzt.“

„Lass mich raten, es hat keiner überlebt.“

„Doch, einige haben überlebt, Seraph Ma’Gus. vom Geheimdienst Soulebdas hat sie auf einer einsamen Insel ausgesetzt.“

„Er hat sie einfach ausgesetzt?“

 

„Naja… sagen wir so… ich denke nicht, dass einer von ihnen diese Insel wieder verlässt.“

„AAHH, ok, damit kann ich leben. Was machen wir mit dem Stecher, ist er noch in Deutschland?“

„Wir vermuten, dass der Anschlag dazu diente uns hervorzulocken, also gehen wir davon aus, dass er und sein Team, noch ganz in meiner Nähe sind.“

„Wenn das so ist, dann lebst du gerade sehr gefährlich.“

„Mach dir um mich keine Sorgen, ich habe mir eine Lebensversicherung besorgt.“

 

**

 

Nach einer Stunde warf mich die Krankenschwester freundlich aber bestimmt aus Jessikas Zimmer und ich ging zu meinem Auto zurück. Als ich die Hälfte des Parks hinter mir hatte, hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir.

„Hallo, mein Süßer.“

 

Ich drehte mich um und sah die Frau vom Supermarkt. Sie war zwischen den Büschen herausgetreten und stand neben einem Baum, gerade vier Meter von mir entfernt.

„Wenn das nicht die hilflose, arme Frau mit dem Euro ist. Decker sagt, dein Name wäre Lena.“

„Oh, du erinnerst dich wirklich.“

 

„Klar, ich trag den Euro immer bei mir.“ Ich wollte in die Tasche greifen um ihn hervorzuholen, doch mit einer schnellen Bewegung hatte sie hinter dem Rücken eine Pistole mit Schalldämpfer hervorgezogen. „Die Hände ganz ruhig halten!

 

Mach keine Dummheiten, ich bin schneller als du!“, zischte sie und richtete die Waffe genau auf mich. „Du hättest mitkommen sollen. Du hattest die einmalige Gelegenheit glücklich in meinen Armen zu sterben, kurz und schmerzlos.“

 

„Tja, was soll ich sagen…. Um ehrlich zu sein, habe ich dich an dem Tag angelogen.“

„Wie meinst du das?“

 

„Ich habe dir gesagt, dass ich an diesem Abend etwas vorhabe, das war gelogen. Ich wollte nur freundlich sein.“

„Freundlich?!“, sie hob den Lauf etwas an und zielte in mein Gesicht.

„Naja… sorry, ich würde es einfach nicht über mich bringen, eine so hässliche Nebelkrähe wie dich zu vögeln.“

 

„Du verbesserst deine Lage nicht unbedingt.“ Antwortete sie kühl. „Ich wollte dir eine Kugel in die Stirn jagen, aber jetzt…“, Sie fasste die Waffe mit beiden Händen und senkte den Lauf auf meine Eier, „jetzt wird’s wehtun.“

 

Ich erahnte die Bewegung mehr als ich sie sah. Mit einem Zischen sauste eine lange Klinge durch die Luft und trennte mit einem Schlag der Frau beide Hände ab, die mit der Waffe darin zu Boden fielen.

Während Lena Vulgaris fassungslos auf ihre Armstummel starrte, aus denen je eine dicke Blutfontäne herausspritzte, trat meine Lebensversicherung in Form von Kenta’Mariba hinter dem Baum hervor, packte Lena von hinten an den Haaren und hielt sie fest, damit sie nicht umfiel. Die andere Hand legte er über ihren Mund und verhinderte jeden Schrei. Schnell waren ihre Armstümpfe mit einer Leine umwickelt und die Blutungen stoppten.

 

Kenta’Mariba war heute Mittag mit einer Militärmaschine aus Soulebda eingeflogen und hatte sich mit Dana getroffen, die ihn in unseren Plan eingeweiht hatte. Als ich bei Jessika saß, hatte mir Kenta’Mariba mitgeteilt, dass sich Lena ziemlich stümperhaft versteckte und nur zwei Meter neben ihm kauerte, ohne ihn zu bemerken, was den Stammeskrieger ziemlich amüsiert hatte.

Jetzt hatte der erste Teil unsere Falle zugeschlagen und ich ging ein paar Schritte vor, stieß mit den Füßen die abgetrennten Hände zur Seite und stellte ich mich direkt vor Lena, die mich mit großen Augen anstarrte.

 

„HHMMM, sag mal, wie nennt man das, wenn eine Killerin von ihrer Zielperson umgelegt wird Karriereknick?“, fragte ich sie, während ich mir ein paar Latexhandschuhe überzog, die ich aus dem Krankenhaus mitgehen ließ. Jetzt zog ich den Euro aus meiner Tasche, zwang Lena, mit einem brutalen Griff zwischen ihre Kieferkonchen, den Mund zu öffnen und steckte ihr den Euro in den Mund.

Sie schaute mich mit großen Augen an und wusste genau, was nun kommen würde und schloss ihre Augen …

 

Als er drinnen steckte, legte Kenta’Mariba seine rechte Hand unter ihr Kinn, presste ihre Kiefer wieder zusammen, zog ihren Kopf nach hinten und ich schlug Lena mit voller Wucht gegen ihren Kehlkopf.

Nun ließ Kenta’Mariba los und Lena fiel wie eine Puppe zu Boden, wo sie zuckend und röchelnd liegen blieb.

Es dauerte noch gute zwei Minuten, dann hörte das Zucken auf und Lena Vulgaris starrte uns mit leeren Augen an.

 

„Perfektes Timing.“ Sagte ich zu Kenta’Mariba.

„Perfekter Schlag.“

„Denkst du, der zweite Teil des Plans klappt genauso gut?“

„Sicher, Dana und Randy wissen, was sie tun.“ Gab ich zurück, als wir zum Wagen gingen und die tote Lena einfach im Dreck liegen ließen, wo sie hingehörte!

 

**

 

Am nächsten Morgen, gegen sieben Uhr, saß der Stecher in einem Van mit abgedunkelten Scheiben und sah ungläubig zu, wie ich die Pforte des Gefängnisses betrat, als die Wagentür aufgerissen wurde.

Vogel hatte schon seine Waffe in der Hand als er Sam Whitinghouse erkannte, der sich mit einer bekannten Tageszeitung auf den Beifahrersitz schwang. „Verdammt! Sei gefälligst vorsichtiger!“, herrschte er Sam an. „Stein ist gerade ins Gefängnis gegangen! Wollte Lena das gestern Nacht nicht erledigen?“

 

„Lena ist tot! Und wir haben ein riesiges Problem!“

„Was ist passiert?“

„Jemand hat Lena beide Hände abgehackt!“

„Was?! Wo?!“

„Gestern Nacht, hinter dem Krankenhaus.“

„Stein!“

 

„Scheiß egal, wer es war! Wir haben ein scheiß Problem! Im Park gab es eine Überwachungskamera, die das ganze gefilmt hat. Die Bullen haben eine landesweite Fahndung nach den beiden Mördern eingeleitet.“

„Zwei Mörder?“

 

„Ja, einer hackt ihr die Hände ab, der andere zerquetscht ihren Kehlkopf.“

„Wenn die Bullen wissen, wer es war, wieso haben wir dann ein Problem?“

Sam Whitinghouse hielt Vogel die Zeitung vor die Nase und der erstarrte.

 

-Brutaler Mord! – Junge Frau bestialisch ermordet! – Polizei jagt Mörder nach Auswertung der Überwachungsvideos! – Wer kennt die feigen Mörder! 50.000 Euro Belohnung ausgesetzt! – …

 

Die Bilderserie einer Überwachungskamera zeigte Lena und ihre zwei Mörder, wobei drei Bilder größer waren als die anderen. Ein Bild zeigte den Mann vor Lena in der Sekunde bevor er ihr an gegen die Kehle schlug. Die abgetrennten Arme waren mit Pixeln unkenntlich gemacht worden.

Doch die große Überraschung waren die deutlichen Gesichter der Mörder. Allem Anschein nach, wurde die Szene in HD aufgenommen, denn die Männer waren in allen Einzelheiten zu erkennen.

Doch nicht Stein war auf den Bildern zu sehen, wie er Lena tötete… der Stecher sah wie Sam Whitinghouse Lena von hinten umklammerte und sich selbst vor Lena stehend! Auf einem Bild sah der Stecher sogar genau in die Kamera!

 

„Diese Schweine! Wie haben sie das gemacht?!“ wollte Sam wissen.

„Sie müssen uns irgendwann gefilmt haben!“

„Aber wann? Verdammt was machen wir jetzt, die ganze scheiß Polizei sucht nach uns!“

„Wir müssen verschwinden!“

 

„Wohin denn, 50.000 Euro Belohnung, wem können wir jetzt noch trauen?“ Whitinghouse lachte hysterisch auf und schüttelte den Kopf.

„SAM! REISS DICH ZUSAMMEN!“, herrschte Vogel ihn an und ging in seinem Kopf die Möglichkeiten durch, die er noch hatte, seinen Auftrag jetzt unter diesen Umständen zu erfüllen.

„Wir machen uns erst einmal unsichtbar, aber nicht, ohne uns zu revanchieren!“

„Und wie was willst du tun?“

 

„Die wollen mit uns spielen! Das können sie haben, ich kann auch unberechenbar sein!“

Vogel startete den Van und brauste davon, mit einem teuflischen Plan in Hinterkopf.

 

**

 

Ich kam in Randy Büro und legte mit einem fetten Grinsen die Zeitung auf seinen Tisch.

„Verdammt gut gemacht!“, lobte ich ihn. „Wie zum Geier hast du die Gesichter so gut hineinbekommen?“

„War kein Problem. Dana hat dasselbe Programm benutzt, wir die neue Gesichtserkennung. Ich musst davon dann nur ein 3D Bild erstellen, und das war’s.“

 

„Ganz so einfach war es nicht.“ Meinte Dana, die gerade zu uns kam und Randys Tiefstapelei mitbekommen hatte. „Ich musste mich in die Server der Stadt einhacken, bei der die Videos gespeichert werden, und dafür sorgen, dass das Originalvideo erst gar nicht zwischengespeichert wird. Dann mussten wir deinen und Kenta’Maribas Kopf herausschneiden und die von Vogel und dem anderen Typen einsetzten. Dazu musste ich nur die Bilder unserer eigenen Überwachungskameras nutzen, die die zwei Typen vor unserem Knast erwischt haben. Anschließend haben wir dann „Unser Original“ auf den Server der Stadtverwaltung eingepflanzt.“

„Ok… und wie lange hat euer Rechner dafür gebraucht?“

„HHMMM… dreißig Minuten.“

 

„Nur?“

„He! Für uns ist das eine Ewigkeit.“ Meinte Randy schon fast beleidigt.“

„Jedenfalls habt ihr gute Arbeit geliefert. Die Bilder sehen aus wie echt.“

„Nun, für jeden anderen sind die Bilder ja auch echt.“ Grinste Randy. „Hat die Schlampe wenigstens mitbekommen, was passiert?“

„Oh ja. Am Ende wusste die liebe Lena genau, warum sie stirbt.“

 

**

 

„Wer hat dir denn die Klamotten verpasst?“ fragte ich Kenta’Mariba als wir durch den Park zum Krankenhaus gingen.

 

Um keine Aufmerksamkeit zu erregen trug Kenta’Mariba Zivilkleidung. Natürlich trugen Stammesangehörige nicht immer ihre Tracht, zumal Kenta’Mariba als Angehöriger der Armee auch Uniformträger war. Dennoch trugen die Krieger der Stämme am liebsten ihre Kriegertracht. Doch hier in Deutschland würde ein Krieger in seiner Tracht sicher für ungläubiges Staunen und Aufsehen sorgen. Etwas, dass wir jetzt nicht gebrauchen konnten!

 

„Was ist damit?“, wollte Kenta’Mariba wissen und sah an sich herunter. „Randy sagte diese Kleider seien…wie nannte er es… IN.“

„Nein, wenn du IN sein willst, muss die Hose tiefer rutschen, so dass der halbe Hintern herausschaut.“

„Du und dein blöder Humor!“

„He! Ich verarsch dich nicht! Da sieh selbst!“

Ich zeigte auf eine Gruppe von fünf Jugendlichen, die an einer der Bänke herumhingen und uns misstrauisch ansahen.

 

Ich verkniff mir ein Lachen, als Kenta’Mariba versuchte, seine Hose hochzuziehen und zurechtzurücken. „Wie kann man in solchen Hosen herumlaufen, oder kämpfen?“

„Hier wird nicht gekämpft. Die Jungs sind harmlos.“ Erklärte ich ihm, und sah noch, wie aus drei weitere Jugendliche zu der Gruppe stießen.

 

Im Krankenhaus wartete Kenta’mariba im Wartebereich während ich mich mit Iris traf. Mit ihr zusammen durfte ich endlich zu Frank. „Sie entfernen noch immer Glassplitter aus ihm.“ Erklärte sie mir. „Das wird noch Tage dauern.“

„Weißt du schon, ob…“

„Der Arzt sagt, dass Frank viel Zeit brauchen wird. Die Glasscherben haben viele Sehnen und Muskeln durchtrennt und viele Bewegungsabläufe muss Frank wieder neu lernen.“ Sie schluchzte auf und suchte ein Taschentuch in ihrer Handtasche.

Ich war schneller und reichte ihr eines. „Hör zu! Frank ist ein zäher Knochen. Der lässt sich von so etwas nicht aus der Bahn werfen und wird schneller wieder der Alte sein, als uns lieb ist.“

Sie lächelte gequält, nickte mir aber dankbar zu und ich ließ sie mit ihrem Mann alleine.

Eine Tür weiter lag Jessika, die heute zum ersten Mal kurz bei Bewusstsein gewesen war und Levi an ihrer Seite sah.

 

„Und?“, wollte ich von Levi wissen.

„Sie war kurz wach und hat gelächelt.“

„Ein Glück. Ich werde dem Schreiner, der die Tür gemacht hat ein Dankschreiben schicken.“

Ben konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel nach oben zogen und grinste zum ersten Mal, seit dem Anschlag.

 

„Wir wollen herausfinden, wer den Stecher beauftragt hat und brauchen dich in unserer Runde. Kommst du mit? Iris ist im Zimmer nebenan und wird uns sicher rufen, wenn sich etwas tun wird.“

Ben war hin und her gerissen, nickte aber schließlich. „Ok, ich muss mal frische Luft schnappen. Ich muss nur meine Jacke holen.“

Zu dritt gingen wir zum in Richtung Auto und auf dem Weg zum Park zeigte ich Levi die Zeitungen und erklärte ihm, wie wir den Stecher auf die Fahndungslisten aller Polizeibehörden der Welt gebracht hatten.

 

„Ich schätze, jetzt wird es schwerer für ihn unterzutauchen.“

„Das wird den Stecher nicht aufhalten. Glaub mir, ich kenne diesen Mistkerl schon ewig.“

„Decker sagt, dass sich der Stecher für die Aktion in der Wüste damals rächen will.“

„Netter Versuch! Ich wette Decker hat dir nichts von dem erzählt, was passiert ist.“

„Nein hat er nicht!… Geheim…“

„Ja, das ist geheim.“

 

„Ich finde es blöd, dass wir untereinander Geheimnisse haben. Sollten wir nicht…“

Ich brach ab, als ich bemerkte wie plötzlich vier der Jugendlichen hinter uns herkamen, während uns sechs andere am Ende des Weges zu erwarten schienen. Natürlich hatten auch Ben und Kenta’Mariba das bemerkt. Die vier hinter uns hatten nun Baseballschläger, Klappmesser und einige hatten Ketten, die durch die Luft wirbelten.

 

Ich schaute nach den Sechs die vor uns standen und diese hatten ebenfalls Knüppel und Ketten.

„Hast du nicht gesagt, die wären Harmlos?“, meinte Kenta’Mariba.

„Normalerweise sind sie das auch.“ Brummte ich, während die zehn langsam näherkamen.

„Als Krieger empfinde ich dieses Aufgebot als eine Beleidigung.“

 

„Ja, zehn dieser Jungs gegen uns drei… ich komme mir auch ziemlich feige vor.“

Von den sechs vor uns trat einer vor und blieb gute zehn Meter vor uns stehen. „Bevor wir euch platt machen, soll ich euch einen schönen Gruß von einem alten Freund ausrichten. Er meinte, ihr wüsstet, wer er ist. Und zu einem von euch soll ich noch sagen, er hofft, die Schlampe dort drinnen verreckt noch.“

 

Das war übel! NEIN! Das war SEHR ÜBEL!!! und meine Hand zuckte schon… als ich die Falle erkannte! –Verflixt nochmal! –

 

Ich wirbelte herum und sah Bens Hand unter seiner Jacke verschwinden. Ich wusste, dass Levi darunter die Kurzversion einer Uzi trug und packte ihn gerade noch rechtzeitig. „NEIN!“ Fauchte ich. „Ben, das ist eine Falle!“

 

Doch Levi wollte mich zur Seite stoßen und die Waffe ziehen, als mir Kenta’Mariba zur Hilfe kam. „Ben!!! Denk nach!!!“, flehte ich ihn beinahe an. „Der Stecher weiß, dass wir bewaffnet sind und schickt uns ein paar Jugendliche auf den Hals! Was glaubst du, was mit uns geschieht, wenn wir einen von denen mit Blei vollpumpen?!“

 

Ben erstarrte und setzte nach. „Wenn wir einen von denen umlegen, verschwinden wir für die nächsten Jahre im Knast! Kein Anwalt holt uns wegen Notwehr heraus, wenn wir einen pickeligen Jungen erschießen, bloß weil er eine Fahrradkette hat!“

Als ich sah, dass meine Botschaft bei Levi ankam, ließ ich ihn los und Ben und er trat einen halben Schritt zurück, atmete tief durch und nickte dann.

Er zog die Hand ohne Waffe wieder hervor und zog die andere Jackenseite zur Seite. „Ist der ok?“, fragte er und ich sah einen Griff eines ESK (Einsatz Stock kurz) hervorschauen.

„Ja“, grinste ich, „so der ist ok, aber nur verhauen, nicht übertreiben!“

 

„HE IHR WICHSER!“ Rief Pickelfresse, „Anführer“ der Halbstarken. „ICH REDE MIT EUCH!“

„Leute, ihr überseht das Hauptproblem.“ Meinte Kenta’Mariba das Pickelgesicht ignorierend. „Sie sind zehn, wir sind drei. Das heißt einer von uns bekommt vier. Da ich Gast in diesem schönen Land bin, sollte ich das sein.“

„Kannst du vergessen!“, antwortete Levi. „Meine Frau liegt da drinnen. Ich bekomme vier.“

„Nein, nein!“, warf ich ein. „Ich kenne Frank zwar nicht so lange wie du, aber ich kenne Jessika länger. Wenn hier einer vier bekommt, dann ich!“

Pickelfresse war noch einen Schritt nähergekommen und brüllte, „Was ist ihr Arschlöscher?! Seid ihr taub?“

 

„Darf ich einen Vorschlag machen?“, fragte Kenta’Mariba und zog mit einer einzigen schnellen Bewegung eine Kriegskeule hinter seinem Rücken hervor und schleuderte sie Pickelfresse mitten ins Gesicht. Der machte einen halben Salto in der Luft und schlug mit dem Gesicht auf den Boden auf. „Drei- für jeden von uns.“

 

Ja, das war Ok! Ich zog meinen ESK und die Keilerei ging los!

Keine zwei Minuten später wischte Ben seinen Schlagstock am T-Shirt von Pickelfresse sauber und schob ihn wieder zusammen. „Den hier sollten wir mitnehmen.“ Schlug Levi vor. „Er kann uns bestimmt verraten, mit wem er sich getroffen hat und wo sich derjenige versteckt.“

„Dir scheint es wieder etwas besser zu gehen.“

 

„Oh ja. Das hat RICHTIG gutgetan.“ Antwortete Levi grinsend.

„Und was machen wir mit dem Rest? Sollten wir nicht die Polizei rufen?“, fragte ich. Wir hatten uns sehr zurückgehalten und keiner der Jungs war ernsthaft verletzt. Aber der Stolz würde eine ganze Zeit leiden, da war ich mir sicher.

„Das hier ist doch ein Krankenhaus“, meinte Ben. „Die werden schon versorgt werden. Die Polizei hat genug zu tun.“

 

Kenta’Mariba hatte sich Pickelfresse über die Schulter gelegt und trug ihn zum Auto. „Weißt du mein Freund“, sagte er zu ihm, obwohl Pickelfresse noch halb bewusstlos war, „hättet ihr richtige Hosen getragen, dann hätten wir bestimmt ein paar Sekunden länger gebraucht, um euch den Hintern zu versohlen.“

Trotz alledem musste ich kurz lachen.

**

Weniger als eine Stunde später stürmte Decker an der Spitze eines Einsatzkommandos, mit einer Maschinenpistole in der Hand, eine alte Fabrikhalle.

Pickelfresse musste erst gar nicht überzeigt werden auszupacken. Kaum wieder voll bei Bewusstsein, bettelte er weinerlich darum, dass wir ihn laufenlassen sollen und er würde auch ALLES sagen, was er wusste.

Natürlich wusste Pickelfresse ÜBERHAUPT nichts. Jemand, derjenige war nicht der Stecher, hätte ihm und seinen Kumpels ein Bild von mir und Levi sowie eintausend Euro gegeben, damit sie uns eine Abreibung verabreichen würden. Dana wertete sein Handy aus und stellte fest, dass Pickelfresse zur angegebenen Zeit auf einem verlassenen Fabrikgelände war.

 

Für uns reichte das aus und so stürmten wir das Gelände, doch so leicht machte es uns der Stecher dann doch nicht! Das jemand sich hier versteckt hatte, war offensichtlich, doch wer immer das gewesen war, wer war längst über alle Berge.

 

Die Fabrikhalle lag einsam und verlassen da, als wir in sie eindrangen. Hannes, Johann und Gratzweiler sicherten in voller Kampfausrüstung den Platz vor der Halle, Decker, Levi und ich drangen in die Halle ein. Die Halle war gute siebzig Meter lang und dreißig Meter breit. Durch viele kaputte Fenster fiel genug Licht, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass sich niemand in der Halle aufhielt. Der einzige Ort sich zu verstecken boten zwei Pfeiler zwanzig Meter vom Eingang entfernt, die fünf Meter nebeneinanderstanden und zwischen denen an beiden Seiten, eine alte, völlig staubige Wolldecke

gespannt war.

Decker winkte Levi nach rechts, er selbst näherte sich von links den Pfeilern, während ich direkt darauf zuging.

Doch nichts bewegte sich… Decker hatte die Pfeiler erreicht, hielt die MPI auf die Decke als Levi sein Handy zog, und die Kamera darauf richtete, dann schüttelte er den Kopf. „Niemand da.“ sagte er, als er meinen zweifelnden Blick sah. „Dana hat eine Wärmebildkamera installiert. Hinter der Decke ist niemand.“

 

„Dann bin ich ja beruhigt.“ Brummte ich schob den Lauf der MPI zwischen Pfeiler und Decke durch und wollte diese zur Seite schieben.

„NEIN!!!“, brüllten Decker und Levi gleichzeitig. „NICHT BEWEGEN!“ schrie mich Decker an und ich erstarrte als Decker und Levi zu mir stürmten.

„Willst du uns alle umbringen?“, fragte Decker wütend.

„Ich denke da ist nichts.“ Sah ich Levi fragend an.

 

„Nein! Ich habe nur gesagt, dass da keine lebende Person hinter dem Vorhang ist.“

„DA!“ Decker zeigte auf einen kaum sichtbaren Draht, nur ein paar mm vom Lauf der MPI entfernt.

„Ich wette in den Belüftungsrohren, die quer durch die Halle gehen ist überall Sprengstoff drin.“ Meinte Levi und sah sich um.

 

„Ja, und die Betondecke darüber wird die Sprengwirkung verstärken und alle hier drinnen zu Matsch verarbeiten.“ Bestätige Decker und untersuchte die Halterung der Decke und die Pfeiler ganz genau.

„OK, zieh den Lauf GANZ LANGSAM zurück und berühre bloß nicht die Decke, oder den Draht!“

Mit rasendem Herzschlag zog ich die MPI Millimeter für Millimeter zurück, bis sie schließlich weit genug von der Decke entfernt war.

Levi holte wieder sein Handy hervor, schaltete die Kamera auf Filmaufnahme und schob es ganz vorsichtig unter der Decke durch. Dann drehte er etwas und holte es wieder zurück. Gemeinsam mit Decker schaute er sich dann die Aufnahmen an.

„WOW, das müssen mindestens fünfzig Kilo sein.“, flüsterte Decker ehrfürchtig.

„Ja, sieh dir die Ausrichtung an…“ Gab ihm Levi Recht und zeigte auf den Bildschirm.

„Könnte ich mal erfahren, wovon ihr redet?“ fragte ich.

 

„Sagen wir so… hättest du die Decke bewegt, wärst du bis zu Caroline geflogen… aber nur teilweise.“

Nun fingen meine Knie doch noch an zu schlottern und ich atmete tief durch.

„Verdammt!“, fluchte Decker, sicherte seine Waffe und hängte sich die MPI über die Schulter. „Das wäre beinahe schief gegangen.“

 

„Aber es bestätigt, dass der Stecher hier war.“

„Und jetzt ist er wieder verschwunden… Mist! Irgendwo verkriecht sich das Schwein.“

„Vielleicht will sich ja jemand die 50.000 Euro verdienen und verrät ihn.“ Meinte ich. „Das ist verdammt viel Geld.“

 

„Mach dir keine Hoffnungen.“ Schüttelte Levi den Kopf. „Bei den Leuten, bei denen der Stecher unterschlüpft sind 50.000 Euro Peanuts. Dazu kommt, dass alle eine Heidenangst vor Vogel haben. Keiner wird sein Leben für läppische 50.000 Euro riskieren.“

 

„Wir müssen den Druck erhöhen!“, stellte Decker fest. „Auf die Straße kann Vogel nicht mehr. Doch um ihn jagen, müssen wir ihn genau dorthin bekommen und dafür sorgen, dass er sich nicht mehr bei seinen Freunden verstecken kann.“

„HHMM den Druck erhöhen…“ murmelte ich, als sich ein Gedanke in mein Gehirn schlich. „Ich muss telefonieren!“

 

**

 

Am Tag nach meinem Anruf, standen wir alle als Ehrenwache Spalier, als die beiden getöteten Wachbeamten zu Grabe getragen wurden.

 

Selbst Levi war anwesend und kurz bevor die Särge an mir vorbeikamen erschienen Sarah und Vera neben mir. Beide fassten mich an den Händen und keiner von uns schämte sich seiner Tränen.

Nach der Beerdigung wies ich Sarah ein und traf dann mit Decker und Levi in Randys Büro ein. Wir diskutierten über unsere Möglichkeiten, Vogel aufzuspüren, als mein Handy klingelt.

„Es ist so weit.“ Meldete sich eine Frauenstimme und ich schaltete das Fernsehen an.

 

„Wir wollten doch mehr Druck aufbauen.“ Sagte ich als mich Decker fragte was das sollte. „Also habe ich die Daumenschrauben etwas angezogen.“

 

Auf dem Bildschirm ging Fransiska Haufberger mit einer Sondersendung on Air, mit der Meldung, dass die Belohnung die zur Ergreifung des Mörders, hier wurde das Bild des Stechers eingeblendet, auf sagenhafte zehn Millionen Euro angehoben wurde, die zwei wohlhabende Geschäftsfrauen, die anonym belieben möchten, zur Verfügung stellten und denen das Schicksal der armen Frau sehr ans Herz ging.

„Zehn Millionen Euro?!“, fragte Levi fassungslos. „Woher hast du so viel Geld?!“

 

„Ich habe nur auf Soulebda angerufen.“ Erklärte ich den anderen. Bei den zwei Geschäftsfrauen handelte es sich um niemand andren, als Heylah und Nauyra Bet’sudtita, der Bürgermeisterin von Soulebda Stadt. Als ich Heylah fragte, ob sie uns helfen könnte, rief sie sofort das Parlament zu einer Sondersitzung zusammen und Nauyra rief den Stadtrat an. Frank galt als einer der größten Helden der Stadt und ganz Soulebda. Innerhalb von fünf Minuten hatten sowohl das Parlament als auch der Stadtrat, ohne eine Gegenstimme, die Summe von insgesamt zehn Millionen bereitgestellt um die Mistkerle zu schnappen, die es gewagt hatten Frank anzugreifen.

 

„Ich schätze, den Druck zu erhöhen, hast du geschafft.“ Grinste Randy.

„Was denkst du, wie es weiter geht?“ fragte ich Decker.

 

„Ich würde sagen, der Stecher ist schon auf dem Weg aus Deutschland heraus, wahrscheinlich wird er sich erst einmal in einem anderen Winkle der Welt verstecken. Höchstwahrscheinlich lässt er uns hier erst mal in Ruhe und wird sich dafür um Claire kümmern. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass er an einem Punkt zuschlägt, an dem wir es am wenigsten erwarten.“

„Du meist, er geht nach Soulebda?“

„Nein, nicht direkt nach Soulebda. Aber mit Sicherheit raus aus Europa. Da Sarah jetzt hier ist und damit jemand der wer weiß, wie man ein Gefängnis leitet, schlage ich vor, du fliegst zurück zu Caroline, denn ich glaube, dort braut sich etwas zusammen.“

 

**

 

In einem älteren Wohnhaus brannte im Fernsehzimmer noch Licht. An die Seitenwände des großen Raumes hatte man alles gestellt, was man nicht mehr brauchte. TV Gerät, Sessel und den uralten Farbfernseher und, schön in Plastikfolie verpackt ein erstochenes, totes Ehepaar.

Jetzt war das Zimmer der Konferenzraum des Stechers.

 

Vor der hässlichen, uralten Wandtapete stand eine moderne Leinwand. Ein Projektor hatte die Südseeinsel Soulebda auf die Leinwand projiziert.

„Herhören. Wir haben Clair Clament gefunden. Die Schlampe befindet sich auf dieser Südseeinsel mitten im Südpazifik. Sie wird begleitet von zwei Beamten der Haftanstalt, wovon der Mann gerade zurückfliegt nach Deutschland.

 

Bleiben also eine Beamtin und die Zeugin. Zwei Frauen also, die will ich kalt gemacht wissen. Ich schicke das Team Bravo los, Serge, dein Team ihr fliegt heute noch los. Nehmt alles mit und putzt da unten die Platte. Zehn Mann sollten mit zwei Tussies zurechtkommen.“

„Chef, müssen das wirklich so viel sein, das kann doch meine Vierergruppe genauso gut erledigen?“

„Nein, ich geh kein Risiko ein. Team Bravo mit vollen zehn Mann. Hinfliegen, wegputzen, Spuren beseitigen und zurückkommen. Basta.“

 

**

 

Einige Stunden später begegneten sich fast zwei Linienmaschinen in der Luft. In der einen kehrte Peter zurück nach Deutschland, um bei einem Albtraum zu helfen, in der anderen Maschine flogen zehn gedungene Killer auf eine Südseeinsel, um zwei Frauen abzuschlachten.

Keiner wusste vom anderen.

 

**

 

Internationaler Flughafen Soulebda (SUL)

Die Schlange der Passagiere am Zoll war lang, aber die Kontrolle war schnell vorbei. Die zehn Killer hatten sich auf die drei Kontrollhäuschen verteilt, um möglichst nicht aufzufallen.

Serge hatte seine Leute instruiert, sich unauffällige Kleidung anzuziehen und so standen die zehn Killer wie frische Urlauber an der Gepäckausgabe und erwarteten ihre Gepäckstücke. Dass sie seit der Landung von Kameras abgelichtet und mit automatischen Listen abgeglichen wurden, fiel ihnen nicht auf, aber sie waren sich auch sicher, dass man sie hier garantiert nicht als eine internationale Terrorzelle identifizieren würde. Das war Urlaubsgebiet und kein High-Tech Gebiet wie die USA oder Hong-Kong.

Wie sehr sie sich doch irren sollten. Im Büro des Inlandgeheimdienstes am Flughafen war bereits Action angesagt. Kurz nachdem der erste Scanner eine der Neuankömmlinge als einen Verdächtigen markiert hatte, liefen die anderen Scanner auf Hochtouren und verfolgten die Spur des Mannes.

 

So war es absehbar, dass man auch auf die anderen aufmerksam wurde, als sie sich in einer vermutlich unüberwachten Ecke des Terminals sammelten.

„Kein Zweifel, das sind die zehn. Geben Sie das an die Zentrale durch und informieren Sie den Palast. Wir haben zehn Besucher mit schlechten Manieren.“

Noch während die restlichen Mitglieder des Killerkommandos auf ihr Gepäck warteten, kam die Antwort aus der Zentrale. „Isolieren, wenn möglich festhalten. Alle markieren. Gefahr, höchst gefährlich.“

Serge sammelte die seinen um sich und wie im Lehrbuch bildeten sich drei Teams, um im Falle eines Zugriffs nicht alles auf einmal zu gefährden.

 

Da waren die Frauen Paula, eine Argentinierin mit einer Vorliebe für das Erdrosseln. Bibbi, die niedliche Blondine, die in einer Tanzshow auftreten könnte und Maria, eine Künstlerin am Messer.

Pete, ein Brite mit energischem Blick und Vorliebe für kleine Mädchen und lange Messer, John, ebenfalls aus dem Königreich, ein Meister an der Drahtschlinge und Mike aus den vereinigten Staaten, ein richtiger Brutalo, was man an seiner krummen Nase auch gut sehen konnte.

Als letztes kamen Toni, eigentlich Antonio, ein Italiener als Palermo, Klaus ein ehemaliger Fallschirmspringer und zuletzt Wolfgang, ein Möchtegern Polizist, der den Psychotest nicht bestanden hatte.

 

Beim Verlassen des Flughafens durchliefen sie alle einen klimatisierten Bereich, von wo aus ein Kältevorhang das Eindringen der doch recht warmen Luft verhinderte. Dass dabei ein jeder der zehn mit einer kleinen Menge Markierungsflüssigkeit automatisch benetzt wurde, fiel nicht auf. Diese Markierungsflüssigkeit würde sich in den Haaren und der Kleidung etwa vier Tage halten, länger aber nicht. Bei Serge kam hinzu, dass er eine Baseballmütze trug. Da die meisten die Kleidung eh wechseln würden, stand das Verfahren bereits seit längerem auf der Kippe.

 

**

 

Zwei Stunden später im Büro des Geheimdienstes in Soulebda

Seraph Ma’Gus, der Leiter des Geheimdienstes, betrachtete sich die Bilder am Beamer genau. „Das sind sie also, gut gemacht am Flughafen, wir wissen jetzt, dass die Killer gelandet sind. Wir wissen auch, dass sie im Hotel „Seestern“ untergekommen sind.“

„Vermutlich werden die Typen sich mit Waffen eindecken, wir sollten den Hafen und den Containerhafen informieren.“

 

„Ja machen sie das. Wenn sich einer von denen in das Hafengebiet verirrt, will ich es wissen. Verirrt sich einer in den Zentralhafen, so ist er sofort zu isolieren und festzunehmen. Keine Verhandlungen.“

„Geht in Ordnung, hat sich die Regentin schon geäußert?“

„Ja sie will, dass es mit wenig Blutvergießen abgeht, ich denke, dass sich das nicht vermeiden lässt. Ich fahre jetzt direkt zu meinen Leuten, bei den Stämmen und informiere sie. Die Stämme sind die letzte und beste Bastion, ich will die Verbrecher aber möglichst schon früher haben. Also Einsatzteams, keine Experimente, das da sind knallharte Profis.“

 

Die Tür ging auf und der stellvertretende Leiter kam herein. „Gerade eben haben die Gangster das Hotel in einem kleinen Bus verlassen, wir verfolgen sie unauffällig.“

„Na, wenn das mal keine Falle ist. Das Hotelteam soll nachsehen, ob die noch im Hotel sind oder wer fehlt.“

 

„Ehe ich zu den Stämmen fahre, hier die Einsatzbefehle für die Teams!“

 

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Das Hotel „Seestern“ war ein am Rande der Stadt liegendes drei Sterne Hotel, das die drei Sterne auch vertrat. Schön angelegt mit Sicht zum nahen Meer, war das Hotel gerade zwei Etagen hoch. Neben den Einzelzimmern waren auch Zimmer für Gruppen zu mieten.

Die Killtertruppe hatte Zimmer in beiden Etagen für eine Woche angemietet und im vorausbezahlt.

Der Zimmerboy betrat wie üblich nach dem anklopfen eines der Zimmer und fand es leer vor. Rasch säuberte er das Zimmer und ging in das nächste, ein Gruppenzimmer für drei Personen. Auch hier klopfte er, er sich ankündigte und öffnete dann die Türe.

 

„Reinkommen und weg von der Tür, sofort!“ Wurde er angebrummt. „Taschen leeren, alles aufs Bett legen.“ Zitternd legte der Boy seinen Tascheninhalt auf das Bettlaken. Feuerzeug, Ausweis, den Etagenschlüssel, ein paar Taschentücher und eine kleine Taschenlampe. Mehr nicht.

„Der hat weder Handy noch Funk bei sich, der ist sauber.“

„Gut knebelt ihn und sperrt ihn in den Abstellraum.“ Zwei Männer brachten den ängstlichen jungen Mann nach nebenan und fesselten ihn und legten ihm einen Knebel an, so verschnürt wurde er in einen Abstellraum gesperrt und die Türe wurde abgeschlossen.

„Ist der Bus schon weg?“

 

„Ja Serge, die müssen annehmen, dass wir alle da drinnen sind, wir haben ihn präpariert. Da sind aber nur Pete, John und Mike drinnen.“

„Gut also dann der Plan, wir müssen uns aufteilen und herausfinden wie diese Villa gesichert ist. Das war früher ein Verwaltungsgebäude, dort wurden die Leute aufgeknüpft, wir müssen also Sicherheitseinrichtungen annehmen.“

 

„Das machen wir beide.“, erklärten Paula und Bibbi. „Uns wird man überall ran- und reinlassen.“

„Gut so, ihr beschafft die Waffen, das Schiff müsste inzwischen da sein. Und wir überprüfen die Umgebung. Angeblich soll die eine Frau bei der Schlampe gut sein, Ex-Geheimdienst, vermutlich. Passt also auf euch auf.“

 

„Was ist mit dem Zimmerjungen?“

„Um den kümmere ich mich selbst, der fehlt heute Abend am Esstisch!“ Die Leute grinsten und prüften ihre Ausrüstung. „Funkkanal 3 und Backup ist 5, das Codewort lautet „Jammertal“ also dann los.“

Während sich die Leute aus dem Zimmer schlichen, ging Serge in den Nebenraum, in seiner linken Hand hielt er ein Springmesser verdeckt und öffnete die Kammertür zu dem Zimmerjungen …

 

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Sechs Stunden später erreichte ein Kutter der Küstenwache das Rettungsfloß. Kapitän Her’jare stand am Bug, als der Kutter neben dem Floß und seiner toten Besatzung längsseits ging. Schon öfter hatte er Boote und Rettungsinseln gesehen, die leer waren, oder mit einer toten Person bemannt waren, doch eines mit elf Leichen an Bord hatte er noch nicht gesehen und der Anblick ließ sogar den gestandenen Seemann erschaudern. Automatisch fragte er sich, wer wohl als Letzter dieser armen Teufel gestorben war.

 

Da man nicht wusste, wie die Leute zu Tode gekommen waren, wollte Her’jare auf keinen Fall irgendwelche Spuren verwischen und ließ seinen ersten Offizier erst einmal mehrere hundert Bilder machen, bevor er an Bord des Floßes ging.

Während die Kamera weiter Aufnahmen machte, sah sich Her’jare auf dem Floß um. „Ich schätze die Leute sind seit fünf Tagen tot.“ Meinte er zu Jarte’hur als dieser eine neue Speicherkarte einlegte.

„Was wohl geschehen ist? Ein Brand, oder vielleicht eine Kollision?“

„Von einer Kollision hätten wir sicher etwas mitbekommen. Zwei Schiffe können nicht so schnell sinken, dass keines davon SOS senden kann. Eine Explosion… HHMM keiner dieser Männer hat Verbrennungen, oder sichtbare Verletzungen… Das hier war Mord!“

 

„Woher wollen sie das wissen Kapitän.“

 

„Sehen sie hier.“ Her’jare zeigte auf die Stelle, an der der Name des Schiffs angebracht war, von dem das Rettungsfloß stammte. „Der Name wurde entfernt. Ich sehe keinen Notsender oder GPS Gerät.“ Vorsichtig trat er an den Behälter, in dem Vorräte gelagert werden, damit die Besatzung im Fall des Falles Nahrung und Wasser hatte und hob den Deckel an. „Leer! Und auf dem Floß liegt nicht eine Wasserflasche oder eine Verpackung. Man hat die armen Kerle ohne Wasser und Essen einfach ausgesetzt und wollte nicht, dass man herausfindet von welchem Schiff sie stammen.“

„Wenn das stimmt, stehen wir mitten in einem Tatort und sollten nichts verändern.“

„Das werden wir auch nicht. Nehmen sie das Floß ins Schlepp und lassen sie es uns nach Soulebda bringen.“

 

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Im Hafen von Nih’tan

Vorsichtig hob ein Verladekran das Floß aus dem Wasser und setzte es auf die Ladefläche eines LKW.

Die beiden Inspektoren Lastre’lar und seine Kollegin Shea Martin sahen zu und warteten, bis das Floß sicher verladen war. Lastre’lar war mittlerweile Mitte Fünfzig und sein ganzes Leben lang Polizist, sah man von der kurzen Episode im Bürgerkrieg ab, in der er für die „Rebellen“ gekämpft hatte und er hatte das Handwerk von der Pike an gelernt.

 

Martin dagegen kam aus England. Sie hatte in London studiert und dort Penelope kennengelernt. Nach Abschluss ihres Studiums war sie zur Londoner Polizei gegangen, hatte sich zur Inspektorin hochgearbeitet und war dann Penelopes Ruf gefolgt, die sie nach Soulebda eingeladen hatte. Soleab, dem die Polizei unterstand, hatte Penelopes Rat befolgt und mehrere Polizisten, Ermittler und Kommissare aus aller Welt nach Soulebda geholt, damit sie mit ihrem Wissen und Können das der Polizei Soulebdas erweitern konnten. Gleichzeitig schickte er Polizisten aus Soulebda in andere Länder.

Schon Heylah hatte dieses Prinzip in den Kliniken Soulebda angewandt und Ärzte sowie Heiler aus aller Welt nach Soulebda eingeladen, was zur Folge hatte, dass der Ruf der Kliniken Soulebdas inzwischen einer der besten in der Welt war.

 

Doch anders als viele ihrer Kollegen, war Martin nach Ende ihrer „Auslandszeit“ auf Soulebda geblieben. Selbst als MacAllisters Söldner auf der Insel ihr Unwesen trieben und das Caos regierte, schaffte es die Engländerin, ihre Abteilung zusammenzuhalten und sorgte unerschütterlich für Recht und Ordnung, soweit es ihr möglich war.

Heylahs Dank blieb nicht aus und so wurde Martin, als erste Engländerin nach dem Bürgerkrieg, Ehrenbürgerin von Soulebda Stadt. Doch das alles ließ sich Martin nicht zu Kopf steigen und erledigte weiter ihren Job an der Seite ihres Kollegen und Freundes Lastre’lar.

„Erzählen sie mir etwas über Rettungsflöße.“ Bat Lastre’lar Kapitän Her’jare. „Was wissen sie über das Modell hier?“

„Das hier ist ein Standardmodell für Frachtschiffe. Davon gibt es Tausende.“

„Kann man feststellen, von welchem Schiff das Floß stammt?“

„Normalerweise kann man das. Hier“, Her’jare zeigte auf die Stelle, an der der Schiffsname entfernt wurde, „ist normalerweise das Schiff sowie die Nummer des Floßes angebracht. Kennt man den Namen des Schiffs kann man nachsehen, wie groß die Besatzung ist und viele Flöße das Schiff hat und so gegebenenfalls nach weiteren Rettungsinseln oder Schiffsbrüchigen Ausschau halten. Aber an diesem Floß wurden alle Kennzeichen entfernt.“

 

„Was fällt ihnen als Seemann noch auf?“

„Das Floß macht einen guten Eindruck. Es wurde gewartet und gepflegt. Dennoch waren weder ein Notsender, noch Nahrung auf dem Floß, als wir es fanden. Nicht einmal einen ersten Hilfekasten gab es. Das passt nicht zu dem Zustand des Floßes. Es gibt Kapitäne, welche die Wartung vernachlässigen und aus diesem Grund keine Überlebensgegenstände an Bord ihrer Rettungsflöße haben. Aber dieses Floß wurde gewartet. Außerdem, egal wie nachlässig eine Besatzung ist, die Rettungsflöße werden schon aus eigenem Interesse immer wieder überprüft.“

 

„Sie wollen mir also sagen, dass man diese Männer mit Absicht ohne Lebensmittel und Funkgerät ausgesetzt hat.“

 

„Genau, das ist meine Meinung.“

„In diesem Fall, reden wir hier von Mord!“, fiel Martin in das Gespräch ein. „Doch wenn man diese Männer mit Absicht umgebracht hat, warum dann die Mühe mit dem Floß? Warum hat man sie nicht einfach erschossen oder noch einfacher, über Bord geworfen?“

„Man gaukelt ihnen vor, mit dem Leben davon zu kommen. Statt einen Kampf zu riskieren, lässt man die Besatzung in das Floß. Erst wenn das Floß abgelegt hat und die Männer feststellen, dass keine Überlebensausrüstung an Bord ist, wissen sie, dass sie dem Untergang geweiht sind.“

„Verdammte Schweine!“, fluchte Martin.

 

„Wir müssen herausbekommen, von welchem Schiff die Besatzung ist.“ Stelle Lastre’lar fest. „Warten wir ab, was und der Gerichtsmediziner über die Toten sagen kann.“

 

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Die elf Leichen lagen nebeneinander in der Gerichtsmedizin an der Universität von Soulebda Stadt.

„Diese Männer sind alle an Dehydration gestorben.“ Erklärte der Gerichtsmediziner Lastre’lar und Martin. „Es gibt Anzeichen von Gewalt, aber keine tödliche Gewalt. Diese Männer wurden geschlagen, aber nicht totgeprügelt.“

 

„Lässt sich sagen, wann die Männer gestorben sind?“

„Ich würde sagen, vor vier Tagen.“

Lastre’lar überschlug die Zeiten und sagte dann. „Vier Tage… das heißt, dass die Männer vor einer Woche in das Floß gestiegen sind.“

 

Der Gerichtsmediziner wiegte leicht mit dem Kopf und nickte dann. „Ja, das würde ich auf Grund des Verwesungsgrades, der Temperatur und Wetterverhältnisse auch annehmen.“

Matin hatte unterdessen die wenigen Habseligkeiten der Opfer durchsucht. Natürlich hatte keines einen Ausweis oder Papier bei sich getragen, lediglich die Kleidung hatte man den Männern gelassen. Gewissenhaft durchsuchte Martin die Kleidung, als sie in einer Innentasche eines Hemdes auf einen Gegenstand aufmerksam wurde. Sie öffnete die Tasche und holte ein Bild hervor. Sie drehte es ins Licht und schaute es sich an.

 

Das Bild zeigte eine junge Frau mit einem Baby im Arm und einen jungen Mann, die gemeinsam in eine Kamera lächelten. Alle drei waren eindeutig Asiaten und auf der Rückseite waren chinesische Schriftzeichen. Selbst für sie als Europäerin war deutlich zu erkennen, dass eine Frau diese Zeichen aufgeschrieben hatte. Und sie musste auch nicht raten, was die Schriftzeichen bedeuteten.

Automatisch bekam sie einen Kloß in den Hals und schluckte ihre aufkommende Wut herunter. –Dafür werdet ihr bezahlen! – schwor sie sich.

 

„Was können sie mir über die Männer sagen?“, fragte Lastre’lar den Gerichtsmediziner.

„Nun, die Männer hier sind eine typische Schiffsbesatzung. Drei Europäer, neun Asiaten und zwei Männer afrikanischer Abstammung. Auf Grund der Verwesung glaube ich, dass eine Identifizierung schwer wird.“

 

„HHMM, wir suchen also ein Schiff, das vor einer Woche verschwand und eine Besatzung, die vermisst wird.“

Martin hielt das Bild hoch, das sie gefunden hatte. „Irgendjemand vermisst einen unserer Toten! Wir müssen herausfinden wer!“

Lastre’lar schaute auf das Bild und nickte dann Martin zu. „Gut! Sie werden sich an die chinesische Botschaft wenden, falls die Frau auf dem Bild eine Vermisstenanzeige aufgibt, erfahren wir es vielleicht. Ich werde mich noch einmal mit Kapitän Her’jare unterhalten.“

 

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Die nächsten Tage verbrachten Lastre’lar und Martin im Institut für Meeresforschung. Auf Her’jares Vorschlag hatten sich die Ermittler an die Forscher gewandt, um herauszubekommen, welchen Kurs das Floß getrieben war. Dazu mussten Wind und Wetterverhältnisse der letzten Woche, die Stärke der herrschenden Strömungen sowie die Beschaffenheit des Floßes berücksichtigt werden.

Lastre’lar, der gehofft hatte, ein Mitarbeiter würde seine Frage, mit Hilfe eines Computers innerhalb kurzer Zeit beantworten könne, wurde schnell eines Besseren belehrt. Doch er musste zugeben, die Mitarbeiter und Forscher des Institutes gaben sich alle Mühe. Nicht wenige von ihnen fuhren selbst zur See und das Schicksal der Besatzung ließ sie nicht kalt.

 

Nach drei Tagen waren sich die Forscher soweit einig, dass das Floß wahrscheinlich 120 Seemeilen Nordwestich von Soulebda seine traurige Reise antrat.

 

Diese Ergebnisse sah sich Kapitän Her’jare nun an. Er, Lastre’lar und Martin saßen in seinem Büro der Küstenwache und Her’jare war an eine große Karte getreten, welche die ganze Wand bedeckte.

„120 Meilen… Nordwest…“ murmelte er, als er den Punkt auf der Karte markierte. „Wenn das stimmt, kam das Schiff mit großer Sicherheit aus Soulebda.“ Her’jare ging zu seinem Schreibtisch, nahem einen ausziehbaren Zeigestock und zeigte dann den beiden Ermittlern, wie er auf seiner Einschätzung kam.

„Die viel befahrenen Schifffahrtsrouten liegen alle westlich von Soulebda. Die Mallakastraße, die Sundastraße, die Straße durch das Südchinesische Meer. Sollte das Floß von einem Schiff stammen welches auf einer dieser Routen fuhr, hätte es wesentlich länger gebraucht um zu diesem Punkt zu gelangen und die Leichen wären nur noch Skelette. Von Soulebda führen drei Schiffsrouten. Eine in Richtung der amerikanischen Westküste, einschließlich Hawaii, eine in Richtung Torresstraße und eine in Richtung Philippinensee bzw. Japan und dem chinesischen Festland. Ich tippe auf diese Route.“

Her’jare drehte sich um und schlug dann vor, „Am besten reden sie mit dem Hafenmeister. Er koordiniert die Schiffbewegungen auf Soulebda.“

„Wissen sie, wie der Hafenmeister heißt?“

„Kar. Der Name des Halunken ist Kama’lar.“

„Mir scheint, sie kennen den Hafenmeister persönlich.“ Kommentierte Lastre’lar.

„Ja, ich kenne Kama’lar. Er ist mein Schwager.“

 

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„Soso, sie suchen ein Schiff.“ Meinte Kama’lar eine Stunde später. Zusammen mit den beiden Ermittlern und seinem Schwager Kapitän Her’jare, saß der Hafenmeister Nih’tans in seinem Büro, von dem er einen fantastischen Blick über den Hafen hatte.

 

„Das wird nicht leicht.“

„Wieso?“, wollte Martin wissen. „Wir haben doch sehr genaue Zeiten.“

Kama’lar schnaufte verächtlich und ließ dann etwas fallen, dass sich wie „Landratten“ anhörte. „Alleine heute Morgen, sind vier Schiffe ein und drei Schiffe ausgelaufen. Schon lange vor dem Bürgerkrieg hat sich der Schiffsverkehr, durch das Auffinden der Seltenen Erden auf Soulebda, mehr als verdreifacht. Die Franzosen, Engländer und Amerikaner die ihre Mienen betrieben, mussten all ihre Ausrüstung her und die Erden abtransportieren. Seit der Abbau von der Kommission geregelt wird und die Leute auf der Insel davon profitieren, hat der Schiffsverkehr noch einmal zugenommen.

 

Nih’tan ist der größte natürliche Hafen im Südpazifik und entwickelt sich immer mehr zu einem internationalen Drehkreuz. Was ich damit sagen will“, er blätterte in seinen Unterlagen, „im geschätzten Zeitraum haben etwa einhundert Schiffe diese Region passiert.“

Martin seufzte enttäuscht, dann fiel ihr das Bild ein. „Wir gehen davon aus, dass dieser Mann eines der Besatzungsmitglieder ist.“ Sie hob das Bild hoch und reichte es Kama’lar. „Sie haben den Mann nicht zufällig gesehen?“

 

„Kama’lar schüttelte den Kopf und Martin steckte das Bild enttäuscht zurück.

„Wissen sie vielleicht, wo wir etwas über den Seemann in Erfahrung bringen können?“

„Aber sicher doch! Hier sind sie an der richtigen Adresse.“

„Wie meinen sie das?“

Kama’lar sah seine Schwager an und grinste dann, „Sie müssen runter in den Hafen und in den Bars fragen. Und zufällig sind hier die zwei Seebären, die jede Spelunke in diesem Hafen kennen.“

„Kapitän Her’jare, Herr Kama’lar“, Lastre’lar war mittlerweile klar geworden, dass er in diesem Fall Unterstützung von erfahrenen Seeleuten brauchte, „ich bin zwar ein passabler Polizist, doch kein erfahrener Seemann. Ich bitte sie beide offiziell um Amtshilfe. Bitte treten sie unserem Ermittlerteam bei und helfen sie uns, die Mörder dieser armen Menschen zu fassen.“

Kama’lar und Her’jare brauchten sich nicht abzusprechen oder zu überlegen. „Selbstverständlich helfen wir ihnen.“ Antwortete Her’jare.

 

„Und das Beste ist, ich muss meiner Frau erklären, wieso ich mich wieder in den Hafenspelunken herumtreibe.“ Lachte Kama’lar.

 

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Zum ersten Mal wurde Martin bewusst, wie groß der Hafen von Nih’tan ist. Sicher war sie schon das ein oder andere Mal durch Nih’tan durchgefahren, doch im Hafen selbst hatte sie noch nichts zu tun gehabt.

„Dieser Bereich gehört zum neuen Hafen. Hier werden die Containerschiffe be- und entladen. Die Erzschiffe müssen den Fluss aufwärts zum Binnenhafen weiterfahren.“ Erklärte Kama’lar als sie an Kränen und riesigen Lagern vorbeikamen, vor denen Containerschiffe am Peer lagen.

„Und wo beginnen wir mit der Suche?“, wollte Lastre’lar wissen.

 

„Die Kneipen und Bars sind alle im alten Hafenviertel. Dort sind auch die Bordelle und andere zwielichtige Geschäfte. Oft wollen die Seeleute nach einer Überfahrt etwas Dampf ablassen. Ich würde sagen, wir beginnen dort.“

Um Zeit zu sparen hatte Martin das Bild des Seemanns kopiert und die Vier teilten sich auf. Lastre’lar und Kama’lar bildeten ein Team, Martin und Her’jare das andere.

Her’jare führte Martin schließlich in eine Hafenkneipe, die jedes Klischee erfüllte, die Martin sich vorstellte. Dicke Rauschwaden und laute Musik durchzogen den Raum als sie sich zum Tresen vorarbeiteten. Nach der ersten Kneipe hatte Her’jare Martin zur Seite gezogen und ihr erklärt, dass es besser wäre, wenn er die Fragen stellte, da Martin erstens Europäerin UND zweitens Polizistin sei. Dazu kam, dass selbst auf Soulebda Seefahrt Männersache war! Zähneknirschend hatte Shea eingesehen, dass Her’jare Recht hatte und hielt sich im Hintergrund. Mittlerweile herrschte einiger Betrieb als Her’jare den Wirt erreicht hatte. Durch den Rauch, sah Martin, wie der Kapitän dem Wirt das Bild zeigte und der nickte. Sheas Herz machte einen Aussetzer als Her’jare Martin zu sich und dem Wirt winkte.

„Sie wissen, wer der Mann ist?“, wollte Martin von dem Wirt wissen.

 

„Nein, an den Mann erinnere ich mich nicht, aber an das Bild. Da war ein junger Chinese, der jedem das Bild gezeigt hatte. Alleine mir hat er es an dem Abend ein dutzend Mal unter die Nase gehalten. Er hat gesagt, dass er Vater geworden sei, und hat beinahe seine ganze Heuer unters Volk gebracht. Reden sie mal mit dem Kerl dahinten.“ Der Wirt zeigte auf einen Tisch, an dem ein Mann mit dem Rücken an der Wand saß. „Das ist Karet’hojar. Er ist Verlademeister am Peer zwölf und hat den Burschen mitgebracht.“

 

„Peer zwölf?“, fragte Her’jare nach. „Sind sie sicher?“

„Klar bin ich sicher.“ Antwortete der Wirt schon fast beleidigt.

„Dann vielen Dank.“ Her’jare drehte sich zu Martin, griff sie am Arm und führte sie durch die Kneipe.

„Was ist mit Peer zwölf?“, wollte Martin wissen.

„An Peer zwölf werden die Erzschiffe beladen. Das gefällt mir nicht.“

Bevor Martin fragen konnte, was Her’jare damit meinte, hatten sie den Verlademeister erreicht.

„Hallo, sie sind Karet’johar, der Verlademeister von Peer zwölf?“

„Warum will die Küstenwache das wissen?“

 

„Sie kennen mich?“

„Sicher! Sie sind eine Art Legende und haben genug Leute aus dem Wasser gefischt. Einige davon waren gute Freunde von mir und sind es, Dank ihnen, immer noch.“

Martin atmete erleichtert auf und übernahm das Gespräch „Wir suchen diesen Mann.“ Und hielt Karet’johar das Bild hin.

„Wer sind sie?“, fragte der Verlademeister misstrauisch.

„Shea Martin, Polizei Soulebda Stadt.“

Karet’johar sah zu Her’jare, der ernst nickte. „Was ist passiert?“, fragte der Verlademeister und ignorierte Shea.

 

„Er und seine Schiffskameraden wurden umgebracht.“ Erklärte Her’jare kurz und knapp.

Karet’johar starrte durch das Bild durch bis er schließlich fragte „Etwa die ganze Besatzung?“

„Ja, wahrscheinlich schon. Wissen können wir das erst, wenn wir wissen, von welchem Schiff die Besatzung stammt.“

JETZT sah Karet’johar Martin an. „Der Name des Mannes war Suh Chun. Das Schiff nachdem sie suchen, ist die Bell Star.“ Der Verlademeister schnappte sein Glas und leerte es in einem Zug, dann warf er das leere Glas gegen die Wand.

 

„Der Kapitän der Bell heißt Shamus o Connel und ist ein alter Freund von mir. O Connel kommt seit über zwanzig Jahren nach Soulebda, erst als Kapitän auf der Fahr-Rute Soulebda- Futuna- Wallis- Samoa, dann die letzten fünf Jahre als Kapitän eines Erzschiffs.“

„Man hat die Besatzung der Bell Star in einer Rettungsinsel ohne Vorräte gefunden. Wäre es denkbar, dass o Connel es versäumt hat, die Insel zu warten?“, fragte Martin.

 

„Was?!“, schrie Karet’johar und fuhr Shea wütend an. „NIEMALS! O Connel war ein typisch irischer Kapitän. Streng, manchmal hart und ab und an sogar jähzornig, aber er war ein echter Seemann! Ein Kapitän der persönlich in die Hölle hinabgestiegen wäre, um seine Besatzung dort herauszuholen. Ein so schlampiges Verhalten auf seinem Schiff hätte er NIE geduldet! Der Boden seines Maschinenraumes war sauberer als ihre Kantine!“

„Vielleicht hat dieses Verhalten jemandem aus seiner Besatzung nicht gefallen?“

„O Connel war nicht bei Allen beliebt, aber ich kenne keinen, der ihn umbringen wollte.“

„Was ist mit dem Mann auf dem Bild?“

„O Connel hat mir den Jungen Chinesen aufs Auge gedrückt. Er wollte verhindern, dass der Junge seine gesamte Heuer auf den Kopf haut und ich sollte dafür sorgen, dass Suh Chun am Morgen pünktlich wieder an Bord war, da die Bell auslief.“

 

„Wann war das genau?“

„Vor genau neun Tagen.“

„Vielen Dank.“ Sagte Martin, während Her’jare, dem Verlademeister nur seine Hand auf die Schulter legte.

 

„Europäerin!“

 

Shea, die gerade den Tisch verlassen wollte, blieb stehen und sah Karet’johar an.

„Wenn sie wissen, wer O Connel und seine Crew auf dem Gewissen hat und brauchen jemanden der ihnen hilft die Schweine zu fassen, rufen sie mich!“

 

Shea Martin nickte nur und verließ mit Her’jare die Hafenkneipe.

 

**

 

Der kleine Bus mit Platz für 20 Personen hatte verdunkelte Scheiben, was in der Mittagshitze nichts Ungewöhnliches war. Gerade als der Bus um eine Ecke in der Stadt bog, fuhr er auf einen alten Lieferwagen auf, der wirklich dumm abgestellt war. Der Fahrer hatte noch einen großen Wasserkanister auf der Schulter, als er bereits laut anfing, den Busfahrer zu beschimpfen.

 

„Verdammter Penner, wieso fährst du deinen Schrottkarren nicht weg und parkst da, wo du keinen störst.“

Der Lieferant machte dem Busfahrer klar, dass er Hilfe brauchte und auch erwartete, weil der alte Lieferwagen offenbar nicht mehr anspringen wollte.

 

„Zwei Mann raus und helft dem Fuzzi.“, befahl Mike und John und Pete stiegen aus und begannen, den Lieferwagen anzuschieben.

„Jammer nicht wie ein Italiener herum, sondern setz dich in deine Kiste und fahr zu, du Unglücksrabe!“ Herrschte Pete den Wasserfahrer an.

„Und schieben, eins und zwei …“ Murmelte John zu Pete.

Hinter ihnen stieg ein Passant in den Bus ein, und hielt Mike eine Waffe vor die Nase. „Hände hoch und umdrehen!“ Sofort bestiegen zwei weitere Männer den Bus.

Währenddessen schoben die beiden anderen den Lieferwagen weiter, da hörten sie hinter sich eine Stimme:

 

„Brav gemacht. Die Hände genauso am Fahrzeug lassen, keine Bewegung, ihr seid festgenommen.“ Mehrere Passanten sprangen hinzu und überwältigten die beiden Männer.

Drei Limousinen kamen der Reihe nach angebraust und in jedes wurde einer der Verbrecher gesteckt. Schon fuhren die Fahrzeuge wieder los.

 

Der Lieferant des Wasserfahrzeuges fuhr weiter und die Passanten fuhren den Bus weg.

Es war schnell und ohne Blutvergießen abgelaufen, keiner wurde verletzt und keiner hatte Verdacht geschöpft.

 

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Serge starrte in einen leeren Abstellraum. Am Boden lagen die Fesseln und der Knebel. Die Rückwand war herausgedrückt und lag im Nachbarzimmer.

 

Serge lief in das große Zimmer zurück. „Wir müssen weg, der Boy konnte entkommen, sicherlich hat der schon Alarm geschlagen, los jetzt!“

Sie liefen die hintere Treppe runter zur Tiefgarage und bestiegen zwei Fahrzeuge. Mit quietschenden Reifen sausten die beiden Fahrzeuge in unterschiedliche Richtungen davon. Zurück blieben die Zimmer und einige Koffer mit Kleidung.

 

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Clair saß bei mir am Tisch, als Jerome mit schnellen Schritten auf uns zukam.

„Die Schurken sind gelandet. Zehn Typen sind gelandet und davon sind drei Frauen. Der Geheimdienst meinte, das sind alles harte Profis. Ab sofort bleibt ihr hier im Haus und in der oberen Etage. Caroline, in dem Koffer da sind Waffen und Munition, sowie ein paar Funkgeräte.

 

Ich beziehe mit meinen Leuten hier unten und vor der Villa Stellung. Wir vermuten zuerst Aufklärung und erst dann, frühestens am Abend den Angriff.“

„Gut, wir gehen rauf, Clair kommt bitte, wir sollten die Kleider wechseln, Badesachen sind jetzt weniger praktisch.“

 

Unten, vor der Küche stand die Haushofmeisterin, Madame Ma’Difgtma und ihren Augen entging nichts. Ein leichtes Lächeln lief über ihren dunklen Wangen, als sie die Küche verließ.

 

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Inzwischen war es 14:00 Uhr und die Sonne brannte vom Himmel. Zu der Zeit waren einige Hundert Touristen in Soulebda verteil, eine Menge, die kaum auffiel. Zwei Mädchen, Paula und Bibbi, standen mit ihren kleinen Kameras und einer zerknitterten Stadtkarte vor dem Eingang zur Villa.

Sie beratschlagten wie sie denn von hier aus am besten in die Stadtmitte zum Park gelangen würden, aber alles was sie zeigten war falsch. So würden die überall hinkommen, nur nicht zum Park.

 

Eine der Wachen vor der Villa wurde das nun zu bunt und sie fragte höflich, ob sie aushelfen dürfe. Gerne nahmen die Mädchen die Hilfe an und wenig später zogen die beiden Mädchen den Wachmann von der Straße weg hinter die Mauer der Villa.

 

Sie waren auf dem Gelände und ganz wie erwartet, war das ein Kinderspiel gewesen.

Jetzt hieß es, sorgfältig die Villa zu erkunden, und sich nicht sehen lassen.

 

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Maria war wie eine Katze über die Absperrung der gegenüberliegenden Seite geklettert und hatte sich versteckt. In dem prächtigen Garten der Villa erkannte sie zwei Wachleute und einen großen Mann, der neben einem großen Tisch stand, und alles zu beobachten schien. Das war wohl der Kommandoführer hier, dachte sie sich.

 

In der oberen Etage sah Maria Bewegung. Dort oben war also ihr Ziel. Durch ihr kleines Fernglas sah sie Claire und eine andere Frau mit einer feuerroten Mähne, die ganz entspannt aussahen.

Heimlich schlich sich Maria durch den Garten und gab sich sehr viel Mühe, von oben nicht gesehen zu werden.

 

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Serge war mit Toni zum Hafen gefahren und sie fuhren auf den Besucherparkplatz der Hafenmeisterei zu. Vor dem Haus standen die großen Schaukästen, in denen die Zettel mit den Schiffen und Ladungen hingen. Unter der Liste der frisch angelandeten Schiffe war auch die MS Moana aus Palau, ein mittelgroßer Containerfrachter. Das war das Schiff, das sie suchten. Es lag an Pier 21 Platz drei. In der Hafenmeisterei besorgten sie sich ganz brav einen Besucherschein und fuhren los.

 

Auf halbem Weg rief Serge eine Handynummer an und es meldete sich eine Frau. „Ja, wer stört?“ Serge sah kurz zu Toni und grinste. „Hallo Streberin, hier ist Serge, wir kommen vorbei, sind schon bei Pier 17.“

 

„Ja wird auch Zeit, dass du kommst, das Zeug setzt schon Schimmel an.“

 

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Pier 21 Anlieger drei

„Schau, da oben, das ist Margarethe, der Schrecken aller Männer. Sie hat das Kapitänspatent für die größten Schiffe, aber keiner gibt ihr einen der Containerriesen. Selbst die riesige Baersk Linie traut sich das nicht und das obwohl Margarethe mit Sicherheit besser ist als die Hälfte der Männer.“

„Wie zum Teufel kommst du an dieses Weibsstück heran, die hat doch Haare auf den Zähnen und was weiß ich noch alles.“

 

„Ja, aber sie ist ein tolles Weib und vor allem, sie ist das ganze Jahr über weg und du hast deine Ruhe.“

Über die Reling schaute eine zwar kräftige, aber hübsche Frau herunter und winkte den beiden Männern zu, sie sollen raufkommen.

„Na habt ihr endlich aufgeentert ihr Landeier. Komm mal her du.“ Damit packte Margarethe Serge und küsste ihn innig und leidenschaftlich.

 

„Beim Klabautermann, du hast mir gefehlt Schatz, das sind jetzt wieder sieben Monate auf See und ich mache noch eine Fahrt, dann nehme ich mir zwei Monat frei, dann will ich dich auf unserem Häuschen in der Bretagne sehen und dich nach Strich und Faden vernaschen. Wer ist diese halbe Portion da eigentlich?“

 

„Das ist Toni, er hilft mir bei einem Auftrag.“

„Hallo Toni, scheucht er dich durch die Gegend oder ist es auszuhalten?“

„Ähem Ma’am, es ist auszuhalten, er weiß hat, was er will.“

„Jaa, er ist schon ein Leuteschinder, musst mir das nicht sagen. Also gut, hier ist dein Paket Serge. Wie immer ungeöffnet und verplombt. So jetzt schafft eure schlaffen Leiber von meinem Deck, gleich kommt die Mannschaft und die werde ich erst einmal so richtig zusammenscheißen, die sind zu langsam geworden diese Faulpelze.“

 

Serge und Toni verabschiedeten sich und bestiegen den Wagen.

„Chef, das ist ein taffes Frauenzimmer. Wo hast du denn die kennengelernt?“

„In einer Kneipe im Hamburger Hafen, dort hat sie mich im Armdrücken besiegt. Das konnte ich so nicht sitzen lassen und hab dreimal Revanche verlangt und ich habe dreimal verloren. Dafür habe ich sie auf der Stelle weggeheiratet.“

„Ist nicht wahr, einfach so?“

 

Während Toni den Wagen fuhr, prüfte Serge die Lieferung. Es waren alles Glock 17 Pistolen, Ersatzmagazine und Munition für eine halbe Kompanie.

„OK die Waffen sehen gut aus. Keine Werknummern und sie sind alle sauber gepflegt.“ Er hob eine der Glock 17L und lud sie mehrmals durch.

„Sag mal Serge diese Glock 17L, ist das nicht das verlängerte Modell in 9mm Para?“

„Doch, unser Auftraggeber wollte uns gute Waffen besorgen und das hat er ja auch getan, jetzt gib Gas, wir sollten zu den Mädchen, nicht dass die etwas Dummes anstellen.“

 

**

 

In Carolines Villa

Die Mädchen schlichen sich durch die Wege der Villa zum Hintereingang. Davor stand eine etwas ältere Person und suchte offenbar etwas in einem der Regale. Es schien sich um einen der Wachmänner zu handeln, dachten sich die beiden Mädchen. Also straffte sich Bibbi ihre aufgespritzten Brüste und fuhr sich kurz durch die Haare. Paula sah sie an und nickte bestätigend.

 

So präpariert trat Bibbi auf den schmalen Weg und sprach die Person an.

„Entschuldigen Sie bitte, wir suchen die Wohnung der Familie Perkins, die Häuser haben hier alle keine Nummern.“ Dabei wackelte sie ein wenig mit ihrer Oberweite und lächelte dabei schüchtern.

„Hör auf, mit deinen aufgespritzten Titten zu wackeln, das macht mich ganz wuschig.“, sagte Madame Ma’Difgtma und hob ihren Blick zu der Blondine, die erschrocken zurückwich. „Verzeihen Sie, ich dachte, Sie seien ein Wächter.“

 

„Nein, ich bin nur eine Küchenangestellte und hole die Utensilien für das Abendessen herein. Was genau sucht ihr Beiden, hey du da ich kann dich sehen komm doch aus den Rosen heraus.“

Paula sah ertappt aus und entschuldigte sich, während Ma’Difgtma Bibbi an der Hand hielt und ihr mit einem „schöne Hände…“ Etwas auf die andere Hand drückte.

 

Paula kam näher an Ma’Difgtma heran und fragte „Sagen Sie, wie haltet ihr die ganzen Schufte und Fremden aus den Häusern, wenn hier alle Türen unverschlossen sind?“

„Na, damit!“ Ma’Difgtma holte einen hölzernen Baseballschläger von hinter sich, der schien da gestanden zu haben und drückte ihn Bibbi in die Hand. „Halt mal eben, ja Schatz?“

Bibbi nahm den Schläger in die Hand und hielt ihn hoch über ihren Kopf.

 

„Bibbi, was hast du“ fragte Paula, aber Bibbi, sonst ein quirliges Mädchen blieb einfach mit dem erhobenen Schläger stehen und sagte kein Wort.

„Jetzt sag mir, was ihr wollt, oder wen ihr sucht oder verschwindet von hier.“

Paula griff tief in ihre Handtasche und zog ein Kampfmesser heraus. Das hielt sie Ma’Difgtma vor die Nase. Die aber interessierte sich gar nicht für das Messer und ging von Regal zu Regal, während Bibi stehen blieb.

„Wir suchen eine Französin, die hier in dieser Villa abgestiegen ist, wir sollen sie, nach Hause bringen. Wir sind ihre Freundinnen und sie ist uns einfach weggelaufen.“

Inzwischen stand Ma’Difgtma und Paula wieder an der Eingangstür.

„Was für ein Blödsinn erzählst du mir da Kleines, das ist ja der absolute Schwachsinn.“

„Bibbi, schlag zu!“ Schrie Paula, aber Bibbi rührte sich nicht.

Dafür lachte Ma’Difgtma und grinste Paula an. „Sag Aua Kleines!“

Paula schaute Ma’Difgtma mit ihren großen Augen fragend an und Bibbi schlug Paula von hinten den Baseballschläger über den Kopf, ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken.

Aus dem Haus kam einer der Wachen angerannt und Jerome kam von der anderen Seite dazu. Vor ihnen lag eine tote schwarzhaarige Frau am Boden mit eingeschlagenem Schädel und eine aufgepushte Blondine stand mit hoch erhobenem Baseballschläger an der Türe.

„Mutter, irgendwann erwischen sie dich!“ Brauste Jerome auf, aber Ma’Difgtma lächelte nur schelmisch. „Die haben sich echt zu blöd angestellt, jetzt passt aber auf, da kommt ein Wagen mit zwei weiteren Leuten und die tragen Waffen.“

 

Schon waren Jerome und der Wachmann verschwunden und von unten kamen zwei Männer mit gezogenen Waffen den schmalen Fußweg zur Villa herauf.

Als sie um die prächtige Rosenhecke kamen, da sahen sie Paula am Boden blutüberströmt liegen und Bibbi mit dem erhobenen Baseballschläger.

„Verdammt was geht hier vor?“, rief Serge leise zu Bibbi, aber die sagte kein Wort und stand da wie eine Salzsäule.

 

„Hände hoch und umdrehen!“ Brüllte Jerome hinter den beiden Männern. Als sich beide herumdrehten, kam aus dem Hausflur nur ein „Sag Aua!“, von Ma’Difgtma und schon lag Toni blutend mit eingeschlagenem Schädel am Boden.

Serge war von drei Wachen umstellt und ergab sich. Er wurde gefesselt und in einen Kellerraum geführt. Oben untersuchte eine Wache die beiden Erschlagenen und deckte ein Tuch über die beiden. Dann schaute er vorsichtig zu Bibbi, aber die stand immer noch da, wie aus dem Fels gemeißelt.

Der Wachmann prüfte kurz die Umgebung im Garten und schloss die Hintertüre wieder ab. Bibbi blieb draußen stehen, weglaufen würde sie nicht.

 

„Ma’Difgtma und ihre Schamanenkünste, ich glaube, ab und zu macht sie so etwas gerne …“ Sagte der Wachmann und ging zu den anderen. Schließlich hatte er eine Aufgabe zu erfüllen.

Auf der oberen Etage hatte in der Zwischenzeit Maria die Aufregung genutzt und sich an die Mädchen herangeschlichen. Direkt vor ihr stand die rothaarige Frau, der offenbar dieses tolle Haus gehörte und gleich daneben stand Clair. Noch hatte sie keiner der beiden bemerkt.

 

Die beiden Mädchen sprachen über irgendetwas, das sie nicht genau verstand. Maria aber konzentrierte sich auf ihren Auftrag. Niemand war hier oben, der sie stören würde beim Angriff auf die beiden Frauen.

Maria kannte Clairs Bild von den Aufnahmen. Eindeutig, ein Irrtum war ausgeschlossen. Das war das Opfer, alles andere war nebensächlich. Ganz Profi fixierte sie sich auf ihren Auftrag, Clair zu töten.

Sie zog langsam und leise ihr Messer auf dem schwarzen Stiefel und setzte zum Sprung auf Clair an. In diesem Moment kam die Sonne noch einmal über die Hügel der Stadt und tauchte die Villa in ein herrliches Licht.

 

**

 

Ein schwaches Glitzern im Pool alarmierte mich und ich wirbelte herum, gerade als eine ganz in schwarz gekleidete Frau zum Sprung auf Clair ansetzte.

Mit einem schnellen Fußtritt stieß ich Clair ins Wasser und stoppte die Angreiferin. Fluchend und Wasser spuckend schwamm Clair zum Ausstieg. Ich widmete ihr keinen Augenschlag. Dafür rief ich laut und deutlich „Jerome, hier oben!“

 

Da sprang mich die schwarzgekleidete Frau mit ihrem Messer an und wir wirbelten herum. So konnte sie nicht zustechen und ich brachte die Angreiferin gleichzeitig aus der Balance.

Clair war inzwischen dem Pool entstiegen und tropfte vor sich hin. Jerome und zwei Wachleute kamen nach oben gehastet und sahen den Kampf der beiden Frauen. Fast wären sie dabei auf dem Wasserfilm von Clair ausgerutscht. Einer der Wachmänner gab Clair ein großes Handtuch und sie hüllte sich darin ein.

Wie gerne hätte ich sie jetzt trockengerieben und festgehalten, aber hier hatte ich einer Schlange den Kopf abzuhacken …

 

Jerome hatte währenddessen seine Waffe gezogen und stand schussbereit auf der anderen Poolseite.

„Stirb du rote Schlampe!“ Brüllte mich die Schwarzgekleidete an und warf sich mit dem Messer auf mich. Wir fielen über den Tisch, auf dem noch das restliche Abendessen stand und ich konnte der Angreiferin das Messer aus der Hand schlagen, es polterte über den weißen Kalkstein und plumpste in den Pool.

 

Schon griff die Schwarze nach einem Tranchiermesser, das neben dem halben Braten auf einer Fleischplatte lag und wollte gerade nach mir stechen, doch da hatte ich bereits den 30 cm langen Abziehstahl auf dem kleinen Servierwagen hinter mir gegriffen und trieb den Messerschärfer der Angreiferin mit aller Kraft zwischen ihre Brüste.

 

Mit einem tiefen brüllenden Schrei kam die schwarze Frau ins Wanken, sie stolperte und spuckte sogleich Blut. Da sank sie auf die Knie und kam dort zuckend zum Liegen.

Ein kurzer Kontrollgriff an ihren Hals von mir und ich wusste, dass sie gerade noch lebte, aber bereits am Sterben war. „Wer hat euch geschickt, sag es!“ Brüllte ich die Sterbende an. Die aber hatte ein schmerzverzerrtes Lachen im Gesicht und spuckte mich mit ihrem Blut voll.

 

„Der Stecher … er, er will …“

 

Weiter kam sie nicht mehr. Da war es schon vorbei. Die schwarze Frau hustete noch einmal und ein Röcheln kam aus ihrer Lunge, da wurde ihr Blick starr und sie atmete keuchend aus.

Während die Wachmannschaft draußen vor den Mauern und Zäunen alles absuchte, wurde Biggi von Sicherheitsbeamten abgeholt. Als Madame Ma’Difgtma ihren Bann von ihr löste, wirkte sie überrascht und wusste nicht, was in den letzten Stunden geschehen war.

 

Zurückblieb Serge, der gefangen und gefesselt im Keller auf einem Stuhl saß. Zwei Geheimdienstoffiziere wollten ihn mitnehmen, aber Ma’Difgtma stand vor dem Stuhl mit Serge und verwehrte ihnen den Zutritt.

 

„Stopp – zuerst lassen sie mich mit ihm reden.“

„Nein, wir sollen alle Gefangenen direkt in das Hauptquartier bringen.“

„Rufen sie ihren Chef an, ich will ihn sprechen, jetzt sofort!“

„Aber wir sollen sofort alle …“

 

Madame Ma’Difgtma schaute den jungen Geheimdienstmann tief in die Augen. „Ich sagte, ich will Seraph Ma’Gus sofort sprechen. Muss ich mich erst wiederholen?“ Der junge Geheimdienstler lief kreidebleich an und seine Nackenhaare stellten sich, er hatte plötzlich Angst, das konnte man sehen.

Der zweite Mann war schneller und hatte bereits sein Funkgerät in den Händen und wenig später war der Geheimdienstchef dran.

 

„Ja ist ja gut Seraph, du kriegst ihn ja. … Ja doch, sogar in einem Stück und diesmal werde ich ihn auch nicht in Stücke reißen oder irgendwelche Teile abschneiden, ja versprochen, diesmal nicht. Ist ja gut Seraph mit dem letzten bin ich etwas ungeschickt umgegangen, er war aber auch ein Fiesling und … Ja ist in Ordnung. In einer Stunde sollen deine Jungs vorbeikommen und das da, was übrig ist abholen.“

„Hier junger Mann“, damit warf sie dem Offizier das Funkgerät zu. „Ihr habt euren Chef gehört, ihr könnt die Stunde oben warten oder euch hier die Seele aus dem Leib kotzen, denn das was jetzt kommt, wird eklig!“

 

„Wir warten dann oben.“ Sagte der ältere und zog den jüngeren Offizier mit sich nach draußen. Ma’Difgtma schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf Serge zu.

„Ich werde nichts sagen. Ihr könnt euch schon mal einen Sarg zimmern lassen, ihr seid Toast, das verspreche ich euch. Meine Leute wissen, wo wir sind und bei Gott …“

„Tut mir leid, aber dein Gott wird dir nicht helfen können. Er meidet Plätze, an denen ich mich aufhalte.“

 

„Verdammte Schwarze Schlange, dich haben sie vergessen zu verbrennen oder ans Kreuz zu nageln …“

Ma’Difgtma nahm einen kleinen Hammer aus ihrer Tasche. Der Hammerkopf bestand aus einem kurzen aber dicken Knochen. Mit diesem Hämmerchen klopfte Ma’Difgtma einmal auf die Stirn von Serge und sprach nur ein Wort: „Schweig!“ Serge erstarrte, als hätte jemand seine Sicherung herausgedreht.

In aller Ruhe nahm sich Ma‘ einen Hocker und setzte sich direkt vor Serge und schaute ihn an. „Mund auf machen!“ Befahl sie ihm und Serge öffnete den Mund.

 

„Zunge heraus“ und schon schob Serge seine Zunge heraus. In aller Ruhe zog Ma’Difgtma ihre Tasche zu sich und begann darin etwas zu suchen. Aus ihrer Tasche nahm Ma’Difgtma eine kleine Holzkiste mit Luftlöchern und setzte einen kleinen rötlich grünen Frosch auf die Zunge von Serge.

„Ablutschen, aber nicht schlucken!“, und Serge tat wie ihm geheißen. Ma’Difgtma sah Serge zu, wie er genüsslich an dem kleinen Frosch lutschte, so, als sei es eine Leckerei.

„Genug! Mund auf!“ Schon hielt Ma’Difgtma die kleine Holzkiste an den offenen Mund und mit einem kleinen, leisen „Quaaak“ hüpfte das Fröschlein zurück in seine kleine Holzkiste, die von Ma’Difgtma sorgfältig verschlossen und danach in ihre Tasche zurückgesteckt wurde.

 

Obwohl sie in einem Kellerraum waren, hatten sich die Pupillen von Serge auf Stecknadelgröße verkleinert. Da tippte Ma’Difgtma erneut an die Stirn von Serge und er fing an, schwer zu atmen. Madame hielt ihm ein Diktiergerät an den Mund und sagte nur ein Wort zu ihm: „Rede!“

 

Und Serge begann zu reden…

 

**

 

Nach der Stunde öffnete sich die Türe und Serge schien erschöpft, so als hätte er die ganze Weltgeschichte ausgeplaudert. Er atmete schwer durch. „Was war das, mir gehts so übel, ich … ich werde euch aber gar nichts sagen. Ohne meinen Anwalt sage ich euch gar nichts.“ Währenddessen hatte Ma’Difgtma ihr Aufnahmegerät eingesteckt und lächelte.

 

„Ihr könnt ihn jetzt mitnehmen, er hat geschwiegen wie alle vor ihm. Gebt Ma’Gus diesen Zettel, wenn er ihn verhören will, er weiß, was er damit soll.“

Die beiden Geheimdienstler grinsten genüsslich, legten die Transportsicherungen an und führten Serge nach oben. „Wir bringen ihn jetzt in das Hauptquartier, mal sehen, was er uns sagen wird.“

 

**

 

Klaus und Wolfgang parkten in ihrem gestohlenen Nissan an einer der Ecken und sahen, wie Serge in einen dunklen Minivan eingeladen wurde und man mit ihm davonfuhr.

„Was meinst du, wo bringen die ihn hin?“

 

„Polizei, Geheimdienst, wo auch immer, wir haben einen Auftrag, und müssen den erfüllen, sonst macht der Stecher uns die Hölle heiß.“

 

**

 

In der Villa standen Clair bei Jerome und sah mich vorwurfsvoll an. „Ich wollte nicht mehr ins Wasser, mein Kleid ist hinüber, das Chlor hat es verfärbt, da schau.“

Tatsächlich war das wunderbare gelbe Sommerkleid grünlich verfärbt.

„Wieviel waren angekommen? Zehn oder nur acht Leute?“ Jerome schaute mich an und meinte, eher er das Funkgerät nahm, „zehn Leute, es fehlen noch zwei. Die müssen wir kriegen.“

 

Clair schaute sich um. „Zwei sind noch unterwegs, glaubt ihr nicht, dass die Fersengeld gegeben haben und geflohen sind?“

„Nein Clair, als ich noch aktiv war, hätte ich an deren Stelle die Aktion auch nicht abgebrochen, sondern ich hätte sie zur Not alleine beendet.“

„Du warst tatsächlich beim Geheimdienst im Außeneinsatz, ja, jetzt glaube ich das auch. Was sollten wir tun?“

 

„Ganz einfach, wir sind die Beute, und wir lassen die Jäger zu ihrer Beute.“

„Wann glaubst du, werden die zuschlagen?“

„Ich würde mal annehmen, die sind schon dabei, wir müssen uns sputen. Jerome, überprüfe die Tiefgarage und den Garten, ich gehe mit Clair auf die untere Terrasse, an den Gerichtsplatz.“

Clair sah mich mit Sorgen im Gesicht an, „Aber da kommt man doch am schnellsten an uns heran.“

„Ja, aber sie können von da unten nicht schießen, die müssen zu uns kommen. Jetzt hilf mir bitte, wir wollen ein paar Fallen bauen.“

 

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Klaus und Wolfgang hatten die Waffenausgabe verpasst. Als Serge mit den Pistolen ankam, da waren sie noch am anderen Hafen. Nun standen sie an der Villa, nur mit ihren Messern, einigen Würgeschlingen und ihren Händen als Waffen. Das musste also reichen.

 

„Da oben ist kein Licht, ich glaube, die sind tatsächlich in der unteren Etage. Die machen es uns ja einfacher, als ich dachte.“

„Vermutlich denken die, dass es das war, dass der Angriff vorbei ist. Also dann, lasst uns die kleine Schlampe kaltstellen und die Rote auch.“

Die beiden kletterten elegant wie zwei Äffchen über die Mauer und sprangen über den hölzernen Zaun, der die erste Ebene umschloss.

 

Vor dem großen Tisch saß die dunkelhaarige Französin und die rote Frau saß da auch bestimmt irgendwo herum.

„Ich nehme den Draht und ziehe zu.“, begann Klaus zu flüstern, „auch wenn das eine Mords Schweinerei gibt, wenn die Schlagadern geschnitten werden, so ist die Schlampe auf jeden Fall fertig.“ Wolfgang nickte Klaus zu.

 

Überall hingen Pflanzen und Lianen von seltsamen Pflanzen herum. Aber nur keinen Lärm, das hatten sich die beiden Killer geschworen. So wischten sie die Pflanzenteile einfach mit der Hand weg.

Da sprang Klaus mit dem Würgedraht auf Clair zu und als er sie erdrosseln wollte, war das ein Mann und er sprach auch noch.

Er sagte leise „BUHHH!!“

 

Klaus versuchte erschrocken, den Mann zu überwältigen, da kam es zu einem Kampf, und der Mann schlug auf Klaus ein. Er war deutlich stärker und schneller als Klaus.

Wolfgang sah das und versuchte es mit der Flucht. Er rannte über die große Terrasse zu dem großen Holzgerüst um sich dort abzuseilen. Bei seiner Flucht spürte er gerade noch, wie ihm etwas um den Hals gelegt wurde, dann tat sich auch schon der Boden unter ihm auf und er fiel ins Bodenlose.

Ein harter Schlag beendete den Fall und das Leben von Wolfgang, da hing er in der Henkersschlinge und drehte sich um sich selbst.

 

Der andere Angreifer hatte weniger Glück. Während des Kampfes hatte er den Draht verloren und ehe er ein Messer gezogen hatte, wurde er auf den Rücken geworfen. Jerome hatte Bärenkräfte und schlug den Mann einfach bewusstlos.

Eine halbe Stunde später hatte der Geheimdienst auch die beiden letzten Männer abgeholt. Einen davon allerdings im Zinn Sarg.

 

**

 

Tags darauf im Palast

Heylah hatte sich von Seraph Ma’Gus den aktuellen Stand geben lassen und danach kam Madame Ma’Difgtma mit ihren Ausführungen dran. Als sie das Aufzeichnungsgerät gemeinsam abhörten, trauten sie ihren Ohren nicht.

Serge wusste von dem Anschlag auf das Gefängnis, einer Erpressung eines Ministerialdirektors und er wusste auch, dass es einen Zusammenhang mit einer Insel namens „Alofi“ gibt. Er konnte die Insel aber nicht genauer beschreiben.

 

Dafür kannte er mehrere Konten und was besonders interessant war, er kannte einen Kontakt in Deutschland, den Namen kannte er aber nur bruchstückweise und das half nicht weiter.

„Alofi, also.“ Heylah war sichtlich aufgeregt. Sie kannte Alofi noch sehr gut. Vor über einem Jahr hatte es dort einen Kampf auf Leben und Tod gegeben und schließlich hatte man auf Alofi eine ungeahnte Mülldeponie vorgefunden von einem Ausmaß, das gegenwärtig immer noch untersucht wurde.

„Wir müssen die Israelis mit in Kenntnis setzen, die sind da im Moment federführend.“ Entschied Heylah und die Anwesenden stimmten zu.

 

„Was machen wir mit den Überlebenden des Anschlags?“ Fragte Seraph Ma’Gus.

„Ich will sie von meiner Insel haben, wir können sie hier nicht auf ewig einsperren. Auch wenn das Schurken sind, sollten wir unsere Menschlichkeit nicht vergessen.“

„Regentin, die dürfen auf keinen Fall zurück nach Deutschland, ich würde mich um sie kümmern Regentin.“

 

„Bitte nicht einfach umbringen Seraph. Es sind trotz allem Menschen.“

„Ja, ich verspreche, dass ich sie nicht einfach umbringen werde.“

„Gut, dann zum nächsten Punkt.“

 

**

 

An Bord eines Transportflugzeuges

Die Gefangenen hatte man an Bord eines Transportflugzeuges gebracht und angekettet. Vorher wurde ihnen ein Fallschirm angelegt und fest verzurrt.

Schließlich wurden sie im Heck auf ihre Hintern gesetzt, mit den Händen über ihrem Kopf. Alle wurden an eine starke Leine eingehakt und an diese kam ein kleiner Zugfallschirm.

 

Nach einer Stunde Flug öffnete sich die große Heckklappe. Jetzt sahen die Gefangenen, dass sie über dem Meer waren. Nach einer Weile kamen die ersten kleinen Inseln in Sicht. Winzig klein und sehr weit auseinander.

Soldaten mit Waffen hielten die Gefangenen in Schach und ein Offizier des Geheimdienstes kam mit einem Megaphon auf sie zu und begann seine Rede.

 

„Herhören, ihr habt nur eine Chance!“ Sagte der Offizier zu den Männern und Frauen, die einen Fallschirm angeschnallt hatten und im Heck eines Transportflugzeuges auf ihrem Hintern saßen.

„Die Insel, auf der wir euch absetzen, ist nicht anlandbar. Weit und breit sind nur gefährliche Klippen, hier traut sich kein Boot her. Die Insel selbst ist zu steinig und zu steil. Sobald ihr im Wasser seid, macht ihr die Schirme los und schwimmt um euer Leben, denn es wimmelt hier von Haien.

Das ist kein Scherz. Auf der Insel seid ihr dann ganz auf euch alleine gestellt. Schafft ihr es, euch zu organisieren, dann überlebt ihr, schafft ihr es nicht, so war es das.“

 

Er hob seinen Arm und gab ein Zeichen, eine Sirene heulte auf.

„Alles Klarmachen, es geht abwärts in 5… 4… 3… 2… 1…“

 

Da zog ein kleiner Fallschirm die Überlebenden des Anschlags aus der Maschine. In etwa 80 Meter öffneten sich die Fallschirme und sie fielen alle recht nahe der Küste in das Meer.

 

So schnell wie möglich entledigten sie sich ihrer Fallschirme und schwammen auf die Insel zu. Alle erreichte sie die kleine Insel, das heißt alle, bis auf Bibbi.

 

Sie hatte nicht zugehört und sich nicht vom Fallschirm gelöst und versuchte mit dem angelegten Fallschirm ans Ufer zu schwimmen.

 

Ein Unterfangen, das nicht funktionieren konnte. Die Strömung trieb sie weg vom Ufer und die ersten Haie tauchten auf. Als Bibbi sie sah, fing sie an zu schreien, aber die anderen schwammen weiter an Land, so schnell es nur ging.

 

Die Haie stürzten sich auf Bibbi und rissen sie förmlich in Stücke. Als die anderen an Land waren, sahen sie noch den Todeskampf von Bibbi. Die Haie hatten kleinere Stücke aus Bibbi gerissen, doch dann tauchte ein riesiger Hai auf und verschlang das, was von Bibbi noch übrig war mit einem Biss. Die anderen am nahen Ufer schauten entsetzt.

 

„Scheiße, wo sind wir hier?“

 

„Das ist eine Insel du Schwachkopf.“

 

„Ja das sehe ich auch, aber eine verdammt kleine Insel und der Berg hinter uns raucht, das ist ein Vulkan. Mist das ist eine Vulkaninsel.“

„Pfeift drauf, wir leben!“

„Immerhin gibt es hier Obst und Wasser, also dann wollen wir mal die Insel erforschen.“

Als sie die Insel umrundeten, stellten sie fest, dass überall Knochen lagen. Offenbar waren hier nicht nur Menschen zu Tode gekommen. Einige der abgenagten Knochen waren allerdings recht groß.

„Mist, wo sind wir hier gelandet?“

 

„Das ist bestimmt nicht Fantasy Island oder?“

„Ganz bestimmt nicht, das war ein Oberschenkelknochen von fast anderthalb Meter, wurden hier Riesen gefressen?“

„Scheibenkleister, ich fühle mich gar nicht wohl, ich glaube, wir werden beobachtet.“

„Nein, wir werden nicht beobachtet, wir werden bereits gejagt …“

 

**

 

Polizeirevier Soulebda Stadt

„Unsere Toten haben Namen!“

Kaum waren sie aus der Kneipe heraus, rief Marin Lastre’lar an und teilte ihm ihre Erkenntnisse mit. Zurück im Büro des Hafenmeisters trafen sie alle wieder zusammen und Kama’lar hatte gute Neuigkeiten.

„Wenn Karte’johar die Wahrheit sagt und ich kenne den alten Halsabschneider, er kann saufen, fluchen und prügeln, aber er ist ein ehrlicher Knochen, dann haben wir Glück.“

„Wie meinst du das?“, wollte sein Schwager wissen.

„Seit Heylah die Insel regiert, überwacht eine Kommission die Firmen welche Seltene Erden abbauen. Die müssen nachweisen, wie viele Arbeiter sie beschäftigen und sie müssen der Kommission, die Lohn und Gehaltsabrechnungen vorlegen. Um Ausbeutung der Arbeiter vorzubeugen, müssen die Firnem nachweisen, was sie an Lohn und Sozialabgaben zahlen. Und die Kommission kontrolliert das. Einmal haben die Kiwis eine linke Tour versucht… das war ein…“

„Komm zum Punkt!“

„Dasselbe, was für Firmen der Mienen zählt, gilt auch für den Transport. Alle Schiffseigner, die Seltene Erden aus Soulebda transportieren, müssen Listen mit der Besatzung und deren Heuer der Kommission vorlegen.“

Lastre’lar konnte sein Glück kaum fassen. „Shea! Nimm sofort Kontakt mit der Kommission auf. Ich werde den Eigner anrufen!

Nun nahm Lastre’lar ein paar Seiten Papier aus dem Faxgerät und schaute sie durch. Als man den Namen des Schiffs kannte, ging alles sehr schnell. Schon nach einer Stunde stand man im Kontakt mit dem Eigner der Bell Star, der ihnen alle gewünschten Daten übermittelte.

Die Bell sollte morgen in Tokio eintreffen, doch weder Her’jare, noch Kama’lar gaben sich der Hoffnung hin, das Schiff würde tatsächlich einlaufen.

„Wartet mal… da stimmt was nicht.“ Lastre’lar sah wieder auf die Liste. Er trat zu seinem Schreibtisch, auf dem die Unterlagen lagen, die Shea von der Kommission bekommen hatte.

„Auf der Liste der Kommission stehen elf Namen, auf der Liste des Eigners stehen zwölf Namen.“

„Das heißt, es gibt noch ein weiteres Opfer?“ fragte Martin nach, während Kama’lar den Kopf schüttelte du Her’jare einen wilden Fluch ausstieß.

„Was ist?“

Kapitän Her’jare sah den Inspektor finster an. „Der zwölfte Name! Das ist kein Opfer, er gehört zu den…“ Er stockte kurz.

„Zu den was?“, wollte Lastre’lar wissen.

„Zu den Piraten!“, ergänzte Kama’lar.

 

**

 

Piraten

„Piraten?“, fragte Soleab ungläubig.

Da die Polizei ihm unterstand, hatte Lastre’lar nicht gezögert, und den Parlamentspräsiden sofort kontaktiert. Nun war klar, dass es sich hier um ein internationales Verbrechen handelte und dass das Schicksal der Besatzung der Bell Star sicher kein Einzelfall war.

 

„Leider ist Piraterie noch immer weit verbreitet.“ Erklärte Her’jare ihm. „Die Mallakastraße zu Beispiel, ist Hauptgebiet der Piraten. Dazu haben die philippinischen Gewässer sehr unter Piratenüberfällen zu leiden. Bis wir davon betroffen sind, war nur eine Frage der Zeit. Durch den zunehmenden Schiffsverkehr werden die Piraten im Kielwasser der Schiffe auch zu uns gelangen.“

 

„Kapitän Her’jare, sind sie sich sicher, dass es ein Piratenüberfall war und kein Unglück?“

„Ja. Den Verdacht hatte ich schon die ganze Zeit, aber das zwölfte Besatzungsmitglied war der letzte Beweis für mich.“

„Erklären sie mir das.“ Forderte Soleab ihn auf.

 

„Nun, Herr Parlamentspräsident“, sagte Her‘jare „Sehen sie, das Prinzip dieser Überfälle ist immer das Gleiche. Kurz vor dem Auslaufen des Schiffs heuert ein zusätzliches Besatzungsmitglied an.“

„Oder man setzt ein Besatzungsmitglied außer Gefecht und nimmt dessen Platz auf dem Schiff ein.“ Ergänzte Kama’lar. „Wichtig ist nur, dass der zusätzliche Mann an Bord ist, wenn das Schiff ausläuft.“

„Soweit habe ich das verstanden.“

 

„Ist das Schiff dann auf offener See, hält der Helfer der Piraten mit einem Sender, oder einem Satellitentelefon Kontakt mit den Piraten. Er übermittelt die Position, lohnende Objekte und wann der beste Moment eines Überfalls ist. Dann im entscheidenden Moment, schaltet er die Wache aus, oder lenkt sie ab, nachdem er den Piraten mit Strickleitern oder Kletterseilen das Entern der Bordwand ermöglicht hat.

 

Oft werden die wenigen Besatzungsmitglieder völlig überrascht und leisten keinen Wiederstand. Bis der Rest der Besatzung mitbekommt, dass sie überfallen wird, ist alles zu spät.“

„Haben die Schiffe denn keine Waffen an Bord?“

„Nur sehr wenige. Die meisten Reeder geben die Anweisung heraus, keinen Wiederstand zu leisten. Die meisten Überfälle gehen auch glimpflich aus. Die Besatzung wird ausgeraubt und die Piraten verschwinden.“

 

„Aber hier lief es anders!“, stellte Soleab fest.“

„Ja, entweder ist der Überfall komplett schief gegangen, oder die Piraten hatten es auf das Schiff abgesehen. Um das zweifelsfrei beantworten zu können, haben wir aber noch zu wenige Erkenntnisse.“ Sagte Lastre’lar. „Ich schlage vor, dass wir das IMB, das International Maritime Bureau in London einschalten. Sie haben Erfahrung mit solchen Ermittlungen und kennen die Lage der Piratenhochburgen im Pazifik. Wenn wir mit unseren Einschätzungen richtig liegen, dann ist das Schicksal der Belle Star sicher kein Einzelfall. Vielleicht kann das IMB einen Zusammenhang mit anderen Vorfällen herstellen und wir helfen uns gegenseitig.“

 

„Lastre’lar, mein Freund auf den ich mich auch in den dunklen Tagen der Rebellion verlassen konnte, ich erteile dir hiermit uneingeschränkte Vollmacht alle notwendigen Stellen, Büros und Behörden einzuschalten, damit sich dieses Piratengesindel erst gar nicht auf Soulebda ausbreitet. Diese Sache hat Priorität! Wenn sich irgendjemand quer stellt, kontaktiere den Palast! Kapitän Her’jare, Hafenmeister Kama’lar, sie werden ab sofort zur Polizei Soulebda Stadt abgeordnet. Ich nehme an, sie haben Stellvertreter?“

 

Die beiden nickten und Soleab fuhr fort. „Wir werden nicht zulassen, dass Menschen, die hier auf Soulebda arbeiten und an unserem Wohlstand teilhaben, ja ihn erst ermöglichen, ihres Lebens nicht mehr sicher sind! Wir werden unsere Schifffahrtsrouten schützen! Ich erwarte, dass sie alle nötigen Schritte dazu unternehmen.“

 

**

 

„Es gibt zwei Möglichkeiten.“ Brummte Kama’lar.

Sie saßen noch immer in dessen Büro und brüteten über den Unterlagen. Dass der Name des zwölften Besatzungsmitgliedes falsch war, davon war man felsenfest überzeugt, dennoch hatte Lastre’lar ein paar Ermittler darauf angesetzt. Soulebda war eine Insel! Irgendwoher musste der Mann schließlich hergekommen sein. War er ein Matrose und nachdem, was man über O Connel in Erfahrung gebracht hatte, hätte der niemals eine unerfahrene Landratte anheuern lassen, dann war der Mann sicher mit einem anderen Schiff auf Soulebda eingetroffen. Dutzende Beamte schwärmten durch den Hafen und befragten jeden Kapitän, ob und wer sein Schiff in Soulebda verlassen hatte. Doch nur wenige Schiffe, welche vor neun Tagen hier waren, lagen noch immer im Hafen.

 

„Also, Möglichkeit eins; Der Überfall galt nur den Habseligkeiten der Besatzung und dem Geld, das im Tresor des Schiffes lag.“

„Woher wollen sie wissen, dass es einen Tresor gibt und dass etwas drinnen ist?“, frage Shea dazwischen.

„Alle Schiffe haben einen Tresor und eine gewisse Menge Bargeld. Manchmal muss man Ersatzteile kaufen, Behörden bestechen, Heuer auszahlen…“

 

„Behörden bestechen?“

 

„Nicht alle Behörden arbeiten wie die hier bei uns. Angenommen man nimmt kurz vor dem Auslaufen ein Besatzungsmitglied unter hanebüchenen Gründen fest, was leider in verschiedenen Ländern gängige Praxis ist, dann zahlst du eben und schon ist deine Besatzung wieder komplett.

Also, der Überfall gilt dem Tresor und aus irgendeinem Grund läuft alles schief.“

„Nein, der Gerichtsmediziner sagte, niemand wurde mit Schusswaffen verletzt. Wäre es so gewesen, hätten die Männer deutlichere Spuren von Gewalt.“ Warf Lastre’lar ein.

 

„Möglichkeit zwei; Man wollte das Schiff und die Ladung haben. Die Piraten entern das Schiff, setzen die Besatzung aus und verschwinden mit dem ganzen Schiff.“

„Aber den Piraten muss doch klar sein, dass man das Schiff im nächsten Hafen sicherstellt.“

„Keine Chance. Das Schiff hat längst einen neuen Namen, neue Papiere und ein neues Aussehen. Innerhalb von ein paar Stunden hat das Schiff, auf dem Papier, drei Mal den Besitzer gewechselt und ist nicht mehr aufzufinden.“ Brummte Her’jare.

 

„Ja, aber HIER haben die Piraten ihren großen Fehler gemacht.“ Warf Kama’lar ein. „Sie haben nicht nur das Schiff, sie haben auch die Ladung der Bell Star.“

„Das verstehe ich nicht.“ Gab Martin zu.

„Ganz einfach!“, erklärte der Hafenmeister. „Gestohlene Schiffladungen werden verkauft. Zigaretten, Markenkleider, Elektronikartikel… sie alle werden von gestohlenen Schiff auf kleinere Schiffe verladen, oder wenn das Schiff unter falschem Namen in einen Hafen einläuft ausgeladen und verkauft. Für diese Waren gibt es unendlich viele Abnehmer. Sogar Öl lässt sich stehlen und verkaufen, aber eine Ladung Seltene Erden, im Wert von einhundert Millionen Dollar, lässt sich nicht aufteilen und verkaufen. Für Seltene Erden gibt es nur eine Handvoll Abnehmer.“

„Aber es gibt Abnehmer.“

„Nicht wenn wir einen riesen Wirbel veranstalten! Firmen wie IBM, Sony, Appel leben von ihrem Ruf. Keine dieser Firmen will mit Vorwürfen konfrontiert werden, dass sie mit Mördern zusammenarbeiten. Sollte sich das bestätigen, dann könnte das das Ende für einen dieser Konzerne bedeuten. Dieses Risiko werden sie nicht eingehen.“

 

„Also, was sie sagen wollen, wenn wir die Bombe mit den Piraten platzten lassen, werden die Piraten keine Abnehmer für ihre Beute finden.“

„Genau! Und Piraten, die solche Überfälle machen, arbeiten fast ausschließlich für Syndikate oder andere Organisationen. Vielleicht hören wir ja, was geschieht, wenn wir nur laut genug auf den Busch klopfen.“

 

„Und wenn sie die Seltenen Erden einfach über Bord werfen?“

„Niemand wirft einhundert Millionen über Bord!“

 

**

 

Manado

„Yuda, mein Freund, sei willkommen.“

Kajat Latros, der Chef der Abteilung Pazifik, die für Berberisch die Aktionen im ganzen pazifischen Raum leitete, begrüßte den Piratenführer überschwänglich.

 

Hier in Manado liefen die Fäden der weit verzweigten Organisation Berberichs zusammen. Hier wurden die Piratenüberfälle geplant, der Schmuggel organisiert, der Verkauf gestohlener Waren und Gütern geleitet und natürlich die Firmen, welche als Tarnung dienten geführt.

 

Eines der einträglichsten Geschäfte für Berberisch in dieser Ecke der Welt, war die Piraterie. Zusammen mit Chinesischen und Indonesischen Kartellen hatte man sich die Gewässer rund um die Malakka Straße, der Indonesischen Gewässer, die Philippinensee und das Chinesische Meer aufgeteilt.

Nach einigen blutigen Kämpfen kam man zur der Einsicht, dass ein „friedliches Miteinander“ für die Geschäfte einträglicher war, satt sich gegenseitig zu versenken.

 

Da Berberisch als letzter in das „Geschäft“ einstieg, musste er sich mit den Räumen zufriedengeben, an denen weder die Chinesen, noch die Indonesier interessiert waren, oder er musste darum kämpfen. Doch Berberisch war ein guter Stratege, der langfristig denken konnte und nicht nur den schnellen Gewinn sah. Während sich die anderen Kartelle um die Mallakastraße stritten, hatten Diagnosen immer deutlicher auf eine steigende Bedeutung Soulebdas im internationalen Schiffsverkehr hingewiesen. Während mehrere legale Firmen Berberichs am Ausbaus des Hafen Nih’tans beteiligt waren und diesen vorantrieben, schlug Berberisch den anderen Kartellen vor, dass er sich, im Gegenzug zu ihrer Duldung, auf die Gebiete östlich der Mallakastraße konzentrieren würde.

 

Nicht wenige chinesische Triaden Führer lachten über den „dummen Germanen“ der sich auf Gebiete konzertierte, die völlig unrentabel waren. Und nicht wenige dieser Triaden Führer endete mit einer Kugel im Kopf, als man begriff, dass Berberisch sie alle hereingelegt hatte. Doch das einzige Mittel ihn aufzuhalten, wäre ein Krieg mit dessen Organisation gewesen. Ein Krieg, der sehr viel Geld und Ressourcen gekostet hätte, denn Berberisch hatte sich durchaus auf eine kriegerische Auseinandersetzung eingestellt, was den anderen Banden nicht entging.

 

Also machte man gute Miene zum bösen Spiel und wartete vorerst ab, während man sich weiter um die Malakka und Sunda Straße kümmerte.

Als Berberisch sich sicher war, dass die anderen Kartelle stillhalten würden, begann er seine Tätigkeiten auszuweiten. Dabei gingen seine Schiffe mit tödlicher Präzision vor, denn in den Jahren in denen Berberichs Schiffe ihr Unwesen trieben, hatte man das Wort Piraterie noch nicht in den Mund genommen.

 

Verschwundene Schiffe und Besatzungen schrieb man Unglücken zu, oder nahm einfach einen groß angelegten Betrug des Eigners an. Damit, dass so blieb, hatte Kajat klare Anweisungen an die Besatzungen seiner Kaperschiffe herausgegeben. Wichtigste Regel: Keine Überlebenden! Und bis jetzt hatten sich alle seine Kapitäne darangehalten.

Das Alles diente nur einem Zweck! Berberisch wollte kein Aufsehen erregen. Denn aufgescheuchte Behörden war das Letzte, das Berberisch gebrauchen konnte, da sie seine anderen lohnenden Einnahmequellen in Gefahr brachte.

Projekte wie das Anlegen einer illegalen Mülldeponie auf Alofi, welche ihm bis jetzt hunderte Millionen Dollar eingebracht hatte.

Auch diese Aktion war von Kajat Latros geplant und durchgeführt worden und oft stand Yuda an seiner Seite. Dieser hatte auf Alofi so gute Arbeit geleistet, dass Kajat beschloss, Yuda das Kommando über ein Kaperschiff zu geben, damit er sich in Berberichs Organisation weiter nach oben arbeiten konnte.

Nun kam Yuda zur Tür herein und Kajat, legte die Zeitung, mit dem Titelblatt nach unten, auf den Tisch. Er stand auf, ging auf Yuda zu und umarmte ihn.

 

„Schön, dass du wieder hier bist. Wie war dein Unternehmen?“

 

„Kajat, du wirst es nicht glauben, aber ich habe den Fang des Lebens gemacht! Allein die Ladung hat einen Wert von einhundert Millionen Dollar!“

 

„Einhundert Millionen?!“, fragte Kajat erstaunt, legte seinen linken Arm um Yuda und führte ihn in Richtung Schreibtisch.

„Ja, ich habe…“ weiter kam Yuda nicht. Kalt, der mit seiner rechten Hand in seine Tasche gegriffen hatte, zog diese mit einem Schlagring daran heraus und schlug Yuda mit voller Wucht in den Bauch und Yuda klappte wie eine Puppe zusammen.

Noch im Fallen schlug Kajat ihm mit dem Schlagring mitten in die Zähne, was zur Folge hatte, dass Yuda‘s vorher so schöne Zähne, zerbröselt wurden und Blut durch das ganze Büro spritzte.

„Du Vollidiot! Schrie ihn Kajat an, ging zu seinem Schreibtisch und warf den halb besinnungslosen Yuda die Zeitungen über. „Ich habe dir vertraut! Ich habe dir ein Kommando gegeben und du Idiot kaperst ein Erzschiff aus Soulebda?!“

Er deutete auf die Titelblätter, die voll mit Bildern der toten Besatzung aus dem Rettungsfloß waren.

-Piraten vor Soulebda! -, -Erzfrachter von Piraten entführt! -, -Piraten töten ganze Besatzung! -…

Yuda stöhnte aus dem seinem blutenden Mund etwas hervor und Kajat packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. „Keine Zeugen? Wolltest du das sagen?“ und Yuda nickte.

 

Die Antwort von Kajat bestand aus einem Tritt zwischen die Beine, die Yuda wieder zusammenbreche ließ, dann brüllte er ihn an. „ES GIBT ABER ZEUGEN! Du Schwachkopf hast die Besatzung einfach ausgesetzt! Statt das Floß zu versenken seid ihr einfach weitergefahren! Jetzt sucht die ganze Welt nach diesem Frachter und seiner Ladung! Kannst du mir sagen was ich jetzt noch mit einer einhundert Millionen Dollar Ladung Seltener Erden soll?! Die will KEINER MEHR haben!“

 

Yuda lag am Boden und wand sich vor Schmerzen, als sich Kajat zu ihm beugte. „Noch schlimmer ist, dass du Berberichs Aktivitäten hier im Pazifik offen in die Welt hinausposaunt hast. Er war nicht erfreut, als er davon erfuhr.“

 

Jetzt riss Yuda voller Angst die Augen auf. „Oh ja“, sage Kajat. „Berberisch ist richtig sauer. Er hat gerade viel Ärger wegen Alofi und ist auf dem Weg hier her. Er hat mich gebeten dich nicht umzulegen. Er sagte, Zitat, „Ich möchte mir dieses Arschloch selbst vorknöpfen“ Zitat ende. Weißt du, ich glaube, es wäre besser für dich gewesen, wenn ICH dich umgebracht hätte.“

Als er Yuda noch einen Tritt verpassen wollte, trat einer seiner Leute ein und drückte ihm einen Zettel in die Hand, den Kajat durchlas.

 

„Alle? Sie sind alle tot?!“, fragte er den Mann.

„Wir haben zu Niemandem mehr Kontakt. Das letzte was wir hörten, war, dass unser Team in Soulebda angekommen ist und dass sie die Zielperson ausgemacht hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass sich niemand mehr meldet, gehen wir von einem Totalverlust aus.“

Kajat rieb sich die Stirn und dachte nach. Das würde Berberisch noch weniger gefallen! Die zwei Zeugen, diese rothaarige Schlampe und ihr Macker, welche auf Alofi in den Mienen waren, lebten noch, die französische Schlampe lebte noch und das Einsatzteam, das alle drei umlegen sollte, war wohl ein Totalverlust.

 

Verdammt wie konnte das passieren? Das der Stecher mit seinem Bombenanschlag gescheitert war, konnte man noch als Pech abtun, aber der Verlust eines ganzen Teams… Das war kein Zufall!

„Wir haben noch ein Problem.“ Sagte der Mann und Kajat sah ihn fragend an.

„Wegen diesem Schwachkopfs hier wimmelt der Hafen von Nih’tan nur so von Bullen. Sie suchen alle Schiffe ab und drehen jeden Stein um. Margarethe musste ihre Arbeit im Hafen selbst sehr einschränken, um keinen Verdacht auf die MS Moana zu lenken.“

 

„Gut, nein nicht gut, aber nicht zu ändern… Befehl an alle Kapitäne. Vorerst keine weiteren Schiffe kapern. Margarethe soll sich zurückhalten und versuchen dahinterzukommen wie die Bullen auf Piraten gekommen sind. Ich will wissen, wer die Ermittlungen führt und wie viel sie herausbekommen haben.“

„Dann werden uns einige gute Schiffe entgehen.“

„Ja ich weiß, “ kommentierte Kajat den Einwurf „Wir warten bis Berberisch hier ist und lassen ihn entscheiden, wie wir weiter vorgehen. Dann sah er auf den Boden, wo Yuda noch immer vor sich hin blutete. „Schaff ihn in eine Zelle und sorg dafür, dass er sich nicht selbst umbringen kann. Vielleicht reagiert sich Berberisch ja etwas an ihm ab. Besser an ihm als an uns.“

„Der wird ihn in Streifen schneiden wie die anderen auch.“

„Besser ihn als uns, oder?“

 

**

 

Internationaler Flughafen Soulebda (SUL)

Die Flüge MH778 und MH790 der Malaysia Airlines waren gerade gelandet und die ersten Passagiere von Flug MH778 warteten auf die Gepäckausgabe. Gegenüber begann gerade die Gepäckausgabe für die Passagiere von MH790 und man sah sehr viele freudige Gesichter.

Endlich am Urlaubsland angekommen, jetzt gab es Sonne satt und die Urlauber freuten sich. Schließlich waren auch viele Arbeiter und Handwerker darunter, ebenso Militär und Polizei.

Und es gab bei beiden Flügen je eine kleine Gruppe von Halsabschneidern. Jede der Gruppen war 10 Mann stark und sie wussten voneinander, aber sie hatten natürlich Anweisungen sich ja nicht auffällig zu benehmen.

 

So unauffällig wie die beiden Gruppen ausgestiegen waren, nahmen sie ihr Gepäck an sich und verließen den Flughafen in unterschiedliche Richtungen. Am Ende des Tages trafen sie gemeinsam im Hotel „Seestern“ ein und bezogen verschiedene vorher bestellte Zimmer. Da die zweite Mannschaft nichts von der ersten Mannschaft erfahren hatte, außer, dass sie gescheitert war, kam auch keiner auf die Idee, ein anderes Hotel zu nehmen oder zumindest die Buchungen das vorhergehenden Teams zu überprüfen. Das war der erste Fehler.

Und so bezog das zweite Team die Zimmer, ohne zu wissen, dass das Hotel bereits überwacht wurde.

Diesmal, da waren sie sich sicher, hatte auf Soulebda niemand etwas mitbekommen, dass sie gelandet waren. Um ganz sicher zu gehen, mieteten sie über den Hoteldienst ein Boot und dann fuhren sie in kleinen Gruppen zum nahen Hafen und bestiegen eines der mittleren Ausflugsboote. Es trug die Nummer 14.

 

Diese mittleren Boote konnten bis zu ca. 40 Personen aufnehmen. Der Kapitän hatte Anweisung erhalten, zusammen mit einem beträchtlichen Geldbündel, dass er über die ganze Fahrt nur in seiner Kabine zu bleiben hatte.

 

Da oft genug Geschäftsreisende solch ähnliche Fahrten unternahmen, um unter sich zu bleiben, wäre auch nichts aufgefallen. Allerdings war der Kapitän ausgetauscht und er war ein Informant des Geheimdienstes. Das Ausflugsboot war verkabelt und verwanzt. Da keine Funkwanzen verbaut waren, konnten auch keine der normalen Wanzenfinder etwas auf die Schnelle anzeigen.

Die beiden Kommandoführer stellten ihre Mitglieder vor und man besprach den kommenden Einsatz. Gruppe eins war die Europäische und Gruppe zwei warb die Asiatische Gruppe.

„Hi zusammen, ich bin Franklin der Einsatzleiter und Gruppenführer von Gruppe ein, ich stelle euch die Mitglieder des ersten Teams vor.

 

Also das ist Gruppe 1:

Franklin, Gruppenführer,

Dorothea, Sprengstoffe und Waffen,

Marc-Uwe, Klaus und Jan, drei Nahkämpfer,

Susan, Ellen und Manuel, drei Fernkämpfer,

Vladimir, Elektronik und Funkspezialist,

Egon, ein Ex Fremdenlegionär.

 

Normalerweise regeln wir für den Stecher in Europa seine Geschäfte, diesmal wurden wir angefordert, um die Fehler der Vorgängergruppe zu bereinigen.

Und nun Gruppe zwei, Gam Ling bitteschön.“

 

Damit schaute er die zweite Gruppe an und ein Mann nickte und trat vor.

Die zweite Gruppe war fast ausschließlich mit Frauen besetzt, lediglich der Gruppenführer und sein Waffenspezialist waren Männer.

 

„Ich grüße euch. Meine Gruppe besteht aus einem ehemaligen Soldaten und den acht Kämpferinnen, dies sind im Einzelnen:

 

Gruppe 2:

Gam Ling Fei, Gruppenführer,

Wao Wao, Sprengstoffe und Waffen,

Leh Gin Um, Han Tzu, Fan Taau drei Nahkämpferinnen,

Lin Fei Sing, Lin Fei San, Man Su Zu drei Messerkämpferinnen,

Fan Tan und Um Lai, zwei Elektronik Spezialisten.

 

Wir waren bisher im asiatischen Raum für den Stecher erfolgreich unterwegs. Unsere Missionen waren immer erfolgreich. Bisher hatten wir noch niemals einen Einsatz wegen schlechten Umständen absagen oder aufgeben müssen.

 

Ein Versagen wie bei den Leuten vor uns, wird es mit uns nicht geben. So werden wir in China nicht erzogen!“

Damit nickte der Gruppenführer der Gruppe 2 wieder zurück.

„Danke Gam Ling. Sobald wir den kleinen Ausflug hinter uns haben, holen zwei Gruppen die Waffen im Hafen ab. Die Waren sind bereits abgeladen und lagern beim Ausrüster. Heute hat Nanuk Dufkes Dienst und erwartet unsere beiden Gruppen. Das Kennwort für heute lautet: „Monarchfalter“.

Wir, die Gruppenführer und zwei weitere Kämpfer werden uns diese Villa ansehen. Bilder und Kartenmaterial liegt bereits oben auf den Zimmern. Morgen früh werden wir den Plan durchgehen und losschlagen.

 

Wir haben nicht so viel Zeit, wie wir uns gewöhnlich vornehmen, aber wir müssen danach noch etwas anderes in Japan klären.“

Das Urlaubsboot drehte seine Runde und die beiden Gruppen hielten sich weitgehend zurück, ein Gefühl von Zusammenhang kam so schnell nicht auf. Dazu waren die beiden Gruppen auch zu unterschiedlich. Allerdings waren beide Gruppen an den Erlebnissen der jeweils anderen interessiert.

Eine der Asiaten, Um Lai, spielte an einem Ultramodernen Scanner herum und zuckte plötzlich zusammen. Unauffällig ging sie zu ihrem Gruppenführer.

 

„Wir werden abgehört. Das ganze Schiff ist, glaub ich, verwanzt. Alles mit Kabel und Leitungen, daher kein einziges Funksignal, aber das Schiff ist eine schwimmende Lauschbasis.“ Damit zeigte sie ihrem Gruppenführer, was sie entdeckt hatte.

Einen kurzen Wink später, kam der zweite Gruppenführer auch dazu und nun war klar, dass sie handeln mussten. Der hochmoderne Scanner zeigte deutliche Signale hochmoderner Abhörtechnik.

Ein kurzer Blick nur und die beiden Gruppenführer waren sich einig.

 

**

 

Zehn Minuten später wurde der tote Kapitän des Ausflugbootes Nummer 14 an einen Notanker gebunden und über Bord geworfen. Damit war der einzige Zeuge an Deck verschwunden. Was die Schurken allerdings nicht wussten, das Boot hatte eine Tot-Mann-Schaltung und als das Signal ausblieb, wusste man in der Geheimdienstzentrale, was die Stunde geschlagen hatte.

Der diensthabende Offizier rief beim Leiter des Geheimdienstes, Seraph Ma’Gus, an und bat um die Freigabe, das Boot jetzt noch auf See zerstören und versenken zu dürfen, mit allen Schurken an Bord.

„Wo befindet sich das besagte Boot gerade, ist das ein freier kontrollierter Bereich?“ Fragte Seraph Ma’Gus.

 

„Nein, das ist der Mündungsbereich vom Haupthafen, da laufen nur hin und wieder ein paar Schiffe ein, aber das sollten wir im Griff haben.“

„Wieviel Schiffe laufen da jetzt gerade ein oder aus?“

„Einundzwanzig Besucherschiffe, vier Frachter, ein Tanker und zwei Containerschiffe und ein paar Fischerboote sind da gerade unterwegs, aber die sind weit verstreut.“

„Da ist viel zu viel los für eine geheime Operation, wie wolltet ihr das Problem lösen?“

 

„Mit einer Marabou Rakete, mit denen wir den Hafenbereich absichern.“

„Auf so kurze Distanz wird die Rakete nicht scharf, das klappt nicht, Alternativen?“

„Condor drei wäre gerade verfügbar, die kommen von einem Flug zurück. Wir erklären den Bereich, in dem das Schiff ist, zum Übungsgelände, das muss dann aber schnell gehen, die fahren die externe Runde und kommen in 30 Minuten zurück.“

Seraph Ma’Gus überlegte kurz schließlich nickte er und sagte „Genehmigt.“

Luftangriff

 

„Bernd, es ist alles klar, der Gleitwinkel ist ok, die Kettenkanone einsatzklar, wir haben Explosivmunition geladen. Höhe 3000 Fuß. Da vorne kommt das Boot in Sicht.“, sagte Esrom, Bernds Copilot.

 

„Verflixt, da ist ein anderes Boot in der Nähe, das kommt zu nah, wir können nicht schießen!“

Bernd drehte mit der großen Maschine so unauffällig ab, wie er nur konnte, und flog eine große Schleife. Dabei stieg er mit der Maschine auf 5000 Fuß, ehe er den Anflug einleitete. Er hoffte, dass der Anflug von dem Schurkenboot nicht beobachtet worden war.

„Lass die Kameras laufen, wir brauchen Beweise, Esrom.“

Gerade lief die Meldung der Küstenwache ein, dass bei der südlichen Hafenmündung eine Übung stattfand und mit Waffeneinsatz zu rechnen sei, da kam das mittlere Ausflugsboot 14 mit den überführten Schurken erneut in Sicht.

 

„Alles bereit, ich feuere in 3… 2… 1… Feuer!“

Ein Feueratem aus der Gatling Bordkanone stürzte auf das Besucherboot und hüllte das Besucherboot in Explosionswolken und kochendes Meerwasser. Der Angriff dauerte gerade fünf Sekunden und die Bordkanone hatte den Tod auf das Wasser gespuckt.

 

Von dem Besucherboot war nichts mehr zu finden, es brannten noch einige Trümmer auf dem Wasser. Der Angriff war etwas abgelegen erfolgt und der Wind sorgte dafür, dass es nicht zu laut wurde, aber die Explosionswolken und den Rauch sah man. Dreihundert kleine Explosionen, die wie ein Grollen und Fauchen aus einem Benzinmotor geklungen hatten.

 

„Meldung an die Küstenwache, sie sollen loslegen und die Reste sichten,“ gab Bernd weiter und Esrom gab sein OK. Bernd zog seine Maschine hinauf in die Wolken und drehte ab, sein nächstes Ziel war das Jumala Airfield, der Stützpunkt der Condor Flotte.

 

**

 

Im Palast

Bei der Besprechung im Palast war Heylah außer sich. „Seraph Ma’Gus, wie könnt ihr im dicht befahrenen Hafendelta einen Luftangriff auf ein Besucherboot anordnen? Da hätten ja auch unbeteiligte Schaden nehmen können?“

„Regentin, wir hatten nur eine einzige Gelegenheit alle zwanzig Terroristen zu erwischen und das war bei diesem Überraschungsangriff. Außerdem hatten wir eine allgemeine Warnung für diesen Bereich herausgegeben.“

 

„Eine Minute vorher, hat man mir gesagt. Eine einzige Minute Vorwarnung, ist das nicht zu kurz?“

„Eine Minute mehr und die Terroristen wären auch gewarnt gewesen und dann? Was hätten wir tun sollen, wenn sie doch an Land gekommen wären?“

Heylah sah zu Soleab und dieser gab Seraph Ma’Gus Recht. „Es war sicher eine gewagte Operation, aber haben wir denn auch wirklich alle erwischt?“

 

Seraph Ma’Gus schaute zu den beiden „Momentan werden die Aufnahmen aus „Condor drei“ noch ausgewertet. Die Aufnahmen sind sehr gut, aber wir sind noch dran.“

„Vergesst nicht, wir brauchen Gewissheit. Wenn nur einer der Gangster entkommen ist, sind Clair und Caroline in Lebensgefahr.“

„Wir arbeiten mit Hochdruck daran.“

 

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Drei Stunden später

„Was meinen Sie mit sie haben nur 12 erwischt?“ Sie sagten doch, dass da 20 Terroristen an Bord waren und jetzt sagen sie mir, dass nur ein Dutzend erwischt wurden, was ist mit den anderen acht geschehen?“

 

„Offenbar war das eine Verkettung von unglücklichen Zufällen. Als der Angriff startete, konnte Condor drei nicht direkt schießen, weil ein anderes kleines Boot mit Besuchern zu nahe war, Condor drei drehte eine Runde und griff dann an. Einige der Terroristen, vor allem die Asiatischen, sprangen vorher über Bord und enterten auf das kleine Boot, das den ersten Angriff vereitelt hatte.“

„Und nun, wer sind die Überlebenden und wo sind sie?“

 

„Nun, wir wissen es nicht.“

„Haben Sie denn Caroline und Clair alarmiert?“

„Selbstverständlich. Mein Stellvertreter, Manus’Tse ist bei Caroline, sie sagte ihm, dass sie Clair zu den Stämmen in Sicherheit bringt. Dort sieht sie mehr Chancen, sich gegen die Angreiferinnen zu wehren.“

„Angreiferinnen?“

„Ja, alle Terroristen, die sich von dem Besucherboot gerettet haben, waren ausnahmslos Frauen.“

„Das wird Caroline weniger gefallen, jetzt muss sie gegen Frauen kämpfen.“

 

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In der Villa

Manus’Tse stand mit zwei seiner Offiziere bei Caroline und Vera. Unten, vor der Einfahrt warteten zwei Fahrzeuge mit Geheimdienstlern. Manus’Tse hatte den beiden Mädchen gerade berichtet, was sich im Hafen zugetragen hatte und dass Seraph Ma’Gus gerade auf dem Weg zur Regentin war.

„Wir wissen nicht, ob sich die anderen Frauen retten konnten, oder wir ihre Leichen noch nicht gefunden haben.“

 

„Sie glauben aber, dass die Frauen bereits vorher von Bord gesprungen waren, als sie die Maschine am Himmel sahen?“

„Wenn die gut sind, und davon gehe ich aus, dann haben die zwei und zwei zusammengezählt und sich aufgeteilt. Jene, die im Boot blieben, sind tot und die anderen sind höchst wahrscheinlich mit dem anderen kleinen Boot, das ihnen in die Quere kam, geflohen. Also ich würde davon ausgehen, dass die Frauen noch leben.“

 

„Gut, dann bringe ich Clair hinaus zu den Stämmen. Dort werde ich mit ihr Position beziehen, bis sie uns angreifen. Nur dort, glaube ich, werde ich genug Hilfe und Deckung finden, um Clair zu beschützen. Ihr solltet besser hier ein Kommando lassen, dass den Angreiferinnen klar macht, dass wir weg sind.“

„Damit die diese schöne Villa nicht verunstalten?“

„So könnte man es sagen.“

„Gut, wann brecht ihr auf?“

 

„Ich habe vor fünf Minuten nach Jerome geschickt und er wurde von der Regentin freigestellt, er dürfte in acht Minuten kommen, wie ich ihn kenne. Dann fahren wir los.“

„Passt bitte auf euch auf und vertraut den Stämmen, lasst die auch euch beschützen.“

„Ja klar du kennst mich doch. Grüß mir bitte deine Frau und die süße Valentine.“

Als Manus’Tse in den Dienstwagen einstieg murmelte er noch ein „Hoffentlich zieht Caroline nicht in den Krieg, denn wenn sie erst einmal losgelassen …“

 

**

 

In einem einsamen Wochenendhaus

„Fast hätten die uns alle gegrillt.“ Sagte LehGinUm.

„Verflixt, wieso haben die anderen nicht auch das Boot verlassen. Jetzt haben wir die Hälfte unseres Potentials verloren und unseren Gruppenführer und den Waffenmixer auch.“

HanTzu war dabei die Waffen und Messer zu kontrollieren.

 

Die Tür ging auf und die Zwillinge LinFeiSing und LinFeiSan kamen herein. Draußen liefen ManSuZu und FanTanWache und UmLai ordnete die verbliebene Ausrüstung.

Die Zwillinge hatten die letzte Stunde genutzt und die Villa von Caroline überwacht. „Unsere Ziele haben die Villa verlassen. Da sind jetzt einige Leute von Militär oder Geheimdienst drinnen. Unsere Ziele sind mit leichter Ausrüstung in den Dschungel gefahren. Sie hatten einen großen Eingeborenen dabei.“

„Diese Europäer. Ich dachte, die beiden wären kampferfahren?“

 

„Ja komisch, ich würde dann doch nicht in den Wald fahren, ich würde mich zu Freunden begeben, die mir helfen könnten.“

„Woher wissen wir, dass die rote Schlange im Dschungel keine Freunde hat. Sie lebte früher hier als Beamtin?“

„Du schon wieder, das ist nicht Tarzan und Jane, das ist real und wir haben einen realen Auftrag, also bitte … eine Beamtin ist doch keine Einzelkämpferin.“

 

„Was wissen wir noch?“

 

„Die beiden sind in einen Bereich des Dschungels gefahren, dort soll es nur einige wenige Siedlungen von Einheimischen geben.“

„Können die uns gefährlich werden?“

„Machst du Witze, die hüpfen von Baum zu Baum und tragen einen Lendenschurz.“

„Ich dachte ja nur, vielleicht sind neben Tarzan und Jane auch noch ein paar Neger…“

„Hör jetzt endlich auf HanTzu!“ Beschwor LehGinUm die Frau mit einem bösen Blick.

 

„Also, wir sammeln noch Kraft und schlafen ein Letztes mal aus. Morgen früh fahren wir denen nach und putzen sie weg. Wenn uns dabei ein paar der Eingeborenen in die Quere kommen, dann legen wir die einfach mit um, aber das Ziel sind diese beiden Schlampen. Ich frage mich immer wieder, wieso unser Vorgänger Trupp so viele Probleme hatte.“

 

„Gut, wie sieht es mit dem Essen aus UmLai? Was gibt die Küche her?“

„Die Eigentümer hatten frisch eingekauft, heute Abend gibt es gutes und viel davon.“

„Gut esst und schlaft euch aus. Ab Morgen jagen wir die beiden Mädchen!“

 

**

 

Auf dem Weg zu den Stammeskriegern

Jerome brauste mit dem Jeep durch die schmalen Wege, dass es einem angst und bange werden konnte. Er kannte dafür die Wälder und wusste genau, wie er fahren konnte. Schließlich kamen wir zu einem der kleineren Stammesdörfer und wurden bereits erwartet.

Wir sahen, dass das Dorf weitgehend geräumt war und dann nur noch Kriegerinnen und Krieger anwesend waren.

 

Nach der Begrüßung führte man uns in das größte Stammeszelt. Hier waren neben den beiden Häuptlingen auch die Medizinmänner und Schamanen. Als wir eintraten, lächelten uns die Menschen zu. Sie wussten um unsere Nöte und waren froh, dass sie diesmal ihre Hilfe anbieten konnten.

„Caroline, Liebes, komm zu mir,“ rief eine der Häuptlingsfrauen und wir wurden direkt neben sie gesetzt.

 

„Mana’Utuu, ich grüße dich, ich habe dich lange nicht mehr gesehen, zu lange ist es her, dass wir gemeinsam getanzt haben.“

Mana’Utuu, als die Häuptlingsfrau, umarmte mich und küsste mich sanft und zünftig. Dann reichte sie Clair die Hand und zog sie zu sich.

„Heylah hat uns gesagt, dass böse Menschen euch jagen werden und dass wir euch helfen und unterstützen sollen. Wir haben das Dorf vorbereitet, die Kleinen sind alle bei den Nachbardörfern und wir können jederzeit um Hilfe rufen. Caroline. Du weißt ja noch, wo das Horn liegt, oder?“

„Oh ja, in deinem Schlafgemach. Liegt es immer noch links neben dem Kopfkissen?“

„Jaaaaaaa“ rief sie und lachte laut los. „Du hast das nicht vergessen.“

 

Clair schaute etwas verwundert zu uns und Mana’Utuu lächelte sie mit ihrem gewinnenden Lächeln an. „In der Zeit der Revolution waren sie ab und zu hier und blieben über Nacht.“

Clair nickte, erschien aber irgendwie nicht recht beruhigt. In einem kurzen Moment, indem Mana’Utuu etwas anordnete, fragte mich Clair „Sag mal, schläfst du mit jeder, wenn es die Zeit hergibt?“

Ich musste jetzt laut lachen. Selbst Mana’Utuu fiel in das Lachen mit ein, sie hatte jedes Wort verstanden und grinste uns beide an. „Junge Frau Clair aus Paris. Das hier,“ und damit küsste sie mich, „das hier hat nichts mit Sex zu tun, wir haben hier ganz andere Traditionen und die sind gut, denn wir haben hier wenig Streit oder Kriege. Wie ist das bei euch in Europa, dort, wo ihr alle so auf Abstand seid und niemanden an euch heranlassen wollt. Dort ist bestimmt alles friedlich und voller Liebe oder?“

Ertappt schwieg Clair und Mana’Utuu lächelte. „Du wirst es auch noch erfahren wollen, vermute ich. Das was wir machen, ist für die Seele wichtig, erst danach für das Herz.“

„So das Essen ist so weit, bitte kommt, wir essen im Freien und keine Sorge, noch sind die Angreiferinnen nicht da. Sie sind noch am Rande der Stadt.“

„Woher weißt du das?“

 

„Meine Stammeskrieger beobachten die Eindringlinge schon lange. Im Moment sind sie alle in einem alten Haus und essen zu Abend. Ich habe Heylah versprochen euch zu helfen. Die Kriegerehre aber verlangt von uns, dass wir euch kämpfen lassen, denn es ist euer Kampf.

Seid aber versichert, wir sind um euch und wenn es Mualebda wünscht, dann werden wir auch eingreifen. Aber grundsätzlich ist uns das nicht erlaubt.“

Clair erschrak und wechselte die Gesichtsfarbe. „Aber das bedeutet, dass wir gegen acht Profikiller kämpfen müssen … Wir werden sterben!“

„Clair aus Frankreich, gebt ihr Europäer immer so schnell auf? Du hast Caroline an deiner Seite. Weißt du eigentlich, was das bedeutet?“

„Ja wir kämpfen zu zweit!“

„Nein, das bedeutet, du hast eine Kriegerin an deiner Seite, die schon erfolgreich gegen andere überlegenere Kräfte bestanden hat. Du solltest dich mehr anstrengen und mehr Vertrauen haben, Clair aus Frankreich!“

 

Clair nickte langsam und schaute mich fragend an, unschlüssig, ob sie ihre Befürchtungen und Ängste aussprechen sollte. Doch ich konnte ihre Angst spüren.

 

**

 

Fan Taau hatte gekocht. Zumindest hatte sie es versucht.

Das Abendessen war karg, aber es gab reichlich. So richtig gut kochen konnte keines der Mädchen. So hatten sie das erstbeste was Küche und Kühlschrank hergab und für die Mädchen genießbar aussah gekocht und auf den Tisch gestellt.

 

Mit Brot und Wein kamen sie dann auch zurecht und sie konnten ihren Hunger stillen. Dafür war der Wein dann ganz gut und auf der offenen Terrasse konnten sie auch die Sterne bewundern.

„Also morgen früh geht es los. Schlaft noch einmal aus, sammelt Kraft, ich will keine Fehler sehen. Wenn wir Darius unter die Augen treten müssen, soll er nur Gutes von uns denken. WIR sind die Besten!“

 

Nach und nach gingen die Mädchen auf ihre Zimmer und nur noch Leh Gin Um stand einsam auf der Terrasse und blickte sich um.

Was sie allerdings nicht sah, waren zwei Stammeskrieger, die keine 30 Meter vor ihr versteckt lagen und alles mitangesehen und mitgehört hatten. All das, was sie gesehen hatten, wusste jetzt auch die Häuptlingsfrau.

 

**

 

Sie kommen

„Clair, aufwachen … Clair komm zu dir.“ Da schlug Clair ihre Augen auf. „Was ist, werden wir angegriffen?“

 

„Nein, aber die Feinde sind aufgestanden und stärken sich innerhalb der nächsten zwei Stunden können sie bei uns sein.“

„Aber Jerome brauchte doch nicht einmal eine halbe Stunde.“

„Du kannst Jerome nicht mit denen vergleichen, er kennt hier wahrscheinlich jeden Baum mit Namen und hat Stammeskrieger-Radar.“

„Soso, verstehe, gib mir ein paar Minuten für meine Waschungen.“

Während Clair zu dem Waschzelt ging, machte ich mich kampfbereit. Mein Battledress passte immer noch bestens. Dazu meine geliebte Beretta und die Magazintaschen, dazu mein Kampfmesser, das mir, schon so oft das Leben gerettet hatte.

 

Eine der Stammeskriegerinnen kam zu mir und half mir die Tarnfarben gefärbte Baseballmütze aufzusetzen, um meine feuerroten Haare zu verstecken. Lächelnd reckte sie ihren Daumen nach oben. Diese Geste hatte sie einst bei mir abgekuckt.

„Wenn der Nahkampf kommt, können dir diese Wurfmesser helfen, aber schneide dich nicht, sie tragen das Gift der Molla’Kura Fische und lähmen einen erwachsenen Menschen. Das dauert nur so lange bis es wirkt.“ Dabei zeigte sie mir drei Finger.

Gerne nahm ich den Pack mit den kleinen Wurfmessern an mich und wartete auf Clair.

Als sie dann kam, sah sie aus, als wollte sie auf eine Entdeckungsreise. Das weiße Shirt und darüber eine offene Kaki Jacke. Dazu eine kurze Hose und sehr stabile Stiefel. Ein Kampfmesser und eine Machete, sowie eine Pistole mit Munition.

 

Ich half ihr rasch, sich soweit umzuziehen, dass ich sie mit in den Dschungel nehmen konnte, ohne dass sie sofort auffiel.

„Wo sind die Fremden Eindringlinge?“ Fragte ich und die Krieger antworteten mir in der Stammessprache. Clair verstand diese ja nicht und ich übersetzte. „Sie sind losgefahren mit drei Autos, anscheinend wollen sie sich aufteilen. Zwei fahren hier zu uns in Richtung Dschungel, aber ein Auto ist abgebogen.“

 

„Ihr müsst jetzt los. Caroline du kennst den Weg. Wir haben Spuren gelegt, die eure Feinde finden werden, sie weisen direkt zu den Höhlen.“ Mit diesen Worten verabschiedete uns die Häuptlingsfrau.

Plötzlich wurde es im Lager hektisch. „Der dritte Wagen ist verschwunden.“ War die Warnung der Wächter, die mit den anderen Stammeskriegern in Kontakt standen.

„Caroline, wenn Gefahr droht, dann bringst du die kleine Französin in die Höhlen der Prüfungen. Du kennst diese Höhlen und kannst den Angreifern dort am meisten Schaden beibringen.

In der Mitte habe ich die jungen Krieger hin befohlen, sie lenken die Ungeheuer ab, sollte es notwendig sein.

 

Ich hoffe aber, dass ihr sie alle vorher erwischt und vor Mualebda treten lasst.“ Damit legte sie ihre Hand auf meine Schulter. „Und nun geht. Sie kommen!“

 

**

 

Der Kampf im Dschungel

Lin fei Sing, Lin fei San, Man Su Zu, Fan Tan und Um Lai hatten die beiden Jeeps verlassen. Weiterfahren konnten sie nicht mehr. Auch der Allradantrieb hatte seine Grenzen.

Die Chinesinnen hatten ganz in Kaki eingekleidet und ihre Tarnbemalung hätte jedem Hollywood Film entsprungen sein können. Mit ihren belgischen FN P90 sahen sie aus, als wollten sie den Mars befreien.

„Leh Gin Um, ich habe die beiden Dörfer untersucht, da sind jede Menge bewaffneter Krieger, aber keine Weißen. Wir sollten die Dörfer ignorieren und in Ruhe lassen, dann tun uns die Eingeborenen auch nichts.“

 

„Habt ihr Spuren von den beiden Frauen gefunden?“

„Ja haben wir, die Spuren waren verwischt, aber wir sind die Besten und haben sie gefunden, sie führen da hinauf, in die Berge.“

„Gut, ich will noch eines prüfen.“ Damit nahm die neue Kommandoführerin, Leh Gin Um, ihr Funkgerät und rief die dritte Gruppe, die abgebogen war.

„Man Su Zu, Meldung!“

 

„Man Su Zu hier, wir mussten einigen Eingeborenen ausweichen, haben fast ein paar von denen überfahren, weil wir sie übersehen hatten. Die sehen fast so aus wie Bäume. Jetzt haben wir uns wieder abgesetzt und fahren auch auf die Berge zu.“

 

**

 

Damit legte Man Su Zu das Funkgerät weg. „Verdammte Affen, ich habe die fast nicht gesehen, plötzlich waren die da.“

„Ja wir waren unaufmerksam, aber das waren zum Glück nur diese Waldmenschen und die sind harmlos, das hoffe ich jedenfalls.“

 

„Weiter, da oben sind die Ziele und da unterhalb irgendwo die beiden anderen Jeeps.“

„Ja gib Gas, dann haben wir vielleicht das Vergnügen die zwei zuerst zu erwischen!“

„Um Lai, du und deine First-Kills, aber gut.“ Man Su Zu gab Gas und trieb den Jeep weiter die unebene Strecke entlang. Aber nach wenigen hundert Metern mussten sie langsamer fahren und weitere hundert Meter später war die Fahrt zu Ende.

 

„Aussteigen, Aber jetzt heißt es laufen. Fan Tan, hast du etwas auf dem Sensor?“

Fan Tan hatte einen Infrarot Scanner und gab die Richtung vor. „Weiter gerade aus, da vorne, vor den Höhlen sind die beiden, sie scheinen in die Höhle zu gehen um sich zu verstecken.“

„Ha! Leichtes Spiel. Macht euch bereit. Wir zeigen den Europäern, was richtige Tunnelratten alles können.“

 

**

 

Tunnelkampf

Der Eingang zu dem Tunnel war nicht sehr groß aber die drei Chinesinnen konnten gut hineinkriechen. „Passt auf, hier sind überall Löcher, da kann man sich den Hals brechen.“ Flüsterte Man Su Zu.

Aus einem Gang wurden mehrere in unterschiedlichen Höhen. Bald sah es aus, wie in einem Ameisenhaufen.

 

„Da vorne, ich habe was gesehen!“ Um Lai war wie von Sinnen in einem der kleinen Tunnel verschwunden. Kurz danach hörte man einen Schrei, der irgendwie abgebrochen wirkte.

„Hinterher!“ Befahl Man Su Zu und die beiden krochen in den Tunnel. Da lag Um Lai am Boden und rührte sich nicht. Offensichtlich hatte sich ein Fels gelöst und ihn getroffen.

Die beiden zogen an seinen Beinen und zogen Um Lai aus dem Tunnel. Da schrie Fan Tan kurz auf. Der Kopf von Um Lai fehlte …

 

**

 

Weiter Clair, hier hinauf, ich helfe dir dann direkt nach rechts in die kleine Höhle, die hat ein Dreieck als Markierung. Dort bleibst du, bis ich dich holen komme, und ich komme dich holen, vertrau mir.“

Clair leuchtete kurz in die Höhle, sie war leer und sie kroch hinein, um sich zu verstecken. Ihr Kampfmesser hielt sie in den Händen, tunlichst darauf bedacht, dass es nicht von einer Taschenlampe angeleuchtet werden konnte. Caroline kroch bereits wieder weg und war in einem der unzähligen Tunnel verschwunden.

 

Während Clair aus der kleinen Höhle in den darunter liegenden Gang schaute, sah sie, wie die drei Chinesinnen entlangkrochen und die erste etwas rief und hastig in einem der Gänge verschwunden war.

 

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„Verdammt, der Kopf wurde abgetrennt, entweder von einem scharfen Felsen oder etwas anderem. Wir müssen uns vorsehen!“ Gab Man Su Zu an.

Fan Tan stieß Man Su Zu an. „Da vorne da bewegt sich etwas an dem Gang über uns. Ich glaube die Ziele sind eine Etage höher.“

„Räuberleiter, ich helfe dir.“ Damit baute Fan Tan die Räuberleiter und Man Su Zu kletterte höher und stieß sich dann von Fan Tan ab. Doch plötzlich schien sie einen Krampf zu bekommen, ihre Beine schüttelten sich und traten um sich, ehe sie erschlafften.

 

„Alles klar Man Su Zu?“ Fan Tan schaute hinauf in den engen Gang, aber Man Su Zu lag einfach da. Als Fan Tan hochklettern wollte, hatte sie blutige Hände.

Man Su Zu aber lag bewegungslos in einer Blutlache. Sie kroch an ihr vorüber und schloss die Augen von Man Su Zu.

 

Der Schnitt musste rasch gekommen sein und hatte Man Su Zu völlig überrascht.

Jetzt war sie alleine! Das war der erste Gedanke von Fan Tan. Aber ehe Panik aufkommen konnte, sah sie eine Bewegung an einem der kleinen Gänge. Tatsächlich schaute dort ein Mädchenkopf heraus und suchte etwas, gleich danach war der Kopf verschwunden.

„Keine roten Haare, das war dann diese Clair, das ist das Ziel!“ Fan Tan nahm ihre Waffe und prüfte sie. Durchgeladen und schussfertig kroch sie weiter auf den Seitengang zu. Noch acht Meter, dann würde sie in die Röhre sehen können.

 

Clair, das Ziel lag jetzt zum Greifen nah.

Fan Tan machte jetzt ihren einzigen Fehler, sie stand auf und wollte sich seitlich der Höhle nähern. Da traf sie ein harter Schlaf an der Waffenhand und die Pistole flog in hohem Bogen hinter die Steine.

Ehe sie sehen konnte, wohin die Waffe flog, sprang Caroline sie an und warf Fan Tan zu Boden.

Sie spürte drei schnelle unheimlich harte Schläge, dann schwanden ihre Sinne.

 

**

 

„Clair, es ist so weit, ich hole dich ab, komm nach vorne heraus, ich bin links von deinem Tunnel.“ Clair schaute vorsichtig und sah eine lächelnde Caroline. „Komm, wir müssen weiter.“

Während Clair näherkam, sah sie, dass hinter Caroline eine Frau stand. „Pass auf!“ Caroline zeigte auf Fan Tan, die auf einem schmalen Stein, gut 30 cm hoch, stand. Um ihren Hals trug Fan Tan eine Schlinge und ihre Arme waren auf den Rücken gefesselt.

„Komm, wir müssen weiter, wenn sie sich klug verhält und sich nicht bewegt, wird sie von den anderen gefunden und befreit.“

 

„Und wenn nicht?“

„Dann werden die anderen sie im Seil vorfinden, erhängt!“

Clair kroch mit Caroline um eine Ecke und verschwand gerade, als sich Fan Tan bewegte, um an ein verstecktes Messer zu gelangen, da brach der Stein unter ihr weg …

 

**

 

„Wir wechseln diese Höhle, da oben ist die nächste Ebene. Da gibt es eine Überraschung für dich.“

„Wie groß sind diese Höhlen?“

 

„Sie sind zu klein, um darin zu leben oder um Feuer zu machen, du würdest ersticken. In der nächsten Ebene gibt es Frischluftzufuhr und eine Besonderheit der Optik, lass dich überraschen, jetzt aber rasch, ich höre gerade, dass die anderen am Eingang sind.“

„Caroline, hast du etwa eine Funkverbindung in das Dorf?“

„Na so ähnlich, jetzt komm bitte.“

 

**

 

„Das da ist doch der Wagen der Gruppe 3, wieso haben die nicht auf uns gewartet?“

„Du weißt genau, dass unsere First Killer dabei war und die hat sich noch nie bremsen lassen.“

„Irgendwann wird sie für ihre Neugierde bezahlen!“

„Leh Gin Um, schau, ich glaube, sie hat bereits gezahlt.“

 

In der Höhle lag der Körper von Um Lai und der Kopf fehlte. Leh Gin Um sah sich die Leiche kurz an. „Ein scharfer Schnitt oder abgetrennt. Wenigstens ging es schnell.“

Dabei drehte sie sich zu den anderen Mädchen ihres Trupps.

„Hergehört, keine Einzel Stunts, wir machen alles zusammen, ist das klar?“

„Vollkommen klar Leh Gin Um.“

 

„Da sind Spuren, hier sind sie weiter gekrochen und gekrabbelt. Blöde Höhlen.“

Endlich kamen sie in eine der etwas größeren Höhlen mit vielen Umsteigemöglichkeiten in andere Röhren.

Leh Gin Um blieb stehen und schaute sich um. Han Tzu erschrak. „Leh Gin Um, du blutest auf dem Rücken.“ Leh Gin Um wirbelte herum, „Was wie?“

Als sie vor Han Tzu stand, da tropfte etwas auf ihre Stirn und als sie das wegwischte, da erkannte sie, dass das Blut war.

 

„Verdammt…“

Mit einem Blick in die Röhre über ihnen erkannten sie die Stiefel von Man Su Zu. Die Stiefel hatten ein klassisches Profil, genau wie ihre eigenen.

 

„Verdammt, das waren zwei von uns. Diese verdammten Weiber sind gut. Kommt weiter, Aber mit äußerster Vorsicht.“

Als sie um einige Biegungen herum waren, rief eine der Zwillinge „Kommt mal her…“

„Nicht so laut“ herrschte Leh Gin Um Lin fei Sin an. Doch sie zeigte nur in eine Höhle.

Vor ihnen hing Fan Tan mit einem Seil um den Hals. Ihr Blick war erschrocken und schmerzverzerrt, die Augen noch halb geöffnet. Im Augenblick des Todes musste sie unheimlich gelitten haben.

Leh Gin Um blieb stehen und schaute hasserfüllt um sich. Fan Tan, was ihre beste Freundin gewesen und sie hatte so große Stücke auf sie gesetzt und jetzt hing sie vor ihr. Als sie das Seil durchschnitten versuchten die Mädchen, ob vielleicht doch noch etwas zu retten war, aber die Pupillen blieben starr und es gab auch keinen Puls mehr.

 

„Drei von uns in kürzester Zeit ausgeschaltet. Wir übersehen etwas. Kommt raus, an den Jeep, wir übersehen etwas Wichtiges.“

„Ihr zwei“, damit zeigte Leh Gin Um auf die Lin fei Zwillinge, „ihr sichert die Umgebung ab. HanTzu

 

**

 

Aus einer Tasche nahm Leh Gin Um ein Notebook, steckte ein Kabel in den Zigarettenanzünder und steckte eine etwa regenschirmgroße zusammengeklappte Satelliten Antenne an. Einige Minuten später hatte sich Leh Gin Um in der Zentrale der chinesischen Schurken eingeloggt.

Fan Taau hatte in der Zwischenzeit die Sachen aus dem Jeep der Gruppe drei ausgeladen und brachte sie zu ihrem Wagen. Während Leh Gin Um immer noch am Rechner arbeitete, tranken die anderen etwas Wasser.

 

„Hier, du kannst das auch gut gebrauchen.“ Sagte Fan Taau zu Leh Gin Um und reichte ihr die Trinkflasche.

Schließlich klappte Leh Gin Um das Notebook zu und verstaute alles in dem kleinen Koffer.

„Wir haben tatsächlich etwas übersehen, oder besser, man hat uns „vergessen“ zu informieren. Diese Caroline Miles ist eine verdammte Mossad Killer-Schlampe!“

„Verflixt, das hätten die früher sagen können. Jetzt wird einiges klarer. Was sagen sie noch in der Zentrale?“

„Weitermachen wie bisher, sie können gerade keine Verstärkung schicken, es gibt da ein kleines Piraten Problem.“

Han Tzu war sichtlich wütend. Sie hatten inzwischen so vieles verloren und dann wurden ihnen wichtige Informationen vorenthalten.

„Verdammte Kacke!“ Schrie sie voller Wut und warf einen der Rucksäcke von Team drei in den nahen Urwald.

 

Aus dem Buschwerk quiekte es und ein ausgewachsenes Wildschwein raste aus dem nahen Buschwerk heraus, direkt auf Han Tzu zu und zerfetzte ihr den Oberschenkel. Mit einer rasanten Geschwindigkeit raste das Tier weiter auf den Urwald zu und aus einem der nahen Büsche hechtete ein junger Eingeborener mit nur einem Messer bewaffnet sich auf das rasende Tier. Der Junge konnte noch keine 16 Jahre alt sein.

 

Mit einem lauten Gequieke starb das große Tier und der Junge zog die erlegte Beute an den Hinterläufen in das nahe Buschwerk, wo er mit ihr verschwand. „Habt ihr das gesehen, der Knabe war keine siebzehn und hat mit nur einem Messer …“

„Pfeift drauf, bring den Notfallkoffer, Han Tzu ist schwer verletzt, sie blutet stark.“

„Die Schlagader, ihr müsst die Ader abbinden, schnell.“

Han Tzu lag kreidebleich auf dem Boden und ein dicker Blutstrom floss aus ihrem Oberschenkel. Die Zwillinge waren schon an Han Tzu dran und zogen ihr die Hose aus. „Da oben fest eindrücken und ihr macht eine Lederschlaufe fertig. Beeilt euch.“

Han Tzu schrie laut auf, aber der Blutfluss versiegte langsam. Rasch legten die Zwillinge eine Abbindung an und schnürten ihr den Oberschenkel zu. Unter schrecklichem Geschrei wurde die Blutung vorerst gestoppt.

„Sie braucht Hilfe, oder sie verblutet!“ Stellte Leh Gin Um fest. Aus dem nahen Urwald drangen auf einmal Krieger in voller Bemalung und bis an die Zähne bewaffnet auf und näherten sich langsam der Verletzten Han Tzu.

„Keinen falschen Fehler die haben uns alle im Visier!“ Ordnete Leh Gin Um für alle an. Da traten zwei ältere Kriegerinnen ohne Waffen aus dem Wald und gingen zur verletzten Han Tzu. Die anderen Krieger hielten die Frauen mit ihren Speeren und Pfeilen in Schach. Leh Gin Um schaute um sich, das waren bestimmt 30 bis 40 bewaffnete und die machten ihnen klar, dass sie vor Schusswaffen keinen Respekt hatten.

 

Ein großer Krieger trat vor und nahm den Mädchen ihre P90 Maschinenpistolen ab, entfernte schnell die Magazine und entlud die Waffen. Geschickt fing er die ausgeworfene Patrone auf. Es war klar, dass er nicht zum ersten Mal eine moderne MP sah.

„Keine Bewegungen, keine Panik, sonst sind wir alle verloren, was machen die mit Han?“

Han Tzu hatte inzwischen das Bewusstsein verloren. Die beiden unbewaffneten versorgten Han mit unbekannter Medizin. Als der Ledergürtel weggeworfen wurde und dennoch kein Blut mehr floss, schöpften die anderen Mädchen wieder Hoffnung.

 

Doch diese schwache Hoffnung trübte sich sofort. Die zwei Heiler gaben Anweisungen und Han Tzu wurde in ein Tuch gelegt und weggetragen hinein in den Dschungel. Die beiden Heiler aber standen vor den anderen Mädchen und machten ihnen mit Gesten klar, dass es Zeit war sich zu verabschieden.

„Was machen die mit Han?“

„Keine Ahnung, vielleicht heilen, vielleicht braten, ich weiß es nicht. Aber alles ist besser, als wenn wir sie behandelt hätten, stimmts Leh Gin Um?“

Leh Gin steckte ihr Stichmesser wieder ein, sie war bereit gewesen, Han den Todesstoß zu versetzen. Aus der Seite sah sie Fan Taau an und nickte. „Ja alles ist besser, vermutlich jedenfalls.“

Nach einem tiefen Durchatmen trieb sie ihre Mädchen an und die vier liefen wieder auf die Höhlen zu.

 

**

 

„Was ist das denn für ein Ding?“

Clair stand vor einem Kristall, der wie eine plane Fläche, leicht schräg von oben aus der Decke gewachsen kam. Der Kristall war mindestens drei Meter hoch und gut einen Meter breit und Clair spiegelte sich darin.

 

„Wir machen ein wenig Magie, meine liebe Clair. Hier in diesen Höhlen wurden früher Vorführungen gemacht und andere Dinge. Dabei spielte dieser Kristall eine zentrale Rolle. Wenn du dich auf diesen runden Platz da vorne stellst, spiegelst du dich in drei andere Höhlen und wenn du diese drei Punkte nutzt, um dich hinzustellen, dann wandert dein Spiegelbild von Höhle zu Höhle. Damit treibst du die Angreifer in den Wahn, während ich sie mir der Reihe nach schnappe.“

„Machst du Witze? Die knallen mich doch ab.“

 

„Die sehen Spiegelbilder aber nicht dich. Du schaffst das. Du solltest nur versuchen mich immer zu sehen, damit ich dir signalisieren kann, was du tun sollst.“

„Was sollte ich tun?“

„Du spielst das überraschte Mädchen, das von den Bösen abgeknallt wird. Aber keine Sorge, die sehen nur deine Spiegelbilder.“

 

„Ich weiß nicht. Und was machst du, du schnappst dir die einzeln? Wer bist du Rambos Schwester? Das ist kein verdammter Action Film, Caroline, ich will dich nicht verlieren. Bitte lass uns etwas anderes versuchen.“ Doch während Clair das sagte, hörte sie Geräusche aus der Ferne und wusste, die Bösen kommen.

 

**

 

Im Gänsemarsch drangen die Chinesinnen durch die Gänge, bis sie wieder in der größeren Höhle mit den vielen Röhren standen. Sachte und leise drangen sie weiter in die große Höhle. Fan Taau zeigte auf etwas oberhalb von ihnen.

 

„Da oben ist sie.“ Flüsterte sie den anderen zu und tatsächlich, offenbar wähnte sich ihr Ziel in Sicherheit, weil sie oberhalb von ihnen stand.

 

„Ausschwärmen, achtet auf euch und denkt an die Mossad Schlampe, das könnte auch eine Falle sein!“

„Wieso haben die unsere MPs abgenommen, die haben Laser Markierer und Zielfernrohre.“

„Vergesst die MPs, wir sind die Profis, also lasst uns unseren Job machen und dann nichts wie heim. Mir stinkt dieses komische Soulebda.“

 

Leise verschwanden die Mädchen in einigen der Röhren.

 

**

 

Lin fei San stand plötzlich vor einer kleinen Röhre und sah am Ende der Röhre Clair stehen. Sie schien etwas zu schaffen und nestelte an ihren Schuhen. Lin San nahm ihre Pistole und lud lautlos durch, dann ging sie ins Ziel. Das waren keine 15 Meter, ein Verfehlen war unmöglich, sie zielte und schoss.

 

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Nebenan kam Lin fei Sing durch einen ebenso schmalen Tunnel gekrabbelt. Auch sie sah auf einem Podest ihr Ziel und machte sich zum Angriff bereit. Doch ehe sie ihre Waffe anlegen konnte, knallte ein Schuss und ein Querschläger pfiff ihr entgegen.

 

Mit einem lauten knirschenden Geräusch schlug der Querschläger in ihrer Stirn ein kurzer Schrei ertönte, da fiel sie wie ein nasser Sack Kartoffeln einfach um. Aus ihrem Hinterkopf floss Blut. Lin fei Sing aber kannte diesen Schrei genau, das war ihre Zwillingsschwester gewesen, die geschrien hatte.

Als sie um die Ecke lief, rannte sie voll in Carolines Messer hinein. Ein Stich und zwei Messerhiebe und Lin fei Sing fiel mit zerschnittener Kehle einfach um.

 

Clair sah wie Caroline mit dem Messer agierte und die Chinesin ausschaltete. Da hob Caroline ihre Hand und Clair erkannte, dass sie den Platz wechseln sollte.

Während Clair den Platz wechselte, sah sie in diesem spiegelnden Kristall, wie sich zwei Frauen irgendwo heranschlichen. Es war ihr aber unmöglich festzustellen, aus welcher Röhren die beiden kommen würden.

 

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Fan Taau näherte sich dem Ende der Röhre und sah ihr Ziel über sich. Die kleine Französin stand mit dem Rücken zu ihr und würde sie nicht einmal kommen hören.

Gut zehn oder fünfzehn vor ihr stand die Französin und Fan Taau zog leise ihre Pistole aus der Tasche. In diesem Moment wurde es hinter ihr hell und ein starkes Licht kam von hinten.

 

„Leh Gin Um, was soll das?“ Fauchte sie, doch alles was sie sah war das grelle Licht und dann ein Schlag in ihrer Brust, der sie umwarf. Noch im Fallen spuckte sie Blut und erkannte ihren Fehler. Das Licht erlosch und auch bei Fan wurde es langsam dunkler. Ein Rauschen drang durch ihre Ohren, dann war es vorbei und sie lag still am Boden.

 

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Ich wischte mein Messer an Fans Hose ab und prüfte kurz, ob sie tatsächlich tot war. Ein kurzer Scan durch ihre Taschen brachte ein kleines Funkgerät, zwei Magazine und eine Splitterhandgranate, Made in China, zum Vorschein.

Schnell verließ ich diesen Platz und kroch zu Clair zurück.

 

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„Clair, ich bin, ich komme.“

„OK ich bin seitlich am Boden.“

Als ich zu ihr stieß wirkte Clair nicht sehr entspannt. „Was ist Clair?“

„Ich habe alles mit ansehen müssen. Wie kommst du eigentlich so schnell einem zum anderen Tunnel?“ „Nun, es gibt da ein paar versteckte Abkürzungen, die man nicht sieht, es sei denn, man sucht nach ihnen.“

 

„Wie weit seid ihr, eine fehlt noch oder?“

„Ja eine fehlt noch. Bei meinem Glück ist das die Anführerin.“

„Und jetzt? Wir liegen hier doch auf dem Präsentationsteller.“

„Natürlich, aber sie muss sich zu erkennen geben, wenn sie zu uns will und das ist der Moment, auf den ich warte. Du meine liebe Clair stellst dich jetzt auf diesen Platz und machst so, als würdest du oben die Sterne greifen wollen.“

 

„Wieso sollte ich Sterne greifen.“

„Mach es einfach, das erscheint glaubhafter.“

 

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Leh Gin Um lag in einer der Röhren und lauschte nach außen. Sie hatte den Schuss und den Querschläger gehört und ihr war klar, dass es Verluste in ihrer Gruppe gegeben hatte.

Langsam robbte sie nach vorne und sah, wie Clair, die Französin, einen etwas besteigen wollte. Irgendwie schien das aber nicht zu klappen.

 

Noch während Leh Gin Um ihre Pistole prüfte schaute sie nach vorne und prüfte ihre Gedanken.

„Was, wenn das eine verdammte Falle ist, wenn sie es geschafft haben ein Hologramm oder sonst etwas zu projizieren.“ Murmelte sie zu sich selber und krabbelte langsam nach vorne, um ihr Ziel genauer zu sehen.

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„Da unten in dem Gang, ich habe sie gesehen. Clair, gehe in die Hocke, und trink etwas, lenk sie ab.“

Ich nahm die Handgranate und prüfte sie genau. Sie war echt und scharf. Als nächstes nahm ich das Funkgerät und prüfte, dass es auf der kleinsten Lautstärke stand.

„Jetzt treibe ich die Frau aus der Höhle heraus,“ sagte ich zu Clair und zog den Sicherungssplint der Handgranate ab. Mit dem Drücken der Signalruftaste am Funkgerät machte ich mich bereit für den Wurf.

 

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Ein lautes PIIIIIEP drang aus dem Funkgerät von Leh Gin Um. Sie wusste sofort, dass sie sich soeben verraten hatte und hob ihre Waffe in Anschlag. Mit der anderen Hand schaltete sie das Funkgerät einfach aus und ließ es fallen. Doch dort oben, wo sie die andere Frau vermutete, war keine Bewegung, stattdessen kam von weiter seitlich, leicht erhöht ein kurzer Schatten.

 

**

 

Die Handgranate flog in hohem Boden genau in die Höhle, in der die letzte der Frauen lag. Ich hörte wie die Granate an den Wänden anschlug, da sprang die Frau mit einem Hechtsprung aus der kleinen Höhle in die große Höhle. Im selben Moment explodierte die Handgranate und spuckte aus der Röhre Feuer und Verderben.

 

Auch wenn wir beide uns die Ohren zugehalten hatten, so war der Explosionsdruck gewaltig gewesen. Am Boden in der zentralen Höhle lag die letzte Frau und war ganz offensichtlich verletzt. Aus Mund und Ohren lief Blut und die Granatsplitter hatten sie sicherlich auch erwischt.

Dennoch war die Frau härter, als ich dachte. Sie erhob sich, fischte ihre Waffe und begann die Höhle abzusuchen.

 

Das war jetzt genug und ich hob meine Waffe.

„Ergeben sie sich!“ Schrie ich, so laut ich konnte, und schoss einmal neben ihre Füße.

Sie aber wirbelte herum und schoss in die grobe Richtung, aus der der Ruf und der Schuss gekommen war.

Dass die Querschläger nur so durch die Höhle pfiffen, war der Frau egal, sie wusste genau, was sie gefährden konnte, war auch eine Gefahr für mich.

Als die ersten 15 oder 16 Kugeln verschossen war, wechselte sie sehr schnell das Magazin und wollte weiterfeuern, aber da war ich bereits am Schießen und ich schoss dreimal auf die Frau.

 

**

 

Eine Kugel traf die Chinesin in die Hüfte, die zweite Kugel traf sie in die Schulter und die dritte Kugel traf die Hand mit der Waffe. Da ging sie auf die Knie und ließ die Waffe fallen. Aus ihrer Tasche nahm sie etwas heraus und wartete auf mich.

„Clair, gib mir Feuerschutz, die wird nicht mehr schießen, aber sonst etwas haben.“ Damit rannte ich los und verschwand in der Dunkelheit.

 

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Clair wusste ich seitlich neben mir und die Chinesin kniete direkt vor mir.

„Hände hoch, oder du bist tot.“ Rief ich der Chinesin zu, aber sie nickte nur und hob beide Hände, zu Fäusten geballt nach oben.

Sie hat eine Granate in der Hand.“ Rief ich zu Clair und als die Chinesin ausholen wollte, schoss Claire von ihrer erhöhten Position auf die Chinesin.

Ich sah noch die Granate aus der Hand rollen, da hechtete ich bereits hinter einen Stein und hielt mir die Ohren zu, während ich den Mund aufhielt.

 

Das Donnern der Explosion hallte noch durch die Höhle, als ich aufstand und die rauchenden Überreste der Chinesin sah. Da war alles zu spät.

„Clair, es ist vorbei, du kannst herunterkommen.“

„Caroline, welchen Weg denn, hier sind überall Röhren.“

Ich lächelte und lief zu ihr hinauf.

 

**

 

Zwei Tage später im Palast bei Heylah.

„Seid ihr verletzt?“ War ihre erste Frage an uns. Clair und ich verneinten und kamen lächelnd auf sie zu. Soleab war auch anwesend und Jerome kam durch die Tür und lief direkt auf Soleab zu, flüsterte ihm etwas zu und ging wieder.

 

„Die andere Frau, eine gewisse Han Tzu ist inzwischen auch verstorben. Sie war an der Beinschlagader verletzt und wurde von den Stammeskriegern versorgt.

Sie hätte überlebt, aber dann wollte sie fliehen und hat sich dummerweise einen jungen Mann als Geisel geschnappt, der vor seiner Prüfung zum Krieger stand.“, sagte Soleab und Heylah nickte still.

„Hat der junge Mann dann Kalla’Turkat gemacht?“ Fragte ich und Soleab nickte. „Ja der junge Mann seine Prüfung zum Krieger mit Kalla’Turkat abgeschlossen, er hat einen erwachsenen Feind mit den blanken Händen getötet.“

 

„Dumm von der Frau, aber wie sollte sie wissen, dass die jungen Männer hier zum Krieger ausgebildet werden.“

Clair staunte nur und Soleab erklärte ihr, was da vor sich gegangen war. In der Zwischenzeit war Heylah und Penelope zusammengestanden und Heylah hatte lächelnd genickt.

„So wie es derzeit aussieht, kommen keine neuen Angreifer nach. Wir haben einige Gefangene und lassen sie gerade vom Geheimdienst vernehmen. Ma’Difgtma hat auch einiges erfahren. Sie kommt Übermorgen aus einem anderen Einsatz zurück, sie ist gerade auf Alofi bei unseren Nachbarn.

Aber ich glaube, meine Tochter hat noch etwas mit euch vor. Ihr seid also hiermit entlassen und ich freue mich auf euch.“

 

Penelope stand da und lächelte über ihr wunderschönes Gesicht.

„Caroline und Clair, ihr beiden Lieben, ich möchte euch zu einer ganz besonderen Veranstaltung einladen.

Heute Abend ist Vollmond und wir bekommen eine sternenklare Nacht. Um Mitternacht ist die Ernennung der Palastnymphen. Dabei werden zwei wunderschöne Jungfrauen im heiratsfähigen Alter als Betreuerinnen des Palastes ausgewählt und im Wasser der Sinnlichkeit geweiht.

Ich würde euch beiden da gerne mit dabeihaben, denn das Wasser der Sinnlichkeit muss nach der Zeremonie gesäubert werden und dafür brauche ich euch. Seid also um eine halbe Stunde vor Mitternacht am Nymphen Brunnen und erlebt eine einmalige Sache. Eine solche Ernennung geschieht nur alle fünf Jahre, das ist also etwas Besonderes.“

 

„Peneleope, wir kommen selbstverständlich vorbei.“

Clair schaute mich mit fragendem Blick an. „Sind wir jetzt das Putzgeschwader für die Nymphen oder weshalb sollen wir den Brunnen säubern?“

 

„Meine liebliche Clair, diese Art der Säuberung hat mit Putzen nun überhaupt nichts zu tun. Das versichere ich dir. Du solltest aber nach 20:00 Uhr nichts mehr essen oder trinken, das rate ich dir heute Nacht.“

„Jetzt bin ich wieder gespannt, was das ist, komm, lass uns zu dir, ich möchte etwas im Pool entspannen.“

„Gerne doch, da kannst du dich schon mal an das Wasser gewöhnen …“

 

**

 

Der Abend kam und die Sterne zeigten sich am vom Vollmond erleuchteten Himmelszelt. Bereits gegen 23:00 Uhr war Clair und ich auf der Anhöhe angekommen, und wir sahen den Nymphen Brunnen neben uns. Hier war bereits viel los, hell erleuchtet von Fackeln und Kerzen wurde der Brunnen angestrahlt.

Fast hätte man meinen können, dass das Wasser wie Millionen kleiner Edelsteine aussah. Aber da wir den Brunnen bereits mehrere Tage vorher am Tage gesehen hatten, fand Clair ihn heute besonders interessant.

 

Großgewachsene, bildschöne Frauen sangen sanfte Lieder und die Musik klang dazu. Uns kam es so vor, als seien alle Mädchen und Frauen am heutigen Tag besonders schön anzusehen, irgendwie strahlten auch alle Mädchen heute eine besondere Aura ab.

„Ich fühle mich irgendwie … besonders. Wie soll ich das beschreiben …“ Clair kam zu mir, umarmte mich und flüsterte mir ins Ohr „… ich fühle mich heute besonders liebesbedürftig.“

Ich sah sie an und ihre Augen erschienen tatsächlich deutlich größer und rabenschwarz. „Ich weiß, was du meinst. Heute sind wir hier alle besonders geil.“

 

Dabei sah mir Clair in die Augen, als das Mondlicht genau hineinfiel. Meine grünen Augen begannen hell zu leuchten Clair schien das genauso zu sehen.

„Du siehst heute einfach wunderbar aus, Caroline.“ Ich lächelte Clair an und drehte sie, damit sie auch von dem Mondlicht erfasst wurde. Das war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.

Clair fing an sanft zu zittern und ihr Atem ging schwerer. „Schatz, ich glaube, ich … Caroline, ich glaube, ich komme … ich … ich … bitte hilf mir.“

 

Ich umarmte sie, hielt sie fest und flüsterte „Lass es geschehen und genieße es, das kommt so schnell nicht wieder.“ Mit einem Lächeln im Gesicht ließ sich Clair gehen und empfing das Mondlicht.

 

**

 

Kurz vor Mitternacht wurden auf zwei Sänften die Regentin, Heylah ai Youhaahb und die oberste Priesterin, Xialorenga, hergetragen. Beide waren in einem hauchdünnen Stoff angezogen, der herrlich glänzte und mehr preisgab, als er verdeckte.

 

Pünktlich um Mitternacht ertönten zwei Hörner und tröteten eine uralte Melodie. Am Ende bliesen die Bläser den tiefsten Ton, den die Hörner hergaben und vom Palast her erklangen die Nebelhörner und übertönten alles mit ihren tiefen Tönen. Jetzt wusste jedermann auf der Insel Bescheid.

Die hohe Priesterin trat vor und stieg in den Nymphen Brunnen, daran folgte die Regentin. Beide hoben ihre Arme und sangen eine uralte Weise. Es klang herrlich. Als dann ein Chor, den wir noch gar nicht gesehen hatten, auch noch einfiel, wurde das Lied noch schöner.

 

Nun wurden die beiden auserkorenen Mädchen an den Brunnen geführt, entkleidet und danach stiegen die beiden Schönheiten langsam in den Brunnen ein.

Clair hielt meine Hand fester und flüsterte leise „Die sind ja wirklich wunderschön.“

Die hohe Priesterin und Heylah füllten zwei Gefäße mit dem Brunnenwasser und gossen es langsam über die beiden Schönheiten. Vom Mondlicht bestrahlt, begannen die beiden Nymphen zu leuchten, als hätte man sie mit Diamanten übergossen. Plötzlich zuckten die Schönheiten kurz zusammen, doch schon hatten sie sich wieder unter Kontrolle.

 

Das ganze Brunnenwasser begann funkelnd zu leuchten und glänzte in einem Meer von Lichtern. Jetzt geschah das, worauf alle gewartet hatten. Die beiden Nymphen brachen zusammen und fielen in den Brunnen. Schnell halfen ihnen die oberste Priesterin und Heylah wieder auf die Beine. Das Funkeln aber war von den beiden Schönheiten verschwunden, dafür leuchteten ihre Augen jetzt wie zwei Kristalle.

Zusammen mit der obersten Priesterin und Heylah traten die beiden neu gekürten Nymphen aus dem Wasser und stiegen, immer noch völlig unbekleidet, zurück in die beiden Sänften. Die Augen der beiden Nymphen leuchteten immer noch. Die Türen schlossen sich und ein Fackelzug begleitete die beiden in den Tempel zurück.

 

Oben am Brunnen verblieb eine Abordnung Wachen mit Speeren und Lanzen. Sie sahen nicht entspannt aus. Endlich trat Penelope hinzu und stellte sich vor den Brunnen. Sie hob ihre Arme und begann. „Höre oh Volk von Soulebda. Wir haben das Ritual der Nymphen Ernennung vollzogen, jetzt vollziehen wir das Ritual der Reinigung. Ich bitte, unsere beiden Reinigerinnen vorzutreten.“

„Sie meint uns, wir sind dran.“ Ich fasste Clair an der Hand und wir stellten und vor Penelope.

„Ihr müsst euch umdrehen, wegen des Mondlichtes.“, flüsterte sie uns an.

Wir lächelten und drehten uns um. Einige Dienerinnen kamen auf uns zu und entkleideten uns. Clair war sichtlich erregt, aber entweder war es das Mondlicht, oder das vorhin erlebte, denn sie ließ alles über sich ergehen.

 

„Bitte tretet ein in den Brunnen der Nymphen und beginnt die Reinigung, entzieht dem Brunnen die magische Kraft, auf dass niemand diese Kräfte entweihen mag.“ Damit überreichte sie zwei Krüge an die Bediensteten und nickte uns zu. Diesmal stiegen wir in den Brunnen und es war tatsächlich ein sanftes Prickeln an den Füßen zu spüren.

Die Mädchen füllten die Krüge und gossen sie langsam über uns aus. Da erfasste uns ein herrliches Prickeln und wir fühlten uns, wie in einer anderen Welt. Clair war die Erste, die er erfasste, dann überkam auch ein Gefühl der absoluten Wohltat, einem Orgasmus gleich. Wir zuckten und reckten uns in dem Wasser und es überkam uns beide. Das kühle Wasser fühlte sich aber gar nicht kalt an, eher wie wenn man sich in Sekt badete.

 

Von einer Reinigung bekamen wir nichts mehr mit, uns schwanden die Sinne und ekstatisch räkelten wir in dem Brunnen und uns überkam ein um das andere Mal ein herrlicher, tiefgehender Orgasmus.

Je besser es uns ging, desto weniger leuchtete das Wasser in dem Brunnen und schließlich erlosch dieses seltsame Leuchten und damit auch das herrliche Prickeln, das uns solche Freude bereitet hatte.

Penelope schaute zufrieden und entspannt zu, dann hob sie die Veranstaltung auf und mit Ausnahme der Wachen, die hinter dem Brunnen standen, verließen die anderen den Brunnen. Penelope schaute uns noch einmal an und nickte mir zufrieden zu. Ja sie war zufrieden.

Clair aber sah mich mit ihren großen Augen an. Ihre Lippen wirkten deutlich erregender als sonst und sie nahm mich in den Arm.

 

Ohne ein Wort zu sagen begannen wir uns zu stricheln und zu küssen. Unser Liebesspiel begann ganz langsam und wurde zusehends heftiger und stärker. Das prickelnde Gefühl durchfloss uns und wir ergaben uns schließlich der Liebe. Die armen Wachmänner neben uns sicherten die Umgebung ab und hatten uns genau im Auge.

 

Als wir am frühen Morgen kraftlos dem Brunnen entstiegen, da war das Wasser wieder so klar wie die Tage vorher, aber all das Leuchten von gestern war verschwunden.

Der Hauptmann der Wache kam zu uns und half uns beim aus dem Brunnen steigen. „Ich habe selten eine so gründliche und lange Reinigung gesehen. Penelope hatte Recht, ihr seid geschaffen dafür und ihr wart ausgezeichnet.“

Wir trockneten und bekleideten uns, danach gingen wir mit den Wachen zusammen hinunter in die Stadt.

 

**

 

In meiner Villa angekommen, rannte Clair sofort nach oben und duschte ausgiebig, dann rief sie verführerisch nach mir. Als ich zu ihr hochkam und sie suchte, räkelte sie sich völlig nackt und lächelnd in dem großen Bett.

 

„Schatz, komm, ich möchte dich fühlen, dich spüren … Das Mondlicht hat etwas mit mir gemacht.“ Damit zog sie mich in das Bett und schmiegte sich an mich. „Jetzt verstehe ich so langsam, dass es hier wirklich etwas anderes ist, als wenn sich zwei Mädchen in Paris lieben.“

Als ich nackt neben ihr lag und wir unsere Körper aneinander rieben, da schaute sie mich wie ein kleines Kind an. „Was müssen eigentlich diese Nymphen im Tempel machen, ich kann mir da überhaupt nichts darunter vorstellen.“

 

Während ich sie streichelte, erklärte ich ihr „Schau mal, bei und hier auf Soulebda haben die Frauen nicht umsonst die Verantwortung. Es gibt aber immer wieder Besucher und Gäste, die aus Männern bestehen und ehe die dann den Macho heraushängen lassen kommen die Nymphen ins Spiel.

Jeder der Machos wurde bisher handzahm, wenn eine Nymphe neben ihm stand oder saß. Und bei ganz harten Kerlen verbringen die Nymphen die Nacht bei ihnen. Da schmelzen auch die Härtesten.“

Ja, aber sind die armen Mädchen dann nicht permanent schwanger, ich meine, die werden mit den Kerlen nicht Mensch-ärgere-Dich-nicht spielen, oder doch?“

 

„Natürlich nicht, aber die Nymphen sind aus der Fortpflanzung ausgenommen, deswegen werden sie auch lange ausgesucht. Sie werden bestens versorgt und erhalten die allerbeste Medizin, aber nach der Mondlichtnacht können sie keine Kinder mehr bekommen.“

Clair zuckte kurz und sah mich erschrocken an. „Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass ich sterilisiert wurde oder?“

 

„Natürlich nicht, das Bad im Mondlichtbrunnen ist ein Abschluss einer langen Serie. Wenn du es möchtest, kannst du so viel Kinder bekommen, wie du willst.“

„Soso, die Nymphen sorgen also für Entspannung. Nun, dann will ich dir mal was sagen meine geliebte Caroline, du hast die vergangenen Tage mehr als viel geleistet, mir unzählige Male das Leben gerettet und ich finde, jetzt solltest du auch einmal entspannen …“

Damit legte sie mich auf den Rücken, küsste mich und begann eine Streichelrundreise, wie ich sie schon länger nicht mehr genossen hatte. Tatsächlich konnte ich mich total fallenlassen und Clair verwöhnte mich.

 

**

 

Soulebda

Tags darauf waren wir in den Palast eingeladen und saßen bei Soleab in seinem großen Büro. Mittels Pflanzen und Raumteilern hatte er versucht, das Büro optisch deutlich kleiner zu machen. Soleab liebte einfach keinen Protz und so hatte er den Raum zweiteilen lassen. Wir saßen im zweiten Teil, an einem großen Besprechungstisch, während er uns etwas erklärte.

 

„… deswegen hatten die Stämme auch die Anweisungen erhalten, sich soweit zurückzuhalten, wie nur möglich. Dennoch waren die Krieger ständig um euch herum und hätten eingegriffen, wenn es nötig gewesen wäre.

Die Häuptlinge bestätigen euch beiden, dass ihr euch ganz gut gehalten habt, vor allem du Clair wurdest gelobt.“

„Ich oh, was habe ich denn getan?“

„Vermutlich haben die bisher nur ängstliche Franzosen erlebt, und da stichst du halt aus der Masse heraus.“

 

Ein Diener öffnete die Tür und Heylah trat zusammen mit Dagan und Viktor in das Büro von Soleab.

„Ah da seid ihr ja.“, begrüßte uns Heylah kurz angebunden.

„Es haben sich neue Aspekte ergeben, die ein Eingreifen von uns erforderlich machen. Clair, du bleibst bitte weiterhin hier auf Soulebda, hier können wir dir am ehesten für Leib und Leben garantieren.

Morgen früh trifft Fabienne mit Finja aus Tel Aviv ein. Wir müssen gemeinsam versuchen einige Antworten zu finden und das gilt auch für Fragen, an die wir noch gar nicht gedacht haben.“

Clair und ich sahen Heylah neugierig an.

„Clair,“ begann Heylah, „wir müssen Antworten finden. Der Anschlag im Mittelmeer und der in Mainstadt, dazu die Anschläge auf Caroline und Peter als auch auf dich hier bei uns haben mindestens eine gemeinsame Verbindung. Die müssen wir herausfinden.“

 

**

 

Jetzt ergriff Dagan erstmals direkt das Wort. „In Mainstadt hat Randy Kaufmann, der IT Spezialist, Bilder den Verdächtigen aufgezeichnet und wir haben die überprüft und nochmals geprüft. Dabei fiel ein Mann auf, der das Ganze offenbar plante. Clair, der Mann spukt uns seit einem viertel Jahrhundert immer wieder in die Suppe.“

 

Dagan nickte Viktor zu und Viktor Kubaliborov gab ein paar Befehle in sein Notebook ein und seine LaTeX Präsentation startete.

Ein Beamer zauberte das Staatswappen von Soulebda an die Wand und einige Bilder erschienen. Sie zeigten einen Mann, der immer wieder auftauchte. Manche der Bilder waren unscharf, andere so gestochen scharf, dass man die Gesichtszüge genau sehen konnte.

Bei einem der Profilbilder stoppte Viktor und nickte Dagan zu.

„Clair, das hier ist die Person. Theobald, der Stecher, Vogel.“ Dagan machte eine kleine Pause und lies das Bild wirken.

 

„Theobald, der Stecher, Vogel ist 64 Jahre alt. Er hat mehrere Staatsangehörigkeiten, wobei die meisten gefälscht, oder erschlichen sind. Er gilt als hochintelligent, gnadenlos und absolut hinterhältig. Seine einzige Treue gilt dem Geld, also dem, der ihn bezahlt. Er hat bereits früher Leute ermordet, meistens durch erstechen oder durch Giftinjektionen. Seine Spezialität war es schon vor 28 Jahren, seinen Opfern Gift unter die Zunge zu injizieren. Viele Verbrechen wurden nicht aufgeklärt und es gab bisher keine einzige Anklage. Das ist der Drahtzieher, der hinter dem Anschlag in Mainstadt steckt.“

Clair stand auf und schaute sich das Bild genauer an, als wenn der Projektor das Bild nicht groß genug machen könnte. Schließlich fragte sie nach.

 

„Haben Sie noch mehr Bilder von dem Mann?“ Dagan lächelte Viktor zu. Heylah kreuzte ihre Finger ineinander und hörte gespannt zu.

„Das hier zeigt den Stecher vor fast 30 Jahren, durchtrieben, hinterhältig und ein fieses, gestochen scharfes Profil. Wir machen einen Sprung 21 Jahre später und sind in Italien. Das ist er wieder in Rom.“ Bild für Bild flammte kurz auf und blieb für gut 5 Sekunden stehen und Clair schaute gebannt zu.

„Wir sind jetzt im Jahr 2015 in Marseille.“ Wieder liefen die Bilder und Clair rief plötzlich „Halt!“

Viktor schaltete ein Bild zurück und wartete.

 

„Das ist Theobald, der Stecher Vogel, neben Heinz Scherer, einem Beschaffungsspezialisten. Wenn sie etwas brauchen, er beschaffte es, wenn der Preis stimmte. Scherer ist Mitglied einer Terrorgruppe, dessen Name mir gerade nicht einfällt.“

„Das macht nichts Clair, sie haben uns eben geholfen, einen weiteren Verdächtigen zu identifizieren und ihm einen Namen zu geben. Sind Sie bereit?“

„Oh ja, jetzt komme ich in Fahrt.“

Im Laufe der nächsten halben Stunde identifizierte Clair noch drei weitere Kriminelle, wovon einer bereits tot war, aber die anderen lebten noch. Nach einer kurzen Pause mit Getränken ging es weiter und auf einmal rief Clair erneut „Stopp!“

 

Diesmal stoppte Viktor gleich auf dem richtigen Bild.

„Das da, neben Theobald, der Stecher, Vogel ist ein ganz anderes Kaliber, was macht der denn in Südfrankreich, das ist ein Asiate und ich kenne ihn als Dr. Kajat, Marius oder so ähnlich, aber der ist hier falsch, der betreibt etwas ganz anderes und in Asien.“

„Was denn Kind?“ Fragte Dagan Clair fast väterlich.

„Piraterie, Menschenhandel und mehr.“

 

**

 

Dagan saß wenige Stunden später mit Viktor an einem der großen Sicherheitsterminals und auf dem Bildschirm lächelte ihnen General Lem entgegen.

„Und Clair hat den anderen Mann tatsächlich als Dr. Darius Kajat identifiziert?“

„In der Tat, beim Vornamen war sie sich nicht sicher ob Marius oder Darius, aber das ist unwichtig. Sie hat ein weiteres wichtiges Puzzle gelöst. Theobald, der Stecher, Vogel und Marius Kajat haben ein gemeinsames Geschäft. Wusste Clair, wann und wo das Bild entstand?“

„Nur das Jahr, mehr wusste sie nicht.“

 

„Dagan, ihr alter Feind hat sich mit Piraten verbündet.“

Dagan nickte, er schien in sich zu sehen und flüsterte halblaut „… und das nicht zu ersten Mal …“

 

Viktor schaute auf Dagan und grinste ihn frech an. „Wie ich höre, sind zwei deiner Nichten hierher unterwegs. Ich glaube du freust dich darauf, Fabienne und Finja wieder zu sehen.“

„Natürlich, Familie ist etwas Wunderbares.“

 

**

 

Soulebda International Airport

Die Maschine aus Europa kam spätabends an Terminal 1 zum Stehen und die Passagiere verließen sie in Richtung der Passkontrolle. Fabienne und Finja wurden bereits von einer lächelnden Mitarbeiterin des Palastes erwartet und über das VIP Portal durchgeschleust. Wie immer schauten einige missmutig schauende Passagiere und fragten sich, was das für zwei Mädchen waren.

 

„Hallo Fabienne und Finja, ich bin Melanie aus dem Palast. Die Regentin möchte, dass ich sie direkt zu Dagan und Viktor bringe. Ach ja, willkommen auf Soulebda, heute ist einer der wenigen Tagen, an denen es einmal richtig gut regnet.“

 

Fabienne lächelte zu Finja und sie flüsterten Melanie zu: „Kannst du die beiden Typen hinter uns, den mit dem grünen Shirt mit dem Panda Bild und den grauen Krawattenträger mit den weißen Turnschuhen überprüfen lassen, die erscheinen mir nicht ganz koscher. Die sind in München eingestiegen und bei einem Toilettengang konnte ich von hinter ihnen sehen, dass sie Bilder von uns in ihren Unterlagen hatten.“

 

Melanie zückte unauffällig ihr Funkgerät und schaute dabei auf die Papiere in ihren Händen, als sie in das Funkgerät sprach. Es sah so aus, als wolle sie die Papiere der Mädchen überprüfen. Noch ehe sie danach die beiden Mädchen an die Zollkontrollen brachte, traten vier Beamte neben die beiden Verdächtigen und baten sie höflich, aber deutlich, ihnen zu folgen.

Finja hatte sich unauffällig umgedreht und beobachtete die Passagiere, die nach ihnen gekommen waren, ob sich da noch jemand auffällig benahm.

 

Auf der anderen Seite der Glasscheibe stand ein smarter, älterer Chinese und hatte die Tür im Blick, durch die gerade die beiden Verdächtigen gebracht wurde. Er sprach leise, aber aufgeregt in sein Smartphone. Dabei schüttelte er sein Smartphone, als ob dadurch die Verbindung besser werden würde.

Als der Chinese sah, dass er von Finja, Fabienne und der Beamtin angesehen und fixiert wurde, drehte er sich schnell um und wollte weglaufen, aber er rannte direkt in einem Bären von einem Mann und ging zu Boden.

„Den Chinesen haben wir seit einer geraumen Zeit im Verdacht hier zu spionieren, wir wussten nur nicht für wen. Jetzt passt mal auf.“, sagte Melanie zu den Mädchen und sie schauten dem beginnenden Schauspiel zu.

 

Der erschrocken zu Boden gegangene Chinese wurde von dem bärenhaften einheimischen Mann aufgehoben und wieder auf die Füße gestellt. Dabei schien es, als wolle der Riese von einem Mann den Puls des viel kleineren Chinesen kontrollieren.

Dass dabei ein kleiner Pfeil in den Hals des Chinesen gestochen wurde, fiel nicht auf, nur dass der Chinese plötzlich zusammenbrach und von dem starken Einheimischen gerade noch eben aufgefangen wurde. Es war eine perfekte Täuschung und sie fiel nicht auf.

 

Zwei „zufällig“ vorbeikommende Sanitäter mit Verbandtasche und Trage legten den nunmehr bewusstlosen Chinesen auf die Trage und verschwanden um die Ecke. Der Bär von einem Mann schaute kurz zu den drei Mädchen und Melanie nickte ihm leicht zu und lächelte. Da es bereits sehr spät war fiel das Schauspiel von eben auch keinem auf.

 

„Jetzt wissen wir, dass der Mann ein Koordinator war, der die ankommenden Agenten empfing und steuerte.“

Als die drei Mädchen endlich das Zollgelände verlassen hatten, fuhren sie direkt mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und stiegen in eines der Regierungsfahrzeuge ein.

 

„Hallo, ich bin Thin’Katubort und ich bringe euch direkt zu Dagan und Viktor. Die beiden Typen an der Zollkontrolle wurden eben vorläufig festgenommen, das nur zur Information.“

Während die Limousine aus der Tiefgarage fuhr, hatte der Regen bereits aufgehört und sie fuhren auf direktem Weg zum Palast.

 

**

 

Heylah und Soleab hatten vor kurzem eine lange Sitzung beendet. Die Teilnehmer verließen den Saal und gingen nach Hause, denn es war spät geworden. Die Gardistin trat ein und brachte die Mädchen zu Soleab.

 

Einige Dienerinnen, die noch Getränke brachten, grüßten freundlich und ließen Soleab dann mit den beiden Mädchen alleine.

 

„Schön, dass ihr gekommen seid, Lem sagte, dass ihr einigen Dingen versucht auf den Grund zu gehen und ich bin bereit euch dabei zu helfen. Wir dachten, dass wir euch bei Caroline und Clair unterbringen, die haben Platz genug und ihr Haus bietet den passenden Schutz.

Seit den Anschlägen sind die Sicherheitsmaßnahmen angepasst worden und neben den elektronischen Spielereien haben wir auch eine Gruppe der Stammeskrieger angefordert. In der Villa tun immer zwei von ihnen Dienst und die anderen wechseln sie ab.“

 

Mein Wagen bringt euch gleich zur Villa von Caroline. Morgen Mittag seid ihr vier Gäste der Regentin und mir, zur Mittagszeit werdet ihr abgeholt. Und jetzt wünsche ich euch eine gute Nachtruhe, Caroline und Clair wissen schon Bescheid.“

 

Soleabs Fahrer brauste recht flott durch die Straßen, dabei fuhr er sicher und vorausschauend. Noch nicht einmal acht Minuten später fuhr der Wagen in die Tiefgarage ein und die Mädchen stiegen aus.

Als sie aus dem Fahrstuhl entstiegen, stand ich mit Clair im Foyer und wir erwarteten sie.

„Schön, dass ihr da seid, wir haben euch erwartet. Kommt erst einmal und legt ab, macht es euch bequem. Das hier ist ein traditioneller Begrüßungstrank, er wird aus fünf Früchten gewonnen und spendet euch sofortige Lebenskraft, ihr werdet sehen. Ach ja, natürlich ohne Alkohol.“

Ich übergab meinen beiden „Schwestern“ je einen Drink und Clair und ich nahmen auch einen. Die beiden Mädchen legten ab und schlüpften aus ihren Schuhen. Noch ehe ich meine Begrüßung vorbringen konnte, stürmte Fabienne bereits vor und fragte „Können wir nicht oben im Pool unsere Begrüßung feiern, unsere Füße schmerzen und ich bräuchte ein angenehmes Bad. Na wie ist es?“

Clair war einverstanden und ein paar Minuten lagen wir im herrlichen Wasser und endlich ging es meinen beiden „Schwestern“ wieder besser.

 

„Clair, das sind meine Schwestern Fabienne Stahl und Finja Marunja, sie gehören wie auch ich zur Familie um Dagan beziehungsweise Lem und wir sind viel mehr als verwandt.“

„Ja, ich habe in Deutschland von Dana gehört, dass es da eine besondere Verbindung gibt und dass nur die Besten der Besten dazu berufen werden.“

Finja lachte laut auf „Zumindest ist General Lem bei seiner Auswahl sehr genau und oft etwas zickig, aber er weiß genau, was er will.“

Fabienne lächelte ihr gewinnendes Lächeln und umarmte mich. „Caroline und ich wurden noch vom großen Dagan ausgesucht und Caroline hat, na sagen wir einfach, einen Sonderstatus.“

Clair war jetzt wieder neugieriger geworden und räkelte sich in dem herrlich warmen Poolwasser umher. „Soso, ein Sonderstatus. Wieso nur wundert mich das nicht?“

 

„Na genug mit den ollen Kamellen, morgen haben wir einiges zu erledigen und ich würde gerne noch wissen, was ihr alles vorhabt und weshalb Lem euch beide gehen ließ.“

„Siehst du Clair, wir verlustieren uns noch und sie denkt schon wieder an die Arbeit. Aber es ist gut so.“, grinste mich Fabienne an. „Schade nur, dass Peter nicht auch hier ist, ich bin überzeugt, die kommende Nacht hätte er sicherlich nicht vergessen. Oh Clair, wie schaut es eigentlich mit dir aus, hast du schon die sexuelle Freizügigkeiten auf Soulebda kennen lernen dürfen?“

Jetzt verblüffte Clair die beiden. Sie schwamm auf mich zu, umarmte mich und küsste mich leidenschaftlich auf den Mund.

 

„Ja, ich hatte bereits das Vergnügen und ich fühle mich dabei sehr wohl.“ Jetzt kamen Finja und Fabienne näher zu uns und wir umarmten uns und streichelten uns eine Weile.

„Ihr Lieben, ich habe das Gästezimmer umbauen lassen, da haben jetzt deutlich mehr Leute Platz, als noch vor einem Jahr. Lasst uns hinaufgehen und den Tag genüsslich ausklingen lassen und morgen besprechen wir alles Dienstliche. OK?“

 

In dem herrlichen Schlafzimmer wehte ein wunderbarer sanfter Wind und hauchdünne Vorhänge spielten einem Windspiel gleich überall an den Fenstern.

Der Tisch war mit frischem Obst und wunderschönen Blumen bestellt und es brannten überall Lichter in einem sanften ruhigen Licht. Ich ging geradewegs an den Ankleideplatz, an dem mehrere Ständer mit Bügeln standen und legte meinen Bikini ab.

„Bitte, tut euch keinen Zwang an.“ Damit gab ich das Zeichen und binnen Minuten huschten vier Schönheiten durch das Zimmer. Fabienne kam auf mich zu und zog mich sanft auf das Bett und streichelte meine Haut. Jetzt war sie wieder zu Fibi geworden und ihr Leuchten war in ihre Augen zurückgekehrt.

 

„Weißt du, dass du noch schöner geworden bist, die Hochzeit mit Peter hat dir gutgetan.“

„Oh danke, ich glaube aber, das waren die beiden letzten Wochen, da hatten wir hier Überraschungsgäste, die mich auf Trab gehalten haben. Wo sind eigentlich Finja und Clair?“

Die beiden standen immer noch am Ankleideplatz und streichelten und küssten sich.

„Ich hol mal unsere Turteltäubchen, sonst kommen wir hier nie zur Sache und morgen sind wir alle nicht ausgeruht. Dabei habe ich für uns morgen den Schießparcours herrichten lassen.“ Beschloss ich und Fibi richtete bereits das riesige Bett.

 

**

 

Combat Trainingsparcours

Tags darauf tranken wir gerade ein großes Glas Fruchtsaft. Jerome als unser Ausbilder, erklärte uns, was er sich diesmal für einen Parcours ausgedacht hatte.

„Diesmal ist das Combat Training an der Reihe. Da ihr alle ausgebildete Kurzwaffen Profis seid, habe ich die Messlatte angepasst. Ihr schießt mit euren Waffen. Jede bekommt achtzehn Magazine mit voller Kapazität. An den Trainingsständen stehen Körbe, da werft ihr die leeren Magazine hinein. Geht eines verloren, und landet nicht im Korb, so gibt das 50 Strafpunkte. Magazine und Munition verbleiben am jeweiligen Stand und werden nicht mitgenommen ihr nehmt nur die Waffe mit. Ihr seid an dem Stand mit eurer Startnummer.

 

Ihr lauft und schießt gleichzeitig, der Parcours ist dafür ausgelegt. Nun die Platznummern, ihr bekommt jeweils ein gelbes Shirt mit der Nummer, nur für den Fall der Fälle.

Geschossen wird auf IPSC Ziele. Da die Damen ja Profis sind, schießen wir Minor und nicht Major, verstanden?

Um die Sache etwas realistischer zu machen, haben wir das mit einem kleinen Waldlauf kombiniert. Es gibt zwei Runden rechts und linksherum. Das sind die Runden Eins und Vier. Die Laufrichtung wird beim letzten Schuss angegeben.

 

Es laufen je zwei in eine Richtung. Geschossen wird ausschließlich auf den Plätzen 1, 3 und 5. Alle anderen Plätze sind für euch tabu. Zum Start laufen alle gemäß der Startnummer gerade oder ungerade.

Ich erwarte ein deutlich besseres Ergebnis, als bei meinen Gardisten des 1. Ausbildungsjahres. Ihr werdet überwacht und es gilt wie immer WBWB. Irgendwelche Fragen?“

 

„WBWB, was bedeutet das, ich kenne diese Regel nicht.“, fragte Clair und Jerome grinste.

 

„WBWB bedeutet: Wer bescheißt, wird bestraft, das besagt die Regel. Da es sonst keine Fragen mehr gibt, geht es jetzt auf.“

 

Unser Schießplatz lag an einer der Seitenbereiche. Von außen konnten keine Neugierigen eindringen, die Beschilderung besagte eindeutig, dass hier geschossen wird und dass Leoparden frei herumlaufen.

Jerome hatte sein Ohr an einem Funkgerät und gab den Parcours frei.

„Auf geht, der Waldspaziergang beginnt und 3 … 2 … 1 … Los!“

 

Finja und ich hatten die ungeraden Startnummern, wir liefen also auf dem Weg Eins und stellten fest, dass Jerome gut eine Meile vorgegeben hatte.

Als alle an dem Platz waren, ging das Schießen auch schon los. Der Parcours hatte es in sich. Jerome hatte ganze Arbeit geleistet und ich musste mich anstrengen, um alles fehlerfrei zu absolvieren.

Mit einem Pfiff wurde der letzte Schütze als fertig angegeben und schon ging es wieder los, diesmal mussten wir den anderen Laufweg nehmen.

 

So rannten und schossen wir über den Parcours und Clair überraschte mich dabei jedes Mal wieder, Sie schoss fehlerfrei und rannte wie ein Sprinter los.

Endlich war alles absolviert und wir waren triefnass verschwitzt. Gerome machte es mal wieder spannend und gab bekannt, dass er die Ergebnisse am Abend nach dem Abendessen bekanntgeben würde. Dann entließ er uns und wir wurden zurückgefahren, wo wir uns frisch machen konnten.

 

**

 

Frisch geduscht und eingekleidet saßen wir beim Frühstück und waren, wie sooft überrascht, was Ma’Difgtma und ihr Team in der Küche gezaubert hatten.

 

„So, jetzt erzählt mal, was euch beiden hierhertreibt. Wenn euch Lem beide zeitgleich gehen lässt, dann muss etwas recht Konkretes dahinterstecken. Also los, geht es um Clair, wie sie und die Franzosen in die ganze Geschichte hineinpassen oder um etwas anderes, das mit Soulebda und Alofi zu tun hat.“

„Caroline, dir kann man nichts vormachen, ja es ist tatsächlich so, dass wir zwei verschiedenen Aufgaben nachgehen. Wir haben erfahren, dass der Mann, der in Mainstadt den Anschlag geplant und ausgeführt hat, Theobald der Stecher, Vogel ist und dass der Stecher alle Zeugen im Alofi Prozess die er finden konnte, umgebracht hat.

 

Das war wohl auch der Grund, weshalb ihr beide aus dem Weg geschafft werden solltet. Ihr kennt die Akten und ward Augenzeugen auf Alofi. Ihr kennt die riesige illegale Müllkippe dort und wart bei der Befreiung der Menschen dort mit dabei. Peter und du, ihr seid Augenzeugen. Geht mal besser davon aus, dass der Stecher noch nicht aufgegeben hat euch beide auszuschalten.“

„OK verstanden, und wie passt jetzt Clair in das Ganze?“

Jetzt schauten wir drei Clair an und ich lächelte sie an. „Das meine Liebe werden wir versuchen herauszufinden. Wenn es da tatsächlich eine Verbindung gibt, haben wir etwas Wichtiges erfahren. wenn nicht, dann sind das zwei verschiedene Angelegenheiten und auch dann wissen wir mehr. So, oder so, wir haben eine Aufgabe zu lösen.“

 

Clair stand auf und lächelte uns an. „Haben wir einen sicheren Raum mit schnellem Internet, Beamer und Konferenzausrüstung?“

„Sicher, kommt mit, im unteren Arbeitsbereich ist der Besprechungsraum, der hat vermutlich genau das, was du suchst. Ich sage schnell noch Ma‘Difgtma, dass wir dort sind und eine Absicherung brauchen, sie wird wissen, was gut ist. Außerdem kann sie uns Getränke und mehr geben.“

 

**

 

Der Besprechungsraum hatte Platz für acht Leute, war klimatisiert und abhörsicher ausgelegt. Hier waren schon früher geheime Besprechungen abgehalten worden und so war der Raum mit den Sicherungsmaßnahmen geblieben. Mehrere Displays standen uns hier zur Verfügung, zwei starke Beamer für Full HD und eine topaktuelle Konferenzanlage.

 

„Ehe wir loslegen,“ begann ich, „noch eine Kurzinformation, wir bekommen nachher noch Besuch. Dagan und Viktor kommen noch vorbei, sobald die ihr Meeting im Palast beendet haben. Ich hoffe, die beiden können uns mit ihrer Erfahrung etwas helfen.“

Die Mädels hatten sich hingesetzt. Finja hatte bereits den Beamer ins Rennen gebracht und prüfte die Internetleitung auf das Tempo.

 

„Whow, ihr seid hier eindeutig verwöhnt, das Internet ist ja rasend schnell hier.“

„Klar doch, wir betreiben hier ja auch neben Papua-Neuguinea einen der beiden IPX-Internetknoten im Südpazifik und die NICTA freut sich.“

„Du und dein Fachchinesisch. Aber lasst uns beginnen.“ Fabienne stand auf und ging an die Projektionswand. Mit einem kurzen Blick zu Finja, die am Notebook saß, begann sie ihren Vortrag.

„Vor über einem Jahr fand hier in der Nähe ein Kampf auf zwei Inseln statt. Eine Industriemacht hatte den dortigen König übernommen und so die Macht an sich gerissen. Es kam zum Aufstand und Soulebda wurde aktiviert. Infolge der Kämpfe fanden auf der Insel Alofi Befreiungsaktionen statt. Dabei wurde eine riesige Deponie entdeckt. Große Bereiche der Insel waren unterminiert und wurden als Sondermülldeponie für die Welt genutzt.

Caroline und Peter waren bei der Befreiungsaktion und der anschließenden Besichtigung der Deponie dabei, sie haben Kenntnis von Unterlagen, Beweisen und vieles mehr. Der Oberschurke wurde damals in Deutschland ausgemacht, aber es wurde noch nichts gegen ihn unternommen.

Stattdessen wurden nach und nach alle Beteiligten, die Kenntnis von der Deponie hatten getötet. Nach und nach wurden es weniger, jetzt sind nur noch eine Handvoll übrig und ihr beide gehört dazu, genauer ihr steht jetzt ganz oben auf der kurzen Liste.“

 

Das Profilbild von Theobald, der Stecher, Vogel wurde eingeblendet.

„Das hier ist unser Mann fürs Grobe. Der Stecher arbeitet für einen Auftraggeber aus Deutschland und mordet nicht auf eigene Kappe, wir vermuten allerdings, dass da noch mehr dahintersteckt, weshalb er so mordlustig ist.“

 

Das würde zumindest erklären, weshalb Caroline und Peter auf der Abschussliste stehen.

Für die nächsten Puzzlestücke brauchen wir aber noch etwas mehr, denn wie du meine liebe Clair mit dem Geheimdienst hier hereinpassen, das sollten wir jetzt untersuchen. Vielleicht finden wir ja den Zusammenhang, nachdem wir alle suchen.

 

Am einfachsten sage ich dir was wir wissen und was wir vermuten, dann kannst du ja einsteigen.“

Clair trank etwas Saft und nickte kurz, dann sagte sie: „Mein Chef und die Verteidigungsministerin haben ja bereits grünes Licht gegeben, ich kann also problemlos reden. Wenn es euch nichts ausmacht, dann erzähle ich was ich weiß.“

 

Es klopfte und Dagan trat zusammen mit Viktor Kubaliborov ein. Sie grüßten kurz und setzten sich an den Tisch. Fünf Minuten später waren sie auf dem gleichen Wissensstand und Clair begann.

„Wir begannen vor sieben Jahren unsere Ermittlungen im internationalen Schmuggel. Im Laufe der Ermittlungen stellten wir fest, dass das Mittelmeer und speziell die Region um Marseille sehr aktiv war. Wir fanden im Laufe der Jahre heraus, dass sich eine neue Macht erhob, die den Schmuggel mit allem was man brauchte, an sich gerissen hatte.

 

Wir waren daran herauszubekommen, was chinesische Gruppen und einige andere asiatische damit zu tun hatten. Doch unsere Bemühungen waren sabotiert worden. Die Leitenden der Operationen verstarben auf rätselhafte Weise. Heute würde ich vermuten, sollte man unter den Zungen der Verstorbenen suchen. Aber damals hat man das übersehen.

Jedenfalls war ein riesiges Transportsystem dahinter aufgezogen worden. Wir vermuteten, dass es sich dabei um organisierte Piraterie handelte und waren kurz davor die Beweise zu sichern. Doch dann wurde die Superyacht, auf der das alles ablief in Atome gesprengt und es war vorbei mit Beweisen und mehr. Leider kamen dabei drei Ermittler, zwei Agenten und eine ganze Sondereinheit mit ums Leben. Das war ein sehr teurer Einsatz.“

 

Dagan meldete sich zu Wort. „Folgendes müsst ihr noch wissen. Das ging bis heute noch nicht an die Presse oder die ermittelnden Stellen.

In Frankreich gab es eine Untergrundbewegung, die zusammen mit einigen Terroristen zusammenarbeiteten. Diese Gruppe, HEMA genannt wurde schließlich geschlagen. Einige Überlebende hatten sich dann anderen Aufgaben gewidmet. Wir kamen den Überlebenden nur nach und nach auf die Schliche, weil sie das Verschlüsselungssystem, den „von Schleitz“ Algorithmus, nutzten. Über den nahmen wir die Fährte auf, kamen aber nicht nahe genug heran, als die Yacht zerstört wurde.

Aber wir hatten einige Teile der Funksprüche aufgefangen und entschlüsselt …“

„Ihr habt die Funksprüche entschlüsselt?“, Clair sprang fast aus ihrem Stuhl.

„Ja Clair, wir haben die Funksprüche im Mittelmeerbecken gesammelt, ausgewertet und dann übersetzt. Dummerweise waren aber unsere beiden Geheimdienste waren noch nicht soweit, sich gegenseitig zu vertrauen. Die Entschlüsselung selbst erfolgte aber durch Randy und Dana und beide hast du ja kennengelernt.“

 

„Gibt es eine Quintessenz aus dem ganzen verschlüsselten Zeugs?“

„Leider nein, es fehlten wichtige Passagen der Funksprüche, die wir nicht haben. Um es zu präzisieren sind das die Funksprüche, die am Vorabend des 21. Mai gesendet wurden. Das war noch kurz bevor ihr beiden euren Parcours auf der Luftwaffenstation aufgebaut habt.“

„Vielleicht haben wir das noch gespeichert, auch wenn wir es nicht entschlüsseln konnten, speichern konnten wir es durchaus.“

 

„Es würde uns allen Helfen, wenn wir da weiterkämen.“

„Gut, ich müsste dann aber in Paris abklären, wer und wo die Daten gespeichert sind und wie wir am schnellsten und sichersten an die Daten herankommen.“

Viktor Kubaliborov räusperte sich und warf schmeichelnd ein: „Die sind im Archiv des DGSE, eine Kopie davon ist im Sicherungswerk hier um die Ecke in Neukaledonien. Dorthin haben wir sogar eine gesicherte Datenleitung und können mit 10 Gigabit pro Sekunde die Daten zu uns übertragen. Na, wie wäre es?“

 

„Ich wusste nicht einmal, dass wir hier ein Sicherungswerk haben, ich dachte, das wäre nur eine Lauschstation.“

„Jaja es muss nicht immer der Rainbow Warrior sein, um interessant zu klingen und wir haben unsere Augen gerne überall.“

„Ich müsste dafür über eine gesicherte Leitung …“

„Selbstverständlich.“, sagte Dagan und ging auf Clair zu. „Begleiten sie mich Clair, wir haben hier in der Villa alles, was man braucht.“

Viktor trank noch rasch einen Schluck und grinste, „Morgen früh haben wir die Daten und Randy wird froh sein, wenn er etwas „Normales“ zu tun bekommt.“

„Bist du dir da so sicher Viktor?“

„Aber ja doch, ich kenne doch Dagan.“

 

**

 

Tel Aviv

Lem zuckte zusammen, als Fabienne ihm eine Tasse Kaffee vor ihm auf den Schreibtisch stellte. Sie und Finja waren in sein Büro gekommen um Lem eine Zusammenfassung über ihre bisherigen Erkenntnisse zu überbringen.

 

„Entschuldigung.“ Sagte sie leicht verlegen. „Ich…“

„Schon gut, ich war gerade etwas abwesend.“

„General… sie sind völlig fertig! Wollen sie sich nicht etwas ausruhen?“

„Ausruhen kann ich mich später lange genug.“

„Wann später?“, fragte sie zweifelnd nach. „Wenn die Welt gerettet ist? Das könnte noch etwas dauern.“

 

„Halten sie ihre vorlaute Klappe.“

Fabienne grinste und zeigte auf die Unterlagen vor Lem. „Darf ich?“

„Nur zu, ihre neue Aufgabe.“

Fabienne schlug die Mappe auf, hielt den Inhalt so, dass auch Finja die Dokumente sah und schaute auf das Bild eines Mannes, der etwa Mitte fünfzig war und ein gestochen scharfes Profil hatte. Daneben war ein Bild desselben Mannes, das vor circa dreißig Jahren aufgenommen wurde. „Wer ist das?“

„Theobald, der Stecher, Vogel!“

„DER Stecher?“, fragte Finja.

„Ja, DER Stecher!“

 

„In der Ausbildung habe ich von ihm gehört. Er soll einer der besten Attentäter und Auftragsmörder der Welt sein. Über ihn gibt es dutzende Berichte und Memos. Wieso haben wir den Mistkerl noch nicht erledigt?“

„Weil er gut ist! Er hat Aufträge für so ziemlich jeden Diktator, Schlächter und Despoten der Welt ausgeführt. Viele davon umsonst. Also nicht ganz umsonst, die Bezahlung bestand aus der Möglichkeit, in ihrem Land unterzutauchen, falsche Diplomatenpässe, eine Polizei, die wegschaut, wenn er in das Land einreist und so weiter.

 

So ist er uns immer wieder entwischt. Vogel taucht auf, führt einen Auftrag durch und taucht in irgendeinem Land, außerhalb unserer Reichweite wieder unter.“

„Da neuere Bild zeigt ihn vor dem Gefängnis in Mainstadt.“ Stellte Fabienne fest.

„Ja, Kaufmann konnte ihn mit der Kamera erwischen. Der Stecher koordinierte ein Beobachtungsteam welches das Gefängnis beobachtet hat. Major Clair Clament vom DGSE hatte zuvor Kaufmann kontaktiert, da sie auf eine Verschlüsselungssoftware gestoßen war, die sich als ein Ableger das Schleitz herausgestellt hat. Kurze Zeit danach waren alle ihre Kollegen tot… Kommt einem bekannt vor, nicht wahr? Jedenfalls hat Brauer eins und eins zusammengezählt und Clament sicher untergebracht. Keine 24 Stunden später wurde das Gefängnis vom Stecher beobachtet und es gab einen Bombenanschlag.“

Fabienne zog erschrocken die Luft ein. „Dana?!“

 

„Nein! Seltsamerweise galt der Anschlag Caroline und Peter. Jemand hat Peter vor einem Supermarkt abgelenkt, eine Bombe in seine Einkäufe gepackt und die Wohnung in die Luft gesprengt. Beide haben mit viel Glück überlebt.“

 

„Ist den Beiden was passiert?“

„Nein, sie hatten wirklich Glück. Sie sind jetzt mit Major Clament auf dem Weg nach Soulebda.“

„Wenn man diese Claire umbringen wollte, warum dann Caroline und Peter?“, fragte Finja. „Eine Bombe in den Einkäufen… das war ein gezieltes Attentat.“

 

„Ja, genau über diese Frage habe ich nachgedacht, als ich von euch unterbrochen wurde!“

„HHMM, die Tote, die ich in Paris untersucht habe, wurde vergiftet. Vermutlich durch den Einstich unter der Zunge… Das würde zum Stecher passen.“ Meinte Fabienne. „Auch der Flugzeugabsturz war eindeutig kein Unglück. Da hat jemand das ganze Team um diese Claire aus dem Weg geräumt. Wieso haben sie dann versucht Caroline und Peter in die Luft zu sprengen?“

„Gute Frage! Das sind Profis! Die wussten, nach dem Attentat würde Brauer das Gefängnis hermetisch abriegeln und sie würden niemals an Claire herankommen… wieso Caroline und Peter? Ihr Zwei werdet eine Antwort auf die Frage suchen!“

„Was ist mit Alofi?“

 

„Der Giftmüll dort läuft nicht weg. Das Zeug strahlt noch die nächsten 10.000 Jahre, so viel Zeit haben unsere Freunde in Mainstadt nicht!“

„Vielleicht…“ Finja brach ab und legte ihre Stirn in Falten. „Wäre es möglich, dass es da einen Zusammenhang gibt? Wir wissen, dass der große Unbekannte, der hinter der Deponie auf Alofi steht, aus Deutschland kommt und das Caroline und Peter auf dessen Abschussliste stehen.“

Lem zog seine Augenbrauen zusammen und ließ sich Finjas Einwurf durch den Kopf gehen. „Und wo sehen sie da einen Zusammenhang?“

 

Finja sah Lem fest in die Augen. „Ich weiß es nicht, aber ich habe da so ein Gefühl, dass mir sagt, dass ich Recht habe.“

Lem starrte die Beiden eine Zeitlang an, dann nickte er. „Ok, schnappt euch die Akte da und prüft das nach. Bevor ich einen politischen Sturm verursache, brauche ich hieb und stichfeste Beweise. Und noch was! Diesmal will ich den Stecher haben!“

„In der Ausbildung hieß es, hinter vorgehaltener Hand, dass sich ihre Wege und die des Stechers schon einmal gekreuzt haben. Und dass sie eine der wenigen Personen sind, die dieses Zusammentreffen überlebt haben.“

 

„So, heißt es das?!“, fragte Lem und zog die Augenbrauen zusammen. „Es gibt sieben Personen, die dem Stecher begegnet sind und noch leben! Sie finden sie alle in der Akte.“

Finja schlug die Mappe wieder auf und blätterte sie durch, als ihr ein Bild ins Auge fiel. „He, sie waren ja mal jung.“ Lachte sie, als sie das Foto von Lem, von vor dreißig Jahren fand.

„Sie habe ein verdammt großes Mundwerk, für eine Steppennomadin.“

 

Doch Finja hörte ihn gar nicht! Sie starrte auf ein anderes Foto, dass eine Gruppe von sechs jungen Männern in einer und einer Frau, zeigte. Diese Leute waren schmutzig, abgekämpft, aber eines sah man ihnen dennoch an, diese Gruppe hatte eine Schlacht gewonnen!

 

„Das…das…“ sammelte Finja.

„Ja, das sind die besagten sieben Personen, die den Stecher überlebt haben.“

Fabienne trat an Finja heran und schaute sich das Bild an. „Das sind sie, Levi, Dagan…Sind das etwa Brauer und Decker?!“

 

„Ja.“

„Und wer sind die beiden anderen?“ fragte Fabienne. Die Frau und der Mann standen neben Frank und sie standen enger beieinander als die anderen und der Mann hatte seinen Arm um die Frau gelegt.

Lem grinste nur und Finja stammelte, „…das sind meine Eltern!“

 

**

 

Tel Aviv Airport Ben Gurion

„Meine Eltern haben mir nie erzählt, dass sie Lem und Levi schon so lange kennen.“ Sagte Finja zu Fabienne.

Die Beiden saßen in einem Flieger nach Soulebda und genossen die Annehmlichkeiten der Businessklasse. „Ich habe immer gerne die Geschichten über und mit dem großen Adler gehört. Vieles davon klang so… unglaublich. Dass Sie Dagan kennen wusste ich ja seit Kasachstan, doch dass sie auch Lem und Levi kenne, haben sie nie erwähnt.“

 

„Wahrscheinlich, weil alles geheim ist.“

„Wenn ich so darüber nachdenke… sie haben mir zwar die Geschichten mit dem großen Adler erzählt, doch sie haben mir nie erzählt, was wirklich geschehen ist…

 

**

 

Tel Aviv

Zu den vielen Papieren auf seinem Schreibtisch legte Soraya einen weiteren Stapel dazu.

„Verdammt!“ fluchte Lem, als er die neuen Unterlagen sah. „Was ist das?“

„Fabienne bat mich, vor ihrer Abreise, alle Firmen herauszusuchen, welche giftige Abfälle für die Regierung entsorgen. Dazu sollte ich die dazugehörigen Verträge ausdrucken.“

„Da Fabienne nicht hier ist, sollten wir uns auf Firmen konzentrieren, die hier bei uns tätig sind. Den Rest kann sich Fabienne nach ihrer Rückkehr ansehen.“

„Nun, das sind nur „unsere“ Firmen.“

 

„Was?! Der ganze Stapel?“

„Ja, Firmen gibt’s nur wenige, aber die Verträge sind sehr komplex.“

„Ok. Gehen sie zu Kuklinski. Ich brauche einen schlauen Eierkopf, der sich mit Vertragsrecht auskennt und der mir sagen kann, wo in diesen Verträgen der Wurm steckt. Wichtig ist, dass der Eierkopf den Mund hält, über das, was er hier sieht.“

„Sofort. Ich soll sie an ihren Termin mit der Verteidigungsministerin erinnern. Sie haben noch eine halbe Stunde.“

 

„Ah, gut. Vielen Dank.“ Lem machte sich noch schnelle ein paar Stichpunkte und machte sich dann auf, um sein schwierigstes Gespräch zu führen, dass er je hatte.

 

**

 

„Haben sie eine Ahnung wie groß der Schaden sein wird?“ fragte Leah Daniel eine Stunde später.

Lem hatte sie gerade über das Ausmaß der Alofi Akten in Kenntnis gesetzt und ihr Namen, Zeiten sowie Beweise präsentiert.

„Oh, ja… Die Regierung würde stürzen.“

„Das ist weit untertrieben! Die letzten Jahre haben wir endlich etwas Ruhe und erleben so etwas wie Stabilität und ein friedliches Miteinander. Wenn die Regierung stürzt, kann keiner absehen, wer bei den nächsten Wahlen gewinnt und wohin der Kurs der neuen Regierung führt. Ganz abgesehen vom Imageschaden, den unser Land davontragen wird.“

 

„Um den wird sich keiner scheren. Wenn die Bombe hochgeht, haben alle Regierungen ihre eigenen Probleme.“

„Warum ich? Warum kommen sie zu mir? Die Armee ist von dem Skandal nicht betroffen?“, fragte Leah, nachdem sie erneut einen Blick in die Unterlagen geworfen hatte.

 

„Nun, ihr Name taucht in den Akten nicht auf, was der Grund für dieses Gespräch ist. Auch unser Ministerpräsident scheint sauber zu sein, doch wie sie bereits festgestellt haben, würde ein Skandal einen Regierundwechsel mit sich ziehen und unsere Sicherheit gefährden. Allerdings können wir nicht ewig den Deckel auf der Sache lassen, denn zu viele Menschen wissen bereits davon. Die Behörden auf Soulebda haben Kenntnis, König Leave und seine Berater wissen davon und schließlich unsere Freunde in Deutschland. Irgendwann wird sich jemand fragen, warum Alofi plötzlich Sperrgebiet ist und sich nicht mit der Antwort zufriedengeben, dass man dort illegalen Bergbau betrieben hat.

 

Ein einziges Bild mit einem Giftmüllfass reicht völlig aus, um den Sturm zu entfachen. Unseren Spezialisten auf Alofi konnten mittels einer Isotopenbestimmung bisher fünf Behälter radioaktives Material sicherstellen, die eindeutig aus unserem Land kommen. Wird das Ganze erst einmal publik, werden sich die Ereignisse überschlagen und unser Ministerpräsident wird kalt erwischt. So hat er Gelegenheit sich vorher um das Problem zu kümmern, diesen Luxus werden die wenigsten Regierungen haben.“

 

Darüber dachte Leah nach. Schließlich sah sie Lem an und fragte. „Warum? Warum hängen sie sich so in die Sache hinein?“

„Nun erstens empfinde ich es als unsere Pflicht unseren Giftmüll zurückzuholen. Die Menschen dort dürfen nicht zu Schaden kommen, bloß weil korrupte Politiker Geld scheffeln. Wenn wir Giftmüll produzieren, dann müssen wir auch sehen, wie wir ihn fachgerecht entsorgen. Das in einer illegalen Deponie zu lagern, noch dazu, ohne dass die Menschen, welche in die in der Nähe leben, davon zu unterrichten, sehe ich nicht als fachgerecht an.

 

Und zweitens weißt einiges darauf hin, dass Theobald, der Stecher, Vogel mit in das Verbrechen involviert ist. Unser Geheimdienst, die Polizei und viele andere suchen diesen Mistkerl schon viel zu lange. Hier bietet sich die Gelegenheit Vogel zu erwischen.“

„Von Vogel habe ich schon gehört. Er soll mehrere Attentate in Israel verübt haben.“

„Nicht nur hier.“

 

„Höre ich da etwas Persönliches heraus?“

„Jeder Mitarbeiter des Geheimdienstes hat einen persönlichen Grund diesen Mistkerl tot zu sehen.“

„Ich werde den Ministerpräsidenten in einem vier Augengespräch von dieser Sache in Kenntnis setzen. Wahrscheinlich wird er sie darum bitten, erst einmal nichts zu unternehmen, um das Ganze nicht publik zu machen.“

 

„Soweit es mich betrifft, werde ich keinen Schritt in diese Richtung unternehmen, ohne dies mit dem Ministerpräsidenten abzusprechen. Doch für andere Behörden, wie zum Beispiel König Leave, kann ich keine solche Garantie geben, was sie sicherlich verstehen.“

„Was denken sie, wie lange der Skandal noch geheim bleibt?“

 

„Nun, der Stecher hat in den letzten Monaten hunderte Leute umgebracht, welche in den Akten standen. Er hat damit vorerst eine direkte Verbindung, zwischen der Deponie und der Politik verhindert, allerdings hat er in diesem Zusammenhang zwei Anschläge verübt, die fehlgeschlagen sind. Sie haben sicher von dem Anschlag in Mainstadt gehört. Das öffentliche Interesse ist riesig und irgendwann wird ein cleverer Polizist zwangsläufig den richtigen Schluss ziehen. Ab dann ist der Skandal nicht mehr aufzuhalten. Ich gebe dem Ministerpräsidenten vier, maximal fünf Wochen, dann sollte er einen Plan B haben.“

 

**

 

Als Lem zurückkam sah er, dass ein Büro weiter, ein junger Anwärter saß, der sich über den Verträgen brütete. Als Lem den Raum betrat sprang dieser wie von einer Tarantel gestochen auf und stand stramm.

 

„Stehen sie bequem. Name?“

„Offiziersanwärter Samson!“

„Gut, Offiziersanwärter Samson. Hat ihnen Hauptmann Davidson ihre Aufgabe erklärt?“

„Hauptmann… wer?“

„Hauptmann Davidson, Soraya Davidson!“

„Oh Soraya… entschuldigen sie General, aber der Hauptmann trug keine Uniform. Ja! Hauptmann Davidson trug mir auf, die Verträge auf versteckte Klauseln zu prüfen, die auf eine illegale Tätigkeit hinweisen.“

 

„Und können sie das?“

„Jawohl, Herr General. Bevor ich beschloss zur Armee zu gehen, habe ich Jura studiert Schwerpunkt Vertragsrecht. Meine ganze Familie lebt vom Verkauf und der Vermittlung von Versicherungen. Ich bin der erste in meiner Familie der sich nicht am Familiengeschäft beteiligt.“

„Aha. Und warum?“

 

„Ich sehe meine Zukunft nicht darin, Leuten Versicherungen zu verkaufen… aber wenn sie mal eine gute Lebensversicherung brauchen, wenden sie sich an mich.“ Dabei konnte sich Samson ein Grinsen nicht verkneifen.

Lem zog die Mundwinkel kurz nach oben, dann fielen sie wieder nach unten und Lem sah den Anwärter finster an. „Ich sorge für meine Sicherheit selber! Und jetzt machen sie sich an die Arbeit!“

 

„JAWOHL HERR GENERAL!“

 

**

 

„Hier.“ Soraya stellte Lem einen Tasse Kaffee auf den Schreibtisch. „Da Fabienne nicht hier ist, muss ich mich wohl um sie kümmern.“

 

Lem sah Soraya genauso finster an, wie den Anwärter, doch die ließ sich nicht von ihm einschüchtern. „Ihr böser Blick zieht bei mir nicht, ich weiß, wann sie wirklich böse sind und wann sie es nur spielen.“

„Schon einmal daran gedacht, dass ich sie versetzen könnte?“

„Ich wette das Dagan irgendwo eine Art Testament hinterlassen hat, das ihnen genau das verbietet.“

Darüber musste sogar Lem lachen. Natürlich würde er Soraya niemals von seiner Seite lassen, denn dafür hatten sie gemeinsam zu viel erlebt und durchgestanden.

 

„Werden wir das Schwein diesmal erwischen?“

 

„Den Stecher?“, fragte Lem und seine Augen wurden schmal. „JA! Diesmal machen wir keine halbe Sachen!“

 

**

 

Der Damm bricht!

Tel Aviv

Lem ging durch sein Vorzimmer, nickte Soraya zu und schloss dann die Tür seines Büros hinter sich. Soraya schaltete das rote Licht ein, das jedem der auch nur in die Nähe von Lems Büros kam, signalisierte, „NICHT STÖREN!“

Drinnen setzte sich Lem an seinen Schreibtisch, legte sich noch einmal alle Fakten zurecht und wählte dann die Nummer des Ministerpräsidenten, deren Direktwahl er als einer der wenigen Menschen dieser Welt hatte.

„Ja?!“, meldete sich dieser.

„Hier ist General Lem.“

„Lem, was wollen sie?“

„Der Damm bricht!“ Am anderen Ende der Leitung folgte ein langes Schweigen. Was Lem nicht sehen konnte, war, wie der Ministerpräsident für einen Moment die Augen schloss und tief durchatmete. „Wann?“

„Heute Abend.“

„Wo?“

„In Deutschland… Mainstadt.“

„Mainstadt?! Haben sie da ihren Einfluss geltend gemacht?“

„Herr Ministerpräsident, das Ganze lässt sich nicht länger geheim halten. Die Sache gleicht einer Kanonenkugel. Hat die Kugel erst einmal den Lauf verlassen, haben wir keinerlei Einfluss mehr auf sie. So konnten wir wenigstens die Richtung bestimmen…“

„Ich verstehe. Wissen sie um wie viel Uhr?“

„Um circa 21 Uhr.“

„Vielen Dank General.“

Lem starrte die gegenüberliegende Wand an. Was sollte er dazu sagen? „Das ist mein Job.“

„Ich werde um 21Uhr eine dringende Sondersitzung des Kabinetts ansetzen. Die Polizei wird um 20Uhr30 diejenigen festnehmen, die nicht zur Regierung gehören.“

„Die Festgenommen müssen unbedingt geschützt werden. Theobald der Stecher Vogel wird sofort wissen, dass wir seinen Hintermann wollen, und versuchen alle umzubringen, die zwischen den Angeklagten und dem Financier stehen. Und er wird das Caos nutzen.“

„Ich werde General Ben Amir anweisen, die Polizei zu unterstützen.“

„Das wäre eine gute Maßnahme.“ Meinte Lem, nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte. „General… wieso haben sie mir den Rücken freigehalten? Meine Regierung hat ihre Mittel erheblich gekürzt, warum haben sie nicht auf die Opposition gesetzt? Meine politischen Gegner würden dem Geheimdienst sicher erheblich mehr Macht verleihen. “

„Erstens: Mein Job ist es nicht, mir meinen Boss auszusuchen, sondern den Boss zu unterstützen, den ich gerade habe, ganz gleich, was ich von ihm halte.“

„Und zweitens?“

„Sie und ihre Partei haben in den letzten Jahren erheblich dazu beigetragen, die Spannungen in der Region zu verringern. Wenn sie sich erkenntlich zeigen wollen, dann führen sie diese Politik weiter.“

Ein trockenes Lachen erklang. „Ich weiß nicht einmal, ob ich um 21Uhr15 noch Ministerpräsident bin. Aber falls doch… werde ich mein Möglichstes tun.“ „Ich wünsche ihnen viel Glück, Herr Ministerpräsident.“ Sagte Lem legte auf und schaute dann auf das Telefon. „Ihnen und uns allen!“

Dann öffnete Lem die Tür zu Soraya, die ihn schon erwartungsvoll ansah. „Geben sie an alle Stellen durch! Ab 20Uhr30 erhöhte Alarmbereitschaft, ab sofort ist Urlaubssperre und rufen sie alle Abteilungsleiter an. Ich erwarte sie um Punkt 21 Uhr in Besprechungssaal!“

 

**

 

Mainstadt VOLLGAS

„Hier.“ Sarah hielt mir einen Stapel Papiere entgegen und schaute mich auffordernd an. „Kümmere dich darum.“ „Was zum Teufel ist das?“ „Die Berichte und die vorläufigen Ermittlungsergebnisse über den Anschlag. Jemand muss den Minister darüber informieren und das bist du.“

„Wieso ich? Das ist dein verdammter Job. Wer sitzt, der schwitzt!“

„Nein mein Lieber, mein Job ist es den Laden hier zu schmeißen, obwohl ein paar Spinner ein Loch hineingesprengt haben, an der Schleuse zig Fotografen herumlungern und mehr Polizisten als Justizbeamte durch die Flure laufen. Dazu kommt, dass Richard Facher in drei Tagen zurückkommt, um die Leitung zu übernehmen, und ich bis dahin für eine geordnete Übergabe sorgen muss. Wer schreibt, der bleibt!“

„Bist du sicher, dass du nicht mit Frank verwandt bist? Du hast schon denselben Befehlston an dir.“

„Das muss Franks Geist sein, der hier lebt und in mich gefahren ist.“ Sarah hob ihre Arme und breitete sie aus, während sie lächelte und tief einatmete. „Wenn Frank mal in Rente geht, werde ich eine Schamanin kommen lassen, die den Geist vertreibt! Mein Geist würde nämlich auch mal wieder gerne in dich hineinfahren.“

„Peter… kann es sein, dass du untervögelt bist?“

„Ja verdammt! Ich muss mich hier mit irren Killern, Bombenlegern und Papierkram herumschlagen, während meine Frau in der Südsee im Badewasser heiße Spiele treibt. Scheiße!“, murrte ich und hielt die Papiere hoch. „Muss ich mir diesen Quatsch wirklich antun?“ „Ja! Decker ist beschäftigt und ich kann nicht.“

„Na schön, gib her.“ Sagte ich und überflog die Berichte. „He, da steht, die Explosion wurde von Unbekannten verübt. Was ist mit dem Stecher?“

„Diese Version ist von Mike. Er kam heute Morgen aus Soulebda und bat mich dem Minister diese Version vorzulegen.“

„Mike ist hier?“ Das war sehr ungewöhnlich. Mike ist einer meiner besten Freunde und er hatte sich nicht bei mir gemeldet?

„Ja, er kam heute Morgen mit dem Flieger, der Jessika und Frank nach Soulebda bringt. Er und Dave treffen sich mit Fransiska und heute Abend kommen sie zu uns, um uns auf den neusten Stand zu bringen. Anschließend fliegen sie mit uns zurück.“

„Hast du eine Ahnung, was die zwei von Fransiska wollen?“

„Nein, aber ich schätze wir erfahren es später.“

Das hoffte ich auch. Es wurde Zeit selbst die Initiative zu ergreifen, denn bis jetzt hatten wir nur auf Vogels Angriffe reagiert. Ich war zwar kein militärisches Genie, aber einen Grundsatz kannte ich dennoch. Wer nur reagiert, verliert! Da der Stecher etwas von uns wollte, musste er zu uns kommen. Das wiederum gab uns die Gelegenheit das Schlachtfeld zu wählen. Und das Schlachtfeld hieß Soulebda! Heute würden Frank und Jessika nach Soulebda fliegen, wo sie in einer Spezialklinik weiter versorgt wurden. Natürlich flogen die die zwei nicht ohne Iris und Benjamin. Sobald Facher Sarah abgelöst hatte, würden Sarah, Vera, Dana, Randy, Kenta’Mariba, Decker mit seiner Frau Marianne und ich ebenfalls nach Soulebda fliegen. Dann konnten die Bösen ja mal sehen, wie sie uns erwischen wollten!

„Wann ist der Termin mit dem Minister?“

„Heute Nachmittag um 15 Uhr.“

Ich überflog die Papiere noch einmal. „Kannst du den Termin nach hinten schieben? Wenn ich diese Version präsentieren soll, würde ich sie mir gerne vorher nochmal genau durchlesen.“

„Geht nicht, aber du kannst ja einen Dienstwagen mit Fahrer nehmen, dann liest du es dir unterwegs durch.“

„Na schön.“ Ich schnappte mir die Unterlagen und drehte mich zum Gehen um.

„Peter, wenn du deinen Job gut machst und der Minister mich nicht im Anschluss anruft und von mir verlangt dich zu feuern, werden Vera und ich uns um dein…. Problem kümmern. Also reiß dich zusammen.“ Grinste mich Sarah an.

Das hörte sich doch schon besser an! „Ich werde mir Mühe geben.“ Versprach ich ihr (und mir!)

 

**

 

Verlagsgebäude des ACP

Fransiska Haufberger steuerte ihr Büro an. Als sie den großen Empfangsbereich ihrer Etage durchquerte, kam sie an der Theke vorbei, bei der sich alle Besucher anmelden mussten. Heute Abend kam der Bundesinnenminister um bei einem Empfang der Kreisverwaltung dabei zu sein und ganz nebenbei Werbung für seien Partei und die Regierung zu machen. Sie selbst hatte ebenfalls eine Einladung zur Gala bekommen und war in Gedanken schon bei der Frage, was sie anziehen sollte. „Fransiska?“ Sabine, ihre rechte Hand hinter der Theke, riss sie aus ihren Gedanken und Fransiska blieb stehen um sich ihr zuzuwenden.

„Ja?“

„Da ist ein Besucher.“ Sabine zeigte auf die große Fensterfront, welche einen spektakulären Ausblick auf die Stadt bot. Dort stand ein Mann, der nach draußen blickte und ihnen den Rücken zuwandte. „Er kam nach Beginn deiner Besprechung und sagte er wartet…“ weiter kam Sabine nicht, Fransiska stieß einen Freudenschrei aus und stürmte auf den Mann zu, der sich umdrehte und sie freudig umarmte. „MIKE!“ rief sie und drückte ihn.

„Hallo liebste Freundin.“ „Freundin? Lass das nicht Iduna hören!“ lachte Fransiska.

„Keine Sorge, Iduna weiß, dass ich privat und Beruf trennen kann.“

„Beruf?! Das ist also kein Freundschaftsbesuch?“

„Nun, dich zu sehen, ist immer eine Freude.“

„OHH, du schleimst schon wie Peter! Also, was führt dich hier her?“

„Hast du Lust mit mir essen zu gehen? Ich habe einen Tisch für vier Personen im Schiller reserviert.“

„Für vier?“

„Ja.“ Grinste Mike und zeigte zum Fahrstuhl, aus dem gerade Dave und Hella Gardner ausstiegen.

„Hella auch? Ist es so schlimm?“

Für einen kurzen Moment verfinsterte sich Mikes Miene. „Ja, leider.“

„Große Story?“

„Ganz große Story!“

„Na dann lasst uns gehen!“

 

**

 

„Tut mir leid Bad-Man, aber ich habe keinen Dienstwagen mehr übrig.“ Teilte mir Erik, der Fahrdienstleiter unserer JVA mit. „Zwei sind in der Werkstatt, da sie durch Trümmer beschädigt wurden und den Dritten hat Schemmlein, der zu Frank ins Krankenhaus gefahren ist.“

„Na toll!“ fluchte ich und fragte mich, wie ich mir den ganzen Schriftsatz durchlesen sollte, bevor ich dem Minister einen Vortrag darüber hielt.

„Nimm doch deinen Wagen, das kannst du doch als Fahrtkosten abrechnen.“

„Es geht nicht ums Geld, es geht um Zeit, die ich nicht habe.“

„Dann nimm deinen Wagen und einen Fahrer. Einen Fahrer habe ich übrig.“

„NEIN! An meine Karre kommt keiner deiner Harakiri-Piloten!“

„Tja Bad-Man, Entweder-oder.“

Ich schloss die Augen und stellte mir Sarah und Vera vor, die gefesselt auf meinem Bett lagen…

„Na schön! Ich nehme den Fahrer!“

„Gute Entscheidung.“ Lachte Erik, hob den Hörer seines Telefons ab, wählte eine Nummer und lauschte kurz.

 

„He, Lukas“, sagte er in den Hörer, „Ich habe einen Job für dich. Wird dir gefallen.“ Er lauschte noch einmal kurz, dann legte er auf. „Dein Fahrer kommt gleich.“

Ich nickte und wartete einige Minuten, dann öffnete sich die Tür und Lukas kam herein.

-Auch das noch! – dachte ich, als ich den Fahrer erkannte und auch der starrte mich an. Es war Carolines Fahrer, der Wachmann, den ich in der Pforte niedergemacht hatte. „Was ist?“ wollte Erik wissen. „Gibt’s ein Problem?“

 

„Nein!“, antwortete ich und auch Lukas schüttelte den Kopf. „Gut! Lukas, du darfst heute die berühmte Karre des Bad-Man fahren. Sozusagen das Badmobil.“ Erik fand das zu schieflachen, denn er klopfte sich auf die Schenkel und fing sich beinahe nicht mehr ein. „HAHA“ gab ich zurück und gab Lukas zu verstehen, dass er mir folgen sollte.

„Ich hoffe, ihr zieht euch jetzt keine bunten Heldenumhänge oder noch schlimmer enge, glänzende Hosen an. Batman hatte Robin und Bad-Man hat Lukas.“ Lachte Erik noch, als wir das Büro verließen.

Darüber konnten weder Lukas noch ich lachen und wir gingen schweigend nebeneinander aus dem Gebäude heraus, in Richtung Parkplatz.

„Hat ihnen schon mal jemand gesagt, dass sie ein Arschloch sind?“, fragte Lukas auf dem Weg dorthin.

„Ja, habe ich schon oft gehört.“

„Wundert mich nicht! Ich hätte es ihnen das Scheißmesser schon wiedergegeben.“

„Ich widerspreche der Aussage nicht, dass ich ein Arschloch bin! Zumindest bin ich manchmal ein Arschloch. Wenn sie es nochmal hören wollen, JA, ich habe Mist gebaut!“ Gab ich unumwunden zu.

 

Abgesehen davon, dass mir von dem Extratraining bei Decker noch immer die Knochen wehtaten, hatte ich tatsächlich übertrieben, da gab es nichts zu beschönigen! „Im Ernst jetzt?“

„Was?“

„Klingt so, als ob sie das ernst meinen.“

„Klar meine ich das Ernst.“

„WOW. Das stuft sie vom Superarschloch zum normalen Arschloch runter.“

„Puh, da bin ich aber erleichtert.“ Mittlerweile waren wir am Parkplatz angekommen und Lukas schaute sich die Autos darauf an. Keiner der Wagen stach irgendwie aus der Masse heraus. „Welcher davon ist denn ihrer?“

 

Ich zog meine Schlüssel aus der Tasche und reichte Lukas den Schlüssel zum „Badmobil“ wie Erik, es ausgedrückt hatte.

Lukas schaute auf den Schlüssel und drückte dann auf den Knopf der Fernbedienung. „Die Karre?“ fragte er ungläubig, als direkt vor ihm die Lichter eines Golfs aufblinkten. „Ich dachte sie fahren eine abgefahrene Karre, was Cooles, was… keine Ahnung, aber ein Golf?“

„Was ist daran uncool?“

 

„Na ja, ich hatte mir sowas wie einen Mustang oder Porsche vorgestellt…“

„Tut mir leid, wenn ich sie enttäuschen muss, aber ich bin Justizbeamter, kein Millionär. Und lass das mit dem Sie, das macht mich alt.“ Ohne Antwort zu geben, steuerte Lukas die Fahrertür an und ich setzte mich auf den Beifahrersitz.

-Seltsames Gefühl.- dachte ich. Klar fuhr ich öfter auf dem Beifahrersitz meines eignen Autos, dann fuhr eben Caroline aber ein fremder Fahrer… „He, ist das etwa ein R?“ fragte Lukas und starrte auf das Armaturenbrett. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja. Und, ist die Karre immer noch uncool?“

„Na ja… nicht tiefer gelegt, keine Sportausführung und fünf Türen…. aber 310 PS. Nicht schlecht.“

„367 PS. Randy hat ihm ein Chiptuning verpasst.“

„Na dann werde ich mal sehen, was die Karre so draufhat.“

„Das wirst du lassen! Wir fahren kein Rennen und ich muss mir den Kram hier durchlesen! Und ich warne dich! KEINEN EINZIGEN KRATZER!“

 

„Krieg dich wieder ein… war nur Spaß.“ Lukas schüttelte den Kopf, stellte sich den Sitz richtig ein, startete und fuhr los. Während ich die Papiere studierte, lenkte Lukas mein Auto sicher durch den aufkommenden Mittagsverkehr. Zu allem Übel gab es zu der großen Baustelle auf der Umgehungsstraße noch Sperrungen wegen irgendeiner Veranstaltung in der Stadt, zu der ein hohes Tier aus Berlin kommen sollte und so schlängelte sich der ganze Verkehr durch die Innenstadt.

Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass Ben und die anderen sich in knapp zweieinhalb Stunden zum Flughafen aufmachen würden und hoffte, bis dorthin beim Minister fertig zu sein. Dann vertiefte ich mich wieder in Mikes Version des Berichtes. Des Weiteren hatte sich Mike an die Fakten gehalten, lediglich wer für den Anschlag verantwortlich war, blieb schwammig. Der Name Vogel tauchte auf keiner Seite auf… Auch stellte Mike keine Verbindung zwischen dem Anschlag auf Frank und der Bombe in unserer Wohnung her. Hier stand, dass es zwei getrennte Anschläge waren, die wahrscheinlich nichts miteinander zu tun hatten. Automatisch fragte ich mich, was Mike und die anderen damit bezweckten und hoffte, dass er mich heute Abend davon in Kenntnis setzen würde.

Schließlich kamen wir bei dem Ministerium an und Lukas hielt vor dem Haupteingang. „Ich warte hier.“ „Alles klar.“ Gab ich zurück und betrat das Ministerium.

Irgendwie hasste ich den Bau! Jedes Mal, wenn ich hier war, gab’s Ärger! Sarah, Trommer, Berrsasow… Fehlte nur noch ein Bild von mir, dass mit einem roten Balken durchgestrichen war und das am Eingang hing.

 

Doch niemand hielt mich auf und ich gelangte zum Vorzimmer Keiters, des Ministers. -Vorzimmer des Ministers der Justiz Dr. J. B. Keiter – Julia Gerling- stand dort an der Tür, ich klopfte artig an und betrat das Büro. „Hallo Herr Stein.“ wurde ich freundlicher begrüßt, als ich erwartet hatte, denn Keiters Sekretärin lächelte mich an. -Ein Glück hast du das Schild gelesen! – fuhr mir durch den Kopf. „Guten Tag Frau Gerling.“ „Der Chef wartet schon auf sie.“

„Sorry, aber der Verkehr ist mörderisch.“

 

„Sie sind ja noch drei Minuten vor der Zeit. Darf ich eine Frage stellen?

„Sicher.“

„Wie geht es Jessika?“

„Sie kennen Jessika?“

„Na klar, wir Vorzimmereminenzen kennen uns alle untereinander und halten engen Kontakt zueinander.“

 

Kein Wunder, dass Jessika über ALLES und JEDEN Bescheid weiß, dachte ich. „Sie fliegt heute nach Soulebda, wo sie und Frank in einer Spezialklinik weiterbehandelt werden.“

„Soulebda? Ich wollte ja auch immer mal in die Südsee, aber nicht so und schon gar nicht in ein Krankenhaus! Wenn sie Jessika sehen, richten sie ihr ganz liebe Grüße und meine besten Wünsche zur Genesung aus. So und jetzt rein mit ihnen, es ist punkt 15 Uhr.“

„Wir sehen und später.“ Antwortete ich, warf ihr ein Augenzwinkern zu und ging eine Tür weiter.

 

**

 

Unterdessen saßen Mike und Dave mit Fransiska und Hella im Schiller und die beiden Reporterinnen starrten sprachlos auf die Unterlagen vor sich. „Aber… Aber, das ist ein Skandal, nein, das ist eine politische Atombombe.“ Sagte Fransiska schließlich. Mike hatte ihnen eine grobe Übersicht von dem Ausmaß der Alofideponie gegeben.

„Weißt du, was das für eine Story ist?“ fragte Hella und zog dann misstrauisch die Augenbrauen zusammen. „Wieso sitzen wir hier?“

„Nun, als Erstes seid ihr unsere Freunde. Ihr habt schon mehrfach bewiesen, dass es euch nicht um den Aufreißer der Geschichte geht, sondern um ehrliche Berichterstattung und zweitens brauchen wir eure Hilfe.“

„Ich hatte mit Paris und New York schon meine Aufreißer.“ Stellte Hella klar und zeigte dann auf die Papiere. „Und das hier… das ist der Aufreißer schlechthin. Wenn das alles wahr ist…“ sie verstummte und machte mit ihren Händen eine eindeutige Geste.

„Das hier ist sogar nur die halbe Wahrheit. Fest steht, dass es auf Alofi jederzeit zu einer Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes kommen kann.“

„Nein.“ Sagte Fransiska, die mittlerweile begriffen hatte, wo die eigentliche Sensation steckte. „Der Aufreißer ist, wie das Zeug dahin kam und wer es dort einlagerte.“

„Na, das war Nguyen.“ Sagte Hella.

„Nein, der hat es zwar in Alofi in die Deponie gesteckt, aber woher kam das Zeugs. Atommüll fällt nicht vom Himmel, er wird fabriziert. Ich wette, dass alle Atomanlagenbetreiber über jedes Gramm genauestens Buch führen müssen und dass die Regierung einen lückenlosen Nachweis darüberführe, wo und wie viel Atommüll an einem Ort ist.“

Mike schaute zu ihr und nickte bedächtig. „Aber das würde ja heißen, dass Atommüll einfach verschwindet, ohne dass es jemanden auffällt… mit verschwundenem Atommüll könnte man alles Mögliche anfangen.“

 

„Es fällt ganz sicher jemanden auf! Aber so eine Nummer ziehst du nicht auf unterer Ebene durch! Das Ganze, der gesamte Ablauf muss sozusagen offiziell sein, denn sonst hätte schon längst jemand Verdacht geschöpft.“

„So ist es.“ Bestätigte Mike. „Und wisst ihr schon, wie das vor sich geht?“

 

„Es ist erschreckend simpel. Hier in Deutschland wird der Atommüll in Castorbehältern transportiert. Entgegen der allgemeinen Meinung, ist das kein Einzelfall. Jeden Tag sind mehrere Castoren unterwegs und nur einige wenige erregen Aufsehen. Unterwegs werden die Castoren einfach getauscht. Der mit Atommüll beladene Zug fährt in einen Güterbahnhof, wo schon ein Zug mit einem leeren Castor steht. Dann, gleichzeitig werden elektronische Anweisungen, Unterlagen und Begleitscheine geändert und verschickt und schon sind ein paar Castoren weniger unterwegs. Dann werden die Züge getauscht. Der leere Zug rollt zu seinem Ziel und der echte Castor wird zu einem Hafen umgeleitete und verschifft.“

„Aber… Aber was ist mit Kontrollen? Werden die Castoren denn nicht überprüft, und wird denn nicht kontrolliert, WAS in den Behältern ist?“

 

„Ha! Die Castorbehälter sind echt, die Papiere sind echt und die Menge stimmt auf das Gramm genau. Dazu kommt, dass die Schurken immer ein schwach strahlendes Material an den leeren Fake Behältern anbringen und so die Tarnung perfekt machen. Und NEIN! Keiner schraubt einen Castor auf, um eine Probe zu nehmen.“

 

„Und der andere ganze Giftmüll?“

„Da ist es noch einfacher. Labore und andere Einrichtungen müssen ihren Giftmüll nur deklarieren. Den Inhalt der Giftbehälter überprüft keiner. Eine Statistik zeigt, dass in den letzten zehn Jahren, der sehr viel teurere hochgiftige Müll drastisch abnahm. Preisfrage, wurde weniger Giftmüll produziert, oder verschwand er einfach?“

 

„Da muss jemand ganz oben stehen, der die Verbrecher deckt, sonst wäre das alles nicht möglich.“

„Warte mal…“ sagte Hella. „Du sagst, dass es Müll aus ganz Europa, dem Nahen Osten und Amerika ist?“

„Korrekt.“

 

„Politiker sind nicht so dumm, in einer solchen Sache grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten! Das Risiko wäre zu groß, dass einer redet… Jeder der Politiker muss glauben, dass er alleine handelt… Das heißt, dass es hinter den Politikern, die die Sauerei mitmachen, noch jemanden geben muss! Jemand im Schatten!“

„Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Diesen Jemand wollen wir, mit eurer Hilfe, aus dem Schatten holen.“

„Und wie sollen wir das machen?“

„Der Schattenmann, wir nennen ihn -den Financier-, hat eine üble Arbeitsweise. Sobald jemand eine Bedrohung für ihn ist, lässt er ihn umlegen. Das übernimmt sein Auftragsmörder Theobald, der Stecher, Vogel. Bis jetzt war Vogel äußerst erfolgreich dem Financier den Rücken frei zu halten, doch diesmal hat der Financier einen gravierenden Fehler gemacht. Er hat zwei Operationen gleichzeitig laufen. Neben der Deponie auf Alofi betreibt er noch eine Piratenorganisation in den Gewässern um Soulebda. In Gegensatz zu vielen andren Staaten, hat Soulebda den Piraten den Kampf angesagt und ist dem Financier sozusagen in die Parade gefahren. Der Stecher ist nun in der Südsee beschäftigt, das heißt, er muss hier in Deutschland auf zweitklassiges Personal zurückgreifen, das sicher Fehler macht, wenn man es unter Druck setzt. Und für diesen Druck sollt ihr sorgen.“

 

„Irgendwie höre ich da einen Haken.“ Stellte Fransiska fest.

 

„Nun, wenn es einfach wäre, bräuchten wir ja nicht die Hilfe der besten Journalistinnen der Welt.“ Lachte Mike „Ja, es gibt einen Haken. Da kommt er.“ Mike zeigte auf die Tür und Hella und Fransiska starrten den Mann an, der auf sie zukam.

 

**

 

„Mist!“ fluchte ich, nachdem ich auf die Uhr geschaut hatte. Bei diesem beschissenen Verkehr würde ich es nicht mehr schaffen, meine Freunde zu verabschieden. Der Krankenwagen fuhr gerade los und ich müsste einmal quer durch die Stadt, um zum Flughafen zu kommen. Naja, dachte ich mir, in drei Tagen würde ich sie ja wiedersehen. Über eine Stunde hatte ich Keiter den Bericht vorgetragen, nachdem er mich mit einem „der schon wieder“ Gesicht begrüßt hatte. Fairerweise musste ich zugeben, dass ihm der Tod der beiden Wachbeamten wirklich naheging.

 

Keiter hatte, natürlich inoffiziell, dafür gesorgt, dass man einen Grund fand, die Drei Monatsfrist für die Angehörigen zu umgehen. Da Keiter auch Frank kannte, wollte er natürlich wissen, wie es ihm ging und berichtete, was ich über Franks Zustand wusste. Den hatten die Ärzte gestern aus dem künstlichen Koma herausgeholt und Schemmlein hatte entschieden, dass es ihm gut genug ging, um nach Soulebda zu fliegen.

Dann kam Keiter auf den Bericht zurück. „Und sie haben keine Ahnung, wer die Bombe in ihrer Wohnung gezündet hat?“

 

„Nein, Frau Miles und ich haben uns sicher mit der Tätigkeit als Henker viele Feinde gemacht. Ohne konkrete Hinweise, könnte das jeder gewesen sein.“

„Darin sich Feinde zu machen, sind SIE ja ein Meister.“ Diesen bissigen Kommentar konnte sich Keiter nicht verkneifen. „Sie wissen doch, Herr Minister, wenn man seinen Job richtigmacht, ist man nicht beliebt. Haben sie eigentlich Feinde?“

Keiters Miene fror ein, als er weiterredete. „Gibt es denn schon Maßnahmen die verhindern, dass ein ähnlicher Anschlag wie auf Herrn Brauer, verhindert werden kann?“

„Ja, Herr Kaufmann und Frau Stern haben sich der Problematik angenommen und entwickeln ein wirkungsvolles System, das allerdings noch in der Testphase ist.“

Schließlich war die „Audienz“ beendet und ich verließ das Ministerium, nicht ohne mich vorher bei Julia Gerling zu verabschieden. Vor dem Eingang wartete schon Lukas auf mich und ich stieg ein. Kaum unterwegs kreisten meine Gedanken um Mikes Bericht. Dagan und die anderen schienen einen Plan zu verfolgen um den Stecher und den Financier zu erwischen und ich selbst brannte darauf, diesem Mistkerl von Stecher persönlich zu begegnen. Frank sagte immer, man sieht sich immer zweimal, doch zwischen dem Stecher und mir, würde es nur EIN Treffen geben, da war ich mir sicher.

„Kann ich was fragen, ohne dass du gleich an die Decke gehst?“ riss mich Lukas aus meinen Gedanken.

 

„Kommt darauf an.“

„Was macht ihr mit all der Kohle? Ok, der R ist nicht ganz billig, aber du und Caroline lebt im Knast, kein Haus, kein Eigenheim…“

„Welche Kohle?“

„Na die Kohle, die ihr als Belohnungen bekommen habt. Der alte Franzose, Aleski… allein Israel hatte auf den Kopf des alten Franzosen über eine Million Euro ausgesetzt. Investierst du in Aktien?“

„Nein! Erstens: Als Beamter darfst du keine Belohnung annehmen, ich wette, dass dir Decker das in aller Deutlichkeit erklärt hat und Zweitens, die Sache war etwas Persönliches!“

„Als ihr Aleski oder die Hema fertiggemacht habt, wart ihr als Privatpersonen unterwegs, also kein Problem mit der Belohnung.“

„Das Geld haben wir gespendet!“

„WAS?!“ Lukas wäre beinahe von der Straße abgekommen. „Ich habe mal nachgerechnet und bin auf über fünf Millionen gekommen! Und ihr habt alles weggegeben?“

„Ja.“

„Aber warum?!“

Wie sollte ich einen jungen Kerl wie Lukas begreiflich machen, dass keiner von uns etwas mit Geld zu tun haben wollte, an dem das Blut von unschuldigen Opfern klebte? „Wisst ihr denn nicht, was ihr mit dem Geld alles tun könntet?“

 

„Frag mal die Witwen der Wachbeamten, die bei dem Anschlag umkamen. Die wissen es!“ antwortete ich schroff. „He, so war das nicht gemeint…“ er brach ab, als mein Handy klingelte. Ich schaute auf das Display und las „Ben“.

„Ben?“

„Wir werden verfolgt!“

„Wo bist du?!“

„Wir sind auf dem Weg zum Flughafen. Kurz vor der Autobahnauffahrt West. Frank und Jessika sind im KTW, Iris ist bei mir im Auto, direkt hinter dem KTW.“

„Hast du eine Ahnung wer euch folgt?“

 

„Wer schon?! Es sind Vogels Leute. Vogel weiß, dass Soulebda unser Spielplatz ist und startet den letzten Versuch uns hier zu erwischen. Ich schalte jetzt mein GPS ein.“

Ich spiegelte mein Handy auf dem Display des Autos und konnte Bens Standort sehen. Kaum hatte ich meinen eigenen Standort hinzugefügt, erschien der schnellste Weg zu Ben auf dem Display und das sah nicht gut aus. Um zu Ben zu gelangen, musste ich quer durch die Stadt! „Wie viele Verfolger kannst du ausmachen?“

„Ist schwer, hier ist ziemlich viel los, aber ich schätze mindestens vier Autos. Hör zu! Vor uns ist zu viel Verkehr. Sobald wir stehenbleiben, sind wir tot! Ich schicke den KTW auf die Autobahn, Fahrtrichtung Frankfurt.“

„Alles klar, ich bin unterwegs!“ Levi legte auf und ich wandte mich an Lukas. „Halt an!“

„Was?“

„Ich sagte halt an! Hinter Brauer und Jessika sind ein paar Killer her und ich muss zu ihnen und das so schnell es geht!“

 

„Ich habe eine bessere Idee! Festhalten!“ Damit schaltete Lukas einen Gang zurück, drückte das Gaspedal durch und ließ den Motor aufheulen. Der Wagen machte einen Satz nach vorne als mich die 367 PS in den Sitz drückten.

„Bist du Wahnsinnig? Halt an!“

„Was denn nun, ich dachte du willst deine Freunde retten?“

„JA! Aber tot im Graben kann ich das nicht!“

„Entspann dich Bad-Man, ich mach das.“ Lukas schaltete hoch und überschritt in wenigen Sekunden die Hundertermarke. „Ich kann mich so nicht entspannen! Normal ist das so: Ich fahre, der andere schießt!“

 

„Dein Pech, dass ich seit dem Vorfall in der Schleuse keine Knarre mehr anfasse. Das heißt, du musst selber schießen, was schwierig sein wird, dann fahren und schießen gleichzeitig ist ziemlich schwer.“

„Wer ist jetzt hier das Arschloch?“

„Keep cool! Ich war früher Rennfahrer.“

„Was heißt früher, in einem anderen Leben? Wie alt bist du, Mitte Zwanzig?“

„Vierundzwanzig! Und ich habe bis vor zwei Jahren Autorennen gefahren und war drei Mal deutscher Meister.“

Das beruhigte mich nur bedingt! Automatsch stellte ich mir ein Stockcarrennen vor, in dem mein Auto von allen Seiten gerammt wurde. Unterdessen donnerte Lukas über alle Spuren, nutzte Lücken und schlängelte sich durch den Verkehr.

„Und warum hast du damit aufgehört?“

„Wir haben ein Kind bekommen und ich dachte, ich suche mir besser was Sicheres.“ „Und dann kommst du zu uns?“

 

„Ich wusste ja nicht, dass ich im selben Knast arbeite werde, wie du!“

„Haha! Zur Autobahn!“ rief ich, als wir in Richtung Auffahrt kamen. „Macht das Ding auch Musik?“ fragte Lukas und schaltete das Radio ein. „Wow, also diese Mucke hätte ich dir nicht zugetraut.“ Meinte er, als das Intro von „Enter Sandman“ erklang. „Ok, nicht ganz uncooles Auto, und gute Mucke, dazu noch etwas Einsicht und ehrliche Selbstkritik, das stuft dich vom Arschloch zum Idioten herunter.“

„Hast du einen Psychologiekurs belegt?“

„Nein.“

„Dann halt die Klappe und konzentrier dich aufs Fahren!“

 

Ben hatte die Westauffahrt genommen und wir steuerten die Auffahrt Mitte an. Wütend hupten die anderen Fahrer und nicht wenige Fahrer zeigten uns einen Vogel bzw. einen erhobenen Mittelfinger, wenn Lukas sie schnitt oder rechts überholte, doch verdammt, der Kerl hatte es drauf, wir erreichten die Auffahrt in Rekordzeit und fuhren auf die Autobahn auf. Nun ließ Lukas den Hund endgültig von der Kette und gab Vollgas.

„Ben, wir sind etwa fünf Kilometer hinter euch.“

„Beeil dich! Sie haben gemerkt, dass was nicht stimmt und sammeln sich zum Angriff.“ Berichtete Bund und im Hintergrund ertönte ein Martinshorn

„Was ist das?“ „Der KTW hat die Sirene angestellt und macht uns den Weg frei, damit sie uns nicht stoppen können.“

„Wir fliegen!“ Das taten wir tatsächlich. Durch geschicktes Schalten, Beschleunigen und der Benutzung des Standstreifens kamen wir Ben immer näher. Ein Fahrer wollte uns ausbremsen und blockierte die mittlere Spur. Er blieb auf gleicher Höhe mit dem Auto rechts und fuhr daneben her. Lukas wartete den passenden Moment ab, dann gab er Vollgas und preschte zwischen den Autos durch, während uns wütendes Hupen und eindeutige Gesten verfolgten.

Scheiße dachte ich, das kostet mich den Lappen für die nächsten zehn Jahre! „Sieh es positiv.“ Sagte Lukas. „Uns folgen sicher schon die Bullen.“

 

„Das ist nicht lustig und das sind auch keine Bullen! LOS! Noch drei Kilometer!“

Drei Kilometer vor uns hatte sich ebenfalls eine wilde Verfolgungsjagt entwickelt. Der KTW mit Frank und Jessika hatte das Blaulicht und die Sirene angestellt und bretterte über die Autobahn. Ben hatte dem Fahrer klargemacht, dass es diesmal um sein eigenes Leben ging und als die erste Kugel ein Loch in den Wagen stanzte, begriff der Fahrer, was Ben meinte und holte aus dem Bus heraus was möglich war. Levi hing sich an die Stoßstange des KTW und blieb dicht hinter ihm. Ihre Verfolger hatten immer wieder das Nachsehen, da die überholten Autos wieder auf die mittlere bzw. die linke Spur wollten und sie so immer wieder zwangen abzubremsen, doch sie holten unerbittlich auf.

„Peter, es sind vier Wagen!“ teilte Ben mir mit. „Zwei schwarze, ein Roter und ein Dunkelblauer.“ „Wir sind noch einen Kilometer hinter euch. Warte mal… ich sehe das Blaulicht! Wir sind da!“ „Direkt hinter uns sieht es finster aus, da staut es sich!“

 

„Keine Sorge, Harakiri Lukas macht das schon.“

„Wer ist Harakiri Lukas?“

„Na schau mal in den Rückspiegel. Sag den Fahrer des KTW, er soll die Ausfahrt zum Flughafen nehmen.“

 

„Alles klar, ich warte bis du näher heran bist, dann nehmen wir sie in die Zange.“

„Vergiss es! Du bringst Iris zum Flugzeug! Wenn Iris was geschieht, bringt Frank uns alle um, also ab mit dir. Bleib am KTW!“

„Wie du…“ ein lautes Krachen ertönte und Iris schrie laut auf. Ich zuckte zusammen. „BEN!“

„Bin noch da! Einer der Schweine hat mich gerammt! Verdammt beeil dich!“ „Du hast es gehört!“ stieß ich Lukas an, allerdings leuchteten vor uns viele Bremslichter auf, denn nachdem ein Verfolger Ben gerammt hatte bremsten die Autofahrer dahinter ab und schalteten die Warnblinker ein. Das verschaffte den Verfolgern genug Platz um Levi in die Zange zu nehmen.

„Verdammt tu was!“ fuhr ich Lukas an.

„Soll ich fliegen?!“

„Weißt du noch was ich dir über Kratzer gesagt habe? Vergiss das und jetzt LOS!“

„Ok!“ Für einen kurzen Moment tat sich eine Lücke auf und Lukas schoss dazwischen, fuhr ganz nach links und donnerte so dicht an der Leitplanke vorbei, dass ich jeden Moment das hässliche Kreischen von Blech erwartete. Doch Lukas schaffte es an den Autos und der Leitplanke vorbeizukommen und setzte sich direkt hinter die Verfolger.

„Und jetzt?“

 

In Windeseile hatte ich das Handschuhfach geöffnet, meine Sig herausgefischt und das Fenster geöffnet. „Den ersten werden wir überraschen, die anderen nicht, also fahr links neben den Roten.“ „Alles klar!“

Vor uns rammte eine schwarzer Wagen Ben erneut, schaffte es aber nicht neben diesen zu kommen, da rechts Autos fuhren, die dem KTW mit Blaulicht Patz machten. Schließlich sah ich das Ende eines Kipplasters, an dem der KTW vorbeifuhr.

 

„JETZT!“ Lukas drückte das Gaspedal durch und der R schoss nach vorne direkt links neben den letzten Wagen der vier Verfolger. Der Fahrer blickte mich überrascht an, dann jagte ich drei Kugeln durch seine Seitenscheibe. Ob ich ihn traf, konnte ich nicht sagen, aber ich erzielte die gewünschte Wirkung. Der Wagen brach nach rechts aus und fuhr dem Kipplaster genau vor die Haube. Das Tönen der Hupe ging im Krachen und Kreischen unter, als der Kipplaster den Wagen voll rammte, und unter sich begrub. Im Rückspiegel sah ich, wie der Anhänger des Lasters sich quer stellte und schließlich umkippte.

Damit würde die Polizei die sicher schon hinter uns war, erst einmal als Verstärkung ausgefallen! Verdammt!

Jetzt hatten auch die Bösen mitbekommen, dass sie nicht mehr alleine waren und der dunkelbaue Wagen, der links vor uns fuhr bremste ab um neben uns zu kommen, doch Lukas hatte das vorhergesehen. Während der Dunkelblaue bremste, trat Lukas das Gaspedal durch, zog nach links und bremste. Nun waren wir zwar auf gleicher Höhe, so wie sich das die Killer in dem Wagen gewünscht hatten, doch auf der Falschen Seite! Der Beifahrer hatte eine Maschinenpistole, musste aber an seinem Fahrer vorbeischießen um uns treffen zu können. Lukas bleib etwas zurück, brachte den Fahrer zwischen und dem Schützen und ich hatte freie Schussbahn, also schoss ich einfach auf die Reifen. Mit einem lauten BRUMMS löste sich das Gummi von der Felge und der Wagen brach aus. Der Beifahrer schickte uns noch ein paar Kugeln nach, von denen einige mein Auto trafen, doch harmlos ins Blech schlugen.

 

„Da ist die Ausfahrt!“ rief Lukas und zeigte nach vorne, wo der KTW sich durch den Verkehr durch in die Ausfahrt zwang. Ben, der es geschafft hatte an dem KTW dran zu bleiben, folgte direkt danach, dann kam ein der Verfolger und vor dem zweiten Verfolger schlängelte sich ein Kleintransporter in die Ausfahrt. „Bleib dran!“

„Kein Problem!“ sagte Lukas, raste in die Ausfahrt und blieb hinter dem Verfolger. Der Fahrer des Kleintransporters schien genervt auf das Hupen und Aufblenden des Verfolgers zu reagieren, denn er bremst ihn aus und blockierte die Ausfahrt.

„Super!“ kommentierte Lukas.“

„Was ist daran super?!“

 

„Der Transporter kümmert sich nur um das Arsch vor uns…Pass auf…“

Der Verfolger hupte, zog nach links und der Transporter zog ebenfalls nach links. Lukas hatte das erwartet und schon als der Verfolger nach links zog, schaltete er zurück, gab Gas und schoss rechts an den beiden Fahrzeugen vorbei. Das brachte den Fahrer des Kleintransporters zu einer Vollbremsung und der Verfolger fuhr auf den Transporter auf, so dass sich beide Wagen quer stellten und die Ausfahrt blockierten.

Kaum waren wir vorbei, sahen wir den KTW und Ben mit dem letzten Verfolger hinter sich, die sich dem Flughafen näherten. Der Beifahrer des Verfolgers legte sich gerade aus dem Fenster und schoss mit einer MPI auf Bens Wagen, der zickzack fuhr. Lukas ließ den Motor aufheulen und brachte uns hinter die Schweinebacken. „Etwas links!“ rief ich lehnte mich aus dem Fenster und jagte den Rest meines Magazins auf den Beifahrer. Eine Kugel traf die Heckscheibe, die sich in tausende kleine Splitter auflöste und der Fahrer bemerkte uns.

 

„Mist!“ fluchte ich, warf das Magazin aus und schob ein neues, mein letztes, in die Waffe. Lukas fuhr dicht auf, ließ sich aber nicht übertölpeln. Schließlich sah er seine Chance kommen. Er vergrößerte den Abstand etwas, lenkte erst nach links, dann rechts und wieder zurück nach links. Dann gab er Vollgas, fuhr neben den Wagen, und rammte ihn. Der Wagen schleuderte nach rechts blieb aber auf der Fahrbahn.

Kaum hatte sich der Fahrer gefangen, riss Lukas das Steuer wieder nach rechts, rammte den Wagen aber nicht, doch der Fahrer zog weiter nach rechts. Ich lieferte mir in der Zwischenzeit ein Duell mit dem Beifahrer, der das Handikap hatte, auf der falschen Seite zu sitzen. Dafür schien er eine Menge Munition zu haben, denn immer mehr Löcher zierten mein Auto.

 

Lukas zog immer wieder nach rechts tat so, als ob er den Wagen rammen wolle, tat es aber nicht, doch er verunsicherte den Fahrer ziemlich. Schließlich kamen wir unter eine Unterführung. Diesmal rammte Lukas den Wagen rechst, lenkte sofort nach links und dann wieder voll nach rechts. Das genügte und der Wagen der Verfolger krachte gegen den Pfeiler der Unterführung. Ben hatte unterdessen den KTW überholt, steuerte ein Tor des Zauns an, der den Flugplatz umgab und donnerte einfach durch. Die Flügel des Tores wurden aufgerissen und flogen mehrere Meter durch die Luft. Der KTW und ich blieben hinter ihm, während Levi auf die Stellplätze der Flugzeuge zuhielt. Ich erlaubte mir ein leichtes Aufatmen, als wir von hinten gerammt wurden.

 

Der Verfolger, der in der Auffahrt steckengeblieben war, hatte aufgeholt und schon schoss der Beifahrer auf uns.

Der Fahrer hatte aus seinen Fehlern gelernt und blieb hinter uns. Ich drehte mich um uns schoss durch die Heckscheibe. „Dräng ihn ab!“ rief ich Lukas zu und der brachte sich zwischen KTW und Verfolger. Dann drängte er den Verfolger immer weiter von den Stellplätzen, in Richtung der Startbahnen ab. Dann trat der Fahrer auf die Bremse, drehte ab und folgte dem KTW. Lukas drehte am Lenkrad, zog die Handbremse und der Golf driftete um 180°. „OOHHHHH SCHEISSE!“ rief ich, doch Lukas hatte den Wagen schon wieder im Griff und setzte den Schweinebacken nach.

 

„Das lernt man als Rennfahrer?!“

„Nein, dass lernst du als Halbstarker mit 150 PS unter dem Hintern. Deswegen habe ich angefangen richtige Rennen gefahren. Ich wollte keine Unbeteiligten verletzen.“

„Wow, damit hast du mehr Verstand als die meisten anderen Idioten auf der Straße bewiesen.“

„Was jetzt?“

Gute Frage! Levi und der KTW steuerten direkt auf ein Flugzeug zu, das mit Sicherheit Heylahs Sondermaschine war. Die Bösen Buben waren etwa 100 Meter hinter ihnen und wir direkt hinter den Bösen. Als ein Gepäcktransporter sich von Links einem der anderen Flugzeuge näherte, schaute mich Lukas fragend an. „Soll ich?“

 

„Auf die paar Kratzer kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ „Das wollte ich hören.“ Lukas gab Gas und rammte den Wagen vor uns. Durch den glatten Belag der Startbahn, drehte sich der Wagen der Verfolger mehrfach um die eigene Achse und Lukas konnte vorbeiziehen.

Zweihundert Meter weiter wiederholte Lukas den Trick mit der Handbremse, so dass Vogels Killer und wir uns gegenüberstanden.

 

„So eine Scheiße!“ fluchte ich, als ich sah, dass ich keine Munition mehr hatte. „Fahr links an ihm vorbei!“ sagte ich und griff in die Ablage der Tür um meine letzte Waffe herauszuholen.

„Was willst du mit dem ESK?“

Der ESK hatte in etwa dasselbe Gewicht wie eine Kriegskeule, mit der ich gefühlte tausend Stunden mit Iduna geübt hatte. Allerdings hatte er den Vorteil, dass man ihn zusammenschieben konnte. „Ich brauche eine Geschwindigkeit von 130 Sachen. Schaffst du das?“

„Kein Problem!“

„Dann sieh zu und lerne.“ „Wenn ich dazu Gelegenheit habe!“ antwortete Lukas, zog die Handbremse an und gab Gas. Er wartete bis der Motor das richteigne Drehmoment hatte, dann löste er die Handbremse und donnerte los. Auch die Killer gaben Gas und wir rasten aufeinander zu.

Im letzten Augenblick zog Lukas nach links und für einen Sekundenbruchteil hatte ich eine gerade Linie zum Fahrer. Ich schleuderte den ESK zusammengeschoben auf die Windschutzscheibe und traf diese genau auf der Höhe des Fahrers. Der Schlagstock bohrte sich durch die Scheibe und traf den Fahrer mitten ins Gesicht. Das genügte, denn der Fahrer verriss das Lenkrad, schleuderte auf dem glatten Boden unkontrolliert und krachte in den Gepäcktransporter. Nur zwanzig Meter von Heylahs Maschine kam das Auto mit Koffern, Taschen und Kleidungsstücken bedeckt zum Stehen. Lukas hatte das Steuer schon wieder herumgerissen und blieb direkt hinter den Killern stehen. Während der Beifahrer, der halb aus dem Fenster hing tot war, lag der Fahrer bewusstlos auf dem Airbag. Kaum ausgestiegen, kam Benjamin schon mit gezogener Waffe zu mir und wir zogen gemeinsam den Bewusstlosen aus dem Auto, während eine ganze Wand Blaulichter auf uns zukam. „HIER!“ sagte ich zu Lukas und hob den Bewusstlosen auf seine Schulter. „Bring ihn ins Flugzeug!“

 

Ben, schaute nach dem Polizeiwagen die näherkamen, nickte mir noch einmal kurz zu und rannte dann zu seinem Wagen, zog Iris heraus du scheuchte sie in den Flieger. Ich rannte zum KTW und mit den Sanitätern luden wir Jessika und Frank aus. Lukas hatte den Bewusstlosen Killer ins Flugzeug geworfen, kam zurück und half mir Frank ins Flugzeug zu tragen. Als die Zeit drängte hoben wir Frank auf und trugen ihn einfach so, seine Infusionen hinter ihm her schleifend, in den Flieger. „Wieso wusste ich bloß das du mit dabei bist?!“ murmelte er, als er mich sah.

„Ach halt die Klappe! Verschwinde und nimm deinen blöden Geist mit!“

„Was?“

 

Weiter kam er nicht. Ein Crewmitglied erschien, dem ich Frank übergab und sprang aus dem Flieger. „He, was ist mit mir?!“ rief Lukas, der noch im Flieger stand.

„Du fliegst mit!“

 

„Aber…“ mehr hörte ich nicht mehr, denn ich sprang zurück auf die Startbahn. Mittlerweile war auch Jessika an Bord und noch bevor die Tür geschlossen war, rollte Heylahs Pilot auch schon los. Zurück blieben nur ich und mein armes zerknautschtes Auto.

 

Natürlich wollten einige der Polizeiwagen verhindern, dass der Flieger startete, doch ein Funkspruch machte deutlich, dass es sich um eine Diplomaten Maschine handelte und die Streifenwagen blieben zurück.

 

Als die Polizeiwagen vor mir stehen blieben, drehte der Pilot schon zur Startbahn und beschleunigte.

 

**

 

Der Dammbruch

Die Limousine hielt vor dem Eingang des Stadthotels, in dem heute Abend die große Gala abgehalten wurde.

 

Kaum standen die Räder still, wurden die Türen geöffnet und die vier Insassen stiegen aus.

„Ihr seht hervorragend aus.“ Sagte Mike noch einmal zu Fransiska und Hella, als sie an den Fotographen vorbei zum Eingang gingen. Doch da keiner von ihnen ein „Promi“ war, interessierten sich die warteten Fotographen nicht für sie. Lediglich einige wenige Blitzlichter leuchteten auf. Auch der Mann, der wenige Meter hinter ihnen kam, zog kein Blitzlichtgewitter auf sich.

„Weißt du wer das ist?“ fragte Dave.

„Dr. Magnus Berberich.“ Antwortete Fransiska. „Der ist einer der reichsten Männer in der Republik, aber kaum einer kennt ihn.“

 

„Wie kommt das?“

„Er ist ein Strippenzieher, der kaum in Erscheinung tritt. Er hasst Wahlkampfveranstaltungen und keiner weiß, wo er bei Wahlen sein Kreuz macht. Ich habe gerüchteweise gehört, dass eine Armee von Lobbyisten unterhält, doch welcher Lobbyist tatsächlich für ihn arbeitet, weiß keiner, angeblich läuft das alles über so viele Mittelmänner, dass keinerlei Bezug zu ihm besteht.“

„Weißt du, ob er Beziehungen zu Politikern in anderen Ländern hat?“

„Nein und ich wette das weiß niemand, außer ihm selbst.“

 

Weitere Nachfragen gingen unter, als ein Schauspielerpaar vor dem Hotel ausstieg und die Fotografen aus ihrer Starre erwachten. Nach dem offiziellen Teil, der Innenminister hatte seine Pflichtprogramm hinter sich gebracht, verteilten sich die geladenen Gäste und die anwesenden Reporter in der großen Hotelhalle. Die größte Gruppe bildete sich natürlich um den Innenminister der zwischen seinen Anhängern stand und den Schauspielern.

 

„Bereit Geschichte zu schreiben?“ fragte Mike Fransiska. „Oh ja! Deswegen habe ich diesen Beruf ergriffen.“ „Dir ist aber schon klar, dass du ab jetzt keine ruhige Minute mehr haben wirst, bis wir den Financier gestellt haben?“

 

„Ja, das ist mir bewusst… Mike, ich habe einmal geschwiegen… du weißt, was geschehen ist… Nie wieder!!! Außerdem du bist ja da und passt auf mich auf.“

„Das stimmt. Keine Sorge, Dave und ich lassen euch nicht mehr aus den Augen. Stimmt’s Dave…“ Mike sah sich um und sah Dave zwei Meter neben sich, der Hella gerade einen Kuss auf die Wange gab und die Fransiska zunickte.

„Wir sehen uns gleich.“ Sagte Fransiska und drückte Mike an sich, nahm Hella an ihre Seite und ging dann auf den Pulk um den Innenminister zu.

„Hast du Hella gerade geküsst?“ wollte Mike von Dave wissen.

„Nein, ich habe ihr nur viel Glück gewünscht.“

„NEIN! Ich habe Fransiska viel Glück gewünscht. Das mit dir und Hella, sah ganz anders aus.“

Dave grinste nur und sah den beiden Journalistinnen zu, die den Innenminister erreichten.

„Jetzt wird’s spannend.“

 

**

 

„Guten Abend Herr Innenminister Nehren.“ „Frau Haufberger. Ich habe mich schon den ganzen Abend gefragt, wann sie mir die Ehre erweisen.“

„Sie schmeicheln mir. Darf ich ihnen meine Kollegin Hella Gardner vorstellen?“

„Sehr gerne.“ Nehren reichte Hella die Hand und die nahm sie brav schauend an.“

„Wie hat ihnen meine Rede gefallen?“ wollte der Minister von Fransiska wissen.

„Nun, sie spiegelt den aktuellen Stand, der von der Regierung betriebenen Politik wieder, insoweit gab es da keine Überraschung.“

„Eine sehr nüchterne Analyse.“

 

„Nun, der Aspekt Umweltschutz kam allerdings etwas kurz. Man könnte den Eindruck gewinnen, Ihnen und der Regierung, wäre dieser Aspekt eher zweitrangig.“

„Kommen sie Frau Haufberger“, sagte Nehren, “in ihrem Kommentar neulich, nachdem sie den Bundesumweltminister interviewt hatten, haben sie die Arbeit der Regierung diesbezüglich ausdrücklich gelobt.“

 

„Nun, da wusste ich auch noch nichts von Alofi.“ Die ersten Köpfe schauten herum.

„Alofi?“

Automatisch erstarben die Gespräche der umstehenden und die Ohren wurden gespitzt.

„Was ist Alofi?“

 

„Nun, Alofi ist eine Insel im Südpazifik, aber das wissen sie sicher.“ Sagte Hella laut genug, dass sich nun die Aufmerksamkeit aller Anwesenden um den Innenminister herum geweckt wurde.

 

„Ich habe keine Ahnung wovon sie reden!“ antwortete Nehren dessen Gesichtszüge hart wurden.

 

„Ich rede davon, dass deutscher Atom und Giftmüll, statt ihn sicher zu lagern, einfach auf eine Insel im Pazifik gebracht und dort zu einer tickenden Zeitbombe wurde.“

 

„Frau Haufberger, ich habe tatsächlich keine Ahnung, worum es hier geht! Guten Abend!“ Nehren wandte sich zum Gehen, doch so schnell ließen sich die beiden Journalistinnen nicht abdrängen.

 

„Dem ACP wurden Unterlagen übergeben, die eindeutig belegen, dass SIE schon als Staatssekretär an diesem kriminellen Akt beteiligt waren.“

 

Nehren, der sich ohne noch einmal umzudrehen entfernte, rief Hella nach. „Herr Innenminister! Wir haben Beweise, dass neben unserem Atommüll auch Atommüll aus Frankreich, Belgien, Italien, Spanien Israel und den USA sich auf Alofi befindet! Was sagen sie dazu?“

 

Nehren schob sich durch die Menge und plötzlich hatten die Fotografen, die sich um die Schauspieler gedrängt hatten ein neues Ziel. Laute Rufe wie „Herr Innenminister!“ begleiteten seinen Abgang, bis er das Hotel verlassen hatte.

 

Dann wandten sich die Reporter Fransiska und Hella zu.

„Woher stammt der Atommüll? Was für eine Art Giftmüll? Wo kommt der Müll her?!“ Die Fragen überstürzten sich und Fransiska versuchte sich Gehör zu verschaffen.

„Fragen sie nicht mich, fragen sie Nehren!“ rief Fransiska an und zog Hella aus dem Gewühl heraus zum Ausgang. Die Reporter-Schar stürzte sich auf den Innenminister.

 

Dessen Auto war von Reportern und Fotografen umzingelt. Die Stimmen wurden immer lauter und Nehren versuchte sich in seiner Anzugjacke zu vergraben. Schließlich wies er seinen Fahrer an „Fahren sie endlich los, geben sie endlich Gas!“

 

Gekonnt schubste der Fahrer die Fotografen, die zu nah am Fahrzeug waren weg und gab Vollgas. Keiner der Leute, ob Fotograf oder Reporter wurde dabei verletzt.

 

**

 

Berberisch der unauffällig nur einen Meter neben Nehren gestanden hatte, hätte beinahe sein Glas fallen lassen, als diese Reporterin Alofi erwähnte.

 

Äußerlich völlig desinteressiert hatte er den Wortwechsel verfolgt und seine Gedanken überschlugen sich. Der ACP hatte also die Akten des Mossad! Wie zum Teufel… Die Antwort war klar, der Mossad hatte diese dem ACP zugespielt, doch wieso?! Bis jetzt hatte der Mossad nichts getan! Berberisch hatte sich das damit erklärt, dass auch die Regierung in Tel Aviv darüber stürzen würde und General Lem ausgebremst hatte.

 

Doch nun schien es, als ob er Lem falsch eingeschätzt hatte. Nun war die Bombe geplatzt, doch warum der Innenminister Nehren?

 

Er hatte zwar einmal Kontakt mit Nehren… der ihn allerdings, also seinen Verhandlungspartner, abblitzen ließ…Was, wenn Nehren sich daran erinnerte? Was stand in den Akten? Was hatte Nguyen sich da zusammengereimt? Oder verfolgte Lem eigene politische Ziele? In Sekundenschnelle, Hella und Nehren diskutierten noch, stellte Berberisch eine neue ToDo Liste zusammen.

 

Am wichtigsten erschien ihm herauszufinden, welche Informationen diese Pressetussis hatten. Er musste wissen was in den Akten stand! Und er musste herausfinden, welche Ziele Lem hatte. Er musste sich daran erinnern, wer damals mit Nehren geredet hatte und anschließend mussten alle verschwinden!

 

**

 

Sechs Stunden später, erschien ich in Franks Büro und trat ein. Sarah saß noch immer da und telefonierte gerade. „Mir ist die Tragweite durchaus bewusst“, sagte sie und rollte mit den Augen, „umso eher werden sie sicher verstehen, dass ich eine Entscheidung dieser Art nicht an Stelle von Herrn Brauer treffen kann… Ja, auf Wiederhören.“ Sarah legte auf und schüttelte den Kopf, als sie mich ansah. „Willst du raten, wer das gerade war und was er wollte?“

 

„Vermutlich der Minister und er wollte einen Kopf rollen seinen und zwar meinen. Stimmts?“

 

„Das heißt dann wohl, der Dreier mit dir und Vera ist gestorben?“

 

„Eigentlich schon… aber da du unseren Freunden so heldenhaft das Leben gerettet hast, werden wir wohl ein Auge zudrücken.“ Grinste sie.

 

**

 

Soulebda

„Wir sind tatsächlich in der Südsee. Schau, Marie!“ Janette, Lukas Frau, zeigte aus dem Fenster, wo die ersten Inseln Soulebdas unter unserem Flieger vorbeizogen.

Die dreijährige Marie kletterte aus ihrem Sitz, über den Schoß ihrer Mutter und schaute aus dem Fenster.

Ich hatte Jeanette noch vom Polizeirevier aus angerufen und ihr gesagt, dass Lukas in Ordnung war, denn ein Polizeihubschrauber hatte die Jagd über die Autobahn gefilmt und wir waren in allen Nachrichten. Da auch von Toten berichtet wurde, machte sie sich verständlicherweise große Sorgen. Aus der Luft aus, sah das Ganze noch spektakulärer aus, besonders die Szene als Lukas bei Tempo 200 auf der Landebahn seinen 180° Drift hinlegte… Glücklicherweise waren die Toten ausschließlich unsere Angreifer, doch ich musste ihr sagen, dass ihr Mann in einem Flieger nach Soulebda saß. Alles andere, also das wieso und warum, würde ich ihr persönlich erklären.

 

Der nächste Anruf galt Decker. Lukas hatte mitgeholfen die Killer des Stechers fertig zu machen… also war die Möglichkeit durchaus gegeben, dass Janette und Marie auf Vogels Abschussliste kamen! Decker sah das genauso und schickte augenblicklich Johann und Gratzweiler mit einem Einsatzkommando zu Lukas nach Hause und brachte seine Frau und die Tochter zu uns. Während Marie in meinem Bett schlief, saß Jeanette in meinem Büro zusammen mit Decker und ich konnte ihr alle Einzelheiten erklären. „Und wann kommt er zurück?“ fragte sie mich.

 

„Ich weiß es nicht, das könnte dauern.“

„Aber was soll ich…?“ Ihre Stimme nahm einen verzweifelten Klang an und ich hob beruhigend die Hände. „Keine Sorge. Ich habe alles schon geklärt. Sie nehmen Urlaub und kommen übermorgen einfach mit uns nach Soulebda. So lange bleiben sie hier und wohnen in meiner Wohnung.“

„Urlaub? Den muss ich beantragen… was soll ich meinem Chef sagen?“

„Sagen sie einfach das sich um eine familiäre Ausnahmesituation handelt. Ich denke, das sollte reichen.“

 

**

 

Command by Chief

Es reichte nicht! Jeanette arbeitete bei einer Außenstelle der US Airforce Frankfurt, die für Funkaufklärung zuständig war und ihr Boss, ein Major der Airforce sagte ihr, dass es ihm ziemlich egal war, warum sie Urlaub haben wolle und das es jetzt nicht ging!

 

Hannes, der sie zur Außenstelle gefahren hatte, rief mich an und sagte, dass Jeanette völlig aufgelöst war.

Eine Stunde später stand Jeanette erneut vor dem Schreibtisch des Majors, doch diesmal nicht alleine, sondern mit Mike an ihrer Seite.

 

„Wer sind sie denn?“ wollte der Major wissen.

„Mike Smith. Colonel, Mike Smith. CIA.“ Mike trat vor und zeigte seinen Dienstausweis. „Major, darf ich bitte ihr Telefon benutzen?“

 

Etwas verunsichert nickte der Major und Mike trat um den Schreibtisch herum und wählte eine Nummer, so dass der Major auch sah, welche Tasten er drückte. Und der kam ziemlich ins Schwitzen, als er die Vorwahl von Stuttgart-Vaihingen erkannte. Als Mike die Nummer gewählt hatte, stand im Telefondisplay der Name, wer da gerade angerufen wurde und der Major schluckte.

 

NSA/CSS Commando stand da im Display und der Major kam sich plötzlich sehr klein vor.

 

Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt ihm Mike den Hörer hin, noch bevor sich am anderen Ende jemand gemeldet hatte. „Ist für SIE!“ Dabei sah Mike den Major mitleidlos an, aber er nickte freundlich.

 

Das Gespräch war kurz, es war eher ein Monolog und als dieser beendet war, schluckte der Major nochmals, doch dann schaute er seltsam freundlich zu Jeanette und lächelte sie an. „Jeanette, was ihren Urlaub angeht …“ Mike stand daneben und lächelte leicht.

 

Nun saß Jeanette mit Marie bei uns im Flieger und hatte nicht Urlaub, sondern war bis auf weiteres, bei Weiterführung ihres Gehaltes freigestellt.

 

**

 

Während sich in Mainstadt die Ereignisse überschlugen, brachten uns Mike und Dave auf den neusten Stand. „Wie ihr alle mitbekommen habt, haben Fransiska und Hella ganz schön Staub aufgewirbelt.“

Oh ja! Und das war leicht untertrieben. Die Titelblätter waren voll von Artikeln über Innenminister Nehren und den Giftmüll auf Alofi. Irgendwo auf Seite vier, unten am Rand stand, dass in Israel das halbe Kabinett zurückgetreten war, nachdem man es mit den gleichen Vorwürfen konfrontiert hatte. Die Messer wurden gewetzt und nach einer langen Nacht war der alte Ministerpräsident auch der Neue und ich konnte Lem bis hier her aufatmen hören.

 

„Ich frage mich, wie jemand wie Nehren, so lange nicht auffallen konnte.“ Sagte ich nur kopfschüttelnd.

„Ganz einfach“, Antwortete Mike, „er hat damit überhaupt nichts zu tun.“

„WAS?!“

„Nehren ist sauber.“

„Aber… Aber Fransiska hat ihn öffentlich ans Kreuz geschlagen! Die Zeitungen überschlagen sich und Nehren wird von allen Seiten unter Beschuss genommen. Weiß Fransiska das Nehren sauber ist?“

 

„Ja. Sie, Hella und Nehren haben sich vor der Gala getroffen und alles abgesprochen.“

 

„Ich verstehe es nicht! Wolfgang“, ich sah zu Decker, der ebenfalls ratlos dasaß, „kannst du dir da einen Reim drauf machen?“

„Ich habe da so eine Ahnung! … „Ihr habt eine falsche Fährte ausgelegt und hofft so den Financier aus dem Schatten zu locken.“

 

„Richtig! Vogel ist einer der Besten, aber auch der Stecher kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Wir haben nun drei Arenen, in denen wir den Financier herausfordern. Die Piraten in der Südsee, Caroline, Peter und Claire auf Soulebda, die der Financier unbedingt tot sehen will und jetzt Mainstadt und Berlin. Wir zwingen ihn zum Kampf und er muss reagieren.“

 

„Um mich mache ich mir keine Sorgen.“ Sagte ich. „Und um Caroline auch nicht, denn sobald wir auf Soulebda sind, sind wir relativ sicher. Aber was ist mit Fransiska und Hella? Der Financier wird versuchen herauszufinden, welche Beweise tatsächlich gegen ihn vorliegen und damit sind die beiden in akuter Gefahr.“

 

„Nun das war auch der Zweck der falschen Fährte. Der Financier muss unbedingt reagieren. Da mittlerweile in allen betroffenen Ländern Leute verhaftet werden, muss er wissen, was tatsächlich in den Akten steht. Der Financier glaubte zu wissen, was in den Alofi-Akten steht, doch mit dem Ausbringen der falschen Fährte kann er sich nicht mehr sicher sein, dass wir nur die Mittelsmänner erwischen. Also wird er entweder den Stecher nach Berlin bzw. Mainstadt rufen oder sich neues Personal besorgen. Beides werden wir mitbekommen.“

 

„Und wie wollt ihr Fransiska und Hella beschützen?“

„Dave und ich weisen euch in Soulebda in eure Aufgaben ein, dann fliegen wir sofort nach Berlin zurück um unsere Freundinnen im Auge zu behalten und nehmen Viktor mit. Der hat da ein paar… alte Bekannte aus früheren Tagen, als er noch für den KGB arbeitete. Glaub mir, mit der Truppe willst du dich nicht anlegen. Und es kommen noch besser. Zwei alte Bekannte, die mit dem Stecher noch eine Rechnung offen haben.“

 

Decker hob den Kopf und grinste. „Maja und Boris?“

„Richtig.“ Grinste Mike. „Ich denke, damit sind wir hier gut aufgestellt.“

 

Tags darauf kam die erwartete Ablösung für Sarah. Gleichzeitig wurde die Wach- und Sicherungsmannschaft aufgestockt. Hannes und Gratzweiler hatten endlich etwas weniger zu tun. Die Baumannschaft hatte den Spezialbeton längst fertig und die Löcher in der Außenmauer waren wieder geschlossen. Angeblich war das ein Spezialbeton, mit dem an anderen Orten Bunker gegossen wurden. Heute kamen nach dem Aushärten auch die dicken Stahleinfassungen weg und das Gefängnis sah endlich wieder wie ein ruhiges Gebäude aus.

 

**

 

Auf dem Weg nach Soulebda

„Ist das Soulebda?“ fragte die kleine Marie und zeigte auf eine große Insel unter uns.

Vera, die ihr gegenübersaß, schaute nach unten und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das ist Bea Island und weißt du was?“ Sie beugte sich vor, flüsterte Marie etwas ins Ohr und die bekam große Augen. Marie drehte sich zu mir und starrte mich an. „Ist das wahr, die Insel gehört deiner Frau?“

„Ja“, lachte ich, „ihr und ihrer Freundin Penelope.“

„Wer ist Penelope? Ist das auch eine Freundin von dir?“

„Nicht nur das, sie ist sogar die Tochter der Regentin. Ich wette, du lernst sie gleich kennen, denn sie kommt bestimmt, um uns am Flugplatz abzuholen.“

„Und die kommt wirklich zu uns?“

„Da bin ich mir ganz sicher.“ Antwortete ich und ich behielt Recht.

 

Am Stellplatz der Maschine wartete schon unser Empfangskomitee, bestehend aus Caroline, Penelope, Jerome und natürlich Lukas. Kaum ausgestiegen rannte Jeanette mit Marie auf dem Arm zu Lukas, während ich meine Caroline in den Arm nahm.

„Na du Rennfahrer? Das war vielleicht eine Fahrt! Als Frank die Bilder sah, wurde er noch blasser, als er momentan sowieso ist.“

„Er ist gefahren, nicht ich.“ Ich zeigte auf Lukas, der Jeanette ausgiebig küsste. „Mir wollten sie den Führerschein abholen, aber dank der Kamera im Hubschrauber konnte ich nachweisen, dass ich nicht gefahren bin.“

„Und was ist mit ihm?“

„Ich habe zum Fahrer keine Auskünfte erteilt. Warten wir mal ab, wie sich das weiterentwickelt.“

„Und was ist mit Speedy?“

„Wer ist Speedy?“

„Na das Auto!“

„Du nennst mein Auto Speedy?“

„Es ist unser Auto! Und ja, ich nenne es Speedy. Also was ist mit ihm?“

„Tja Schatz, es tut mir leid… Speedy ist tot! Aber schön, dass du dir wenigstens um Speedy Sorgen gemacht hast.“

„Idiot!“ Caroline verpasste mir einen Schubs, zog mich zu sich heran und wir standen Lukas und Jeanette nicht nach und küssten uns ausgiebig.

 

Während Jerome mit einer Abteilung Gardisten Lukas und seine Familie in ein sicheres Haus brachten, fuhren Decker und Marianne zu Frank ins Krankenhaus. Auch ihnen hatte Jerome eine Abteilung Gardisten mitgegeben. Ich wollte ebenfalls zuerst ins Krankenhaus um nach Frank und Jessika zu sehen, doch Vera meinte, dass Decker und Marianne Aufregung genug für die Beiden an einem Tag wären, also fuhren wir alle in Carolins Villa, um uns frisch zu machen, bevor wir Heylah entgegentraten.

 

Ein paar Stunden später trafen wir Lukas, Jeanette und Marie am Eingang des Palastes wieder. Decker hatte seine Frau bei Iris gelassen, Dana, Randy, Vera, Sarah und wir wurden von einer Kolonne Fahrzeuge abgeholt und zum Palast gebracht.

Jeanette war sichtlich aufgeregt, als Jerome ihr erklärte, dass sie der Regentin eines Staates begegnen sollte. Lukas versuchte dabei sehr cool auszusehen, aber auch er war nervös, was den beiden keiner übelnahm.

 

„Wir treffen wirklich die Präsidentin dieses Staates? Wie … wie begrüßt man sie? Verbeugt man sich, oder…?“ fragte Jeanette.

„Bleib einfach locker“, versuchte ich, sie zu beruhigen, „Heylah ist ein ganz normaler Mensch…“ Weiter kam ich nicht, denn ein kleiner Wirbelwind rannte laut schreiend auf uns zu und sprang Caroline in die Arme. Direkt dahinter kamen Veronique und Bernd und begrüßten uns. „Darf ich vorstellen, Veronique und Bernd Schubert. Und das ist Caro’pe, unser Patenkind.“ Ich zeigte auf das Mädchen auf Carolines Arm, die ihr ein Bussi auf die Wange gab und wieder von ihrem Arm heruntersprang, um direkt auf Marie zulief. „Komm mit!“ rief sie und zerrte Marie hinter sich her zum Palast hin.

 

„Lass sie!“ Sagte Caroline zu Jeanette, als diese Marie zurückrufen wollte. „Caro’pe kennt sich besser im Palast aus, als wir alle. Die verläuft sich nicht.“

Wir gingen zusammen zum Eingang des Palastes, wobei Veronique etwas vorausging und alle Wachen strammstanden, als wir vorbeigingen. Nachdem der dritte Offizier, der uns entgegenkam, Veronique militärisch grüßte, stieß mich Lukas an. „Wieso grüßen sie Veronique?“

 

„Sie ist die Verteidigungsministerin.“ „Was?… Und Jerome? Die Wachen stehen ganz schön stramm, wenn er nach ihnen schaut.“

 

„Kein Wunder, Die Palastwache besteht aus der Garde und Jerome ist der Befehlshaber der Garde.“

„Und ihr kennt euch alle untereinander?“

Lukas schluckte und schon standen wir an der Tür zum Audienzsaal. Die Wachen öffneten die Tür und wir traten Heylah im Thronsaal entgegen. Der Raum maß gute fünfzig mal dreißig Meter, war hell erleuchtet und mit sehr vielen goldenen Schnitzereien verziert. An der Seitenwand, gegenüber den großen Fenstern, stand der Thron Soulebdas. Ein wahres Meisterwerk soulebdalesischer Kunst, der dem Thron der Könige Englands nicht nachstand. Hatten Lukas und Jeanette erwartet, dass Heylah auf dem Thron auf sie wartete, wurden sie überrascht. Heylah hatte NIE auf diesem Thron gesessen! Für sie war der Thron eine böse Erinnerung an den Bürgerkrieg, als ihr ehemaliger Gemahl auf dem Thron saß und von dort herunter das Volk Soulebdas ins Elend stürzte.

 

Heylah kam uns entgegen und nach einer kurzen angedeuteten Verbeugung umarmten wir uns wie alte Freunde.

Jeanette war schier sprachlos, als Heylah sie umarmte und dann ihren Mann ansah.

„Und das ist also der Rennfahrer, der unsere Helden vor dem Tod bewahrte. Ich danke dir im Namen unseres Volkes. Soulebda steht für immer in der Schuld von Frau Dafore und Herrn Brauer und als ihr Retter, stehen wir nun auch in deiner Schuld.“

 

Lukas wurde knallrot und wusste nicht, was er dazu sagen sollte und presste schließlich ein „…war keine große Sache.“, hervor, worüber wir alle herzlich lachen mussten.

 

„Nun zu Euch meine stolzen Krieger.“ „Es gibt schwere Aufgaben zu erledigen. Piraten machen die Gewässer unsicher und ich bin nicht bereit wegzusehen. Unsere Spezialeinheit um den Gelehrten Kana’Fartu Yasomera wird sich der Piraten annehmen. Ich bitte euch sie zu unterstützen, auch wenn ich weiß, dass es auch diesmal eine gefährliche Mission ist.“

Wir mussten uns erst gar nicht absprechen, Sarah trat vor und sagte dann, „Du kannst natürlich auf unsere Hilfe zählen.“

 

„Sarah, meine Kriegerin des Lebens.“ Heylah trat vor und drückte ihre Stirn an die von Sarah, so wie es die jahrhundertalte Tradition vorsah, mit der die Regentin ihre Hochachtung ihres Gegenübers ausdrückte. „Ich danke dir und ich danke euch allen. Es gibt viel zu tun, doch nicht heute Abend. Heute Abend wird es einen offiziellen Empfang zu euren Ehren geben.“ Teilte Heylah Lukas mit. „Für die Dauer eures Aufenthaltes seid ihr natürlich Gäste des Palastes. Jerome, kümmere dich bitte um unsere Gäste.“

„Selbstverständlich, Regentin.“ Antwortete Jerome und nickte Heylah zu.

 

„Ein Empfang?“ fragte Jeanette, als wir wieder aus dem Audienzsaal traten. „Aber… Ich habe nichts zum Anziehen.“ Beklagte sie sich.

 

„Das macht nichts.“ Beruhigte ich sie. „Bei einem offiziellen Empfang gibt es strenge Kleidervorschriften. Ihr werdet eingekleidet.“

„Oh, und was tragen die Frauen bei einem solchen Empfang?“

Ich musste grinsen, als ich mir Jeanette lediglich in einem kurzen Baströckchen vorstellte. Zu ihrem Glück, hatte Heylah die Tradition zu Gunsten der (verklemmten) Europäer etwas abgeändert. Waren die Haare nicht lange genug um die Brüste zu bedecken, wurden Haarteile eingeflochten, um Abhilfe zu schaffen. Dennoch war das für so manche Diplomatin eine Herausforderung.

„Das… erklärt dir Caroline.“ Sagte ich lächelnd zu ihr und bekam von ihr direkt einen Schlag in die Seite.

 

**

 

Der Empfang

Der offizielle Empfang im Palast stand an und alle waren wir in meiner Dienst-Villa versammelt. Jeanette hatte sich bereits mit Lukas in den Gärten umgesehen. Die kleine Marie spielte zusammen mit einigen anderen Kindern der Angestellten. Eine Sprachbarriere schienen die Kinder nicht zu kennen.

 

„Caroline, das ist deine Dienst-Villa? So schön möchte ich auch einmal wohnen.“, stellte Jeanette fest. „Der Ausblick ist ja fantastisch.

Rings um die Villa war Gras gemäht und die Hecken auf ein gutes Maß getrimmt worden. Für Jeanette sah es einfach nur wunderbar aufgeräumt aus, mein Mann Peter aber erkannte sofort, dass hier weitere Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt wurden.

„Schatz, seit wann habt ihr hier Stammeskrieger zum Schutz?“, war auch seine erste Frage.

 

„Seit Clair und ich hier angegriffen wurden, bat Heylah um Unterstützung und seither haben die Stämme zwei Teams abgestellt, die immer wieder wechseln. Es sind aber immer zwei Teams mit vier jungen und zwei älteren Kriegern. Heute sind die Kriegerinnen mal wieder dran. Bei denen fühle ich mich immer am Wohlsten.“

 

Eine Glocke ertönte und wir wurden auf die Terrasse zusammengerufen.

 

Ma‘Difgtma erschien in Begleitung von zehn ihrer Mädchen. Sie alle waren bereits in der offiziellen kurzen Bekleidung, bestehend aus einem kurzen Baströckchen mit Schmuck aus dem ozeanischen Raum geschmückt.

Selbst Peter musste zugeben, dass die Kleidung auch an Ma’Difgtma sehr gut aussah und noch Wirkung erzeugte.

 

„Bitte alle herhören, ich bin Ma’Difgtma, ihre Haushofmeisterin. Für heute Abend hat die Regentin zu einem offiziellen Termin geladen. Die Damen werden, genau wie wir hier in der vorgeschriebenen Kleidung auftreten und die Herren auch.“

Damit winkte sie kurz und neben Jerome traten noch gut acht weitere Krieger in der Kriegertracht ein und stellten sich an die andere Seite, gegenüber den Mädchen. Ma’Difgtma klatschte einmal in die Hände und weitere Mädchen, diesmal noch herkömmlich angezogen erschienen und stellten sich um die Gäste.

 

„Diese Damen begleiten sie auf die Zimmer und sie werden eingekleidet. Da der Empfang offiziell ist, werden die Krieger und Kriegerinnen ihre Zeremonienwaffen zu tragen haben. Und nun auf gehts!“

 

Peter kam zu mir und nahm mich zärtlich in den Arm. „Weiß Clair um die Kleidervorschriften?“

„Oh ja, und sie wird darin wirklich gut aussehen, inzwischen hat sie auch Farbe abbekommen, ich befürchte, du erkennst sie nicht wieder.“

 

Aus allen Zimmern der Villa drangen Geräusche, hin und wieder etwas Gelächter und Gekicher. Nach und nach wurde es stiller und die Lichter in den Zimmern erloschen. Dafür kamen die Gäste in Tracht herunter und zeigten sich den anderen.

 

Auch ich hatte, genau wie Penelope, unsere Tracht angezogen und standen bereit und empfingen die anderen Gäste.

 

Clair sah einfach herrlich aus. Ihr wasserstoffblondes Haar war gewachsen und bedeckte ihre süßen Brüste über die ganze Länge. Ihre Haut war wunderschön gebräunt und man konnte sehen, dass sie sich gerne in der Sonne aufhielt.

 

Dana zierte sich noch ein wenig, aber auch sie kam hervor und sah wirklich herrlich aus.

 

Schließlich trat Jeanette hinzu. Ihre kurzen Haare hatten die Mädchen kunstvoll verlängert und ihr herrlicher Busen wurde dadurch verdeckt.

 

Mit den anderen Mädchen, an denen die offizielle Bekleidung irgendwie natürlicher wirkte, wurde das Bild dann etwas runder und die erste Aufregung schwand.

 

„Die Herren bitte!“ Stand Ma’Difgtma bestimmend im Raum, keiner hatte sie hereinkommen sehen, aber das war bei ihr ja nichts Neues.

 

Neben Jerome, der wie immer wie ein in Bronze gegossener Krieger dastand, waren die anderen Krieger aufgereiht und nun kamen auch Randy in seiner zu langen Kriegerhose sowie Lukas, dem das Ganze äußerst suspekt war. Er stand da, als hatte er Angst, dass sich die Beinkleider lösen und er blank vor der Regentin stehen würde.

 

Ma’Difgtma prüfte jede einzelne Uniform auf den korrekten Sitz und gab, teils nach kleinen Änderungen, dann alle frei. Uns wurden die Zeremonienwaffen übergeben und danach noch ein samtweicher Umhang, der einerseits zu kühlen schien, andererseits unglaublich dicht war.

 

Vor der Villa standen plötzlich Polizisten und sperrten die Seitenstraße, schon rollten einige Limousinen vor und wir stiegen alle ein um zum Palast zu fahren. Zurückblieben die Sicherheitsbeamten, die Bediensteten und die Stammeskrieger Soulebdas, die wie immer ein waches Auge auf uns und die Villa hatten.

 

**

 

Geschlossen traten wir vor die breite Treppe die zum Palast führte. Wir wurden bereits von einer Abordnung der Palastgarde erwartet und die Stufen hochgeführt.

 

Der Palast war in ein indirektes Licht gehüllt und aus dem inneren ertönte ein wunderschöner Gesang, der langsam ausklang. Es war jetzt 21:00 Uhr. Da öffnete sich eine der Türen und zusammen mit einem Fanfarensolo wurde in der Mitte des Saales der Teppich freigemacht, der durch den Saal zur Regentin führte.

 

Unsere Umhänge wurden uns abgenommen und wir stellten uns in Zweierreihen auf. Vorne Veronique und ich, wir kannten ja den Ablauf bereits. Hinter uns dann die Mädchen und ihnen folgten die Männer. Veronique gab den Ton an. „Uns nach bis zum Thron, dort halten wir und stellen uns in 2-er Reihen auf, los gehts.“

 

Jeanette und Lukas sahen so etwas zum ersten Mal. Als die Hauptdarsteller einer Regentin vorgestellt zu werden, das war ein Erlebnis. Zur Erleichterung der Mädchen waren alle anwesenden Damen auch in der offiziellen Tracht erschienen und so entspannten sich die Mädchen schnell.

Vor dem eigentlichen Thronbereich hielten wir an und stellten uns in einer Zweierreihe auf. Heylah stand auf und wir, die Altgedienten traten einen Schritt zur Seite, jetzt standen nur noch Jeanette mit ihrem Mann Lukas direkt vor der Regentin.

 

Mit einer deutlichen Verbeugung bezeugten die beiden der Regentin ihren Respekt und mit einem kleinen Wink von Heylah drehten sich die beiden um mit Blick zum Volk.

 

Lächelnd stellte Heylah die Anwesenden vor, berichtete von den heroischen Heldentaten und war voller Lob über die Anwesenden. Am Ende erhielten Jeanette und Lukas einen brillanteren Kometen, der an einer langen Kette getragen wurde. In dem funkelnden Licht des Palastes sah es aus, als würden die Kometen von innen leuchten.

 

Zweieinhalb Stunden später hatten wir uns wieder in der Villa versammelt. Jerome und seine Truppe waren rasch verschwunden, zurückblieben Jeanette, Lukas, Peter und ich. Inzwischen machte es Jeanette offenbar auch nichts mehr aus, so frei da zu stehen. Die ganzen Gäste im Palast, die ebenso wie sie selbst in dieser Tracht waren, hatten ihr Gefühl der Unsicherheit weggeweht. Mit ihrem Glas in der einen Hand und Lukas in der anderen, standen wir auf der Terrasse der Villa und blickten in den herrlichen sternenklaren Himmel.

Mit Peter stellten wir uns auch dazu und wir tranken einige der köstlichen Drinks.

 

Schließlich war es Lukas, der das angenehme Schweigen durchbrach.

 

„Schatz, kannst du dir vorstellen, dass dieses Arschloch hier, mir fast meinen Job gekostet hatte. Und heute, ich meine, nachdem ich mit diesem Arschloch durch die halbe Stadt gebrettert bin und mitgeholfen habe, einige wirklich böse Menschen zu beseitigen, da merke ich, dass er zum Glück doch ein ganz normaler Kerl ist.“

 

Jeanette schaute ihren Lukas an, dann prüfte sie mit einem stahlharten Blick das Gesicht von Peter und ich merkte, wie er bei dem ersten Blick von ihr leicht zuckte. Schließlich lächelte mich Jeanette an und fragte ungeniert: „Ich hoffe nur, dass er noch andere Fähigkeiten hat, als junge Karrieren zu ruinieren.“

 

Ich lächelte Jeanette an und streichelte ihr sanft über die Wange. „Ich versichere dir, zu dem Zeitpunkt hatte er mit etwas zu kämpfen, an dem viele andere Menschen glatt zerbrochen wären und er hat auch diesen Kampf gemeistert. Außerdem hat Peter noch andere Fähigkeiten, die ich nicht missen möchte.“ Jeanette legte ihre Wange leicht auf meine Hand und lächelte dieses gewisse „Dankeschön“ das nur Frauen verstehen können.

 

„Und ihr habt hier auf dieser Insel offenbar sehr viele, wichtige und wahre Freunde gefunden. Das klappt aber nicht bei nur einem Jahresbesuch, oder?“

 

Jetzt musste ich tatsächlich lachen. „Nein, beileibe nicht. Diese Insel ist meine zweite Heimat geworden, irgendwann wird das auch meine feste Heimat werden, wenn ich mich zur Ruhe setze.“

Jetzt lachte Peter,

 

„du und Ruhe finden, ich glaube vorher friert die Hölle ein, so wie ich dich kennen und … “

 

„Stopp, Halt, alle mitkommen!“ Donnerte ein Befehlston plötzlich neben uns.

 

Plötzlich stand Madame Ma’Difgtma neben uns und keiner hatte sie kommen gesehen, geschweige denn gehört.

 

„Ma, was ist?“, war meine erste Frage.

„Da unten in den Gärten sind Eindringlinge. Meine Krieger sind schon hinter ihnen her, aber es ist noch ein Feind hier, und ich sehe ihn nicht, mach dich kampfbereit meine Tochter!“ Damit gab sie mir ein Kampfmesser aus ihrer privaten Sammlung und ich sprang über die Brüstung der Terrasse und war verschwunden.

 

„Peter, beschütz die beiden, die dürfen keinen Schaden erleiden. Geht ins Haus.“

 

„Mitkommen!“ Ordnete Peter an und zog Lukas und seine Frau Jeanette zurück, in die inneren Räume. „Beschütz deine Frau mit deinem Leben. Du hast nur sie!“ Mit diesen Worten gab Peter eine Pistole an Lukas und wies auf das bequeme Sofa. Lukas aber nahm die Waffe nicht an, sondern nahm eines der Messer.

Peter ging an einen Seitenschrank, gab einen Code in ein Zahlenschloss ein und nahm ein Gewehr heraus. Nach der Waffenprüfung ging Peter hinter einem Pfeiler in Deckung und spähte in die Nacht hinaus, immer wieder mit einem Blick zu Lukas und Jeanette.

 

**

 

Ich hatte meine Haare nach hinten gebunden und huschte im knappen Baströckchen durch den Garten. Zur Linken hörte ich Kampfgeschrei, da hatten unsere Stammeskrieger einen Schurken gefunden und ausgeschaltet. Weiter unten erkannte ich Bewegungen. Das mussten die anderen Stammeskrieger sein, als meine Sinne mich warnten. Sofort duckte ich mich und verschwand im Garten.

 

**

 

Der Schütze stand versteckt im Schatten, er hatte eine geradezu vorbildliche Waffe. Eine Remington Bravo 51, genannt Kate, mit Nachtvisierung und extralangem Schalldämpfer. Dieses Gewehr kannte ich nur zu gut und ich wusste, es trifft, wenn der Sniper gut ist, immer.

 

Jetzt hatte der Schütze sein Ziel gefunden, einen Mann, der hinter einem Pfeiler stand und hin und wieder die Lage prüfte. Beim nächsten Mal würde er schießen. Da spürte der Schütze zwischen seinen Beinen ein brennendes Beißen.

 

„Waffe aus dem Ziel nehmen und sichern, sonst sind deine Eier ab.“ Der Schütze erkannte, dass ein Messer sich in seinen Hodensack schnitt und bereits die Haut angeschnitten hatte. Er konnte sich nicht mehr auf seinen Auftrag konzentrieren und nahm die Waffe hoch, sichert sie und ließ sie sich abnehmen.

 

„Ein Fehler und du hast keine Eier mehr, ich sage es dir nur einmal.“

 

Von der Seite kamen Leute mit Lampen und beleuchteten die Szene. Vor dem Mann stand eine rothaarige Frau mit nacktem Oberkörper, kräftigem Busen im knappen Bast Rock und hielt ein mächtiges Messer zwischen den Beinen des anderen Mannes.

 

In ihren Augen funkelte das Sternenlicht, diese Frau wusste, wie man tötet, das war dem Schützen sofort klargeworden.

„Scheiße, diese Gerüchte stimmen also doch, dass auf Soulebda Weiber als mordslüsterne Wächter herumlungern.“ Stöhnte der Schütze, während er durchsucht und danach gefesselt wurde.

 

Die Frau mit den roten Haaren und dem herrlichen kräftigen Busen aber prüfte das Messer und war kurz darauf verschwunden.

 

So leise wie das Ganze begonnen hatte, so leise war es auch vorbei. Die Stammeskriegerinnen trugen zwei andere Eindringlinge weg, diese hatten weniger Glück und nach kurzem Kampf ihr Leben in den Händen der Stammeskriegerinnen beendet.

 

Die anschließende Suchaktion ergab, dass keine weiteren Eindringlinge mehr in den Gärten waren. Draußen vor dem starken Zaun der großen Villa aber schlichen dunkle Gestalten umher und umzingelten ein kleines Haus, aus dem ein langes Rohr lugte.

 

Am Ende des langen Rohres schaute ein Schütze durch die Optik des Fernrohres und suchte offenbar sein Ziel, als es links hinter ihm raschelte. Wieselflink hatte sich der Schütze herumgedreht und hielt eine Pistole in der Hand, jedoch konnte er nichts sehen.

Als er die Pistole wegsteckte und das Gewehr erneut anheben wollte, spürte er einen kurzen Luftzug und es machte „Buhh!“ Zwei weiße Augen schauten ihn an, alles andere blieb im Dunkel des Raumes.

 

Jetzt zogen zwei weitere starke Hände das Gewehr und die Pistole sowie ein Messer weg und die weißen Augen, die auf ihn gerichtet waren, behielten den Schützen genaustens im Blick.

 

„Hinlegen und die Hände her!“ Jetzt ging auch das Licht an und der Schütze erkannte in dem Zimmer drei Männer in Kampfanzügen, einer davon legte ihm Fesseln an und erklärte ihm. „Sie sind hiermit festgenommen. Bringt ihn in die Zentrale zur Vernehmung. Ich erstatte Bericht.“

 

**

 

Am anderen Tag saßen wir alle zusammen beim Frühstück und Jeanette war so aufgeregt, wie ein kleines Mädchen. Sie hatte ja von dem Ganzen nichts mitbekommen, außer dass es einen Eindringling gab. Peter und Lukas saßen mit Jeanette und mir am Tisch.

„War das ein Einbrecher, gestern Nacht, ich dachte, hier muss keiner hungern?“

Plötzlich stand Madame Ma’Difgtma neben ihr und goss ein Glas Fruchtsaft ein. „Mein Kind, wir hatten gestern Nacht unangekündigten Besuch und unsere Wachen haben das erkannt und uns gewarnt. Jetzt ist wieder alles in bester Ordnung.“

 

Jerome trat ein, mit einem Major in Polizeiuniform. Die beiden unterhielten sich und kamen näher an den Frühstückstisch. „… die beiden Angreifer in den Gärten mussten leider sterben, aber Miss Caroline hat den einen Schützen ja abgefangen und wir konnten unterhalb der Straße einen weiteren Schützen überwältigen. Die beiden werden gegenwärtig beim Geheimdienst befragt.“

 

„Gut Major, danke für die Informationen, wir sehen uns heute im Palast zur Besprechung.“ Damit drehte der Polizist um und ging. Jerome schaute uns lächeln an und meinte nur lakonisch, „schätze das waren die ersten Ausläufer des Sturmtiefs, das wir erwartet haben.“ Er nahm Platz und goss sich ein Glas Saft ein. Ma’Difgtma nickte ihrem Sohn unmerklich zu.

 

Jeanette sah Peter und mich an und auch Lukas schaute überrascht. „Dann war das doch kein einfacher Überfall?“

 

„Nein“, sagte ich, „das war eine kleine Kommandoaktion des Stechers. Das bedeutet zweierlei: Erstens, wir werden den Schutz anpassen und zweitens, wir müssen die Überlebenden befragen, bevor der Stecher sie ausschalten lässt und er wird sie ausschalten!“

 

Jerome nickte und verabschiedete sich. „Die Regentin hat noch in der Nacht Alarmstufe Ultraviolett ausgerufen. Caroline, erklär bitte, was das bedeutet. Ich bin im Palast.“ Waren seine Worte, als er das Haus verließ.

 

„Ultraviolett? Ist das mehr oder weniger als Alarmstufe Rot?“, wollte Jeanette wissen. Die Frau gefiel mir immer besser, sie war interessiert und erkannte, was wichtig war und was nicht.

Ma’Difgtma stand lächelnd neben mir, als ich mit den Ausführungen begann.

 

„Also Alarmstufe Ultraviolett ist die zweithöchste zivile Alarmstufe und das bedeutet …“ Begann ich mit der Erklärung und Lukas hing, genau wie Jeanette an meinen Lippen. Peter hatte diese Stufe bereits ein einziges Mal miterlebt, als der alte Präsident zum Schlag gegen das Volk ausgeholt hatte.

 

**

 

Jetzt geschah auf Soulebda einiges gleichzeitig.

Noch in der Nacht wurden die Sicherheitsbestimmungen am Zentralflughafen erhöht.

 

Der nördliche Flughafen, das Julam’da Airfield, wurde für den Zivilverkehr gesperrt und dem Militär untergeordnet.

 

Das Militär war eh bereits in Bereitschaft versetzt, wegen der Maßnahmen gegen die Piraten, erhielt Munition und wurde an einigen nostalgischen Punkten zur Unterstützung eingeteilt.

Die Lotsen am Zentralflughafen und die Hafenkapitäne in den drei Häfen Soulebdas wurden mit militärischen Kräften verstärkt.

 

Der Villenbereich mit den sieben Verwaltungsvillen, zu denen auch meine Dienstvilla zählte, wurde in die Schutzzone Alpha aufgenommen. Jetzt kam keiner mehr herein oder heraus, ohne gültige Sonderpapiere.

 

Die Küstenwache aktivierten ihre Bordwaffen. Sonst waren die Waffen nur unter Deck oder gesichert, jetzt wurde auf munitioniert.

 

Polizei und Geheimdienst wurden aktiviert.

 

Als nächstes wurde das Villenvierten genaustens untersucht. Diensthunde wurden auch eingesetzt, außerdem hatten die Stämme einige Aufspürer und Spurenleser geschickt und tatsächlich wurden im Villenbereich zwei Männer festgenommen, die hier nichts zu suchen hatten.

 

Und schließlich wurde unsere Villa mit einem Sensor Mast bestückt, der von Tamars Technikern ersonnen wurde um das Funkspektrum zu untersuchen. Hier aber hatte der Sensormast nicht nur passive, sondern auch aktive Möglichkeiten. Nur wussten wir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

 

Im Palast schließlich wurden alle Hinter- und Seiteneingänge geschlossen. Jetzt war der Palast nur noch über einen kleinen und den Haupteingang zu betreten. Die Sicherungsmannschaften waren aktiviert und die Wachen verstärkt worden.

 

Nachdem noch in der Nacht drei Schiffe ausgelaufen waren, wurden die drei Häfen und der Hochseehafen vor Nin’Tah untersucht. Die drei ausgelaufenen Schiffe waren die MS Moana, die MS Onagero, und der moderne Hochsee Trawler Tsai Theta.

 

Der kleine Fischerhafen vor Uhr’Luu wurde mit Wachkommandos verstärkt und wieder freigegeben. Der südöstliche Hafen bei Po ’Tau hingegen wurde gesperrt, da hier aber ohnehin Umbaumaßnahmen und eine Fahrrinnen-Vertiefung anstanden, war das keine Überraschung.

 

Der Haupthafen nahe der Stadt wurde über Nacht geschlossen und es wurden alle Schiffe genaustens untersucht und überprüft. Da es keine Unstimmigkeiten gab, wurde der Hafen gegen Mittag wieder geöffnet.

 

Schließlich wurde der einzige Hochseehafen Soulebdas, vor Nin’Tah, dem Militär unterstellt und alle Schiffe untersucht. Da aber zu diesem Zeitpunkt nur zwei Tanker und ein Containerriese lagen, ging die Untersuchung rasch voran.

 

Am frühen Morgen konnten dann auch alle Bewohner sehen, dass etwas anders war. Aus der großen Kaserne mit der Militärakademie war die Aasuun aufgestiegen, ein fast 60 Meter langer Zeppelin, der an Seilen in die Höhe gelassen wurde und in gut 4000 Metern seine elektronischen und optischen Augen über Soulebda ausgebreitet hatte. Die Aasuun wurde nur bei besonderen Anlässen oder Gefahren aktiviert. Besser hätte man in der Stadt keinen stillen Alarm auslösen können.

 

Ganz Soulebda war bereit sich allem entgegenzustellen, was kommen würde.

 

**

 

SOULEBDA, Zentrale von GIPSY

„Hallo ihr Krieger.“ Begrüßte uns Mike am Eingang der GIPSY Zentrale. Caroline, Claire und ich betraten die Zentrale, wobei das Wort Zentrale etwas irreführend war. Von außen hätte es auch der Souvenirladen von Jeromes Schwester sein können, im inneren dagegen sah alles ganz anders aus. Hier gab es moderne Büros und jede Menge Technik.

 

„WOW.“ Sagte ich und fühlte mich an Fernsehserien erinnert, bei denen Polizeireviere jeden Technikfreak glücklich machten, aber völlig an der Realität vorbeigingen. „Ich wusste nicht, dass hier ein Raumschiff gelandet ist.“

 

„Den Teil hier zeigen wir nur den Gästen um anzugeben, die Konsolen sind nicht echt.“ Antwortete Mike mit einem Augenzwinkern. Verdammt, der Kerl hatte einen genauso schwarzen Humor wie ich und ich musste tatsächlich eine Sekunde überlegen, ob Mike das ernst meinte. Was mir auf den zweiten Blick auffiel, war, dass man es geschafft hatte, trotz all der Technik ein angenehmes Raumklima zu schaffen.

 

Die einzelnen Büros waren freundlich und hell eingerichtet, es gab viele Bilder und andere Kunstwerke, die in den Fluren standen. Bei einer genaueren Betrachtung bemerkte ich, dass Glasscheiben aus Panzerglas bestanden und Türen nur auf den ersten Blick aus Holz geschaffen waren und an jeder Tür, waren elektronische Schließmechanismen, die man über einen Computer steuern konnte.

Ein Genie wie Randy könnte bei einem Angriff sicher durch die Türsteuerung Mitarbeitern die Flucht ermöglichen und gleichzeitig den Angreifern den Weg versperren. –Wahnsinn- dachte ich. –Das hier ist eine Festung! –

 

„Mir wem seid ihr denn vernetzt?“, fragte Caroline, als wir hinter Mike hergingen.

„Nun im Gegensatz zu meinem früheren Arbeitgeber, arbeiten wir hier größtenteils nicht auf eigene Faust. Wir sind mit Seraph Ma’Gus vom Geheimdienst sowie mit der Polizei von Soulebda vernetzt und tauschen alle Informationen aus, ganz gleich bei wem sie eingehen, wir teilen sie untereinander.“

„Dann seid ihr weiter als die meisten Geheimdienste.“ Meinte Caroline.

„Ja, ich habe mich bei der CIA immer für einen intensiven Austausch stark gemacht…“

„Und?“ wollte ich wissen.“

 

„Sie haben mich gefeuert, schon vergessen?“

Caroline stieß mich in die Seite und schüttelte den Kopf.

„Was?! Du sagst doch immer, Einmal dabei, immer dabei.“

„Nimm es ihm nicht krumm“, sagte Caroline zu Mike, „er ist immer noch ein Amateur.“

„Ach keine Sorge, ich kenne ihn ja.“

 

„Was ist mit anderen Geheimdiensten?“ fragte ihn Claire.

„Nun, wie du dir sicher vorstellen kannst, arbeiten wir eng mit dem Mossad zusammen. Dagan hat unglaublich viele Kontakte und nutzt sie. Dasselbe macht Viktor. Ihr könnte euch nicht vorstellen, wen der alles kennt.“

 

„Warte mal“, warf ich ein, „du willst mir erzählen, dass Viktor einfach irgendwo anruft, sagen wir mal in Deutschland bei einem aktiven oder ehemaligen Geheimdienstler und sagt, „Hallo hier ist Viktor Kubaliborov vom ehemaligen KGB“ und schon reden die miteinander?“

„Peter… natürlich nicht gerade so, aber JA! Die Welt der Geheimdienste ist nicht wie man sie in Filmen darstellt. Es sind Verwaltungen, Behörden… man bringt sich nicht gegenseitig um. Ich helfe dir, du hilft mir.

 

Nehmen wir mal die CIA und den KGB, du glaubst nicht wie oft wir zusammengearbeitet haben?… natürlich nicht offiziell.“

„Und was ist mit all den finsteren Geschichten über die CIA?“

 

„Das sind doch alles alte Kamellen. Frag mal deine Frau, wie viele feindliche Agenten sie gekillt hat.“

Ein Blick zu ihr reichte als Antwort aus. Caroline hob die Augenbrauen und zog die Schulten nach oben.

„Apropos Mossad, konntet ihr Lem helfen und etwas über den Hintermann von Alofi herausfinden?“

„Hab noch einen Moment Geduld, wir besprechen es gleich in der großen Runde.“

„Ich weiß es ist geheim… „Begann ich, „aber hattest du auch schon eine frühere Begegnung mit dem Stecher?“

 

„Ja.“

„Ja, was?“ fragte ich nach als Mike keine Anstalten machte weiterzusprechen.“

„Ja, es ist geheim. Aber falls du die Operation mit Frank, Decker und den anderen meinst, NEIN! Damit hatte ich nichts zu tun.“

 

Weitere Ausführungen konnte Mike nicht machen, denn wir hatten einen Besprechungsraum erreicht und Mike öffnete die Tür. Der Besprechungsraum war wie das ganze Innenleben der GIPSY Zentrale freundlich gestaltet, aber technisch auf dem neusten Stand. An einen ovalen Tisch saßen schon Dagan, Viktor, Dave, Fabienne, Finja, Jerome, Seraph Ma’Gus, ein Kapitän der Küstenwache, Kapitän Tamar vom „Todesschatten“ dem auf Soulebda dauerhaft stationierten israelischen U-Boot „Hebron“, sowie mehrere Zivilsten.

 

Caroline lief als erstes zu Dagan und nahm ihren „Onkel“ in die Arme.

„Ach meine kleine Mischka.“ Begrüßte er Caroline. „Schön dich endlich wieder im Arm zu haben. Die Ehe scheint dir gut zu bekommen, du siehst sehr gut und jung aus.“

„Dagan…“ sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und, schaute dann verstohlen zu mir und zwinkerte mit dem Auge. „Lass das Peter nicht hören, er bildet sich sonst ein, er wäre der Größte.“

„Das denkt Peter doch sowieso von sich.“

 

„Ja.“ Lachte Caroline. „Da hast du nur zu allzu Recht.“, und begrüßte dann ihre „Schwestern“ Fabienne und Finja. Anschließend machte Mike uns mit den Leuten bekannt, die neu in unserem Kreis waren.

„Das ist Kapitän Her’jare von der Küstenwache, die Inspektoren Lastre’lar und Shea Martin von der Polizei Soulebda, Hafenmeister Kama’lar, und Herr Evan Hall vom IMB, dem international Maritime Bureau aus London.“

 

Ich konnte sehen, wie sich Carolines Stirn in Falten legte. Dagan hatte ihr gesagt, dass es bei der Besprechung um Alofi ging. Das Tamar hier dabei war, war eine Selbstverständlichkeit. Schließlich leitete er die Katalogisierung und Erfassung der Giftmüllbestände von Alofi und versuchte mit Spezialisten, welche Lem ihm geschickt hatte, eine Umweltkatastrohe zu verhindern.

Und dass die Polizei mit im Boot saß, war nachzuvollziehen, doch warum das international Maritime Bureau, die Küstenwache und ein Hafenmeister anwesend waren blieb ihr ein Rätsel, zumal Alofi ein streng gehütetes Geheimnis war.

 

Bevor Caroline Mike dazu eine Frage stellen konnte, öffnete sich eine andere Tür des Raumes und Kana’Fartu Yasomera betrat den Raum und steuerte den Platz am schmalen Ende des ovalen Tischs an.

„Kommt, ich stelle euch vor.“ Sagte Mike und brachte uns zu Kana’Fartu Yasomera. Der war ein älterer Mann, dessen Alter ich allerdings unmöglich schätzen konnte. Der Körper war eindeutig über achtzig, doch die Augen waren jung und blitzen vor Tatendrang.

 

„Gelehrter Kana’Fartu Yasomera, “ stelle Mike ihn vor und zeigte dann auf uns. „Darf ich ihnen die Krieger, Caroline Miles und Peter Stein vorstellen, sowie Major Clair Clament vom DGSE.“ Während Kana uns freundlich zunickte, verbeugte sich Caroline tief vor ihm, bevor sie ihm die Hand reichte.

Als ich ihm die Hand reichen wollte, gab mir Caroline einen Stoß in die Seite und machte mit ihren Augen eine eindeutige Bewegung, also verbeugte ich mich ebenfalls.

„Gelehrter Kana’Fartu Yasomera, es ist mir eine Ehre, sie persönlich kennenzulernen.“ Sagte Caroline. „Ihr Wissen und ihre Lehren, haben mir schon oft das Leben gerettet.“

 

„Nein, meine Kriegerin, dein Leben hast du selbst gerettet, vielleicht auch deine Ausbilder, die meine Lehren an dich weitergegeben haben. Erhalte dein Wissen und gib es weiter. Und nun nehmt bitte Platz.“

Sofort erstarben alle Gespräche und die Anwesenden setzten sich auf ihre Plätze. Mein Platz war neben Jerome, der mir freundlich auf die Schulter schlug, als ich mich gesetzt hatte. Als wir alle Platz genommen hatte, war die Hälfte der Plätze am Tisch belegt. Der Platz am anderen spitzen Ende des Tisches, Kana genau gegenüber, blieb leer und gegenüber von uns waren ebenfalls noch Plätze frei, dennoch lagen vor jedem Platz Mappen mit Unterlagen.

 

„Verehrte Mitstreiter, ich danke ihnen für ihr Kommen.“ Begann Kana’Fartu Yasomera die Besprechung. „Es gibt beunruhigende Neuigkeiten aber auch Fortschritte zu berichten.“ Er nickte Dagan zu und überließ ihm das Feld. Dagan stand auf und wie von Zauberhand senkte sich ein Beamer von der Decke und an der Wand gegenüber entrollte ich eine weiße Leinwand.

„Ich habe die Vertreter der Polizei, der Küstenwache sowie den Vertreter der Hafenbehörden vor einer Stunde über die Vorfälle auf Alofi unterrichtet. Die Inspektoren Lastre’lar und Martin, Kapitän Her’jare sowie Hafenmeister Kama’lar bilden auf Anweisung des Palastes eine Sonderermittlungsgruppe, welche sich mit dem Vorfall der ermordeten Besatzung der Bell Star befasst. Wie das zusammenhängt, wird uns Finja erklären.“

 

„Vielen Dank.“ Sagte Finja und stand auf, während sich Dagan setzte.

„Das hier ist Theobald, der Stecher, Vogel.“ Begann Finja und ein Bild des Stechers erschien auf der Leinwand. „Der Stecher ist eine Art Berühmtheit in der Schattenwelt. Er ist Auftragsmörder, Söldner und Geschäftsmann in einem.

 

Zum ersten Mal trat er 1985 in Erscheinung, als er einen hohen Afrikanischen Politiker ermordete und abtauchen konnte. Schon ein Jahr später änderte Vogel sein Geschäftsprinzip und ließ sich als dauerhafter Troubelmaker anheuern. Eine hochgestellte und finanziell sehr gewichtige Person heuerte ihn an und der Stecher arbeitet seitdem für diese Person. Dieser Hintermann, nennen wir ihn den Financier, ruft immer, wenn er ein Projekt durchführt den Stecher an und dieser leitet dann die Operative Durchführung dieses Projektes.

 

Als Beispiel dient hier Alofi. Aus den Akten, die Caroline in der Miene sichergestellt hat wissen wir, dass der Financier Nguyens Hauptgeldgeber war.“

Ich hob die Hand und Finja nickte mir zu.

„Ich dachte Nguyen hat die Deponie selber finanziert.“

 

„So sah es anfangs auch aus. Doch eine genaue Auswertung der Akten sowie der finanziellen Unterlagen der Trafalgar-Gruppe, welche uns John Gifferton zur Verfügung gestellt hat, belegen, dass das Projekt Detreptis Nguyens ganze Kapazitäten aufgebraucht hat. Wäre der Clou geglückt, dann wäre Nguyen jetzt noch am Leben und der reichste Mensch der Welt. So aber… Jedenfalls wissen wir, dass es einen Hintermann gab.“

 

„Gibt es denn eine Vermutung, wer das sein könnte?“ wollte Caroline wissen.

„Wir haben noch keinen konkreten Verdacht“, Antwortete Finja, „allerdings geht aus den Akten hervor, dass aus fast ganz Europa, dem Nahen und Mittleren Osten und Amerika Giftmüll auf Alofi liegt. Das heißt, der Financier hat beste Kontakte in all diese Länder! Auch wenn er die Verhandlungen nicht selbst führt, weiß er doch, mit wem seine Mittelsmänner reden müssen. Leute die einen solch großen Einfluss haben, gibt es nur sehr wenige.“

 

Allmählich begriff ich, was Finja da andeutete. Wer immer dieser Financier war, er stand an der Spitze eines großen Konzerns, eines Kartells oder gar einer Regierung. Man konnte nicht einfach mit dem Finger auf ihn zeigen, ohne dass man ABSOLUT SICHERE und UNWIDERLEGBARE Beweise hatte!

„Das Problem ist, durch das Auffinden der Akten erfuhr auch der Financier von deren Existenz. Während Lem und Seraph Ma’Gus die Akten noch sichteten, setzte der der Financier Vogel darauf an und kappte alle Verbindungen, die die zu ihm führen könnten.“

 

„Das heißt, er brachte die Leute alle um.“ Stellte Lastre’lar klar.“ Und wechselte mit Shea einen besorgten Blick.

 

„Das ist korrekt.“

„Von wie vielen Leuten reden wir hier?“ wollte Martin wissen.

„Der momentane Stand liegt bei Dreihundertneun Menschen, die der Stecher in den letzten Monaten ermordet hat.“

 

„WAS?!“ fragte Shea entsetzt. „DREIHUNDERTNEUN?!“

 

„Ja, und wir befürchten, es werden noch mehr, da die Hauptzeugen gegen den Financier noch am Leben sind.“

„Wissen wir denn wo sich diese aufhalten?“ fragte Lastre’lar nach.

„Oh ja“, Finja lächelte und zeigte auf Caroline und mich, „sie sind hier am Tisch. Kommen wir nun zu den guten Nachrichten. Das Auftauchen des Stechers bestätigte uns die Vermutung, dass der Financier hinter Alofi steckt.“

 

„Und wieso ist das eine gute Nachricht?“ wollte ich wissen.

„Nun dazu gebe ich das Wort an Fabienne weiter.“

 

„Wie ihr sicher gehört habt“, begann Fabienne, „Hat man vor einigen Wochen die Besatzung der „Bell Star“ tot aufgefunden.

Nachforschungen haben ergeben, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Piraten die Belle Star geentert und die Besatzung ausgesetzt haben. Durch akribische Ermittlungen unserer Task Force“, Fabienne zeigte auf Lastre’lar und sein Team, „konnten wir einen genauen Zeitplan über die Geschehnisse um die Belle Star erstellen.

 

Nachdem Major Clair Clament vom DGSE hier ankam, stellte sich heraus, dass der DGSE hinter diesem Mann her war.“ Fabienne zeigte auf die Leinwand und ein neues Bild erschien. „Don Aluego.“

„ÄHM“, ich hob die Hand. „Ist das nicht der Stecher?“

„Doch, Don Aluego ist eine der Tarnidentitäten, welche sich Vogel zugelegt hat. Zum Pech ihrer Kollegen, erkannte man ihn nicht.“ Sagte sie zu Claire. „Der Stecher hat einen Tipp bekommen, auch hier keine halben Sachen gemacht und alle ausgeschaltet, die ihm gefährlich werden konnten. Sie sind die einzige ihrer Kollegen, welche noch lebt. Nun zur Frage, was wollten der DGSE von Aluego? Die Ermittlungen des DGSE richteten sich gegen Piraten, welche in den Gewässern zwischen Französisch-Polynesien, der Malakka-Straße und den Philippinen ihr Unwesen treiben.“

„Piraten?“ Fragte ich nach. „AARRR“

 

„Das ist nicht lustig. Piraterie war nie lustig oder romantisch. Piraten waren seit jeher Verbrecher und nicht wenige von ihnen sind schlichtweg Mörder.“

„Ich wollte auch nicht lustig sein.“ antwortete ich ihr. „Dass Piraterie ein ewiges Problem ist weiß ich, ich sehe nur keinen Zusammenhang.“

 

„Nun“, grinste sie, „Dann geht es dir wie den meisten von uns. Finja hatte als erstens die Eingebung, dass es sich hier um eine Gemeinsamkeit handeln könnte, und sie hatte Recht!

Die Gemeinsamkeit ist Vogel! Wir wissen, dass Vogel für den Financier arbeitet, dass er hinter dem Anschlag auf euch und den neueren Anschlag auf Frank steckt und wir wissen, dass Vogel die Franzosen aus dem Wasser gesprengt hat.“

„Wenn ich das alles richtig interpretiere, ist der Financier neben seiner Tätigkeit als illegaler Deponiebetreiber jetzt auch ein Pirat.“

 

„So einfach ist das nicht.“ Antwortet Viktor. „Der Financier betreibt diese Geschäfte nicht selber, das überlässt er anderen. Auf Alofi hatte er Nguyen, der für ihn die Deponie betrieb. Bei der Piratengeschichte ist es ähnlich. Der Financier sucht sich einen Partner und DER betreibt das Piratengeschäft. Auf diese Weise ist der Financier abgesichert und lediglich am Gewinn beteiligt.“

„Und wenn es gefährlich wird, legt der Stecher seinen Partner um und man kann ihm nichts nachweisen.“ Führte ich Viktors Gedanken weiter.

Viktor nickte mir zu und meinte dann. „Du hast es kapiert.“

„Und wie gehen wir jetzt vor?“

 

„Wir müssen den Piraten das Handwerk legen und den Partner des Financiers erwischen, und zwar bevor Vogel ihn umbringen kann.“

„Wie stellt ihr euch das vor?“ wollte Caroline wissen. „Ich gehe mal davon aus, ihr kennt den Piratenchef noch nicht, sonst würden wir hier nicht sitzen.“

„Da liegst du leider richtig, meine kleine Mischka.“ Stimmte Dagan ihr zu. „Aber wir haben einen Plan. Einen Plan, bei dem du eine wichtige Rolle spielst.“

Das hätte ich mir denken können! Natürlich würde Caroline jeden Plan durchführen den Dagan sich ausgedacht hatte und genauso natürlich würde ich nicht von ihrer Seite weichen!

„Evan Hall, wird uns erklären wie die Piraten arbeiten.“ Sagte Kana und bat den Vertreter des IMB zu berichten.

 

Evan erhob sich und eine Karte des Südpazifiks erschien auf der Leinwand, auf der die Hauptschifffahrtsrouten eingezeichnet waren. „Als man das IMB über den Vorfall mit der Belle Star unterrichtete, bestätigte deren Verschwinden das, was wir in London schon länger vermutet hatten.

Schon immer sind Schiffe im Pazifik genauso spurlos verschwunden, wie auf allen anderen Meeren der Welt auch. Im Grunde gibt es in jedem Meer ein Bermudadreieck. Im Pazifik gibt es sogar zwei. Eines um die Japanischen Inseln und eines praktisch hier um die Ecke. Zwischen den Fidschi-Inseln, Papeete und Tokelau sind ungeklärte Schiffsverluste statistisch höher als im Rest des Südpazifiks.“

„Was ist statistisch höher?“ wollte Jerome wissen.

 

„Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schiff in diesem Dreieck verloren geht ist 21,69% höher. Die Ursachen sind ebenso wie in allen anderen „Bermudadreiecken“ natürlichen Ursprungs. Hier bilden sich zum Beispiel auf Grund der Meeresströmungen und Wetterbedingungen oft sogenannte Killerwellen. Auch Navigationsfehler und Riffe sind häufige Ursachen, besonders zu der Zeit bevor moderne Technik den Kapitän und seien Besatzung unterstützte.

Doch in den letzten beiden Jahren häufte sich das Verschwinden von Schiffen im Südpazifik dermaßen, dass es eine andere Ursache geben musste. Leider sind die Alternativen zu natürlichen Ursachen eher gering. Wir kamen zu der Überzeugung, dass sich eine neue Piratengruppierung die Gewässer um Soulebda als Jagdgebiet ausgesucht hat.“

„Wieso eine neue Gruppierung?“ fragte Viktor nach.

 

„Nun, es gibt zwei Arten von Piraten. Die einen sind bitterarme Küstenbewohner, die nachts in kleinen Booten Schiffe entern, welche sie in Küstennähe erreichen können. Da wichtige Schifffahrtsrouten, wie die Malakka-Straße, die Torres-Straße, oder am Horn von Afrika in Küstennähe verlaufen, ist die Piraterie dort am stärksten. Bitte verstehen sie mich nicht falsch, aber viele dieser Menschen tun das nur aus purer Not.

 

Die zweite Art der Piraten arbeitet als Organisation. Triaden oder Kartelle, welche sogar oft mit Behörden zusammenarbeiten. Nachdem China rigoros gegen Piraterie in chinesischen Gewässern vorging, haben sich die Triaden andere Jagdgründe gesucht sind aber nicht weniger gefährlicher geworden.

 

Während sich die erste Gruppe Piraten oft nur das Schiff entert und ausraubt, oder wie in Afrika die Besatzung entführt um Lösegeld zu erpressen, haben es die anderen Piraten eher auf die Schiffe, bzw. die Ladung abgesehen. Die Besatzung, oder deren Leben, spielen da keine Rolle.

Allerdings werden auch von den Piraten der zweiten Kategorie vereinzelt Menschen entführt um sie gegen Lösegeld zu verkaufen. Das trifft dann zu, wenn die Piraten einen Zufallstreffer landen und wissen, dass die Geisel eine Menge Geld wert ist. Oder, was leider auch vorkommt, werden besonders junge und gutaussehende Frauen als Sklaven verkauft.“

 

„Das es so etwas heute noch gibt!“ schüttelte Martin den Kopf.

 

„Leider ist Menschenhandel so aktuell wie nie. Entführte Menschen werden in Lager auf Inseln gepfercht und verkauft. Wo diese Lager sind ist oft sogar bekannt, aber niemand fühlt sich zuständig dagegen vorzugehen, oder sie werden von Behörden bewusst ignoriert, da diese mit den Piraten Hand in Hand arbeiten.

 

Nun ist es hier auf Soulebda nicht so, dass arme Fischer aus Verzweiflung nachts mit ihren Booten herausfahren und Piraterie betreiben.

Die wirtschaftliche Lage Soulebdas ist hervorragend und die staatliche Versorgung erstklassig. Das bedeutet, dass die Piraten hier der zweiten Kategorie angehören. Zwischen Soulebda und der Australischen Westküste operiert eine straff organisierte Organisation, die gewinnorientiert arbeitet. Wir vermuten, dass es durch das Entstehen dieser neuen Gruppierung auch ein neues Lager für den Menschenhandel gibt, doch wo das ist, können wir zurzeit noch nicht sagen.“

 

Ich hob die Hand und Hall nickte. „Nun, der Südpazifik ist jetzt nicht gerade klein und ich vermute einmal, dass eine Menge Schiffe da draußen unterwegs sind, woher wissen die Piraten welches Schiff für sie interessant ist und wie kommen sie an es heran ohne aufzufallen?“

„Nun… Die Piraten haben in jedem Hafen ihre Leute. Hier in Nih’tan haben sie bestimmt hunderte Augen. Doch ziehen sie keine vorschnellen Schlüsse.“ Sagte er, als er mitbekam wie Jeromes Augen eng wurden.

„Die meisten dieser Leute wissen nicht, dass sie für Piraten arbeiten. Diese geben sich zum Beispiel als Versicherungsagenten aus, welche überprüfen sollen, ob die tatsächliche Ladung, die der Versicherungspolice entspricht, oder als Detektive die verschwundenen Container suchen.

Manchmal besorgen sie sich falsche Dienstausweise vom örtlichen Zoll oder der Polizei, meistens aber wechseln Informationen für ein paar Scheine den Besitzer. Niemand fragt, warum- wer- welche Informationen haben will, solange die Bezahlung stimmt. Auf diese Weise erfahren die Piraten, welches Schiff eine wertvolle Ladung transportiert, oder ob sich eine Entführung der Besitzer lohnt. Ist das Ziel erst einmal ausgemacht, heuert oftmals ein Mitglied der Bande an Bord an und fährt mit der ahnungslosen Besatzung los.

 

Dann beginnt Teil zwei, das Aufbringen des Schiffs. Genau wie eine ganz normale Reederei, betreiben die Piraten ihre Schiffe. Wir schätzen, dass das hier operierende Kartell acht bis zehn Schiffe betreibt.

Diese pendeln ständig auf Schifffahrtsrouten um Soulebda hin und her. Wird ein Ziel gemeldet, steuert das Schiff, welches dem Ziel am nächsten ist, darauf zu und entert das Schiff. Dazu werden kleine schnelle Boote ausgesetzt, die sich nachts angreifen.

Das Piratenmitglied an Bord lenkt die Besatzung ab, oder bringt Seile an der Bordwand an und schon ist die Crew überrumpelt.“

 

„So wie die Bell Star.“

„Richtig.“

 

„Hat jemand bis hier her noch eine Frage an Mister Hall?“ fragte Kana, doch keine Hand hob sich. „Dann danke ich ihnen vielmals.“ Bedankte sich Kana bei ihm. „Ich habe veranlasst, dass der Palast ihnen ein Büro zur Verfügung stellt, über dass sie direkt mit uns verbunden werden.“

Hall bedankte sich für die Aufmerksamkeit und verließ den Raum.

Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand Seraph Ma’Gus auf und trat vor die Leinwand, auf der die chinesische Küste erschien.

„Vor drei Tagen wurde in Weihai, einem chinesischen Frachthafen, versucht, eine größere Menge Seltene Erden zu verkaufen. Angeblich stammen diese aus chinesischen Mienen nahe der russischen Grenze.

 

Der niedrige Preis hatte die Aufmerksamkeit unserer Mitarbeiter erregt. Als Grund für den geringeren Preis wurde das momentane Überangebot am internationalen Mark angegeben, doch das stimmt bei genauerer Betrachtung nicht. Die Menge und der Preis würde für den Verkäufer ein Minusgeschäft von dreiundzwanzig Millionen Dollar bedeuten. Es gelang unseren Leuten, nachts eine Probe der Erden zu nehmen und zu analysieren. Das bedeutet, dass wir die Ladung der Belle Star gefunden haben. Der Verkäufer ist eine chinesische Firma, die einem internationalen Konzern angehört. Das kann man ewig weiterverfolgen und würde lediglich feststellen, dass diese alle Scheinfirmen sind.“

„HHMM“; meinte ich. „China…Hall sagte, dass die Piraten ja mit den Behörden zusammenarbeiten.“

„Nein!“ warf Viktor ein. „Nicht in China! China bekämpft Piraten in seinen Gewässern konsequent und bestraft alle Beteiligten sehr hart, was Anfang bis Mitte der Neunziger mancher Funktionär zu spüren bekam. Fakt ist, dass die Chinesen es geschafft haben die Piraten fast gänzlich aus ihren Gewässern zu vertreiben.“

 

„Das stimmt.“ Pflichtete Seraph Ma’Gus ihm zu. „Wir kamen zwar mit der Reederei nicht weiter, allerdings konnten wir das Schiff ausmachen, welche die seltenen Erden nach Weihai gebracht hat.

Heutzutage gibt es überall Webcams und auf einem ist das Schiff zu sehen, wie es die Seltenen Erden löscht. Angeblich handelt es sich bei diesem Schiff um die Ghunh Luzu, ein in Shanghai registriertes Frachtschiff. Tatsächlich ist es ein Geisterschiff, also ein gekapertes Schiff, das unter falschem Namen fährt. Wir konnten seinen Kurs bis nach Manado zurückverfolgen.“

Auf der Leinwand erschien ein neues Gesicht und diesmal war es nicht der Stecher. „Dr. Darius Kajat! Kajat ist einer der einflussreichsten Männer Indonesiens. Es gibt nichts, worin er die Finger nicht stecken hätte. Ihm gehört fast der gesamte Hafen Manados. Ich wette meinen Kopf darauf, dass wir den Partner des Financiers gefunden haben.

Jetzt gilt es das zu beweisen und Kajat in die Hände zu bekommen, bevor der Stecher ihn umlegen kann.“

 

„Du sagtest vorhin, ihr hättet einen Plan.“ Wandte sich Caroline an Dagan.

„Ja, den haben wir, allerdings ist er nicht ungefährlich.“

„Komme ich in dem Plan auch vor?“ wollte ich wissen und Dagan grinste mich an.

„Natürlich, wir werden dich doch nicht von deiner Frau trennen.“

„Dann lass hören.“

„Wir wissen, dass der Financier hinter dir, Peter und hinter Major Clement her ist. Eine Gelegenheit euch alle drei gleichzeitig in die Hände zu bekommen, würde sich der Stecher sicher nicht entgehen lassen. Wir würden die Nachricht durchsickern lassen, dass ihr euch, nach zwei Angriffen hier an Land, auf einem Schiff, auf dem offenen Meer sicherer fühlen würdet. Der Stecher wird alles versuchen dieses Schiff aufzubringen und sich an Kajat wenden. Kajat wir eines der Mutterschiffe losschicken und euer Schiff zu entern und euch auf das Mutterschiff bringen lassen.“

„Er könnte uns aber auch einfach umlegen.“

 

„Nein, dafür ist es zu spät! Der Stecher muss wissen, mit wem ihr geredet habt und was ihr was berichtet habt. Eine solche Befragung dauert länger und muss von Experten durchgeführt werden. Man wird euch also nicht gerade mit Samthandschuhen anfassen, aber dennoch nicht zu hart anpacken und euch auf das Mutterschiff bringen.

 

Dieses Mutterschiff wird dann wiederum von uns geentert und die Besatzung gezwungen für uns zu arbeiten, um dann unerkannt in den Hafen von Manado zu gelangen wo wir Kajat schnappen wollen.“

-Das ist ein Scheißplan- war mein erster Gedanke, doch bei näherer Betrachtung, war der Plan logisch.

Ich blickte zu Caroline und sie nickte mir zu. „Wir sind dabei.“ sagten wir gleichzeitig und sahen zu Claire. Für einen Moment waren ihre Augen unentschlossen, doch dann wurden diese hart und bekamen einen kämpferischen Ausdruck. „Diese Schweine, haben meine Kollegen ermordet! Sie haben meine Freunde getötet und ich werde sie rächen! JA! Ich bin ebenfalls dabei!“

Jerome blickte auf den Tisch, als sein Handy vibrierte und er schaute sich die Meldung an, die erschien. Kana, der es ebenfalls mitbekommen hatte, sah ihn an und Jerome nickte. Dann stand Jerome auf und öffnete die Tür.

 

Jetzt wurde mir langsam die Tragweite dieser Runde bewusst. Heylah, kam mit Soleab in den Raum und hinter ihnen erschienen Veronique die Verteidigungsministerin, General Jektjor’far der oberste Militär Soulebdas, Norman Kresser der militärische Berater Heylahs und Bernd Schubert als Chef der Luftwaffe. Wir erhoben uns alle, als die Regentin den Raum betrat und den Platz gegenüber von Kana ansteuerte.

Heylah nickte uns allen freundlich zu und bat uns Platz zu nehmen, blieb selber allerdings stehen und ihr freundlicher Gesichtsausdruck wurde hart und entschlossen. „Meine Freunde und treue Gefährten.“

Sie sah jedem von uns an und verdammt diese Frau hatte einfach etwas Erhabenes und Großes an sich.

„Soleab und ich kommen gerade aus einer Sondersitzung des Parlamentes. Mister Hall hat dem Parlament heute Morgen seine Erkenntnisse berichtet und das Parlament hat sich darüber beraten. Das Parlament und ich sehen in der Kaperung der Bell Star, sowie der Ermordung deren Besatzung einen kriegerischen Akt! Als einen Angriff auf unser Land und diesem Angriff werden wir entschlossen entgegentreten!“ Heylah sah erneut in die Runde und in jedem Gesicht lag Zustimmung.

„Diese Piraten haben uns den Krieg erklärt und wir werden in annehmen und führen. Mir ist klar, dass wir die Piraterie nicht besiegen können, aber diese Gruppe… diese Mörderbande… die werden wir mit Stumpf und Stiel ausmerzen!

 

Wo immer sie sich auch verstecken, wir werden aufspüren und sie aus dem Südpazifik jagen und zwar so, dass nie wieder ein Pirat auf die Idee kommt sein Schiff ins unsere Gewässer zu steuern!“

Heylah setzte sich und Veronique übernahm das Wort.

„Die Operation erfolgt in zwei getrennten Schritten. Zum einen der Schritt, der zu Ergreifung von Kajat führt. Gleichzeitig werden wir mehrere Einsatzgruppen bilden. Evan Hall konnte uns drei Lager benennen in denen Menschen als Ware gefangen gehalten werden. Zwei dieser Lager befinden sich auf mehr oder weniger unbewohnten Inseln, das dritte auf dem Territorium Indonesiens. Diese Lager werden von unseren Streitkräften aufgelöst!“

 

„Was ist mit diesem indonesischen Lager?“ wollte Caroline wissen. „Wird das nicht zu zwischenstaatlichen Spannungen führen?“

Alle Augen wanderten zu Heylah und die erwiderte Carolines Blick. „Doch! Wahrscheinlich wird es das. Aber das ist uns die Befreiung der Menschen dort wert!“

„Gut.“ Fuhr Veronique fort. „Also wie gesagt, heben wir die bekannten Lager aus und machen die Läden dort dicht. Evan Hall ist sich sicher, dass es ein weiteres Lager geben muss, welches die Piraten betreiben. Allerdings weiß er nicht wo sich dieses Lager befindet, ist sich aber sicher, dass es sich irgendwo zwischen Neukaledonien und den Salomonen befindet, da die Schifffahrtsrouten dort zusammenlaufen. Wo immer dieses Lager ist, wir schließen es!“

 

„Dazu müssten wir erst wissen, wo es sich befindet.“ Warf Caroline ein. Der Angriff auf alle Lager muss auf jeden Fall gleichzeitig erfolgen. Wenn auch nur das Geringste schief geht, werden die Piraten gewarnt und alle Menschen in den anderen Lagern umgebracht.“

 

„Nicht nur das! Wir gehen auch davon aus, dass in dem neuen Lager weit mehr Menschen gefangen gehalten werden, als in den alten. Deswegen haben wir auch einen sichern Plan, wie wir das neue Lager schnell und sicher aufspüren können. Kennen wir den Standort, werden, wir zeitgleich alle Lager angreifen und die Leute dort befreien. Herr General.“ Damit übergab Veronique an Jektjor’far weiter.

„Die bekannten Lager werden zwar bewacht, aber da die Piraten dort bis jetzt tun und lassen konnten, wozu sie Lust hatten, werden sie kaum mit einem Angriff rechnen. Andres sieht es bei dem unbekannten Lager aus. Die neue Piratengruppierung wird sich nicht in Sicherheit wiegen und wir nehmen auch an, dass stets mindestens ein bewaffnetes Schiff in der Nähe ist. Um dieses Lager werden sich der Befehlshaber der Garde, Jerome n’Antakcket und der Chef unserer Luftwaffe Bernd Schubert kümmern. Sollte, und hier beziehe ich mich auf den ausdrücklichen Befehl der Regentin, sollte eine andere staatliche Macht versuchen die Befreiung der Menschen zu verhindern, wird diese dennoch gegen deren Wiederstand, mit allen erforderlichen Mitteln durchgeführt!

 

„Herr General“, warf Caroline ein. „Wenn das Lager wirklich so groß ist wie sie annehmen, werden auch eine entsprechende Menge an Piraten dort sein. Für wehrlose und eingesperrte Menschen zu erschießen braucht man nicht viel. Wie wollen sie verhindern, dass ein Massaker geschieht, sobald sie das Lager angreifen?“

„Commander n’Antakcket!“ gab der General die Frage an Jerome ab.

„Wir werden dieselbe Taktik anwenden wie auf Manus! Wir greifen das Lager von außen und innen heraus gleichzeitig an.“

 

Caroline und ich wechselten einen besorgten Blick. Nur allzu gut erinnerten wir uns an den Kampf auf Manus. Damals waren wir, Randy und Dana im Lager gefangen und konnten unsere Freunde umstürzen, als der Angriff der Garde auf das Lager begann. Doch diesmal würden wir auf irgendeinem Schiff auf dem Weg nach Manado sitzen.

„Und wie wollt ihr das machen?“ fragte ich meinen Freund. „Ihr kennt den Standort des Lagers noch nicht einmal und wie bitte wollt ihr dort Leute hineinbekommen, die dann auch noch im richtigen Moment zuschlagen?“

 

„Die Antwort liegt auf der Hand.“ Sagte Kana’Fartu Yasomera und sah mich fast schon belustigt an. „Wir legen einen weiteren Köder aus… Einen Köder, dem kein Pirat dieser Welt widerstehen kann!“ Wie dieser Köder aussehen sollte, verschwieg Kana allerdings.

 

„Ich bedanke mich bei euch allen. Nun jeder kennt seine Aufgabe und ich wünsche uns allen ein gutes Gelingen.“ Beendete Kana die Besprechung, nicht ohne Heylah um Erlaubnis zu fragen. „Regentin, möchten sie noch etwas hinzufügen?“

 

„JA!“ Sagte sie. „Diese Piraten glauben sie wären die Herren über Leben und Tod! BEI MUALEBDA! Wir werden ihnen zeigen wie falsch sie damit liegen!“

 

„BEI MUALEBDA!“ riefen wir alle und ich am lautesten!

 

Als sich die Runde auflöste, stieß ich Caroline an. „Sag mal, waren wir gerade Zeuge einer Kriegserklärung?“

 

„Nicht nur das!“ antwortete sie. „Hier wurde soeben Geschichte geschrieben… und wir waren mit dabei!“

 

**

 

Manado

Leon Baldwerde stieg vor Kajats Hauptsitz aus dem Auto und hoffte gleich wieder in einen Bereich zu kommen, wo es eine Klimaanlage gab.

Kajat hatte all seine „Abteilungsleiter“ zu sich gerufen um zu beraten wie es nach dem Desaster mit der Bell Star weiter gegen sollte. Zu allem Übel hatte Kajat berichtet, dass ihr Financier ebenfalls einen Mann schicken würde. Alle Einwände dagegen hatte der Financier mit der Begründung abgeschmettert, dass er schließlich die Hauptkosten von Kajats Unternehmungen trug. Leon hatte am Telefon angeführt, dass der Financier neben dem Kosten auch den Hauptteil des Gewinns einstrich, doch Kajat war nach dem Bell Star Ereignis auf Schadensbegrenzung bemüht und machte gute Miene zum bösen Spiel. Neben ihm, Mersal Suluth und Lin Pin Tao sollte auch Helena van Deubth zu Kajat kommen. Ausgerechnet Helena!!!

 

Helena war das genaue Gegenteil von Leon. Leon war ein Geschäftsmann, der sich an den Regeln des Marktes hielt, während Helena in den Menschen keine Ware, sondern in erster Linie Mittel zur Befriedigung ihrer Triebe sah. Das führte immer wieder dazu, dass sich Frauen bei der ersten Gelegenheit selbst umbrachten. Nun war es nicht so, dass Leon mit diesen Frauen Mitleid hatte, nein, Leon sah lediglich den Gewinn, der verloren ging. Wenn jemand viel Geld ausgab, um sich bei Kajat eine Frau als Sklavin zu kaufen und diese sich nach ein paar Tagen die Pulsadern aufschnitt, kaufte derjenige nie wieder eine Frau bei Kajat! Dieses Problem hatte Leon schon mehrfach angesprochen, kam aber nicht weiter! Zum einem, lag der Gewinn der durch Menschenhandel erzielt wurde, wesentlich niedriger, als der Gewinn der durch Sachwaren erzielt wurde, zum zweiten mauerte Kajat bei diesem Thema.

Leon konnte sich auf Kajats Verhalten keinen Reim machen und hatte deswegen ein vertrauliches Treffen mit Lin und Mersal angesetzt, bevor sie offiziell zu Kajat gingen.

 

Da sich Leon sicher war, dass hinter Kajats Ablehnung Helena stand, versprach sich Leon Unterstützung von Mersal. Kajats Geschäft teilte sich in zwei Bereiche. Den logistischen und den operativen Bereich. Den Logistischen führte Leon und war somit für Bestellungen, Warentransfer sowie Schiffsbewegungen zuständig. Den operativen Bereich teilten sich Mersal und Helena. Sie waren für die Lagerleitungen, Beschaffung von Geiseln und auch für deren „Ausbildung“ verantwortlich. Leon selbst arbeitete seit sieben Jahren für Kajat, nachdem er an einem amerikanischen College seinen Abschluss gemacht hatte. Im Anschluss an seinen Abschluss, war Leon nach Singapur, Thailand und schließlich nach Indonesien gelangt und dort auf Kajats Geschäftspraktiken aufmerksam geworden. In einem persönlichen Gespräch versicherte er Kajat, dass er ihm viel Geld sparen und noch mehr neues Geld erwirtschaften könne. Kajat, von dem Auftreten beindrucket, gab ihm die Chance sich zu beweisen, oder zu sterben, und Leon lieferte das versprochen Geld.

 

Schnell und effektiv krempelte er den Verkauf und Vertrieb um und die Einnahmen stiegen. Allerdings musste sich Leon eingestehen, dass Kaperungen, die Beschaffung von Geiseln, bzw. Sklaven, sowie deren Haltung, Ausbildung etc. nicht zu seinen Stärken zählte, also schlug er Kajat vor, eine weitere Abteilung zu gründen, die sich genau darauf spezialisierte. Kajat war einverstanden und Helena erschien auf der Bühne. Das anfängliche gute Verhältnis kühlte schnell ab, als Leon mitbekam, dass Helena die Geiseln nutzte, um ihre Triebe zu befriedigen. Doch jetzt war es zu spät! Helena nutzte ihre „Ausstrahlung“ auf Kajat voll und ganz aus.

 

Als erstes sorgte Helena dafür, dass Kajat ein persönliches Geschenk, in Form von Marion Perling, bekam. Marion, eine eiskalte Killerin, wurde Kajats Leibwächterin und sorgte dafür, dass Kajats Zugang genauestens kontrolliert wurde. Leon sah seinen Einfluss dahinschmelzen und sah nur eine Möglichkeit dem entgegenzusteuern. Eine Gegenkraft zu Helena musste her! Leons Wahl fiel auf Mersal Suluth. Mersal war ein ehemaliger Polizeioffizier, den man offiziell aus Einsparungsgründen gefeuert hatte, inoffiziell feuerte man ihn wegen Korruption, was man ihm zwar nachweisen konnte, doch Mersal wusste auch wer noch alles „Dreck am Stecken“ hatte und das waren einige! Kaum in Kajats Organisation, zeigte sich Mersal für seine Entlassung nur allzu „erkenntlich“. Mersal brachte genug Insiderwissen mit, um größere Auseinandersetzungen mit den indonesischen Behörden zu vermeiden. Natürlich wollte Helena einen gleichgesetzten Partner verhindern, doch Leon hatte sich ein sehr gutes Argument zu Recht gelegt. Genau wie alle anderen Bosse der Unterwelt fürchtete Kajat eines am meisten: Das ihm jemand aus der eigenen Mannschaft abservierte! Leon erklärte Kajat, dass durch Aufteilung des Ressorts zwischen Helena und Mersal eine „gesunde Rivalität“ entstand, die genau das verhinderte.

 

Zu Helenas Enttäuschung stimmte Kajats Leons Vorschlag zu und Mersal wurde, neben Helena, in die Führungsriege aufgenommen. Seitdem war das Verhältnis zwischen Helena und Leon deutlich abgekühlt, doch Helenas Ambitionen wurden erst einmal gebremst. Natürlich vermied Leon es sorgsam, allzu sehr in Erscheinung zu treten, denn natürlich versuchte Helena es Leon zu vergelten, und Kajat weiß zu machen, dass Leon an seinem Stuhl sägte. Doch Leon hatte nicht das geringste Interesse Kajat zu beerben, denn Leon kannte seine Grenzen. Er, Leon verdiente Geld mit Warenlieferungen und darin war er ein Meister, weswegen Kajat ihn auch gewähren ließ.

 

Lin Pin Tao stand als Verbindungsmann zwischen Leon und Mersal, der Helena mittlerweile ebenfalls loswerden wollte. Als Technikgenie wusste Lin, dass es nur einen Weg gab Nachrichten diskret und ohne unerwünschte Zuhörer zu überbringen, nämlich persönlich! Also flog Lin regelmäßig zwischen Tetepare, Leons „Reich“ und Mota, Mersals Gefangenenlager, hin und her. Tetepare war Leons Meisterstück! In vielen Verhandlungen mit anderen Piraten und Schmugglerorganisationen hatte er es geschafft einen gemeinsamen Stützpunkt aufzubauen. Das Ganze ähnelte beinahe einem internationalen Konzern. Hier wurden Schiffe in Marsch gesetzt, Waren umgeladen, und Bestellungen abgewickelt. Vorher mussten Waren auf hoher See getauscht werden, Hafenbehörden mussten mit viel Geld bestochen werden und Schiffe fuhren teuer Leerfahrten. Das alles zehrte am Gewinn, bis Leon Kajat überzeugte auf Tetepare einen Stützpunkt zu errichten.

 

Mit Geldern des Financiers und guten Kontakten zu anderen Unterweltgrößen konnten andere Piraten, wie beispielsweise Chinesische Triaden ins Boot geholt werden. In kurzer Zeit wurde Tetepare ein Hightech Umschlageplatz. Leon sorgte dafür, dass Kajat die Kontrolle über die wichtigsten Einrichtungen, wie zum Beispiel den Flugbetrieb, behielt und ließ dafür die anderen Organisationen bezahlen. Auf diese Weise bezahlte sich Tetepare für Kajat praktisch selber. Natürlich musste Leon dafür sorgen, dass der Betrieb auch lief und hatte dafür Lin Pin Tao in sein Team aufgenommen.

Am Morgen, zwei Stunden vor Kajats Besprechung traf Mersal in Manado ein. Da Helenas Spione überall waren, trafen sich die drei auf einem Schiff im Hafen Manados, das mit starken Störsendern ausgestattet war, um zu verhindern, dass Gespräche abgehört wurden. Die Nachrichten, die Mersal mitbrachte, waren alles andere als gut. „Wir verlegen alles in ein neues Lager?“ fragte Leon verwundert?

„Ja, wahrscheinlich nach Makira.“ „Aber das ist gegen jede Logik! Der Sinn mehrerer Lager bestand darin, dass nicht alle gleichzeitig verloren gehen können. Alle Geiseln in ein Lager zu bringen ist praktische eine Einladung sie zu befreien.“ „Wem sagst du das?“ antwortete Mersal. „Und jetzt rate mal, auf wessen Mist das gewachsen ist.“

 

„Helena? Es kann nur Helena sein. Sie will dich ausbooten.“

„Nein! Ausnahmsweise nicht! Helena will ihre Fick- und Folterorgien abhalten, nicht sich mit der Leitung eines großen Lagers befassen, es sei denn, sie hätte jemanden wie mich, der die Drecksarbeit für sie erledigt, während sie ihr Vergnügen hat. Nein, die Idee kommt aus Deutschland!“

„Du meinst vom Financier?“

„Genau! Der sieht, dass mehrere Lager auch mehr Aufwand kosten, und will so mehr Gewinn machen.“

„Und wo bleibt sein Gewinn, wenn das Lager befreit wird, und wir tot, oder im Gefängnis sind?“

„Dann sucht sich der Typ im fernen Deutschland eben ein paar neue Piraten.“

„Das ist Schwachsinn! Wir müssen Kajat davon überzeugen, dezentral zu bleiben.“

„Dazu werden wir nachher Gelegenheit haben.“

„Hast du auch gehört, wer der Mann ist, den der Financier schickt?“

„Ja, Theobald, der Stecher, Vogel!“

„Stecher? Vogel? Nie gehört.“

 

„Oh ich schon!“ antwortete der ehemalige Polizeioffizier. „Vogel ist ein Söldner, Troubelmaker und Killer, nicht irgendein Killer, er ist einer der Besten! Neben ihm ist Marion Perling eine Betschwester.“

„Damit legst du die Latte aber hoch!“

„Glaub mir, der Stecher ist seit dreißig Jahren im Geschäft! Niemand der dreißig Jahre in diesem Geschäft arbeitet, ist ein Leichtgewicht!“

„Jetzt hast du mich neugierig gemacht, doch zurück zum Thema, wir sind uns einig, dass uns gegen die Pläne des Financiers aussprechen?“ fragte Leon und Mersal nickte.

 

**

 

„Sieh dir diese Heuchler an!“ fauchte Helena, die aus einem Fenster des dritten Stocks beobachtete, wie Leon in der Zentrale ankam. Mersal war vor zehn Minuten eingetroffen und Lin vor fünf Minuten. „Glauben die ernsthaft, ich wüsste nicht, dass sich die drei vorher getroffen haben?“

 

Marion, die neben Helena stand, schüttelte den Kopf. „Du musst es nur sagen, und alle drei sind tot.“ Helena drehte den Kopf und sah Marion an. Diese trug wieder einmal ihr Lieblingsoutfit, bzw. das Lieblingsoutfit, welches Kajat gerne an ihr sah, nämlich eine knappe, japanische Schulmädchenuniform. Wie immer fragte sich Helena, wo Marion in der kurzen Uniform mit Zöpfen ihre Waffen versteckte, wusste aber, das Marion mindestens zwei Pistolen und ein Messer bei sich trug.

 

Helena hatte Marion in Spanien kennengelernt, als diese dort für sie einen Auftragsmord durchführte. Da es für beide in Europa unangenehme wurde, verschlug es die Frauen nach Asien. Dort wurden beide schnell ein unschlagbares Gespann. Helena zog die Auftragsmorde an Land und Marion führte sie aus. Dann kam der Tag, an dem Leon Baldwerde Helena für Kajat anwarb. Schnell erkannte Helena das Potential und besonders die Gelegenheit, endlich ihrer wahren Leidenschaft nachzugehen.

 

Nun konnte sie ihre perversen Phantasien ungehemmt ausleben! Natürlich konnte sie das nur, solange Kajat das zuließ, also musste das Wohlwollen Kajats sichergestellt werden. Dazu eignete sich Marion am besten. Diese hatte keine Probleme mit Zöpfen und Schulmädchenuniform herumzulaufen und Kajat zu verwöhnen, solange die Kasse stimmte. Und die Kasse stimmte! Kajat zahlte ihr ein Spitzengehalt und Helena legte noch einen Bonus obendrauf, um ihren Einfluss zu sichern.

Nun wägte Helena das Für und Wieder von Marions Vorschlag ab und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das würde Kajat nur aufschrecken. Wir warten noch ab.“

„Ganz wie du meinst.“

 

**

 

Ein Stockwerk höher traf Helena auf Leon und Mersal, die auf Kajat in dessen Büro warteten. An der großen Fensterfront, die einen fantastischen Ausblick über den Hafen Manados bot standen Leon und Mersal einige Schritte voneinander entfernt, als auch Lin eintrat und sich zu Leon gesellte. Mit einem verächtlichen Grinsen ließ sich Helena in Kajats Stuhl fallen und wartete. Marion war eine Etage höher zu Kajats privaten Gemächern gegangen, um ihren Chef sicher nach unten zu geleiten.

Schließlich kam Kajat in sein Büro. Helena wartete bis zum letzten Augenblick, bevor sie sich erhob und Kajats Stuhl räumte. „Ich habe ihn dir schon einmal aufgewärmt.“ Sagte sie mit einem Augenzwinkern und Kajat lächelte, was Leon und Mersal beinahe zum Kotzen gebracht hätte. Kajat lächelte immer noch, als sich Marion wie üblich einen Meter hinter ihn stellte. „Also, was ist dran an den Gerüchten?“ Fragte Helena die sich seitlich von Kajat gestellt hatte.

„Welche Gerüchte meinst du genau?“

„Das wir alles in ein Lager verlegen.“

„Unser Geldgeber hält das für eine gute Idee.“

„Das ist aber eine Scheißidee!“, warf Leon ein.

Helena biss sich auf die Lippen. Sie hatte die Angel ausgeworfen und Leon hatte angebissen. „Wenn wir das machen“, fuhr Leon fort, „sind wir verwundbar!“ „Mir scheint, ihr habt schon darüber beraten.“ Stellte Helena scheinbar verwundert fest und Kajat hob die Augenbrauen, während Mersal Leon einen warnenden Blick zuwarf.

 

„Wir sollten uns die Argumente unseres Geldgebers zumindest anhören.“ Antwortete Kajat.

„Weißt du denn mittlerweile, wer unser Geldgeber ist?“

„Ja, aber ich werde es euch nicht sagen! Ich habe nämlich keine Lust, ins Gras zu beißen.“

„Ich meine…“ Leon wurde unterbrochen, als die Tür aufging und drei von Kajats Männern einen Mann in das Büro geleiteten. „Entschuldigen sie meine Verspätung.“ Sagte der Mann und stellte sich vor. „Mein Name ist Theobald Vogel.“ Marion, die natürlich von dessen Ruf gehört hatte, war nicht bereit, einfach in den Schatten zu treten, und gab den drei Wachen einen Wink, Vogel zu durchsuchen. Der hob resigniert die Arme, ließ sich abtasten und drehte sich dann scheinbar ganz in Ruhe um, als plötzlich alle drei Wachen zu Boden fielen. Einer zuckte noch, während Vogel einen Schritt vortrat und einen Gegenstand in seine Tasche zurücksteckte. Das Ganze war so unglaublich schnell geschehen, dass Marion nicht einmal sagen konnte, welche Waffe Vogel benutzt hatte, um die drei Wachen umzulegen. Die dritte Wache starb ebenfalls, als noch alle Anwesenden Vogel anstarrten. Marion sprang vor und riss eine ihrer Pistolen hervor, doch der Stecher schien wenig beeindruckt zu sein.

 

„Wirklich?“ Dabei schaute er Marion mitleidig an. „Können wir nun zum Geschäftlichen kommen?“ fragte er Kajat, ohne sich weiter um Marion zu kümmern.

Helena die genau wie Leon und Mersal Vogel anstarrte, fasste sich als erste und macht sich ein Bild von dem Mann. Dessen Alter war schwer zu schätzen, er mochte über 50 Jahre sein, doch er strahlte eine jugendliche Kraft aus, die ihn Helena beinahe sympathisch machte. Ansonsten fiel der Mann überhaupt nicht auf, er war so unauffällig… er war der perfekte Killer! Eine schlichte runde Nickelbrille, die gut zu dem feingezeichneten Gesicht passte. Kajat forderte Marion mit einer Handbewegung auf, die Waffe zu senken und bot Vogel einen Platz an.

Der bedankte sich mit einem kalten Lächeln und setzte sich in einen bequemen Sessel, gegenüber von Kajat.

 

„Macht es ihnen etwas aus zu warten, bis wir die Leichen herausgeschafft haben? Wollte Kajat wissen.

„Nein.“ Mehr hatte Vogel dazu nicht zu sagen und wartete. Kajat nutzte die Zeit und gab Marion zu verstehen sich und Vogel einen Drink auszuschenken. „Ich hoffe, sie mögen Gin.“ Sagte Kajat, nachdem Marion erst ihm und dann ein Glas an Vogel reichte. Der nippte am dem Gin und nickte dann anerkennend. „Ein guter Tropfen. Japanisch?“ „Oh ja, meine Lieblingsmarke.“ Hinter Vogel ging die Tür auf und die drei toten Wachen wurden aus dem Zimmer getragen, ohne das Vogel sich die Mühe machte sich umzudrehen. Als die Tür wieder zu war, stellte Vogel das Glas ab. „Also zurück zum Geschäft. Mein Auftraggeber war nicht sehr erfreut darüber, wie die Kaperung de Bell Star an Licht gebracht wurde und auch, dass man versucht hat, die Ladung zu verkaufen, anstatt sie zu versenken.“

„Sie können dem Financier mitteilen, dass der Verantwortliche bereits zur Rechenschaft gezogen wurde.“

 

„Da sie den Namen meines Auftraggebers nicht aussprechen, gehe ich davon aus, dass die sich an die Warnung meinerseits erinnern.“

Kajat schwieg dazu und Vogel sprach weiter. „Nun, der Financier ist der Meinung, dass SIE der Verantwortliche sind.“

 

Ebenso wie Kajat spannte sich auch Marion an, doch Helena pfiff sie mit einem Blick zurück. „Letztlich sind sie jedoch nicht zu ersetzen.“ Sprach Vogel weiter. „Deswegen ist der Financier bereit über ihr Fehlverhalten hinwegzusehen. Allerdings gibt es da ein paar Auflagen!“

Kajat kam deutlich ins Schwitzen, schließlich hatte Vogel ihm gerade mit dem Tod bedroht und anders als bei anderen Drohungen, nahm Kajat die Drohung Vogels sehr ernst. „Auflagen welcher Art?“ fragte er, bemüht nicht sein Gesicht zu verlieren.

„Nun als Erstes werde ich ihre operative Leitung übernehmen, zumindest bis ich der Meinung bin, dass die ihren Laden wieder im Griff haben.“ Als Leon protestieren wollte, gebot Kajat ihm zu schweigen. „Weiter.“

 

„Das mit der Dezentralisierung hat ein Ende. Ab sofort werden alle Lager nacheinander aufgelöst und alle Geiseln in einem Lager untergebracht.“

„Das ist Wahnsinn!“ rief Leon. Ohne auf Kajats Warnung zu achten. „Wenn wir das tun, laden wir jedes Land ein, uns anzugreifen und die Geiseln zu befreien.“

„Dann verhindern sie das!“

„Und wie sollen wir das verhindern?“

„Sie werden doch sicher Waffen haben. Nutzen sie diese! Bauen sie eine Festung und lassen sie die Welt wissen, dass jeder Angriff von vorne heraus aussichtslos ist.“

„Sie machen Witze oder? Wie wollen sie eine Militärmacht wie die USA oder China daran hindern, ein Lager anzugreifen, sei es auch noch so gesichert.“

 

„Es wundert mich, dass sie mit solchen Leuten nicht schon längst aus dem Geschäft geflogen sind.“ Schüttelte Vogel den Kopf und schaute Kajat an. „Warum sollten die USA eingreifen, es sei denn, sie würden US Bürger verschleppen… haben sie US Bürger verschleppt?“

Kajat schaute erst zu Helena, dann zu Mersal. Während Mersal den Kopf schüttelte, zuckte Helena mit den Schultern. „Klären sie das! Falls sie US Bürger haben, lassen sie sie verschwinden! Spurlos verschwinden! Was die Chinesen angeht, handeln sie genauso. Ansonsten gibt es keine Macht, der wir nicht entgegentreten können.“

 

„Was ist mit Soulebda?“ wollte Mersal wissen.

„Ich nehme doch an, sie haben ihre Spione dort?“

„Ja. Wir haben eine Menge Informanten in Soulebda Stadt und Nih’tan.“

„Dann sollte das kein Problem sein. Wir erfahren rechtzeitig wann ein Angriff sattfindet und können reagieren. Also meine Anweisung! Sie errichten ein Lager auf Makira! Und zwar ein Lager, das nicht einfach überrannt werden kann. Ich will eine Festung, ich will Geschütze, Raketen, Radaranlagen und elektronische Abwehrmaßnamen! Sie!“ er drehte sich zu Lin um, „Sie sind doch ein Technikgenie!“ Etwas unsicher nickte Lin Pin Tao. „Gut! Sehen sie zu, dass sie Satellitenzugang bekommen, der den gesamten Südpazifik überwacht. Habe sie das verstanden?“

„Aber wie…?“

 

„Finden sie einen Weg, oder ich finde jemand anderen, der das kann!“

Was dann mit Lin dann passieren sollte, führte Vogel nicht an, brauchte er allerdings auch nicht, sogar Lin konnte sich das genau vorstellen.

 

„Was ist mit Tetepare?“ fragte Leon.

 

„Nichts! Den Stützpunkt dort werden sie wie gehabt weiterführen. Aber ich will, dass eine zusätzliche Radaranlage den Hafen schützt. Stellen sie auch eine Batterie Raketen auf Vangunu auf. Weitere Fragen?!“

 

Es gab keine Fragen mehr.

 

**

 

„Das ist alles Bullshit!“ fluchte Leon, als Vogel gegangen war und sie mit Kajat wieder alleine waren. „Ich weiß!“ antwortete Kajat. „Aber vorerst machen wir, was der Financier will. Hör zu Leon. Wenn wir genug Geld machen, können wir dem Idioten irgendwann ein Schnippchen schlagen und den Financier ausboten. Solange halten wir die Füße still. Während Kajat mit Leon diskutierte, hielt sich Helena zurück und zog Marion unauffällig zur Seite.

 

„Was denkst du?“ fragte sie ihre Freundin.

„Das der Mann sehr viel gefährlicher ist, als es sich die vier Idioten hier vorstellen können.“

„Dann sind wir derselben Meinung. Ich werde versuchen mit Vogel zu reden. Alleine zu reden!“

„Keine schlechte Idee, Am besten halten wir ihn bei Laune. Hast du ein paar Mädchen für ihn?“

„Ein paar hätte ich, eigentlich wollte ich die selber… egal. Ich werde Vogel ein paar Geschenke machen.“

„Denkst du nicht, dass Kajat den Braten riecht?“

„Nein, du hast doch gehört, wir sollen mit Vogel zusammenarbeiten, also steuere ich meinen Teil dazu bei, dass er sich hier wohl fühlt.“

 

„Und lotest damit aus, wer von den Schwachköpfen am Fenster als erstes über die Klinge springen muss?“

„So ist es. Hättest du Bedenken den Arbeitgeber zu wechseln?“

 

Marion warf ihr einen Blick zu und schaute an ihrer Schulmädchenuniform herunter. „Sieht das so aus, als ob ich etwas dagegen hätte?“

 

**

 

900 Kilometer Süd-südwestlich von Soulebda, auf den Inseln der neuen Hebriden.

Drei Monate vorher

 

Nach der Unabhängigkeit von England und Frankreich verfiel die Inselgruppe in die Bedeutungslosigkeit. Ihr einziges Gut, die sonnigen Strände auf unzähligen Inseln konnten die Menschen auf den Inseln nicht gewinnbringend umsetzen. So wurden die Hauptinseln mehr und mehr zu den „bewohnbaren“ Inseln. Die vielen kleineren Inseln und Inselchen, die meist über kein oder zu wenig Trinkwasser verfügten, interessierte bald niemand mehr.

 

Damit war das Gebiet ideal für die Piraten, die in dieser Region der Südsee ihr Unwesen trieben.

Auf den Inseln Panama, Mauro und Pentacoast wurden die örtlichen Anführer vor die Wahl gestellt, entweder sie machten sich den Piratenanführern gefügig, oder sie wurden in einem alten Fischernetz zu den Fischen geschickt.

 

Mersal Suluth war der Kommandant der Gefangenen Inseln und ein harter Brocken. Als Elite Absolvent einer Universität mit einem Doktor in Wirtschaftswissenschaften, gab er den Ton an, wenn es um Einkauf und Verkauf von „Menschenmaterial“ ging.

Nachdem die ersten Gruppen der Anführer auf diese brutale Weise „ausgewechselt“ wurden, standen alsbald nur noch Marionetten in der Verwaltung, die alles taten, was man ihnen sagte.

 

Druuhf, der Peiniger Oblath, war der uneingeschränkte Kerker- u. Zuchtmeister. Was er sagte, das führten seine Peiniger aus.

 

**

 

Penama wurde der Verwaltungssitz der Piraten und dort entstanden auch die Trainingscamps für die eigenen Truppen. Gut 200 Mann standen dort unter Waffen und in Ausbildung. Weitere 300 waren auf die Inseln verteilt und bildeten den Schutzring.

 

Auf Maewo, der nördlichen der drei übernommenen Inseln wurden Gefängnisse errichtet für Sklaven und Sklavinnen. Hier wurden auch die Entführten Passagiere der gekaperten Schiffe eingesperrt.

Auf der südlicher gelegenen Insel Pentacoast wurden die Sklavinnen zu Leibeigenen und Liebessklavinnen ausgebildet. Die Mädchen, die diese Ausbildung durchmachten und überlebten waren perfekte Liebes Sklavinnen.

 

Auf jeder der drei Inseln gab es Söldner, die sowohl die Gefangenen, als auch mögliche Eindringlinge stellen und ausschalten würden.

 

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Über allem aber wachte Helena van Deubth. Die „Herrin“, wie sie von allen genannt wurde. Sie war aalglatt, lief eigentlich immer in eleganten schwarzen Leder herum, egal wie heiß die Sonne draußen brannte und sie war eine hochintelligente, aber menschenverachtende Sadistin.

 

Helena war mit Mersal Suluth liiert und beide führten ihren „Familienverband“ wie sie die Pirateninseln nannten mit eiserner Hand. Ein Menschenleben zählte nicht viel und wer sich wehrte oder nicht unterwarf, dessen Stunden waren gezählt.

 

**

 

Wie jede Woche, so fand auch an diesem Montag wieder eine Besprechung aller Abteilungsleiter statt. Zu diesem Zweck wurden die Entführten und Gefangenen auf den Inseln eingesperrt, nur um jede Möglichkeit auszuschließen, dass einer der Angestellten eine Türe offenstehen lasst.

 

Die Besprechungen waren auf der Hauptinsel Penama angehalten. Hier hatten sie sich die Piraten einen alten Herrensitz der Engländer zu einem Fort ausgebaut, mit doppelter Umzäunung, Wachtürmen und neun Funktionshäusern in der Mitte. Im Zentrum stand das Herrenhaus in edlem weißen Kalkstein, der bereits bessere Tage gesehen hatte.

 

Wie immer wurden zu Beginn der Tagung die Bestrafungen abgehalten.

 

„Sind das die drei Sklavinnen, die sich geweigert haben den Deep-Throat zu erlernen?“ Fragte Helena van Deubth.

 

„Ja Herrin, wir haben sie versucht mit allen Mitteln zu überzeugen, aber die drei wollten nicht und die Blondine war die schlimmste dabei. Bei den beiden anderen sehe ich noch eine Chance.“, sagte der Bewacher der drei Mädchen.

 

„Spannt die Blondine in den Käfig und überdehnt ihr den Hals, ich will versuchen, ob ich ihr das beibringen kann, andernfalls taugt sie nicht und muss weg.“

 

Mit tränenüberlaufenen Augen wurde die Blondine in einen schweren Metallrahmen eingespannt, der sich um ihren ganzen Körper legte. Arme und Beine gestreckt, wurde ihr am Ende der Kopf nach hinten gelegt und so die Kehle in einer Linie mit dem Körper überdehnt. Jetzt begann die Blonde junge Frau zu weinen, aber das half ihr nichts mehr.

 

Helena trat vor die Gefesselte und hielt einen gut vier cm dicken Gummistab, der über einen Meter lang war. Sie übergoss den Gummistab mit Wasser und schaute abwertend auf die heulende blonde Frau. „Öffnet ihr den Mund und haltet sie fest!“

 

„Du warst dir also zu fein für einen Deep-Throat. Sklavinnen mit der Ausbildung bringen gut 30% mehr Ertrag, jetzt will ich mal sehen, ob du nur nicht willst, oder tatsächlich nicht kannst. Seid ihr fertig?“

 

Die blonde Frau schaute mit aufgerissenen, tränenden Augen auf Helena und diesen langen Gummistab. Als ihr mit brachialer Gewalt der Mund geöffnet wurde, trat Helena vor die Gefangene und flüsterte ihr ins Ohr „Schluck du Luder!“

 

Damit drückte sie langsam den Gummistab in den Mund der Blondine. Tiefer und tiefer. Zwei, dreimal zog sie den Gummistab heraus und jedes Mal würgte die Blondine mehr. Jedes Mal gab es eine kurze Atempause. Das wiederholte Helena mehrere Male, dann sah sie ein, dass die Blondine tatsächlich nicht schlucken konnte. Sie hustete und erbrach sich, offenbar war sie dafür, was Helena forderte nicht gemacht.

 

„Das ist jetzt aber blöd, du kannst ja tatsächlich nicht schlucken, dann habe ich für dich keine Verwendung mehr!“

 

Schließlich stieß Helena den Gummistab bis zum Anschlag in die leidende Gefangene, und ließ den Gummistab in der armen Frau stecken.

 

Während die Blondine zuckend unter höllischen Qualen langsam und unter schrecklichen Schmerzen erstickte, schaute Helena, die Herrin, die anderen beiden Mädchen an. „Eure Kollegin wollte nicht schlucken, jetzt wird sie qualvoll sterben. Schaut genau zu. Das erwartet euch auch, wenn ihr nicht das tut was wir von euch fordern.“ Das sterben der Blondine dauerte mehrere Minuten. Schließlich hing ein Blondes Etwas mit weit aufgerissenen Augen bewegungslos in den Rahmen und aus ihrem Mund ragte der Rest eines Gummistabs heraus.

 

„Und nun zu euch. Habt ihr es euch überlegt?“

 

Die beiden anderen Mädchen waren völlig verängstigt und das einzige was sie noch taten, sie nickten ihrer Herrin zu. „Ja Herrin, wir wollen es lernen, wir wollen leben, wir werden es lernen.“

 

„Gut!“ Sagte Helena. „Nehmt sie mit und verpasst ihnen die erste Lektion im Deep-Throat, wenn sie das schaffen, kommen sie zurück und erhalten eine zweite Chance, wenn nicht, dann bleiben sie hier bei mir und kommen in mein Spielparadies.“

 

Bewacht von einigen brutalen Söldnern wurden die beiden Mädchen weggeführt.

 

Helena wusch sich kurz und klatsche danach in die Hände.

 

„So, dann wollen wir mal mit der Tagung beginnen.“

Im Tagungsraum saßen die anderen Verantwortlichen bereits und warteten, bis Helena dazukam. „Behalten sie Platz. Die heutigen Themen sind die Erlöse bei den Philippinischen Mädchen, die drei Entführten Frauen der Europäer und dann die neuen Schutzmaßnahmen in den Unterkünften der Sklaven. Also dann, lasst uns beginnen.“

 

„Herrin, die Erlöse der Philippinischen Mädchen haben das Ziel nicht ganz erreicht, drei der 21 Mädchen waren zu dünn und hatten zu kleine Brüste, wir haben nur 347.000 Dollar erwirtschaftet.“

„Das sind 13.000 Dollar zu wenig, das muss bis Quartalsende ausgeglichen sein.“

„Ja das sollten wir schaffen, ganz sicher schaffen wir das Herrin.“

„Gut so, nächster!“

 

„Herrin, die Erlöse durch die drei Europäerinnen ergaben die erwarteten 125.000 Dollar pro Person, die Europäer haben dann doch noch bezahlt.“

„Musstet ihr diesmal auch wieder einen Finger abschneiden?“

„Nein, das Video vom letzten Mal reichte völlig aus.“

„Gut, nächster Vortrag.“

 

„Herrin, wir haben uns etwas für die Zelte der Sklavinnen ausgedacht.“

„Gut die Aufgabe bestand darin, einen Weg zu finden die Zelte der Sklavinnen vor Befreiung und Flucht durch letale Mittel zu schützen. Dies sollte einerseits schnell und andererseits zuverlässig wirken, was habt ihr vorzuschlagen Gruppe 1?“

 

„Herrin, wir sind für die Montage von Sprengstoffpatronen im Gipfel der Zeltdächer, die ziehen sich über die ganzen Zeltlängen. Industrieller Sprengstoff taugt dafür und kann auch wetterfest verpackt werden.“

„Das ist Bullshit! Die garantierte letale Wirkung auf alle Sklaven ist so nicht garantiert. Außerdem werden so die Standorte der Zelte sofort bekanntgegeben.

Gruppe 2 was habt ihr euch ausgedacht?“

 

„Herrin, wir haben einen ähnlichen Ansatz, aber wir nehmen anstelle Sprengstoff gutes Flammöl in Schläuchen, die Explosion beim Anzünden sind nicht so laut, die Wirkung dauert auch etwas länger an, bis sie letztendlich letal sind, aber sie wirkt auf jeden Fall letal. Außerdem zeigt das Wirkung nach innen und außen.“

„Napalm in Schläuchen, das hat etwas, ich denke, das setzen wir um. Ich will auf jeden Fall auch eine zentrale Zündmöglichkeit, sollte sich einer der Konkurrenten dazu entschließen hier anzugreifen. An was habt ihr da gedacht?“

 

„Herrin, dafür empfehlen wir, also beide Gruppen, die Funkauslösung. Wir haben die Mittel und die Reichweite. Das ist gut und erprobt.“

„Ausgezeichnet. Beschafft die Dinge und setzt das um. Bis wann seid ihr damit fertig?“

 

„Herrin, mit der Lieferung, die 14 Tage dauert, sind wir in drei Wochen einsatzklar.“

„Gut nun noch ein paar Dinge zur Administration, …“

 

Nun wurden noch einige Dinge für den allgemeinen Ablauf durchgesprochen, die nächsten Bestrafungen für morgen wurden durchgesprochen und einige Neuerungen wurden angekündigt. Nach gut zwei Stunden war dann alles vorbei und die Gruppe löste sich auf.

 

„Schaut nach, ob die beiden anderen bereits für den Rücktransport trainiert sind und wenn ja, dann nehmt sie mit und bildet sie weiter aus.“

 

In einem der anderen Gebäude knieten die beiden Mädchen mit gefesselten Händen hinter ihrem Rücken und schluckten bereitwillig, was ihnen die beiden stark gebauten Söldner anboten.

 

„Sind die bereits gut?“ Eine der Wachen schaute mit geilem Blick zu den Männern und nickte.

 

„Ihr könnt sie mitnehmen, die Kleine hier, die ist besonders gut, die schluckt und saugt alles, wie ein Staubsauger!“

 

**

 

Die Superyacht der Piraten

Isomar van Denkins war ein glücklicher Mann. Seine dritte Frau hatte die Scheidung nicht mehr erlebt, sie hatte sich stattdessen zusammen mit ihrem Liebhaber in dessen Cabrio eine hohe Klippe hinabgestürzt. Zumindest stand das so in den Untersuchungspapieren der Staatsanwaltschaft.

 

Da zu wenig Beweismaterial übriggeblieben war, konnte auch nicht nachgewiesen werden, ob Fremdverschulden dabei eine Rolle gespielt hatte.

 

Isomars Firmengruppe hatte dafür im neunten Jahr herrlich schwarze Zahlen geliefert und für die Zukunft sah alles sehr gut aus. Die milliardenschwere Firma hatte sich auf modernste Edelelektronik und Satellitensysteme spezialisiert und war in dem Bereich unter den weltweit führenden Firmen.

 

Jetzt endlich hatte Isomar auch seine zweite Luxus Yacht in Besitz genommen. Seine erste Yacht, die 140 Meter lange „Isolde“ hatte er mit Gewinn an einen Edelmann in Ägypten verkauft. Gleich darauf hatte Isomar den Auftrag für die Nachfolgeyacht bei der Edelschmiede der Bremer Werft Würssen & Co. abgeschlossen und jetzt nach 11 Monaten Bauzeit war sein Traum endlich in seinen Händen. Allein die Überführung, in seine geliebte Südsee, hatte ein kleines Vermögen gekostet, doch seit einem Monat kreuzte Isomar endlich glücklich mit seiner zwanzig Mann starken Mannschaft durch die See.

 

Jetzt, nach gut drei Wochen ausgedehnter Urlaubsfahrt war Isomar mit seiner neuen Yacht „Isokanto“ auf der Fahrt zu einem seiner Geschäftspartner Palau.

 

„Kapitän, wieso verlangsamen sie die Fahrt?“, rief Isomar van Denkins seinem Kapitän zu.

„Die Küstenwache hat uns angefunkt, sie kommen noch heute Abend zu uns an Bord.“

„Hier draußen, wir sind mitten auf dem Meer, was hat die Küstenwache hier zu suchen?“

„Die sagten etwas von gesuchten Verbrechern, die sich an Bord von Luxusyachten verstecken würden und deswegen müssten ausnahmslos alle Yachten überprüft werden.“

„Na gut, wollen wir hoffen, dass das schnell vorbei ist. Ich mag diese Polizisten der Meere nicht.

Matthis, sagen sie der Mannschaft, dass sie sich am Welldeck versammeln soll.“

 

In der Dämmerung kam von achtern das erwartete Schiff und hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, so konnte die Küstenwacht alles gut sehen und es gab beim Anlegen keine Schramme.

 

Isomar hatte keine Geduld mit Leuten, die ihm seine Zeit stahlen und genau das taten die von der Küstenwacht, zumindest in seinen Augen. Dennoch ignorierte er die Leute, die sein Schiff betraten.

 

Sein Kapitän war aus einem völlig anderen Holz geschnitzt. Er beobachtete die Herren in ihren hellen Hemden und Mützen und irgendetwas kam ihm an den Leuten komisch vor. Keiner der Leute von der Küstenwacht trug eine Jacke oder ein klares Marineabzeichen, das sah alles selbstgemacht aus. In dem schlechten Licht und mit den grellen Scheinwerfern fiel das allerdings auch nicht weiter aus. Dennoch suchte der Kapitän die Nähe zu seinem Kommandantenpult. Er wusste genau, dass er darin seine Dienstpistole hatte.

 

Dann ging alles sehr schnell. Isomar bekam erst gar nichts mit, erst als der erste Schuss fiel und sein Kapitän blutüberströmt über Bord ging, wurde Isomar klar, dass das garantiert nicht die Küstenwacht war. Er rief seine beiden Mädchen zu sich und sie knieten sich, schutzsuchend neben ihn.

 

„Sind sie der Eigner dieses Bootes? Ein schlichtes Ja oder nein genügt!“ Rief ein Mann in weißem Hemd und weißer Hose.

 

„Hören sie, wir können das sicher alles regeln und …“

 

Zwei Männer zerrten eines der Mädchen von Isomar weg an die Reling und der Mann, der gerade mit Isomar gesprochen hatte zog eine Pistole aus seiner Tasche.

„Ich sagte, ein kurzes Ja oder Nein genügt. Also sind sie der Eigner dieses Bootes?“

 

„Das ist eine Yacht und ja, ich bin der …“ Weiter kam Isomar nicht, ein Schuss bellte und das junge Mädchen wurde mit einem Loch im Kopf über Bord gerissen. Das Letzte, was Isomar von ihr sah, war ihr fragendes Gesicht.

„Na, wollen wir weiterspielen, oder beantwortest du meine Fragen?“, fragte der Mann mit der Pistole.

 

„Ja“ sagte Isomar und das Mädchen zu seinen Füßen klammerte sich an ihn. „Ja, ich bin der Eigner …“

 

„Na, geht doch, so müssen wir die Lektionen auch nicht vertiefen. Siehst du, es geht alles sehr schnell, wenn du mitspielst.“

 

Isomar schaute den Mann fragend an, aber sagte kein Wort.

 

Der Mann mit der Waffe sah das und man sah ihm auch an, dass er es genießen konnte, Isomar so leiden zu sehen.

„Der Eigner hat Fragen, aber er traut sie sich nicht zu stellen, dann hat er tatsächlich seine Lektion gelernt.“ Die anderen Banditen lachten laut.

 

„Also gut, dann will ich mal …“, sagte der Anführer.

 

„Ich übernehme das Boot und alles, was an Bord ist. Wer sich widersetzt wird sofort ausgewechselt.

 

Es gibt keine zweite Chance. Haben das alle verstanden?

 

Es gibt keine zweite Chance!“

 

Isomar und seine Mannschaft waren unschlüssig, aber Isomar erkannte den kalten, grausamen Willen seines Gegenüber, dieser Mann war bereit, weiter zu töten, wenn es ihm half. Menschenleben bedeuteten ihm gar nichts.

 

Einige der Mannschaft waren aber nicht ganz überzeugt, dass sie sich so einfach ergeben sollten. Immerhin waren sie fast 20 Mann und die Angreifer nur ein knappes Dutzend.

 

Zwei Mann aus der Technik und der kräftige Koch hatten ihre Chance gesehen und versuchten ihr Glück. Sie rissen einem der Wachen die Waffe weg und schossen einen anderen zusammen. Danach wollte sie gerade auf den Mann mit der Pistole losgehen, doch da schrie der Koch auf.

 

Aus seinem Kopf ragte die Spitze einer Harpune und mit einem Ruck ging der Koch mit der Harpunenspitze im Kopf über Bord.

 

Von Bord des anderen Schiffes flammte ein starker Scheinwerfer auf und tauchte alles an Bord der „Isokanto“ in Gleisendes Licht.

 

„Dachtet ihr wirklich, wir haben nur die paar Leute dabei, das war ein Fehler. Ihr da, herkommen.“

Die beiden Männer aus der Technik wurden an die Reling gestellt und der Anführer erschoss sie einzeln. Schön der Reihe nach einen nach dem anderen, damit auch ja alle anderen mitbekamen, was hier vor sich ging.

 

„Wie ich sagte, es gibt keine zweite Chance.“

 

**

 

Eine Stunde später waren die meisten der Mannschaft von Isomar auf dem anderen Schiff unter Deck in Käfigen weggesperrt und das „Küstenwacht“ Schiff drehte ab.

 

Zurück blieb eine gut 12 Mann starke Besatzung des Überfallkommandos, ein Hilfskoch, das Mädchen von Isomar und Isomar selber.

 

Im Saloon der „Isokanto“ stand der Entführer mit zweien seiner Leute vor Isomar und lächelte ihn an.

 

„Packt die Kleine!“ Rief der Anführer.

 

„So, dann wollen wir mal zum zweiten Teil übergehen. Dieser Kahn hat einen Safe an Bord, er befindet sich genau hinter mir und wird mittels Zahlencode, Fingerabdruck und Kennwort entsperrt.

 

Aber…

 

Wie alle Superyachten, die von der Bremer Werft Würssen & Co. gebaut werden, hat auch diese eine Notentriegelung. Dafür brauche ich nur diesen Chip hier.“ Dabei zeigte der Entführer einen bleistiftlangen Gegenstand. Der Entführer schob eine kleine Abdeckung an dem gut versteckten Safe zur Seite und führte einen USB Stick in Form eines fünfeckigen Stiftes ein.

 

Kurz danach machte es „Klick“ und die Safe Türe öffnet sich.

 

„Ich liebe moderne IT, dummerweise kann ich die beiden inneren Türen nicht so einfach öffnen. Also bitte, wenn du die Güte hättest die zu öffnen, wäre ich dir sehr verbunden!“

 

Isomar schaute auf den Entführer, die Pistole die auf sein Mädchen zeigte und die tränenüberfluteten Augen des Mädchens. Dann nickte Isomar und kniete sich vor den Safe.

 

Eine Minute später waren die beiden gepanzerten Innentüren geöffnet.

„Bitte lassen sie das Mädchen in Ruhe.“

 

Der Anführer schaute zu seinen Leuten und einer hielt ein kleines Smartphone in den Händen.

 

„Er hat versucht, den Notfallsender zu aktivieren!“

 

Isomar schaute erschrocken den Anführer an.

 

„Dachtest du wir wüssten nichts von dem Notfallsender? Wir haben als erstes den Sender abgeschaltet und dann die Antennen abgezogen. Leider war dein kleiner Stunt erfolglos, wie sagte ich zuvor, es gibt keine zweite Chance.“

 

Damit stellten zwei der Wachleute das Mädchen an die Reling, das Mädchen schrie nach Herzenskräften und der Anführer hob die Pistole direkt vor ihr Gesicht.

 

„Schade um die Kleine!“ Der Schuss riss ihr fast den halben Kopf weg und so ging auch das letzte Mädchen über Bord.

 

„Wieso müsst ihr immer versuchen den Helden zu spielen. Dir muss doch klar gewesen sein, dass ich alles über die Yacht, die Mannschaft und auch über dich wusste und dennoch hast du versucht, den Helden zu spielen.“

 

„Verzeihung, ich bin sicher, dass ich mit genug Geld…“

 

„Nein. Kannst du nicht, denn siehe, dein werter Herr Bruder hat die Information über deine Entführung bereits erhalten und hat dich sofort aus der Geschäftsführung entfernen lassen. Du hast nichts mehr zu sagen und du hast kein Geld mehr. Dein Bruder gibt keine Kupfermünze für dich und das bedeutet, du bist für uns nicht mehr wertvoll.

 

Du bist also Ballast.

 

Danke, dass du die Safe Türen aufgemacht hast und nun stirb mal schön! Bringt ihn an den Bug, gebt ihm eine Schwimmweste und werft ihn über Bord, ich bleibe hier am Heck-Fahrstand.“

 

Als der Entführer das leise Platschen von Isomar hörte, wie er in das Meer fiel, gab er am Steuerpult Vollgas und die Motoren brummten los. Isomar trieb mit großen Augen vorbei und verschwand schreiend im Sog der Propeller.

 

Ein großer, roterer Wasserfleck war das Einzige, was von Isomar blieb, dann nahm der Entführer die Drehzahl langsam zurück.

 

„Dann wollen wir mal, alles auf die Posten, neuer Kurs ist unsere Werft, lasst uns unsere Beute sichern und umbauen.“

 

**

Damit verschwand die „Isokanto“ vom Meer und tauchte auch nicht mehr auf. Dafür wurde eine umgebaute Superyacht sechs Monate später wieder zu Wasser gelassen. Diese Yacht trug jetzt den Namen „Maru Ganssen“ und hatte eine Zulassung in Nassau.

 

Tatsächlich war die „Isokanto“ oder „Maru Gassen“ wie sie jetzt hieß zu einem modernen Kontroll- und Kommunikationsschiff umgebaut worden und sie hatte mehrere schwere Maschinengewehre erhalten, eine 45mm Bordkanone am Bug, eine ½ Zoll Gatling Maschinenkanone am Heck und zum Abschluss noch drei Raketenwerfer. Die Radarausrüstung entsprach der modernsten Technik für Zivilschiffe und die Funkanlagen waren top-modern.

 

Das Schiff war nun die schwimmende Kontrollstation und mit ihren riesigen Tanks konnte sie auch lange auf See verweilen. Aus der edlen Yacht war ein schneller Kreuzer für die Piraten des Pazifik geworden und dieser Kreuzer ging jetzt auf See.

 

 

Die gekaperte Yacht „Isokanto“. Jetzt als Piratenschiff unterwegs.

**

 

Drei Tage später im Palast

Im Palast herrschte ein unglaubliches Treiben. Als die vier vor dem Palast vorfuhren um sich mit Soleab zu treffen, fielen ihnen sofort die verschärften Sicherheitsvorkehrungen auf. Eine bewaffnete Eskorte brachte sie zu dem Parlamentspräsidenten, nachdem man ihre Ausweise genauestens überprüft hatte.

„Was ist denn hier los?“ fragte Martin.

„Hier scheint irgendeine große Sache zu laufen.“ Antwortete Lastre’lar als sie in Soleabs Büro gebracht wurden.

 

„Oh ja!“ gegrüßte sie der Parlamentspräsident. „Morgen greifen wir die Piraten auf Makira an! Wir werden alle Geiseln befreien und den Piratenspuk ein für alle Mal beenden.“

„Soleab“, begann Lastre’lar, doch der hob die Hand.

„Ich weiß was du sagen willst alter Freund. Wir werden das Piratentum nicht beenden können. Nein, das können wir nicht. Piraten sind wie eine Hydra, du schlägst einen Kopf ab und zwei neue wachsen nach. Nein… es solange es die Seefahrt gibt, wird es auch Piraten geben, aber diese Mörderbande auf Makira, diese werden wir uns vorknöpfen! Und zwar dermaßen Vorknöpfen, dass es sich die nächsten Piraten gut überlegen werden, auch nur in die Nähe Soulebdas zu kommen!“

„Natürlich werden sich unsere Soldaten bei diesem Einsatz an das Gesetz halten.“ Warf Martin ein und Soleabs Augen wurden schmal.

 

„Das Wort der Regentin ist Gesetz! Und dieses Gesetz wird genauestens befolgt!“ antwortete er hart und Lastre’lar entschied, dass es besser wäre, das Thema zu wechseln.

„Ich gehe davon aus, dass du uns nicht deswegen gerufen hast.“

„Nein, Ma’Gus und der Geheimdienst gehen davon aus, dass sobald unser Angriff beginnt und die Piraten geschlagen sind, diejenigen Piraten, welche hier auf Soulebda sind, versuchen werden das Weite zu suchen. Sie werden vermuten, dass wir Gefangene haben und dass wir diese zum Sprechen bringen. Also werden sie Fersengeld geben. Die Regentin wünscht, dass kein Pirat auf Soulebda seiner Strafe entgeht.“

„Wir sollen also aufpassen, wer abhaut.“

„So ist es. Und dafür sorgen, dass sie auf Soulebda bleiben, um sie vor Gericht zu bringen.“

Kama’lar der ein grobes Verzeichnis der Schiffe, welche zurzeit in Soulebda lagen, im Kopf hatte, brummte, „Das wird aber nicht einfach. Ich gehe davon aus, dass wir die Piraten nicht vorwarnen sollen, also muss die Hafenbehörde wie gewohnt weiterarbeiten und alle Anträge auf Ein und Auslaufen weiter genehmigen.“

 

„Da hat unser Hafenmeister Recht. Sobald wir die Häfen sperren, wissen die Piraten was die Stunde geschlagen hat.“ Pflichtete Her’jare seinem Schwager bei.

„Ich sehe schon, ich habe die richtigen Leute auf diesen Job angesetzt. Ja, das befürchtet auch Ma’Gus.“

„Die Piraten, die bis jetzt unentdeckt geblieben sind, sind nicht blöd“, stellte Her‘jare fest, „sonst hätten wir sie längst erwischt. Sie werden nicht unbedingt mit großen Schiffen abhauen. Wir müssen besonders kleine Boote im Auge behalten. Fischerboote, Yachten und so weiter. Das wird eine Herkulesaufgabe. Kann die Marine die Küstenwache dabei unterstützen?“

„Von unseren großen Einheiten wird die Noven’prim vor dem Hafen Nih’tan Warteposition beziehen. Alle anderen Einheiten werden vor Makira im Einsatz sein, aber unsere Luftwaffe wird eine Zweierstaffel bereitstellen. Lastre’lar, ich erwarte, dass du die Einsätze hier auf Soulebda koordinierst.“

„Ich? Ich bin nur ein Inspektor…“

 

„Falsch!“ unterbrach ihn Soleab. „Bis zum Ende dieses Einsatzes bist du Superintendant der Polizei.“

„Superintendant der Polizei? Diesen Posten gibt es überhaupt nicht.“ Soleab grinste, als er antwortete. „Ab jetzt schon. Alle Polizeieinheiten und angeschlossene Behörden unterstehen ab sofort dir.“ Damit gab er Lastre’lar einen Umschlag auf dessen sein Name stand. „Vom Parlament beschlossen und von der Regentin selbst ausgefüllt. Herzlichen Glückwunsch.“

Lastre’lar stand da, wie vor den Kopf geschlagen. „Ich weiß gar nicht, ob ich das will.“

„Das wusste Heylah. Wenn du dir das durchliest, wirst du sehen, dass du nach dem Einsatz freie Wahl hast, welchen Posten du übernimmst. Aber jetzt brauchen wir dich!“

Lastre’lar atmete tief durch, während Martin ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn auffordernd zunickte. „Ich werde mein Bestes geben und weder die Regentin noch dich enttäuschen.“

Noch immer leicht benommen wurde Lastre’lar und sein Team hinausbegleitet und zurückgebracht.

 

**

 

Die Zeit drängte! Alle möglichen Fluchtrouten der Piraten mussten blockiert werden. Dazu gehörte nicht nur der Hafen von Nih’tan, sondern auch der Binnenhafen von Soulebda Stadt und PoTaus Harbour, der Yachthafen PoTaus an der Küste. Außerdem gab es noch zwei kleine Fischerdörfer an der Nordküste, doch diese waren auf dem Landweg schwer zu erreichen, dennoch stand eine Armeeeinheit aus Uhr’Luu bereit, alle Straßen in deren Umgebung zu sperren.

 

Im Hauptquartier der Polizei Soulebda Stadt wurden dann die Einsätze Koordiniert.

„Kama’lar, als Hafenmeister ist der Hafen von Nih’tan dein Spielplatz. Ich nehme an, du weißt was du zu tun hast, um den Hafen zu sperren.“

 

„Klar, schließlich leitet mein Büro sämtliche Bewegungen im Hafen.“ Nickte der.

„Kapitän“, wandte sich Lastre’lar an Her‘jare. „Du übernimmst den Yachthafen von PoTaus. Als Kapitän der Küstenwache kennst du sicher die meisten Fischer und Bootskapitäne dort.“

„Einen großen Teil schon, wenn da was nicht stimmt, werde ich es merken.“

 

„Gut. Nun zu dir Partnerin, du übernimmst den Binnenhafen von Soulebda Stadt.“

„In Ordnung.“ Bestätigte Shea und sah wie sich Lastre’lar damit quälte sein Team in den Einsatz zu schicken, während er hier saß und alle Einsätze koordinierte, statt mit ihm zu gehen. „He, Partner“, sagte sie zu ihm, „wir werden das Ding schon schaukeln. Und nein, keiner von uns glaubt, dass du hier ruhig herumsitzt und Däumchen drehst.“

 

„Danke. Ihr seid das beste Team, dass sich ein Superintendant wünschen kann.“

„Das werden die Piraten auch erfahren!“

 

**

 

Das Geschenk

In Soulebda Stadt erhellten viele Scheinwerfer an der Decke die große Halle 2 der Werft. Hier wurden die staatlichen Schiffe gebaut und gewartet. Doch diesmal erhellten die starken Lampen eine gewaltige Yacht von 120 Meter. An der Kaimauer stand ein gutes Dutzend Menschen und betrachteten diese stattliche Yacht. Ein ebenso stattlicher Mann in weißem Gewand präsentierte diese Yacht der Regentin von Soulebda.

 

„Ehrenwerte Regentin, diese kleine Yacht hat mir zehn Jahre als Urlaubsdomizil gedient. Der Sultan, mein Vater, hat mich angewiesen ihnen die Yacht zu übergeben, da ihr sie etwas umbauen wollt. Gerne überbringe ich ihnen diese Yacht und freue mich, wenn ihr damit etwas Gutes tut. Wie von euch gewünscht, wurden einige Extras bereits in unserer Marineabteilung eingebaut.

 

Die Raketenwerfer sind achtern verbaut, das große Bordgeschütz ist bugseitig hinter dem Vordersteven untergebracht. Alle sind versenkbar und gut geschützt. Wie gewünscht haben unsere Spezialisten die Elektronik so verbaut, wie von euch gewünscht. Besonders stolz bin ich auf das Versteck der Zwillingsflak. Es ist unseren Spezialisten gelungen, aber was sage ich, darf ich das alles ihnen gerne vorführen?“

 

„Prinz Agadir, euer ehrenwerter Vater hat euch gelobt für euren Sachverstand, ich freue mich auf die Vorführung. Bitte sehr.“ Man sah förmlich, wie der edle Prinz wieder zum kleinen Jungen wurde, allerdings mit dem Sachverstand eines Ingenieurs.

 

„Über die Fernbedienung oder die fest installierten Schalter können sie die Aktionen starten, die Symbole vorne sind für den Bugbereich, Mitte für die Mittelsektion und die beiden Hecksymbole gelten analog für hinten rechts und links. Bitte beachten sie die Geschwindigkeit und die Lautstärke der Verwandlung.“

 

Nach und nach aktivierte der Prinz die einzelnen Symbole. Zuerst fuhren am Heck die beiden Raketenwerfer für jeweils vier Raketen aus und genau so leise und schnell wie sie ausgefahren wurden, verschwanden sie wieder.

 

„Sehen Sie hier, die Werfer sind schnell nachladbar durch die Containerbauweise. Außerdem kann man die Raketen problemlos lagern. Kommen wir nun zu der Bugkanone, das war eines der größten Probleme. Im normalen Fahrbetrieb wird die Kanone nach achtern gerichtet und abgesenkt. Damit kann sie gewartet werden, aber sie ist vor allem nicht sichtbar.“

 

Auf Knopfdruck fuhr die Bugkanone hoch und die seitlichen Abdeckungen verschwanden in der Bugsektion.

 

„Das hier ist eine vollautomatische 35 mm Maschinenkanone. Wir hatten die früher in einigen unserer Kampfflugzeuge eingebaut. Die Kanone war dabei so genau, dass wir sie auch für andere Zwecke genutzt haben. Die Steuerung erfolgt aus dem Schiff. Da kann man auch die verschiedenen Munitionsarten wählen. Wir haben gute Erfahrungen mit der Explosiv und der ABM Munition gemacht.“

 

„ABM Munition? Ist das diese in der Luft explodierende Munition?“ „Ja, genau das ist sie, die wird passend zum Ziel automatisch beim Abfeuern programmiert.“ Erneut gingen die Besucher etwas weiter und blieben mittschiffs stehen.

 

„Und nun die Überraschung!“ Erklärte der Prinz, drückte einen weiteren Knopf und aus der oberen Kabine glitten die Seitenwände nach unten. Eine Kanone kam zum Vorschein, ummantelt und mit einer großen Kassette versehen.

„Diese moderne 27 mm Maschinenkanone hier stammt aus Europa, aus der Schweiz von Moerlikon-Stierle und ist mit einer sehr guten Optronik ausgestattet. Vermutlich dürfte das Geschütz hier das Beste sein, das sie je gesehen haben, es ist wirklich einzigartig.“

 

Mit einem Knopfdruck verschwand die Sonderausstattung wieder in den Verstecken und der Prinz lächelte die Regentin wieder mit seinem gewinnenden Blick an. „Wunschgemäß haben wir den Antrieb modernisiert. Mein Vater, der Sultan, bestand aber auf dem Umbau von Dreiblatt auf Fünfblatt Verstell Propeller. Diesem Wunsch sind wir gefolgt, hiermit übergebe ich ihnen anstelle einer Ausflugsyacht einen ausgewachsenen Kreuzer und wünsche ihnen allzeit eine Handvoll Wasser unter dem Bug und den Segen Allahs.“ Damit verbeugten sich der Prinz und die gesamte angereiste Mannschaft, vor der Regentin von Soulebda.

 

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Weitere zwei Wochen später war die Yacht vollendet und wurde erneut zu Wasser gelassen. Äußerlich eine bequeme Luxusyacht, war sie innerlich zur modernen kampfstarken Yacht ausgebaut worden. Das Beste allerdings war, dass diese Umbauten nicht auffielen. Nun kreuzte die Yacht vor Soulebda und teste die einzelnen Systeme. Nordöstlich von Caro’s Island lagen einige kleine, unbewohnte Inseln auf die Zielscheiben gebracht wurden. Diese wurden von der Yacht in voller Fahrt beschossen. Anschließend werteten die Spezialisten die Treffer aus und optimierten die Einstellungen an Bord der Yacht. Am Ende der Woche erfolgte die abschließende Prüfung.

 

Zwei ferngesteuerte Speed Boote griffen die Yacht an, eine fuhr vorbei, die andere sollte direkt angreifen. Die Kanonen hatten Vollmantelmunition ohne Sprengstoff geladen, so wollte man die Treffer besser auswerten können.

 

Das frontal angreifende Boot wurde mit einigen Volltreffen glatt versenkt und das seitlich versetzt fahrende erhielt zahlreiche Treffer, die das Boot sinken ließen.

 

Die Auswertung ergab eine sehr gute Trefferwahrscheinlichkeit. Als am Folgetag das Ganze mit richtiger Explosivmunition wiederholt wurde, wurden die beiden Angreifer mit der ersten Salve bereits auseinandergerissen. Damit waren die Tests abgeschlossen und die „Ausflugsyacht“ als einsatzreif erklärt.

 

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Inselgruppe der Nordmolukken, einen Monat früher

Zwischen den Nordmolukken und Sulawesi Utara befindet sich nördlich der beiden großen Inselgruppen eine kleinere Inselgruppe, bestehend aus über 30 Inseln.

Diese reichen bis in die Celébessee und waren strategisch günstig gelegen, wenn man die Schifffahrtsrouten im Blick hatte.

 

Auf einem der höheren Aussichtspunkte standen Leon Baldwerde, der oberste Planer von Dr. Magnus Berberich, Lin Pin Tao, ein technisches Genie und die chinesische Truppe, bestehend aus Jan Li, Thin Pan sowie Pan Thai.

 

„Der Platz ist ideal, wie schnell habt ihr die Radaranlage und das Richtfunknetz hier einsatzklar. Ihr hatten jetzt acht Monate Zeit alles aufzubauen und ihr habt unserem Auftraggeber zugesagt, dass alles binnen drei Quartalen steht?“

„Der Monat hat erst angefangen Leon, glaube mir, bis Ende des Monats haben wir hier alles einsatzklar.“

 

„Ich verlasse mich auf euch, wir haben einen engen Zeitplan. In genau einem Monat sehen wir uns wieder!“

 

Einen Monat später am gleichen Platz

 

„Gut, die Reichweite der Radaranlage ist doch besser als geschätzt. Damit überstreichen wir den ganzen Bereich und haben die Kontrolle. Das habt ihr gut gemacht und der Stecher wird sich freuen.

„Habt ihr mitbekommen, die Angriffe unserer Teams auf die drei Figuren auf Soulebda waren trotz ihrem Untergang letztendlich wohl doch erfolgreich?“

 

„Quatsch, die beiden Teams sind nicht zurückgekehrt. Unsere Spionin auf der Insel berichtete, dass die beiden Teams ausgeschaltet wurden, wieso sprichst du von einem Erfolg? Das war nun wirklich kein Erfolg, oder?“

„Nein, so gesehen natürlich nicht, dennoch hat das Engagement unserer chinesischen Mädchen ausgereicht, dass die Regentin auf Soulebda die Sicherheitslage neu bewerten ließ.“

 

„Ja und was ist das Ergebnis?“

„Angeblich wurde die Insel nicht mehr als sicher angesehen und deswegen sollen die drei Figuren auf eine Fregatte der niederländischen Marine überführt werden.“

„Willst du mir etwas erzählen, wir sollen eine vollbesetzte Fregatte der Marine angreifen, ich glaube, ich lasse den Stecher von deiner Krankheit wissen, dann löst er das Problem bestimmt gerne für dich.“

 

„Spar dir deine Sticheleien. Die Fregatte ist noch vier Tage entfernt und der Transfer soll in drei Tagen erfolgen.“

 

„In vier Tagen? Was ist mit dem fehlenden Tag?“

 

„Genau das ist der Punkt. Weil diese französische Schlampe Angst vor dem Fliegen hat, nehmen die ein Schiff. In genau drei Tagen brechen die mit einer Motoryacht eines befreundeten Sultans auf und bringen die drei auf die Fregatte und genau das ist der Moment, das ist unsere Chance.“

„Oh dann könnten wir die drei auf See gefangen nehmen und der Stecher hätte endlich wieder gute Laune.“

„Genau, mit dem Stecher ist im Moment überhaupt nicht gut Kirschen essen.“

 

„Gut, ich informiere den Stecher, das könnte ihm gefallen, ich weiß, dass er mit den Dreien etwas ganz Besonderes vorhat. Besorg mir alle Informationen, du weißt, dass der Stecher immer alles wissen will zum planen.“

„Er wird alles bekommen und wir werden die drei kriegen, das schwöre ich dir!“

„Gut, so gefällt mir deine Einstellung und nun zurück zu dem Zeitplan, also was ist noch zu tun?“

 

 

 

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Das schwimmende Hauptquartier

17.12.2015, Huanghai Werft in China

 

In der bekannten Huanghai Werft in China herrschte Aufregung. Hier wurden mächtige Fracht und Personenschiffe gebaut und eine erfolgreiche Schiff-Serie, die Aranui Serie lief nur hier vom Stapel. Vor wenigen Wochen war die neuste Königin der See, die Aranui 5 ausgelaufen. Es handelte sich hierbei um topmoderne Kombinationsschiffe, ausgelegt als Post, Transport und Luxus Personenschiffe.

 

In der Südsee liefen inzwischen mehrere Schiffe der Aranui Klasse und alle waren sie ein Erfolg. Das nächste Schiff war für eine längere Fahrt ausgelegt und es sollte anstelle der 15 Knoten fast 19 Knoten fahren. So kam es, dass die Modellreihe vergrößert wurde.

 

Die im Bau befindliche und fast fertiggestellte „Akrano“ war anstelle 126 Meter fast 185 Meter lang. Die Fertigstellung des neuen Schiffes stand an. Doch nun musste die Huanghai Werft eine Abschreibung hinnehmen. Der Auftraggeber in der Südsee war infolge eines Tsunami zahlungsunfähig geworden, nachdem die Wassermassen die Firmenzentrale überflutet und fast alles Wertvolle zerstört hatten.

 

Die eben erst fertiggestellte „Akrano“ aber war bereit zur Auslieferung.

 

Glücklicherweise sprang ein chinesischer Industrieller ein, der nicht genannt werden wollte und übernahm das Schiff gegen eine Schuldverschreibung in nicht näher genannter Höhe.

 

So konnte die „Akrano“ doch noch zu Wasser gelassen werden und sie sollte bei der Jungfernfahrt im Chinesischen Meer dem neuen Eigner übergeben werden. Doch in einem schweren Sturm verlor sich die Spur der „Akrano“ und weder das Schiff, noch die Übergabemannschaft tauchten wieder auf.

 

Da das Schiff bezahlt war, gab es keine rechte Aufregung. Neue Schiffe standen an um gebaut zu werden und die Huanghai Werft hatte genug zu tun, um gute Aufträge an Land zu ziehen.

 

Bei Lloyds in London wurde indes die „Akrano“ als Totalverlust angegeben und wieder einmal wurde die Glocke geschlagen, die solch einen Totalverlust verkündete.

 

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Die „Akrano“ war allerdings nicht verloren, sie war kurz vor dem heftigen Sturm von Piraten übernommen worden. Die gesamte Mannschaft wurde auf das hintere Welldeck beordert und an Händen und Füßen gefesselt. Ein jeder der Gefesselten bekam eine Augenbinde und wurde an den Vorder- und Hintermann gefesselt.

 

Was die Gefesselten nicht mitbekamen war, dass der erste Mann an ein Stück Ankerkette gebunden wurde. Auf Befehl des obersten Piraten ging dann dieses schwere Ankerkettenstück über Bord und riss alle Gefesselten mit sich. So verschwanden 87 Mann spurlos in den Tiefen des Pazifiks.

 

Die elektronischen Melder der „Akrano“ wurden umprogrammiert. Das Schiff hieß nun „Puh Long Thai II“ und fuhr unter einer gefälschten Zulassung aus Indonesien. Einige Aufbauten wurden verändert und verwandelten das Luxus Postschiff in ein unscheinbares Schiff, wie es zu Hunderten auf den Meeren fuhr.

 

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Was dann folgte, war eine Umbauphase in einer kleinen Werft auf einer der unzähligen indonesischen Inseln. Binnen eines Jahres wurde das Schiff im inneren umgebaut und technisch hochgerüstet. Aus dem schnellen Postschiff wurde das schwimmende Hauptquartier der Piraten.

 

Ein Jahr später, im Februar begann die ehemalige „Puh Long Thai II“ unter dem neuen Namen „Wudong“ ihre Reise auf dem Rundkurs Sulawesi, Molukken, Neuguinea, Salomonen, Vanuatu, Fidschi, Soulebda, Manus, Palau. Diesen Kurs legte das Schiff zweimal im Jahr zurück, unterbrochen von kleinen Werft Aufenthalten.

 

Nach den Werftaufenthalten tauchte die „Wudong“ wieder auf, jedes Mal mit leicht veränderten Aufbauten. Einmal war die „Wudong“ fast einem Kreuzer der Küstenwachwache ins Netz gegangen, aber ein Tag später war aus dem Frachter ein Forschungsschiff geworden mit völlig anderen Aufbauten aus Segeltuch und Holzplatten.

 

Die „Wudong“ blieb ein Geisterschiff, das unter den Augen von vielen seine Runden drehte und keinem auffiel, weil es sich so unauffällig verhielt. An Bord allerdings ging es keineswegs so gesittet zu. Das Schiff hatte zwei große Laderäume vorne in der Bugsektion und eine im Heckbereich. Manchmal befanden sich darin nur Fracht und Treibstoff, aber in letzter Zeit wurden immer öfter auch Gefangene transportiert, die dann auf den Gefängnisinseln der Piraten ausgetauscht wurden.

 

Die Gefangenen, insbesondere die weiblichen von ihnen, berichteten von den schlimmsten Zuständen an Bord der „Wudong“. Fast ausnahmslos wurden die Frauen vergewaltigt und geschlagen. Die Mortalitätsrate unter den Gefangenen Mädchen war sehr hoch. Doch jede Person, die zu krank war um Leistungen zu bringen ging über Bord mit einem Stein an den Füßen.

 

Wer allerdings dachte, dass das vor allem knallharte Seebären waren, die so brutal gegen die Mädchen vorgingen, der wurde eines Besseren belehrt. Die fahrende Mannschaft bestand aus bis zu 70 Männern und die Gefangenenmannschaft bestand nochmals aus gut 30 Personen, darunter 20 Frauen. Die Gefangenenmannschaft brachen die Seelen der Mädchen und machten sie gefügig.

 

Dabei gingen die Aufseherinnen so brutal gegen die Mädchen vor, dass sich kaum einer aus der Mannschaft mit diesen Aufseherinnen einließen. Lediglich einige wenige Seeleute mit besonderen Vorlieben zur brutalen, harten Gewalt hatten ihren Spaß mit den Aufseherinnen.

 

Die schlimmste unter den Anführerinnen war Angela und sie hatte nun gar nichts engelsgleiches. Angela war meistens in eine schwarze Uniform mit Schirmmütze gekleidet oder sie trug schwarzes Leder. Sie hatte aber immer eine Reitgerte bei sich und schlug um sich, wenn ihr etwas nicht passte.

 

Angela war mit dem Maschinisten Bruno liiert, einem brutalen, gefühlsarmen Kraftmenschen, den alle an Bord nur „Bruno den Gepeitschten“ nannten. Zusammen mit der sadistischen Angela war Bruno eine unfassbar böse Ergänzung.

 

Angela hatte wieder eines der Mädchen gefügig gemacht und wusste genau, sobald die Wunden bei der kleinen Rothaarigen verheilt waren, würde dieses Mädchen einen super Preis bei den Sklavinnen Auktionen abgeben. Jetzt war sie auf dem Rückweg in ihre Kabine. Leises Geweine kam aus ihrer Kabinentür. Angela zog die linke Lippe etwas nach oben. Hier wurde gerade ein Mädchen gefoltert, konnte der Abend noch besser werden?

 

„Was machst du mit der Kleinen?“ Rief sie ihrem Bruno zu, der gerade dabei war, die bäuchlings auf dem Bett liegende junge Frau zu versorgen.

 

„Die verweigert sich mir anal, der werde ich beibringen, was das bedeutet!“ Keuchte Bruno auf und tat der jungen Frau Gewalt an, dass sie vor Schmerzen aufschrie.

 

„Mach die Kleine nicht kaputt, die bringt gutes Geld, unsere Kunden stehen auf Schulmädchen!“

 

„Erst wenn die mich ranlässt, lasse ich sie los!“ Brüllte Bruno und machte sich erneut über das arme Mädchen her.

 

Angela war das Zuviel, sie erkannte die Gefahr des Gewinnausfalls, wenn die Kleine bei der Vergewaltigung starb und Angela warf ihre Reitgerte weg, griff sich eine Peitsche und schlug mit voller Kraft auf den nackten Rücken von Bruno ein.

 

„Au ja, das ist gut!“ Rief Bruno zurück und während Angela ihn auspeitschte, öffnete Angela ihre Uniform und riss sich ihre Hose vom Leib.

 

„Dreh dich um!“ Rief sie Bruno zu und löste die Fesseln des Mädchens, während sie die Peitsche wieder gegen ihre Reitgerte austauschte. „Hinaus mit dir und morgen will ich sehen, ob du etwas gelernt hast, und jetzt verschwinde!“ Damit rannte das nackte, weinende Mädchen aus der Tür, direkt in die Arme der beiden Wachen.

 

Bruno lag nun auf dem Rücken und Angela ritt auf ihm wie ein Jockey sein Pferd reitet und peitschte dabei Bruno mit der Reitgerte aus. Bei jedem Schlag brüllte Bruno lustvoll auf.

 

Die beiden Wachen vor der Tür hatte das Mädchen gerade wieder bekleidet und gefesselt. „Das ist heute schon der dritte Ritt für die Alte, Bruno muss doch irgendwann die Kraft ausgehen.“

 

„Vergiss das, Bruno kommt nur mit harten Schlägen auf Drehzahl und die beiden sind wie füreinander geschaffen.“

 

Unter den lauten Peitschenschlägen von Angela und dem lustvollem Geschrei Bruno’s schafften die Wachen das arme Mädchen weg. Immerhin war die Kleine mit dem Leben davongekommen, einige andere Mädchen hatten da weitaus weniger Glück gehabt.

 

 

 

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Zwei Wochen vorher in Manila

Bei den Vorbereitungen zur Miss Ozeanien 2017 gab es einen Eklat. Das Fährschiff mit den Teilnehmerinnen zur Miss Wahl war in der riesigen Manilabucht verschwunden. An Bord waren die 120 Mädchen, die sich zu den Ausscheidungswahlen qualifizieren konnten. Trotz umfangreicher Suche blieb die Fähre verschwunden. Bei all den Schiffen in dem Bereich dauerte es Tage, bis klar wurde, dass die Fähre nie die Bucht erreicht hatte, es gab aber auch keine Informationen, wo das Fährschiff abgeblieben war.

 

Aus organisatorischen Gründen wurde die Veranstaltung auf unbestimmt Zeit vertagt. Nach einer Woche wurde die Suche aufgegeben, als Begründung wurde vermerkt, dass das Fährschiff „verschwunden“ war.

 

Lubang, 80 Meilen südwestlich von Manila

 

In einer Nacht- und Nebelaktion wurden 150 Personen aus einem heruntergekommenen Schiff in drei Busse gesteckt, die direkt zum Flughafen von Lubang fuhren und dort von bewaffneten Männern empfangen wurden.

Von den 150 Personen, die in die Busse gesteckt wurden erreichten noch 147 den bereitstehenden Flieger. In jedem der drei Busse blieb eine erschossene Person zurück. So endete für viele das Abenteuer zur Miss Ozeanien. Der Flieger startete und verschwand im dichten Nebel.

 

Die Behörden auf Lubang fanden später drei ausgebrannte Busse mit den verkohlten Leichen. Da es keine Zusammenhänge mit dem verschwundenen Flugzeug gab, wurde der Fall als „ungeklärt“ abgelegt.

 

„Herhören, ich sage das nur einmal. Ihr tragt jetzt alle einen Fernzünder im Bauch, den wir jederzeit auslösen können, dann zerreißt es euch die Magen und Darmwände und ihr habt noch zehn Minuten und unglaublichen Schmerzen zu leben, bis es endlich vorbei ist.“

 

Eines der Mädchen, offenbar eine der Organisatorinnen hob ihre Hand.

„Darf ich reden? Was wollen sie von uns?“

 

„Nun, ihr wolltet alle zur Miss Ozeanien Wahl, da kommt ihr auch hin, aber nicht nach Manila, sondern an einen anderen Platz, dort werdet ihr trainiert und könnt eure Leistungen beweisen. Die besten werden an die besten Plätze der Welt verbracht und damit meine ich wirklich die besten Plätze der Welt, also zu Milliardären und Scheichs, Prinzen und allerlei betuchten Männern.

Das gilt aber nur für die besten. Die Versager unter euch oder jene, die sich weigern, haben nur noch eine kurze Lebensspanne zu erwarten. Wir ihr sicherlich in den Bussen bemerkt habt, meinen wir das so, wie wir das sagen.

Jetzt setzt euch hin der Flug dauert noch anderthalb Stunden und ich will keine Fragen mehr hören, ab sofort herrscht Ruhe!“

 

So verschwand ein Airbus A310 in den Wolken und die Mädchen an Bord wagten es nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Die Fensterklappen waren heruntergelassen und alle Lichter im inneren des Fliegers waren eingeschaltet. Nach einer unbestimmten Zeit kam der Spruch über die Lautsprecher Anlage. „Fertigmachen zum Landen!“

 

Das einzige, was die Mädchen erkannten war, dass die Landebahn nicht die beste war, es rumpelte ganz schön heftig und die Maschine musste stark bremsen. Sonderlich lang war die Piste wohl auch nicht.

 

Mitten in der Nacht und bei strömendem Regen mussten sie sich bereitmachen zum Aussteigen.

 

„Herhören wir teilen euch auf einzelne Busse auf, jeweils 15 auf einen Bus. So steigt ihr aus, Bus weise und werdet unten empfangen. Kein Wort, keine Frage und macht was wir wollen, oder ihr habt Bauchweh, denkt immer daran.“

 

Dann ging es auch schon los. Jeweils fünf Sitzreihen zu drei Plätzen wurden die Mädchen mit Zahlen aufgerufen. Nach 15 war eine kurze Pause und schon ging es von vorne los. Vor dem Flieger standen im Regen eine ganze Reihe kleiner Busse und je 15 Mädchen stiegen ein. Sobald ein Bus voll war, schloss man die Tür und fuhr los. So gab es keine Hektik. Mit dem letzten Bus bekamen die Piloten einen Wink und sie schlossen den Flieger wieder. In einer Stunde würden sie wieder starten, bis dahin war das Tanken fertig und die nötigen Kontrollen erledigt.

 

Im letzten Bus fuhren Mai Lin zusammen mit Sani, Ekaterina und Vanna in der hintersten Reihe und sie schauten sich unsicher um.

 

„Wa.. wa.. was machen die mit uns?“, fragte Mai Lin die wunderschön aussehende Ekaterina.

„Ich glaube…“ Sprach sie in leicht russisch angehauchtem Englisch zu den anderen Mädchen, „ich glaube, die haben uns entführt.“

„Entführt, etwa uns alle, was wollen die mit uns allen?“ Die junge Vanna sah sich unsicher um und blickte dabei in das verweinte Gesicht der bildhübschen Sani, die erneut in Tränen ausbrach.

„Was glaubst du denn, was die mit uns machen, die werden sich an uns vergehen und uns schänden, sie werden sich über uns hermachen und uns alle durchschwängern, oh nein, ich war so stolz auf meine Jungfräulichkeit.“

Einige der weiter vor ihnen sitzenden Mädchen werden sichtlich unruhiger und fingen an laut zu weinen, bis schließlich einer der Begleiter aufstand und sie anschrie.

„Verdammt noch eins, haltet eure Klappe, ihr schnattert wie Gänse, ihr werdet keineswegs alle durchgeschwängert, da braucht ihr keine Angst zu haben, ihr jammernden, schnatternden Gänse und eine gefüllte Gans will keiner kaufen!“

 

So richtig hatte der Begleiter aber nicht den Ton getroffen, die Mädchen im Bus schluckten, weinten und versuchten aus den Fenstern zu sehen, die Stimmung war am Boden.

 

„Klappe halten, die Fahrt dauert noch eine Weile, ich will kein Geschnatter mehr hören.“

 

**

Vom Flughafen der Insel Penama fuhr der Konvoi der 10 Busse durch den nächtlichen Dschungel. Rechts und links sahen die Mädchen nicht, mit dem sie etwas anfangen konnte, alles was sie sahen, war dunkler, verregneter Dschungel.

 

Dass der Konvoy mehrere Umwege fuhr, konnte die Mädchen nicht sehen, wie auch, es war ja dunkel und es regnete. So kam ihnen die Fahrt wie eine halbe Ewigkeit vor.

 

Nach einer halben Ewigkeit hielten fuhren die Busse auf etwas erleuchteten zu. Tore öffneten sich und die Busse fuhren hindurch, hinter ihnen schlossen sich die schweren Tore wieder. Die Männer, die ihnen entgegenblickten, sahen alle düster und brutal aus. Mit keinem von denen würde sich eines der Mädchen einlassen, sofern sie gefragt würden.

Um sie herum standen Hütten, mehrere Hallen, dazu drei große Hallen und jede Menge moderner Zelte. An allen Ecken sahen die Mädchen Wachtürme und starke Lichtkegel, die alles absuchten.

 

Eine starke Megaphon Stimme donnerte ihnen entgegen. „Alles aussteigen und vor dem Bus in drei Reihen zu fünf Mädchen antreten!“ Die laute Stimme war auf Englisch und dann auf Indonesisch.

 

Bei dem ersten Bus wurde ihnen noch geholfen, die drei Reihen zu bilden, beim zweiten Bus gab es bereits die Peitsche und ab dann wussten alle, was eine Dreierreihe war.

 

„Herhören, das wird nur einmal gesagt, wer versteht mich von den Neuankömmlingen, der soll die linke Hand heben!“

 

Ein Raunen ging durch die Menge der 150 Mädchen, schnell hoben mehr und immer mehr die linke Hand. Einige ließen die Hand unten und andere hoben die rechte Hand.

Die Mädchen, die die rechte Hand gehoben hatten und jene, die die Hand gar nicht gehoben hatten wurden in eine Gruppe gesteckt und weggebracht.

 

Die Verbliebenen, mehr als drei Viertel der Mädchen, wurden erneut befragt. Diesmal waren Aufseher bei den Mädchen und hatten ein Auge auf die Mädchen.

 

„Woher kommst du?“ Lautete die Frage und die Mädchen antworteten mit der Stadt oder einem Ort, aus dem sie kamen, aber zwei sehr junge, Mädchen verstanden nicht und wurden aus der Gruppe gezogen.

Ein Mann trat vor, der in Begleitung eines noch breiteren, gefährlicheren Mannes war und packte das erste Mädchen am Oberarm. „Wo kommst du her, was ist deine Heimatstadt?“

Weinend kam keine Antwort. Der Mann zog das Mädchen zu sich und schubste sie zu dem kräftigen Mann hinter sich, schon war das zweite Mädchen dran und auch sie konnte nicht auf die englischen Fragen antworten. So kamen beide zu dem Mann mit dem finsteren Blick.

 

„Die können kein Englisch und kein Indonesisch, bringt sie in das Camp III, die sind vielleicht für was anderes zu gebrauchen.“

 

Nach und nach wurden die Gruppen separiert und schließlich hatten alle 150 Mädchen eine Zuordnung erfahren und befanden sich in einer der vielen kleinen Hallen wieder.

 

Vorne in den Hallen war eine Art Durchgang, wie am Flughafen, an denen die Passagiere untersucht wurden. Hier musste jedes Mädchen durch und die Arme anheben. Anschließend erhielt jedes Mädchen einen etwa 1 cm dicken Metallreif in einer bestimmten Farbe um den Hals gelegt, der mittels einer Elektrozange verschweißt wurde.

 

Endlich durften sie durch einen Gang in eine der großen Hallen und waren alle wieder zusammen.

 

Vorne auf einer Bühne trat eine hochgewachsene, schwarzgekleidete Frau mit Schirmmütze und einer Reitgerte vor und klopfte ein paarmal an ein Mikrofon.

 

„Englische hierher!“ Befahl sie. „Französische hierher!“ Ging es weiter „Indonesische hierher!“ Nach und nach ließ sie Gruppen bilden und alle Mädchen teilten sich auf diese Gruppen auf. Dort standen Lautsprecher, die die Stimme der Frau in der jeweiligen Landessprache ausgaben.

 

Die hinteren Türen gingen auf und gut 30 uniformierte in Kampfausrüstung und Schlagstock traten ein und verteilten sich an den Seiten, dann schloss sich die Türe gut hörbar wieder.

„Herhören, alle herhören!“ Das Gemurmel erstarb und 150 verängstigte Mädchen schauten auf die Bühne, wo die Frau im schwarzen enganliegenden Kostüm die Regeln zu erklären begann.

 

„Für euch hat sich das Leben ab sofort geändert, ihr seid jetzt meine Untertanen. Ihr werden mich jederzeit als eure Herrin ansprechen und wer das nicht tut, wird sofort bestraft.“

 

Von hinter der Bühne wurden zwei nackte Mädchen hervorgezerrt und mussten sich hinknien mit Blick zu den Neuen, so blickten diese beiden armen Mädchen in die Halle, in der die Neuankömmlinge standen. Die armen Mädchen hatten tränen unterlaufene Augen und unzählige Striemen auf dem ganzen Körper.

 

„Flucht wird einmal bestraft mit Auspeitschung. Diese eine hier hat versucht zu fliehen und wurde ausgepeitscht. Willst du jetzt tun, was ich dir als deine Herrin befehle?“

 

„Jaaa Herrin, ich werde alles tun, was ihr befehlt. Alles, nur bitte nicht mehr auspeitschen.“ Rief die linke und weinte dabei jämmerlich.

 

„Gut, bringt sie weg, säubert sie und führt sie ein. Sie bekommt ihre Chance. Jetzt zu dir.“

 

Alle Augen waren auf das zweite Mädchen gerichtet. Sie sah aus, als hätte sie deutlich mehr Leid erfahren.

 

„Dies Mädchen hier hat zum zweiten Mal versucht zu fliehen und ich dulde nur einen einzigen Fehler, egal ob Flucht oder etwas anderes, es gibt bei mir keine zweite Chance!“

 

Das Mädchen begann jämmerlich zu weinen und zu flehen, doch die „Herrin“ schlug mit der Reitgerte so lange zu, bis das Mädchen endlich schwieg.

 

„Stellt sie in die Mitte!“ Ordnete die „Herrin“ an und zwei kräftige Wächter hoben die weinende Frau auf und stellten sie in die Mitte der Bühne ganz nach vorne hin.

 

„Das Seil herablassen!“ Befahl die „Herrin“ und eine Henkerschlaufe wurden von oben sichtbar, langsam herabgelassen. Die junge Frau fing laut an zu schreien und wurde erst durch erneute, massive Peitschenschläge ruhiger. Als man ihr das Seil um den Hals legte und die Schlinge zuzog, da wurde sie auf einmal ruhig und schluchzte nur noch. Sie hatte offenbar mit ihrem Leben abgeschlossen.

 

„Aufhängen!“ Brüllte die „Herrin“ und das Seil wurde mit einem Ruck nach oben gezogen. Ein Raunen ging durch die große Halle. Das Mädchen hing mit schmerzverzerrtem Blick im Seil und begann ihren Todeskampf, ihr zappeln und zucken dauerte fast vier Minuten, erst dann wurde der Körper ruhiger. Einer der Wachen stoppte die Drehung des Mädchens. Mit einem roten, fast ins bläulich gehenden Gesicht starrte die Erhängte mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Menge. Langsam entspannte sich ihr Körper, es war vorbei.

 

„Damit dürfte das geklärt sein, ich bin hier die Herrin über Leben und Tod und ich gewähre keine zweite Chance. Bei einem Fehler ist die Strafe die Peitsche, beim zweiten Fehler der Tod. Ob er so schnell gewährt wird wie hier, ist ausschließlich meine Entscheidung. Aber damit eines klar ist, das hier war schnell und gnädig, aber ich kann euch auch Tausend grausamere Tode sterben lassen!“

 

Es war mucksmäuschenstill in der großen Halle. Lediglich das tröpfeln aus der Erhängten war zu hören.

„Schafft die weg und verbrennt sie, wascht die Bühne nachher sauber. Und ihr da unten, habt ihr alles verstanden? Ihr seid mein Eigentum, wenn ihr alles macht, was ich befehle, bekommen die Besten ein gutes Leben bei reichen Herren. Bis dahin müsst ihr aber noch viel lernen.“

 

Die „Herrin“ drehte sich um. „Abschnittsleiter vortreten und übernehmen!“

 

Damit trat die „Herrin“ von der Bühne ab und die Mädchen wurden wieder nach ihrer Halsringfarbe aufgeteilt.

 

Die Piraten hatten wieder neue Sklaven erhalten, die Plage ging weiter.

 

**

 

Parlamentsarbeiten

In Jakarta hatte sich im Parlament inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Miss Ozeanien 2017 Wahl nicht zufällig ausgefallen war, sondern, dass die ganzen Mädchen entführt wurden. Es war unter vorgehaltener Hand die Rede von Erpressungen in Milliardenhöhe, Sklavenhandel und mehr. So hatte man in einer geheimen Abstimmung eine Sondertruppe bevollmächtigt, mehr Informationen zu beschaffen. Das war vor drei Wochen.

 

Inzwischen trafen immer mehr Nachrichten von der ehemaligen Sondertruppe ein. Ausnahmslos alle aus der Sondertruppe waren in einem Hinterhalt umgekommen. Als die ersten abgeschlagenen Gliedmaßen in Postsendungen bei unterschiedlichen Abgeordneten auftauchten, wussten alle Beteiligten, dass sie dringend Hilfe brauchte.

 

Nach der offiziellen Besprechung im Parlament tagte noch der „kleine Rat“, das waren nur noch die engsten Vertrauten des Präsidenten.

 

„Herr Präsident, wir müssen darauf reagieren, wir können uns doch nicht erpressen lassen, wir müssen Truppen schicken!“ Polterte der Verteidigungsminister.

 

„Nun Herr Minister, wir haben die Spezialisten der Sondereinheit geschickt und die wurden brutal abgeschlachtet. Ich befürchte, mit Gewalt kommen wir nicht weiter.“

 

Der Wissenschaftsminister, ein Schulfreund des Präsidenten, lehnte sich zu ihm und sprach leise aber noch immer gut verständlich.

 

„Herr Präsident, hatten sie nicht vor einigen Jahren mit der Regentin von Soulebda ein ähnlich gelagertes Problem zu lösen und hat Soulebda uns da nicht beigestanden? Was haltet ihr davon, bei der Regentin vorstellig zu werden und sie um etwas, na sagen wir, Hilfe zu bitten. Wir waren immer sehr gut mit Soulebda und Heylah ist eine sehr kluge Regentin.“

 

Der Präsident sah in die Runde des kleinen Rates, von allen Seiten nickten ihm die Minister und Berater zu. „Das ist mit Abstand die beste Idee, die uns diesen Abend gekommen ist, danke. Meine Herren, ich danke ihnen allen. Guten Abend.“

 

Als sich der kleine Rats Raum geleert hatte, griff der Präsident zum Telefon und wählte die Vermittlung. „Verbinden sie mich mit der Regentin auf Soulebda über die gesicherte Leitung. Wenn sie das Gespräch haben, stellen sie es durch auf mein Privatzimmer.“

Dann legte er den Hörer auf und ging durch einen unscheinbaren Seitengang in die Privatgemächer. Dort schenkte er sich einen kühlen Tee ein und setzte sich auf die Veranda, um die kühle Luft zu genießen.

Eine Weile später klingelte das Telefon und der Regierungspalast auf Soulebda meldete sich. Man bat den Präsidenten, kurz zu warten, dann knackte es im Hörer.

 

„Wodo Jikodas. Wir haben lange nicht mehr miteinander gesprochen, mein liebster Freund, wie geht es Helena der werten Gattin?“

 

„Heylah, meine Teuerste, ich freue mich auch sehr dich wieder zu hören. Danke, Helena geht es gut, sie ist bei den Kindern, die kleine Arti ist erkrankt. Heylah, meine Teuerste, ich habe einen Schmerz.“

 

„Ich bin ganz Ohr, was gibt es für ein Problem?“ Und der Präsident berichtete Heylah von dem, was er wusste, von den Entführungen der 150 Mädchen und von all dem, was danach geschehen war.

 

„Wodo, ihr habt wirklich ein Problem und das ist größer wie du es dir vorzustellen vermagst. Unsere Region ist von Piraten heimgesucht worden. Wir haben bereits die ersten Maßnahmen eingeleitet und ich befürchte, dass sich auf euren wunderschönen Inseln diese Piraten ihre Reviere aufgebaut haben.“

 

„Das war mir neu, dass es schon so weit ist. Heylah, meine liebe Heylah, wenn wir uns im Kampf gegen diese Piraten zusammentun könnten, würden wir mit Sicherheit schlagkräftiger antworten können und diesen Schrecken beenden. Wenn es also etwas gibt, das ich tun kann um uns gemeinsam weiterzubringen, dann sag es mir bitte, ich unterzeichne die nötigen Erklärungen noch heute!“

 

**

 

Im Hafen von Nih’tan

Die Menschen, die sich gerade am, oder um den Anleger der Privatyachten herum aufhielten, drehten sich um, als eine offene Limousine mit lauter Musik am Peer stehen blieb.

 

„PARTY- PARTY -PARTY“ Erklangen die Rufe der anscheinend schon angetrunken Mädchen, die über den Peer zu einer Yacht stürmten. Jedenfalls zogen die sechs Frauen alle Aufmerksamkeit der im Hafen arbeiteten Männer auf sich und es gab kaum einen Mann, der ihnen nicht nachsah. Auch die drei Besatzungsmitglieder der Yacht zogen die Blicke auf sich, denn auch sie waren Frauen und trugen kurze Uniformen. Die drei halfen den angetrunkenen Frauen an Bord und kurze Zeit später legte die Partyyacht ab, um Kurs auf das offene Meer zu nehmen.

 

Kaum war die Yacht in der Hafenausfahrt, änderte sich das Verhalten der angetrunkenen Frauen schlagartig. „Denkst du, wir waren überzeugend?“ fragte Dana. „Auf jeden Fall.“ Antwortete Iduna ihr. Sie, Dana, Vera, Sarah, Fabienne und Finja hatten ihre knappen Bikinis angezogen und waren grölend durch Nih’tan, den ganzen Hafen, bis zum Peer gefahren. Auch die Besatzung, bestehend aus Hyla´hars und Lerf´tarste, die beiden Kriegerinnen, welche in New York John Gifferton verteidigten, hatten ihre Rolle gut gespielt.

Schließlich kam die Kapitänin von der Brücke herunter und sah sich um. Auch sie trug eine sehr knappe Uniform, die kaum etwas verbarg. „Ich warne euch!“ sagte Ma’Fretama und sah grimmig in die Runde. „Wenn eine von euch auch nur grinst, geht sie über Bord!“

 

**

 

An Bord der MS Moana

Der Containerriese lag noch immer im Hafen von Nih’tan und spielte weiter ihre Rolle in Kajats Plänen. Vor sechs Monaten hatte die Moana in Nih’tan angelegt. Angeblich hatte sie einen Maschinenschaden, dessen Reparatur extrem teuer war, so dass das Schiff mehrfach den Besitzer wechselte. Solange der Schaden nicht behoben war, blieb das Schiff im Hafen und solange die Hafengebühren bezahlt wurden, interessierten sich auch nicht die Hafenbehörden für die Moana.

 

Auf diese Weide hatte Kajat es geschafft einen ständigen Beobachtungsposten in Nih’tan zu haben, ohne Verdacht zu schöpfen.

Seine anderen Schiffe, die regelmäßig Nih’tan anliefen, tauschten Besatzungsmitglieder, Waffen und, am wichtigsten, Informationen aus.

 

Die „Seeleute“ der Moana hatten ihre Augen überall im Hafen und unterhielten unzählige Kontakte zu echten Seeleuten, oder Hafenarbeitern, die keine Ahnung hatte, dass alles was sie sagten, den Piraten nutzte.

 

Überall dem Ganzen stand die berüchtigte Margarete, die peinlich genau darauf achtete, ja nicht die Aufmerksamkeit der Behörden auf Soulebda zu wecken. Ihre Aufgabe war es, unsichtbar zu bleiben und Teams, wie das Killerteam, welche auf diese rothaarige Schlampe angesetzt war, mit Waffen und Ausrüstung zu versorgen. Nun klopfte es an die Tür ihrer Kabine und Hal Torson, ihr erster Offizier öffnete sie nach ihrer Aufforderung.

 

„Was ist?“

„Einer unserer Leute ist zurück und hat eine interessante Beobachtung gemacht, von der ich dachte, sie interessiert dich.“

„Hol ihn her!“

Torson trat zur Seite und schob eines ihrer Besatzungsmitglieder in die Kabine. „Du hast etwas beobachtet?“

 

„Ja, eine Yacht.“

„Was sollen wir mit einer Yacht?! Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, als ich euch eingewiesen habe! Ich brauche Informationen über wertvolle und gut wieder verkaufbare Ladungen! Was soll ich mit einer Yacht?“ Im Gegensatz zu der Karibik wo man ihre Organisation Yachten enterte, die Besatzung umbrachte um die Yacht zum Drogenschmuggel zu benutzen, waren Yachten in dieser Ecke der Welt für Kajat nicht interessant. „Es geht nicht um die Yacht“, sagte der Informant, „es geht darum, was auf der Yacht ist.“

 

Margarete warf Torson einen Blick zu und fragte dann „Was ist auf der Yacht?“

„Neun junge und gutaussehende Mädchen! Sechs Touristinnen und drei Besatzungsmitglieder! Eine schöner, als die andere!“

Sofort wurde Margarete hellhörig… und misstrauisch! „Neun junge Frauen?“

„Ja, ich habe es selbst gesehen. Sie machen einen Bootsausflug.“

 

„Ich habe es überprüft.“ Sagte Torson. „Ich habe einen Kontaktmann im Büro des Hafenmeisters angerufen. Die Yacht „Halife“ wurde von einer Gruppe Touristinnen gechartert und ist vor zwei Stunden zu einem zweitägigen Turn um den Nordteil Soulebdas aufgebrochen.“

„Verdammt!“ fluchte Margarete. „Wegen diesem Idioten Yuda müssen wir hier die Füße stillhalten, um nicht die Bullen zu wecken. Wenn er nicht schon tot wäre…“

 

„Wir sollen keine großen Schiffe aufbringen“, meinte Torson, „aber eine kleine Yacht? Da kann alles Mögliche passieren. Sie könnten auf ein Riff gelaufen sein, vielleicht hat die Yacht nachts einen verlorenen Container gerammt… jeden Tag verschwinden Yachten.“

 

„Und wenn es eine Falle ist?“

„Eine Falle mit Touristinnen?“

Margarete wandte sich an ihren Informanten. „Bist du sicher, dass es Touristinnen waren?“

 

„Ganz sicher! Es waren fünf Europäerinnen und eine, die wie eine Inderin aussieht.“

 

„OK das klingt besser, die schnappen wir. Was wissen wir über die „Halife?“

 

„Eine Motoryacht mit zwei Schrauben, zehn Meter Länge, drei Mann Besatzung. Besitzer ist ein gewisser Jero’let, ein Kaufmann aus Po ‘Tau, der die Yacht an Touristen vermietet.“

„Kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass die Besatzung nur aus Frauen besteht?“

„Nein. Ich habe nach diesem Jero’let gegoogelt, hier“, Torson holte sein Handy heraus und reichte es an Margarete weiter. Die nahm das Gerät und sah sich die Seiten an, die Torson aufgerufen hatte. Google zeigten den Kaufmann aus Po ‘Tau der sich anscheinend gerne mit jungen Frauen umgab. Einige der Bilder waren durchaus eindeutig, was die Vorlieben des Kaufmanns betraf. „Dieser alte geile Bock steht auf junges Gemüse, warum also nicht eine Crew aus jungen Frauen?“ meinte Torson.

„Welches unserer Schiffe ist in der Nähe?“

„Die Wudong. Sie kommt aus Singapur und sollte eigentlich Kurs auf Tetepare nehmen und dort die Ladung zu löschen, aber sie müsste ihren Kurs nur geringfügig ändern, dann könnten ihre Schnellboote die Yacht abfangen.“

„Nein… wir können auf Tetepare keine Gefangenen gebrauchen!“ sagte Margarete.

 

Tetepare war der Hauptumschlagplatz für gestohlene Waren im Pazifik. In dieser verlassenen Ecke der Salomonen war in den letzten Jahren einer der größten Umschlagplätze für illegale Waren entstanden, der nicht nur von Kajats Schiffen benutzt wurde. Gleich mehrere Organisationen nutzen den Hafen um ihre Waren „zu waschen“. Mit gestohlenen Elektroartikeln die in China, oder Südkorea produziert wurden, einen Hafen in China anzulaufen, war keine gute Idee. Hatte ein Schiff eine solche Ladung an Bord, fuhr es erst Tetepare an, lud diese Ware auf ein Schiff um, welches nach Europa oder Amerika fuhr um, und nahm dafür Ware an Bord, welche man in China unbedenklich verkaufen konnte.

 

Auf diese Weise sparte man sich lange und unrentable Fahrten. Natürlich mussten die zuständigen Behörden gut geschmiert werden und dass gleich mehrere Regierungen wegsahen, machte Tetepare zu einem der teuersten Hafen der Welt, doch da sich mehrere Piratenorganisationen die „Gebühren“ teilten, war es immer noch ein profitabler Umschlagplatz.

Doch es hatte sich gezeigt, dass gefangene Frauen, bei einem Stopp auf Tetepare, oft zu Streit unter den Besatzungsmitgliedern führten. Das Schiff lag in „Sicherheit“, Alkohol floss in Strömen und nicht wenige Drogen wurden konsumiert. Egal wie sehr die Kapitäne anstrengten die Disziplin aufrecht zu halten, Ärger gab es dennoch. Zum Beispiel hatte ein Pirat von Kajats Besatzung einen anderen Piraten umgebracht, um an die Blondine zu kommen, die dieser am Strand vergewaltigte, was zu bösem Blut unter den verschiedenen Besatzungen geführt hatte. Um dem Ganzen aus dem Weg zu gehen, hatten sich die Piraten untereinander geeinigt, keine Gefangenen mehr nach Tetepare zu bringen.

 

„Nein… wir machen folgendes. Die Wudong setzt zwei ihrer Boote aus und bringt die Yacht auf. Auf den Schnellbooten wird das Enterkommando genug Sprit mitnehmen, um mit der aufgebrachten Yacht nach Liuna zu fahren.“ Entschied Margarete.

 

„In Ordnung“, antwortete Torson, “ich werde mich darum kümmern.“ und verließ mit seinem Informanten Margaretes Kabine.

 

Als die Tür zu war, rief Margarete die Bilder des Kaufmanns erneut auf und sah sich alles noch einmal genau an. –Dieser geile Bock.- dachte sie. –Genau meine Kundschaft. Vielleicht können wir ihm eines der Mädchen verkaufen? –

 

**

 

Im Palast

„Ich habe dich, Schweinebacke!“ Ralf Hauer grinste bösartig und drehte sich dann um. „Randy! Ich habe ihn!“

Randy ließ alle fallen und rannte zu Hauer, der triumphierend auf den Bildschirm zeigte. Jemand hatte das Profil von Jero’let aufgerufen und sich die Bilder darauf angeschaut.

 

Dieses Profil, das Ma’Gus erstellt hatte, diente nur einem Zweck. Es sollte diejenigen sichtbar machen, welche sich für die Yacht Halife interessierten, denn die Yacht war der einzige Link, der zu dem Profil führte.

 

„Wer ist es?“

„Moment…Es ist ein Prepaidhandy, verdammt!“

„Kannst du sehen von wo es sich eingeloggt hat?“

„Kein Problem!“ und schon erschien eine Karte von Soulebda, dann wurde der Nih’tan schnell größer, dann der Hafen und letztlich die Peers. „Genauer geht es nicht.“

 

„HHMM“ ertönte es hinter ihnen. Ma’Gus, der immer wachsame Chef des Geheimdienstes, stand da und schaute auf den Monitor. „Da sind die Peers der Hochseeschiffe. Wie genau können sie den Standort bestimmen?“

„Moment… das Signal ist ziemlich schwach, 200 Meter. Falls er nochmal online geht, kann ich es genauer sagen.“

„200 Meter…Dann kommen acht Schiffe in Frage. Machen sie eine Meldung an GIPSY, die Polizei und die Hafenbehörde.“

„Geht klar, Chef.“ Brummte Hauer und Ma’Gus verließ das Büro wieder.

 

„Seit wann arbeitest du denn für ihn? Ich dachte, du magst ihn nicht besonders.“

„Tue ich auch nicht! Ich bin halt wie ich bin und ich sehe in einem Geheimdienstchef immer einen … Helfer staatlicher Unterdrückung.“

„Und warum arbeitest du dennoch für ihn?“

 

„Weil es um deine Freundin geht! Ich mag sie… irgendwie und weiß, dass Dana auch für mich mit Leuten zusammenarbeiten würde, die sie nicht mag!“

 

„Vergessen sie die Sache mit der Bank nicht!“ ertönte Ma’Gus Stimme erneut, als er in der Tür stand.

Randy zog die Augenbrauen hoch und sah Hauer fragend an. „Du hast eine Bank gehackt?“

„Ja, die Bank hat Gelder gewaschen, die aus Glückspielapps stammen. Diese Apps wurden extra dazu entwickelt, um Jugendliche um ihr Geld zu bringen, oder sie in die Schuldenfalle zu treiben.“

„Also hat sich unser Held hier in die Bank gehakt und dann dafür gesorgt, dass die Spieler im Verhältnis sechs zu vier gewinnen. Die Bank war an nur einem Tag pleite.“

Hauer zuckte mit den Schultern. „So kann man es auch ausdrücken.“ Antwortete er, während seine Finger über die Tastatur flogen. „GIPSY ist informiert.“

 

„Danke.“ Sagte Ma’Gus und ging erneut.

 

„Du bist wirklich unverbesserlich.“ Sagte Randy als sie alleine waren.

„Tja…wie gesagt, ich bin wie ich bin… apropos! Hier, ich habe was für dich.“ Hauer hielt Randy einen USB Stick entgegen.“

 

„Was ist das?“

„Detreptis 2.0.“

„Detreptis!?! Alter! Wenn Dana…“

 

„Krieg dich wieder ein.“ Unterbrach ihn Hauer. „Auch ich lerne dazu. Ok, das mit der Bank ist vielleicht kein gutes Beispiel, aber das hier schon.“ „Wie funktioniert es?“

 

„Ganz einfach. Nehmen wir ein Flugzeug… du fliegst so durch die Luft und ein anderes Flugzeug will dich abschießen. Sobald der Bordcomputer den Angriff erkennt, sendet es das Virus aus und jeder Computer, der in Reichweite ist, wird infiziert. Der Angreifer kann das Ziel nicht erfassen, oder schießt daneben. Natürlich werden die eigenen Computer, also die von deinen Freunden, nicht infiziert.“

 

„Das ist kein bisschen besser als der Vorgänger! Hast du vergessen, was die anderen damit machen wollten?“

 

„Nein, deswegen ja auch diese Version. Hör einfach weiter zu! Also, der Angreifer schaltet seine Waffen scharf und nimmt dich ins Visier. Dein Computer sendet das Virus und die Waffensysteme des Angreifers fallen aus. Er dreht ab und du entkommst. Und jetzt beginnt der interessante Teil! Sobald du außer Reichweite bist und der Virus im Computer des Angreifers keinen Kontakt mehr zu deinem Bordcomputer mehr hat, löscht er sich vollständig und die Waffen sind wieder ok. Du kannst es auf Schiffen verwenden, Fahrzeuge… völlig egal.“

 

„Es löscht sich selbst?“

 

„Ja und das rückstandslos, wenn du weißt, was ich meine. Unsere… Fliegerhelden… haben mit dem Prototyp einen simulierten Angriff auf die Theobald geflogen und zwei F18 und eine E2 abgeschossen. Ich hätte gerne die Gesichter der Amis gesehen, wenn sie die Computer auseinandernehmen und nichts finden.“

 

„Weiß Ma’Gus, an was du herumbastelst?“

 

„Was ich in meiner Freizeit tue, geht den Geheimdienst überhaupt nichts an!“ sagte Hauer laut, so, als würde er gerade in ein verstecktes Mikrophon sprechen. „Du bist verrückt! Aber wahrscheinlich passt du gerade deshalb so gut zu uns.“ Lachte Randy und nahm den Stick. „Und was das Teil hier angeht… wie ich Caroline kenne, wird sie dafür sicher Verwendung haben.“

 

**

 

20 Seemeilen nördlich von Ka’Ihlih

An Bord der „Halife“

 

„Jemand hat das Profil aufgerufen.“ Rief Dana, die am Computer saß.

 

„Das ging schnell.“ Meinte Iduna und kam zu ihr herüber. „Konnte Hauer ermitteln, wer das Profil aufgerufen hat?“

 

„Nein“, antwortete Dana, „er konnte lediglich den Standort auf 200 Meter eingrenzen. Die Adresse wurde von einem Prepaid Handy aufgerufen, das auf einem der Hochseeschiffe ist.“

 

„Egal, ich schätze wir werden heute Nacht Besuch bekommen.“ Meinte Iduna und sah Danas Hand leicht zittern, als sie einen Befehl auf der Tastatur eingab. Das Dana eine Kriegerin war hatte sie schon oft unter Beweis gestellt. Dana hatte nie an ihre eigene Sicherheit gedacht, wenn es darum ging Menschenleben zu retten, doch hier auf einen Überfall mit ungewissem Ausgang zu warten, zehrte an Nerven aller.

 

„Dana.“ Iduna legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich bin froh, dass du hier, mit mir, an Bord bist.“

 

„Ich halte es gerade jetzt für eine bescheuerte Idee und frage mich, wie sich so blöd sein konnte –ja- zu sagen. Aber wenn der Plan aufgeht, muss eine von uns ja die Kommunikation übernehmen.“

 

„Das stimmt. Auch Piraten haben Computer und digitale Fernmeldeanlagen. Im Ernst! Wir brauchen dich!“

 

„Danke Iduna, ich weiß das wirklich zu schätzen.

 

**

 

30 Meter unter der „Halife“

„Das Profil wurde aktiviert, Kapitän Tamar.“ Teilte Ma’Gus dem Kapitän des Todesschatten mit. „Ich nehme an, dass die Yacht gegen Mitternacht geentert wird. Das würde den Piraten noch genug Zeit lassen um den zu erwarteten Suchradius zu verlassen. Wir überprüfen momentan alle Peilsender um sicherzustellen, dass wir nichts übersehen haben.“

 

„Wie viele Sender sind an Bord der Halife?“

 

„An der Yacht selbst sind zehn Sender angebracht, jede Frau trägt drei implantierte Sender und zusätzlich zwei mobile Sender. Die Daten werden gerade an sie übermittelt.“

 

Tamar sah Miriam Yael, seinen ersten Offizier an, welche an der Nachrichtenkonsole stand und die hob den Daumen.

 

„Die Daten gehen ein.“ Betätigte Tamar.

 

„Gut, sie müssten jetzt auch ein Videosignal erhalten.“

 

Yael stellte die angegebene Frequenz ein und ein viergeteiltes Bild erschien, welches das Deck und die Kabine der Halife aus verschiedenen Perspektiven zeigte.

 

„Bildkontakt steht!“ bestätigte Miriam.

 

„Dann wünsche ich uns allen viel Glück.“ Ma’Gus beendete das Gespräch und Tamar ging zur Sonarkonsole, wo sein Spezialist Beredin saß. „Es geht los.“ Sagte Tamar nur.

 

„Keine Sorge, Kapitän. Keiner schleicht sich an, ohne dass ich es mitbekomme.“

 

**

 

18 Uhr

Vier Stunden später hatte die „Halife“ die Nordspitze von Ka’Ihlih umrundet und nahm Kurs auf Malin’kal.

 

„Und?“ wollte Tamar wissen.

 

„Bis jetzt nichts Verdächtiges. Da oben sind einundzwanzig Schiffe unterwegs.“ Beredin rief die Kontakte auf und ließ sie auf dem Display erscheinen. „Neun Schiffe entfernen sich von der Halife. Drei sind Tanker, die zu schwerfällig für ein Entermanöver sind. Dann habe ich zwei Fährschiffe, die ich ausschließe, und drei Schiffe die ich…, HE MOMENT MAL!“ Beredin drehte sich zu seiner Konsole und ließ seine Finger über die Tastatur fliegen.

 

Tamar ließ ihn arbeiten und wartete ab, schließlich kannte er seinen Spezialisten.

 

„Ein Schiff hat seinen Kurs geändert, es geht auf Abfangkurs zu uns!“

 

Auf der Karte leuchtete ein Kontakt rot auf und wurde als Ziel markiert. „Das ist die Wudong. Zielhafen…offiziell Singapur.“

 

„Was heißt offiziell?“

 

„Laut Lloyds kommt die Wudong aus dem Panamakanal mit einer Mischladung nach Singapur. Ich würde doch sagen, dafür ist sie etwas weit im Süden… und jetzt nach der Kursänderung, nimmt sie nochmal ein paarhundert Seemeilen Umweg in Kauf.“

 

„Ich versteh…Zeit ist Geld, auch in dieser Branche. Ok, wann kommt die Wudong hier an?“

 

„Bei diesem Kurs und jetziger Geschwindigkeit, passiert uns die Wudong gegen 23 Uhr in einer Entfernung von weniger als drei Meilen.“

 

Tamar nickte und verließ den Sonarraum in Richtung Zentrale. „Yael, Alarm um 22:30. Stellen sie ein Einsatzteam zusammen. Das Team steigt vor dem Eintreffen der Piraten aus und greift ein, sollte die Lage außer Kontrolle geraten.“

 

**

 

22:45

 

„Die Wudong verlangsamt weiter!“ meldete Beredin. „Geschwindigkeit jetzt drei noch Knoten, Entfernung zur Halife dreieinhalb Meilen.“

 

„Sie setzen Boote aus.“ Stellte Tamar fest.“

 

„Einsatzteam bereitmachen und aussteigen lassen!“

 

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„Achtung sie kommen!“ rief Iduna und ließ das Satellitentelefon über Bord verschwinden. Auch Dana stieß einen Seufzer aus und warf ihren Laptop ins Meer, der auf einem Partyboot sicher Verdacht erregt hätte.

 

„Halt dich zurück.“ Bat Hyla´hars ihre Kriegerschwester Ma’Fretama.

 

„Ich werde mich bemühen.“ Versprach sie wenig überzeugend. „Ich war schon einmal in so einem Lager und habe überlebt, ich überlebe es auch ein weiteres Mal.“

 

„Ma’Fretama meine Kriegerschwester, diesmal bist du nicht allein! Wir sind alle Kriegerinnen und wir sind zusammen! Wir werden sie fertig machen! Doch alles zu seiner Zeit!“

 

„Keine Sorge!“ sagte Ma’Fretama und ließ eine gefährliche dünne Klinge in ihren Haaren verschwinden. „Ich kann warten!“

 

**

 

„Habt ihr Schwachköpfe das verstanden?“ fragte der Kapitän der Wudong das Enterkommando. „Die Frauen werden nicht angerührt! Ihr entert die Yacht, und bringt die Weiber nach Liuna und zwar als A Ware! Das letzte Enterkommando, dass Kajats Anweisungen nicht befolgt hat, kam selbst nach Liuna und was das für euch heißt, brauch ich wohl kaum zu erklären, sie waren dann Hundefutter. Also reißt euch zusammen!“

 

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23:05

 

„Boote im Wasser! Entfernung zur Halife weniger als eine Meile! Die Wudong nimmt wieder Fahrt auf!“

 

„Was?“ fragte Tamar. Bis jetzt waren alle davon ausgegangen, dass die Piraten nach dem Entern zurück auf die Wudong fahren würden.

 

„Alarm an das Außenteam! Angriff steht unmittelbar bevor!“

 

„Wir haben Sichtkontakt!“ rief Yael und ein gestochen scharfes Nachtbild des Periskops erschien, auf dem zwei Boote über das Wasser rasten.

 

„Da sind ja Fässer ab Bord!“ rief Yael.

 

„Verdammt! Die wollen die Frauen nicht von der Yacht holen! Die bringen sie mit der Yacht weg!“

 

„Die Piraten erreichen die Halife!“

 

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Die beiden Boote rasten auf die hell erleuchtete Halife zu und nahmen kurz vor Erreichen der Yacht die Fahrt weg um sich lautlos an die Yacht herantreiben zu lassen. Als der erste Pirat am Heck des Bootes die Halife betrat, ahnte kein Mitglied des fünfköpfigen Enterkommandos, dass der Tod nur wenige Meter neben ihnen lauerte. Die israelischen Kampfschwimmer brauchten nur wenige Handzeichen um sich abzusprechen und schon teilte sich das Team die einzelnen Piraten zu.

 

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Vera schrie auf, als zwei Piraten, mit Sturmhauben und Gewehren in die Kabine stürmten und laut schreiend Kommandos brüllten.

 

Zwar verstanden weder Vera noch Sarah Malaiisch, doch Iduna verstand genau, was die Männer sagten, ließ sich aber nichts anmerken.

 

Andere Piraten stürmten an ihnen vorbei und trieben Dana, Fabienne und Finja aus ihren Kojen, während der Rest des Enterkommandos die Besatzung in die Kabine trieb.

 

Nach nur wenigen Augenblicken saßen alle neun Frauen zusammengekautert auf dem Boden der Kajüte. Nun kam der entscheidende Augenblick! Was würde geschehen? Die Israelis hatten von Tamar völlige Handlungsfreiheit bekommen. Ein Wink von ihren Freunden und das Enterkommando der Piraten wäre tot…

 

Doch nachdem sich die Piraten versichert hatte, dass sonst niemand an Bord war und alle Handys im Meer waren, ließ man die Frauen einfach unter dem wachen Auge eines Piraten sitzen und die Yacht nahm Fahrt auf.

 

„Situation NICHT außer Kontrolle!“ meldete sich der Teamführer an Tamar. Der stand vor einem Dilemma! Sollte er eingreifen und die Geiselnahme beenden oder den Plan weitzerführen? Würden sie der Yacht folgen könne? Schließlich traf er eine Entscheidung!

 

„Das Team soll einbooten!“ rief Tamar und hastete zum Periskop. „Wie schnell ist die Yacht?“ fragte er Miriam.

 

„Schneller als wir!“

 

„Die Halife nimmt Fahrt auf! 13, 18 …20 Knoten Geschwindigkeit konstant bei 20 Knoten!“

 

„So eine Scheiße! Da können wir gerade noch mithalten! Hoffentlich werden sie nicht schneller! Beredin! Verlieren sie bloß nicht den Kontakt! Maschine! Volle Fahrt voraus und scheiß auf die Anzeige im roten Bereich! Und informiert die GIPSY Zentrale auf Soulebda.“

 

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In der GIPSY Zentrale standen Seraph Magus und Dagan mit einigen anderen Spezialisten zusammen.

 

„Wie lange kann uns Aasuun noch mit Daten über die Piraten versorgen? Tamar wird auf Dauer dem Schiff nicht folgen können.“

 

„Maximal noch für eine Stunde, dann sein die außerhalb der Reichweite, wir brauchen ein Auge dort draußen.“

 

„Na gut, dann müssen wir Magic Eyes aktivieren. Lasst und Tatsachen schaffen. Die schafft die Entfernung noch innerhalb der Zeit.“

 

**

 

Soulebda Julam’da Airfield

Auf dem Julam’da Airfield zog ein Schlepper die neuste Anschaffung Soulebdas aus dem großen Hangar. Hinter dem Flugzeug, das gerade aus dem riesigen Hangar gezogen wurde, standen noch weitere des gleichen Typs.

Das Flugzeug sah aus wie ein überdimensionales Propellerflugzeug mit viel zu langen Tragflächen, die vollständig mit Solarzellen beplankt schien.

 

„Grob G 520E Experimental“ stand auf der Seite und es war auffällig, dass das Cockpit komplett mit weißer Farbe angestrichen war.

 

24 Techniker und einige Geheimdienstleute standen neben der sportlichen Maschine und betrachteten die Startvorbereitungen. In einem großen LKW der seitlich auf freiem Gelände stand saßen zwei Menschen an den Flugkontrollen. „Soulebda Control, hier Harpyie 01 wie ist die Verständigung?“

 

„Harpyie 01, ich verstehe sie laut und klar.“ „Aasuun Control, wie ist die Verständigung?“

 

„Hier Aasuun Control, ebenfalls laut und klar.“ Draußen lief das Triebwerk der Maschine hoch, nach einem einfachen Propellermotor klang das allerdings nicht. Obwohl da ein Verbrennungsmotor lief, drehte sich der Propeller noch nicht. Erst jetzt, nach einer Weile begann der sich dann doch zu drehen. Immer mehr Kontrollen in den beiden Cockpit Aufbauten des LKW sprangen auf „Grün“ und schließlich war die Maschine startklar.

 

„OK, dann wollen wir mal, ich habe die Kontrolle, informiere du „Magic Eyes,“ dass es losgeht.“

 

Im Kommunikationszentrum saßen auch zwei Piloten an den Kontrollen und mehrere Menschen umringten sie. Vor ihnen an den zahlreichen Displays sah man, wie sich Armaturen bewegten, ein anderes Bild zeigte die Frontalsicht und wie das Flugzeug abhob. Auf den anderen waren Kursinformationen und die Daten der großen Aasuun Überwachungsstation zu sehen.

 

„Hier Magic Eyes, wir sind bereit, Übernehmen in drei zwei eins, Übernommen, wir haben die Kontrolle. Ground Control Danke Rückkehr zur Basis.“

 

Auf dem Julam’da Airfield wurde es wieder etwas ruhiger. Von dem einst so ruhigen kleinen Flugplatz war nicht mehr viel übriggeblieben, seit die Armee hier das Sagen hatte. Am unteren Rande standen aber immer noch die privaten Propellerflugzeuge. Das meiste aber, was militärisch eingeordnet wurde, war im riesigen, nahen Wald verschwunden. Hier standen auch die neuen F-35 Jäger, über die Soulebda verfügte, sowie die älteren F-16 und die FA-18 Langstrecken Abfangjäger.

 

Es waren sicherlich wenige Kampfflugzeuge, aber dafür waren sie umso schlagkräftiger. Ruhe war auf dem Flugfeld eingekehrt. Einzig eine kleine, unscheinbare Propellermaschine erklomm inzwischen eisigen Höhen in 18.000 Metern und flog mit guten 380 Knoten nach Südosten, den beiden Schnellbooten hinterher.

 

Inzwischen hatte sich der Verbrennungsmotor abgeschaltet und der Elektroantrieb übernommen.

 

Momentan wurden die Schnellboote noch immer von Aasuun erfasst, aber in einer Stunde waren sie außer Reichweite, doch weit vorher würde Harpyie 01 die Schnellboote erfasst haben und für die nächsten Stunden im Auge behalten.

 

In der Kontrollstation auf Soulebda ging es ruhig und sachlich, aber dennoch hochkonzentriert zu. Die gleichen Daten, die man hier sah, wurden auch in der Zentrale von GIPSY sichtbar. Hier stand Dagan hinter zweien seiner Leute die an den Kontrollen saßen.

 

„Welches Schiff hat diese Schnellboote ausgesetzt, haben wir da Zahlen?“, fragte Dagan den Operator und dieser nickte.

 

„Kapitän Tamar hat uns informiert, es war die Wudong.“

 

„Jawohl, die haben wir, Harpyie 01 überfliegt das Schiff in acht Minuten.“

 

„Sehr schön, die sollen ein paar schöne Bilder machen und einen Marker setzen, ich will den Kahn nicht aus den Augen verlieren.“

 

„In Ordnung, Marker wird gesetzt, Marker angeworfen, Dauer des Fluges gut fünf Minuten. Dagan, wir bekommen die Bilder, die Teleobjektive sind wirklich erste Sahne, ich übertrage an den Laserbeamer.“

 

Damit flammte ein Bild an der Leinwand auf und ein gestochen scharfes life Bild der MS Wudong war zu sehen. Es war ein mächtiger Frachter mit großen Kränen an Bug und Heckpartie. Es war erstaunlich, wie scharf und stabil das Bild war, dabei befand sich Harpyie 01 inzwischen in gut 16 Kilometer Höhe.

 

„Was sind das da, für Aufbauten, geht das genauer?“ Dagan zeigte mit seinem Pointer auf die Projektion und der Operator übernahm das Bild auf seinen Bildschirm. Danach ging er näher in das Bild, vergrößerte weiter und schließlich sahen es alle in dem Raum.

 

„Die bauen dieses Schiff um. Die Wudong wird verändert, die Erscheinung wird verschleiert. Man sah, wie die Heckkräne umgelegt wurden und eine billige Plattform darüber gezogen wurde. Offenbar aus Stoff und reichlich Sperrholz oder anderen Leichtbauweisen.

 

„Tracker erreicht die 2000 Meter Marke, Flügel entfalten sich.“, sagte ein anderer der Operatoren. Ein weiterer Bildschirm blende sich ein und man sah eine kleine Kugel, die auf die Wudong stürzte. Plötzlich klappten kleine Rotoren seitlich aus und begannen sich zu drehen. Die Geschwindigkeit reduzierte sich rasant und der Tracker näherte sich dem Schiff.

 

Keine zwei Minuten später war eine kleine rotierende Kugel auf einem der Sensormasten der Wudong gelandet.

 

„Wo ist der Tracker heruntergegangen?“ Fragte Dagan nach und der Operator ging mit der Kamera näher heran. Da konnte Dagan sehen wie oben an Signalmast, an dem die Umlenkung für die Flaggenleine lief ein kleines rotes Ding war.

 

„So Dagan, der Tracker ist gelandet und verriegelt und wir empfangen die Daten, den Kahn sollten wir nicht mehr verlieren. Dieses Mal stören wir auch keine Sensoren!“

 

„Gute gemacht, geben sie die Daten an Tamar weiter und informieren sie ihn auch, dass die Wudong ein „Formwandler“ ist, er wird das verstehen. Rufen sie mich, wenn die Schnellboote in Sicht kommen, ich bin bei Seraph Ma’Gus.“ Damit verließ Dagan die Zentrale.

 

„Diese Schweine, kein Wunder, dass wir die niemals fanden, die tarnen ihr Schiff und bauen es immer wieder um, so dass es als ein anderer Kahn erscheint.“

 

„Mein Opa hat mir aus dem Krieg erzählt, da haben die Feinde das auch getan. Die nannten das dann Hilfskreuzer und die Pötte waren echt gefährlich.“

 

„Und, haben die diese Hilfskreuzer auch gefangen und versenkt?“

 

„Ja klar, alle. Aber es gab herbe Verluste, die Dinger waren echt gefährlich.“

 

Mit gemischten Gefühlen betrachteten die Operatoren das Schiff und versuchten sich einige Merkmale einzuprägen, die sich nicht so einfach verändern ließen.

 

**

 

Über dem südlichen Pazifik flog das Erkundungsflugzeug leise und unheimlich hoch seine vorgegebene Richtung ab. Hier oben in der Stratosphäre war es eiskalte -51 Grad Celsius. Die Sonneneinstrahlung war unglaublich intensiv. Die Solarmodule hielten die Füllstände der Speicherbänke auf 95% und für den Notfall würde der Verbrennungsmotor für weitere 24 Stunden Energie liefern.

 

Die Sensoren an Bord verfolgten die drei Boote im Meer. Die nächste Inselgruppe, die auf der Route der drei Boote lag, war Vanuatu mit ihren vielen kleineren Inseln. Auch wenn die Boote recht schnell fuhren, würde die Fahrt noch sehr lange dauern.

 

**

 

Hauptquartier der Polizei/ Soulebda Stadt

„Wir sind noch keinen Schritt weitergekommen!“ brummte Lastre’lar. „Irgendetwas übersehen wir! Irgendetwas…“

Seit der Entführung der Yacht „Halife“ und deren Besatzung waren mehrere Tage ins Land gegangen und nichts war passiert. Es gab nur diesen einen Aufruf des, von Ma’Gus erstellten Profils, dann hatte es keinen weiteren Kontakt mehr mit dem gesuchten Handy gegeben.

Also blieb es bei acht Schiffen, die in Frage kamen. Sechs dieser Schiffe waren mittlerweile ausgelaufen und wieder auf den Weltmeeren unterwegs, wenn auch mit unsichtbaren Begleitern.

Taucher der Marine hatten an den Rümpfen der Schiffe mehrere Sender angebracht, so dass man den Kurs der Schiffe verfolgen konnte. Doch bis jetzt gab es keinen einzigen Verdacht. Die Schiffe liefen genau auf den angegebenen Routen und wichen nicht von diesen ab. Zugegeben, wer keinen Verdacht auf sich ziehen wollte, würde sich auch strikt an seine Route halten, also wurden die sechs Schiffe weiterhin scharf beobachtet.

 

Die beiden anderen Schiffe, die „Alberto Ruiz“ aus Argentinien und die „Moana“ lagen noch im Hafen.

Kama’lar hatte ihn vorgewarnt, die meisten Kapitäne kannte ihn, den Hafenmeister, und ein wirklicher Pirat würde jedes falsche Spiel sofort durchschauen, also musste der Grund an Bord zu kommen einfach und nachvollziehbar sein.

Her‘jare hatte eine gute Idee und zwei Tage vor der Durchsuchung schwamm ein Taucher in die Nähe der Schiffe und versenkte an dem Peer einen Behälter, der nach und nach eine Chemikalie freigab, welche auf dem ersten Blick wie Öl aussah, aber weitaus weniger umweltschädigend war. Der Trick gelang, denn niemand sprang in das Wasser des Hafens und prüfte, ob es tatsächlich Öl war, was da im Hafen schwamm, aber der bunte Schimmer war mehr als deutlich zu sehen.

 

So hatte Kama’lar einen guten Grund alle Schiffe am Peer zu überprüfen.

Natürlich kamen auch Lastre’lar und Her’jare mit, um sich auf den Schiffen umzusehen und die „Ruiz“ wurde schnell zu Lastre’lar „Hauptverdächtigen“. Als Kama’lar, als Hafenmeister, mit seinem Schwager Her’jare und ihm an Bord gingen um den angeblichen Ölverlust zu überprüfen, schienen sie auf dem richtigen Schiff zu sein. Das ganze Schiff war dreckig und in einem verwahrlosten Zustand, es stank nach Öl und anderen, undefinierbaren Sachen, von denen Lastre’lar auch gar nicht wissen wollte, was da stank und überall lag Müll herum.

 

Kurzum, genau so stellte sich Lastre’lar ein Piratenschiff vor!

Auch die Mannschaft war mürrisch und der Kapitän erklärte, dass sie hier im Hafen von Nih‘tan von der Beschlagnahme des Schiffs überrascht wurden und dass der ehemalige Besitzer der „Ruiz“ angeblich untergetaucht war. Irgendjemand in der Reederei sagte, es seien Agenten der Versicherung unterwegs, um ein Gutachten über das Schiff zu erstellen, damit dieses versteigert, oder verkauft werden konnte, doch bis jetzt hatte sich niemand bei ihm gemeldet. Er und ein paar Besatzungsmitglieder, die keine Heuer mehr erhalten hatten, mussten an Bord bleiben, da keiner die Mittel hatte sich ein Flugticket nach Argentinien zu kaufen, der Rest hatte hier auf anderen Schiffen angeheuert.

Bei Lastre’lar läuteten sofort die Alarmglocken, denn er wusste, dass einem Piratenüberfall oft ein Wechsel der Besatzungsmitglieder voraus ging, umso größer war die Enttäuschung, als sich die Geschichte des Kapitäns als wahr herausstellte.

 

Die argentinische Polizei bestätigte die Geschichte des Kapitäns. Der ehemalige Eigner hatte die Kassen geplündert und war mit seiner neuen Geliebten über alle Berge. Zurück blieben eine verlassene Ehefrau, eine bankrotte Firma und ein Schiff in Nih’tan, das wegen ausstehenden Gebühren beschlagnahmt wurde. Dabei konnte sich die Besatzung noch glücklich schätzen. Hier auf Soulebda wurde die Besatzung von den Behörden zumindest mit Lebensmitteln reich versorgt, in anderen Ländern, wären die Männer auf sich alleine gestellt.

 

Dennoch beschloss Lastre’lar hier am Ball zu bleiben, denn zumindest bis jetzt schien die Ruiz der beste Anhaltspunkt zu sein, den sie hatten.

Anders sah es auf der Moana aus. Auch zu diesem Schiff hatten sie sich Zutritt verschafft und der Inspektor konnte sich nur allzu gut an den Besuch erinnern.

„Wenn das nicht der Hafenmeister persönlich ist!“ hatte Margarete Kama’lar, Lastre’lar und die anderen schon an der Reling begrüßt.

 

„Meine liebe Kapitänin.“ Antwortete der Hafenmeister und verbeugte sich mit einem breiten Grinsen vor Margarete, welche ihn mit einem Mann an ihrer Seite erwartete.

„Was wollen sie hier an Bord?“ fragte Margarete ohne auf Kama’lar Höflichkeiten zu achten.

„Darf ich vorstellen?“ Kama’lar schien nicht auf die Frage von Margarete einzugehen. „Das ist Inspektor Lastre’lar und seine Kollegin Martin.“ Dann drehte er sich zu Margarete und fuhr fort, „und das ist der Schrecke der sieben Meere, die unerschrockene Margarte.“

 

„Sparen sie sich das Geschleime.“ Grinste Margarete und trat lächelnd auf die Gruppe zu. „Also du Halsabschneider von einem Hafenmeister, was willst du hier an Bord?“

„Hast du die letzten Tage mal über die Reling geschaut?“ wollte Kama’lar wissen. „Irgendeiner der Pötte hier verliert Öl und das nicht zu knapp. Deswegen muss der Inspektor hier“, Kama’lar zeigte auf Lastre’lar, „und sein Team jedes Schiff hier am Peer genau überprüfen.“

„Mein Schiff verliert kein Öl! Sie können sich gleich ein anderes Schiff zum Durchsuchen schnappen.“

„Miss Margarete“, antwortete Lastre’lar, „wie sie sicher wissen, sind die Umweltgesetze hier auf Soulebda überaus streng. Wer immer auch für die Verschmutzung verantwortlich ist, er wird sich vor Gericht dafür verantworten müssen.“

„Was der Inspektor damit sagen will“, warf Kama’lar ein, „er muss alle Schiffe hier am Peer überprüfen.“

„Hören sie! Meine Maschine steht seit vier Monate still und ist außer Betrieb!“ begann Margarete, und seufzte dann resigniert. „Na schön! Mein erster Offizier, Torson, wird ihnen alles zeigen!“

Sie winkte Torson zu sich gab ihm die entsprechenden Anweisungen.

Der zeigte den Polizisten den Weg und ging voran.

„Wollen sie nicht mitgehen?“ fragte Margarete Lastre’lar.

„Nein, ich bin kein Techniker oder Ingenieur. Ich kann ein Schiff zwar von einem Auto unterscheiden, doch damit ist mein Wissen auch erschöpft. Das Überprüfen überlasse ich den Fachleuten.“

„Er ist eben eine richtige Landratte.“ Grinste Kama’lar. „Wollen sie uns nicht auf einen Kaffee einladen, solange wie die Untersuchung dauert?“

 

„Sie scheinen keine Probleme zu haben, sich selbst einzuladen.“ Stelle Margarete lachend fest und zeigte dann zu den Aufbauten. „Kommen sie mit.“

„Sorry, dass sie warten müssen“, Meinte Margarete später, während sie selbst den Kaffee aufbrühte, „aber wir haben momentan keine Stewards oder Köche an Bord und müssen uns selbst behelfen.“

Dann, nachdem der Kaffee durchgelaufen war, stellte sie Kama’lar und Lastre’lar je eine Tasse hin und nahm sich dann selbst eine Tasse.

 

„Wie kommt das? Ich meine, wieso liegen sie noch immer hier fest?“ wollte Lastre’lar wissen.

„Wir haben einen richtig teuren Maschinenschaden. Vor fünf Monaten, kurz bevor wir in Nih’tan einliefen, hat unsere Schaube irgendwas erwischt, vermutlich einen Baumstamm. Jedenfalls hat sich die Schraubenwelle dabei etwas verzogen. Wahrscheinlich nur ein paar mm, doch das reicht aus, um der Maschine einen schweren Schaden zuzufügen, wenn die Welle nicht ausgetauscht wird. Seither waren drei verschiedene Gutachter hier, um die Höhe des Schadens zu begutachten. Für die Reederei stellt sich die Frage, ob die Moana repariert oder verkauft werden soll. Das Problem beim Verkauf ist offensichtlich, sie würden auch kein Auto kaufen, das nicht fährt. Jedenfalls hängen wir hier mit einer winzigen Mannschaft herum und warten, wie sich die Herren in der Chefetage entscheiden. Solange benutzt unsere Reederei unser Schiff als Zwischenlager für Container. Wie sie sicher bemerkt haben, stehen draußen eine Menge Container herum, die auf die Moana geladen, zwischengelagert und dann wieder auf andere Schiffe unserer Flotte verteilt werden.“

Bevor Margarete weiterfuhr, erzitterte das Schiff leicht. „Torson scheint ihren Leuten gerade das Problem zu zeigen. So oder so, den Umweltsünder finden sie hier an Bord nicht.“

„Wie viele Männer sind noch bei ihnen an Bord?“

„Momentan sind wir lediglich sechs Personen.“

„Wissen sie schon wie es weitergehen soll?“

 

„Nein, aber solange ich meine Heuer bekomme ist mir das auch egal. Mal ehrlich, seit Monaten bekomme ich Geld fürs Nichtstun, ich bin in der schönen Südsee und lebe ganz gut damit. Ich habe es nicht eilig.“

Das war eine Argumentation der Lastre’lar nichts entgegensetzen konnte. Er nahm seine Tasse und trank einen Schluck Kaffee, während er sich über den Rand unauffällig umsah, doch hier schien alles in Ordnung zu sein. Das bestätigte sich dann auch, als Martin mit Hera’je von Torson zu ihnen gebracht wurde.

Her‘jare bestätigte, dass die Moana nicht das Schiff war, welches für den Ölteppich verantwortlich war und so verabschiedete man sich.

 

„Und?“ wollte Lastre’lar von Martin wissen, als sie zu ihren Wagen gingen.

„Ich weiß nicht… das Schiff macht einen sauberen Eindruck. Irgendwie zu sauber.“

„Ich sehe das anders.“ Meinte Her‘jare. „Die Welle der Moana ist tatsächlich verbogen und das Schiff liegt still. Was sollen die Leute an Bord anderes tun, als Wartung und Putzaufgaben erledigen. Wenn tatsächlich potentielle Käufer an Bord kommen, muss, wenn die Welle schon verbogen ist, wenigstens der Rest des Schiffs glänzen.“

 

„Also haben wir einen dreckigen und einen sauberen Pott… und einer muss es sein.“

„Oder es war doch eines der Schiffe die schon ausgelaufen sind.“ Warf Shea ein.

 

„Na schön. Alles auf Anfang! Fangen wir noch einmal mit der Alberto Ruiz an. Ich will wissen, wie weit die Ermittlungen in Buenos Aires sind. Und dann finden wir heraus, welcher Käufer sich für die Moana interessiert hat. “

 

**

 

Piratengefängnis II auf Ambrym

Auf einer der südlichen Inseln von Vanuatu, genannt Ambrym, röhrte der Vulkan und spie wieder einmal Rauch und Asche aus. Die Insel Ambrym, lag unterhalb der drei Pirateninseln Maewo, Pentacoast und Penama, dem Verwaltungszentrum der Piraten.

 

Hier hatten die Piraten im äußersten Südosten ihr erstes Gefangenenlager gegründet. Heute war es ein altes, unübersichtliches Lager, das zu viel Aufmerksamkeit brauchte um überwacht zu werden.

 

Gerade war das montags Briefing der „Herrin“ Helena van Deubth zu Ende gegangen. Dieses Mal war die „Herrin“ außer Rand und Band. Hatten es doch einige ihrer Sklaven versucht mit den Wachen zu fraternisieren, um sich eine bessere Position zu ergaunern.

 

So etwas ließ die „Herrin“ nie ungestraft und so hatte man die vier Frauen, die versucht hatten ihre Lage zu verbessern, vor dem Zentralbau in hölzerne Rahmen gebunden. Eine jede in einen eigenen Holzrahmen.

 

So hingen die vier Frauen an Seilen gebunden in den Rahmen und ihre Glieder waren gestreckt worden, soweit es nur ging.

 

Die „Herrin“ stand vor den Holzrahmen, in denen die armen Frauen hingen und vor Schmerzen schrien.

 

„Was fällt euch eigentlich ein, zu versuchen meine Wachen zu beeinflussen? Das war das zweite Mal, dass ihr einen Fehler begangen habt. Ihr wisst genau, was das bedeutet. Ich dulde das nicht. Druuhf, bring die Peitsche mit!“

 

Der Bullige Aufseher und Kerkermeister Druuhf kam auf die „Herrin“ zu. „Ich werde die beiden totpeitschen, als Warnung für die anderen, brauchst du noch was von den Mädchen?“

 

„Ja, lass mir vorher noch ihre Brüste bringen, gesäubert und gewaschen, für meine Sammlung.“

 

Damit ging die „Herrin“ in das Gebäude zur Besprechung. Die Abteilungsleiter saßen schon auf ihren Plätzen und warteten bis die „Herrin“ dazukam.

 

Unterdessen schrien die Mädchen, als ihnen ihre Brüste abgeschnitten und gewaschen wurden. In dem Gebäude machten es sich die Abteilungsleiter bequem, es würde wieder hart hergehen, wie immer.

 

Währenddessen hörte man das Schlagen der Peitsche und die Schreie der Mädchen. Nach und nach wurden die Schreie leiser, Druuhf schlug mit äußerster Gewalt zu.

 

Als sie saß, schaute sie kurz auf ihre Agenda und die Tabellen mit den Zahlen. „Gut, lasst uns loslegen. Die Erlöse haben sich wie berechnet entwickelt. Generell sieht es gut aus, aber das alte Lager im Süden werden wir so nicht weiterführen. Gerade habe ich die Anführerinnen der Revolte bestrafen lassen.

 

Ich will, dass die nutzbaren Mädchen in andere Lager auf Pentacoast und Nasa gebracht werden und alle unnützen Sklaven in das Schlaflager gebracht und dort angebunden werden. Ich will den Schutzmechanismus life erproben. Bis wann seid ihr mit der Selektion fertig?“

 

„Bis heute 14:00 Uhr Herrin!“

 

„Gut der Helikopter soll für mich um 13:30 bereitstehen ich komme dann zu euch auf die Südinsel. Habt ihr das mit dem Flammöl und der Fernzündung gelöst?“

 

„Ja Herrin, es ist alles so wie abgesprochen, die Unnützen Sklaven werden angekettet in den Lagern liegen und wir zünden das Napalm Ladungen die werden dann ausnahmslos alle beseitigt, Herrin.“

 

„Das will ich für euch hoffen, wenn das nicht klappt seid ihr beide die nächsten auf dem Napalm Rost, das sage ich euch!“

 

„Kommen wir zum Tagesordnungspunkt 2. Neubeschaffung von Sklaven. Was hat sich da ergeben Gruppe 2?“

 

„Herrin, wie haben die Inseln wie befohlen gesäubert und die Gefangenen gemacht, es waren aber weniger als gehofft. Die Schätzungen eures Beraters waren schlecht da waren nur 30% verwertbare Sklavinnen dabei, Herrin.“

 

„Ich werde mir diesen Leumenklaas selber vornehmen, das war die zweite Schätzung von ihm, die danebenging. Wir brauchen also einen neuen Berater. Vorschläge?“

 

„Ja Herrin, ich habe da einen exzellenten Berater ausfindig gemacht.“

 

„Bringt ihn her oder auf einen neutralen Platz, den will ich mir ansehen. Gute gemacht. Weiter zu Punkt 3!“

 

„Herrin, die Beschaffung neuer A-Ware. Gerade in diesem Moment überführen zwei meiner Speed-Boote von der Wudong neun neue Mädchen hierher und eine ist schöner und besser als die andere. Damit speiste der Mann die ersten Bilder auf den Beamer ein und die „Herrin“ sah Iduna, Dana, Vera, Sarah, Fabienne und Finja, Hyla´hars und Lerf´tarste sowie Ma’Fretama.

 

„Die sehen gut aus, ja die scheinen mir ideal für die Sexual-Sklavinnen, wenn die gut sind, bringen die gut 120.000 pro Stück.“

 

Damit war das Schicksal der Mädchen, die gerade auf die Pirateninseln gebracht wurden vorgezeichnet.

 

Jedenfalls dachten sich die Piraten das so.

 

**

 

Die südliche Pirateninsel, Ambrym, war präpariert. Alle Gefangenen Frauen, von denen man sich einen guten Erlös versprachen waren weggebracht worden und die verbliebenen waren in ihren Unterkünften in ihre Betten gefesselt worden. Von den anderen Inseln hatten man zusätzlich noch 32 Gefangene hergebracht, die als „nicht lukrativ“ eingestuft waren.

 

Somit befanden sich in den beiden Schlaflagern jeweils 42 Gefangene, auf ihren Liegen und an Händen und Füßen gefesselt. Die Schlaflager befanden sich 2 Kilometer vom Fuße des Vulkans entfernt. Hier sollte etwas Rauch nicht weiter auffallen.

 

Es war jetzt genau 13:50 Ortszeit, als der kleine Helikopter einschwebte und die „Herrin“ ausstieg.

 

„Wer sind die drei armseligen Gestalten?“ Fragte die „Herrin“ den Bereichsleiter der Insel.

 

„Das sind drei Eingeborene, die waren von Anbeginn hier und haben uns als Hausmeister gedient.“

 

„Erschießen sie die drei auf der Stelle!“

 

„Können wir die nicht auf den anderen Inseln …“ Weiter kam der Bereichsleiter nicht. Die „Herrin“ zog ihre Waffe und schoss den drei überraschten Menschen mit drei schnellen Schüssen in den Kopf.

 

„Legt sie in die Zeltstadt, die sollen mitverbrennen.“

 

Erst jetzt kam Unruhe in dem Zeltlager auf. Die Gefangenen erkannten, dass hier etwas Unglaubliches geschehen würde und begannen zu schreien, als sie die drei Erschossenen sahen, die auf die ersten Liegen gelegt wurden.

 

Oben auf der Anhöhe, an der auch der Hubschrauber stand, nahm die „Herrin“ eine Fernbedienung und fragte den Bereichsleiter „Sind von unseren Leuten noch welche in den Zelten?“

 

„Nein Herrin, alle meine Leute sind draußen.“

 

„Na dann wollen wir mal.“, sagte die „Herrin“ und drückte einen roten Knopf.

 

Eine Sekunde später flammten an den beiden großen Zeltlagern, oben in der Spitze der Zelte eine durchgehende Flammensäule auf, die, wie feuriger Nebel auf die beiden Lager herniedersank und unten am Bodes des Lagers alles in Flammen setzte.

 

Das Geschrei der brennenden Menschen war unglaublich. Die Piraten standen mit aufgerissenen Mäulern dabei und staunten über die bedingungslose Brutalität der „Herrin“. Der Stellvertreter der „Herrin“ öffnete eine Tasche und reichte ein Messgerät an die Herrin weiter. Sie nahm das Infrarot Thermometer und beleuchtete die flammenden Höllen, aus denen immer noch Menschenschreie zu hören waren und schaute auf das kleine Display.

 

„Gut, weit über tausend Grad, ja ich denke, das brennt heiß genug.“

 

Inzwischen loderten die Flammen hoch in den Himmel und brannten mit schwarzem Rauch. Aus den Flammen war kein Menschliches Wort oder Geschrei mehr zu hören, die „Herrin“ hatte gerade 84 Menschen in den Tod durch Feuer geschickt und sie maß die brennenden Hitzegrade.

 

Nach über einer Stunde ebbten die Flammen ab und die ersten Überreste wurden sichtbar. Ein wenig geschmolzenes Aluminium von den Liegen, einige verbogene, ausgeglühte Stangen von den Zelten, aber seltsamerweise wenig Knochenreste waren zu finden. Die Hitze war mit über Tausend Grad zu hoch, als dass etwas übrigblieb.

 

„Lassen sie in zwei Tagen die Gräben zuschütten, damit ist diese Insel erledigt. Die Idee mit dem Flammöl war ausgezeichnet. Machen sie so weiter und sie bekommen einen besseren Job.“

 

Damit stieg die „Herrin“ in ihren kleinen Hubschrauber, startete den kleinen Robinson R-22 und flog über die verbrannten Reste. Dabei wehten die ersten Aschewolken über die Insel.

 

Mit einem unmenschlichen Grinsen sah die „Herrin“ die Aschewolken und grinste in sich hinein. „Jetzt kommen diese Versager doch noch an die frische Luft. Zumindest kommen die als Dünger der Insel zugute.“ Mit einem fiesen, hinterhältigen Grinsen auf den Lippen flog sie davon. Zurück blieben einige erstaunte Piraten und die verwehende Asche von 84 verbrannten Menschen.

 

Was die Piraten aber nicht sehen konnten, flog gut 16.000 Meter über ihnen und das Aufklärungsflugzeug hatte die ganze Aktion mit höchstauflösenden Kameras aufgezeichnet.

 

Als die verschlüsselten Bilder im Kommunikationszentrum von Soulebda eintrafen, standen Ma’Gus bei Dagan und beide sahen das grausige Treiben der Herrin.

 

„Wenn wir die Bilder Heylah zeigen, wird sie den Sturm der Verwüstung über die Piraten jagen, das verspreche ich ihnen Dagan.“, und Dagan nickte nur.

 

„Widerwärtig, wie manche Menschen mit anderen Menschen umgehen, ich dachte diese unmenschlichen Menschenschlächter wären endlich gegangen aber sie sind aktiver als sonst. Wir werden und wir müssen dieses Treiben ein und für allemal enden lassen! Ich gehe zur Regentin und berichte ihr, sie wird sicher noch jemanden ganz bestimmten in Jakarta anrufen wollen.“

 

An einem der Telefonapparate leuchtete ein rotes Licht und Dagan hob ab.

 

„Grüß dich Viktor, wie stehen unsere Aktien in Mainstadt?“

 

„Danke, ganz gut mein Freund. Ich habe ein paar alte Freund hier, die ich aktiviert habe und die auch noch die eine oder andere Rechnung mit dem Stecher offen haben. Die Mädchen haben wir unter besonderen Schutz gestellt. Eine kleine Einheit meiner ehemaligen Speznaz Truppe sind auch hier und die haben es sich zum Ziel gemacht, einen undurchdringlichen Panzer um die Mädchen aufzubauen.“

 

„OK das klingt ja zufriedenstellend. Ich muss jetzt zur Regentin, hier hat sich einiges ereignet. Das solltest du dir in Ruhe ansehen. Die Videos und Files liegen im geschützten Bereich. Also denn, mach‘s gut und melde dich wieder mein Freund.“

 

Damit war die Verbindung wieder tot und die gesicherte Leitung wieder frei.

 

„Also gut, Seraph Ma’Gus, ich bin bei der Regentin, begleitest du mich?“

„Selbstverständlich, wir müssen schnellstens sehen, dass wir den Piraten und ihrem Treiben einen Riegel vorschieben, einen endgültigen, wenn du verstehst.“

 

**

 

Tapfere Kinder

An anderer Stelle war das Leben gerade wunderbar. Die vierjährige Caro’pe spielte mit der gleichaltrigen Marie im Palast Verstecken.

 

In ihrer kindlichen Fantasie waren sie ganz in ihrer Welt aufgegangen und ritten auf Einhörnern und spielten mit Feen und Elfen. In dem großen Garten des Palastes huschten die beiden Kinder unter Pflanzen einher und tobten wie zwei kleine Wirbelwinde herum.

 

Immer wieder schauten Jeanette und Penelope nach ihren Töchtern und die Palastwachen waren angewiesen, ein sorgsam waches Auge auf die Kinder zu haben, sie aber möglichst nicht zu stören und was noch viel wichtiger war – für die Kinder möglichst unsichtbar zu bleiben.

 

Diesmal war die kleine Marie die treibende Kraft. „Komm, Caro’pe, lass uns auch in den großen Garten hinter dem Palast spielen, ich habe da einen großen Teich gesehen, sind da Fische drin?“

 

„Ja, ich habe Mama gehört, wie sie den Pfeilmädchen gesagt hat, sie sollen Fische einsetzen und die sind alle so schön goldig. Marie, habt ihr zu Hause, wo du herkommst, auch so große Goldfische?“

„Nee Caro’pe bei uns sind die viel kleiner und die schwimmen auch nur in kleinen Becken, nicht so großen Teichen wie hier.“

 

Zusammen saßen sie auf dem warmen Boden und schauten den Fischen in dem Teich zu. Diese Fische im Teich waren eine Sonderart der Koi, sie wurden sehr zutraulich, bis zu 30 cm lang und lebten so lange wie die edlen japanischen Kois. Hier auf Soulebda lebten diese Fische in vielen der Teiche und sie schwammen auch in einigen der städtischen Springbrunnen.

 

Nahe bei den Kindern standen einige Palmen, deren Kokosnüsse fast reif waren zur Ernte. Auch wenn die Bediensteten die reifen Nüsse zumeist rechtzeitig ernteten, fiel immer mal wieder eine der Nüsse so auf den Boden.

 

Damit keiner der Palastgäste und Besucher versehentlich von einer herabfallenden Kokosnuss erschlagen wurde, hatten die Bediensteten einen Prallschutz an den Palmen angebracht, der den Fall bremste, so konnte es höchstens eine kleine Beule bei dem Besucher geben.

 

Diese Kokosnüsse waren nicht ganz so groß wie in anderen Regionen im Südpazifik, dafür hatten sie allerbestes Mark und ihr Wasser hatte einen ganz leichten, erfrischenden Geschmack.

 

„Komm, lass uns die und die Nuss mitnehmen.“, schlug Marie vor und Caro’pe war gleich damit einverstanden. Jedes der Mädchen hatte eine der frischen Nüsse vom Boden aufgenommen und sie schleppten schwerbeladen die Nüsse zurück zum Palast.

 

**

 

Was sie aber übersahen, war ein ausgewachsener Kokosnussräuber, eine Coconut Crab, in Deutschland auch als Palmendieb bekannt. Diese Krebsart kam recht häufig hier in der Südseeregion vor und war durch ihre Größe ein beachtliches Tier. Mit ihren kräftigen Zangen konnten sie problemlos einem Erwachsenen Menschen den Daumen abschneiden, oder einer Vierjährigen sogar die ganze Hand.

 

Dieser ausgewachsene Palmendieb krabbelte hinter den Mädchen durch das Gras und folgte ihnen zum Palast. Palmendiebe fressen in der Regel Früchte, sie schrecken aber auch vor Aas und Kleintieren nicht zurück. Hin und wieder fällt auch schon einmal ein Tölpel diesen Räubern zum Opfer, aber im Grunde sind sie eher harmlos, solange man sie nicht ärgert.

 

Was dieser Palmendieb von den beiden Mädchen wollte, das sollte sein Geheimnis bleiben, vermutlich war eine der Kokosnüsse sein Ziel. Jedenfalls folgte er den Kindern bis in den Palastgarten.

 

Hier spielten die Mädchen noch eine Weile und noch ehe der Palmendieb sich an sie herangeschlichen hatte, liefen die Mädchen spielend in den Palast hinein.

 

„Marie, komm, ich zeige dir unten in den Kellern eine der Kammern, in denen Jerome mit Seilen und Stricken übt. Er kann mit Seilen zaubern, weißt du, der macht Knoten die halten ganz fest, andere die von selbst aufgehen, wenn man daran zieht und vieles andere. Jerome sagt mir immer, er muss das immer wieder lernen und wenn man groß ist, dann muss man das können.“

 

Die beiden Mädchen hüpften auf und sprangen die Treppe hinunter, gefolgt von dem Palmendieb, der sich an einigen der Pflanzen im Palast festzuhalten versucht, dabei aber durch sein Gewicht von fast vier Kilo abrutschte und in den Kellertrakt fiel, indem die Kinder spielten.

 

Durch den Fall in den dunkleren Keller war der Palmendieb nun verwirrt, verstört und fühlte sich bedroht. Das war jetzt ein nicht mehr so spaßiger Moment, denn man erzählte sich auf Soulebda, dass ein Palmendieb einen jungen Mann in eine Höhle gejagt und dort schwer verletzt hatte. Angeblich hatte der Palmendieb dem Jungen sogar die Achillesferse durchgebissen.

 

Dieser inzwischen aggressive Palmendieb, der jetzt im Keller des Palastes herumkroch und sich zu orientieren suchte, folgte einem Geruch, dem Geruch der beiden Mädchen. Der Geruchssinn der Tiere war gut entwickelt und so konnten die beiden Mädchen ihm nicht entgehen. Früher oder später würde der Palmendieb die Mädchen finden.

 

„Caro’pe schau mal all diese Seile, da können wir Tarzan spielen und Jane dazu, huiiiiii schau mal wie ich schwinge.“ Marie schwang sich von einem Ende des Raumes in den anderen und fühlte sich wie Tarzan an einer Liane.

 

Die Kinder waren in ihrem Element und spielten in der Kammer der Seile mit Hunderten allerbesten Seilen, als sie ein Geräusch hörten, ein Knarren und dann ein Schattenspiel vor der Tür. Wie nicht anders zu erwarten tummelten sich in der Fantasie der Mädchen da draußen im Lichthof des Kellers Ungeheuer und Monster.

 

„Huhh, was ist das?“ Marie hatte Caro’pe am Arm gezogen und zeigte auf die offene Türe, in der das Schattenspiel des Palmendiebes zu sehen war.

 

„Das ist vielleicht ein Kellergeist, glaube ich.“ Caro’pe war überrascht, sie hatte noch keinen dieser Krebse so genau angesehen und dieses Schattenspiel sah wirklich gefährlich aus. Schließlich lebten die in der Regel weiter draußen am Wasser und den Wäldern.

 

Die Mädchen schauten sich um. „Wir müssen uns bewaffnen, wenn das ein Kellergeist ist, dann müssen wir standhaft sein. Das sagt meine Mama immer. Bleibt standhaft, sagt sie immer.“

 

„Weißt du, was standhaft ist?“ Fragte die kleine Marie. „Nein, aber wenn meine Mama das von den Gardemädchen verlangt, dann muss das gut sein, also bleiben auch wir standhaft!“

 

In einem der Tonkrüge steckten Bambusstäbe in unterschiedlichen Längen und Dicke. Schnell hatten sich die Mädchen mit je zwei langen, starken Bambusstäben eingedeckt und fühlten sich jetzt bewaffnet um gegen den bösen Kellergeist bestehen zu können und um standhaft zu bleiben.

 

In diesem Moment krabbelte der Palmendieb durch die Tür und seine großen Zangen schauten wirklich schaurig aus. Das Licht im Flur und die schwache Beleuchtung in der Seilkammer taten das ihrige um den mächtigen Krebs noch schauriger wirken zu lassen.

 

Der Palmendieb krabbelte weiter auf die Mädchen zu, was er wollte, blieb unklar, aber jetzt war es auch den beiden Mädchen zu gefährlich, dieses schaurige Tier auf sie zukommen zu sehen, mit den riesigen Klauen dazu.

 

Schreiend liefen sie um das Tier, eines rechts, das andere Mädchen links entlang und das Tier war unschlüssig, wen es nun zuerst angreifen sollte.

 

Draußen im Lichthof stellte sich Caro’pe schützend vor Marie und hielt ihren längsten Bambusstab wie eine Lanze auf das Tier gerichtet.

 

Die Krabbe packte den Bambus mit einer der großen Zangen. Mit einem lauten Knacken zerbrach die harte Bambus Spitze und der Palmendieb hob eine andere der Klauen, wie zum Angriff. Die Mädchen schrien zum ersten Mal. Sie merkten, das ist jetzt kein Spiel mehr.

 

„Schnell, lauf zur Treppe, lauf!“ Spornte Caro’pe Marie an und Marie lief, so schnell sie konnte, zur Treppe. Der Palmendieb aber wollte hinterher und Caro’pe stieß mit ihrem anderen Bambusstab nach der Krabbe.

 

Abgelenkt wendete sich der Palmendieb nun Caro’pe zu und Marie tat das einzig vernünftige, sie rannte die Treppe hoch zur nächsten Gardistin und rief dabei laut um Hilfe.

 

Als die Gardistin zusammen mit Marie die Treppe hinunter gelaufen kam, da griff der Palmendieb mit hoch erhobenen Zangen gerade Caro’pe an …

 

„Ihhhhhhhhhhh“ Rief Marie laut und der Palmendieb versuchte herauszubekommen, ob das Geräusch eine Gefahr darstellte. Die kleine Caro’pe aber nutzte die Chance und sprang über die Krabbe hinweg und rannte zu Marie. Kurz vor ihr drehte sie sich um und stieß ihren anderen Bambusstab nach der Krabbe.

 

Die Gardistin hatte die Lage sofort erkannt und einen Pfeil in ihren Bogen eingelegt. Ein lautes Knacken und erneut hatte der Palmendieb den Bambus abgezwickt. In diesem Moment durchschlug der Pfeil der Gardistin die Panzerung der Krabbe und beendete den Angriff für immer. Die beiden Kinder hatten den Pfeil nicht gesehen und die Gardistin war weise genug, den Bogen schnell wieder zu verstecken.

 

„Ihr seid ja so tapfer gewesen!“ Rief die Gardistin den beiden Kindern zu und sie liefen, wie richtige kleine Kämpferinnen stolz auf die Gardistin zu. Von oben kamen bereits einige weitere Gardistinnen, zusammen mit Penelope und Jeanette angelaufen. Caro’pe schaute die Gardistin mit ihren großen schwarzen Augen an und fragte sie unsicher:

 

„Waren wir standhaft?“

 

Als die Mütter neben ihren Mädchen ankamen, sagte die Gardistin voller Anerkennung zu den beiden Kindern „Oh ja, ihr beiden wart wirklich standhaft, ihr wart richtig tapfer.“

 

Dabei wies sie hinunter in den Lichthof und zwei Gardistinnen trugen den erlegten Palmendieb hoch. Mit einer Spannweite von über 40 cm war das Tier schon gewaltig, dabei sahen die zangenbewehrten Klauen wirklich gefährlich aus.

 

Jeanette, die solch eine Krabbe noch nie gesehen hatte, blieb mit offenem Mund stehen und Penelope erklärte ihr, was sie da sah.

 

„Und solche Tiere laufen hier frei herum, sind da eure Kinder nicht ständig in Gefahr?“

„Nein Jeanette, diese Tiere sind im Grunde nicht aggressiv und sie schmecken sehr gut.“ Damit war das weitere Verbleiben des Palmendiebes vorbestimmt, die beiden Gardistinnen verschwanden mit dem Tier in Richtung Küche.

 

Die Gardistin schaute mit einem Lächeln im Gesicht zu den beiden Kindern: „Ich glaube, ihr beiden habt euer erstes Abenteuer als Kriegerinnen erlebt, oder täusche ich mich da?“

 

Die anderen Gardistinnen standen da in Reihe und Glied und die Mädchen fühlten sich fast wie Fünfjährige.

 

**

 

Währenddessen in Mainstadt

Auf einem Hügel weit vor der Stadt, angrenzend an den dichten Wald, stand in einem umzäunten Gelände ein Funktionsbau aus dicken Betonwänden. Die wenigen Fenster waren mit starken Gittern versehen und ein starker, drei Meter hoher Zaum umgab das Grundstück. An dem Stacheldrahtzaun der oben auf dem Zaun befestigt war, hätte man erkennen können, dass hier regelmäßige Wartungen stattfanden. Hinter dem Haus standen auf dem Parkplatz vier Fahrzeuge, zwei schwarze Kleinbusse und zwei starke SUV.

Auf dem Dach des Bauwerkes befand sich eine kugelförmige Kuppel von gut fünf Meter Durchmesser und an der anderen Seite des Bauwerks ragte ein gut 30 Meter hoher, abgespannter Gittermast in die Höhe, an deren oberen Ende runde und viereckige Kasten montiert waren. Dazu waren zahlreiche Antennen zu sehen.

 

Hin und wieder tauchte ein Mann in Sturmhaube, Kampfuniform und Headset auf, der eine Pistole und ein modernes HK Sturmgewehr trug. Offenbar war die Anlage besetzt. An der einzigen, schweren und verschlossenen Toreinfahrt hing ein altes, unscheinbares Warnschild, das die Anlage als Sicherheitsbereich auswies und als „Elektromagnetische Versuchsanlage“ auswies. Mehr hätte ein einsamer Wanderer auch nicht erkennen können.

 

Im Inneren der Anlage saßen an dem großen Tisch Viktor Kubaliborow und einige seiner Getreuen aus den alten Tagen, als der russische Geheimdienst noch KGB hieß und der GRU nur im Ausland aktiv war.

 

Viktor Kubaliborow, 65 Jahre, sehr elegante Erscheinung ehemaliger General, höchstdekorierter Diplomat in den USA, legendärer Geheimdienstler im KGB und danach dem GRU. Kubaliborow war in Paris vor wenigen Jahren als Held während einer Aktion „verstorben“, um sich so zusammen mit Dagan Mayr dem Aufbau von G.I.P.S.Y. zu widmen.

 

Oleg Popow, 45 Jahre, sehr gutaussehend, sportlich durchtrainiert, Schachgroßmeister, Judoka und eine Strategielegende, früher beim GRU, heute bei G.I.P.S.Y. auf Soulebda.

Kiruna Moissejewitsch, 59 Jahre, drahtige Erscheinung und ein Enkel von Lasar Koissejewitsch. Kiruna hatte einen Lehrstuhl am Polytechnikum in Moskau inne, bis er das Land vor über zehn Jahren verlassen musste, als man die Akten seiner Vorfahren neu ordnete.

 

Mira und Kira Jemeljanenko, 35 und 36 Jahre jung, zwei blonde, bildhübsche, durchtrainierte, clevere Kampfsportlerinnen, denen es in Russland zu langweilig wurde und die erst vor wenigen Jahren von Viktor Kubaliborow abgeworben wurde. Viktor Kubaliborow war es gelungen, die beiden Mädchen rechtzeitig abzuwerben, ehe sie auf die schiefe Bahn gerieten.

 

Fjodor Kaputnikow, 43 Jahre, unscheinbares Aussehen, Chef- Ausbilder am Polytechnikum für Chemie und Mechanik in Katharinenburg-Wummeralow, einer lebenden Legende, wenn es um neuartige Sprengstoffe ging. Fjodor wurde seinerzeit in Russland von allen nur als „Kaputnik aus Ka-wumm“ genannt, weil er sich beim Entwickeln eines neuartigen Mehrkomponenten Sprengstoffes angeblich selbst in die Luft gesprengt hatte.

 

Ekaterina Romannova, 36 Jahre, eine dunkelblonde Schönheit mit messerscharfem Verstand und durchtrainiertem Körper. Ekaterina wurde früh beim KGB für Spezialaufgaben ausgebildet, die alle mit der Beseitigung wahrhaft bösartiger Menschen zu tun hatte. Ihre Erfolgsbilanz betrug 32 bestätigte Tötungen. Ekaterina war sehr gefühlsvoll, lachte und tanzte sehr gerne und mit ihrer Freundin Leanova zusammen, bis diese von Theobald der Stecher Vogel umgebracht wurde. Im Einsatz konnte sie ihr Gefühlsleben komplett abschalten und galt daher fälschlicherweise als eiskalte Killerin.

 

Daria Konstantina, 40 Jahre, bildhübsch und sehr gut ausgestattet. Die Dana aus Russland. Dr. Ing. und eine Entwicklerin für hochintegrierte Schaltungen und Steuerungen. In Russland als mannstolles Weib verschrien, weil sie alle ihre Liebhaber binnen eines halben Jahres „verschlissen“ hatte. Mit der Abrüstung der Atomwaffen verlor sie ihre Arbeit und fand bei Viktor Kubaliborov einen Gönner und Förderer.

 

Daylo und Kyrylo Katalinow aus Ogaschemm, einer Ortschaft nahe Krasnojarsk am riesigen Fluss Jenissei. Zwei Brüder, beide 40 Jahre alt und zwei stahlharte, erstklassige Nahkämpfer. Bei den Jenissei Kosaken hatten beide als Ausbilder gedient und wurden vom Militär ausrangiert, als man die Kosaken Abteilung auflöste.

 

Diese zehn ausgewiesenen Spezialisten saßen hier an einem Tisch und erzählten kurz über ihre Zeit vor dem heutigen Treffen. Sie aßen und tranken etwas und stärkten sich. Es wurde einige Witze gemacht und über alte Zeiten gesprochen und an alte Freunde gedacht, die nicht mehr unter ihnen weilten. Dann war es Ekaterina Romannova, die das Gespräch mit ihrem entmachtenden Charme übernahm.

 

„Viktor Kubaliborow, du als unser Freund und bester Mentor und Gönner. Du hast nach uns gerufen und wir sind alle gekommen. Mein Freund Viktor, wie können wir dir helfen, du rufst uns nicht ohne einen triftigen Grund.“

 

Viktor lächelte und gab an einen seiner Helfer ein kleines Zeichen, schon flammte ein Beamer auf und die wenigen Fenster verdunkelten sich.

 

„Meine lieben Freunde, ich habe nach euch gerufen, weil ich euere Hilfe brauche und weil ein alter Feind wieder aktiv wurde. Ein Feind, der uns bereits viele guten Freunde gekostet hat. Ich rede von Theobald, der Stecher, Vogel, mit dem haben die meisten hier am Tisch noch eine offene Rechnung.

Es ist aber weit komplizierter, denn der Stecher ist, wie bereits früher nur der Killer, der im Auftrag eines anderen aufräumt.

 

Inzwischen hat er in diesem aktuellen Auftrag über 320 Menschen weltweit umgebracht, nur für diese Aktion. Jetzt lasst mich euch einweisen, damit ihr auch die ganzen Fakten kennt. Igor bitte, starten den Film.“

 

In den nächsten zwei Stunde wurden die Anwesenden mit allem vertraut gemacht, was sich bisher ereignet hatte. Die Zusammenhänge wurden erklärt und welche Personen aus welchen Ländern daran beteiligt waren.

 

Als dann Mainstadt ins Spiel kam, mit dem Mordversuch und allem, was danach kam, da wurden den Anwesenden langsam die Tragweite klar.

 

Schließlich endete Viktor mit dem Einsatz der beiden Reporterinnen und dem eingeweihten Innenminister Nehren.

 

„Das ist ja fast unglaublich. Der Stecher Vogel ist immer noch aktiv und gefährlicher als je zuvor. Was ist jetzt unsere Aufgabe Viktor, weshalb sind wir hier in Deutschland und nicht in der Südsee und helfen mit, den Stecher dort zu erledigen?“

 

„Weil wir dort gute Freunde haben, die den Kampf dort führen.

Hier aber ist es wichtig, dass wir die Beteiligten in dem Gefängnis schützen, das sind diese Personen hier.“

Viktor zeigte Bilder jedes einzelnen Angestellten aus dem Gefängnis und erklärte auch dessen Eigenschaften.

 

„Außerdem erhalten diese Reporterinnen hier von der ACP einen Rundumservice und sogar der Innenminister wird geschützt.“

 

Bei den Bildern der Reporterinnen wurden nicht nur die Männer, sondern auch Ekaterina neugierig.

 

„Die Mädchen sehen fast zu gut aus, um gute Reporterinnen zu sein.“, nörgelte Fjodor und erhielt von Ekaterina einen heftigen Rippenstoß. „Hör zu Kaputnik, diese Fransiska habe ich bereits einmal gesehen. Die war vor einiger Zeit in einer Aktion in Sibirien involviert. Damals ging es, glaube ich, um Organhandel und einen Putsch einiger unserer Truppen.“

 

„Vollkommen richtig, die war da mit dabei und gilt als eine brillante Reporterin, die weiß, wie man Aufklärung betreibt.“

 

„Aha, was wurde eigentlich aus dieser scharfen Rothaarigen und ihrem Kerl, Caroline und Peter?“

 

„Die beiden sind unsere Freunde in der Südsee und die arbeiten mit uns zusammen.“

Auf der Leinwand flammten einige Bilder von Peter und Caroline auf, die die beiden in verschiedenen Aktionen zeigten.

Mira und Kira sahen auf die Bilder und Mira fragte „Was macht diese scharfe Braut mit so einem Schlappi?“

 

„Tja, der ist garantiert alles, nur kein Schlappschwanz, stimmts Viktor?“

„Exakt, das kannst du laut sagen, das sind Caroline Miles und Peter Stein, diese Namen müssten euch etwas sagen …“

 

„Oh ja,“ fiel Daria Konstantina ein, „Peter Stein, ein Mann mit einem Ego so groß wie der Mond und einem schier unstillbaren Trieb. Den Mann würde ich gerne einmal kennenlernen.“

 

„Glaub ich dir gerne und wir würden gerne sehen, wer wen alle macht, der Mann gilt als Testosteronbolzen allererster Güte.“

 

„Na dann kann sich Caroline ja glücklich schätzen, die Braut würde ich gerne mal sehen, ist das nicht die Nummer 1 von Dagans Nichten Viktor?“, fragte Ekaterina.

 

„Das ist sie, ich glaube, ihr beiden würdet in vielfacher Hinsicht sehr gut zusammenpassen, meine Liebe. Doch nun zurück zu unseren Aufgaben.“

 

Und so wurden die anstehenden Aufgaben besprochen. Auf Soulebda waren gute Kämpfer eingetroffen und in Deutschland war jetzt eine weitere Kraft dazugekommen, die Stechers Killern und dem Financier entgegentreten würden.

 

**

 

Unterdessen in Berlin

Zwischen der JVA Berlin Tegel und der Bundesnetzagentur trafen sich in dem herrlichen Waldstück einige Passanten und flanierten gemeinsam durch das kleine Waldgebiet. „Sie sind also Maja Marunja, ich habe bereits viel von ihnen gehört und dann müssen sie ihr Mann Boris sein.“ Stellte Hella fest und Fransiska lächelte die beiden an. „Ihr müsst sie entschuldigen, Hella ist gedanklich immer in Action.“

 

„Ja schon, aber im Moment machen mir diese Kopfschmerzen mehr zu schaffen, wenn nur dieses blöde Geräusch nicht wäre.“ Boris Marunja, griff in seine Manteltasche und zeigte ein kleines harmlos aussehendes Gerät. „Ich fürchte, das kommt von diesem kleinen Freund hier, der verhindert, dass uns jemand elektronisch stört oder abhört. Von da drüben, der JVA kommen auch Störsignale, deswegen sind wir genau hier in einem elektronischen schwarzen Loch.“

 

Während sie weitergingen, sahen sich Maja und Fransiska öfter unauffällig um. „Noch sind wir unter uns, aber wir sollten uns dennoch beeilen.“, begann Maja und fuhr fort. „Dagan hat nichts dagegen, dass wir uns ein wenig um euch hier kümmern. Er rechnet mit einigen unliebsamen Besuchern in der nächsten Zeit, und da wäre es gut, einige verlässliche Freunde um sich zu wissen.

 

Folgendes.

Wir bewohnen im Waldorf Astoria das Appartement unterhalb von euch. Gebt uns bitte die Schlüssel zu eurer Suite, wir sollen die Zimmer mal elektronisch abklopfen. Treffen wir uns in drei Stunden bei euch, abgemacht?“

 

Fransiska übergab unauffällig den Wohnungsschlüssel an Maja und die vier verabschiedeten sich wieder und gingen ihre Wege.

 

„Ist das nicht etwas gefährlich, uns so alleine zu lassen?“ Kam von Hella und Fransiska verzog leicht das Gesicht zu einem Lächeln. „Die ganze Zeit waren wir von zwei Männern Dagans umgeben, ich habe nur einen gesehen, aber Dagan sagte, es sind immer zwei, die uns absichern. Wir sind und waren also keineswegs alleine. Die beiden hier, Maja und Boris, ich denke die können bestens auf sich selber aufpassen. Das konnten sie schon vor langer Zeit.“

 

„Ist das nicht dieser Atom Physiker aus Israel und dieser weibliche Indianer Jones Verschnitt?“

 

„Oh lass sie das mal besser nicht hören, Maja mag es nicht als Abenteurerin bezeichnet zu werden. Immerhin leiten die beiden eine Fluglinie in der Russischen Föderation und wissen wie man überlebt. Maja hat ihren Boris vor Jahren kennen und lieben gelernt, als sie ihn aus fremden Landen befreite und heimbrachte. Das muss eine wilde Zeit gewesen sein. Wenn sie gut drauf sind, erzählen sie dir vielleicht davon.“

 

**

In die Tiefgarage des Hotel Waldorf Astoria fuhren zwei schwarze SUV der Oberklasse und fanden ihren Parkplatz. Sechs Männer und zwei Frauen, alle in bester Kleidung stiegen aus und gingen auf den zentralen Lift zu.

 

Als sich die Türen öffneten, stand bereits Boris Marunja bereits im Aufzug und begrüßten die Leute kurz.

 

„Maja ist noch beim Security Chief, sie kennt ihn wohl von früher und klärt noch unsere Aufgaben, die sind hier alle gut ausgebildet, müsst ihr wissen.“

 

Oben vor der Suite der Mädchen standen bereits zwei Security Mitarbeiter in tadellosem Anzug, mit verschränkten Händen und nickten Boris unauffällig zu. Einer der beiden sprach in sein Handmikrofon und die Suite Türe ging auf.

 

Maja kam mit einem großen, smart und elegant aussehenden Mann im besten Anzug heraus und beide lächelten sich zu.

 

„Kommt rein“, winkte der Mann den Leuten vor der Türe zu und die Security Leute schlossen die Türe wieder hinter ihnen.

 

„Ich stelle euch meinen alten Freund Robert Mallore, den Sicherheitschef vor. Robert und ich haben uns einmal in Simbabwe kennengelernt und wurden Freunde.“

 

„Ja diese Lady hat mir dabei mein Leben gerettet und ich zeigte mich ihr etwas dankbar. Leider konnte ich sie nicht ehelichen, da sie bereits mit einem anderen Glückspilz zusammen war.“ Damit deutete er auf Boris und er lächelte etwas verlegen.

„Nun, um es kurz zu machen, auch bei besten Freunden würden wir solch ein Handeln nicht so einfach zulassen, aber ich hatte vor einigen Tagen ein Telefonat mit der Regentin von Soulebda und sie hat mich informiert. Es geht alles in Ordnung.

Aber Maja, meine liebe Maja, du hast mir verschwiegen, dass Viktor Kubaliborow zusammen mit Dagan auf Soulebda arbeiten, das war mir neu.“

 

Lächelnd spielte Maja mit ihren Augen. „Du kennst immer noch jeden wichtigen Mann, egal wo sie sich befinden, oder?“

„Natürlich, das war immer mein Faible, Wissen verlängert das Leben, das weißt du doch am besten, oder?“

Lächelnd schaute Robert Mallore zu den Angestellten von Maja und schnippte mit dem Finger. Zwei Security Männer eilten herbei.

„Weist die Leute ein, zeigt ihnen auch die Sicherheitskameras und die drei anderen Überraschungen, klar?“

 

Jetzt standen Robert Mallore, Maja und Boris vor dem riesigen Fenster der Suite in der 12. Etage und blickten über die Skyline von Berlin.

 

Robert Mallore schaute Boris eindringlich an. „Wie geht es eurer süßen Tochter Finja, ich hörte, sie hält sich jetzt öfter in Israel auf und hat sich wohl ganz gut entwickelt? Sag Lem, dem alten Wadenbeißer einen schönen Gruß von mir und ich schulde ihm noch ein Bier.“, dabei lachte er.

 

„Werden wir tun, nun zu der aktuellen Angelegenheit, auch wenn du nicht fragst, weiß ich doch genau, dass es dir unter den Nägeln brennt. Also es geht um Folgendes …“

 

**

 

Berlin Steglitz

Währenddessen in einem edlen teakholzvertäfelten Raucherzimmer eines noch edleren Herrenhauses nahe Berlin Steglitz.

 

Der Mann saß mit einem Glas edlen Branntwein und einer guten Zigarre in einem mächtigen ledernen Ohrensessel und lauschte ins Telefon. Nach einer Weile sagte er nur ein Wort „Stopp!“ Das Telefon verstummte und der Mann im Ohrensessel hörte einen anderen Mann schwer atmen.

 

„Das ist alles Mumpitz, was sie da sagen. Folgendes hat zu geschehen. In Mainstadt sind immer noch die Leute, die eigentlich längst unter den Toten sein sollten. Holen sie das nach – und zwar umgehend.

 

Hier in Berlin müssen die beiden ACP Tussies gesichert werden. Ich will wissen, was die genaues wissen, und wie die an die Alofi Unterlagen kamen. Ist das klar? Nicht einfach ausschalten, die Informationen brauche ich. Danach können die weg.

 

Und dann das Allerwichtigste. Da sie ja auf Soulebda sind, sorgen sie endlich dafür, dass wir die Informationen der beiden Augenzeugen bekommen. Diese Miss Miles und ihr Mann wissen viel zu viel. Außerdem muss dann noch diese Französin weg. Das hat ja bisher mit ihren Leuten gar nicht geklappt.“

 

„Ja, deswegen bin ich jetzt ja selber hierher geflogen, um das alles zu klären, Sir.“

 

„Bisher haben alle ihre Vorschläge auf Soulebda nicht gefruchtet. Vielleicht muss ich mir für die nächsten Unternehmungen einen anderen Exekutor suchen, der für mich arbeitet.“

 

„Sie können sich auf mich verlassen, ich habe sie bis heute kein einziges Mal hintergangen oder betrogen.“

 

„Wenn sie nur mit dem Gedanken gespielt hätten, dann wären sie bereits längstens kalt in irgendeiner Felsschlucht. Versuchen sie mich also nicht.“

 

Damit war das Gespräch beendet. Der Mann im bequemen Ledersessel schaute auf, direkt in das Gesicht eines Mannes mit einer hinterhältigen Mördervisage.

„Vielleicht müssen wir uns vom Stecher doch trennen, er macht in letzter Zeit Fehler. Das ist nicht gut.“

 

„Das ist für ihn ungewöhnlich, er ist einer der allerbesten in unserer Zunft. Vielleicht geht seine Glanzzeit einfach zur Neige.“

 

Der Mann im bequemen Ledersessel nickte. „Ja vielleicht.“

 

**

 

Soulebda

Hafenbereich

 

„Verdammter Sesselfurzer!“ Brüllte der Stecher in das Telefon, das nur noch summte und warf den Hörer auf die Gabel.

 

Er hatte ein echtes Problem, hier auf Soulebda und dem Pazifikbereich befanden sich seine drei Hauptziele und gleichzeitig reichlich Menschenmaterial für die weitere Piraterie Planungen. Die geplante Personaldecke für die Bordelle war gut und die Ausbildung der Mädchen lief von Mal zu Mal besser. Die kleine Franzosenschlampe würde er sicherlich nebenbei erledigen können, aber sobald die in Begleitung der roten Frau war, lief es irgendwie aus dem Ruder. Und jetzt war auch noch der Mann der roten Frau hier angekommen.

Das bedeutete, er konnte die nicht mehr einfach ausschalten, er musste wissen, was sie von Alofi wussten und das seinem Auftraggeber mitteilen. Erst danach würde er seine Befriedigung bekommen und die drei umbringen können. Dann wäre hier alles gut.

 

Dafür lief in Deutschland alles falsch. Die verdammten Beamten aus der JVA ließen sich nicht so einfach umlegen, jedenfalls war es einfacher gedacht. Aber irgendwie wollte die einfach nicht sterben.

Dazu kamen dann noch diese beiden Tussis von der Presse, die den ganzen Alofi Schlamassel aufgedeckt hatten.

 

Er musste schnellstmöglich hier aufräumen, seinen Leuten klarmachen, dass er keine Fehler tolerierte. Ein Blick in den Terminkalender zeigte ihm den besten Zeitpunkt auf. Schon griff er zum Telefonhörer. Seine Assistentin meldete sich. „Information an die Sektionsleiter. Ich will ein Treffen mit allen Sektionsleitern auf Ternate. Ich will die Zahlen sehen und den Status der Operationen und ich will das alles in 48 Stunden. Mach denen klar, dass ich nicht warten will.“

„Ich werde es ausrichten. Auf Penama läuft gerade die Einweisung der neuen politischen Berater für Indonesien. Die Sektionsleiter sind dort versammelt.“

„Die werden wissen, wer Priorität hat, oder sie werden es sehr schnell lernen!“

 

**

 

Penama, Vanuatu

Im großen Konferenzraum auf Penama saßen vier Anzugträger in feinstem Zwirn und unterhielten sich recht zwanglos mit einigen der Servicedamen. Die Eingangstür öffnete sich und Helena van Deubth, die „Herrin“ trat ein, gefolgt von zwei ihrer Stellvertreter.

 

„Bitte entschuldigt, ich hatte noch ein wichtiges Gespräch mit dem Vorstand, wir müssen unser Gespräch rasch zum Abschluss bringen oder vertagen, aber ich muss in wenigen Stunden weiter.“

 

„Miss van Deubth, wie stellen sie sich das vor, wir haben gerade die ersten 10 Punkte der Tagesordnung durch und es stehen noch 12 andere Punkte an.“

„Deswegen sagte ich ja beschleunigen oder vertagen, was ist ihnen lieber?“

„Ich denke, das ist zu wichtig, als dass wir solche Verhandlungen beschleunigen können, wir …“, weiter kam der erste Anzugträger nicht.

Mit einem kurzen Aufschrei ging der Mann in die Knie und die „Herrin“ zog eine spitze Klinge aus dessen Herz und wischte das Blut an seinem funkelnagelneuen Maßanzug ab.

 

Achtlos ließ sie den sterbenden Anzugträger mit dem Kopf auf den Boden fallen.

 

„OK, der erste hat sich aus den Verhandlungen zurückgezogen, wie steht es mit ihnen, meine Herren?“ Dabei blickte sie in die Augen der anwesenden Männer und ihre Augen hatten einen grauenhaften Glanz.

 

„Beschleunigen wir die Sache doch am besten…“, offerierte der erste und die beiden Verbliebenen stimmten hastig nickend ein. „Ja, Beschleunigen…“

 

„Das klingt besser, in einer Stunde hole ich die Unterschriften ab, Danke meine Herren.“

 

Damit verließ sie den Konferenzraum und zwei ihrer Leibwächter blieben an der Türe stehen, bereit die unterschriebenen Verträge abzuholen.

 

**

 

 

 

Der Zorn Soulebdas

SOULEBDA/ Palast

 

„Ich kann es kaum glauben“, sagte Penelope und setzte sich zu Soleab auf das Sofa, der seinen Arm um sie legte, „wir haben tatsächlich ein paar Stunden Zeit, nur für uns.“

 

Dass die beiden wenig Zeit füreinander hatten, entsprach leider den Tatsachen, denn seitdem das Rettungsboot der Bell Star mit seiner toten Besatzung aufgefunden wurde, war Soleab im Dauereinsatz, um die Gefahr der Piraten zu beseitigen.

 

Doch so einfach war das nicht! Die Polizei hatte keine Hochseeschiffe und die Schiffe der Küstenwache waren nicht bewaffnet. Also musste die Marine aushelfen… doch da galt es gab einige politische Hürden zu überwinden. Die Armee musste Polizeiliche Aufgaben ausüben, die Schiffe der Küstenwache mussten bewaffnet werden… dazu mussten einige Gesetze durch das Parlament gebracht werden. Soleab ertappte sich bei dem Gedanken, dass es während des Bürgerkrieges einfacher war, Anweisungen umzusetzen….

 

Sicher, er hätte zu Heylah gehen können um sie um einen Erlass zu bitten und da das Wort der Regentin Gesetz war, wäre die Angelegenheit in einem Tag erledig gewesen. Doch genau dagegen hatten er und die Rebellen im Bürgerkrieg gekämpft! Heylahs verstorbener Mann hatte diese Macht genutzt um das Volk zu unterdrücken! -Nein! Das ist Arbeit des Parlaments und ich bin der Parlamentspräsident, also ist es mein Job! – Sagte sich Soleab immer wieder. Allerdings musste Soleab zugeben, dass es ihm die Opposition nicht allzu schwer machte. Keine Partei wollte Piraten an den Küsten haben und die Berichte Halls, vom IMB, hatten dazu beigetragen die Reihen zu schließen. Knackpunkt war die Frage, wann die Sonderbefugnisse wieder beendet werden sollten.

 

Um jetzt schon handeln zu können, einigte man sich darauf, dass auf jedem Schiff der Marine, welches sich an der Jagd nach Piraten beteiligte und jedem bewaffneten Schiff der Küstenwache, Polizeibeamte an Bord waren, die während einer Aktion die Befehlsgewalt innehatten. Da diese Maßnahme schon im ersten Anlauf durch das Parlament ging, kam Soleab heute überraschend früh nach Hause.

 

Auch Penleope, die als Bildung und Gesundheitsministerin schon viele Pflichten hatte musste, als Heylahs Tochter, noch viele protokollarische Aufgaben übernehmen.

 

„Ja, mindestens sieben Stunden… ich frage mich, was wir in dieser langen Zeit bloß miteinander anfangen sollen.“ Grinste Soleab.

 

Gerade wollte Penelope entgegnen, dass er dies nicht beschreien sollte, da riss Veronique die Tür zu ihrer Wohnung auf uns stürmte zu ihnen hinein.

 

Penelope starrte in ein Gesicht, in dem sich Verzweiflung, Wut und unbändigen Hass spiegelten. Im Hintergrund, durch die geöffnete Tür, sah Soleab wie Jerome zu Heylahs Gemächern lief und versteifte sich.

 

„Veronique? Was ist passiert?“ fragte Penelope ihre Freundin besorgt.

 

Irgendwie schaffte es Veronique ihre Wut so weit unter Kontrolle zu bringen, dass sie sprechen konnte. „Wir haben eine Krise! Ich habe eine Sondersitzung einberufen!“

 

**

 

Eine entsetzliche Stille hatte sich über den Raum gelegt, welche nur ab und an durch ein Aufschluchzen unterbrochen wurde. Während die Militärs eine versteinerte Mine aufgesetzt hatten hielten die Zivilisten kaum ihre Tränen zurück. Zu schrecklich warn die Bilder der Überwachungsdrohne.

 

Neben Heylah, Penelope und Soleab saßen Jerome, Veronique, Bernd, Dagan, Ma’Gus, General Jektjor’far sowie Randy und die wichtigsten zivilen Berater der Regierung im großen Besprechungssaal des Palastes.

 

Randy, der ja schon einiges gesehen hatte, konnte nicht glauben, was die Drohne da aufgenommen hatte und bildete sich ein, die Schreie der Menschen zu hören, die von den Flammen verzehrt wurden.

 

Randy hatte sich zufällig im Lage-Raum des Palastes aufgehalten um ja keine Sekunde zu verlieren, sollten Neuigkeiten über Dana und die anderen eintreffen und war Zeuge als die Bilder übermittelt wurden.

 

„Willst du nicht zu Hause warten?“ Hatte ihn einer der Techniker gefragt. „Ich verspreche dir, wir rufen dich noch vor allen anderen, sobald wir eine Nachricht bekommen.“

 

„Nein, es sei denn ich störe euch.“

 

„Quatsch du störst nicht. Immerhin hast du das Problem mit der Bildschirmkalibrierung gelöst und der Datentransfer zwischen hier und den Stellen außerhalb des Palastes ist jetzt auch viel schneller.“

 

„So habe ich wenigstens was zu tun, dass mich etwas ablenkt.“ Antwortete Randy und schon ging sein Blick zur elektronischen Landkarte auf der die implantierten Sender in Dana ihren genauen Standort zeigten. Wenn er mit Dana „redete“ versicherte sie ihm, dass alles in Ordnung war und sie nicht bedrängt wurde und auch, dass die Piraten einen disziplinierten Eindruck machten. Sie berichtete, dass Iduna ein Gespräch mithörte, in dem der Chef der Piraten jedem einzelnen noch einmal klar machte, die Frauen nicht anzufassen.

 

Bis jetzt waren alle Frauen noch gemeinsam an Bord der Yacht mit westlichem Kurs wo sie sich Vanuatu oder Neukaledonien näherte, noch immer mit Tamar und dem Todesschatten hinter sich im Schlepp. Wo immer das unbekannte Lager der Piraten war, in ein paar Tagen würden sie es wissen und dann konnten Pläne gemacht werden, wie die Piraten dort bekämpfen werden konnten. Ma’difgtma stand im ständigen Kontakt mit Ma’fretama und diese berichtete, dass man sie zwar nicht mit Samthandschuhen anfasste, doch ihnen auch keine Gewalt antat. Man hatte sie nicht einmal richtig durchsucht… Beinahe hätte Randy bei dem Gedanken gelacht, dass die Piraten keinen blassen Schimmer hatten, mit wem sie unterwegs waren und dass der Tod direkt vor ihrer Nase war. Nichts desto trotz machte sich Randy, genau wie wir alle, große Sorgen um seien Freundin.

 

„Da kommt wieder ein Datenpaket an.“ Sagte der Techniker und rief die eingehenden Daten auf. „Die Drohne über Ambrym!“

 

„Alles klar, Aufzeichnung läuft!“ bestätigte der andere Techniker und schon erschien das Kamerabild der Drohne auf den Bildschirmen.

 

Einer der beiden zoomte das Bild heran und schaute sich das geschäftige Treiben am Boden an. „Ziemlich was los heute.“ Meinte er. „Die letzten Tage war es dort nicht so hektisch.“

 

„Da wird was in Hubschrauber verladen…“ murmelte der andere. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die lösen das Lager auf.“

 

„Wie willst du denn ein solches Lager auflösen. Ich meine, du hast über hundert Gefangene die kannst du ja nicht…“ er brach ab, als ein heller Blitz den Bildschirm erhellte und sich dann ein gleißender Feuerball ausbreitete. Randy wollte nicht glauben was er sah, doch die Kamera log nicht! Völlig erstarrt saßen sie da und nahmen das Drama auf, wobei allen drei die Tränen der Hilflosigkeit über das Gesicht liefen.

 

**

 

So wie Randy erging es allen Anwesenden im Besprechungs-Raum. Keiner wollte glauben, dass die Piraten einfach Menschen verbrannt hatten. Hafa’ler, Heylahs persönliche Assistentin sprang auf, rannte zur Toilette und schaffte es gerade noch rechtzeitig. Während durch die offene Tür unmissverständliche Geräusche ertönten schauten alle zu Heylah, die völlig erstarrt dasaß.

 

Dagan wartete, bis jemand hinter Hafa’ler, die Tür geschlossen hatte, dann brach er schließlich die Stille und berichtete, was sie bisher schon ermitteln konnten. Er stand auf, trat an die große elektronische Landkarte wo alle bekannten Stützpunkte der Piraten eingezeichnet waren. Neben jedem Punkt standen, die geschätzte Anzahl der Piraten, der Geiseln, sowie die Ausrüstung der Piraten und auch der Kurs der Halife wurde aufgezeigt. Dagan zeigte auf die Insel Ambrym und sagte:

 

„Wir konnten den Kurs der Helikopter nicht verfolgen, da aber einer der Hubschrauber ein EC 135 war, welcher eine Reichweite von ca. 600 Kilometer hat, gehen wir davon aus, dass das neue Lager der Piraten sich ebenfalls auf einer der Inseln Vanuatus, oder an der Ostküste Neukaledoniens befindet. Das bestätigt auch der Kurs der Halife, mit unserem Außenteam an Bord.“

 

„Wir müssen sofort zuschlagen und das andere Gefangenlager auf Mota befreien!“ rief einer der zivilen Berater.

 

„Das wäre unklug.“ Entgegnete Dagan. „Die Aktionen zur Befreiung aller Geiseln muss unbedingt zeitgleich erfolgen. Sonst verleiten wir die Piraten dazu, ein weiteres Massaker zu begehen.“

 

„Und was ist, wenn die Piraten dort genauso vorgehen wie auf Ambrym?“

 

„Wir haben sofort eine weitere Drohne über Mota in Position gebracht, die noch keine Aktivität im Lager aufzeichnen konnte.“

 

„Aber was, wenn doch?“

 

General Jektjor’far sah in die Runde und sagte dann, „Wir haben eine schnelle Engreiftruppe, die wir seit der Krise auf Futuna ständig in Alarmbereitschaft halten. Diese Einheit kann Mota in nur sechs Stunden erreichen. Sobald es auf Mota Anzeichen gibt, dass die Piraten das Lager dort ebenfalls auflösen wollen, schlagen wir zu.“

 

„Sechs Stunden sind eine lange Zeit!“

 

„Wir sind nicht auf dem Kontinent! Zwischen uns und den Piraten liegen nun mal ein paar hundert Meilen Ozean…“

 

„GENUG!“ rief Heylah und sofort schwiegen alle. Die Stille wurde nur von Hafa’ler unterbrochen, die zu ihrem Platz zurückwankte.

 

Heylah stand auf und zitterte am ganzen Leib. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass auf Mota, gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt, das Gleiche geschieht wie auf Ambrym?“

 

Ma’Gus erhob sich und antwortete. „Momentan schätze ich die Lage folgendermaßen ein:

 

Die Piraten verlegen nacheinander ihre Gefangenen in das neue Lager. Da die Piraten gewinnorientiert denken, nehmen sie nur die Gefangenen mit, mit denen sie auch Gewinn erzielen können. Gäbe es eine klare Anweisung dies zeitgleich zu tun, hätte man das Lager auf Mota zusammen mit dem Lager auf Ambrym aufgelöst. Zu dem Lager auf Mota: Da wir nicht mit den Ereignissen von Ambrym rechnen konnten, wurde eine Auflösung des Lagers dort nicht ernsthaft in Betracht gezogen und so haben wir die ersten Anzeichen nicht erkannt. Nun, da wir wissen, dass so etwas geschehen kann, können wir schneller eingreifen. Eine Analyse der Aufzeichnungen wird sicher ergeben, dass sich die Auflösung des Ambrym Lagers sich mehrere Stunden, wenn nicht sogar Tage vorher angedeutet hat. Sollten sich auf Mota dieselben Anzeichen zeigen, schätze ich eine Zeitspanne von sechs Stunden für ausreichend, die unsere Eingreiftruppe benötigen würde, um Mota zu erreichen.“

 

„Wie kommen sie zu dieser Erkenntnis?“ wollte Soleab wissen.

 

„Wie gesagt, Piraten arbeiten gewinnorientiert. Auch auf Mota gibt es neben Geiseln auch Waren und Güter, welche die Piraten sich zusammengeraubt haben. Die lassen die Piraten nicht einfach liegen und hauen ab. Nein, die werden vorher verladen und verschifft. Und die Menge an Waren und Gütern wird sicher nicht mit Hubschraubern abtransportiert. Ich wette, wenn wir die Ambrym Aufzeichnungen lange genug zurückspulen, werden wir einen vermehrten Schiffsverkehr feststellen.“

 

„Wie konnte es dann zu einem solchen Verbrechen kommen?!“ fragte Heylah.

 

Ma’Gus, Dagan und Jektjor’far wechselten einen Blick. „Wir haben nicht mit einer derartigen Skrupellosigkeit gerechnet. Was diesen Punkt angeht, haben wir drei schlichtweg versagt!“

 

„NEIN!“ Soleab stand auf. „KEINER von uns hat DAMIT gerechnet! Wir wussten seit der Bell Star, was für Drecksschweine diese Piraten sind und haben sie dennoch unterschätzt! WIR ALLE haben hier versagt. Diesen Fehler werden wir nicht noch einmal begehen.“

 

Ma’Gus nickte Soleab dankbar zu als der sich wieder hinsetzte. „Die Sicherheit der Geiseln scheint mir im neuen Lager der Piraten noch am Größten. Da das Lager neu ist, werden sich die Piraten dort sicher fühlen, doch bestimmt werden die Piraten dort auch Abwehrmaßnahmen treffen. Deswegen halte ich verführtes Eingreifen auf Mota für falsch. Damit warnen wir sie nur vor.“

 

„Aber, wir können doch nicht einfach nichts tun!“ rief Penelope. „Diese …. Diese Bestien haben gerade… wie viele Menschen ermordet?“

 

„Vierundachtzig.“ Antwortete Dagan leise.

 

„Vierundachtzig! Das kann und darf nicht ohne Antwort bleiben!“

 

„Nein, das wird es auch nicht, aber wir müssen zuerst an die anderen Geiseln denken.“

 

„DAS REICHT!“ rief Heylah und trat vom Tisch weg, um zur Karte zu gehen. In diesem Moment machte sich Penelope mehr Sorgen um ihre Mutter, als um alles andere. Sie und auch keiner der anderen, hatte Heylah je in einem solchen Zustand gesehen. Sie zitterte, war aschfahl und konnte sich nur mühsam beherrschen.

 

„Was ist das?!“ fragte sie und zeigte mit einem zitternden Finger auf einen Punkt der Karte.

 

„Tetepare auf den Salomonen, ein Umschlagplatz für gestohlene Waren.“ Antwortete Jektjor’far.

 

„Geiseln?“

 

„Das wissen wir nicht genau, aber wir gehen nicht davon aus.“

 

„Wie sicher sind sie?!“

 

Ma’Gus trat hinzu. „Wir konnten einen Mann bei den Piraten einschleusen. Er ist auf der Wudong und berichtet, dass die Piraten, vor jedem Einlaufen in Tetepare, ihre Geiseln von dem Schiff holen. Angeblich soll somit Streit unter den verschiedenen Besatzungen vermieden werden.“

 

„Wie sehr vertrauen sie den Berichten? Ich meine, wie können sie sicher sein, dass die Nachrichten nicht fingiert sind? Wie werden die Nachrichten übermittelt?“ wollte Soleab wissen.

 

„Unser Mann ist ein Stammeskrieger.“ Mehr musste Ma’Gus nicht sagen.

 

„Wir… Wir werden antworten!“ sagte Heylah mühsam beherrscht und hämmerte mit ihrem Finger auf Tetepare. „Dieses Drecksnest wird von der Karte getilgt! Und das mit allen erforderlichen Mitteln! Kümmern sie sich darum!“ Sie drehte sich um und stürmte aus dem Saal. Penelope, sah ihren Mann an, der nickte ihr zu und folgte ihr.

 

Nun standen auch die zivilen Berater auf und verließen den Saal. Zurück blieben die Militärs, Soleab, Dagan, Ma’Gus, Bernd, Randy und natürlich Veronique.

 

„Das nenne ich einmal einen klaren Auftrag.“ Sagte Jektjor’far.

 

Veronique stand auf und trat zur Karte. „Gut, in vier Stunden haben wir unsere Jagdbomber in der Luft. Bernd, du sicherst den Luftraum, so dass die Piraten nicht vorgewarnt werden.“

 

„Das wäre ein übereiltes Vorgehen, von dem ich dringend abrate.“ Warf Jektjor’far ein.

 

Veronique fuhr herum und blitze ihn an. „Sie haben den Befehl der Regentin gehört. Wir sollen die Piraten dort ausräuchern!“

 

„Niemand stellt die Befehle der Regentin in Frage.“ Antwortete Jektjor’far und warf Bernd einen hilfesuchenden Blick zu.

 

„Ich hätte da eine Idee!“ sagte Bernd um seine Frau nicht vor den anderen bloßzustellen und um zu verhindern, dass sich Veronique in ihrer Wut in eine ausweglose Situation begab, die sie ohne Gesichtsverlust nicht verlassen konnte. Auch Veronique erkannte das zum Glück noch rechtzeitig und nickte ihrem Mann zu.

 

„Als erstes müssen wir sicherstellen, dass sich tatsächlich keine Geiseln in Tetepare befinden. Wir können nicht mit dem Finger auf Piraten zeigen und dann blindlings losschlagen.“

 

„Einverstanden.“ sagte Veronique. „Ich will ein Beobachterteam am Boden und ich will Luftaufnahmen!“

 

„Wir schicken sofort eine Drohne nach Tetepare.“ Nickte Jektjor’far.

 

„Jim und ich setzen ein Beobachterteam ab. Fünf Soldaten mit Laserzielgeräten und fünf Krieger zum Schutz und Aufklärung.“ Schlug Bernd vor. „Sobald wir sicher sind, keine Unbeteiligten zu treffen, schlagen wir zu.“

 

„Bleibt die Frage mit welchen Mitteln wir zuschlagen.“ Bemerkte Jektjor’far.

 

„Sie haben die Regentin gehört.“ Antwortete Soleab. „Mit allen Mitteln! Wir werden keine halben Sachen machen, allerdings sehe ich die Lage der Geiseln etwas anders als sie General.“ Soleab hatte ihre Möglichkeiten und Optionen sorgsam abgewogen. Als „Rebellenführer“ im Bürgerkrieg hatte er oft mit unmöglichen Situationen zu tun gehabt und obwohl er in diesen schrecklichen Tagen, wichtige Unterstützer hatte, war es hautsächlich seinem Können und seiner Fähigkeit, taktische Informationen in Taten umzusetzen, zu verdanken, dass die Rebellion nicht schon nach einer Woche Kampf verloren war, „Sie sagen selbst, dass die Piraten früher oder später das Lager auf Mota schließen werden und dass dann dieselbe Vorgehensweise wie auf Ambrym zu befürchten ist.“

 

„Das ist korrekt.“

 

„Und sie sagen, dass sich die Piraten im neuen Lager sicher fühlen, da sie wissen, dass wir die Lage dieses Lagers nicht kennen.“

 

„Stimmt.“

 

„Dann schlage ich eine kombinierte Aktion vor, bei der wir einerseits Tetepare angreifen und zum zweiten die Geiseln auf Mota befreien.“

 

„Was zur Folge hätte, dass die Piraten in dem neuen Lager alles tun werden, damit wir sie dort nicht angreifen können. Sie werden dieses Lager in eine Festung verwandeln indem sie Luftabwehrraketen sowie Antischiffsraketen in Stellung bringen und solide Befestigungen anlegen. Alleine schon um der Welt zu zeigen, dass sie eine erstzunehmende Macht sind.“

 

„Ja, wir werden mit heftigen Widerstand rechnen müssen, aber wir haben Manus und Futuna befreit, unsere Truppe hat sogar in Kasachstan gezeigt wozu sie fähig ist, also… werden sie mit diesem Piratenpack fertig, auch wenn es vorbereitet ist?“

 

Jektjor’far sah zu Jerome der bedächtig nickte und traf schließlich eine Entscheidung. „Wenn unser Außenteam auf der Halife handlungsfähig bleibt…ja!“

 

„Dann erweitere ich den Befehl der Regentin dahin, neben Tetepare anzugreifen, auch die Geiseln auf Mota zu befreien.“

 

**

 

Randy hatte still zugehört und seine Gedanken beherrschte nur eine Frage. Was, wenn doch unbewaffnete, oder gar Gefangene, in Tetepare sind? Er konnte vor seinen inneren Augen sehen, wir die Condors über den Hafen donnerten, ihre lasergesteuerten Bomben abwarfen und mit den Bordwaffen angriffen. Kein Pilot würde den Unterschied erkennen… und ein andres, viel schrecklicheres Szenario tat sich vor ihm auf… Mota!

 

Wenn die Überraschung nicht vorkommen war und selbst Ma’difgtma sagte immer, dass sich nur Idioten auf Glück verließen, dann würden die Piraten auf Mota, die Geiseln als menschliche Schutzschilde benutzen! Nein, nicht wenn! Die Piraten würden MIT SICHERHEIT die Geiseln als Schutzschild benutzen und bei einer Erstürmung das Lagers…nur allzu gut erinnerte sich Randy an die schweren Kämpfe auf Manus…

 

Während die anderen über die Maßnahmen diskutierten starrte Randy durch den Raum ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Ihm gegenüber standen Veronique und Jektjor’far an de Karte und besprachen ihr Vorgehen und immer wieder stellte sich Randy die gleiche Frage…Was unterscheidet einen Piraten von einer Geisel, aus einer Höhe von zweihundert Metern…

 

„HE! Ist mit dir alles in Ordnung?!“ stieß ihn Bernd an.

 

„Was?“

 

„Ich habe gefragt, ob mit dir alles in Ordnung ist.“

„Ja, alles in Ordnung. Ich habe‘ mich bloß gefragt…“ er brach ab und starrte Veronique und Jektjor’far an. Die Antwort stand direkt vor ihm!

 

„Bernd! Ich brauche das Tankkiller Zielgerät!“

 

„Das Zielgerät? Wofür?“

 

„Keine Zeit für Erklärungen! Wo ist das Teil?“

 

„Auf dem Stützpunt Julam’da.“

 

„Ruf dort an und sag ihnen, dass ich komme! Und gebt mir sofort Bescheid, wenn es eine Nachricht über Dana oder die anderen gibt!“ Er sprang auf und rannte aus dem Raum, während ihm alle anderen ihm nachsahen.

 

Jektjor’far sah zu Bernd und fragte was mit Randy los sei. „Stimmt bei dem was nicht?“

 

„Keine Sorge General, das ist ein völlig normales Verhalten bei diesen Nerds. Aber wenn es sie beruhigt, bei solchen Aktionen kommt immer etwas Gutes heraus.“

 

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„Was meinst du damit, je schneller ich fahre, umso mehr Leue rette ich?“ fragte Lukas hinter dem Steuer eines Autos, das durch die Nacht raste. Randy war in die Wohnung gestürmt die Lukas mit seiner Familie im Palast bewohnte, hatte Lukas aus dem Bett geworfen und ihn mit den Worten, „Ich brauche den schnellsten Fahrer dieser Insel“, zum Fuhrpark des Palastes gescheucht.

 

Randy, der neben ihm saß und auf einen Laptop einhämmerte, sah gar nicht auf um zu antworten. „Das heißt genau das! In ein paar Stunden ist der Teufel los und ich habe‘ mir was einfallen lassen, aber dazu muss ich nach Julam’da und zwar so schnell es geht, also gib Gas!“

 

„Ich gebe ja Gas!“ brummte Lukas und jagte durch das nächtliche Soulebda. „Ich habe zwar keine Ahnung wo ich hinfahre, aber ich gebe Gas.“

 

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Julam’da /Airfield

Da Bernd auf dem Stützpunkt angerufen hatte, stand das Tor schon offen, als die zwei auf dem ehemals kleinen Flugplatz ankamen. Vor dem neuen Tower standen schon Jim und Esrom, die auf Randy warteten.

 

„Bernd sagt, du hast einen deiner berüchtigten Geistesblitze.“ Begrüßte ihn Esrom.

 

„Ja! Habt ihr das Zielgerät der Tankkiller?“

 

„Liegt bereit. Da ich annehme, dass du etwas programmieren willst, habe ich das Gerät schon an den Hauptrechner angeschlossen.“ Esrom zeigte auf einen der Hangars.

 

„Spitze!“ Randy lief mit seinem Laptop in den Hangar und rief, „Ich brauche die Mannschaft einer C 130, einschließlich Bodenpersonal!“

 

Als Randy im Hangar verschwunden war, schüttelte Esrom den Kopf. „Manchmal habe ich Angst davor zu fragen, was in seinem Kopf vorgeht.“ Meinte Er und blickte Randy nach.

 

Jim sah ihn von der Seite an und grinste. „Wahrscheinlich würdest du es auch nicht verstehen.“

 

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Acht Stunden später erschien Bernd in Julam’da. Hinter seinem Wagen folgte ein Mannschaftstransporter, der das Beobachtungsteam für Tetepare an Bord hatte. Das Team wurde angeführt von Sergeant Jorhu’Lar und dem Krieger Tars’fert. Dieses Team, welches schon auf Futuna hervorragend zusammenarbeitete, hatte bei der Befreiung der Santre’feraste außergewöhnliches geleistet und maßgeblich dazu beigetragen, die Söldner Trafalgars von der Insel zu jagen. Das Team, die Piloten, die Nachrichtenleute und die Stammeskrieger begaben sich in den Bereitschaftsraum um zu erfahren, was in den nächsten Stunden geschehen sollte.

 

„Hat Randy gesagt an was er arbeitet?“ wollte Bernd von seinem Copiloten wissen.

 

„Nein“, antwortete Esrom, „er hat sich, genau wie in Kasachstan, eine C 130 geschnappt und sitzt seitdem mit der Besatzung im Hangar. Aber frag mal Lukas, den hat Randy zu seinem persönlichen Google-Sklaven gemacht, der kommt alle Nase lang heraus, muss was am Hauptterminal Googlen und verschwindet wieder.

 

„Hier, das hat Lukas beim letzten Mal versehentlich doppelt gedruckt.“ Jim hielt Bernd eine Liste vor, die keinem etwas sagte.

 

Fidschi 1,74 1,62- Tonga 1,77 1,66 -Mikronesien 1,69 1,57 -Australien 1,79 1,65 -Neuseeland 1,78 1,65 –Niue 1,76 1,64 –Samoa 1,74 1,62 –Tuvalu 1,70 1,59 –Cook Inseln 1,78 1,64…

 

„Kannst du damit was anfangen?“ fragte Jim.

 

„Keinen blassen Schimmer.“ Gab Bernd zu als er die Zahlen sah. „Aber letztes Mal hat dieser Nerd mit seinen Basteleien ein ganzes Panzerbataillon zum Teufel gejagt, wir sollten ihn die Zeit geben, die er braucht.“

 

„Wie geht’s jetzt weiter?“ fragte Esrom.

 

„Wir fliegen das Beobachterteam nach Tetepare. Wir sichern den Luftraum, während du, Jim, wasserst und das Beobachterteam absetzt. Während du unten bist, überfliege ich den Hafen und mache Luftaufnahmen. Anschließend komme ich zu dir zurück, damit du unter der Radarglocke wieder unerkannt starten kannst.

Um 21 Uhr startet ein Tanker, der vorausfliegt. Wir starten um 22 Uhr, so dass wir gegen 04Uhr über Tetepare sind. Sind wir beide wieder in der Luft, drehen wir ein paar Runden und überfliegen den Hafen nach Sonnenaufgang erneut, um zusätzliche Bilder zu machen. Vor dem Landen und nach der Operation, fliegen wir den Tanker an, um genug Sprit zu haben.“

 

„Hört sich nach einem soliden Plan an.“

 

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TETEPARE/ Salomonen

„OK, Radarstörer an, Entfernung zum Ziel, 5 Meilen“, teilte Esrom Jim über Funk mit, „Kommunikation ist noch offen. Du kannst mit dem Landeanflug beginnen.“

 

„Alles klar! Ich gehe runter!“ bestätigte Jim und ließ seine Blechgans in Richtung Meer fallen. Jim hatte sich für eine Landung im Blanche Channel entschlossen. Dort musste er zwar zwischen den Inseln landen, doch er konnte das Team an der Hafenabgewandten Inselseite absetzten.

 

„Da ist ein verdammt starkes Radarsignal, das ist neu…warte ich lokalisiere es. Es kommt von Vangunu.“

 

„Das sehen wir uns mal an!“ meinte Bernd und änderte den Kurs. „Nachtsicht!“

 

„Nachtsichtgeräte eingeschaltet.“ Bestätigte Esrom und Bernd überflog die Insel Vangunu. „Da unten!“ Auf der Bergspitze stand eine kleine, aber moderne Radaranlage, die allem Anschein unter Tarnnetzen versteckt war, aber das Nachtsichtgerät nicht täuschen konnte.

 

„Das könnte ein Problem werden. Verdammt! Da ist eine Batterie Luftabwehrraketen.“

 

„Ja ich sehe es, die Anlage muss eines der Primärziele sein.“

 

„Ich setze sie auf die Zielliste.“ Brummte Esrom und tippte auf sein Tablet ein. „Erledigt.“

 

„Ok, dann überfliegen wir mal Tetepare.“ Sagte Bernd und drehte zum Ziel ab.

 

„Shit! Siehst du das?“ fragte Esrom ungläubig, als er den Hafen sah. Der Verladehafen der Piraten war am Kupa Point, dem Südzipfel der Insel. Kupa Point hatte den Vorteil, dass durch seine, ins Meer hineinragende Form, mehrere große Schiffe dort gleichzeitig anlegen konnten. Etwas östlich von Kupa Point erstreckten sich Lagerhäuser, Schuppen und Barracken.

 

„Mann, die haben den ganzen Dschungel gerodet!“ stellte Esrom fest. „Das ist ja schon fast eine Kleinstadt.“

 

„Eine gut gesicherte Kleinstadt! Da! Dort unten ist sogar ein verdammter Flugplatz!“ Bernd zeigte noch Osten und Norden, wo neben einen kleinen Tower, mehrere Flugzeuge in einer Reihe standen, dann fielen ihm mehrere helle Lichter auf, welche in den Nachtsichtgeräten leuchteten. „Das sind Infrarotsuchgeräte. Warne das Beobachterteam!“

 

„Verstanden!“ Esrom schaltete auf Jims Kanal und rief ihn. „Jim, sind die Jungs noch an Bord?“

 

„Sie sind gerade dabei das Boot zu wassern.“

 

„Sag ihnen, dass an der Ostseite ein Flugplatz ist und dass die Ost- und Nordgrenze mit Infrarotüberwachungsgeräten gesichert ist.“

 

„Alles klar, ich richte es aus!“

 

Bernd schaltete sich dazu und rief Jorhu’Lar. „Sergeant, nach der Operation, gehen sie zum Flugplatz. Schalten sie ihre Sender ein und warten sie bis wir sie dort abholen.“

 

„Verstanden.“ Bestätigte der erfahrene Sergeant.

 

Esrom hob den Daumen und sagte dann zu Bernd, „Lass ums Mal ein paar Bilder machen.“

 

„Ok, dafür sind wir ja da.“ Bernd überflog den Hafen von Tetepare dreimal in großer Höhe und machte Aufnahmen des ganzen Gebietes.

 

„Achtung, das Team ist draußen und ich starte wieder.“ Meldete sich Jim.

 

„Bestätige. Bin in einer Minute über deiner Position.“ Antwortete Bernd und brachte seine Condor über den Blache Channel. „Du kannst starten, Radarstörer aktiv.“

 

Unter sich sah Bernd einen schmalen hellen Streifen der sich über das Meer zog, dann kam die Meldung von Jim, dass er wieder in der Luft sei.

 

„Zeit bis Sonnenaufgang?“ fragte Bernd.

 

„Acht Minuten.“

 

„Treibstoff?“

 

„Noch für siebenunddreißig Minuten. Flugzeit bis zum Tanker, elf Minuten.“

 

„Gut, dann lass und ein paar Meilen nach Süden fliegen, zwei Runden drehen und dann nach Sonnenaufgang noch einen Überflug über den Hafen machen.“

 

**

 

Noch während des Rückfluges wurden die Bilder und Daten zur Zentrale von GIPSY und den Palast gesendet, wo die Auswertung begann.

 

Momentan lagen vier große Schiffe am Kupa Point, zwischen denen ein reger Bootsverkehr herrschte.

 

„Das wird eine riesen Party.“ Meinte Dagan, als er die Bilder analysierte. Dann setzten sich Dagan, Jektjor’far und dessen Stab zusammen und erarbeiteten einen detaillierten Angriffsplan.

 

**

 

Leon Baldwerde, Kajats Planer und Strippenzieher war, im Gegensatz zu den meisten Piraten hier in Tetepare, ein Frühaufsteher. Er trieb Sport, hielt sich fit und achtete sehr auf seine Figur. Dazu gehörte auch jeden Morgen ein Lauf über den Strand. Noch bevor es hell wurde, startete Leon von seinem Haus und lief los. Nach etwa fünf Kilometern, unterbrach er seinen Lauf, um ein paar Dehnübungen zu machen, als er ein leises Brummen hörte und weit oben am Himmel zwei Flugzeuge bemerkte, die sich von Süden dem Hafen näherten. Zwar wurde Tetepare oft überflogen, doch diese zwei Flieger waren so tief, dass sie keine Kondensstreifen hinter sich herzogen, was in dieser Gegend eher unüblich war. Er sah den Flugzeugen noch kurz nach, dann waren die zwei Flieger aus seinem Sichtfeld verschwunden.

 

Nach einer Stunde Lauf und einer erfrischenden Dusche, betrat Leon sein Büro in dem sein „Stabschef“ Lin Pin Tao mit den neuesten Nachrichten erwartete. Als Leo dieses Büro zum ersten Mal betreten hatte, wunderte er sich über die „Normalität“ des Büros. Nichts in dem Raum deutete auch nur im Geringsten darauf hin, dass von hier aus die Geschäfte und Abläufe einer verbrecherischen Organisation geleitet wurden. Sein Büro lag in einem neu errichteten Gebäude, mit moderner Kommunikation, EDV und neuster Technik. Neben Kajats Organisation hatten noch drei weitere Piratengruppen ihr Büro in diesem Gebäude, denn von hier aus wurden die Waren auf Schiffe umgeladen, die dann zu ihren Zielhäfen geleitet wurden, es wurden neue Ziele ausgemacht und Pläne zu Raubzügen, bzw. Enterungen gemacht.

 

Auch war es keine Seltenheit, dass Waren von Kajats Schiffen, gleich in Tetepare den Besitzer wechselten. Im Grunde war Tetepare ein Hafen wie jeder andere auch, nur dass die Waren, welche hier gehandelt wurden, illegale Handelsware war.

 

Allerdings leitete Leon von hier nicht nur das Verladen und Verschiffen von Kajats Ware, Leon steuerte auch die Lager Ambrym, Mota und schließlich das neue Lager.

 

„Was für eine Scheiße ist das denn?“ fluchte Leon, als er den Bericht von Ambrym las. „Diese Verrückte!“ schimpfte er als las, wie Helena van Deubth das Problem der unprofitablen Geiseln gelöst hatte.

 

„Was hast du?“ wollte Lin Pin Tao von ihm wissen. „Sie hat nur Kajats Anweisungen umgesetzt, Geiseln los zu werden die keinen Gewinn einbringen.“ Lin nahm sich eine Tasse Kaffee und setzte sich lässig auf einen Stuhl.

 

„Kajat hat nie angeordnet die Aussortierten umzubringen! Es hätte gereicht, sie einfach auf der Insel zu lassen und abzuhauen.“

 

„Ist doch letztlich völlig egal. Hauptsache ist doch, dass Ambrym geräumt ist.“

 

„Es ist nicht egal! Wenn es jemand mitbekommt, gibt’s einen riesigen Krach, den wir nicht gebrauchen können.“

 

„Wie soll das denn jemand mitbekommen? Uns selbst, wenn, wer will uns denn in die Suppe spucken? Etwa die Chinesen? Die halten ihre Küste sauber, der Rest ist ihnen egal. Die Russen oder die Amis, das ich nicht lache! Komm schon, es interessiert doch keine Sau, was wir mit den Leuten machen, solange wir genug Schmiergeld zahlen.“

 

„Ich hoffe du hast Recht.“ Brummte Leon und widmete sich den Listen mit Waren, Verkäufen und Bestellungen. „Da ist eine Bestellung aus Zentralafrika. Ein Geschäftsmann will mehrere junge Frauen.“

 

„Ich habe es gelesen. Da will sich wohl jemand seinen eigenen Harem aufbauen.“

 

„Scheiß egal, was er will, er zahlt Spitzenpreise! Haben wir passende Ware?“

 

„Helena hat einige Weiber in der Ausbildung die wir verkaufen können. Außerdem ist eine Bootsladung auf dem Weg voller Weiber auf dem Weg in das neue Lager. Wenn die dort eintreffen, kann sich Helena mit ihnen beschäftigen und sie für den Verkauf vorbereiten.“

 

„Ok, sag Helena sie soll eine Fuhre bereitmachen, aber sie soll ihren Kettenhund Druuhf zurückhalten! Wenn sich die Weiber bei der ersten Gelegenheit selbst umbringen, kauft der Kunde nie wieder bei uns.“

 

„Ich werde es Helena ausrichten, aber du kennst sie ja, sie liebt ihren Job.“

 

„Ihr Job ist es für Kajat Gewinn zu machen und nicht ihren niederen Trieben nachzugehen. Dieses intrigante Mistweib! Allein in den letzten zwölf Monaten haben sich achtzehn Verkäufe umgebracht und das nur, weil Helena und Druuhf es übertreiben und die Gefangenen nicht als Ware sehen.“

 

„Ich gebe dir voll und ganz Recht, aber das wird sich nicht ändern, denn es ist aber nun mal so, dass Helena Marion Perling kontrolliert und solange Helena dafür sorgt, Marion Kajat morgens mit einem Blowjob weckt, wird sich Kajat nicht von Helena abwenden.“

 

Genau so war es! Wenn es nach Leon ginge, wäre Helena längst Geschichte! Aber solange Kajat sie nicht zum Abschuss freigab…

 

„Nun… ich hörte wie Kajat, nach Helenas Erfolg mit den Schönheitsköniginnen erwähnte, ihr die Leitung über die neue Station zu übertragen.“

 

„Das würde uns noch fehlen! Diese Frau ist Gift für das Geschäft! Was sagt denn Mersal Suluth dazu?“

 

Mersal Suluth, der Leiter des Lagers auf Mota, lieferte sich seit langem einen Machtkampf mit Helena, um die Vorherrschaft in der Führungsriege in Kajats Organisation. Allerdings war es so, wie Lin gesagt hatte. Helena kontrollierte Kajats Betthäschen und hatte damit einen großen Vorteil Mersal gegenüber. Auch wenn Mersal mit einigen finanziellen Erfolgen aufwarten konnte, lag er Helena gegenüber im Hintertreffen. Obwohl Mersal das Lager auf Mota mit eiserner Hand führte und die Selbstmordrate unter seinen Verkäufen weit unter dem Durchschnitt lag, von dem Durchschnitt Helenas ganz zu schweigen, genoss Helena Kajats Gunst und genau wie Leon und Lin, hegte auch Mersal den Verdacht, dass Helena Kajat dazu überredet hatte, die einzelnen Lager aufzulösen und alle Geiseln in einem neuen Lager zusammenzufassen. Angeblich um den Verkauf und Vertrieb der Ware besser und einfacher zu machen.

 

„Offiziell sagt Mersal dazu nichts.“

 

„Ok… ich werde in zwei Tagen nach Manado fliegen um mit Kajat zu reden. Du fliegst nach Mota. Offiziell um Mersal zu sagen, dass er das Lager auflösen soll, inoffiziell fragst du ihn, ob er eine Chance sieht, Helena abzusägen.“

 

„In Ordnung. Ich lasse für übermorgen zwei Maschinen startklar machen lassen.“ Nickte Lin.

 

„Apropos Flieger, gab es heute eine Landung hier?“

 

„Nicht das ich wüsste, warum?“

 

„Heute Morgen sind zwei Flugzeuge über den Hafen hinweggeflogen.“

 

„Moment…“ Lin kramte eine Liste unter den Papieren hervor in der die gemeldeten Starts und Landungen eingetragen waren. Zwar zahlten alle Parteien für den Betrieb des Flugplatzes auf Tetepare, doch Kajats Organisation leitete den Flugbetrieb. „Nein, es gab keine Starts oder Landungen.“

 

„Dann frag bei den Idioten am Radar nach. Ich will wissen woher die Flieger kamen und wo sie hingeflogen sind! Es waren Propellermaschinen, die müssen irgendwo hier von Vanuatu gestartet sein. Falls eine andere Geschäftspartei hinter dem Flug steckt, mach ihnen klar, dass das so nicht geht! Keine unangemeldeten Flüge mehr, sonst lasse ich den nächsten Flieger abschießen!“

 

**

 

Tars’fert war aus dem „Schatten“ herausgetreten und bewegte sich ganz offen zwischen den vielen Lagerhatten hinter dem Flugplatz Tetepares. Der Krieger war außerhalb der Infraroterfassungsbereiche in das Meer gestiegen und war dann hinter der Grenze der Geräte wieder an Land gegangen. Nach zehn Minuten war ihm klar, dass die beste Art sich zu verstecken die war, sich überhaupt nicht zu verstecken.

 

Ein Pirat mit einem Klemmbrett der an deinem Versteck vorbeikam, starb ohne zu wissen wie und nur Sekunden später hatte Tars’fert die Leiche sicher versteckt.

 

Nun ging er mit dem Klemmbrett in der Hand zwischen den Hallen durch, machte anscheinend Notizen und niemand interessierte sich für ihn. Schnell wurde klar, dass es in den Lagern und Verladeschuppen keine Geiseln gab, das sagten ihm die leichtbewaffneten Wachen an den Hallen. Es war die Körpersprache der Wachen, welche Tars’fert zeigte, dass sie Waren, aber keine Menschen bewachten. Zwischendurch nahm er immer wieder Kontakt zu den vier anderen Kriegern auf, die eine exakte Lagekarte des Hafens anfertigten.

 

Die ersten schwer bewaffneten Wachen fand Tars’fert an den Lagergrenzen, wo ein Zaun eine Grenze zum Dschungel zog, aber auch dort richtete man die Augen nach draußen und nicht nach innen. Schließlich gelangte Tars’fert in den Hafen selbst, der neben den eigentlichen Hafenanlagen auch die Verwaltungsgebäude beherbergte und konnte sich auch dort unerkannt zwischen hunderten Piraten bewegen.

 

Eintausend zweihundert Meter hinter Tars’fert, in den Hügeln nördlich des Hafens, hatten die Soldaten Soulebdas unter Sergeant Jorhu’Lar ihre Laserzielgeräte in Stellung gebracht, denn von dort oben hatten sie die Übersicht über den gesamten Hafen und waren in der Lage jedes einzelne Gebäude als Ziel für die Jagdbomber zu markieren.

 

Natürlich verließen sich die Piraten nicht nur auf einen Zaun, sondern schickten regelmäßig Hundeteams durch die Hügel, doch da bis jetzt nie etwas vorgekommen war, hielt sich die Wachsamkeit der Piraten in Grenzen, zumal sie im Glauben waren, mit der Radaranlage den Bereich um Tetepare mehrere Hundert Meilen überwachen zu können. Und sollte doch einmal ein Piratenteam den Soldaten zu nahe kommen…nun die Stammeskrieger um Tars’fert würden sich dem Problem annehmen.

 

**

 

SOULEBDA/ Palast

Im Besprechungsraum saß die von Heylah gegründete Sondergruppe Tetepare. Der gehörten neben Soleab und Veronique, ihr Mann Bernd, Jerome, General Jektjor’far, Dagan und Ma’Difgtma an, da auch die Stammeskrieger eine wichtige Rolle im Angriffsplan spielten.

 

Dagan berichtete gerade das neuste über den Kurs der „Halife“.

 

„Die Halife steuert ganz klar eine Insel bei Vanuatu und nicht Neukaledonien an. Ich würde sagen es ist einer der südlichen Inseln Vanuatus.“

 

„Wo ist Tamar?“ wollte Soleab wissen.

 

„Tamar ist nach Süden ausgewichen, da er zwischen den Inseln schlecht manövrieren kann. Er hat eine Position westlich der südlichen Vanuatu Inseln eingenommen. Sollte die Halife doch weiter nach Westen in Richtung Neukaledonien fahren, kann er sie von dort am besten abfangen und einholen. Außerdem hat er dort die perfekte Position, sollten wir innerhalb der nächsten Stunden losschlagen.“

 

„Wie weit sind die Vorbereitungen?“

 

„Die Vorbereitungen für Tetepare sind so gut wie abgeschlossen. Das eigentliche Problem ist Mota.“

 

„Wieso?“ wollte Soleab wissen.

 

General Jektjor’far gab die Frage an Jerome weiter. „Der dichte Bewuchs und die schroffen Hügel vereiteln jedes Luftlandeunternehmen in der Nähe des Lagers. Auch eine unerkannte Annäherung per Schiff ist nicht möglich. Wir können zwar das Radar blenden, doch unsere Schiffe sind nicht unsichtbar. Sobald sich ein Schiff Mota nähert, wissen die Piraten was los ist. Das Gute daran ist, dass sie die Geiseln ab diesem Moment nicht mehr umbringen werden, denn diese sind ihr letzter Schutz gegenüber einem Angriff.“

 

„Ich verstehe… Vorschläge?“

 

„Randy ist dabei eine… keine Ahnung was er bastelt, aber er sagt, dass er das Problem in den Griff bekommt. Sein Plan beruht genau auf dem Szenario, dass die Piraten die Geiseln als Schutzschild benutzen.“

 

„Das hört sich nicht gut an.“ Meinte Jektjor’far.

 

„Unterschätzen sie Randy nicht.“ Antwortete Bernd, „Wir werden es sehen, in vier Stunden will Randy seine Idee in Julam’da vorstellen.“

 

„Was konnte das Team in Tetepare feststellen?“ fragte Veronique. „Gibt es Geiseln dort?“

 

„Nun, unsere Soldaten haben Stellung nördlich des Hafens….“

 

„Die Krieger auf Tetepare rufen mich!“ unterbrach Ma’Difgtma die Sitzung und alle schwiegen, während Ma’Difgtma ihre Augen schloss.

 

Mehrere Minuten saß die oberste Kriegerin Soulebdas regungslos auf ihrem Platz, dann öffnete sie die Augen wieder und sah in die Runde.

 

„Die Krieger auf Tetepare sind sich sicher, dass keine Geiseln auf der Insel sind.“

 

Bernd konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als Veronique ihn siegessicher ansah und ihre Augen deutlich sprachen, „Jetzt werden wir dieses Packt zum Teufel jagen!“

 

„Dann schlage ich vor, dass wir uns in vier Stunden in Julam’da zur entscheiden Beratung treffen.“ Beendete Veronique die Besprechung.

 

Die Anwesenden standen auf um sich nach Julam’da begeben, als Veronique Bernd zu verstehen gab, sitzen zu bleiben.

 

„Danke, dass du mich vorgestern rechtzeitig gebremst hast.“ Sagte sie zu Bernd, als sie alleine waren.

 

„Ach Liebes, ich kenne dich eben. Deine Leidenschaft muss manchmal nur in die richtige Richtung geleitet werden.“

 

„Meine Leidenschaft?“

 

„Ja, jetzt zum Beispiel…ich weiß genau was du von mir, als Einsatzleiter Tetepare willst.“

 

„Und was sagt der Einsatzleiter Tetepare dazu?“

 

„Ich werde darüber nachdenken…“ Er unterbrach als sein Handy brummte. „Randy…“ brummte er und las die Nachricht. „Er fragt ob wir Caro’pe mitbringen können?!“

 

**

 

Julam’da/ Airfield

Alle starrten Randy an der zur Antwort ansetzte, die ihn viel Kraft kostete. Für jeden der Anwesenden war deutlich erkennbar, wie sehr Randy mitkämpfte. Schließlich presste er hervor: „Kein System ist vollkommen!“

 

Nun lag die Entscheidung bei Veronique. Nacheinander sah sie in jedes Gesicht ihrer Freunde und Mitstreiter und alle nickten ihr zu. „Jerome, wie schnell kannst du Mota erreichen?“

 

„Die Marine hat ihre schnellste Fregatte bereitgestellt, welche mit der zusätzlichen Besatzung und Ausrüstung an Bord vor acht Stunden ausgelaufen ist. Sie erreicht eine Position, fünfzig Meilen vor Mota, außerhalb des Piratenradars, in zwei Stunden. Sobald ich an Bord bin, erreicht sie Mota in weniger als drei Stunden.“

 

„Ist der zweite Radarstörer bereit?“

 

„Ja.“ bestätigte Jim. „Wir haben das zweite Gerät in meiner Blechgans installiert und können das Radar sowie jede Kommunikation in Mota blockieren.“

 

Veronique dachte noch einen Moment nach, dann nickte sie.

 

„Dann schlagen wir los!“ Sie blickte auf ihre Armbanduhr, „Der Angriff auf Mota beginnt um 04Uhr30, der Angriff auf Tetepare beginnt in achtzehn Stunden, 06Uhr Ortszeit!“

 

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Tetepare/ Salomonen

05Uhr30

 

„Ich hasse es, um diese Zeit schon auf den Beinen zu sein.“ murrte Tao.

 

„Stell dich nicht so an.“ Tadelte ihn Leon. Sie gingen über die Landebahn des Flugplatzes Tetepares zu ihren Maschinen. „Je eher du mit Mersal gesprochen hast, umso schneller wissen wir, wie es auf Makira weiter geht.“

 

„Denkst du, das du kannst Kajat dazu bringen kannst, Helena nicht das Kommando über Makira zu geben?“

 

„Ich werde es zumindest versuchen.“

 

„Wenn alle Stricke reißen, kannst du Marion erschießen und Kajat selbst morgens einen blasen.“

 

„Weißt du… noch so ein Spruch und ich leg dich um!“ sagte Leon gefährlich leise.

 

„Schon gut!“ Lin hob beruhigend die Hände nach oben. „Wir sehen uns morgen Abend.“ Sagte Lin, und stieg in die Cessna die ihn nach Mota bringen sollte, während Leon in den Flieger kletterte der ihn zu Kajat nach Manado fliegen sollte.

 

**

 

Über der Südsee

05Uhr47

 

Einsam zog der Hexenbesen der Theobald seine Kreise über der Südsee.

 

-Noch neun Minuten- ging es Theresa durch den Kopf, dann würde ihre Ablösung von der Theobald starten… Für die Besatzung der E/2 ging eine lange und ereignislose Nacht zu Ende und alle Besatzungsmitglieder freuten sich auf ein paar Stunden Ruhe, vor dem nächsten Routineflug.

 

„Weißt du worauf ich mich wirklich freue?“ riss ihre Copilotin Fuller aus den Gedanken.

 

„Eine richtig heiße Dusche?“

 

„Ja, aber erst nach…“

 

„LENKWAFFENSTART!“ rief Harding die Radaroffizierin. „Startpunkt 19°52’03.3″S 168°02’20.9″E! Scheiße!!! Zweite Lenkwaffe startet… jetzt drei!“ Sofort rief die Besatzung des Hexenbesens alle Karten auf.

 

„Was ist da?“

 

„Nichts! Freier Ozean, das muss ein U-Boot…“

 

„Vierte Lenkwaffe startet… jetzt fünf Lenkwaffen! Mögliches Ziel Theobald!“

 

„Gib Alarm an die Theobald!“

 

**

 

USS Theobald

05Uhr49

 

Die Alarmsirenen dröhnten durch den Träger als Folkers in den Lage-Raum der Theobald kam. „Barris?!“

 

„Ein unbekanntes U-Boot hat vor zwei Minuten neun…“

 

„Jetzt Zwölf Lenkwaffen gestartet!“ rief der Mann am Radarpult.

 

„…Zwölf Lenkwaffen gestartet.“

 

„Welche Art von Lenkwaffen?“

 

„Keine ballistischen Raketen, dem Flugverhalten nach, taktische Lenkflugkörper.“

 

„Ziel?“

 

„Zieldatenanalyse liegt noch nicht vor.“

 

„Wir?“

 

„Nein, ersten Berechnungen nach, eher nicht.“

 

„Mögliches Ziel?“

 

„Wenn sich die Flugbahn nicht wesentlich ändert, Philippinen, China oder Zentralrussland!“

 

„Könnte es ein Test sein?“

 

„Niemand schießt als Test zwölf Raketen ab! Nicht mal unser Freund in Pjöngjang!“

 

„Zieldatenanalyse!“ rief der Radaroffizier. „Ziel… äh … Tetepare?!“ er las den Namen der Insel so, als ob er es selbst nicht glauben konnte.

 

Folkers und Barris wechselten einen verständnislosen Blick und sahen auf die elektronische Karte. „Eine Salomoneninsel?!“ fragte Folkers.

 

„Überprüfen sie die Daten!“ befahl Barris

 

„Habe ich schon…“

 

„Dann prüfen sie es eben nochmal!“ fuhr ihn Barris an.

 

„NORAD bestätigt Analyse der Zieldaten!“ rief der Offizier am Taktischen Computer. „Ziel Tetepare!“

 

„Was zum Teufel ist auf Tetepare?“ fragte Folkers Sanders, seinen Sicherheitsoffizier.

 

„Ich habe nicht die geringste Ahnung, Sir!“ Antwortete Sanders. „Das letzte was ich über Tetepare las, war die Meldung, dass sich dort ein kleines Schmugglerdorf befindet.“

 

„Achtung ein Flugkörper weicht vom Kurs ab. Wahrscheinliches Ziel… die Radaranlage auf Vangunu!“

 

**

 

Hexenbesen

05Uhr53

 

„Keine Kursabweichung. Ziele bleiben Tetepare und Vangunu! Keine weiteren Lenkwaffen gestartet.“ Fullers Radaroffizierin verfolgte den Kurs der Raketen auf ihrem Display und amtete etwas auf. Um die Theobald doch noch zu treffen, müssten die Raketen einen deutlichen Kurswechsel vornehmen. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit auf ihr Bildschirm gelenkt.

 

„Verdammt! Skipper, zwei zivile Verkehrsmaschinen fliegen genau ins Gefahrengebiet!“ Harding sah auf ihrem Radar zwei Flugzeuge mit einem Kurs, der sie direkt über die Salomonen bringen würde. Eine der Maschinen kam aus Brisbane mit Kurs auf Hawaii und die andere Maschine flog von Soulebda nach Singapur.

 

„Homebase, haben sie mitgehört?“

 

„Bestätige.“ Kam die Meldung der Theobald. „Geben sie eine Luftwarnung heraus!“

 

„Verstanden!“ Fuller gab den Befehl an ihre Copilotin weiter. „Wir geben eine Luftwarnung aus!“

 

„Ok.“ Jill schaltete das Funkgerät auf den Notrufkanal und rief alle Flugzeuge im Südpazifik.

 

„An alle Flugzeuge im Südpazifik! Hier ist die USS Theobald! Akute Gefahrenlage! Akute Gefahrenlage! Meiden die die Salomonen! Achtung Flug SAL 239 und Flug SHL 53! Sie fliegen in ein Krisengebiet ein! Ändern sie ihren Kurs! Ich wiederhole! Krisensituation mit akuter Gefährdung für sie über den Salomonen! Umfliegen sie das Gebiet weiträumig!“

 

„Hier Flug SAL 239. Verstanden Theobald! Vielen Dank! Um welche Gefahrenlage handelt es sich?“

 

„Das wissen wir noch nicht genau. Nehmen sie einen Ausweichkus oder einen suchen sie einen Ausweichflugplatz.“

 

„Verstanden Theobald.“

 

„Flug SHL 53, haben sie die Warnung gehört? Akute Gefahrensituation über den Salomonen, Ändern sie Kurs, wenn möglich, nach Norden!“

 

„Hier Flug SHL 53.“ Meldete sich die Stimme einer Frau, „wir haben die Warnung gehört. Vielen Dank Theobald.“

 

Jill hob den Daumen und signalisierte, dass sie die Luftwarnung abgesetzt hatte.

 

„Radar, was ist mit den Lenkwaffen?“

 

„Halten weiter auf Tetepare und Vangunu zu, Einschlag in genau… fünf Minuten.“

 

„Was läuft hier bloß für eine Scheiße?“ fragte Jil.

 

„Keine Ahnung.“ Antwortete Theresa.

 

„Skipper!“ rief Harding

 

„Radar?“

 

„Die Linienmaschinen! Sie ändern ihren den Kurs nicht!“

 

„Verdammt! Jill ruf sie nochmal!“

 

„Flug SAL 239! Flug SHL 53! Ändern sie umgehend ihren Kurs! Akute Gefahrenlage über den Salomonen!“

 

„Hier Flug SHL 53. Vielen Dank Theobald.“

 

„Was stimmt mit denen nicht?“ fragte Fuller, die das Gespräch mitgehört hatte.

 

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68 Meilen westlich der Salomonen

05Uhr56

 

Im Cockpit von „Flug SHL 53“ schaltete Veronique in ihrer F/16 auf einen verschlüsselten Kanal. „Condor eins an alle! Formation auflösen! Tanker bleiben unter Bewachung von Harpyie zurück. Condors nehmen Angriffsformation ein… Feindkennung einschalten!“

 

Alle Flugzeuge, die neben Veronique herflogen, bestätigten den Befehl und lösten ihre enge Formation auf und teilten sich auf.

 

125 Meilen Südöstlich taten die F/18 von „Flug SAL 233 dasselbe. Der Tanker, welcher jede der Formation begleitete blieb unter Bewachung zweier F/35 zurück und nahm eine Warteposition ein.

 

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Hexenbesen

05Uhr56

 

„Skipper!“ rief Harding. „Gar nicht gut!“

 

Harding sah wie sich die Echos der Flüge SAL 239 und Flug SHL53 in mehrere einzelne Punkte auflösten. Aus den Zwei Echos wurden vierundzwanzig! Zuerst dachte Harding die Flugzeuge wären in der Luft auseinandergebrochen, doch die einzelnen Punkte nahmen eine exakte Formation ein. Jeweils ein größerer blieb hinter den anderen zurück, dann begannen zwei kleinere Punkte um den größeren herumzufliegen. Die übrigen achtzehn Echos bildeten zwei Ketten mit Kurs auf Tetepare, und wie auf Kommando leuchteten alle Punkte mit Feindkennung tief rot auf!

 

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USS Theobald

05Uhr57

 

„Captain! Massiver Luftangriff auf Tetepare! Achtzehn Feindmaschinen im Anflug auf Tetepare!“

 

„Barris, was spielt sich hier ab?“ fragte Folkers.

 

„Ich weiß es nicht, aber zumindest wissen wir jetzt, dass es keine Atomsprengköpfe sind, sonst würde der, wer immer hinter dem Angriff steckt, nicht seine Jagdbomber hinterherschicken.“

 

„Keyhole ist ausgerichtet!“ rief jemand in der Zentrale und das Satellitenbild erschien auf den Monitoren des Lage-Raumes.

 

„Hier!“ Barris zeigte auf einen Bildabschnitt. „Was ist das? Zoomen sie das heran!“

 

Der Techniker vergrößerte das Bild und Kupa Point erschien mit all den Schiffen, Lagerhallen und Gebäuden.

 

„Das nennen sie ein kleines Schmugglerdorf?“ fragte Folkers Sanders. „Das ist eine verdammte Stadt!“

 

„Wer schlägt so gegen ein paar Schmuggler zu? Die Chinesen oder die Russen?“ fragte Folkers.

 

„Ich tippe auf die Chinesen! Das Ganze ist sicher eine Botschaft an uns!“

 

„Einschlag der Lenkwaffen in einer Minute!“ rief der Mann an der elektronischen Lagekarte.

 

**

 

Die Insel Mota

04Uhr18

 

„Commander n’Antakcket, alle Ziele sind erfasst!“ meldete Kapitän Kefar’ter Jerome, als die Fregatte nur noch 500 Meter vom Strand Motas entfernt war. Jerome stand auf der Brücke der Fregatte Novel’ult, dem neusten Schiff der Marine Soulebdas. Neben der Besatzung waren 50 Soldaten der Palastgarde an Bord, die den Strand und das Lager stürmen sollten sowie zwanzig Notärzte, Chirurgen und dutzende Sanitäter an Bord.

 

Die Novel’ult, eine in Deutschland gebaute Fregatte der Klasse 124, war vor zwei Stunden in den Erfassungsbereich des Piratenradars eingedrungen, welches auf dem größten Hügel Motas stand und das Mota vor einem Überraschungsangriff schützen sollte. Normalerweise würde das Radar die Piraten lange genug vorwarnen, so dass diese bei Gefahr, die Gefangenen töten und abhauen konnten, doch Jim kreiste mit dem Radarstörer seit zwei Stunden über der Fregatte, nachdem er um 02Uhr20 Kenta’Mariba und Trusg’jerset mit zwanzig Kriegern an der Nordküste Motas abgesetzt hatte.

 

Auf Mota gab es keine Infrarotgeräte, oder Hundestreifen. Alles auf Mota war darauf ausgelegt die Geiseln im Lager festzuhalten! Kein Pirat rechnete ernsthaft mit einem Angriff aus dem Dschungel heraus.

 

Das Lager auf Mota hatte man, wohl aus Gründen der Bequemlichkeit, in Sichtweite des Strandes an der Ostküste errichtet. Dort gab es auch eine alte Landebahn aus dem zweiten Weltkrieg, welche die Piraten wiederinstandgesetzt und in Gebrauch genommen hatten. Aufgereiht standen dort, ein Hubschrauber und zwei kleine Propellermaschinen. Zusätzlich hatte man am Strand ein kleines Holz Peer gebaut, an dem drei größere Boote und eine Yacht lagen.

 

Natürlich war der Abschnitt zwischen Lager und Strand sehr gut bewacht, doch um 04Uhr hatten die Krieger eine halbkreisförmige undurchdringliche Linie gebildet. Die Piraten waren eingeschlossen ohne es zu wissen. Im Osten das Meer, im Westen die Krieger!

 

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04Uhr22

Ein erster grauer Streifen zeigte sich im Nordosten und kündigte den neuen Tag an, als Jerome den Kinnriemen seines Helms festzog und nach unten schaute. Im Boot unter ihm saßen die Soldaten der Garde, auf der anderen Seite der Fregatte, warteten die Ärzte und Sanitäter in mehreren Schnellbooten. Diese sollten ablegen, sobald das Lager unter Kontrolle war. Jerome nickte Kapitän Kefar’ter zu und stieg nach unten ins Boot. „Sobald wir am Strand sind, wecken sie die Piraten auf, Kapitän.“

 

„Kein Problem Commander, die werden schon von alleine aus dem Bett fallen.“ Versicherte ihm Kefar’ter.

 

Jerome nahm seinen Platz ein und rief dann. „Sender überprüfen!“ Alle Soldaten griffen an ein kleines Gerät an ihrer Uniform und überprüften die die Kontrollleuchte daran. „Anzeige grün!“ rief einer nach dem anderen und hob den Daumen, dann erst gab Jerome dem Bootsführer ein Zeichen und das Boot der Fregatte jagte zum Strand.

 

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04Uhr24

20 Meilen östlich von Mota

 

Die Hercules C130 flog auf Mota zu, als der Pilot sich zu Randy umdrehte. „Unsere Soldaten erreichen den Strand!“

 

Randy überschlug die Zeit, welche die Piraten zum Reagieren brauchen würden und sagte dann, „Beziehen sie eine Position, von der wir in zwei Minuten das Lager erreichen können.“

 

„Verstanden!“ Der Pilot drehte nach Westen und begann in Sichtweite Motas zu kreisen, während Randy sein System scharf schaltete und dann die Augen schloss um sich auf seinen „Bruder“ Trusg’jerset zu konzentrieren.

 

-Lass mich bloß nicht hängen! – hoffte Randy.

 

-Ich kann dich hören! – Kam es von Trusg’jerset zurück.

 

-Sorry, Bruder…ich bin nervös, ich weiß nicht…so was hat noch nie jemand versucht…-

 

-Randy! Wir schaffen das! -…-So oder so

-Das habe ich jetzt gehört!!!-

 

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Mota

04Uhr30

 

„Ziele erfassen…Feuer!“

 

Als die Novel’ult das Feuer eröffnete schaute Jerome, der mit seinen Soldaten ungestört den Strand erreichte, zur Fregatte, die im Zwielicht des anbrechenden Tages, ein beeindruckendes Bild bot. Das 76/62 Compact Schnellfeuergeschütz schoss als erstes und zerlegte das Radar und die Raketenstellung auf dem Hügel über dem Lager. Innerhalb einer halben Minute spie das Geschütz fünfzig Granaten aus, die das Radar ausschalteten und die Raketen daneben explodieren ließen. Zwei große und weithin sichtbare Explosionen, zeigten deutlich, dass die Garanten ihre Ziele gefunden hatten. Rauchschwaden schwebten über dem Gipfel.

 

Nur Sekunden später fiel die 27mm Maschinenkanone ein, welche die Flugzeuge und den Hubschrauber zerstörten. Ein heller Strahl tastete sich von einem Flugzeug zum anderen und zerstörte es. Zusätzlich feuerte der RIM-116 RAM Werfer vier Raketen ab, was zur Folge hatte, dass die vier Boote am Steg in Flammen aufgingen und der Holzsteg gleich mit abrannte.

 

Das alles hatte weniger als eine Minute gedauert, doch das reichte um den Piraten jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen.

 

Das Fauchen und Bellen der Waffen lag noch in der Luft, als die ersten Schreie aus dem Lager kamen.

 

Jetzt waren garantiert alle Piraten wach.

 

**

 

Mersal Suluth sprang aus seinem Bett heraus und sah die Fregatte durch das Fenster und ihm war sofort klar, was hier geschah und er wusste was er zu tun hatte!

 

Als er aus seiner Hütte rannte prallte er mit seinem Stellvertreter Utara zusammen.

 

„Wir werden angegriffen!“ schrie dieser.

 

„Das weiß ich Idiot! Schaff die Geiseln her.“

 

„Wir sollten die Geiseln umlegen und verschwinden!“

 

„Und wohin du Idiot?! Die Flugzeuge sind zerstört und die Boote brennen! Die Geiseln sind unser einziges As! Los! Treib sie heraus und lass sie einen Kreis um die Mitte des Lagers bilden! Die werden uns nicht angreifen, solange die Geiseln zwischen uns und ihnen stehen!“

 

„Soldaten landen am Strand!“ rief einer der Männer gerade, als die ersten Geiseln aus ihren Verschlägen zwischen Strand und Lager getrieben wurden.

 

„Wie Viele?“

 

„Nicht viele… aber es sind Soulebdalesen!“

 

„Verdammt, das haben wir dieser Schlampe Helena und ihren Exzessen zu verdanken! Warum musste sie die Leute verbrennen?! Ich schöre dir, dafür leg ich dieses Scheißweib um! Was tun die Soldaten?“

 

„Nichts, sie warten am Strand!“

 

„Siehst du?“ wandte er sich an Utara. „Sie wollen nichts riskieren, jetzt können wir den Spieß umdrehen.“

 

Mersal überwachte wie Utara und seine Männer die Geiseln einen Kreis bilden ließ, in dessen Mitte Mersal und die Piraten waren. Zum Strand hin, standen die Geiseln dichter als zum Dschungel, wo Trusg’jerset im „Schatten“ stand. Nur dreißig Meter entfernt konnte er genau sehen, wie die Piraten die Geiseln zusammentrieben und sich hinter diesen verschanzten.

 

„Wieso stehen die nur am Strand rum?“ fragte Utara. Mittlerweile hatte sich die erste Aufregung etwas gelegt und leichte Zuversicht machte sich breit. Immerhin waren sie, die Piraten, zweiundsiebzig schwer bewaffnete Kämpfer, während dort unten an Strand gerade einmal fünfzig Soldaten standen, wenn auch mit einer beeindruckenden Fregatte hinter sich. Doch vom Schiff aus, konnten die Soulebdalesen das Lager nicht angreifen, ohne die Geiseln zu massakrieren.

 

„Was denkst du?“ wollte Utara wissen.

 

„Das wir schon gewonnen haben. Hätten sie das Lager gleich erstürmt, hätten sie uns vielleicht überrumpeln können.“

 

„Ich weiß nicht, über die Soulebdalesen gibt’s viele Gerüchte. Sie sollen sich unsichtbar machen können…“

 

„Rede keinen Scheiß!“ fuhr ihn Mersal an. „Das sind alles Märchen. Die Soulebdalesen kochen auch nur mit Wasser. Wir verhandeln und die werden uns geben was wir wollen.“

 

„Und was wollen wir?“

 

„Ein paar Transportflugzeuge.“

 

„Die geben sie uns! Warum auch nicht, die können sie leicht auf dem Radar verfolgen und sobald wir landen haben sie uns am Arsch.“

 

„Schwachkopf! Wenn wir erst einmal über dem Meer sind, werfen wir die Geiseln raus, übernehmen die Flieger und hauen unter dem Radar ab.“

 

„Das hört sich gut an, aber was macht dich so sicher, dass sie auf unsere Forderungen eingehen?“

 

„Die Soulebdalesen wollen doch immer die guten sein, glaub mir, wenn wir erst einmal vier, fünf Geiseln erschießen, wissen sie das wir es ernst meinen und einknicken.“

 

**

 

Jerome trat ein paar Schritte vor und wartete. Knappe fünfzig Meter vor ihm stand eine dichte Reihe Menschen, in deren Gesicherten deutlich Angst zu lesen war.

 

Er widerstand dem Drang sich umzudrehen und zu fragen, ob alle den Plan kannten, denn die Soldaten hinter ihm wussten genau, was sie zu tun hatten.

 

„Da passiert etwas.“ Stellte Major Hutlar’fer fest. „Ich wette die wollen verhandeln.“

 

„Verhandeln? Nein, die wollen uns erpressen!“

 

„Naja“, zum hundertsten Mal schaute der Major auf das grüne Licht an seiner Uniform, „Das ist ja Teil des Plans.“

 

**

 

„Du redest mit ihnen!“ befahl Mersal Utara.

 

„Wieso ich? geh doch selber!“

 

Ungehorsam, war das letzte was Mersal in dieser Situation gebrauchen konnte also spitzte Utaras Hirn aus seinem Schädel und viele Geiseln schrien voller Panik auf, als der Schuss aufknallte und auch am Stand zuckten alle zusammen, doch keine weiteren Schüsse fielen.

 

„Noch jemand hier, der meine Anweisungen in Frage stellt?“ wollte Mersal laut wissen.

 

Niemand meldete sich, bis schließlich ein Mann vortrat. „Ich mach das!“ Ginto, ein philippinischer Pirat, der kaum 1,6 Meter groß war und der mit zwei großen Pistolen im Gürtel beinahe komisch aussah, trat selbstbewusst vor Mersal. Pinto war wegen seiner Größe immer Ziel derber Späße gewesen und sah nun seine Chance kommen, sich, Mersal und besonders den anderen zu beweisen, was für ein harter Kerl er war.

 

„Gut! Sag ihnen sie haben fünf Minuten Zeit zum Schiff zurückzukehren und dass sie uns drei Transportmaschinen schicken müssen. Nach fünf Minuten knallen wir die ersten zwei Geiseln ab, dann alle fünf Minuten die nächsten, bis sie von der Insel sind! Wenn sie an Bord sind, will ich die Bestätigung, dass die Flugzeuge unterwegs sind, oder wir legen alle 30 Minuten eine Geisel um. Hast du das verstanden?“

 

„Geht Klar, Chef!“ Ginto zeigte auf zwei Frauen unter den Geiseln und winkte dann zwei Piraten, diese Geiseln nach vorne zu treiben.

 

Etwa zehn Meter vor den anderen stießen die Piraten die Frauen zu Boden und nahmen hinter ihnen Aufstellung, mit ihren Gewehren im Anschlag.

 

**

 

„Was ist das denn für eine Witzfigur?“ fragte Hutlar’fer, als Ginto auf sie zukam.

 

„Wahrscheinlich ihr Unterhändler.“

 

Der Major lachte trocken auf und grinste Jerome an. „Unterhändler… der war gut. Der gehört ihnen Commander.“

 

„Kein Problem. Macht euch bereit, wenn es losgeht, müssen wir so schnell rennen, wie Mualebda fliegt.“

 

„Ich hoffe dieser kleine Nerd weiß was er tut.“ Der Major drehte sich um und ging ein paar Schritte zurück um seien Kommandos zu geben.

 

**

 

Trusg’jerset sah wie die beiden Frauen nach vorne getrieben wurden, die Piraten sich hinter sie stellten und konzertierte sich.

 

**

 

10 Meilen östlich von Mota

-Randy! Es ist so weit! – Beinahe wäre Randy von seinem Sitz aufgesprungen, hätten ihn die Gurte nicht festgehalten.

 

„Es geht los!“ rief Randy zu der Flugzeugcrew. „Über das Lager!“

 

„Verstanden!“ bestätigte der Pilot der C130 „Kurs liegt an, Eintreffen in…120 Sekunden!“

 

„Alle Waffen überprüft, geladen und entsichert!“ teilte der Copilot mit.

 

„Zielgerät ein, Zielerfassung beginnt!“

 

**

 

Obwohl Ginto zwei Köpfe kleiner als Jerome war, blieb er mit einem selbstsicheren Grinsen vor diesem stehen.

 

„Hallo Dickerchen, hast du einen Namen?“

 

„Mein Name ist Commander Jerome n’Antakcket.“ Antwortete Jerome ohne sich eine Gefühlsregung anmerken zu lassen. „Ich mache es kurz! Ihr lasst die Geisel einfach stehen und haut in den Dschungel ab. Wir übernehmen die Geiseln und verschwinden. Dann geschieht keinem etwas!“

 

„Commander…Attacke? Ach was, ich bleibe bei Dickerchen, dass passt auch zu dir. Ich denke nicht, dass wir einfach weggehen. Um ehrlich zu sein, mir gefällt’s hier und ich überlege ernsthaft für immer hier zu bleiben.“

 

Jerome gab keine Antwort und starrte über Ginto hinweg zum Lager. Der fühlte sich nicht ernstgenommen und legte nach. „Was soll das? Leidest du unter Realitätsverlust, Dickerchen? Wir sind mehr als doppelt so viele wie ihr und dein tolles Boot da drüben nutzt dir gar nichts! Wir haben die Geiseln und wir werden nicht zögern die eine nach der anderen umzulegen. Also, du und der traurige Haufen hinter dir, verschwindet jetzt! Und dann schickt ihr uns Flugzeuge, mit denen wir und die Geiseln abhauen können!“

 

Als Jerome ihn immer noch keines Blickes würdigte und weiter schwieg, schäumte Ginto vor Wut.

 

„Also gut Dickerchen! Du willst es so! Ich werde dir zeigen, dass ich es ernst meine!“ Ginto drehte sich zum Lager zu und zeigte auf die zwei Frauen. „Sieh gut zu Dickerchen, die zwei hast du auf dem Ge…“ der Rest ging im Brummen der C130 unter, die direkt über sie hinwegflog. Hätte Ginto auf die Soldaten hinter Jerome geachtet, wäre er vorgewarnt gewesen, doch genau wie alle anderen schaute Ginto nach oben und sah einen Feuerschweif welcher von der Hercules nach unten raste und die Piraten hinter den Frauen buchstäblich zersägte. Dann, nur Sekundenbruchteile später, feuerten sechs Maschinenkanonen mitten in die Menge!

 

Gleichzeitig rannten die Soldaten schreiend so schnell sie konnten an ihm vorbei, nach vorne in das Lager und mitten in das Caos hinein.

 

Als Ginto sich wieder zu Jerome umdrehte, packte der ihn an der Kehle, hob ihn mühelos mit nur einer Hand hoch und drückte ihm die Luft ab.

 

Ginto zappelte heftig als Jerome ihm die Luft abdrückte und versuchte verzweifelt den stählernen Griff um seine Kehle zu lösen. „Das Dickerchen hat eine gute Nachricht für dich! Du wirst für immer hierbleiben!“ Jerome zerquetschte Gintos Kehle, ließ ihn fallen und rannte seinen Soldaten nach.

 

**

 

Tetepare

05Uhr 58

 

„Was soll der Scheiß!“ fluchte einer von Kajats Mitarbeitern. Er bearbeitete die Warenlieferungen, Bestellungen und Warenverteilung auf die einzelnen Schiffe, als mitten in der Datenübertragung, die Verbindung nach Manado abriss. „Mann! Sogar in Dschungel von Afrika, gibt’s besseres Internet als hier!“ Wütend griff er zum Telefon und rief bei der Technik an. „Das Internet ist schon wieder ausgefallen! Kümmert euch darum!“

 

Der Techniker überprüfte die Leitungen und kam zum Entschluss, dass wahrscheinlich die Satellitenschüssel beim letzten Sturm etwas verschoben war. Mit einem Signalfinder bewaffnet bestieg der Techniker das Dach und ging in Richtung Satellitenschüssel, als ihm ein blitzender Punkt am Himmel auffiel. Er schaute nach oben und sah eine zweimotorige Maschine über Tetepare und bevor er darüber nachdenken konnte, sah er ein seltsames Objekt genau auf sich zufliegen…

 

**

 

USS Theobald

05Uhr59

 

Auf dem Bild des Keyhole-Satelliten sah Folkers eine einsame Gestalt auf dem Dach eines Gebäudes.

–Du hast keine Ahnung was gleich geschieht- dachte sich Folkers.

 

Obwohl Folkers und die anderen wussten, dass die Marschflugkörper einschlagen würden, zuckten alle zusammen, als der erste Sprengkopf in Tetepare explodierte.

 

**

 

Über Tetepare

06Uhr00

 

Bernd überflog den Hafen und sah die Marschflugkörper auf Tetepare zuhalten. Kurz zuvor hatte ein Marschflugkörper seine Zusatztriebwerke gezündet und war nach Vangunu geflogen, wo er das dort stationierte Radar, nebst den in Stellung gebrachten Raketen in einem großen Feuerball verglühen ließ.

 

Nun schlug eine Popeye Turbo Rakete, nach der anderen in Kupa Point ein, welche Tamar vom Todesschatten aus abgeschossen hatte und die den ganzen Hafen sowie die dazugehörigen Lagerhallen zerstörten.

 

„Ok, ich zähle elf Einschläge, plus das Radar in Vangunu, das macht zwölf.“ Sagte Esrom. „Ich bestätige Tamar, dass alle Popeyes ins Ziel kamen.

 

„Geht klar“, brummte Bernd und sah unter sich das Caos, doch Mitleid hatte er mit den Piraten keines, er musste nur an die Bilder der Ambrym-Drohne denken! Dann leuchteten auf dem Display des Bordcomputers mehrere grüne Punkte auf. Sergeant Jorhu’Lar hatte die Laserzielgeräte eingeschaltet und markierte die noch unzerstörten Gebäude. Schnell hatte Esorm sein Tablet zur Hand, übernahm die markierten Ziele und wählte dann Jagdbomber sowie Waffen aus, die er dem Ziel zuordnete. „Es kann losgehen.“ Meinte er und hob den Daumen.

 

„Condor drei an Condor Staffel! Zielmarkierung aktiviert! Angriff einzeln, in Reihenfolge!“

 

„Condors haben verstanden:“ meldete sich Veronique. „Condor eins beginnt mit Anflug!“

 

Die Soulebdalesischen F/16 und F/18 Kampfflugzeuge hatten sich von Osten und Süden genähert und bildeten nun einem Kreis mit einem Durchmesser von zehn Meilen um Tetepare, das mit den vielen aufsteigenden Rauchwolken nicht zu verfehlen war. Veronique brach als erste aus dem Kreis aus und flog auf den Hafen zu.

 

„Alle Waffen scharf!“ meldete sie sich und begann ihren Anflug.

 

„Condor eins…Waffen frei!“

 

Per Knopfdruck warf Veronique vier ihrer acht modifizierten Mark 82 Bomben ab und drehte über das Meer ab, um sich wieder in das tödliche Karussell einzugliedern.

 

Die vier lasergesteuerten Bomben trafen auf den cm genau ihre markierten Ziele und kaum waren sie explodiert, schlugen auch schon die Bomben der folgenden Maschine ein.

 

Zwei Mal flog jeder Jagdbomber Tetepare an und warf seine Lenkbomben in das sich immer vergrößernde Caos hinein. Mittlerweile brannte die Stadt an allen Enden und kein Gebäude war unbeschädigt. Lagerhallen in denen Waffen und Munition gelagert waren, wurden in ihre Atome zerlegt, andere Hallen stürzten ein und Gebäude, wie Kajats Verwaltungssitz brannten lichterloh, als die letzte Bombe gefallen war.

 

„Ruf Jorhu’Lar und sag ihm, er soll mit seinem Team zu südlichen Ende der Landebahn kommen, wir holen ihn gleich ab.“

 

„Mach ich… LINKS WEG!“

 

Bernd riss die Condor nach links und sah eine Rauchspur weniger als einhundert Meter am ihnen vorbeifliegen. „Wo kommt die denn her?“

 

„DA!“ Esrom zeigte nach unten zur Landebahn, wo ein paar Piraten schon die nächste schultergestützte Flugabwehrrakete bereit machten.

 

„Kümmere dich mal darum!“

 

„Schon dabei.“ Esrom schaltete die Chain-Gun scharf und jagte eine Save 20mm Geschosse in die Gruppe. Die Rakete explodierte auf der Schulter des Piraten und zerriss alle Umstehenden Piraten.

 

„Achtung Condors“, rief Bernd die anderen Flugzeuge, „Die Piraten da unten haben noch nicht genug!“

 

„Verstanden!“ antwortete Veronique. „Condors, Paarweise Angriff mit Bordwaffen.“

 

Sie drehte ab und flog mit Condor vier den ersten Angriff. Inmitten der Stadt sah sie, wie ein paar Piraten die ein Maschinengewehr in Stellung brachten und nach oben in den Himmel schossen. Veronique visierte die Gruppe an und feuerte mit der Bordkanone hinein. Nachdem sie über dem Hafen abdrehte, erkannt sie, wie eines der Schiffe um Kupa Point Fahrt aufnahm.

 

„Da wollen ein paar abhauen! Condor neun und zehn, die Schiffe angreifen!“

 

Als die Condors bestätigten, stieß Esrom Bernd an. „Wenn wir die Schiffe hier versenken, gibt’s eine gewaltige Umweltkatastrophe!“

 

„Du hast Recht! Achtung Condors! Die Schiffe nicht versenken, nur auf die Aufbauten feuern!“

 

„Verstanden! Condor neun beginnt Anflug!“

 

Die Besatzungsmitglieder auf dem auslaufenden Schiff sahen zwei F/16 auf sich zu fliegen, dann tat sich die Hölle auf. Die Urankerngeschosse durchschlugen die Aufbauten, als ob diese aus Papier wären und verwandelten sich in Plasma, was keiner auf der Brücke überlebte.

 

Nach sechs Anflügen trieben die Schiffe fahrtenlos, aber intakt um Kupa Point.

 

Bernd rief seien Frau „Condor eins, wir gehen runter und holen das Bodenteam ab.“

 

„Verstanden, Condor eins und sechs geben Deckung.“

 

Bernd drehte eine kurze Schleife und landete, während Veronique mit ihrer Bordkanone auf den Tower und die Gebäude um die Landebahn feuerte. In der Zwischenzeit brachte Bernd die Condor zum Südende der Landebahn. Als die Maschine aufsetzte und über die Landebahn rollte, sah Esrom zwei noch nicht zerstörte Flugzeuge, die er sofort unter Beschuss nahm. Die Flugzeuge fingen sofort Feuer und einige der Piraten, welche mit damit abhauen wollten verbrannten mit den Maschinen.

 

Am Südende warteten schon Jorhu’Lar und Tars’fert mit ihrem Team. Ohne weitere Zwischenfälle stiegen die Soldaten und Krieger ein und Bernd hob wieder ab.

 

Als er wieder in der Luft war warf Bernd noch einen letzten Blick nach unten. „Condors, das war gute Arbeit, Abflug zu den Tankern.“

 

**

 

Julam’da Airfield

18 Stunden zuvor

 

„Jetzt bin ich aber gespannt!“ raunte Veronique ihrem Mann zu, als sich der Hangar öffnete, in dem sich Randy mit der Crew der C130 die letzten Stunden eingeschlossen hatte.

 

Der Pilot ließ die Hercules herausrollen und stellte sie dann vor dem Hangar ab.

 

„Ohhhhh RANDY!!!“ Bernd wollte seinen Augen nicht trauen. Randy und die Crew hatten sechs Maschinenkanonen, drei an jeder Seite, an der Unterseite der Hercules befestig.

 

„Verdammt Kaufmann! Sie haben das Ding in ein Gun-Ship verwandelt. Das hätten sie auch einfacher haben können!“ meinte General Jektjor’far.

 

Doch Bernd bemerkte das Tankkillerzielgerät an der Unterseite der Hercules. „Randy?“

 

„Ganz einfach!“ sagte Randy und stellte sich vor die Maschine. „Die Piraten werden die Geiseln als Schutzschild nutzen. Wir fliegen über sie und schalten die Piraten aus der Luft aus.“

„Ich will nicht an deinem Genie zweifeln“, meinte Bernd, „aber wenn wir mit sechs Kanonen in das Lager feuern, töten wir mehr Geiseln als Piraten.“

 

„Deswegen brauche ich das Zielgerät!“ erklärte Randy. „Also, was unterscheidet einen Piraten von einer Geisel?“

 

Für eine Sekunde hatte niemand eine Antwort, dann sagte Jerome, „Die Waffe!“

 

„Richtig!“ lobte Randy und wandte sich an Bernd.

 

„Geh vor der Maschine vorbei!“ Bernd sah sich um, zuckte mit der Schulter und ging vor der Maschine vorbei und nichts geschah, also drehte er sich um, und kam zurück.

 

„Gut!“ sagte Randy und drückte ihm ein Sturmgewehr in die Hand. „Jetzt nochmal!“

 

Bernd ging erneut an der Hercules vorbei, doch kaum betrat er den Erfassungsbereich des Zielgerätes, richteten sich die Läufe der Kanonen auf ihn.

 

„Jetzt mit einer Pistole!“

 

Das Ganze wiederholte sich, sobald Bernd in den Erfassungsbereich kam.

 

„Jetzt nimm eine Waffe und das da.“ Das da, war eine kleine Box, an der ein grünes Licht leuchtete. Diesmal bewegte sich nichts. „Das ist ein Sender, den unsere Soldaten tragen werden. Er signalisiert dem Computer, dass der Träger als Ziel ausscheidet.“

 

Auch als nun sechs Soldaten gleichzeitig vor die Hercules traten, richteten sich die Läufe nicht auf eine Person, sondern je ein Lauf auf alle sechs gleichzeitig. Das Zielgerät erkannte auch sofort, wenn eine der sechs Personen nicht bewaffnet war, oder zwar eine Waffe, aber auch einen Sender bei sich trug und schloss diese als Ziel aus.

 

„Was geschieht, wenn ein Pirat und eine Geisel dicht beieinanderstehen?“ wollte Veronique wissen.

 

„Das Gerät erkennt zwei Personen und wird nicht schießen, außer beide sind bewaffnet.“

 

Auch das Szenario demonstrierte Randy mit zwei Soldaten vor der Maschine.

 

„Wie weit muss der Pirat von Geisel wegstehen?“

 

„Zwei Meter.“

 

„Das ist ziemlich nahe. Raunte Veronique.

 

„Nun zu dir, kleine tapfere Lady“, Randy ging vor Caro’pe in die Hocke und nickte ihr anerkennend zu, „ich hörte, dass du im Palast tapfer gegen einen riesigen Palmendieb gekämpft hast.“

 

„Ach halb so wild“ tat Caro’pe das Abenteuer mit einer Handbewegung ab, „der war nur sooo groß.“ Sie hob die Arme auseinander und zeigte die tatsächliche Größe des Palmdiebes an.

 

„Kannst du mal vor dem Flugzeug vorbeilaufen?“

 

„Klar!“ ohne ihre Eltern um Erlaubnis zu fragen rannte Caro’pe vor der Hercules auf und ab, bis Randy sie wieder zu sich rief. Dann gab er ihr eine ungeladene Waffe und schickte sie erneut vor das Flugzeug. Veronique versteifte sich, doch nichts geschah! Kein Lauf bewegte sich!

 

„Ich habe die Durchschnittsgrößen aller Menschen im Südpazifik und den angrenzenden Gebieten genommen und dann das Gerät auf eine Mindesthöhe von 1,40 Meter eingestellt. Alles was kleiner ist, wird nicht als Ziel erkannt, bewaffnet oder nicht.“

 

„Kaufmann, das ist völlig irre!“ schüttelte Jektjor’far den Kopf. „Sobald sie das Feuer eröffnen, werden die Piraten zurückschießen und das ohne Rücksicht auf die Geiseln!“

 

„In ihrem Lagebericht steht, dass ca. achtzig Piraten auf Mota sind.“

 

„Korrekt!“

 

„Die Beste Art sich gegen einen Angriff zu verteidigen wird die sein, eine feste Verteidigungsstellung einzunehmen die Geiseln im Kreis davor zu stellen.“

 

„Das ist wahrscheinlich.“

 

„Was glauben sie, wie lange sechs computergesteuerte Kanonen brauchen, um achtzig Ziele auszuschalten, die sich nicht, oder nur wenig bewegen?“

 

„Aber was ist, wenn sich eine Geisel im Caos eine Waffe greift?“ fragte Bernd, der den Schwachpunkt in Randys System erkannt hatte.

 

Randy kämpfte lange mit sich und presste dann ein, „Kein System ist vollkommen“ hervor. Dann sah er zu Jerome „Jerome… ihr müsst unbedingt verhindern, dass das geschieht!“

 

**

 

Die Insel Mota

Das Caos nahm seinen Lauf!

 

Major Hutlar’fer und die Soldaten rannten so schnell sie konnten auf das Lager zu und brüllten die Geiseln in allen Sprachen an, sich auf den Boden zu werfen.

 

Den meisten musste man das nicht erst sagen und sie ließen sich fallen als die ersten Schüsse fielen, doch einige rannten in Panik los, doch zum Glück rannten diese nicht in die Mitte des Lagers, sondern zum Strand, oder in Richtung Dschungel. Wer den Soldaten entgegenkam wurde mit wenig Feingefühl zu Boden geworfen, doch noch lebten einige Piraten und begannen wild um sich zu schießen. Sie hatten überlebt, weil sie nahe an den Geiseln standen, oder einfach nur Glück hatten. Doch für eine wirkungsvolle Gegenwehr war es zu spät, die Soldaten waren schon zu nahe und ein wilder Nahkampf entbrannte. In dem entbrannten Kampf hatten die Piraten keine Chance gegen die Soldaten der Garde.

 

Etwa zwanzig Geiseln rannten in den Dschungel und wurden von zehn Piraten so dicht verfolgt, dass Randys System nicht das Feuer auf sie eröffnete, doch das war auch nicht nötig, denn hinter der Baumgrenze warteten die Stammeskrieger!

 

Kaum waren die Piraten im Dschungel, begann die Jagd der Krieger. Ein paar Schreie erklangen noch, dann wurde es gespenstisch ruhig im Dschungel.

 

Am Lagerrand sah Jerome, wie ein Pirat eine Frau griff und vor sich hielt, doch plötzlich drehte sich die Frau beherzt um, stieß dem Pirat einen Finger ins Auge und trat ihm gleichzeitig in die Eier. Als er zurücktaumelte, versuchte sie ihm die Pistole zu entreißen.

 

„NEIN!“ rief Jerome und spurtete los. Nun zeigte Jerome, dass er ein Schattenkrieger war! In unglaublicher Geschwindigkeit rannte er los, sprang die Frau an, riss sie mit der Waffe zu Boden und brachte seinen Sender im letzten Sekundenbruchteil in ihre Nähe, so dass sich der computergesteuerte Lauf ein anders Ziel suchte. Jerome war schon wieder auf den Beinen, nahm der Frau die Pistole ab und warf sie dem Piraten zu.

 

„Hier fang auf!“ Rief er dem Piraten zu und die Frau unter Jerome schrie auf, „Jetzt sterben wir beide!“

 

Der Pirat schaute ungläubig und fing die Pistole tatsächlich, was die letzte Bewegung in seinem Leben war, denn diesmal feuerte das System und traf den Piraten.

 

**

 

Mersal war nicht Chef, weil er nur brutal war und Befehle ausüben konnte. Mersal hatte die Situation schneller als alle anderen erkannt. Er warf sein Gewehr weg, zog seine Pistole und schnappte sich eine Frau mit langen Haaren. Die packte er und zog sie an den Haaren hinter sich her zum Dschungel hin. Durch den geringen Abstand wurde er als Ziel zwar erfasst, aber nicht beschossen. Sich immer wieder umblickend rannte er durch den Dschungel als er plötzlich gegen ein Hindernis prallte.

 

Er fuhr herum und sah Kenta’Mariba vor sich stehen.

 

-Wo kommt der denn so plötzlich her? – das war auch der letzte Gedanke des Piraten, dann hob Kenta’Mariba die immer noch schreiende Frau auf seine Schulter und trug sie zurück.

 

**

 

Noch immer fielen Schüsse im Lager, als die zweite Welle, in Form der Ärzte das Lager erreichte. Die waren, Befehl hin oder her, losgefahren noch bevor Randy das Randy das Feuer eröffnete.

 

„Sollten sie nicht warten, bis wir das Lager unter Kontrolle haben?“ wollte Jerome von einem der Ärzte wissen.

 

„Kontrolle ist eine Sache der Definition.“ Antwortete der und kümmerte sich schon um den ersten Verletzten.

 

Jerome schaute voller Achtung auf den Mann und seine Kollegen, die hier halfen, obwohl noch vereinzelt geschossen wurde.

 

**

 

Über Mota

Die Kanonen unter ihm schwiegen nun und Randy konnte aus dem Flugzeug heraus erkennen wie die Garde das Lager stürmte, konnte allerdings nicht feststellen, ob sich die Geiseln um das Lager sich nur zu Boden warfen, oder, ob das Schlimmste eingetreten war.

 

Die nächsten Minuten waren die längsten in seinem bisherigen Leben.

 

– Trusg’jerset! – rief er zum tausendsten Mal.

 

-Ich bin da.-

 

-Wie schlimm ist es? Wie viele Tote? –

 

-Tote? Hier liegt eine ganze Menge Tote herum! –

 

-Verdammt! Du weiß genau was ich meine! Wie viele tote Geiseln?!-

 

-Warte ich muss zählen… … … keine.-

 

Randy fing an zu heulen und schlug die Hände vors Gesicht. -Du… du blöder Arsch! Ich liebe dich! –

 

-Danke – Das sag ich Dana! Und…Ich liebe dich auch, Alter

**

 

Es geht zu ende

„Scheiße was ist das?“ fragte Lin und zeigte nach vorne, wo Rauchschwaden aufsteigen. Er war mit seinem Flugzeug im Anflug auf Mota als er die Feuer bemerkte. Da er sich dem Lager von Westen her näherte, sah er die Fregatte nicht, die vor dem Lager geankert hatte.

 

„Zieh hoch!“ Befahl er dem Piloten und der brach den Ladeanflug ab und überflog das Lager. Unter sich sah Lin, wie Soldaten durch das Lager liefen und die Geiseln zum Strand brachten wo sie in Booten zu einem Kriegsschiff gebracht wurden. Und noch etwas erkannte Lin… die Flagge am Mast der Fregatte, es war die Flagge Soulebdas.

 

„Verdammt! Soulebda. Lass uns bloß abhauen!“

 

Während der Pilot abdrehte griff Lin das Funkgerät und rief Baldwerde.

 

„Leon! Kannst du mich hören?“

 

„Was ist?“ kam Leons Antwort.

 

„Wir sind auf Mota!“

 

„Hast du mit Mersal geredet?“

 

„Verdammt Mersal ist tot! Alles sind tot!“

 

„Was?! Was ist passiert?“

 

„Vor dem Lager liegt ein soulebdalesisches Kriegsschiff!“

 

Am anderen Ende der Leitung gefror Leons Blut. Das hatte ihm noch gefehlt, ein Rückschlag im Kampf gegen Helena. Die würde nicht zögen Kajat dazu zu bringen, ihm die Schuld für die Katastrohe zu geben. „Was ist mit den Geiseln?“

 

„Die werden gerade auf das Schiff gebracht!“

 

„Verstanden! Ich gebe Kajat Bescheid. Sieh zu, dass du abhaust!“

 

„Bin schon dabei, ich fliege nach Tetepare zurück.“

 

**

 

Auf der Brücke der Novel’ult

„Was ist mit den Geiseln?“ Kam es aus dem Funkgerät.

 

„Die werden gerade auf das Schiff gebracht!“

 

„Verstanden! Ich gebe Kajat Bescheid. Sieh zu, dass du abhaust!“

 

„Bin schon dabei, ich fliege nach Tetepare zurück.“

 

Kapitän Kefar’ter hörte den Funk zwischen Lin und Baldwerde mit und nickte seinem AO zu. „Mehr Beweise brauche ich nicht! Feuererlaubnis erteilt! Holen sie den Mistkerl aus der Luft!“

 

Mit dem größten Vergnügen!“ brummte der AO und eine Sekunde später, zischte eine RIM-116 Rakete aus dem Starter, traf dessen Flieger und Lin Pin Tao verglühte über dem Dschungel Motas.

 

**

 

Ganz so optimistisch wie Trusg’jerset sahen die Ärzte die Situation nicht. Einige Geiseln hatte es schlimm erwischt. Sie wurden von Kugeln getroffen, als sie losrannten, doch die meisten Verletzungen waren eher leicht.

 

Durch Jeromes Voraussicht, genug Ärzte nach Mota mitzunehmen, zahlte sich aus und die kritischen Fälle konnten schnell und professionell behandelt werden. Vier sehr Schwerverletzte befanden sich im Kritischen Zustand und wurden mit dem Bordhubschrauber der Novel’ult sofort auf die Nachbarinsel Honorat, auf den Salomonen geflogen. Über Funk hatte man die Hubschrauber bereits angekündigt.

 

Unterwegs kämpfte ein Ärzteteam um jedes einzelne Leben und das erhoffte Wunder trat ein, keine der Geiseln war bei der Befreiung ums Leben gekommen.

 

Die Verletzten aus dem Unfallkrankenhaus auf Honorat wurden, nachdem sie transportfähig waren, umgehend nach Soulebda verlegt.

 

**

 

Soulebda/ Palast

05Uhr25

 

Heylah saß in ihrem Arbeitszimmer und nur Ma’Difgtma war bei ihr. Auch Heylah starb tausend Tode bis sie Ma‘Difgtma am Arm packte. „Jerome!“ sie schloss kurz die Augen und murmelte etwas Unverständliches, bevor sie Heylah ansah.

 

„Die Geiseln in Mota sind frei! Unter den Geiseln gab es keine Toten, nur Verletzte.“

 

„Und unsere Soldaten?“

 

„Keine Verluste, nur drei Verletzte, nichts Kritisches.“

 

„Mualebda sei Dank.“ Heylah sprang auf und umarmte Ma’Difgtma. „Und auch deinem Sohn Jerome sei Dank.“

 

„Ach, der macht nur seinen Job, Regentin. Jetzt tu du deinen Job!“

 

„Das werde ich!“ sie trat an das Telefon und rief Hafa’ler.

 

„An den Einsatzleiter Tetepare! Einsatzbefehl erteilt! Und das Kamerateam soll zu mir kommen!“

 

**

 

USS Theobald

06Uhr14

 

Auf dem Monitor sahen Folkers und Barris wie ein Flugzeug nach dem anderen über Kupa Point flog und den Hafen, die Lagerhallen und die Schiffe angriffen. Schließlich war Kupa Point nur noch ein rauchender Trümmerhaufen.

 

„Admiral.“ Jemand hielt Folkers ein Telefon hin, „Admirals Heykes!“

 

„Folkers! Was zum Teufel geht auf den Salomonen vor sich?!“ polterte Heykes los.

 

„Sir, um 06hundert haben unbekannte Flugzeuge Kupa Point auf Tetepare angegriffen, nachdem ein U-Boot ein Schmugglerdorf mit zwölf Lenkwaffen beschossen hat.“

 

„Ein Dorf? Das ist, nein das WAR eine ganze Stadt! Wer war das?“

 

„Wir gehen davon aus, dass es die Chinesen waren, auch um uns zu zeigen…“

 

„Admiral!“ Unterbrach Sanders ihn. „Das sollten sie sich ansehen!“

 

Sanders zeigte auf einen Bildschirm, auf dem Heylahs Bild erschien und schaltete das Telefon des Admirals dazu. „Diese Nachricht wird seit dem Angriff in Schleife ausgestrahlt.“

 

„Ruhe!“ rief Barris und sah auf den Monitor. Folkers, der Heylah schon getroffen hatte und als warmherzige und offene Person kannte, sah in ein Gesicht, in dem sich kalte Entschlossenheit zeigte.

 

„Ich bin Heylah ai Youhaahb, die Regentin Soulebdas!

Diese Nachricht ist an die Piraten gerichtet, die vor wenigen Tagen vierundachtzig unschuldige Menschen ermordet haben!

Mit dieser Tat habt Ihr den Zorn Mualebdas auf Euch gezogen und ich, als Regentin, überbringe Euch nun die Antwort Soulebdas!

Schaut nach Tetepare! Und schaut nach Mota!

Wisset! Wo immer Ihr euch auch verkriecht, der Zorn Soulebdas wird über Euch kommen!“

 

Dann wiederholte sich die Botschaft.

 

„Folkers! Haben sie das gesehen?“, wollte Heykes wissen.

 

„Ja Sir. Wir streichen die Chinesen gerade von der Liste der Verdächtigen.“

 

„Ich will einen genauen Bericht und ich will ihn GESTERN!“

 

„Ja Sir.“ Am anderen Ende legte Heykes auf und Folkers stieß hörbar einen Schwall Luft aus.

 

„Sanders!“

 

„Ja Sir?“

 

„Finden sie heraus was es mit den Morden auf sich hat, die Heylah ai Youhaahb da anspricht und ich will wissen was auf Mota passiert ist! Ich will Berichte, Aufzeichnungen und Analysen! Außerdem sollen sich die Aufklärer die Insel Tetepare ansehen, oder besser, das, was davon noch übrig ist.“

 

„Sofort Sir!“

 

Als Sanders unterwegs war, schaute Folkers auf das Standbild, das Heylah zeigte. „So habe ich Soulebdas Regentin noch nie erlebt.“

 

„Tja, wenn sie einen Rat von mir wollen Sir, wenn sie Heylah das nächste Mal treffen, machen sie keine Witze über Mualebda.“

 

„Das war nicht witzig! Barris!“

 

Barris schaffte es tatsächlich zu grinsen.

 

„Eines muss man der Frau lassen.“ Meinte er und zeigte auf den Bildschirm, auf dem Tetepare brannte. „Sie macht keine halben Sachen.“

 

**

 

Stechers Büro

Das Telefon klingelte Sturm und Theobald, der Stecher, Vogel griff zum Hörer. Eine aufgeregte Stimme ratterte los und der Stecher rief ihn zur Raison. „Halt, Stopp! Ich schalte auf Lautsprecher – jetzt tief Luft holen und nochmal!“

 

Der aufgeregte Informant des Stechers erzählte von den Angriffen, die ohne Vorwarnung kamen und den Luftangriffen. Wie alle Gebäude mit der wertvollen Piratenware in Rauch aufgingen und von der Abschlachtung der Piraten durch irgendeine neue Technik.

 

Er berichtete von 30-40 Bombern die angegriffen hatten und einer Armada an Angreifern, die alles und jeden auf der Pirateninsel abschlachteten.

 

Genauso blumig berichtete er von der Befreiung der Geiseln und dass die „Geisterflieger“, wie er sie nannte, keine Geiseln beschossen hatten, sondern nur die Piraten trafen.

 

Endlich war er am Ende seines Berichtes und an seinen Kräften.

 

„Danke, bring dich in Sicherheit, wir treffen uns am neuen Stützpunkt.“ Damit schaltete der Stecher das Telefon ab und schaute in die Runde, seiner Zuhörer.

 

„Wer war für die Luftüberwachung über Tetepare zuständig?“

 

„Berlinger, Maas und Sei-Fan, ich hatte sie genaustens instruiert, damit …“, begann einer seiner Offiziere und der Stecher schoss ihm direkt ins Gesicht. Zuckend blieb der Erschossene am Boden liegen.

 

„Du hast versagt und deine Leute nicht kontrolliert!“ Wieder schaute der Stecher in die Runde seiner Offiziere.

 

„Wieso wurde die Küstenverteidigung so schnell ausgeschaltet?“

 

„Die.. die haben die Radarstation übernommen und alles kurz und kleingeschossen, wir hatten überhaupt keine Zeit irgendetwas als Gegenmaßnahmen zu starten, die waren zu viele, die kamen mit Booten und Flugzeugen.“

 

„Lüg mich nicht an, die Bilder zeigen eine bombardierte Radarstation, das waren Bomben oder eine fette Rakete aber keine Truppen.“, die letzten Worte schrie der Stecher dem Offizier förmlich ins Gesicht

 

„… und von Booten war da auch keine Reede!“ Damit fing sich der zweite Offizier zwei Kugeln ein und ging zu Boden.

 

„Und ihr, ihr habt ihr alle nur zugeschaut? Wieso hat keiner mich alarmiert, als das da gesendet wurde?“

 

Damit schaltete der Stecher den Fernseher ein und die Ansage von Heylah lief vom Band ab.

 

Einige der Offiziere sahen diese Sendung offenbar zum ersten Mal und wechselten die Gesichtsfarbe. „Wir sollten von hier verschwinden und auf ein Schiff wechseln, außerhalb der Grenzen von Soulebda, Sir.“ Schlug einer der Chinesen vor.

 

„Klasse Idee und dann wohin fahren?“

 

„Natürlich auf Makira, nur dort sind wir stark genug und können uns verteil…“ In diesem Moment platzte der Kopf des kleinen Chinesen nach zwei Einschüssen.

 

„Und damit erstens zeigen, wer gerade flieht, zweitens, die Richtung klarmacht, wohin die Reise geht und drittens, die noch geheime Insel verrät, danke der Vorschlag ist hiermit abgelehnt!“

 

„Räumt mal wer diesen Biomüll hier weg, ich muss nachdenken. In einer Stunde Besprechung aller Offiziere der Region, Life oder zugeschaltet und jetzt macht den Müll hier weg!“

 

**

 

Eine Stunde später sah der Piraten Treffpunkt wie ein Stützpunkt der Armee aus. Die Zufahrten waren geschlossen und Streifen liefen auf und ab. Der Bereich des Hafens war eh eine abgelegene Privatanlage und so fiel nicht auf, dass hier plötzlich offen die Waffen getragen wurden.

 

Die verbliebenen Offiziere saßen etwas verstreut um die Tische und neben ihnen befanden sich mehrere Bildschirme, die die Abbilder anderer Führungsmitglieder der Piraten zeigten. Die schienen nicht sehr entspannt, denn hinter ihnen stand jeweils einer der Schergen des Stechers.

Unter jedem Bildschirm der Zugeschalteten leuchtete ein kleiner Kasten mit drei grünen Lichtern, die VPN-Verbindungen waren abgesichert.

 

Der Stecher trat ein, mit einigen Akten, einem Tablet und zwei seiner Leibwächter.

 

„Danke fürs kommen, lasst uns gleich anfangen, die Zeit eilt, wir müssen handeln!

 

Wir lösen die Station hier auf Soulebda auf, ehe sie gestürmt wird. Tant’Furt das übernehmt ihr. Bis in zwei Tagen ist hier alles weg. Ihr nehmt die Frachter mit und den Abschleppkahn.

 

Von Tetepare haben wir inzwischen die ersten Aufnahmen, der Standort ist Asche. Mehr muss ich da nicht sagen. Im Moment werden die Verantwortlichen bestraft.“

 

Der Stecher zeigte kurz auf die Bildschirme und alle Anwesende sahen, was er meinte mit „Bestraft.“

 

Aus den Hälsen von zweien der Offiziere ragten plötzlich Messer, dann wurde es blutig und die beiden Bildschirme wurden dunkel.

 

„Die Geisellager auf Maewo und Penama werden aufgelöst. Alles Unnötige wird auf die Frachter Tschulik II für Maewo und Nannola für Penama verladen. Es gibt kein Feuer, die beiden Frachter werden im Meer versenkt, das geht schnell und unauffällig.

Das erledigt ihr Lin Poh und Marduk, ihr schafft die Leute weg, die Ausknipser sind unserer beiden vietnamesischen Schlächter Poh Tai und Poh Tau.“

 

Der Stecher schaute zu Helena van Deubth und dann auf den Bildschirm zu Leon Baldwerde.

 

„Nun zu euch beiden. Leon und Helena. Ihr beide seid mir für Makira verantwortlich, schaut zu, dass dort alles läuft, wenn ich komme und Helena, schau dass du diesmal nicht wieder die Hälfte der Mädchen vorher umbringst. Die bringen Geld, Kohle, Asche und keine Orgasmen, verstanden? War das deutlich genug Helena?“.

 

Helena van Deubth, die „Herrin“, fühlte sich auf den Schlips getreten und nuschelte etwas in sich hinein.

 

„Ja, ich achte darauf, übrigens sind deine beiden Neuen bereits auf deiner Kammer und ins Bett gefesselt, die warten nur auf dich…“

 

„Lenk nicht ab Helena.

Mir wurde von verlässlicher Seite erzählt, dass der Transport der drei einzigen Augenzeugen auf die niederländische Fregatte heute starten wird.

Abfahrt mit der Prinzenyacht ist gegen 14:00 Uhr.

Da brauche ich die verbliebenen Leute, das muss sauber laufen. Wir werden die Yacht südwestlich von Soulebda kapern und übernehmen.

 

Vergesst eines nicht:

 

Ich brauche die drei lebendig, macht keinen Mist wer dort versagt, den knöpf ich mir persönlich vor und dann wirds rau! Ich muss unbedingt wissen, was die alles von Alofi wissen.“

 

„Mein Spezialist ist bereits unterwegs, der wird auf der Wudong sein und die Augenzeugen peinlich befragen, ich meine hochnotpeinlich.

Also nochmal die drei überleben unbeschadet, der Rest ist mir egal versenkt die Yacht, wenn sie nicht für uns taugt.“

 

„Dürfen wir mit den Dreien wenigstens etwas spielen?“

 

„Spielen ja, aber ich sag’s dir, wenn du die kaputtmachst dann lasse ich dich Kürschnern und das ist keine leere Drohung. Also Spielen ja, aber mehr nicht.“

 

Es wurden noch ein zwei Zwischenfragen gestellt, die schnell geklärt wurden und dann ging es in den Aufbruch.

 

„Ach ja, ehe ich es vergesse, wer war eigentlich für die Beschaffung der Wudong zuständig?“

 

„Das war Leon!“ Rief Helena, sie war sichtlich erregt, das sah man ihr an. „Leon hat das eingefädelt.“

 

Leon saß ertappt da und lief leicht rot an. Er wusste genau, wenn da etwas schief gelaufen wäre …

 

„Gut gemacht Leon, das war die beste Aktion, der letzten Jahre, solch ein Schiff haben wir gebraucht.“

 

Damit packte der Stecher seine Sachen zusammen. „Auf wartet ihr noch, wir haben was zu tun. Auf!“

 

Rasch liefen die Offiziere aus dem Raum, Leon und Helena hatten sich gegenseitig genau im Blick, das Vertrauen von einst war nicht mehr. Das konnte der Stecher genau erkennen und es freute ihn.

 

Interne Sticheleien sind fruchtbar, aber nur, solange man diese absolut kontrolliert, das wusste der Stecher.

 

**

 

Eine Woche vorher auf Soulebda

Im Tagungsraum des Palastes saßen Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, Soleab n’Amsala, der Parlamentspräsident, sowie der Gelehrte Kana’Fartu Yasomera. Außerdem waren anwesend Seraph Ma’Gus, Dagan Mayr und Viktor Kubaliborov, als Vertreter des Geheimdienstes und GIPSY. Dazu Madame Ma’Difgtma als oberste Kriegerin und ihr Sohn Jerome. Neben meinem Mann Peter, Clair und mir saßen die beiden Spezialisten Mike und Dave und Norman Kresser.

 

General Jektjor’far hatte seinen Vortrag gerade beendet und übergab an den Gelehrten Kana’Fartu Yasomera.

 

Leichtfüßig wie ein Dreißigjähriger sprang Yasomera auf und erklärte uns die folgenden Abläufe.

 

„Es ist so weit. Die Piraten haben ihre erste Schlappe erhalten und ihre Zentrale auf Tetepare verloren. Jetzt in diesen Minuten verlegen sie die Geiseln auf die neue Zentralinsel Makra. Die Piraten glauben, dass der Standort immer noch geheim ist. Das ist gut so und gehört zum Plan.

 

Als Nächstes muss ich euch dreien einen harten Einsatz abverlangen. Versteht mich nicht falsch, sollte dieser Einsatz schief gehen, so stehen die Leben vieler Hundert Geiseln auf der Kippe.

Clair Clament aus Paris, Caroline und Peter, ihr drei tapfere Krieger müsst euch von den Piraten gefangen nehmen lassen.

 

Ihr drei seid die letzten drei Augenzeugen, die den Stecher ans Messer liefern können. Aber ihr beide, Caroline und Peter, auf euch kommt eine Folter zu. Der Stecher wird versuchen aus euch herauszubekommen, was ihr über Alofi wisst.

Zu dem Zweck wird er einen Verhörspezialisten einsetzen, und wenn mich nicht alles täuscht wird das Oniagato Kikeraki sein.

 

Der Mann ist sehr gut, eine richtige Legende und er setzt eine Bio-Droge ein, die euren Geist öffnen soll und euch dazu bringen wird alles preiszugeben, was ihr wisst.

 

Nun, um es kurz zu machen, wir werden euch vorher eine andere Droge geben, die genau das zu verhindern hat. Diese Droge von uns muss allerdings von euch aktiviert werden, um wirken zu können.

 

Warum so kompliziert? Na ganz einfach, sollte ein anderer Spezialist euch verhören und ihr habt unsere Droge im Körper, könnte es sein, dass ihr letalen Schaden nehmt. Daher die Aktivierung durch euch.

 

Doch seid gewarnt, bis ihr auf dem Piratenschiff ankommt, auf dem der Spezialist sein wird, werden die Piraten vermutlich versuchen aus euch so alles herauszubekommen.

 

Wir wissen, dass es unter den Piraten Streitigkeiten gibt und es könnte gut sein, dass ihr denen gerade in die Queere kommt. Das könnte also übel enden.

 

Seid gewarnt und bereitet euch vor. Madame Ma’Difgtma wird euch noch instruieren. Das ist diesmal kein kleiner Streit, das kann garstig werden. Ich möchte nur, dass ihr das wisst.

 

Clair, meine Blume aus dem Lande der Franzosen. Du wirst mit der kleinsten Folter zu rechnen haben, dennoch solltest auch du dich vorbereiten.

 

Soweit meine Worte der Warnung. Nun zu dem Ablauf. Also ihr werdet mit der Yacht Nebukadnezar hinausgebracht. Angeblich sollt ihr südlich von Soulebda eine Fregatte der Niederländer treffen, die euch aufnehmen soll.

 

Die Piraten werden das verhindern und euch in der Nacht des ersten Tages fangen und vermutlich die Yacht versenken. Wir haben vorgesorgt, dass dem Kapitän und seiner Mannschaft nichts geschieht.

 

Ihr werdet euch gefangen nehmen lassen und auf das Piratenschiff, die Wudong, bringen lassen. Erst dort werden wir uns wieder einschalten, sobald wir alle Informationen haben. Vermutlich läuft die Wudong mit euch die neue Zentrale an und soll dort Hunderte Geiseln übernehmen. Wir werden über und unter euch sein, doch kämpfen müsst ihr erst einmal alleine. Ihr werdet erkennen, wann es soweit ist und wann ihr um Hilfe rufen solltet, schließlich seid ihr ausgebildete Krieger und mit der Stammessprache vertraut.

 

Ich gebe euch meinen Segen mit und reiche das Wort weiter.“

 

**

 

Bei Madame Ma’Difgtma

„Clair meine Liebste Clair und Caroline meine Süße, ihr beiden trinkt diesen Trunk hier, er schützt euch vor ungewollter Schwangerschaft und Krankheiten. Ja, ich gehe davon aus, dass sich einige Piraten an euch vergehen werden. Das wird hart ihr Lieben, passt also auf. Peter, du trinkst auch den Trunk und frag nicht, ob du geschwängert wirst, bei dir ist der Schutz vor Krankheiten sicherlich wichtiger.“

 

Während wir das Glas leerten und bis auf den letzten Tropfen austranken, sah mich Ma’Difgtma an. „Caroline, ich sehe deine Frage, wie lange der Schutz anhält. Ich rechne mit einem effektiven Schutz von bis zu drei Wochen. Aber so lange wird das nicht dauern, bis wir euch wiederhaben. Rechnet mit einigen Tagen. Aber das werden harte Tage und noch härtere Nächte werden.

 

Ich übergebe euch jetzt meinen hohen Priesterinnen. Die werden euch mental auf das was kommt vorbereiten und eure Seele stärken.“

 

Was dann folgte, war eine Vorbereitung, wie wir sie noch nie durchlaufen hatten. Wir lernten tatsächlich, wie wir unsere Schmerzen ertragen konnten. Die Kunst bestand darin, zu erkennen, was für ein Schmerz kommt und wir lernten rasch, aber unter höllischen Schmerzen.

 

Nach und nach wurden wir in die Lage versetzt, den Schmerz zu lokalisieren, ihn zu kanalisieren und ihn so zu ertragen. Aber bei jedem Fehler trafen uns die Qualen mit voller Kraft.

 

Endlich, am dritten Tag, erhielten wir die letzten Schulungen und Einweisungen durch Kana’Fartu Yasomera selbst. Am darauf folgenden Tag waren wir so weit, dass wir die Abschlussprüfungen ablegen konnten und Madame Ma’Difgtma war stolz auf uns.

 

Es folgte ein wenig leichteres Training, das uns wie eine Entspannung vorkam, doch schon am Abend wurden wir auf die Yacht gebracht.

 

Die Falle wird aufgestellt

Es war eine ältere, luxuriöse Yacht und die Mannschaft empfing uns mit einem gemischten Gefühl zwischen Ehrfurcht und Angst. Sie wussten genau, dass dies ein Spiel auf Leben und Tod war.

 

Endlich legten wir ab und fuhren auf die See vor Soulebda. Selten hatten wir den Himmel und die Sterne so klar und aufmerksam gesehen wie an diesem Tag.

 

Wir drei standen an der Bord Reling und hielten uns fest in den Händen. „Schatz, ich liebe dich, pass bitte auf dich auf und beschütze auch Clair.“ Damit küsste ich Peter und drückte ihn so fest, dass er um Atem rang.

 

Clair sah mich an, in ihren Augen war neben Angst auch die Sorge um das Ungewisse, was kommen mag und ob sie der Aufgabe gewachsen war.

„Ich liebe euch beide!“ Stellte sie fest und umarmte uns.

 

„Clair,“, begann Peter, „bitte achte auf dich, vermutlich werden sie uns beiden von dir trennen. Wenn alles drunter und drüber geht, denk an dich und kämpfe, gib niemals auf!“

 

„Madame Ma’Difgtma sagte, es würde eklig werden und die Piraten würden die Ehre der Frauen nicht achten. Meint ihr, dass die sich an uns… ich meine… werden sie sich an uns vergehen?“

 

Ich umarmte Clair und küsste sie auf die Stirn. „Ich weiß es nicht, aber möglich ist das. Ganz sicher ist allerdings, dass sie uns lebend brauchen.“

 

Peter umarmte mich und hatte Clair auch eingehakt. „Wir schaffen das, ich glaube an uns und ich glaube an das Gute und vor allem, ich glaube an Mualebda!“

 

Während wir uns noch drückten, rief der Kapitän uns unter Deck. „Dreimal im Jahr gibt es hier Regen und ausgerechnet heute ist es wieder soweit, ich kann die Hand fast vor den Augen nicht sehen. Wir reduzieren die Geschwindigkeit auf 12 Knoten, dann können wir reagieren.“

 

Das Meer war unruhiger geworden, noch herrschte kein Sturm, nur starker Regen prasselte gegen die Scheiben der Yacht und der Kapitän empfahl und etwas Ruhe. So verkrochen wir uns in die Kabinen und konnten tatsächlich, trotz des Seegangs einschlafen.

 

Gekapert

Die Yacht fuhr weiter nach Süden, in den Kabinen schliefen wir fest und bekamen nicht mit, wie sich das Wetter besserte und die See beruhigte. Tief in der Nacht wurden wir dann geweckt, als der Kapitän den Alarmknopf druckte und überall die Lichter angingen.

 

Die Piraten hatten zugeschlagen und die Yacht geentert. Die Mannschaft wurde zusammengetrieben und auf dem Vordeck versammelt.

 

Wir wurden nur mit den wenigen Kleidern am Leib auf eines von zwei großen und schweren Speed-Booten gebracht und unser Kapitän wurde mit der Mannschaft im Schiffsinneren eingesperrt.

 

Während wir drei geschubst, gezogen und von brutalen Händen auf das Schiff gezogen wurden, legte das Boot bereits ab und wir verloren die Yacht aus den Augen.

 

Peter ging es am schlechtesten. Die Piraten hatten ihn gefesselt und hatten ihn solange geschlagen, bis er auf einer Matte liegen blieb.

 

– Peter, melde dich. Bitte melde dich – Rief ich in der stummen Stammeskriegersprache und endlich antwortete er.

 

– Ich bin da, aber die schlagen höllisch fest zu. Ich versuche, Kraft zu sammeln. –

 

Nach einer gefühlten Stunde legte das zweite Speed-Boot neben uns an und Claire wurde auf das zweite Boot gebracht, dann fuhren wir im Abstand von gut 20 Meter nebeneinander her, weiter nach Süd- Südwest, in die sternenklare Nacht hinein.

 

Soweit konnte ich das an den Sternen erkennen, wohin aber genau, konnte ich nicht sagen, aber es war südwestlich.

 

Von dem Nachbarboot hörten wir leise das Geschrei von Claire, und ich hoffte, dass sie ihr nichts antaten. Doch ehe ich mich versehen konnte, trieb man mich in einen kleinen Raum unter Deck, mit Schnüren und Leinen von den Seiten und der Decke. Das schlimmste war, dass mich zwei der Piraten langsam auszogen. Dabei achteten sie darauf, dass meine Kleidung nicht zerriss, aber ihre schmierigen Finger begrabschten mich überall.

 

Mit wenigen Handgriffen fesselten mich die Piraten an Händen und Füßen auf ein Bett und machten etwas Platz. In der kleinen Kajüte war wenig Platz, aber diesen Spaß ließ sich keiner der Piraten entgehen. Die Türe ging auf, ein drahtiger Typ trat ein, er zog sich aus, goss sich einen Eimer Wasser über das Gesicht und lachte mich mit einem wirren Grinsen an, dann kam er auf mich zu …

 

Ich prägte mir die Gesichter ein. Eines nach dem anderen. Und ich spürte, wie Ma’Difgtma in Gedanken bei mir war und mir Kraft gab, als sich die Piraten, einer nach dem anderen an mir vergingen. Jedes Gesicht sah ich und ich würde sie wiederfinden.

 

Nebenan waren die Schreie bei Claire leiser geworden, die süße kleine Clair …

 

Dazwischen kamen die Gedanken von Peter, der mir all seine Kraft wünschte, um durchzuhalten, während diese Tiere über mich herfielen. Einer nach dem anderen.

 

**

 

Zwei lange Tage vergingen. Es roch unter Deck wie in einem Pantherkäfig. Überall war Dreck und Unrat. Die Lenzpumpen spülten das ganze Wasser aus dem Boot, das die Piraten über sich vergossen, ehe sie sich erneut über uns hermachten. Ab und an gossen sie auch einen Eimer Wasser über mich. Zumindest war das etwas erfrischend.

 

Endlich, am dritten Tag wurden sie zurückhaltender, sie ließen mich sogar an Deck hinauf. Gefesselt zwar, aber immerhin an die frische Luft. Auf dem Boot neben uns sah ich Clair, die ebenfalls nackt auf dem Deck war und sie sah selbst auf diese Entfernung schrecklich aus.

 

Unterbrochen wurde die Fahrt nur durch die Tankstopps. Die Piraten hatten 200 Liter Fässer mit Treibstoff an Bord und jedes leere Fass, wurde versenkt. Gegessen wurde während der Fahrt und wenn sich die Piraten nicht über uns hermachten, dann schienen sie Funkkontakt mit jemand zu halten.

 

Über Peter hatten sich zwei kräftige Kerle hergemacht, die Piraten hatten keinerlei Ehrgefühl. Erst schlugen sie meinen Schatz, dann entehrten sie ihn und gefesselt konnte sich Peter nicht wehren. Seine inneren Schreie vernahm ich aber laut und klar und ich schwor mir blutige Rache zu nehmen, sobald die Zeit gekommen war.

 

Endlich erreichte auch mich ein Gedanke, es strengte mich an und lauschte auf meine innere Ruhe, da spürte ich, wie Ma’Difgtma Kontakt aufnahm.

 

– Die Piraten haben die Yacht versenkt, wir konnten aber die komplette Mannschaft retten, sie sind alle wohlauf, haltet durch –

 

Erneut verprügelten zwei der Piraten Peter, die Schläge waren gezielt und sicherlich schmerzhaft, aber ich sah, dass sie versuchten, keine Rippen zu brechen oder innere Organe zu verletzen, aber mein Peter sah übel aus.

 

– Wenn ich die zu fassen kriege Schatz … – weiter kam Peter nicht, die Piraten prügelten weiter auf ihn ein.

 

Am Nachmittag des dritten Tages kam Unruhe auf, die Piraten suchten am Horizont etwas und endlich sahen sie ihr Ziel, einen Frachter, der auf sie zuhielt.

 

Drei Stunden später, kurz vor Sonnenuntergang legten wir an dem Frachter an. Offenbar wurden wir mit einem Kran aus dem Wasser gehoben, denn das Speed-Boot schwankte kaum noch.

 

Ein letzter Eimer Wasser wurde über uns geschüttet und man reichte uns unsere klammen Kleider, die wir schnell anzogen.

 

Endlich kam mit einem Ruck das Boot zur Ruhe und wir wurden nach oben gerufen.

 

**

 

Auf der Wudong

Wir wurden erst im Inneren der Wudong auf das Deck des Speed-Bootes gelassen. So konnten wir uns von dem Äußeren des Frachters keine Vorstellung machen und uns auch nicht orientieren.

 

Es musste ein mächtiges Schiff sein, denn unter Deck waren mehrere Buchten für Speed- und Schnellboote. Überall in dem Bereich, den wir einsehen konnten, standen geordnete Container und es liefen überall Bewaffnete umher. Es sah alles streng geordnet aus. Das Schiff selbst strahlte einen sehr gepflegten Eindruck aus. Hier wurde gereinigt und auf Sauberkeit geachtet und das bedeutete, es herrschte hier eine eiserne Disziplin.

„Raus aus dem Boot und da vorne antreten, warten bis der Einweiser kommt.“

Peter und ich stiegen aus. Peters Gesicht sah arg zerschlagen aus. Die Lippen hatten böse etwas abbekommen. Da brachte man Clair zu uns. Auch sie sah böse aus. Als ich sie umarmen wollte, schlug mir jemand seine Reitgerte auf den Rücken.

 

„Stehen bleiben, bis der Einweiser kommt, das gilt auch für dich Mädchen!“

 

Clair schaute mich dankbar an, sie hatte verstanden, was ich wollte und sie stellte sich brav in die Reihe.

 

Irgendjemand brüllte unverständliche Kommandos, das war kein Indonesisch, oder eine andere Sprache, die ich verstand.

 

Aus einer der Seitentüren kam ein Vier-Mann-Trupp heraus und stellte sich neben uns, zwei links, zwei rechts. Da erst erschien der Einweiser.

 

Irgendwie hatte der Typ zu viele billige Filme gesehen, er trug tatsächlich eine Lederpeitsche, einen Schlapphut und ein mäßig aussehendes Messer. Halbwegs trainiert und knapp 1,70m groß machte er mir keine Angst. Das war bestens ein „Indianer Jones“ für Arme.

 

Er blieb vor uns dreien stehen, betrachtete uns und bekam drei Karteikarten übergeben, zwei rote und eine blaue. Diese las er sich aufmerksam durch und zeigte auf Clair.

 

„Die da, waschen, untersuchen, ab in Block 4!“

 

Schon wurde Clair von uns entfernt und unsere Blicke verloren sich, als man sie um eine Ecke brachte.

 

„Aha“, stellte der Einweiser dann fest. „Ihr beiden werden auch gewaschen und untersucht, aber dann bekommt ihr eine Spezialbehandlung. Der Kerl kommt zu Daniel in den Trakt und die Rothaarige kommt in Trakt 2.“

 

Damit wurden auch wir getrennt und man brachte mich in einen kleinen Bereich, der mit Plastikzellen verkleidet war. Die nassen Kleider riss man jetzt achtlos von meinem Körper und warf sie einem Mann zu, der einen Wagen mit alten Kleidern schob.

 

Aus allen Ecken kam Geschrei von Mädchen, man konnte ab und an hören wie Menschen geschlagen werden. Bei aller Sauberkeit war dieses Schiff vor allem ein Gefangenenschiff.

 

Man band mich an Händen und Füßen an vorbereiteten Punkten an, dabei behielten uns immer zwei bewaffnete Wachen im Blick. Erst dann kam ein Mann in weißer Gummischürze und einem Wasserschlauch.

 

Der lauwarme Wasserstrahl war gerade noch erträglich. Dieser Mann in der Gummischürze versuchte mich nicht zu verletzen, änderte öfter von Düse auf Strahl und gab sich sichtlich Mühe mich zu reinigen.

 

Aus den Geräuschen um mich herum konnte ich schließen, dass hier noch mehr Menschen gereinigt wurden.

 

Ab und zu drangen leise Schreie durch irgendwelche Schächte und Fenster, aber ich konnte mich nicht orientieren.

Schließlich kam ein großer Mann mit einer Metallstange herbei, die Stange hatte an einem Ende einen Ring, den öffnete er und legte diesen um meinen Hals. Am anderen Ende waren Griffe, mit dieser Stange konnte man mich auf Abstand halten.

 

„Losmachen!“ Kam von irgendwoher eine Fistelstimme und zwei Typen in Blaumännern befreiten mich aus den Arm- und Fußfesseln. Meine Hände wurden mit hinter dem Rücken mit Handschellen gefesselt.

 

Eine Türe ging auf und der große Mann drängte mich durch die Türe nach draußen in einen Nebengang.

 

Hier standen in einem drei mal drei Meter großem Raum ein Edelstahlbarren, über den ich gelegt wurde, meine Füße wurden mir gefesselt und ich hing in dieser unbequemen Lage. Die Stange, mit der man mich hereingeführt hatte, wurde in der Decke irgendwo eingehängt und arretiert.

 

Eine Frau mit Gummischürze und Gummihandschuhen kam näher, und untersuchte mich sehr gründlich zwischen den Beinen, dass ja nichts unentdeckt blieb. Schließlich untersuchte sich mich auch im Leib und das tat sehr weh. „Verdammt das tut weh, gehts auch weniger schmerzhaft?“ Fragte ich und die Frau lachte nur und meinte „Entspann dich Püppchen, dann tut es nicht so weh!“

 

Schließlich ließ man mich aus der misslichen Lage und entfernte auch die Handschellen und deutete auf eine offene Duschkabine. Endlich konnte ich mich selbst waschen und tat dies sehr gründlich. Neben mir duschten zwei junge Schönheiten.

 

Schließlich wurden die beiden abgeholt und auch ich wurde von einem Mann im Gummianzug abgeholt und man brachte mich in einen anderen kleinen Raum. Dort lag ein Slip, ein orangenes Shirt, ein Paar Badeslipper und ein orangenfarbener Overall, der mir wenigstens passte.

 

„Anziehen!“ Kam aus dem Lautsprecher, doch da war ich bereits halb angezogen.

Eine andere Türe ging auf und zwei Leute, Mann und Frau schauten mich an. „Nee, die bekommt keinen Haarschnitt, die behält die Kuschellocken, schönen Tag noch Bunny!“ Rief der Mann in schlechten Englisch und warf die Türe wieder zu.

 

Jetzt wurde es endlich etwas ruhiger, ich konzentrierte mich auf Peter und versuchte, ihn zu rufen. Endlich gab er Antwort.

 

– Geht mir gut, ich wurde untersucht und überall gewaschen, ich fühle mich beschissen, aber ich bin wohlauf – und du Schatz? –

 

Gerade als ich meinen Status durchgab, erreichte uns starke Gedanken, wie wenn aus dem Nebenraum und einer etwas zuflüstern würde.

 

– Hallo Stammeskrieger, seid ihr endlich da? Dann kann die Sache ja steigen, ich habe zu Hause Bescheid gegeben, dass ihr hier seid. Heute geht es noch, aber morgen werdet ihr gefoltert und der Japaner – der Japaner ist hier, ihr wisst was das bedeutet! –

 

Das überraschte uns beide dann doch und wir beschlossen, den Tag ruhig zu Ende gehen zu lassen. Nach gut 15 Minuten, ich saß bereits auf einem einfachen Hocker, ging die Tür erneut auf und zwei Wachen kamen in den kleinen Raum, eine Frau folgte zusammen mit einem anderen, relativ kleinen Mann, eindeutig japanischer Herkunft.

 

Die Frau war offenbar medizinisch ausgebildet, sie nahm mir die Puls Werte, maß den Blutdruck und prüfte meine Pupillen, dann nickte sie und sah sich einige der blauen Flecken genauer an.

 

„Das vergeht Schätzchen, hast dich ja für dein Alter verdammt fit gehalten.“

 

„Ja, danke, ich treibe gerne Sport und schwimme gerne.“

Die Frau grinste wissend und sammelte ihre Sachen zusammen, dann stellte sie sich hinter den Japaner.

 

„Ich möchte mich ihnen vorstellen, ich bin Oniagato Kikeraki, ich freue mich, ihre Bekanntschaft zu machen Miss Caroline Miles. Mein guter Freund, der Stecher hat einige Fragen an sie und ihren Begleiter und ich bin mir sicher, wir werden die besten Freunde werden.“

 

Er drehte sich zu der Frau um und alle verließen den Raum, ich blieb zurück und setzte mich auf den Plastikhocker. Nun hieß es warten.

 

**

 

Eine oder zwei Stunden später wurde ich weggeführt und in eine Zelle gebracht. Hinter mir schloss sich eine schwere Metalltüre.

Mir gegenüber befand sich Clair und nebenan saß Peter ein. Die Zellen waren aus doppeltem Panzerglas und wir konnten einander nicht hören.

 

So war jede Kommunikation ausgeschlossen, dachten die Piraten.

 

– Oniagato Kikeraki ist hier auf dem Schiff. Wir müssen uns vorbereiten Schatz. Was werden die mit Clair machen? –

 

– Vermutlich werden sie Clair als Druckmittel einsetzen. Ich würde es so tun, wenn ich an die Informationen kommen müsste. –

 

– Caroline, du überraschst mich immer wieder. –

 

– Sie werden uns sicherlich Essen und Trinken geben das bereits mit der Droge versehen ist. Wir müssen uns JETZT startklar machen, die werden nicht lange fackeln Schatz! –

 

Damit setzte ich mich auf die Liege und schloss meine Augen. In Gedanken erschien neben mir Peter und wir reichten uns unsere Hände.

Vor uns erschien ein Nebel und aus diesem Nebel erschien das viel zu große Gesicht von Madame Ma’Difgtma und flüsterte zu uns.

 

– Macht euch bereit, ich müsst euch jetzt bereitmachen, in der Nacht werden sie euch beide herauszerren und beginnen zu foltern. Macht euch bereit, oh ihr tapferen Kinder Mualebdas –

 

Genau wie angenommen wurde uns dreien ein halbwegs leckeres Abendessen und je ein Glas Wasser serviert. Ich konnte nichts Verdächtiges riechen und war beeindruckt. Oniagato Kikeraki wusste, was er tat.

Als dann das Geschirr abgeräumt wurde, fragte uns die Frau, die das Geschirr einsammelte, mit Handzeichen, ob wir noch etwas Wasser wollten und wir nickten und erhielten je ein frisches Glas Wasser. Dieses Wasser schmeckte schön kalt und war kristallklar und als das Glas leer war, da begannen meine Beine zu zittern.

– Die Droge war offenbar in dem letzten Glas Wasser, Peter, die Drogen … wir müssen unsere Abwehr starten, ehe die Droge das verhindert –

– Abwehr starten – polterte Peter in meinen Gedanken, ich war überrascht, wie stark ich ihn hören konnte. – Abwehr starten! –

– Ja Schatz! Abwehr starten … – Und wir konzentrierten uns auf das, was man uns eingetrichtert hatte.

Plötzlich verformte sich unser Gefängnis, die Wände schienen enger und weit, weit höher zu werden und sie bewegten sich andauernd. Dazu kamen hunderte, ja Tausende Farben und langsam wurde es um mich dunkler. Aber unsere innere Abwehr war gestartet.

 

**

 

Das Verhör

Oniagato Kikeraki betrachtete die beiden nackten Körper, wie sie kopfüber gestreckt in zwei mächtigen, um die Längsachse drehbaren Metallrahmen steckten. An Händen und Füßen waren die beiden wie ein „X“ in je einem der Rahmen gefesselt.

Ihre Körper waren mit Klebesensoren übersät und an der Seite der beiden liefen Kabelbündel zusammen, die sich zwischen den beiden Gestellen in einem Metallkasten vereinten, auf dem ein Blitzsymbol in gelbschwarzer Farbe vor einer Berührung warnte.

 

Die beiden Gefesselten hatten eine Strumpfmaske über dem Kopf und einen Knebel im Mund. Zwischen den beiden Metallrahmen stand ein schmaler Tisch, auf dem zwei Messgeräte die Vitalwerte der beiden Menschen aufzeichneten.

Eine Frau im weißen Kittel saß vor den Geräten und spritzte den beiden Menschen Mittel in ihre Venen, dabei prüfte sie die Werte und stand schließlich auf, packte ihren kleinen Tisch und die Messgeräte und ging auf Oniagato Kikeraki zu.

 

„Die beiden sind jetzt soweit, die Drogen wirken, sie können loslegen, ich bin nebenan am Monitor und fahre die Systeme hoch.“

„Sehr schön.“ Nickte Oniagato Kikeraki und betrachtete sein Tablet, auf dem zwei Fenster Vitalkurven zeigten.

 

„Beginnen sie mit Stufe drei, die sind gut und stark, die vertragen einiges.“

Während sich die Kurven der Vitalwerte leicht veränderten, schienen sich die beiden Körper in regelmäßigen Abständen zu verkrampfen um sich dann wieder zu lösen. Die Atmung der beiden in den Folterrahmen ging schwer, offenbar litten sie heftige Qualen.

Oniagato Kikeraki sah die beiden zuckenden Körper und fragte mit lauter Stimme „Was ist auf Alofi passiert?“

 

**

 

Im Drogenrausch

— Feuer umfing meine Augen, ich stand in einem brennenden Haus und wurde von einem Mann in Feuerwehruniform herausgezogen. Der Mann war groß, seine Uniform war schmutzig und er trug schwere Handschuhe. Die Hitze in dem Zimmer verschmorte noch meine Haare und hinter mir schrie eine Frau „Lauf Caro, lauf!“ Vor mir sah ich den Himmel, ich musste nur durch die Türe gehen, durch die mich der Feuerwehrmann langsam zog. Da drehte er sich zu mir um und fragte mit lauter, klarer Stimme „Was ist auf Alofi passiert?“

 

Darauf durchlief mich ein Zucken und alles in mir verkrampfte sich. Es war, als würden mich Tausend Nadeln stechen. Kurz danach kam ein helles Licht und es summte um mich herum und ich konnte mich entspannen.

 

— Abraham, unser Hauslehrer stand an der Tafel und lehrte uns etwas aus der Geschichte. An der Tafel waren die Umrisse einer Insel zu sehen. Neben mir saßen meine Freunde Aaron, Adriana, Matouf und Hana. Wir mochten unseren Hauslehrer Abraham. Er lehrte uns im Kibbuz alles, was wir brauchten und wir Kinder achteten ihn. Neben mir hatte Yossef wieder Schweinereien gemacht und zog mich an meinen langen roten Haaren, bis ich schrie. Da fuhr mich Abraham an „Was ist auf Alofi passiert?“

 

Erneut bäumte ich mich auf, Schmerzen durchliefen meinen Körper und ich fühlte mich schwach. Irgendetwas oder irgendwer riss mich an Armen und Beinen und fügte mir Schmerzen zu. Wieder, und immer wieder durchliefen mich diese Nadelstiche und brachten mich fast um den Verstand, es schmerzte ja so furchtbar. Und immer wieder dieser eine Satz: „Was ist auf Alofi passiert?“

 

**

 

„Mister Kikeraki, die beiden sind stärker, als wir dachten, die halten nur mehr aus als die ganzen davor. Haben wir etwas verändert oder die Drogen zu schwach gemischt?“

„Unsinn, die habe ich selbst zubereitet, die Stimmen hundertprozentig, die sind nur gut trainiert, aber ich werde sie brechen, so wie ich alle Seelen gebrochen habe. Die beiden entgehen ihrem Schicksal nicht.

 

Erhöhen sie auf Stufe vier!“

 

Oniagato Kikeraki drehte die Rahmen, so dass die Köpfe nach oben kamen, jetzt hatte er die Rücken direkt vor sich. Blanke, nasse Haut. Kikeraki verzog erregt das Gesicht, ja genau das mochte er, Menschen quälen, ihnen Schmerzen zufügen und sie dann zerbrechen. Früher oder später würde er auch die beiden Brechen und ihre Geheimnisse erhalten. Das wusste er genau, denn er hatte noch nie versagt.

 

Auf einem der Tische in der Folterkammer nahm er eine grob gegerbte neunschwänzige Peitsche und wedelte mehrfach durch die Luft. Oh ja die pfiff gut.

 

Mit pfeifender Peitsche trat Oniagato Kikeraki hinter die beiden nackten Körper und peitschte mit Gewalt auf beide Rücken. Die Menschen in dem Folterrahmen stöhnten auf, aber konnten nicht schreien.

 

Nachdem er jedem der Körper zehn Peitschenschläge verabreicht hatte, betrachtete er sich die unzähligen roten Striemen auf der Haut der beiden und legte die Peitsche mit einem Lächeln weg. Mit einem Rollpinsel an einer Stange befestigt bestrich der Foltermeister die beiden Körper. Eine bläuliche Flüssigkeit wurde auf den roten Striemen verteilt. Die Striemen schäumten dabei leicht und die beiden Körper verkrampften sich.

 

„Ja, genau so, das ist die Hölle für die Nerven. Das muss jetzt einwirken, die beiden durchleben jetzt die Talsohle, dann werde ich sie auf die Gipfel der Schmerzen jagen!“

 

**

 

— Lautes Knallen schreckte mich auf. Eine Peitsche schlug mich und mein armer, geschundener Rücken musste Höllenqualen aushalten. Meine Hände waren mit Schwielen übersät und an den Handgelenken rissen die schweren Eisenfesseln, die an dem Ruder festgemacht waren.

 

„Rudert!“ Schrie ein brutaler Mensch hinter uns. Neben mir saßen andere Gefesselte, Menschen ohne Gesicht und mit gepeitschten, blutenden Rücken.

 

„Rudert – Sagte ich!“ Erneut ging die Peitsche auf mir hernieder und ich fing wie mechanisch an das Ruder anzuziehen.

 

„Eins und Zwei, Zwei und Drei, Eins und Zwei …“ Immer und immer wieder dieses Geschrei und die Peitsche. Ich musste seit Jahren in der Galeere leiden und wusste nicht, wie lange ich das noch ertragen würde. Immer und immer wieder dieses monotone Zählen und dazu die Peitsche.

 

Ein Eimer Wasser erfrischte mich und schon folgte die Peitsche. Wie ich das hasste. Da riss einer der Folterknechte mich an den Haaren zurück und schrie mich an

 

„Was ist auf Alofi passiert?“

 

Einem Gewitter gleich, durchliefen mich die Schmerzen und ich bäumte mich auf. Ich sah vor mir die Landkarte aus dem Kibbuz, sie schien vor mir großer und größer zu werden. Dazu immer wieder diese Schreie, die mir so weh taten

 

„Was ist auf Alofi passiert?“

 

— C A R O L I N E —

Knallhart und laut riss mich eine Stimme wieder ins Leben zurück. Die Karte von Alofi verschwand in einem düsteren Nebel. – CAROLINE – jetzt erst erkannte ich die Stimme, die mich rief.

 

Madame Ma’Difgtma erschien aus dem Nebel, indem eben die Karte verschwunden war.

 

– Caroline, erinnere dich an das Training, komm zurück, lass dich nicht verführen, du wirst belogen, du wirst gefoltert, du wirst von Oniagato Kikeraki gequält. Erinnere dich an unser Training. Peter ist schon länger wach, er hat mich gerufen, weil er nicht zu dir durchkam. Also, meine Tochter der Schmerzen, sammle dich und bedenke was du gelernt. Erinnere dich und wehre dich.

 

Oniagato Kikeraki will wissen, was ihr von Alofi wisst und ob ihr den Drahtzieher kennt, der hinter all dem steckt. Ihr müsst Kikeraki klarmachen, dass der Drahtzieher bei euch die Erinnerung an eine fette schwarze Spinne in einem großen weltumspannenden Netz auslöst.

 

Das ist wichtig.

 

Eine fette schwarze Spinne im Netz. Ist das klar Caroline meine tapfere Kriegerin … Spinne im Netz … und nun Wehr dich, es geht weiter, er wird euch mit Feuer quälen, aber das macht euch nichts aus, ihr seid aus Wasser, das Feuer kann euch nichts anhaben.

 

WEHRET EUCH!! –

– Endlich konnte ich einen klaren Gedanken fassen –

 

– Peter –

War mein erster Gedanke. – Endlich Schatz, ich habe dich schon eine Weile gerufen, wir müssen das tun, was Ma‘ sagte, die Spinne im Netz, die fette schwarze Spinne! –

 

– Die fette Spinne im Netz – ab da war uns klar, was wir denken mussten. Ab da waren wir beide wieder für uns da, wir konnten uns fühlen, zwar nicht sehen, aber wir fühlten und nebeneinander. Hin und wieder war offenbar Oniagato Kikeraki dabei uns zu schlagen.

Jetzt half mir auch die Ausbildung in meinen jungen Jahren weiter. Damals hatte man uns durch die Höllen der Verhöre geschickt damit wir erkannten, was die „Bösen“ machen konnten und wie das jeweils wirkt.

 

Der Mann da vor uns, musste ein Sadist sein, dem sein Job seine Offenbarung war. Wir mussten darunter leiden, aber plötzlich konnten wir uns wieder fühlen. Wir erinnerten uns, an das erlernte.

 

Wir sammelten Kraft und stellten uns jedes Mal, wenn Kikeraki fragte „Was ist auf Alofi passiert?“ Eine fette Spinne in einem Netz vor, wie sie darin thronte und ihre Fäden spann.

 

– Peter halte durch, das schaffen wir, halte durch – Rief ich in Gedanken immer wieder meinem Mann zu.

 

**

 

„Erhöhen sie auf Stufe sechs, die Stufe fünf überspringen wir. Ich will die brechen. Und ich fühle, wie ich näher an sie herankomme. Ich bin schon ganz nah!“

 

Aus dem Raum mit den Rechnern antwortete die Frau im weißen Kittel „Stufe fünf, Stufe sechs erreicht!“

 

„Fahren sie die Elektrostimulanzien aus der Datei Alofi ab, lassen sie die durchlaufen, eine nach der anderen, die müssen sich fühlen, als wenn ich sie in den glühend heißen Ofen schiebe.“

 

„Soll ich wirklich ALLE abspielen, wir wissen doch, was das letzte Mal passierte, als wir die 20 überschritten hatten.“

 

„Die beiden halten 30 aus, das kann ich fühlen, ich will alles, geben sie mir die ganze Datei, ich will alles haben, alles verstehen sie, ALLES!!“

 

Die Frau am Rechner markierte die ganze Datei, alle 45 Einzeldateien und startete die Übertragung. Vor ihr hingen die beiden Körper und wanden sich vor Schmerzen und der Zähler zeigte gerade die Date Nummer 5 an.

 

Aus der Hosentasche zog die Frau im weißen Kittel ein Smartphone und tippte unauffällig eine Nachricht an den Stecher hinein. Als vom Stecher ein „OK WEITER“ kam, steckte sie das Smartphone schnell wieder weg.

 

**

 

— Wir durchliefen gerade die Hölle. Wir fühlten uns beide gemeinsam auf einem Grill, Bauch an Bauch gefesselt und in einem Metallkäfig eng eingesperrt über einem heißen Feuer und wir drehten uns ganz langsam um unsere Längsachse. —

 

Oniagato Kikeraki tänzelte um uns beide herum und betrachtete das Display seines Tablets. Die Anzeigen liefen durch, inzwischen war die 21 auf dem Display und die beiden Opfer schienen sich synchron zuckend zu bewegen.

 

„Oh das hatten wir noch nicht, synchrones Nervenzucken ist neu, aber das ist ein gutes Zeichen. Kikeraki schien sich an dem Anblick der beiden Gefolterten zu ergötzen. Rasch steckte er sein Tablet ein und berührte die beiden Körper am Halse, schloss seine Augen und flüsterte leise „Zeigt mir, was ihr seht, zeigt es mir!“, und dann schrie er plötzlich

 

“Was ist auf Alofi passiert?“

 

„Jaaa …“ Schrie er, „es kommt, sie kommen, sie sind fast da, ich kann sie fast fühlen. Wo stehen wir?“

Die Schwester antwortete „Wir stehen bei 26!“

 

„Weiter, ich breche sie gerade auf, weiter!“ Schrie Oniagato Kikeraki und seine Hände umfasste die Hälse der Gefesselten in den Folterrahmen.

 

Die Beine von Oniagato Kikeraki begannen zu zittern und seine Hose färbte sich dunkel. „Jaaaaaaa gebt es mir, lasst es mich wissen, zeigt mir euer Geheimnis!“

 

Flehte Oniagato Kikeraki die geschundenen Körper an. „Neunundzwanzig!“ Rief die Frau im weißen Kittel. „Wir stehen bei Neunundzwanzig und jetzt bei dreißig!“

 

„Jaaaaaaa!“ Rief Oniagato Kikeraki sie kommen, jahhhh … sie kommen.

 

Die Frau im weißen Kittel murmelte ein verächtliches „Ich sehe genau, wer da gerade gekommen ist, du ekelhaftes Sadisten Schwein!“

 

**

 

Um uns herum schien sich die Welt zu drehen. Überraschenderweise fühlten wir etwas ganz anderes, als das, was wir erwarteten. Von einem Tonband lief ein Geräusch eines saftigen Hahns, der im Feuer brutzelte und wir, wir beide hatten dabei eine Gänsehaut. Innerlich froren wir.

 

Unsere Ausbildung machte sich gerade bezahlt. Wir widerstanden den Schmerzen und strahlten das Gefühl aus, als würden wir über uns eine fette, schwarze Spinne in ihrem Netz sehen, die da lauerte.

 

Um uns herum schlugen feurige Flammen auf, aber wir hatten kalt!

 

– Spinne, fette schwarze Spinne – Immer wieder dachten wir an das Gleiche und die Darstellung in unserem Geiste wurde immer klarer.

 

Zum ersten Mal bekamen wir mit, dass wir in einem Rahmen hingen und nackt waren, wir fühlten, dass da vor uns ein Mann stand, sonst fühlten wir nichts, außer der fetten, schwarzen Spinne über uns in dem Netz.

 

Jetzt sah ich wie aus einem Nebel herauskommend das Gesicht von Ma’Difgtma und sie lächelte uns zu.

 

– Geschafft, ihr habt es geschafft. Ihr habt dem japanischen Sadisten ein Bild gegeben, eines, worauf er gewartet hatte. Passt jetzt auf, er wird sich weiden an seinem Sieg über euch, vielleicht zeigt er euch auch sein wahres Gesicht, ihr wisst, was ihr dann zu tun habt. Möge Mualebda mit euch sein und euch Kraft geben –

 

**

 

„Ich hab’s, ich habe ihr Geheimnis. Sie wissen es, sie wissen es beide. Sie kennen den Mann im Hintergrund, sie kennen ihn beide …“

 

Oniagato Kikeraki riss uns die schwarzen Hauben vom Gesicht, in dem Dämmerlicht konnten wir sehr schnell wiedersehen und wir sahen unseren Peiniger genau. Dieses Gesicht prägten wir uns beide ein!

 

„Schalten sie herunter, lassen sie die Abklingprozedure laufen. Die wissen tatsächlich, was auf Alofi geschah! Ich bin auf der Brücke. Das muss ich melden. Lassen sie die beiden abklingen. Eine oder zwei Stunden müssten genügen.“

 

Damit war Oniagato Kikeraki durch eine der Metalltüren verschwunden und die Frau im weißen Kittel fuhr die Rechner herunter, dann lief sie zu uns beiden und löste die aufgeklebten Elektroden von unserer Haut.

„Ist ja gut, das wird gleich besser …“ Flüsterte die Frau leise vor sich hin. Vermutlich, um sich selber einzureden, dass ja nicht sie uns weh getan hatte, sondern der Japaner.

 

– Peter mach dich bereit, jetzt kommt unsere Chance freizukommen –

 

Als Nächstes legte die Frau die Rahmen mit uns nach hinten auf den Boden. Jetzt löste sie die Beinfesseln von Peter und danach meine. Als sie dann die Handfesseln von Peter löste, blieb er einfach saft- und kraftlos liegen und die Frau lag fast auf mir, als sie meine Handfesseln löste.

 

Während sie die zweite Handfessel löste, schaute ich sie an und wartete auf eine Reaktion. Die kam, als mich die Frau im weißen Kittel anschaute. Sie wirkte erschreckt und zuckte, lag sie doch auf einer nackten attraktiven Frau.

 

„Na Süße. Fühlt sich alles gut an, stimmts?“

 

Noch ehe die Frau reagieren konnte, hatte ich meine Beine um sie geschlungen und drehte ihren Kopf mit einer schnellen Bewegung seitlich weit nach hinten. Mit dem leisen Knacken sackte die Frau wie ein abgeschalteter Spielzeugroboter zusammen und ihre Augen sahen mich unendlich traurig an, ehe das Leuchten aus den Pupillen verschwand.

 

Peter stand bereits neben mir und umarmte mich. Zum ersten Mal tat seine Umarmung einfach nur gut, er wollte im Moment nicht mehr von mir und das, obwohl wir nackt voreinander standen.

 

„Was machen wir mit der Frau?“

„Ich würde sie in einen der Rahmen spannen, das erwartet man irgendwie und die Gesichter sind den meisten hier eh egal.“

„Gute Idee.“ So schnallten wir die Frau, die einen weißen Kittel getragen hatte nackt in den Rahmen ein. Irgendwie fad ich es auch schade, denn die Frau sah, genauer betrachtet sehr lecker aus.

 

„Unsere Sachen sind da drüben.“ Brachte mich Peter wieder mit den Gedanken zurück.

 

„Ja und dort drüben ziehen sich die Arbeiter um, deren Overalls sind grau, die der Gefangenen sind orange.“

 

„Lass uns verschwinden, wir müssen nach oben an die Luft, ich brauche Luft!“

 

Während Peter vor mir eine Leiter hinaufstieg, versuchte ich mich auf Ma’Difgtma zu konzentrieren und ich schrie innerlich immer und immer wieder – Wir sind frei –

 

**

 

– Schreit nicht so, ihr seid ja sowas von laut –

Überraschte mich die Stimme, die ich schon einmal vernommen hatte. Das musste der Kontaktmann sein.

 

– Wo bist du und wie finden wir dich –

 

– Ihr findet mich gar nicht, sonst bin ich tot. Geht ins Heck, unter dem hinteren Kran da steht ein gepanzerter blauer Container mit einem grünen Band. Passt auf, da stehen hunderte normale Container.

 

Dort ganz nahe am hinteren Kran steht der kleiner, blauer Container mit einem grünen Band, da könnt ihr euch aufs Erste verstecken und ihr müsst euch auch stärken.

 

Wir kümmern uns bereits um die Überraschung, haltet euch bereit, es geht bei Morgengrauen los –

 

– Wie sollen wir dich nennen, wie ist dein Name –

 

– Nennt mich Ismael –

 

Peter und ich schauten uns an und dachten das Gleiche. „Moby Dick?“

 

**

 

Sonnenaufgang, acht Stunden früher.

Das Meer war ruhig und es würde ein herrlicher Tag werden. Einige Fische spielten im Wasser und ein einsames Periskop schien im Wasser zu stehen.

„Kapitän, die Übertragung steht, der Palast sendet.“

 

Kapitän Tamar schaute seinen jungen Funker an und nickte beruhigend. „Sehr gut, der Funkoffizier soll es mir an meinen Platz legen.“

„Aye Sir.“ Schon war der junge Mann zur Funkkonsole verschwunden, um mit dem Funkoffizier die Daten bereitzumachen.

In der kleinen Offiziersmesse saßen Kapitän Tamar und sein Wachoffizier und sie betrachteten die Daten, die gerade auf dem Tablet eingingen.

 

„Morgen früh fangen wir die Wudong hier ab. Die dürfen keinen Funkspruch senden, wir brauchen also eine Silent Rakete, die denen die Flunkerei dicht macht.“

 

„Was ist mit den Marines?“

„Zwei Gruppen halten wir bereit, die müssen rasch zuschlagen können. Was haben wir um die Aufmerksamkeit der Wudong zu erhalten?“

 

„Wir könnten zwei alte Zodiac am Heck zusammenbinden und als Segelschiff ausgeben, aus denen machen wir die Kon-Tiki II, einen Mittelmast basteln wir zusammen, die werden kucken diese alten Piraten.“ Sagte Beredin, der dazugekommen war.

 

„Ihr jungen Leute seht zu viel Video, aber die Idee hat was, also dann lassen wir Thor Heyerdahl und die Wikinger auf sie los.“

 

„Gut, in sieben Stunden treffen wir hier auf die Wudong und die Fregatte Novel’ult trifft eine halbe Stunde später ein.

 

Morgen früh schnappt die Falle zu.“

 

**

 

Überfall

Die Nachtschicht hatte auf der Wudong noch nicht gegen die Tagschicht gewechselt. Der Tag würde diesig bleiben und die Sicht war nicht sehr gut, aber hier im Pazifik war Radarkontakt eh wichtiger als die Sicht auf diesige Objekte im Wasser. Die Sonne krabbelte gerade aus dem Meer, da rief Singerls, der Radarwache hatte, nach hinten zum Diensthabenden.

 

„Frederick, ich habe hier was auf dem Radar, da treibt was direkt auf uns zu.“

Frederick, der die Nachtschicht hatte, kam müde zur Radarkonsole der Wudong und schaute auf das große Display.

 

„Waas’n Loos?“ Fragte er mit seinem niederländischen Akzent.

 

„Hier, da ist ein Objekt, das ist ein größeres Boot oder ein kleines Schiff, klein aber direkt auf Kollisionskurs auf uns.“

 

Frederick schaute durch eines der starken Ferngläser und erschrak. Er hatte doch eben einen Mast und oben am Mast einen langen Wimpel oder Flagge gesehen, aber der Nebel hatte wieder alle geschluckt.

 

Beim nächsten Blick sah er einen hoch aufgerichteten Bug und ein einziges Segel, das erinnerte an ein Lang Boot der Wikinger.

 

„Scheibenkleister, ich sehe Wikinger. Kacke, in 20 Minuten wäre ich durch mit der Schicht. OK also dann mal los. Lichter an, könnt ihr das Ding schon sehen und ruf mal einer den Alten, der soll aufstehen und raufkommen.“

 

An Bord der Wudong ging der kleine Alarm hoch. Der „kleine Alarm“ betraf alles, was zur Seefahrt gehörte und nichts mit der Fracht und den Geiseln zu tun hatte. Folglich blieben die ganzen Wachmannschaften entspannt unter Deck.

 

Der Kapitän, der hundemüde aus seiner Kabine gerufen wurde, war ein harter Pirat, aber alles andere nur kein erfahrener Kapitän eines Dickschiffes wie der Wudong. Fluchend betrat er die Brücke.

 

Vorne, etwa eine halbe Meile, schälte sich langsam eine Art Wikinger Lang Boot aus dem Nebel. Bug und Heck waren hoch aufgerichtet und an der Seite waren runde Schilde zu sehen.

 

Das große Segel war gerissen. Offenbar war hier jemand in Seenot geraten, aber Wikinger in der Südsee?

 

„Maschinen haaaaalt“ Rief Frederick zum Steuermann und er drehte den Maschinentelegrafen auf Stopp. Die Wudong, die derzeit mit 12 Knoten lief, wurde langsamer und stoppte schließlich.

 

Inzwischen waren die Bereitschaftsmannschaften an Deck und ein Speed-Boot wurde bemannt. Jetzt würde man dem „Wikinger“ mal auf die Finger kucken.

 

Der Nebel schien wieder dichter zu werden, das „Wikingerboot“ wurde erneut eingehüllt und man konnte nur noch die Umrisse sehen. So, im Licht des Morgens, wirkte das „Wikingerboot“ tatsächlich wie ein richtiges Lang Boot. Die Nebelschwaden hatten aber das Boot schon wieder eingehüllt und man sah es nicht mehr.

 

„Da drüben auf 11 Uhr ist es!“ Rief einer der Wachen.

„Quatsch, das war doch eben genau auf 9 Uhr, sind das etwa mehrere Schiffe, Radar, wieviel Schiffe siehst du da draußen?“

 

„Da draußen ist nur ein Schiff und genau auf 10 Uhr.“

 

Aus dem Nebel kam ein tiefes Tröten, wie von einem schlecht gewarteten Horn und im gleichen Moment blitzte dort, wo die Beobachter das Wikingerboot vermuteten und das Beiboot der Wudong sein musste, ein grelles Licht auf.

 

Blitz und Donner grollten durch den Nebel und vom Beiboot kam kein Zeichen mehr zurück, kein Laut, das Beiboot war einfach verschwunden und die Acht Mann mit ihm.

 

„Verdammt, wo ist unser Beiboot?“ Grollte der Kapitän. Die Leute auf der Brücke suchten da draußen in dem dichten Nebel, aber alles was kam, war dieses tiefe Tröten, nur diesmal nicht aus 11 Uhr, sondern von 9 Uhr backbord.

 

Ein Zischen wurde hörbar, dann schlug oben zwischen den Aufbauten der Brücke, ein Feuerpilz ein und es schien Lametta zu regnen. Aus einigen der Antennenkästen, aus denen lange Antennen kamen, blitzte es merkwürdig. Die Radarantenne hing irgendwie schief auf dem Mast und die ballonartige Satellitenkuppel war abgerissen und trieb im Meer.

 

„Kapitän, das Wikingerboot hat uns eben beschossen!“ Schrie einer der aufgeregten Piraten und der 1. Offizier wies ihn schroff zurecht.

 

„Quatsch keinen Blödsinn, das kann uns nicht beschießen, da draußen ist noch etwas anderes und DAS beschießt uns. Gebt Alarm.“

 

Der Kapitän der Wudong war inzwischen von Frederick eingewiesen und er hatte wieder die Führung übernommen. „Was ist mit der Funkerei los, wieso hören wir nichts mehr?“

 

„Man hat uns da eine Rakete reingeschossen, ich glaube, die hat da oben alles gebraten, wir haben nur noch die Handgeräte.“

 

Draußen im dichten Nebel fuhr inzwischen ein weiteres der Beiboote in Richtung des vermeintlichen Wikingerbootes.

 

„Habt ihr was auf dem Radar, wir sehen überall nur funkelnde Sterne unser Radar ist hinüber.“

 

„Zuletzt war der Wikinger auf 11 Uhr da draußen vielleicht 4 oder 5 Meilen …“

 

„Da will uns einer veräppeln, das geht nicht mit rechten Dingen zu. Gebt Alarm, alle Mann an Deck, da will jemand mit uns spielen!“ Schrie der Kapitän.

 

Jetzt ging auf dem ganzen Schiff der Alarm hoch. Die Freiwachen und doppelten Wachmannschaften liefen zur Waffenkammer und dann nach oben an Deck, um ihr Schiff zu verteidigen. Zurück blieben vielleicht deutlich weniger Wachen, die auf die Mädchen und Geiseln aufpassen mussten.

 

„Peter, das ist unsere Chance, jetzt oder nie!“

„Da vorne ist einer der beiden Waffenkammern, mal sehen, ob die etwas für uns übrighaben, Schatz!“ Flüsterte Peter mir zu und wir liefen so gut geschützt durch den Trouble auf die Waffenkammer zu.

 

Drei Mann waren vor uns und wir standen verdeckt hinter einigen Fässern.

 

„Was?“ Polterte die Stimme aus der Waffenkammer.

„Zwei Pistolen und Muni,“ rief der erste und erhielt einen Gurt mit zwei Pistolen und einigen Magazinen. Schon rannte der Mann weg und der Nächste stellte sich an.

„Was?“ Polterte die Stimme aus der Waffenkammer erneut.

„Ne Flinte und ein Haumesser!“

„Willst wohl Nahkampf machen was?“

Schon stand der Dritte an der Ausgabe.

Erneut polterte die Stimme aus der Waffenkammer „Was?“

„Gib mir eines der Sturmgewehre und reichlich Munition, schnell.“

 

Während die Person, die immer so laut gepoltert hatte, zwischen irgendwelchen Regalen verschwand, hatte ich dem Piraten an der Ausgabe einen Klaps auf den Hintern gegeben, lachte kurz und schien wegzurennen. Der Pirat wechselte kurz den Blick von der Waffenausgabe zu mir und rannte mir hinterher, genau in Peters Faust, die ihn augenblicklich fällte.

 

Mit einem Sprung war ich über der kleinen Ausgabetheke und stieß den Piraten in der Waffenausgabe um. Das war mal ein dicker, runder, schmieriger Pirat. Ein dreckiges Oberhemd und eine alte Cordhose, dazu Sandalen. Hier passt rein gar nichts.

Aber der Mann hatte Kraft. Eine unbändige Kraft schleuderte mich in ein Regal und ich konnte mich gerade noch festhalten, sonst wäre ich weggerutscht. Peter Schlug einen Wascheimer aus Metall auf den Kopf des Dicken, das machte ihn aber nur wilder.

Mit einem schnellen Schlag hatte der Dicke das Brett, das den Ausgabetresen darstellte weggestoßen und griff sich Peter.

 

Von hinten schlug ich den Mann eine doppelläufige Flinte über den Kopf, das brachte ihn aber nur kurz ins Wanken und Peter kam frei. Zwei drei Schläge später rann das Blut vom Kopf des dicken Waffenmannes, aber das schien ihn nicht zu stoppen. Er drehte sich viel schneller, als man ihm zugetraut hatte um und wollte mich packen. Doch da schlug ihm Peter einen CO2 Feuerlöschen über den Schädel.

 

Das reichte aus dem Dicken und er fiel, wie eine gefällte deutsche Eiche um.

 

„Mann, haben die Popeye in der Waffenausgabe, was geben die denen zum beißen Spinat?“ Fragte Peter und wir mussten beide kurz lachen.

 

Rasch füllten wir je einen Eimer mit Pistolen, Munition und allerlei Nützlichem und schauten nochmals nach dem Dicken, ob er noch eine Behandlung bräuchte, aber die würde er nie mehr benötigen. Wir zogen die schwere Stahltür zu und verschlossen sie mit dem darin hängenden massiven Bügelschloss. Den Schlüssel behielt Peter mit den Worten „Man weiß nie, ob man nochmal was braucht!“ Dann rannten wir los, in einen Raum, von dem wir wussten, dass er derzeit leer war, und rüsteten uns aus.

„Was sind das für Schusswaffen, sind die für Frauenhände?“ Moserte Peter über die handlichen Pistolen.

„Jammer nicht, das sind gute Brünner M 75 Pistolen, du kennst sie auch als Ceska CZ75, die sind gut und haben genug Munition. Außerdem haben die einen coolen Gewindeaufsatz vorne.“

„Ja aber eine Glock oder meine geliebte SIG wären mir halt lieber gewesen, Gewinde oder nicht.“

Ich grinste ihn aus, gab ihm einen schnellen Kuss und meinte „Die waren aus.“

Mit dem angelegten Waffengurt, den Magazinen und je einem starken Tauchermesser bewaffnet, fühlten wir uns deutlich besser.

 

„Wir sollten hier unten einen Bereich klären und dann sehen wir… „In diesem Moment ging vor uns eine der Türen auf und zwei Wachen traten heraus. Oh die beiden kannten wir nur zu gut. Der linke hatte sich an Peter vergriffen und der rechte hatte mir wehgetan. Wir blickten uns kurz an, zogen unsere Messer und sprangen die Piraten an.

 

Jetzt sind Piraten nicht alle per se tollkühne Nahkämpfer, nur weil sie bereit sind jemanden umzubringen. Oft genug sind sie immer noch leicht zu überrumpeln und an uns hatten die beiden jetzt garantiert nicht gedacht. Schnell hatten wir sie überwältigt und wir versteckten die Erstochenen hinter Fässern und Kisten mit Kraftstoff-Filtern.

 

„Jetzt zeige ich dir mal, wozu diese Gewinde gut sind.“ Schon fischte ich zwei Kraftstoff-Filter aus den Pappkartons und warf Peter einen davon zu. „Aufschrauben“ grinste ich ihn an und ich schraubte den Filter auf meine Pistole.

 

„Nee, das ist aber jetzt nicht dein Ernst oder?“ Schaute mich Peter fragend an und ich hob die Waffe, umfasste sie mit der zweiten Hand und schoss einmal.

 

Es gab ein tiefes Pfeifen, mehr nicht, der typische Knall fehlte, dafür hatte der Filter vorne jetzt ein rundes Loch und der Wachmann, der auf der anderen Seite zusammengebrochen war bestimmt auch.

 

„Ich muss mir echt überlegen, ob ich dich das nächste Mal in den Handwerker Markt mitnehme, du baust doch nur Waffen und Sprengstoffe zusammen.“

 

„Los weiter, wir müssen die Lage da oben ausnutzen.“

 

Da oben waren inzwischen die Piraten in Verteidigungsstellung und hatten alle Posten und Scheinwerfer besetzt. Gut zehn starke Lichter versuchten Licht in die Sache zu bringen, aber irgendwie schien sich der Wettergott gegen die Wudong entschieden zu haben.

 

Dass mehrere Nebeltöpfe der israelischen Marines dabei auch eine Rolle spielten, hatten die Piraten noch nicht mitbekommen, nachdem auch deren zweites Boot plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war.

 

Immer wieder kam von vorne das Tröten und immer wieder hatten die Piraten die Richtung zu bestimmen. „10 Uhr“ „Quatsch aus drei Uhr“ „Nein aus 12 Uhr, genau 12 Uhr“ widersprachen sich die Leute an den Ferngläsern.

 

Dann begann der erste der Piraten zu schießen. „Ich glaube ich habe da vorne Backboard etwas gesehen!“

 

„Verdammt stellt das Feuer ein, wenn wir nichts sehen, ist schießen das letzte, das ich erlaube. Ist das klar?“ Plärrte der Kapitän über die Lautsprecher.

 

Tatsächlich schien das Tröten von Backboard zu kommen, aber in dem dichten Nebel Entfernungen und Richtungen abzuschätzen, das war ein Ding der Unmöglichkeit.

 

„Peter, da oben – Scharfschütze!“ Schon hatte Peter die ersten beiden Schüsse in das offene Fenster geschossen und der Lauf verschwand langsam im Inneren.

 

„Klasse Schalldämpfer.“ Grinste er.

 

„Bleib da, der kommt wieder, sobald der rauskommt, schieß, ich versuche, ihn zu stellen.“ Mit diesen Worten war ich in einer der Türen verschwunden.

 

Auf dem Weg nach oben rannte mich fast einer der Piraten um und zwei Schuss in die Brust regelten das.

Und dann war endlich diese Türe, hinter der Türe würde der Sniper sein, das nahm ich an. Auf dem Boden liegend, drückte ich langsam die Türe auf und schräg gegenüber hing der Sniper und suchte eine gute Schussposition.

 

Ein Blick in den kleinen Raum, keine Absicherung, kein zweiter Mann. Der Sniper war ein Anfänger. Ich kroch in den Raum und orientierte mich. Außer dem Sniper und mir war wirklich keiner da.

 

– Caroline, der legt auf die Geiseln an, jetzt oder nie – kam Peters Information, da sprang ich auf und schrie den Mann an und schoss zweimal. Der Schrei hatte sein Ziel verwackelt, und der Schuss pfiff hinaus auf das Meer, aber der Sniper lag sterbend am Boden.

 

Ein rascher Blick aus der Luke, es waren keine weiteren Schützen zu sehen. Oben an Deck herrschte immer noch Hektik, was auch immer die Leute sich einfallen gelassen hatten, es wirkte.

– Der Sniper ist erledigt, Treffen wir uns im Container, ich brauche Munition –

 

Wir fanden den kleinen Container, er war aus starkem Stahlblech und im inneren fanden wir frisches Trinkwasser, Vitamintränke, einige Energieriegel und drei Tüten mit harten Keksen. Für den Anfang reichte uns das, die anderen Kisten würden wir uns später ansehen.

 

Ich setzte mich hin und versuchte, mich etwas zu entspannen …

 

Und Peter übernahm …

 

**

 

Völlig fertig streckte ich mich in dem kleinen Container aus. Ich glaube, es gab keinen Muskeln oder Knochen, der mir nach der „Behandlung“ von Oniagato Kikeraki nicht wehtaten. Nun mussten wir nur noch auf das Enterkommando warten und nachdem Caroline und ich halbwegs „in Sicherheit“ waren, senkte sich der Adrenalinspiegel etwas und Erschöpfung machte sich bemerkbar. „Wie geht’s dir?“ fragte mich Caroline.

„Noch ein klein wenig besser und ich müsste bellen.“

„Mach dich nicht über mich lustig, ich meine es ernst.“ Tadelte sie mich.

„Ganz ehrlich? Mir geht’s beschissen! Ich weiß nicht, ob ich es geschafft hätte, die Zeit zu überstehen, wenn ich nicht in Kontakt mit dir gestanden hätte. Ich habe mir ununterbrochen Sorgen um dich gemacht.“

„Peter, ich wurde körperlich und mental auf solche Situationen vorbereitet, mir geht’s gut.“ Antwortete sie.

„Wer will jetzt hier WEM etwas vormachen?“ fragte ich und drückte sie an mich. So eng aneinander gekuschelt genossen wir einfach die Nähe des anderen. „Also gut, mir geht’s auch beschissen.“ Gab Caroline zu, doch sie konnte schon wieder ein Lächeln in ihrem zauberhaften Gesicht zeigen. „Ich schöre dir.“ Sagte ich zu ihr, „Ich habe mir die Gesichter der Mistkerle, die sich über mich her gemacht haben, sehr gut eingeprägt. Sobald wir das Schiff unter Kontrolle haben, gibt’s eine zweite Runde!“

„Peter, du kannst nicht alle umbringen.“ „Nein, alle nicht, aber die beiden schon.“

-Krieger! – ertönte die Stimme von Ismael. –Hört mich! – Damit war die Ruhepause wohl vorbei. -Wir hören dich.- antwortete Caroline. -Das Enterkommando kann nicht an Bord kommen. Man sucht euch überall und ist sehr wachsam. Bleibt in eurem Versteck, ich überlege mir eine Ablenkung.-

 

-Kannst du die Piraten ablenken, ohne deine Tarnung zu gefährden? –

 

-Ich weiß es nicht, falls nicht…wir sehen uns bei Mualebda.- Dann riss der Kontakt zu Ismael ab. Caroline versuchte ihn zu erreichen, doch Ismael meldete sich nicht mehr.

 

„Wir müssen etwas tun!“ sagte Caroline „Ich werde nicht zulassen, dass sich Ismael unsertwegen opfert.“

 

„Nein!“ antwortete ich und sah mich um. In dem kleinen Container hatte Ismael neben einigen Vorräten auch ein paar Decken hingelegt. Bei genauem Hinsehen, sah ich, dass etwas unter den Decken hervorschaute, also stand ich auf, hob die Decke an und sah neben zwei Pistolen und Messern, zwei soulebdalesische Kriegskeulen auf dem Boden liegen. Als ich mich bückte, um die Keulen aufzuheben, spürte ich, wie sich etwas in mir veränderte. Ich spürte eine Kraft… eine bösartige Kraft, mit der ich schon einmal kämpfen musste. Doch diesmal brach sie nicht unvermittelt über mich herein, sondern lauerte im Hintergrund auf die Gelegenheit Besitz von mir zu ergreifen.

 

„Warum nicht!“ flüsterte ich, als das Gefühl stärker wurde. Keine zwei Sekunden später hatte ich eine genaue Vorstellung von einer Ablenkung.

„Wer sagt’s denn, perfekt!“ Caroline drehte sich zu mir um und sah, wie ich die Keulen aufhob. „Was hast du vor?“

„Ich werde die Meute da draußen ablenken und etwas Spaß haben.“

 

„Spaß haben? Könntest du Spaß haben, ETWAS genauer definieren?“ fragte sie und sah mich zweifelnd an.

 

„Ich habe mit ein paar dieser Schweinebacken da draußen noch ein Hühnchen zu rupfen, das werde ich mir nicht entgehen lassen.“

„Wieso bin ich bloß der Meinung, dass das eine saublöde Idee ist?“

„Weil du mich kennst?“

 

Nach all den schrecklichen Stunden musste Caroline zum ersten Mal ehrlich und frei lachen. „Das stimmt! Also schön, was tun wir?“

 

„WIR tun gar nichts! Ich gehe da raus und sorge für die Ablenkung, du wartest, bis das Enterkommando an Bord kommt und führst sie in das Innere des Schiffs, um Claire zu befreien.“

„Ich sage es doch, das ist eine saublöde Idee! Du wirst auf keinen Fall alleine da raus gehen!“

 

„Schatz, du musst das Enterkommando führen!“

„Hast du eine Ahnung was die mit dir anstellen, wenn sie dich in die Finger kriegen?“

„Keine Sorge Schatz. Schon vergessen? Die dürfen uns nicht umlegen und ich muss nur solange für Ablenkung sorgen, bis das Enterkommando an Bord ist.“

Caroline kämpfte schwer mit ihrer Entscheidung, natürlich wollte sie an meiner Seite bleiben, doch sie wusste auch, dass es für das Enterkommando und besonders für Claire wichtig war, dass Schiff schnell unter Kontrolle zu bringen und sie kannte das Innere der Wudong.

„Na schön! Du lenkst sie etwas ab, aber versuch nicht den Helden zu spielen, ich meine nicht mehr als sonst.“

 

„Werde ich nicht, versprochen.“

„Peter! Ich meine das ernst! Du hast gerade etwas an dir, was mir nicht gefällt und das mir Angst macht! Hier geht es nicht um deine persönliche Rache!“

„He du kennst mich doch.“

„Deswegen sage ich es ja! Nur ablenken!“

 

**

 

Während ich mich bereit machte, den Container zu verlassen, spähte Caroline durch das Loch einer fehlenden Schraube und wartete, dann nickte sie und öffnete die Tür des Containers etwas. Ich gab ihr einen Kuss und schlüpfte durch die Öffnung nach draußen.

 

Möglichst normal und aufrecht ging ich zurück in Richtung Vorschiff. Tatsächlich wimmelte das Schiff von Piraten, die uns suchten, doch irgendwie schien mich keiner zu bemerken. Nach den letzten Tagen sah ich genauso zerzaust und unrasiert aus, wie die meisten an Bord, ich trug denselben Overall und die Keulen hatte ich unter den Overall verborgen. So gelangte ich auf das Vorschiff, wo hinter den Kränen zwei Container übereinanderstanden. Mein Verdacht bestätigte sich, als ich vor den Containern stand. Diese waren Attrappen, hinter denen sich sicher Waffen verbargen. Einer der Container war geöffnet und ich sah so etwas wie eine russische Zwillingsflak.

 

Nur eine Leiter führte auf die Container, doch als ich nach oben steigen wollte, legte sich eine Hand auf meine Schulter und jemand sprach mich an, was ich allerdings nicht verstand.

 

Einer der Piraten wollte mir wohl mitteilen, dass er da oben schon nachgesehen hatte und ich drehte mich um. Als der Pirat mich erkannte, weiteten sich seine Augen, doch bevor er Alarm schlagen, oder rufen konnte, hatte ich ihm einen Tritt in die Eier verpasst, ihn gepackt und ihm mit einem Ruck das Genick gebrochen. Schnell blickte ich mich um, doch niemand hatte den kurzen Kampf mitbekommen. „Vielen Dank für die Kanone.“ Brummte ich und zog dem Toten seine Waffe aus dem Gürtel, dann stieg ich auf die Container.

Von dort oben, in guten fünf Metern Höhe, hatte ich einen guten Überblick auf das gesamte Vorschiff. Dieser Platz war verdammt gut für mein Vorhaben. Er lag hoch genug, um mich nicht überraschen zu können und auf der Leiter konnte immer nur einer nach dem anderen hochsteigen.

Ich ging in die Hocke und sah mich um, überall suchten Piraten und es wurde Zeit sie auf mich aufmerksam zu machen, denn sonst würde es zu einem harten Kampf mit unserem Enterkommando kommen.

 

–Krieger, bist du auf dem Vorschiff? – rief ich Ma’Gus Mann.

-Nein, ich bin unter Deck…-

 

Das genügte mir, ich suchte mir zwei Piraten aus, die etwa fünfzehn Meter von mir entfernt standen und in einem abgedeckten Rettungsboot nach uns suchten, zielte mit der Pistole und schoss beide mit mehreren Schüssen nieder, bevor diese begriffen, was geschah.

 

„He ihr Arschlöcher?!“ rief ich laut und stellte mich aufrecht hin. „Sucht ihr mich?“ und tatsächlich hatte ich plötzlich alle Aufmerksamkeit auf mich gezogen. „Hier bin ich! Kommt und holt mich!“ mit diesen Worten, warf ich die Pistole sichtbar nach unten, zog die Keulen hervor und ließ sie in der Luft wirbeln.

 

Unter mit erhob sich einiges Geschrei und viele Finger zeigten auf mich. Vor den Aufbauten zur Brücke, sah ich, wie ein Pirat mit einem Gewehr auf mich zielte, doch bevor er abdrücken konnte, wurde er von einem anderen Piraten, offenbar einem Offizier, geschlagen und angeschrien.

 

Ob es der Kapitän der Wudong war, konnte ich nicht sagen, doch er schien weit oben auf der Kommandoleiter zu stehen, denn er gab Kommandos und die Piraten zuckten zusammen und parierten.

 

Der „Offizier“ zeigte auf einen Piraten, der nahe am Container Deckung gesucht hatte, rief ihm etwas zu und wies auf die Leiter, die nach oben führte. Nur zögerlich begab der Pirat sich zur Leiter und stieg nach oben. Die letzten Stufen versuchte er schnell zurückzulegen, doch kaum erschien sein Kopf über dem Rand, knallte ich ihm eine Keule darauf und er fiel rückwärts die Leiter herunter.

 

„Nur einer? Das ist eine Beleidigung! Los ihr drei Wichser! Ich lasse euch auch nach oben!“ rief ich laut und zeigte auf drei andere Piraten.

Demonstrativ trat ich von der Leiter weg und wartete. Der „Offizier“ brüllte herum und tatsächlich bewegten sich die drei zur Leiter. Anscheinend war er der Meinung, dass drei seiner Männer ausreichten, um mich zur Raison zu bringen. Langsam und vorsichtig kamen alle drei hintereinander die Leiter hoch, wobei mich der der erste sorgsam im Auge behielt, doch ich blieb ruhig am Rand des Containers stehen und wartete.

 

Vorsichtig stieg der erste Pirat auf das Containerdach, dann sicherte er die Leiter und wartete, bis auch die anderen Beiden auf dem Container standen, erst danach zogen zwei Knüppel aus ihren Gürteln und gingen vorsichtig auf mich zu.

 

Ich aber wirbelte mit den Keulen und trat ihnen entgegen. Unzählige Stunden hatte ich mit Decker, Iduna und den Stammeskriegern mit diesen Waffen geübt und es dauert nur Sekunden, dann hatte ich allen drei den Schädel eingeschlagen. Mit einem verächtlichen Lachen gab ich dem Piraten, der noch zuckte einen Tritt und beförderte ihn vom Containerdach, dann folgten die beiden anderen.

 

Als der dritte mit einem dumpfen „Plumps“ auf dem Deck aufschlug, sah ich mich um. Mittlerweile hatte sich das Deck gefüllt und ein großer Teil der Besatzung starrte mich an. Soweit schien mein Plan aufzugehen. Außerdem trugen zwar fast alle Piraten Waffen mit sich, doch die wenigsten davon waren Schusswaffen und die wenigen Schusswaffen waren gesichert, denn die Piraten hatten strikte Anweisung uns lebend zu fassen.

 

Da sah ich IHN! Einen der zwei „Freunde“ die sich über mich her gemacht hatten, als ich gefesselt im Boot lag. Gute 1,85 groß, breit und Oberarme, die größer waren als manches Bein.

 

„DU!“ ich zeigte auf ihn „ICH WILL DICH!“ Kaum ausgesprochen begann die Wut in mir immer größer zu werden. –Gut so! – sagte ich zu mir selber. Als der Pirat zögerte, legte ich nach. „Was ist du FEIGLING!? Hast du Angst vor mir, wenn ich nicht gefesselt bin?“ fragte ich verächtlich. Obwohl mich sicher keiner verstand, wussten doch alle, was ich meinte, als ich das Gegacker eines Huhns nachmachte und entsprechend die Arme bewegte.

 

Weiß vor Wut stürmte der Pirat auf den Container zu, als sich ihm ein „Offizier“ in den Weg stellte und ihn anschrie, doch der Riese schlug ihn einfach mit einem einzigen Schlag nieder, stürmte auf die Container zu und niemand wagte es, ihn aufzuhalten.

 

-Krieger! – erklang eine Stimme. –Sei gewarnt, Rasul ist ein Ringer! Er kämpft nicht wie du, er umklammert seine Gegner und zerdrückt sie!“

 

Warnte Ismael mich vor. -Kein Problem! – Ich blendete ihn aus, sah wie Rasul die Leiter erreichte und plötzlich fühlte ich dieses bekannte, dunkle Gefühl in mir aufsteigen.

 

-PETER! – rief mich plötzlich Ma‘Difgtma, -Peter NEIN! Ich weiß was du vorhast, aber man kann das nicht kontrollieren! –

Ich versuchte, nun auch Ma’Difgtma auszublenden, doch gegen sie hatte ich keine Chance. –Peter, wenn du von der Klippe springst, gibt es kein Zurück! –

-Doch es gibt ein Zurück! –

-Das war ein einmaliges…- weiter kam sie nicht mehr, denn Rasul hatte das Ende der Leiter erreicht. Wie ein wilder Stier stand er mir gegenüber und starrte mich an.

 

„Was ist“, fragte ich ihn leise, „willst du noch eine Runde spielen? Dann komm und hol mich!“

Das ließ sich Rasul nicht zweimal sagen. Vorsichtig aber furchtlos kam er auf mich zu. Ich ließ eine Keule fallen und konzentrierte mich auf meinen Gegner, ließ aber auch nicht die Leiter aus dem Auge. Doch kein anderer Pirat schien die Gelegenheit zu erkennen nach oben zu kommen, oder sie hatte Angst vor Rasul, letztlich war es egal.

 

Nun sprang Rasul auf mich zu, um mich zu umklammern. Da mich Ismael vorgewarnt hatte, wich ich rechtzeitig aus und hielt ihn mit mehreren Keulenschlägen und Stößen auf Abstand, während ich mit eiserner Disziplin meine Wut unter Kontrolle brachte. –Noch nicht! – befahl ich mir selber. –WARTE! – Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, mich zu fassen, sah mich Rasul mit schmalen Augen an. Abwartend umkreiste er mich, während er mich lauernd im Auge behielt.

 

Anscheinend hatte er sich den Kampf auch einfacher vorgestellt, denn nach einigen Keulenstößen in sein Gesicht, blutete er aus der Nase und hatte mehrere harte Schläge am ganzen Körper eingesteckt, doch ich hatte ihm noch keine ernsthafte Verletzung beigebracht.

 

Ich lauschte in mein Inneres… ja, ich fühlte ihn… er kam… GUT SO schrie mein Inneres. Jetzt oder nie!

 

Mit einer scheinbaren Unachtsamkeit gab ich Rasul seine Gelegenheit. Ich schaute nach hinten zur Leiter und er sprang vor und umklammerte mich, jedoch ohne meine Arme zu umfassen. Wahrscheinlich brauchte er das sonst auch nicht, denn er drückte mörderisch zu, so dass mir fast augenblicklich die Luft wegblieb und ich die Keule fallen ließ.

 

Doch genau darauf hatte ich gewartet, denn mit dem Schmerz ließ ich meinem Hass freien Lauf und ergab ich mich meiner Wut! Wieder erlebte ich das Gleiche wie auf Futuna. Der rote Schleier kam und erfasste mich und meine Seele und somit hatte der Lauf zur Klippe begonnen!

 

Dieser rote Schleier hatte mich erfasst, als ich gegen Sinclair kämpfte und er hatte mich in einen Wahnsinn gerissen, einen Wahnsinn aus dem ich mich selbst nicht retten konnte. Caroline war damals in die Dunkelheit gesprungen, hatte mit ihren und meinen Geistern gekämpft und mich zurückgeholt und genau wie vor einem Jahr stand meine Seele an einer Klippe…

 

Doch jetzt war mir das alles egal! Jetzt war der Schleier mein Freund! Ein Freund der mich alle Schmerzen, alle Emotionen, alle Menschlichkeit verlieren ließ und der das Ungeheuer in mir entfesselte, das wohl in jedem Menschen steckte, doch bei den meisten niemals ausbrach.

 

Ich sah alles wie durch einen blutroten Filter, griff mit beiden Händen Rasuls Nacken, und ließ meine Stirn mit voller Wucht gegen seine Nase krachen und sofort erfolgte ein weiterer Stoß gegen sein linkes Auge. Das brachte ihn für Sekunden aus seinem Konzept und ich fasste nach hinten, packte Rasuls rechte Hand, bekam seinen Zeige- und Mittelfinger zu greifen und bog diese mit einer unbändigen Kraft nach hinten bis zum Handrücken. Mit einem lauten Schmerzensschrei lockerte Rasul seinen Griff und ich bekam das ganze Handgelenk zu packen.

 

Die mit Decker bis zum Umfallen geübten Bewegungen, lief wie ein Automatikprogramm. Daumen nach oben auf den Handrücken, Hebelwirkung über das Handgelenk auf den Arm und herumdrehen. Alle seine Stärke nutze Rasul nichts gegen die Kraft die mir der rote Schleier verlieh und gegen richtig angewandte Physik!

 

Rasul musste loslassen und wurde durch den Hebel nach unten gedrückt. Als er in der Hocke war und seinen Ellbogen nach oben streckte, ließ ich ihn mit der rechten Hand los und legte all mein Gewicht in einen Schlag gegen sein Ellbogengelenk, das krachend nachgab. Rasul schrie auf und taumelte zurück, war aber noch nicht geschlagen.

 

Nun verfiel auch Rasul in einen Gewaltrausch, doch er war angeschlagen und ich hatte nicht die Absicht ihm die Initiative zu überlassen. Jetzt, da er mich nicht mehr umklammern konnte, stand seine Kraft gegen meine Wut, die dank des Schleiers immer größer wurde. Ganz im Hintergrund hörte ich Ma’Difgtma verzweifelte Rufe, die ich ignorierte. Ich ergab mich dem Schleier und sprang das zweite Mal von der Klippe, doch anders als beim ersten Mal, tat ich es diesmal mit Absicht und in vollem Bewusstsein. Tiefe Schwärze umfing mich und meine Seele, fuhr durch mich hindurch und riss mich immer tiefer…

 

**

 

Caroline wurde völlig überrascht. Vor ihrem inneren Auge zeigte sich Ma’Difgtma und informierte Caroline. – Peter hat es getan, er hat den Schleier über sich kommen lassen und springt gleich in den Abgrund. –

Caroline blieb kurz stehen, der Marineleutnant an ihrer Seite sah ihre Tränen in den Augen und hörte, wie sie mit voller Inbrunst flüsterte: „Oh Mualebda bitte hilf ihm, er braucht dich jetzt, bitte hilf ihm!“

 

**

 

Diesmal gab es keine Caroline, die mir folgte um meine Seele zu retten und auch Ma’Difgtma Stimme wurde immer leiser, bis ich sie nicht mehr hören konnte. -Seltsam,- dachte ich noch, -fühlt sich gar nicht so schlimm an…- nun konnte mich nur noch einer retten… oder EINE! Und ich rief SIE!

 

**

 

Peters Ablenkung war perfekt. Jeder der Piraten schaute, oder lief nach vorne Richtung Bug, um sich das Schauspiel anzusehen. Ein einzelner Europäer forderte die gesamte Bruderschaft zum Zweikampf heraus. Der Europäer musste verrückt sein.

 

Leider durften die Piraten ihn nicht einfach so wegballern, wie sie es mit anderen Angebern getan hätten, aber der Stecher hatte ganz klare Anweisungen hinterlassen und diesen Anweisungen sollte man folgen, das wusste jeder Pirat auf der Wudong.

 

Da Peter vorne kämpfte, nutzte ich die Gelegenheit und lief zur hinteren Rampe. Rasch versteckte ich mich hinter einem Ölfass, als zwei Wachen aus den Seitenräumen kamen und ihre Augen nach vorne richteten.

 

Das war meine Möglichkeit. Blitzschnell sprang ich die beiden an, der Erste bekam mein Messer in den Nacken und fiel einfach um. Den zweiten Wächter warf es um, zwischen zwei andere Ölfässer. Sein Hals passte hindurch, aber sein Kopf blieb seltsam verrenkt hängen, er musste höllische Qualen leiden. Mit einem schnellen Stich mit seinem Messer erlöste ich den Leidenden und zog beide Messer aus den Körpern.

 

Da vorne das war die Schleuse und die musste ich öffnen, sonst hätte das Enterkommando Probleme.

Der Sicherungskasten war an der Seite der Wand montiert und die Beschriftung war erstklassig. Rasch hatte ich den Deckel abmontiert und suchte das Signalkabel zur Brücke, das jede Aktion der Bordwand anzeigen würde.

 

Eines der beiden Kabel riss ich heraus, so ging der Alarm nicht los, aber es konnte auch keine Meldung zur mehr gelangen. Nun musste ich die Hydraulik finden und die dazu nötige Bedienung.

 

Wieder einmal war es erstaunlich, wie Schifffahrtsingenieure denken. Kühl und logisch bauten sie die Hydrosteuerung nicht weit von der Elektroversorgung ein. Mit einem leisen Summen lief die Ölpumpe an und baute den Druck auf. Entriegeln und herunterfahren der Heckklappe war das leichteste. Draußen standen bereits die beiden Marine Kommandos und ich begrüßte sie kurz.

 

Jedes der Kommandos, bestand aus 10 Mann. Das zweite Kommando teilte sich auf und fünf der Soldaten kamen auf mich zu.

„Ich bin Leutnant Dschingel’fis das sind meine Männer. Wir helfen ihnen, Miss Miles, die vermisste Clair Clament zu finden und sofern möglich, weitere Geiseln zu befreien.“

 

„Danke, sind das da hinten ihre Rettungsboote?“

„Das sind die Boote der Fregatte, sie liegt hier ganz in der Nähe im Nebel versteckt.“

„Sehr schön Leutnant, folgen sie mir.“, und wir verschwanden in den seitlichen Kammern. Die Heckschleuse blieb offen, von einigen Ölfässern vor dem direkten Blick geschützt war die Wudong jetzt gut zu entern.

 

Ich konzentrierte mich auf Peter, um ihm mitzuteilen, dass die Enterung begann. Aber irgendwie kam ich nicht durch, ich wusste nicht, ob er mich verstand oder nicht. Durch das Fernglas eines Leutnants konnte ich auf den vorderen Container sehen, wo ein Berg von einem Mann mit Peter kämpfte …

 

„Oh Mualebda, bitte hilf ihm …“ flehte ich leise vor mich hin und schloss meine Augen …

 

**

 

Im Kopf hatte ich ein Rauschen, als wenn Caroline mir etwas mitteilen wollte, aber ich bekam das nicht mehr richtig mit und vor mir stand Rasul. Der rote Schleier hatte mich gepackt und allmählich bekam ich Angst, doch da kam meine Rettung.

 

Ich hörte ihren markanten Schrei, dann hatte mich Mualebda gepackt und riss mich aus der Dunkelheit des roten Schleiers. Die Schwärze wurde durchbrochen, als sie in Gestalt einer Harpyie mich auffing und ich mich an ihren Hals klammerte.

 

Um mich herum wurde es erst heller, dann gleißend hell. Ich stand wieder auf der Klippe, nachdem mich Mualebda ziemlich unsanft von sich herunter befördert hatte und neben mir stand plötzlich Caroline, während Mualebda vor uns schwebte. Wir standen da umgeben von einer weißen Wolke, sonst war kein Mensch zu sehen. Es war eine gespenstige Ruhe.

 

-Krieger und Beschützer meines Volkes! Achtet besser auf Euch! Ich brauche euch noch für wichtige Aufgaben! DU da – Kriegerin! – Mualebda sah mit ihren bernsteinfarbenen Augen Caroline vorwurfsvoll an. –Du bist diejenige von Euch mit Verstand! Achte darauf, dass er hier solche Dinge nicht zur Gewohnheit werden lässt! – Dann war sie und Caroline wieder verschwunden und die weiße Wolke löste sich auf.

 

Um mich herum schien der rötliche Schleier auch zu verschwinden.

 

Ich öffnete die Augen und stand noch immer auf dem Container und hielt einen toten Rasul umklammert, den ich offenbar mit bloßen Händen erwürgt hatte. Der rote Schleier war verschwunden und eine Seele sowie mein Verstand gehörten wieder mir.

 

Als ich Rasul losließ, fiel er die fünf Meter nach unten und schlug hart auf dem Boden auf. Alle an Deck starrten mich an. Betont lässig bewegte ich meinen Kopf nach rechts und links und suchte mir einen weiteren Piraten aus.

 

„Jetzt du!“ sagte ich und ich zeigte auf einen Piraten, der entsetzt zurückwich.

 

Keiner der Piraten sah zum Heck, wo die ersten schallgedämpften Schüsse fielen… Caroline stürmte an der Spitze der Soldaten zu den Aufbauten, während ein weiteres Team in zwei Gruppen an beiden Seiten des Schiffs zum Vorschiff stürmte.

 

**

 

Auf der Fregatte Novel’ult – vor einer Stunde

Fregattenkapitän Dursa’lan stand mit seinem 1. Offizier Carlim’ba, einem Major und dem Einsatzoffizier Godev’jet, einem lang gedienten Hauptmann, am digitalen Lagetisch und sie beratschlagten die Lage.

 

„Unser Ziel die Wudong befindet sich hier in einem Nebelgebiet. Eigentlich müssten die das wissen, dass das die Waschküche der Südsee ist. Hier ist immer dichter Nebel. Jedenfalls wenn sie diese See öfter befahren würden.“

 

„Wo ist der Todesschatten?“, fragte der 1. Offizier Carlim’ba.

„Der muss vor der Wudong liegen, die Israelis haben einige Nebeltöpfe ausgesetzt um denen so richtig die Sicht zu nehmen und dann die Bordelektronik mit einer dieser fiesen ECM Raketen ausgeschaltet, die Piraten bekommen nicht mal mehr Kurzwelle rein.“ Wusste der Einsatzoffizier Godev’jet zu berichten.

 

„OK wie haben die die Wudong verlangsamt, weiß man da Genaueres?“ Fragte Fregattenkapitän Dursa’lan.

 

„Angeblich haben die den Piraten weisgemacht, ein Wikinger Lang Boot läge da in Seenot.“ Dabei grinste Carlim’ba und zeigte seine weißen Zähne.

 

„Das ist jetzt nicht ihr Ernst, oder – ein Lang Boot? Die haben Ideen.“, grinste Dursa’lan.

 

„Ja vorhin kam auf dem codierten Kanal, dass sie das erste Speed-Boot der Piraten übernommen haben. Die machen da keine halben Sachen. Außerdem sind zwei Kommandos Marines bereits auf dem Weg um an Bord der Wudong zu gelangen.“ Berichtete Godev’jet.

 

„Na gut.“ Dursa’lan wurde wieder befehlerisch. „Geben sie Einsatzalarm. Wir schicken unsere Beiboote durch den Nebel an deren Heck, die gefangenen Mädchen und die anderen Geiseln haben Priorität. Unsere drei Leute haben sich bereits befreit und mischen mit. Jedenfalls sagte das unser Kontakt auf der Wudong.

 

Die Geschütze bemannen und vier Gruppen Sniper sollen sich bereit machen, ich will nachher saubere Schüsse durch den Nebel sehen.

 

Die Entermannschaft hat noch Zeit, wir werden erst dann diesen Kahn übernehmen, wenn die Zeit da ist. Wie hoch ist der Nebel und wie breit?“

„Gut 80 Meter hoch und immer noch 40 Meilen in der Ausdehnung, die Wudong ist mittendrin, Sir.“ Kam es aus der Navigation.

 

„Die sind blind wie die Maulwürfe und wissen nicht, wie ihnen geschieht.“ Sagte der junge Leutnant Jørgensen, ein Austauschoffizier aus Europa.

 

„Maulwürfe?“ Fragte Kapitän Dursa’lan. „Was habt ihr in Europa für komische Tiere.“

„Ja Kapitän, die sehen so aus wie eure Hunga Batas, diese Erdbuddler, die brauchen auch keine Augen.“

 

„Still jetzt, da drüben gehts los. Die Marines haben das Welldeck erreicht. Irgendein Problem scheint dort zu sein, die scheinen ordentlich beschäftigt zu sein, da, jetzt – jetzt legt das erste Boot ab, Kapitän das Boot sind voll mit Mädchen.“

 

Der Kapitän erhob seinen Kopf „Deckoffizier, klarmachen für Personenaufnahmen, es ist so weit. Es kommen ein paar Hundertschaften Mädchen!“

 

Während das erste Boot an der Novel’ult anlegte und mit dem Kran hochgehoben wurde, betrachten die Einsatzoffiziere an den Radarschirmen und Sichtgeräten das Geschehen vor ihnen im dichten Nebel.

 

„Da die Israelis haben tatsächlich zwei Boote als Wikingerboote ausgesetzt, die verwirren die Piraten total.“

 

Die Boote der Novel’ult fuhren erneut durch den dichten Nebel, geführt von den klaren Ansagen der Navigationsmannschaft.

 

Carlim’ba schaute Godev’jet an und wunderte sich. „Wieso haben die da drüben keine Nachtsichtgeräte, die den Nebel durchdringen?“

 

„Dafür haben die in der Regel ihr Radar, das durchdringt den Nebel und die Elektronik haben die vom Todesschatten garantiert schon ausgeschaltet.“

 

Die Scharfschützen hatten neben den starken Optiken auch Mikrowellenbeleuchter, mit denen sie den Nebel durchdringen konnten. Die Bilder in der Optik waren klar wie bei Restlichtverstärkern, allerdings nicht grün, sondern in einem grauen Farbton gehalten.

 

„Scharfschützen bereit Kapitän“ Kam die Meldung vom Kommandoführer der Scharfschützen.

 

Auf der Fregatte Novel’ult machte man sich für den Kampf bereit.

 

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Während wir uns um die Mädchen kümmerten, ging oben an Deck der Kampf erst richtig los.

 

Die Marines beschossen die Piraten an Deck und trieben sie weiter in Richtung Bug, zu den Containern. Dort lag auch Peter auf dem Dach des Containers, von wo er seinen Ablenkungskampf gestartet hatte.

 

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– Hörst du uns Ismael? – Riefen ich Ma’Gus Informanten – Die Fregatte ist angekommen, runter von der Brücke –

 

– Danke – Kam es kurz und knapp. Offenbar hatte Ismael andere Sorgen.

 

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Auf der Brücke der Wudong war der Kapitän inzwischen äußerst unruhig und die Anweisungen des Stechers, die drei Geiseln lebendig zu überbringen, waren ihm schlichtweg egal.

 

„Die knallen uns hier ab wie die Tontauben, vergesst die Order des Stechers, die Gefangenen lebendig zu überbringen, legt den da vorne auf dem Container um, ich will da Sicherheit für meine Männer. Los zwei Mann mit Gewehren und haltet drauf!“

 

Zwei Piraten kamen angerannt, sie hielten Gewehre mit langen Zielfernrohren in ihren Händen und liefen direkt auf den Kapitän zu. Jeden Moment würden sie Peter auf dem vordersten Container unter Feuer nehmen.

 

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„Kapitän, die Brückenbesetzung kommt mit Gewehren, die wollen mit Sicherheit auf den Mann auf dem Container schießen, um Platz für ihre eigenen Leute zu machen.“

 

„Sind unsere Scharfschützen bereit?“

 

„Aye Kapitän, bereit.“ Antwortete der Kommandoführer Schiffssicherung.

 

„Sie haben Feuererlaubnis.“

 

Der Kommandoführer sprach leise in das Sprechgerät und auf der Wudong brachen einige Sekunden später die beiden Gewehrschützen vor dem Kapitän mit Löchern in Brust und Rücken zusammen.

 

„Scheiße, bringt mit die doppelläufige Elefantenbüchse, den da vorne putze ich selber weg!“ Rief der Kapitän der Wudong.

 

Noch während die unförmige, lange Elefantenbüchse aus der Brücke bugsiert wurde, um sie auf die Reling zu legen, zuckte es eine halbe Meile an Steuerboard im Nebel kurz auf und einen Moment später pfiff eine Granate über die Brücke und detonierte. Der Kapitän, zwei seiner Mannschaften starben auf der Stelle und die halbe Brückenverkleidung ging zu Bruch.

 

Spätestens jetzt war allen an Bord der Wudong klar, die Fregatte war hier und griff in den Kampf ein.

 

Aus dem Nebel dröhnte die Sirene der Fregatte. Dieses Relikt aus dem letzten Krieg hatte man auf der Fregatte beibehalten und die Sirene erwies sich jetzt als sehr praktisch.

 

Der Vertreter des Kapitäns gab Angriffsbefehl für die Speed-Boot Besatzungen und die Geschützmannschaften.

 

Jetzt war das Oberdeck halbwegs frei und Peter sprang auf und spurtete von Container zu Container in Richtung Brücke, um schließlich im Schiffsinnere zu verschwinden.

 

– Schatz ich komme von Backbord über die Treppe auf euch zu, wo finde ich euch? –

 

– Du kommst an der Sanitätsstation vorbei, dort gehts über eine Treppe in das Unterdeck, wir sind bei Q-23, das ist recht weit achtern, winke wenn du kommst, die Marines sind nervös mit den Fingern. –

 

Wenige Minuten war Peter bei mir und wir schlossen uns endlich wieder in die Arme.

 

**

 

Die Fregatte Novel’ult lag etwa eine halbe Meile an Steuerbord und die angreifenden Speed-Boote der Wudong wurden mit wenigen gezielten Schüssen aus der 27mm Bordkanone regelrecht zerlegt. Die Air Burst Munition zerriss die Speed-Boote mit den Angreifern förmlich in tausend Stücke.

 

Auf der Wudong versuchten die Piraten einen letzten Angriff und ließen die schweren Klappen der seitlichen Bordwände herab. Dahinter befanden sich 3,7 cm Zwillings Flak Kanonen und mit denen würden sich die Piraten den Weg freischießen.

 

Auf der Steuerbordseite befanden sich zwei dieser 3,7 cm Zwillings Flak Kanonen und die Mannschaften richteten diese auf die Fregatte aus. Viel zu früh begannen die Piraten wild zu schießen. Die ersten Garben gingen viel zu hoch, die nächsten gingen viel zu tief, aber so langsam wussten die Mannschaften der Geschütze, wie man die Kanonen auf solch ein nahes See Ziel ausrichtete. Mit etwas Glück würden sie die Fregatte jetzt durchsieben und in ein feuriges Grab verwandeln. Zumindest war das der Plan der Piraten.

 

Doch das Glück war den Piraten nicht hold.

 

Die schwere Bugkanone der Fregatte schoss mehrmals in die herunter gelassenen Container-Abdeckungen der Wudong. Bereits nach wenigen Schuss stieg dort nur noch weißer Rauch auf. Geschütze und Mannschaft waren ausgeschaltet, die Container sahen aus, wie geborstene Getränkedosen.

Ein einzelnes Speed-Boot raste auf die Fregatte zu. Das Boot war mit Sprengstoff beladen und die Fregatte war ein nicht zu übersehendes Ziel.

 

„Jaaa kreischten einige der Piraten“, offenbar waren sie so mit Drogen und Alkohol befüllt, dass ihnen alles egal war. „Machen wir es wie mit der USS Cole, blasen wir das verdammte Ding aus dem Wasser!“

 

Der Schütze am Richtvisier der Maschinenkanone an Bord der Fregatte schaute verbissen und murmelte nur ein leises „Der 8. August 2000 wiederholt sich bei uns nicht, sagt Adieu ihr Deppen!“

 

Mit einer Salve der Maschinenkanone beendete er den Spuk und das Speed Boot detonierte und flog mit einer gewaltigen Wasserfontäne in die Luft.

 

**

 

Auf der Wudong

Der junge Leutnant, der Peter und mich begleitete sah uns an. „Ich muss zum Trupp, bleibt in Deckung, wir kommen gleich zurück, bleibt in Deckung.“ Schon war der Soldat verschwunden.

 

Einen Moment später schauten Peter und ich uns an. „Diese Schreie kommen aus dem Raum vor uns!“ Flüsterte Peter und öffnete eine der Türen im unteren Bereich.

 

Vor uns stand Oniagato Kikeraki mit einem Katana, einem Samurai Schwert, und hieb im wilden Wahn auf junge Frauen ein, am Boden knieten und schrien. Blut spritzte und Oniagato Kikeraki schlug weiter auf die Mädchen ein. Er war dabei die unschuldigen Mädchen abzuschlachten. Wir mussten sofort handeln.

 

„Hey du Leuteschinder!“ Riefen Peter und ich zugleich und Oniagato Kikeraki drehte sich langsam zu uns um. Seine Augen waren geweitet und uns wurde sofort klar, dass der Wahnsinn ihn gepackt hatte.

 

Erst jetzt sahen wir das Grauen, das er verursacht hatte. Am Boden lagen sieben oder acht erschlagene Mädchen mit tiefen Wunden. Einige Gliedmaßen lagen abseits. Kikeraki hatte hier gemetzelt.

 

Aber als die Mädchen uns sahen, wurde uns klar, weshalb die nichts rufen oder gar schreien konnten. Die Mädchen waren fast alle geknebelt. Nur eines der Mädchen hatte den Knebel lösen und schreien können. Peter schon diesem Mädchen ein Messer zu, damit die Mädchen sich befreien konnten.

 

„Weg mit dem Schwert – SOFORT!“ Rief ich Kikeraki zu und er lief schreiend auf uns zu. Hinter ihm, die noch lebenden Mädchen, so konnten wir nicht schießen, ohne sie zu gefährden. Ich musste ihn aus der Schussbahn bringen, damit zumindest Peter schießen konnte.

 

Also rannte ich mit meinem Messer in der einen Hand und der Pistole in der anderen Hand auf Kikeraki los und er hob sein Schwert.

 

– Der ist schnell, Schatz pass auf – Kam von Peter und ich wusste, dass er Recht hatte. Der durchgedrehte Japaner war flink und schnell wie ein Wiesel, also musste ich noch schneller sein.

 

In dem beengten Raum huschte ich unter seinen Beinen durch, sein Schwertschlag kam und schnitt mir ein paar meiner roten Locken, doch ich konnte in die Innenseite seines Oberschenkels die Schlagader treffen und seine Hose färbte sich schnell dunkel.

 

Jetzt war ich hinter ihm.

 

– Achtung Peter ich schieße –

 

Peter, ganz der Straßenkämpfer warf einiges Zeugs in Richtung Kikeraki und dieser Moment nutzte ich auch und schoss diesen Schlächter nieder.

 

Doch der kleine Japaner war zäher als gedacht, noch lebte er und wollte erneut angreifen, doch da schlug ihm Peter mit einem Rohr das Katana aus der Hand. Noch während Kikeraki verwundert zu Peter und mir schaute, fielen bereits die Mädchen über ihn her und warfen ihn zu Boden.

 

Jetzt konnten wir nicht mehr schießen.

 

Mit einem lauten Geschrei fielen die inzwischen befreiten Mädchen über den doch recht kleinen Japaner her und rissen ihn in die Zelle, in der die Leichenteile ihrer Mitgefangenen lagen. Eine Meute von gut dreißig wilden Frauen riss den Folterer förmlich auseinander.

 

Woher das Messer kam, sah ich nicht, wir sahen nur noch ein paar Teile umherfliegen und hörten einen kurzen halberstickten Schrei, dann sahen wir das Knäuel der Mädchen, die Kikeraki zerrissen. Ein markerschütternder Schrei kam auf und dann herrschte Ruhe.

 

Eines der Mädchen hielt etwas Blutiges, abgeschnittenes und wir wollten nicht wissen, was das einmal war.

 

Von Oniagato Kikeraki ging jedenfalls keine Gefahr mehr aus. Die Mädchen im hinteren Teil des Raumes erhoben sich und endlich sahen wir auch Clair.

 

Sie lag gefesselt und geknebelt, aber sie war ansonsten heil und in einem Stück. Wir befreiten die restlichen Mädchen und baten sie, noch hierzubleiben. Clair fiel uns beiden in die Arme und begann zu weinen.

 

„Endlich seid ihr da, ich habe so darum gebetet, dass ihr mich findet.“ Ihre Augen waren aufgerissen, sie musste Schreckliches erlebt haben. Jetzt aber schlossen wir sie in unsere Arme.

 

Der junge Leutnant kam mit seiner Mannschaft hinzu und selbst diese hartgesottenen Soldaten erschraken, als sie das Massaker sahen, das Kikeraki hier veranstaltet hatte.

 

„Wer braucht sofortige Erste Hilfe?“ Ein Mädchen mit blutigem Unterarm kam auf die Sanitäter zu.

 

„Die Fregatte liegt längsseits, es ist gleich vorbei, wir bringen euch ans Heck zu den Booten.“

 

„Leutnant, ihr bringt die Mädchen in Sicherheit, wir müssen noch einmal hinauf auf die Brücke, Beweise sichern, gebt uns bitte zwei Soldaten mit.“

 

Während die restlichen Mädchen in die Beiboote gebracht wurden, schlichen wir durch einen Gang und trafen nur auf zwei Piraten, die von unseren Begleitern augenblicklich erschossen wurden.

 

Auf der letzten Treppe vor der Kommandobrücke verließ uns unser Glück. Der vorausgehende Soldat wurde von einer Flinte getroffen und schwer verletzt.

Wir zogen den blutenden Mann zu uns in Sicherheit.

„Der muss dort in dem Gang hinter der Deckung sein, da kommen wir nicht hin.“ Flüsterte der zweite Soldat.

„Bring deinen Mann in Sicherheit wir machen das.“

„Aber ihr seid keine Soldaten, ihr lauft in euer Verderben, wartet, ich rufe Verstärkung!“

„Bring deinen Kameraden in Sicherheit, rette sein Leben, weißt du nicht wer die Frau da ist?“, flüsterte Peter und der Mann sah mich verständnislos an.

„Nein, wie denn…“

„Pass auf und lerne und dann rette deinen Kameraden.“ Sagte ich lächelnd zu dem Soldaten.

 

**

Hinter der Deckung aus massivem Stahl lag der Pirat mit einer doppelläufigen Flinte. Direkt über ihm flackerte eine einsame Neonleuchte. Mit einer Doublette schoss ich die Halterung der Leuchte entzwei und sie raste, am Stromkabel hängend, direkt auf die Deckung des Piraten zu und traf ihn.

 

Noch während der Soldat schrie, sprang ich auf und bekam den Piraten in mein Schussfeld. Zwei Schuss später ging er zu Boden, doch ehe ich weitergehen konnte, schoss ich erneut auf etwas, das sich hinter dem Piraten bewegt hatte.

 

Ein Aufschrei erfolgte und ein grimmiger Pirat hielt sich die Hände vor sein blutendes Gesicht. So torkelte er vor und ich beendete sein Leiden.

 

In Deckung kniend zielte ich auf einen Feuerlöscher und schoss diesen entzwei. Wie eine kleine Bombe zerriss es den Löscher und zwei weitere Piraten rannten in Panik ins Freie, wo wir sie erschossen. Jetzt herrschte endlich Ruhe. Inzwischen brachte der Soldat seinen verletzten Kameraden zurück, über Funk kam bereits die Verstärkung.

 

„Miss Miles, die Verstärkung ist da, danke auch, mein Kamerad ist verletzt aber er kommt wieder auf die Beine.“

 

Wir drangen weiter vor zur Kommandobrücke.

 

**

 

Ismael

Die Brücke war kaum beleuchtet, hier und da flackerten einige Lichter und von der Decke knisterten Kurzschlüsse und versprühten Funken.

Die Instrumente und der komplette Fahrstand sahen noch gut aus, wir erkannten keine ausfällt, wenn man von dem fehlenden Radar einmal absah.

 

Zwei tote Piraten lagen am Boden, sie wurden offenbar von der Granate erwischt, die vorhin die Scharfschützen erledigt hatte.

 

„Da vorne ist noch wer.“ Peter deutete in Richtung eines dunklen Bereichs.

 

– Ismael, wo bist du, hörst du uns –

 

– Jetzt nicht, da dringen Piraten auf die Brücke vor, die suchen mich –

 

– Halt, die Leute auf der Brücke sind wir, nicht schießen, ich schalte eine Taschenlampe ein, Ismael –

 

Als sich Ismael erhob und auf uns beide zukam, sprang einer der Piraten aus einem anderen Gang auf und feuerte mit einer Maschinenpistole einen langen Feuerstoß auf Ismael, der sogleich zusammenbrach.

 

„Verdammter Verräter habe ich dich doch noch erwischt!“

Peter schoss den Piraten zusammen und er ging zu Boden, die Maschinenpistole flog weg. Ismael aber lag am Boden mit aufgerissenen Augen. Wir hatten unseren ersten Toten.

„Ihr werdet alle draufgehen, wenn der Stecher davon Wind bekommt.“, hustete der am Boden liegende Pirat.

 

„Peter, schau, was du auf der Brücke an Material findest, Karte mit Kursangaben, Handys, Tablets, einfach alles, was da so herumliegt, ich frage unseren Gast mal nach dem rechten Kurs.“

 

Peter sah sich sorgfältig um. Einen Rucksack aus modernem Stoff hing an der Wand und Peter leerte ihn aus, da waren nur Getränkedosen ein paar Pornohefte und reichlich Schnupftabak. In diesen Rucksack stopfte Peter alles, was interessant aussah.

 

„Und nun zu uns beiden, ehe ich dich aufschneide, hast du die Gelegenheit, freiwillig zu erzählen wohin die Reise gehen sollte. Was war das Ziel?“

„Elende Bitch, dich soll der Stecher ganz langsam zu Tode vögeln und dann …“

 

Weiter ließ ich den Mann nicht kommen, Mein Messer schnitt in seinen Oberarm ein und ich drückte die Klinge weiter und tiefer…

 

Peter fand tatsächlich einiges an Material, in der Fahrkarte war ein Kurs eingezeichnet, der in Richtung Vanuatu zeigte. Im Hintergrund hörte er den Piraten aufschreien, bis endlich ein „Aufhören, ich sage alles!“, aus seinem Mund kam.

 

„Verdammtes Weibsstück, wie weit hättest du mich gequält?“

„Du hättest geredet, vertrau mir. Aber jetzt ersparst du dir unnötige Schmerzen. Also, wohin ging die Reise, was war euer Ziel?“

 

„Makira, wir waren unterwegs nach Makira, vorbei am Orientierungspunkt Ulava. Dort sollten wir mit den anderen zusammentreffen.“

 

„Das ist also der neue Stützpunkt. Im Norden oder im Süden der Insel, wo seid ihr dort versteckt?“

 

Plötzlich zog der am Boden liegende Pirat einen feinen Dolch und stach nach mir, aber er war zu langsam. Den Dolch hatte ich schnell aus seiner Hand und stach ihn dem Piraten bis zum Anschlag in die Schulter.

 

Mit einem lauten Aufschrei ergab sich der Pirat endgültig. „Norden, wir haben den Norden für uns. Nicht mehr weh tun, bitte nicht mehr.“

 

„Ich kenne Ulava diese Insel mit dem zentralen hohen Berg, was habt ihr dort zum Schutz und lüg nicht, du hast noch eine zweite Schulter. Dabei hob ich mein Messer in das Sichtfeld des Piraten.

 

Peter hatte inzwischen die Brücke abgesucht und reichlich Material eingesammelt.

 

„Schatz, ich habe alles beisammen, können wir?“

 

Während ich mich umdrehte, riss sich der Pirat den Dolch aus der Wunde und wollte mich damit angreifen. Aber die Brücke der Wudong hatte spiegelnde, polierte Edelstahlbleche und ich erkannte den Angriff.

Den Dolch aus des Piraten Hand reißend, stach ich in durch seine Hand und nagelte sie so in den Teakholzboden.

Während der Pirat erneut aufschrie, packte ich ihn an der anderen Schulter und drückte fest in die Schnittwunde.

 

„Was habt ihr auf Ulava zum Schutz der Inseln aufgebaut?“

„Radar und Raketenwerfer, bitte Aufhören.“, schrie der Pirat.

„Das ist nicht alles, ich kenne die Gewässer, da gibts noch mehr, sag an oder ich Filettiere dich!“

Dabei zog ich ihm mein Messer über den Oberschenkel und das war dann endlich genug für den Piraten, sein Wille war gebrochen und er berichtete von einem Sonarposten unter Wasser mit Torpedobewaffnung. Jedes Schiff, das den Kurs nicht einhielt, wurde als Feind angesehen und versenkt.

 

Es gab keine Funkzeichen, die Besatzung hatte das Flaggensignal „V-T-A-H“ zu setzen und genau den Kurs einzuhalten. Weiterhin berichtete der Pirat von leichter Kanonenbewaffnung im Norden. Dort waren auch die neuen Stützpunkte aufgebaut, während der Süden der Insel nicht genutzt wurde. Dort hatte es wiederholt Probleme mit der Inselbevölkerung gegeben und das endete mit Toten auf beiden Seiten. Also blieben die Piraten in Norden und der Süden war tabu. Mehr wusste der Pirat aber nicht und wir überließen ihn den inzwischen eingetroffenen Sanitätern. Der Kommandoführer des Marinetrupps kam zu uns und legte mir seine Hand auf die Schulter. „Wenn ihr mal wieder Langeweile habt, oder einen anderen Job sucht, Leute eures Schlages können wir immer gebrauchen!“ Dabei lächelte er uns zu. Inzwischen war die Wudong gesäubert. Wir hatten einen Toten und drei verletzte Soldaten zu beklagen, wie viele Mädchen verletzt oder gestorben waren wussten wir noch nicht, die Piraten hatten gut ein Drittel ihrer Leute verloren und weitere dreißig waren leicht verletzt.

 

Jetzt hatte man die Piraten an einer langen Kette gefesselt und die Kette an einem Gabelstapler auf Rollen befestigt, den zog so schnell keiner weg. Als Letzter wurde unser Mann von der Brücke angekettet und saß auf einer Kiste.

 

„Durchzählen!“ Befahl ein Oberst der Fregatte schroff und die Piraten zählten bis 78.

 

„Bringt sie auf die Fregatte und versorgt ihre Wunden, wir vernehmen sie später.“

 

Wir standen neben dem Oberst und erzählten von dem neuen Ziel, der Insel Makira. Da sprang Frederick, der Vertreter des Piratenkapitäns auf und schrie den Verräter von der Brücke an.

 

„Du dummes Verräter Schein, du hast uns alle dem Untergang geweiht, der Stecher wird jetzt jeden einzeln suchen und uns alle der Reihe nach umbringen, es wäre besser, wir wären bereits alle tot!“

Einige der Wachen waren abgelenkt und der Mann, dessen Fesseln an dem Gabelstapler angebracht waren, schaute Frederick an und pfiff kurz. Frederick nickte und der Mann hieb auf einen Hebel.

Der schwere Gabelstapler, der nahe am Heck stand, machte einen Satz nach vorne und fiel vom Deck ins Wasser. Die gefesselten Piraten schrien entsetzt auf, wussten sie doch, dass ihr Ende gekommen war, als einer nach dem anderen brutal von der Kette in das Meer gerissen wurde und verschwand.

 

Der Oberst neben mir reagierte blitzschnell und riss eine der Feueräxte aus der Halterung und hieb mit voller Wucht auf die Kette am Boden, die die letzten Piraten in das kalte Nass reißen wollte. Mit einem harten Schlag hatte er die Kette durchtrennt, aber auch den Oberarm eines der Piraten, der als letzter in die Fluten gerissen wurde.

 

Zurückblieben drei der Piraten und ein zuckender Oberarm.

 

Unser Informant aber war bei den an Bord gebliebenen. Er schaute uns mit großen Augen an „Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre auch dabei, dann hätte ich es hinter mir. Der Stecher ist gnadenlos!“

 

Die drei Piraten wurden auf das Beiboot gebracht und fuhren bereits auf die Fregatte, ein anderes Beiboot mit voller Besatzung legte indes an der Wudong an.

 

Der Oberst von vorhin begann zu lächeln. „Ah da ist ja die neue Mannschaft für das Kaperschiff. Alles Herhören, Ihre Aufgabe ist es, das Schiff wieder einsatzklar zu machen, wir werden mit dem Kaperfrachter die Pirateninsel anlaufen, nachdem wir unterwegs Truppen aufgenommen haben.“

 

Damit übernahm die neue Mannschaft die Wudong. Ein Oberleutnant kam zusammen mit einem Major zu dem Oberst und stellten sich vor.

„Ich bin Major Andre’jat und das ist mein leitender Ingenieur Orga’kat, wir sind abkommandiert die Wudong zu übernehmen.“

 

„Verstanden, so lauten auch meine Informationen, machen sie den Kahn flott, ich will baldmöglichst aus dem Nebelgebiet heraus, man sieht ja die Hand nicht vor seinen eigenen Augen.“

 

„Oh das können wir relativ einfach lösen.“ Lächelte der Major und sprach in ein Funkgerät. Wenig später schien es, als würde der Nebel deutlich weniger werden.

 

„Herr Oberst, die Männer des Nachtschattens haben ihre Nebeltöpfe abgeschaltet, bald wird es klarer.“

 

„Klasse, Sie übernehmen hier, wir gehen auf die Fregatte zurück und ihr beide kommt mit mir.“ Dabei zeigte der Oberst auf Peter und mich.

 

**

 

Auf der Fregatte, sieben Stunden später

Auf der Fregatte Novel’ult saßen wir sieben Stunden später, frisch geduscht, gestärkt und neu eingekleidet, im großen Besprechungsraum. Über die großen Bildschirme waren dazugeschaltet: Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, mit ihrem Führungsstab und aus Jakarta Wodo Jikodas, der Präsident von Indonesien mit seinem Führungsstab.

 

Kapitän Dursa’lan hatte seinen Bericht gerade beendet, da meldete sich der stellvertretende Verteidigungsminister von Indonesien, Jaxo Dingslan, zu Wort.

 

„Vielen Dank Kapitän für die ausführlichen Informationen, sind sie sicher, dass diese beiden Inseln, Makira und Ulava gemeint sind, das sind zwei unbedeutende Inseln und Ulava ist gerade einmal ein Eiland. Da gibt es viele besser geeignete Insel.“

 

Kapitän Dursa’lan ging an die Lagekarte, das Bild konnte man auch Soulebda und Jakarta sehen.

 

„Folgendes,“ begann Kapitän Dursa’lan. „Die Hauptverkehrsknoten laufen hier zwischen Guadalcanal und Makira und hier oberhalb von Makira vorbei.“ Von dem Berg hier auf Makira kann man die ganze Region mit Radar weitreichend überwachen und die Aktivitäten im Wasser ebenfalls. Der Hauptpunkt ist aber, wir haben Kartenmaterial an Bord der Wudong gefunden und wir haben lebende glaubhafte Augenzeugen, ich denke, das ist ausreichend.“

 

Der Minister ließ nicht locker. „Selbstverständlich hat ihnen der Informant das alles freiwillig gesagt, oder und sie haben alles geglaubt, der Mann würde seine eigene Mutter verkaufen.“

 

Heylah flüsterte etwas zu Ma’Difgtma und diese lächelte ein wenig und schloss ihre Augen. Einen Moment später beugte sich der Berater aus Soulebda zu Präsident Jikodas und flüsterte ihn etwas ins Ohr. Jikodas überlegte kurz und nickte dann unmerklich in die Kamera.

 

„Danke Minister Dingslan. Wo ist übrigens der Verteidigungsminister, ich hatte ihn doch extra eingeladen?“

 

„Er fühlte sich unpässlich und bat mich, ihn zu vertreten, Herr Präsident. Wenn ich nochmals auf die Inseln…“

 

Da klopfte es an den Türen in Jakarta und an beiden Seiten öffneten sich Türen. Mehrere Männer mit Knopf im Ohr traten ein und gingen auf den großen Tisch zu, dann kam noch ein älterer Herr, in Begleitung zweier Leibwächter hinzu.

 

„Entschuldigen sie Herr Präsident, Regentin, meine Herren. Ich konnte nicht früher kommen.“

 

Präsident Wodo Jikodas schaute sichtlich verwirrt. „Herr Verteidigungsminister, sie sind so schnell wieder genesen?“

 

Noch während die beiden sprachen, stand der stellvertretende Verteidigungsminister auf, als wolle er seinen Platz räumen, doch da nahmen ihn zwei der großen Männer mit Knopf im Ohr an den Seiten fest.

 

„Dieser Mann hier hat versucht, mit auszuschalten, nur durch meine Leibwächter bin ich noch am Leben, es hatte aber gedauert, bis ich wieder laufen konnte. Inzwischen weiß ich, dass der Mann hier auf der Lohnliste eines der übelsten Auftragsmörder steht.“

 

Jetzt versuchte sich der Festgenommene zu befreien, „Der Stecher wird euch alle einzeln fertig machen, das garantiere ich euch, ihr seid alle längst tot, tot, tot!“

 

„Bringen sie den Mann weg, sie wissen wohin!“ Ordnete der Präsident an und verbeugte sich kurz. „Bitte entschuldigen sie die Unterbrechung, nehmen sie bitte Platz Herr Minister.“, und der Verteidigungsminister nahm Platz.

 

Heylah räusperte sich und sprach. „Nun, da wir wieder unter uns sind, könnten sie, Herr Präsident, unseren Aufklärungsfliegern das Landerecht auf Guadalcanal besorgen?“

 

„Selbstverständlich Regentin, ihr beiden Flieger können auf Moniara landen, man wird einen eigenen Hangar zur Verfügung stellen, das wird die Stehzeiten im Raum erheblich verlängern, denke ich. Gleichzeitig erwarten wir ihr Personal für die Betreuung und Wartungen.“

 

Kapitän Dursa’lan meldete sich wieder zu Wort. „Nachdem das geklärt ist, möchte ich noch einen weiteren Gast begrüßen, bitte entschuldigen sie die schlechte Verbindung. Kapitän Tamar, hören sie uns …?“

 

Es klickte und prasselte, dann gab es ein kurzes leises pfeifen, dann stand die Verbindung.

 

„Hallo, die Verständigung ist gut. Bitte entschuldigen sie, wir laufen seit sieben Stunden, mit voller Fahrt, in das Einsatzgebiet. Nach dem Gespräch tauchen wir wieder, dann sind wir fast doppelt so schnell. Binnen der nächsten Stunde erreichen wir das Seegebiet vor Makira und beginnen mit der Suche nach den Unterwasserpositionen und wenn die Wudong dann hier in das Gebiet einläuft, dann sind wir abfangbereit, falls doch noch eine Überraschung existiert, von der wir noch nichts wissen.“

 

„Gut, gibt es hier noch Fragen an Kapitän Tamar? Nein, dann wünschen wir alle ihnen eine gute Fahrt.“

 

Mit einem kleinen „Pling“ war die Verbindung zum Todesschatten weg.

 

„Gut kommen wir nun zur Feinplanung.“ Damit übergab Kapitän Dursa’lan an die Regentin.

 

**

 

Ruhe vor dem Sturm

Nun gerieten einige Dinge in Bewegung. Auf Lungga, am Honoria international Airport wurde ein fast fertiggestellter neuer Hangar von allen Baumaschinen geräumt. Wenige Stunden später landete eine seltsam aussehende, scheinbar ältere Transportmaschine und mehrere Personen stiegen aus.

 

„Das ist also erstmal unsere neue Basis. Na, schön groß und ruhig ist es ja hier.“, sagte Esrom zu Bernd, als er aus Condor drei stieg und eine Boeing 777 gerade abhob und im Himmel verschwand.

 

„Ja, zumindest ist der Hangar abgelegen, komm lass mal den armen Kerls helfen, sonst kriegen die ihre Modellflieger nicht rechtzeitig runter.“

 

In der Dämmerung flogen zwei soulebdalesische Aufklärer an und landeten problemlos auf der langen Landebahn 24. Zum Abschluss des Tages landete dann noch eine Hercules, die Personal und Material brachte. Der vorgezogene Stützpunkt „Ironduke“ wurde aufgebaut. Neben dem Hangar wuchsen noch zwei stabile Industriezelte in die Höhe und aus der Hercules luden die eifrigen Helferlein zwei Container aus. An einem der Container wuchs eine moderne Antennenanlage und der Fernmeldeoffozier des Flughafens schaute neidisch auf die Anlagen, die da aufgebaut wurden. Neben ihm stand ein Techniker von Soulebda und die beiden unterhielten sich sehr freundlich, beides waren technikbegeisterte Funker.

 

„Nenn mich Solomon’Ella, was hattet ihr mit dem Hagar vor, der ist ja riesig?“

„Ich bin Airs Carem, der Funkoffizier hier am Platz. Da werden wir im kommenden Jahr Wartungen an Boeing 777 durchführen und da passen zwei nebeneinander rein, das bringt Geld. Was macht ihr so, das ist ja alles topmodern?“

 

„Unsere beiden Länder machen ein gemeinsames Manöver, da spielen noch andere mit und ich bin gespannt, wie das alles ausgeht, es ist das erste Mal, dass ich hier bin.“

 

„Gut, komm, ich zeige dir das Offiziers Casino. Offiziell ist das hier immer noch ein militärischer Flughafen.“ Damit entschwanden die beiden und liefen an Bernd und Esrom vorbei.

 

„Hast du gesehen, die beiden Funker, die verstehen sich immer am besten.“, grinste Bernd.

 

„Ja, habe ich, Salmonelle und Eiscreme, passende Namen.“ Prompt fing er sich einen Rempler von Bernd ein. „Das sind unsere neuen Verbündeten, hör auf mit so ‘nem Mist.“ Und beide grinsten sich an.

„Komm der Hauptmann ruft uns, die brauchen Hilfe …“

 

**

 

Soulebda Zentralkrankenhaus

„Was habt ihr mit den beiden gemacht, habt ihr die …“, fragte der Geheimdienstoffizier die Stationssicherheit.

 

„Entspann dich, einer der beiden lebt ja noch. Aber wir haben die beobachtet, wie sie sich auf die Zimmer unserer beiden Ehrengäste schleichen wollten und sind ihnen dann gefolgt. Der da, mit dem gebrochenen Arm, wollte die Frau umbringen und der andere Kerl hatte versucht, dem Mann da Gift zu injizieren. Ich glaube, er war überrascht, als Schwester Kawin’Bai ihn überwältigte. In dem anschließenden Kampf hat sie dem Kerl seine eigene Spritze verabreicht. Das Zeugs war sowas von letal, der Kerl war sofort hin.“

 

„Schwester Kawin’Bai, war die nicht bei den Stammeskriegern und macht hier die zweite Ausbildung durch?“

 

„Doch, die Luschen haben aber nicht mit Gegenwehr gerechnet. Oder nicht mit einer funktionierenden Überwachung und einer erfolgreichen Gegenwehr.“

 

„Sehr gut Ma’Gus wird begeistert sein. Ihr zwei da tütet den da vorne ein und bringt ihn zu Ma’Gus und dieses Häufchen Elend in die Gerichtsmedizin. Vielleicht steckt ja noch eine Überraschung in ihm.“

 

Als der Geheimdienstoffizier in den Patientenraum ging, humpelte Frank unruhig umher und Jessika versuchte ihn gerade, zu beruhigen. Sie saß auf ihrem Bett und hatte die Beine im Schneidersitz, während Frank auf sie zuging.

 

„Wie ich sehe, geht es unseren beiden Ehrengästen wieder deutlich besser. Das freut mich und natürlich auch unsere Regentin.“

 

„Wenn ihr hier keinen anderen Kalender habt, dann sind wir inzwischen fast ein viertel Jahr hier, kann das sein?“

 

„Sie beide waren sehr verletzt, ich rufe jetzt einmal den zuständigen Mediziner her, Moment bitte“, der Geheimdienstmann drückte einen Knopf auf einem kleinen Gerät und zwei Minuten später öffnete sich die Tür und zwei Mediziner traten ein, eine Frau und ein Mann.

 

„Das sind die Ärzte Prof. Dr. Drung’tahis und Dr. Dr. Tahis’drung.“, stellte der Geheimdienstoffizier die beiden vor.

 

„Oh angenehm, gehen einem hier auf Soulebda langsam die Namen aus oder wie?“ Dabei lächelte Frank sein gewinnendes Lächeln.

 

Die Frau sah ihren Kollegen an. „Europäer, sag ich doch immer wieder, nur die können unsere wunderschönen Namen so missverstehen, dass sie glauben sie seien verdreht. Am liebsten würde ich sie beide heimschicken, was meinen sie Herr Kollege?“

 

„Nun Frau Professor, vielleicht wäre das das Beste. Ehe die hier noch anfangen zu nörgeln!“

 

„Nun gut, wie fühlen sie sich. Dass sie beide wirklich unerhörtes Glück und den Schutz von Mualebda hatten, brauche ich ihnen nicht zu erzählen. Wir haben aus ihren beiden Körpern genug Metall herausgeholt, dass die Schrotthändler jeden Tag nach ihrer Entlassung fragen.“

 

Dabei zog Tahis’drung zwei Gläser mit Splittern aus dem nahen Schrank und gab sie an Prof. Drung’tahis. Sie prüfte kurz die Gläser und reichte diese an die beiden Patienten weiter.

 

„Nicht viele mit so viel Metall im Leib überleben. Mein Kind bei ihnen hatten wir hart um ihr Leben gekämpft, eines der Teile steckte im Herzmantel, das war äußerst knapp. Sie hatte viele Schutzgötter, oder wie nennt man das in Deutschland?“

 

„Danke Frau Professor, wir sagen dazu Schutzengel und danke nochmal für unsere Rettung.“

 

Die Ärztin gab das zweite Glas an Frank weiter und lächelte ihn süffisant an.

 

„Müssen ihre Kollegen immer für sie alles machen, ihr Leben riskieren, für sie antworten, was würden sie ohne diese Frau eigentlich anfangen?“ Doch Frank erkannte an dem Lächeln im Gesicht der Professorin, dass sie keineswegs auf Streit aus war, sondern beide testete.

 

„Ohne Jessika wäre ich schlicht verloren und das in jeder Hinsicht.“ Frank schaute Jessika dabei dankbar an, lächelte sie dabei an und Jessika lächelte zurück.

 

„Wie weit sind wir Frau Professor?“, fragte Frank. „Bei uns daheim drehen sicherlich schon alle durch, weil wir beide so lange schon fehlen. Wir müssen heim, je eher, desto besser und das, obwohl ich diese wunderbare Insel so sehr mag.“

 

„Also gut, ich gebe sie beide frei. Aber sie fliegen erst in einer Woche heim. Heute machen sie sich bereit für die Entlassungsuntersuchungen. Bei ihnen Jessika, sehe ich keine Probleme, sie haben sich wie ein junger Fisch im Wasser erholt.

Bei dem alten Brummbären hier müssen wir aber vermutlich nochmal ran. Wenn wir den Splitter im Oberschenkelhals herausbekommen gehen sie ohne Schmerzen heim, wenn nicht, dann gehen sie zwar auch, aber sie werden hinken.

Na was denken sie, kriege ich sie noch für eine Woche?“

 

„Oberschenkelhals, das ist doch da.“ Und Frank zeigte auf die Stelle, an der er noch Schmerzen hatte.

„Genau. Der Punkt ist, ich brauche dazu meine beste Heilschamanin, nur sie kann in den Knochen rein und den Splitter herausziehen.“

 

„Ich weiß, dass unsere Ärzte da nicht mithalten können und danken ihnen für all das, was sie uns beiden geholfen haben. Vielleicht kann ich mich ja mal revanchieren.“

 

Jetzt lachte die Ärztin hart auf. „Sie machen jetzt aber Witze wie? Wir begleichen eine Schuld, sie und ihre Leute haben uns bereits mehrmals geholfen, da ist alles gesagt. Bleiben sie uns einfach gut erhalten und sorgen sie dafür, dass Caroline mit ihrem Peter gesund zurückkommen.“

 

„Wo treiben sich die beiden denn jetzt schon wieder herum?“

 

„Eigentlich sind es die drei, diese Französin, Claire ist mit dabei und all das was sie jetzt noch wissen müssen, sagt ihnen jemand, den sie sicherlich noch gut kennen.“

 

Die Türe ging auf und Dagan kam in Begleitung von Viktor herein. In der Hand einen wunderschönen Blumenstrauß.

 

„Sie sollen doch nicht immer die ganzen Wälder plündern, nur weil da ein paar Deutsche liegen!“ Schimpfte die Professorin gespielt und ging durch die Türe hinaus.

 

„Na ihr beiden Helden, wenn ihr euch das nächste Mal als Ziel für Sprengfallen anbietet, dann sagt vorher Bescheid, dann schick ich euch was zum Anziehen, dann tuts nicht so lange weh.“

 

„Dagan und Viktor, ihr treibt euch immer noch hier herum?“

 

Viktor bat Frank sich hinzusetzen. „Frank das dauert länger, wenn Dagan anfängt zu erzählen. Bitteschön Dagan, alter Freund.“

 

Und Dagan brachte Frank und Jessika auf den neusten Stand.

 

**

 

Makira, die neue Piratenzentrale

Achtzehn Monate vorher

„Quartiermeister zu mir!“ Brüllte der oberste Pirat in die Runde und ein grober Muskelberg drehte sich um „Ja Sir?“

Die Unterkünfte für die Stammbesatzungen kommen dorthin, habe ich gesagt und nicht an den Strand, verdammt nochmal. Dort hat man keinerlei Deckung. Außerdem arbeiten die Sklaven zu langsam. Macht denen Dampf und gebt ihnen die Peitsche, wenn da ein paar bei draufgehen ist mir das egal, aber ich will diese Zentrale fertig haben, bevor diese geile Schlampe wieder alles an sich ziehen will.“

„Aye das machen wir, ich treibe sie bis sie niederbrechen. Wie viele willst du zurückgeben von den nichtsnutzigen Sklaven?“

„Keinen Einzigen, die verheizen wir und wenn sie alle und kaputt sind, dann könnt ihr sie als Haifischfutter verstreuen. Mich interessieren tote Sklaven nicht, ich will Ergebnisse, egal wie viel Material dafür verschlissen wird.“

 

Innerhalb der nächsten neun Monate trieben die Piraten die Sklaven Handwerker mit unglaublicher Gewalt an und im Norden der Insel Makira entstanden nacheinander vier Gefangenen-Camps für jeweils knapp 600 Menschen, dazu das Hauptcamp für die Piraten und ein Piraten-Camp für die Soldatentruppe der Piraten. Hier hatten noch einmal gut 300 Piraten Platz.

 

Nachdem die Lager gebaut waren gut 200 Sklaven „verschlissen“ waren und als Fischfutter bei den Haien gelandet waren, ging man an die Errichtung der „Capital“. Das sollte dann einmal die neue Zentrale der Piraten werden. Alleine dafür wurden weitere sechs Monate gebraucht.

 

Gespannt warteten die Piraten auf den Mann, der jetzt alles abnehmen sollte. Kein geringerer als Theobald, der Stecher, Vogel kam mit einem Hubschrauber angeflogen. Er stieg mit drei seiner Schergen aus.

 

Obwohl sie in der Zeit lagen, änderte sich auf einmal alles. Theobald, der Stecher, Vogel hatte die neue Insel und den Radarposten besucht und gnadenlos alles und jeden umgebracht, der nicht seinen Anweisungen nachkam. Die Blutspur, die der Stecher hinterließ, war sehr breit. Dafür war er erfolgreich. Keiner widersprach ihm und jeder konnte sich lediglich einen Fehler erlauben, wenn überhaupt.

 

Die letzten Wochen und Monate gingen dann für die Vollendung der riesigen Anlage drauf. Die Verlegung der Signalleitungen, Aufbau der Verteidigungsstellungen und nicht zuletzt die Abstimmung mit der Radarstation auf der Nachbarinsel dauerten länger als gedacht.

 

Endlich war es Zeit für die „End-Abnahme“ der Einrichtungen. Von den Sklaven waren nur noch einhundert übrig und die waren am Ende ihrer Kräfte.

 

Nachdem der Stecher alles abgenommen hatte, mussten die übrigen Sklaven am nördlichen Steilufer antreten und in Dreierreihen stehenbleiben, bis der Stecher kam. Aber anstatt sie zu loben, kam der Stecher mit drei seiner Schergen und sie nahmen Maschinenpistolen und schossen die Einhundert Sklaven vom Steilufer hinunter in die tosende See.

 

Jene, die bereits erschossen auf den Felsen aufschlugen, bekamen nicht mehr mit, wie ihre Körper zerplatzten. Die anderen, mit weniger Glück, schlugen hart auf und wurden danach ein Raub der Wellen. Es blieben keine Reste zurück. Das Steilufer mit dem Namen Skull Island hatte seinem Namen alle Ehre gemacht.

 

**

 

Theobald, der Stecher, Vogel saß am Kopfende eines Tisches und hinter ihm zwei seiner Leibwächter. Seitlich neben ihm die Kommandoführer der anderen Inseln, die ihre Lager entweder schon geräumt hatten, oder wie im Fall von Helena van Deubth gerade dabei waren.

 

„Bis Monatsende sind alle anderen, ich wiederhole ALLE anderen Lager aufgelöst und hierher verlegt. Helena, du bist die langsamste, du verzögerst das Unternehmen. Das ist nicht gut. Halt dich ran, oder trage die Konsequenzen.“

 

„Leon hat den alten Zeitplan auch nicht einhalten müssen.“

„Er hat den neuen Plan aber eingehalten. Versuch keine Spielchen mit mir.“

 

„Ja, ich werde fertig sein. Ganz sicher. Meine Leute sind schon länger dran und brauchen noch vier Stunden zum Abschluss.“

 

**

 

Vor den Inseln Malaupaina, Malaulalo und Aliite

in 110 Meter Wassertiefe

„Kapitän zum Sonar, wir haben Kontakt!“ Rief der Sonaroffizier des Todesschatten und Kapitän Tamar kam auf die Station.

 

„Was haben wir denn Schönes gefunden?“

 

„Wir lassen gerade einen Krebsscan laufen. Das dauert noch drei Minuten Kapitän.“

 

Beredin, sein erster Offizier nahm Tamar zur Seite. „Die fertigen Daten kann ich ihnen schon mal zeigen, das ist hochinteressant.“

 

Die beiden nahmen am Lagetisch Platz. Hier konnte das Bild auf dem großen Tisch eingespielt werden.

 

„Beredin, was genau ist dieser Krebsscan nochmal?“

„Im Grunde ein normaler Abtastvorgang, aber ohne die störenden lauten Sonargeräusche, da wir ja die Abstände zum Ziel grob kennen, deswegen können wir deutlich leiser aber durchgehend abtasten, eben wie ein Krebs mit seinen Tastern.“

„Wer hat sich denn das wieder einfallen lassen? “

„Natürlich die Deutschen, wer kommt sonst noch auf solche Dinge.“

 

„OK die Abtastung ist fertig, hier sehen sie, die haben hier drei Unterwasser Stationen mit Abschlussbehältnissen. Das sieht aus wie Torpedobehälter.“

 

„Damit bestreichen sie den gesamten Schiffsweg und pusten alles aus dem Wasser, was denen nicht gefällt und von oben auf der Nachbarinsel hat das Radar alles im Blick. Das nenne ich sehr gut gelöst.“

 

„OK macht die Seehunde fertig, ich will Aufnahmen von der Gegend, die Abschussbehältnissen da und ich vermute, dass die hier sogar eine richtige Unterwasserwasser Station haben.“

 

Zehn Minuten später verließen zwei Unterwasserroboter vom Typ P-176 Seehund den Todesschatten. Die Seehunde waren im Grunde kurze Torpedos, um beweglicher zu sein. Sie hatten Sensoren an Bord zur Aufzeichnung im Infrarot- und Schwarzlichtbereich und konnten sehr nahe an die Ziele herangehen und mittels Mikrowellen arbeiten. Gesteuert wurden die Seehunde über je eine Glasfaser.

 

Da die Seehunde sobald sie näher ans das Ziel kamen, langsamer wurden, waren sie auch deutlich leiser und kaum zu orten.

 

Weitere drei Stunden später erfolgte die Besprechung. Basis waren die Aufnahmen der beiden Seehunde und die Bilder, die die Maschinen lieferten, sahen aus, als wenn Hollywood eine Unterwasserlandschaft gebaut hätte. Gestochen scharfe und erstklassige Bilder, von denen man die Abmessungen der Behälter errechnen konnte.

 

Am interessantesten aber war die Fensterreihe, die im Feld angebracht war. Tatsächlich hatten die Piraten dort unten eine bemannte Station und genauso tatsächlich zeigten die Aufnahmen, dass die Mannschaft betrunken in den Betten lag. Piraten blieben eben doch Piraten und sie liebten ihren Rum.

 

„Sehr schön, auf Seerohr-tiefe gehen, das melden wir und dann verminen wir hier unten alles. Wenn wir fertig sind, muss das wie eine präzise Operation ablaufen. Ein Versagen ist nicht vorgesehen!“

 

**

 

Soulebda Zentralkrankenhaus

Frank Brauer lag im Operationstank und bewegte sich gleichmäßig. Die Messgeräte zeichneten jede seiner Regungen auf. Neben der Anästhesistin, waren auch die beiden behandeln Ärzte versammelt. Prof. Dr. Drung’tahis und Dr. Dr. Tahis’drung. Im Wasserbad stand noch eine weitere Person mit Mundschutz. Madame Nu’menta, die beste Schamanin mit Knochenkenntnissen. Ihre Augen waren seltsam wach und sie hatte ihre Instrumente auf einem Schwimmtablett bereitliegen.

Die Frau mit den wachen Augen sah die beiden Ärzte an und stellte fest: „Wenn wir fertig sind, muss das wie eine präzise Operation ablaufen. Ein Versagen ist nicht vorgesehen!“

 

„Der Splitter ist von vorne in den Knochen eingedrungen und hat sich nach hier festgesetzt. Von da aus reizt er den Cellum femoris, den Oberschenkelhals.“ Madame Nu’menta hielt einen mobilen Sensor auf die Stelle und durchleuchtete Gewebe und Knochen. Auf den beiden an der Wand befindlichen Monitoren zeigte sich ein dunkler Gegenstand.

„Das ist der Splitter. Ein bisschen tiefer und der Knochen wäre unheilbar verloren gewesen, etwas weniger und man hätte den Splitter erst erkannt, nachdem alles vergiftet wäre. Im Knochen bleiben kann er nicht, da er ausgiftet. Sind alle an ihren Plätzen?“

 

„Ja Madame Nu’menta, wir sind bereit diesen Mann hier zu retten.“

 

„Gut lasset uns beginnen, ich muss den Knochen in die passenden Schwingungen versetzen, damit der Splitter nicht alles zerstört.“

Mit ihren Händen drückte sie etwas, das wie ein Stein aussah auf die Stelle und sie schloss ihre Augen. Schweiß trat ihr allmählich auf die Stirn und eine Schwester tupfte ab. Im Wasserbad sah man seltsame kleine Wellen, die sich ringförmig um Franks Becken ausbreiteten, die Wellen wurden kleiner und schwächer und schließlich gab es irgendwo eine Resonanzschwingung, denn in dem Becken hörte man einen leisen monotonen Ton.

 

„Es geht los, ich habe ihn. Ich löse ihn jetzt.“ Der Ton wurde intensiver und die Wellen wurden wieder etwas höher im Wasserbad.

Nach langen Minuten nickte Madame Nu’menta nur und flüsterte „Ich habe ihn gelöst, jetzt können wir ihn herausoperieren, das wird jetzt einfacher.“

 

**

 

Zwei Tage später erhielt Frank Besuch von den Ärzten. Sie zeigten ihm einige Aufnahmen, die den Splitter im Knochen zeigten und dann die drei Aufnahmen, die das Entfernen zeigten. Da wurde der Splitter wie von Geisterhand zurück in den Knochen gedrückt und dann endgültig entfernt.

 

„Wie fühlen sie sich?“ Fragte Prof. Dr. Drung’tahis und Frank schaute sie mit einem Lächeln an. „Die Schmerzen sind weg, mein Gelenk ist wieder schmerzfrei. Die Narben sind noch da und die blöden Blutegel sabbern da immer noch herum, aber ansonsten, geht es mir echt gut.“

 

„Wunderbar, darf ich zum Abschluss der Behandlung Madame Frau Dr. Nu’menta vorstellen, unsere beste Schamanin für Knochenarbeiten. Sie hat den Splitter aus dem Knochen entfernt.“

 

„Madame Nu’menta, ich bedanke mich und verneige mich vor ihrer Heilkunst. Die Ärzte hier sagte mir schon, dass unsere Ärzte in Europa hier aufgegeben hätten. Nochmals besten Dank.“

 

Madame Nu’menta lächelte Frank und Jessica an. „Danken sie Caroline. Sie hat während des Aufstandes meiner Schwester und ihren Kindern das Leben gerettet, als der Präsident am Vulkan sie mit der Machete erschlagen wollte. Ja genau, das war meine Schwester und ihre Caroline hat dies verhindert. Sie sehen, jede gute Tat wird eines Tages belohnt aber oftmals anders, als wir alle denken. Möge ihre Wunde ruhen und heilen, Mualebda hat ihnen geholfen.“

 

„Ich werde es ihr ausrichten, nochmals allerbesten Dank. Wann können wir beide jetzt nach Deutschland zurück?“

 

Madame Nu’menta lachte einmal laut auf. „Sie ungeduldiger, lieber Mann. Glauben sie wirklich, dass ihre Leute in Mainstadt ohne sie nicht zurechtkommen?“

 

„Wir sind schon recht lange hier und …“

„… und wir sollten daher schnellstens zurück, um die Leute dort zu nerven. Ja, ich habe verstanden. Wenn ich mich nicht irre, hat die Regentin ohnehin einen Flieger bereitgestellt?“

 

„Sie meinen, die Regentin wusste, dass ihre Operation erfolgreich war? Und hat einen Flieger bereitgestellt?“ Das nenne ich ein starkes Vertrauen in ihre Heilkunst.

 

Professor Drung’tahis lächelte kurz und sagte dann: „Die Regentin wusste, dass das gutgehen würde, aber bei dem Flieger mussten wir auf ein Ersatzteil warten, deswegen verzögert sich der Start unserer Diplomaten nach Europa, aber Morgen geht es für sie beide zurück nach Deutschland. Das hat die Regentin schon so eingerichtet.“

 

Frank und Jessika sahen sich beide freudestrahlend an und die Ärzte und Madame Nu’menta verabschiedeten sich. Kurz darauf betraten zwei Schwestern und ein Geheimdienstoffizier das Zimmer. Der Oberleutnant lächelte und meinte nur „Dann wollen wir einmal das Entlass Management anheizen. Es geht für Sie nach Hause. Europa ruft.“

 

**

 

 

 

Lungga, international Airport

Auf Lungga, am Honoria international Airport bahnte sich ein Problem an, dass keiner kommen sah. Es begann mit der Notlandung einer Boeing 777, die infolge Vogelschlags landen musste. Zu diesem Zeitpunkt war einer der Aufklärer, Harpyie 01, bereits im Landeanflug und noch 8 Kilometer von der Landebahn entfernt.

 

Was keiner sah, waren die Wirbelschleppen der riesigen Boeing 777, die über dem Flughafen wie ein Damoklesschwert hingen und nur auf ein Opfer zu warten schienen. Dieses Opfer war der kleine Aufklärer Grob G 520E Experimental aus Soulebda mit seinen schier riesigen Tragflächen.

 

Im Grunde war die Grob 520E mit ihren 33m Spannweite so breit wie eine Boeing 737, sie wog allerdings nur etwa 5 Tonnen, während eine 737 mit über 52 Tonnen gute zehnmal mehr wog. Die Folge war, dass die Grob viel empfindlicher auf die Wirbelschleppen reagierte und einfach nicht landen wollte. Es war, als wollte ein Segelflugzeug bei starken Winden landen, das konnte nicht gutgehen.

Die Grob G 520E Experimental setzte nicht richtig auf, hatte erhebliche Probleme beim Abbremsen und schließlich war die Landebahn zu Ende. Die ferngesteuerte Maschine hatte glücklicherweise auf der Landebahn 24 aufgesetzt, einer Landebahn mit einer besseren Wiese als Auslauf am Ende. Über diesen Auslauf rumpelte die Maschine. Dabei beschädigte der zierliche Aufklärer das Hauptfahrwerk und kam mit der Steuerbord Tragfläche auf der Wiese auf.

 

Bei der anschließenden Untersuchung stellten die Ingenieure Beschädigungen an Harpyie 01 fest, die diese Maschine für gut zwei Wochen aus dem Verkehr zog. So musste die zweite Aufklärungs-Maschine alle Flüge erledigen.

 

„Wir haben 50% der Flugzeit verloren, wir müssen Prioritäten setzen, was wichtig ist und was warten kann. Das Wichtigere wird zuerst abgeflogen, erst dann kommt das weniger wichtige dran!“, beschloss der Kommandoführer vor Ort und die Techniker machten sich über die beiden Maschinen her. Harpyie 01 kam in den hinteren Teil des Hangars und Harpyie 02 nach vorne, um startklar gemacht zu werden.

 

**

 

Die Insel Soulebda

Hauptquartier von G.I.P.S.Y.

 

 

Der Ausfall einer der beiden Aufklärer schlug bei G.I.P.S.Y. ein, wie eine Bombe. Hier hatten die Planer eine Masterkarte angelegt, welche Gebiete wann von welchem Aufklärer ausgekundschaftet werden sollten und nun das.

 

Viktor Kubaliborov war gar nicht gut aufgelegt, wusste er doch nur zu genau, wie wichtig Aufklärung war. Doch er konnte dem Piloten, der die Harpyie 01 gelandet hatte, keinen haltbaren Vorwurf machen.

„Die Manager haben an dem Flughafen keine Radaranlagen für Scherwinde oder Wirbelschleppen und die Notlandung der 777 hatten wir nicht eingeplant, das fällt einem bei Notlandungen generell schwer!“

„Und wenn sie die Sicherheitszeiten eingehalten hätten, wie lange hätten sie da noch warten müssen?“

„Wenn wir uns an die Vorschriften gehalten hätten, dann würde der Aufklärer noch eine halbe Stunde geflogen sein und hätte erst dann die Landung einleiten können.“

 

„Wo ist das Problem?“

 

„Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang. Dort unten wird es in 10 Minuten stockdunkel und eine Drohne dieser Größe sollten sie besser bei Licht landen, sie können die Abstände im Dunkeln nicht abschätzen, Sir“.

 

„Dobr’Jaum, sie haben Recht, das wäre einem Totalverlust nahe gekommen, so haben wir den Flieger in ein paar Tagen wieder im Rennen. Also, sie haben richtig entschieden, ich beiße ihnen nichts ab, aber bitte sehen sie zu, dass die Maschine zügig wieder fliegt.“

 

Dagan schaute Viktor von der Seite an, nachdem der Hauptmann gegangen war. „So handzahm habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen Viktor.“

 

„Soll ich dem Mann den Kopf abreißen, er hat gezaubert. Dass da so wenig geschehen ist, grenzt fast schon an ein Wunder. Wenn ich mich an meine Zeit erinnere, da hatten wir den Amerikanern einen Aufklärer abgeluchst und hätten den fast zu Klump geflogen, weil die Landung kaum machbar war, ich weiß also nur zu gut, was unser Mann da unten durchgemacht hat.“

 

„Ja, ok. Lass uns besser überlegen, welche Bereiche wir erst später überfliegen werden.“

 

Zusammen beratschlagten die beiden mit einigen Erkundungs-Offizieren, was in der Prioritätenliste wandern sollte. Darunter war auch der Westteil der Insel Makira. Der Ost- und Südteil, sowie der Norden versprachen deutlich bessere Ziele und so wanderte der Westen auf die Warteliste.

 

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Der Tag der Entlassung war endlich da. Jessica und Frank hatten sich von dem Moment an erholt und 150% Kraft geschöpft, als es hieß, es geht nach Hause.

 

Am Zentralflughafen von Soulebda hatte man den großen Shelter für Regierungsflugzeuge aufgeräumt und sogar die Regentin hatte Zeit gefunden, sich kurz von den beiden Gästen zu verabschieden.

 

„Jessika und Frank, ihr wart unsere Gäste und ihr könnt endlich geheilt und vollständig genesen in eure Heimat aufbrechen. Ich wünsche euch eine gute Heimreise, ihr werden von zwei meiner Diplomaten begleitet.“

 

„Eurocontrol hat dem Flieger einen Slot zugeteilt, der direkt nach Mainstadt führt. Sonst wäre Frankfurt euer Ziel gewesen.“, erklärte der begleitende Geheimdienstoffizier und verwies auf zwei ihnen entgegenkommende Herren.

„Die beiden wollen sich noch verabschieden, ich wünsche einen guten Flug und mögen wir uns in sicheren Zeiten sehen, so Mualebda es will.“

 

Die beiden Männer hatten noch eine Weile mit den Diplomaten gesprochen, die Fransiska und Frank begleiten würden, dann kamen sie. Die Regentin fuhr bereits wieder zum nächsten Termin und winkte aus dem Auto freundlich zu.

 

„Viktor und Dagan, das ist schön, dass ihr uns verabschieden kommt.“ Lachte Frank die beiden Männer an. Dagan machte es sehr kurz, denn sein Telefon rief zu einem wichtigen Termin, so blieb Viktor Kubaliborov noch eine Weile stehen und man unterhielt sich über das, was war und das, was kommen würde.

 

„Dagan hat noch ein Wunder zu leisten, eines unserer Aufklärungsflugzeuge aus Deutschland ist beschädigt und muss am Boden bleiben, jetzt knobelt er mit dem Team die neue Prioritätenliste für die Kontrollflüge aus. Wer hätte auch gedacht, dass wir einmal Jagd auf Piraten und Menschenhändler machen müssen.“

 

„Ja, das hätten wir uns wohl alle nicht gedacht. Ich bin gespannt, was sich bei uns in Mainstadt alles getan hat.“

 

„Deine Leute haben das gut geregelt, wie man mir sagte. In ein paar Wochen komme ich nach, ich habe da noch etwas in Berlin zu regeln. Jetzt aber los, die Diplomaten sind bereits eingestiegen und die Triebwerke fahren gerade hoch, also habt einen guten Flug und lasst euch nicht abschießen, heute rechne ich mit allem!“

 

„Eine Frage noch Viktor, was sind das für komische Radoms an der Maschine, so etwas kenne ich nur von elektromagnetischen Störern?“

 

„Nun der Stingray hat ein, zwei Extras eingebaut, der fliegt ja auch keine einfachen Urlauber, sondern euch und meine Diplomaten. Jetzt auf und guten Flug, meldet euch, wenn es passt, und grüßt mir Randy und Dana, die haben noch etwas gut bei mir.“

 

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Der lange Flug einmal um die halbe Welt dauerte bereits Stunden. Glücklicherweise musste Maschine nur einmal in Goa zwischenlanden und flog dann direkt weiter.

 

Mit den beiden Diplomaten unterhielten sie sich Jessica und Frank blendend, als der Copilot sich über Lautsprecher dazu schaltete.

 

„Werte Fluggäste, wir überqueren gerade Italien. Auf der Backbordseite können sie die Küstenlinie sehen. Wir werden in 90 Minuten in Mainstadt landen, genießen sie den restlichen Flug.“

 

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Flugplatz Udine-Campoformido

In einem der kleineren Shelter auf dem ehemaligen Militärflughafen Flugplatz Udine-Campoformido wurden ein älterer Learjet startklar gemacht. Die Maschine sah verbraucht aus und einem geübten Beobachter wäre sicherlich aufgefallen, dass unter jeder Tragfläche eine Rakete hing.

 

Der Pilot hob seine Hand zum Gruß und einige Techniker lösten die letzten Kabel und Schläuche von der alten Maschine.

Die beiden Turbinen liefen an und schließlich rollte die kleine Maschine zur Startbahn.

 

Da auf Udine-Campoformido seit Jahren nur noch ziviler Flugverkehr stattfand, gab es auch kein Militär, das den Start noch verhindert hätte. Der einzige Fluglotse lag mit einem blutenden Loch in der Stirn neben der Flutleitkonsole.

 

Ein einsames gelbes Telefon schrillte, aber der Mann im edlen Zwirn und der rauchenden Pistole sprach ganz ruhig in sein Funkgerät.

 

„Alles frei guten Flug!“

 

Der Learjet beschleunigte und hob schließlich in den diesigen Himmel ab, drehte hinaus auf das Meer und flog dann gen Süden. Das Ziel war klar, eine Maschine die gerade aus Soulebda kam.

 

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An Bord der Diplomatenmaschine schrillten die Alarmglocken und der Pilot rief durch das Interkom: „Wir haben eine Gefahrensituation, bitte alle sofort hinsetzen und sich anschnallen. Ziehen sie die Gurte straff an, das ist keine Übung!“

 

Während Frank bei Fransiska prüfte ob der Gurt festsaß, hatten sich die Diplomaten bereits angeschnallt. Einen Moment später zog die Maschine seitlich weg und die ersten Broschüren flogen durch die Maschine.

 

Vorne in der Maschine zeigte der Pilot, dass er in der Luftwaffe sein Handwerk gelernt hatte und forderte von der schnittigen Maschine alles ab. Dass im Passagierraum einige Magazine und Hefte umherflogen, war unwichtig, hier ging es gerade um das Überleben.

 

Draußen zog der Learjet vorbei und die zwei Passagiermaschinen versuchten sich gegenseitig auszutricksen. Währenddessen funkte der Co-Pilot die Leitstelle an und berichtete von dem Angriff und auch, dass sie zwei Diplomaten an Bord hatten.

 

Wenig später meldete sich eine starke Stimme im Funk und stellte sich als Militär vor.

 

„Soulebda 234, hier spricht Oberst Fittipaldi von der Italienischen Luftwaffe, wir haben die unbekannte Maschine auf dem Radar und verfolgen sie. Die Abfangjäger sind bereits in der Luft und fliegen mit Überschall auf sie zu. In zwei Minuten 30 werden sie eintreffen. Können sie solange aushalten und womöglich über dem Meer bleiben?“

 

Jetzt schaltete sich der Pilot dazu. „Oberst Fittipaldi, hier spricht Colonel Morat’luf von der Airforce Soulebda. Ich versuche dem Angreifer das Leben so schwer zu machen, wie ich kann. Seine Maschine ist aber kleiner und weniger, Kommen.“

 

Noch während sie sprachen, schrillten an Bord der Diplomatenmaschine die Warnsirenen und ein Warnsignal zeigte, dass sie gerade angepeilt wurden.

 

„Oh Mualebda, steh uns bei!“ Rief der Co-Pilot, als der Kapitän die Maschine in einen steilen Sturzflug brachte. „Gegenmaßnahmen!“ Sagte er zu seinem Co-Piloten und dieser drückte auf einigen Schaltern herum.

 

Nach einem Moment zog der Kapitän die Maschine wieder hoch und er versuchte dabei, die G-Kräfte beherrschbar zu halten. Aus dem jaulenden Pfeifton wurde ein schriller Ton, der den Abschuss der Rakete ankündigte. Im gleichen Moment zog der Kapitän seine Maschine seitlich weg und man sah aus dem Seitenfenster einige helle Magnesiumfackeln wie sie leuchtend wie kleine Sterne in den blauen Himmel flogen. Einen Moment später hing ein kleiner Feuerpilz in der Luft. Die erste Rakete war explodiert.

 

„Oberst Fittipaldi, der Angreifer setzt Infrarot Raketen ein, wir brauchen ihre Hilfe.“

 

„Colonel Morat’luf“, kam es zurück, die Alarmrotte ist da, drehen sie nach 040 ab, wir übernehmen jetzt!“

 

Erneut schlug die Diplomatenmaschine einen Haken und aus der Sonne kamen zwei schnelle Eurofighter angerast und einen Moment später stand ein weiterer Feuerpilz in der Luft. Rauchend und brennend stürzte ein brennender Learjet hinunter auf das Meer zu.

 

Die beiden Jäger setzten sich seitlich neben die Diplomatenmaschine und zusammen flogen sie in Formation bis an die italienische Grenze. Dort verabschiedeten sich die Abfangjäger und drehten ab.

 

Eine F/A-18C der Schweizer Luftwaffe begleitete die Maschine nun bis über den Bodensee und übergab die Maschine an die Eurofighter der Luftwaffe.

 

Der Pilot der Diplomatenmaschine bedankte sich bei allen Parteien für die Hilfe und Unterstützung. Endlich kam der Flughafen von Mainstadt in Sicht und die Maschine setzte weich auf. Geleitet von dem Follow-Me-Car wurde die Maschine zum Terminal geleitet.

 

Bei der Verabschiedung grinste der Pilot Jessica an „Ich hoffe, sie konnten ihren Drink noch genießen, das war ein 12 Jahre alter schottischer Scotch.“

 

Mit ihrem entwaffnenden Augenaufschlag lächelte sie den Piloten an und nickte. „Oh ja, es wäre schade um den guten Tropfen gewesen. Danke, sie beide haben uns das Leben gerettet.“

 

„Hey, das ist eigentlich mein Spruch!“, grinste Frank und alle mussten sie lachen. Man verabschiedete sich von den beiden Diplomaten, die noch weiterfliegen würden und schließlich verließen die beiden die Maschine, die ihnen gerade das Leben gerettet hatte. Frank tätschelte beim Verlassen auf die Außenhaut und murmelte ein „Braves Mädchen!“.

 

Im Terminal wurden die beiden von Decker, Johann und Dana begrüßt. Dana stürzte Frank fast um den Hals, bremste sich aber gerade noch.

 

„Seid ihr das Empfangskomitee für uns?“

Decker murmelte sein „Ja, Randy ist noch am Arbeiten, er ist auf etwas Interessantes gestoßen, glaube ich, aber das sollen die euch morgen erzählen. Wir bringen euch beide jetzt erst einmal nach Hause. Natürlich haben wir Personenschutz für euch angefordert. Wie war der Flug und woher hast du diese Beule?“

 

Erst jetzt realisierte Frank, dass er an der Stirn eine kleine Beule hatte und lächelte. „Der Flug war besser als damals im Iran, aber man wollte uns töten. Vielleicht uns, vielleicht unsere Begleiter, zwei Diplomaten aus Soulebda.“

 

„Euch kann man auch nicht einen Moment alleine lassen. Entweder zerlegt ihr unser Gefängnis, oder ihr spielt mit bösen Buben Hasch-Misch!“

 

„Ja, was hat sich denn bei euch so getan?“

 

„Ich sagte MORGEN – heute ist noch Ruhetag. Morgen kannst du deine Fragen stellen, daheim wartet deine Frau auf dich und auf dich,“ dabei lächelte Decker Jessica freundlich an, „auf dich wartet ein ungeduldiger Liebhaber, glaube ich.“

 

Lächelnd fuhren sie los, gefolgt vom Dienstwagen der Personenschützer. Sie waren wieder daheim. Daheim in Deutschland.

 

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Planungen

Makira

Sam Whitinghouse sah sich die Pläne an, welche vor ihm lagen und die Leon Baldwerde ihm überreicht hatte.

Sam war nach einer längeren Odyssee, die ihn von Deutschland, quer durch Europa, Südamerika und Australien geführt hatte, schließlich in der Südsee angekommen und hatte sich bei dem Stecher zurückgemeldet.

 

Seine Flucht glich schon einem kleinen Wunder, denn bei zehn Millionen Euro Kopfgeld wurden einige „Freunde“ des Stechers schwach und Sam konnte zweimal nur mit viel Glück einer Festnahme entgehen.

 

Vogel bedankte sich bei denen, die Sam an die Behörden verkaufen wollten, auf seine bekannte Art und schickte ihnen mehrere Killer auf den Hals. So tobte ein kurzer aber heftiger Krieg in der Unterwelt den Vogel klar für sich entscheiden konnte und der einige Unterweltgrößen, die mit der Belohnung liebäugelten, schnell wieder „auf Kurs“ brachte.

 

Nun war Vogel froh, endlich wieder einen ausgebildeten Militär an seiner Seite, hier in der Südsee zu haben.

 

Leon und Helena arbeiteten zwar fleißig, wenn auch nur deswegen um den jeweils anderen auszustechen, doch sie waren schlichtweg Zivilisten, die keine Ahnung hatten, wo welche Waffen am besten zum Einsatz kommen mussten, um das beste Ergebnis zu erzielen.

Nachdem der Stecher Sam das Kommando über Makira übertragen hatte und nach Manado zurückgekehrt war, begann Whitinghouse sofort, die offensichtlichen Schwachstellen in der Verteidigung zu beseitigen. Seine erste Maßnahme bestand darin, sich aus den Warenbeständen weitere Waffen zu besorgen.

 

Leon legte bei Kajat Protest ein, mit der Begründung, dass die Waffen bestellte Waren darstellten, doch Kajat entschied zu Whitinghouses Gunsten. Nachdem was auf Tetepare geschehen war, hatte ihm Vogel klar gemacht, dass es nur einen Sieger in der Südsee geben konnte…

Er, Kajat, oder Heylah ai Youhaahb, die Regentin Soulebdas!

Kajat und Vogel hielten es für besser ein paar Termingeschäfte mit Waffen platzen zu lassen und die Auftraggeber dafür finanziell großzügig zu entschädigen, dafür aber die militärische Überlegenheit zu behalten, denn Tetepare oder Mota durfte sich nicht wiederholen, das hatte ihnen der Financier klar gemacht!

 

 

 

 

Das neue Piratenlager

 

Die Aufteilung und Verteidigung des neuen Lagers

Die zweite Maßnahme bestand darin, sich „richtiges“ Personal zu besorgen, das diese Waffe auch bedienen konnte. Weder Whitinghouse noch Vogel machten sich große Illusionen, was die Kampfkraft der Piraten anging. Zugegeben, es gab auch einige gute Kämpfer unter ihnen, doch die meisten waren schlichtweg einfache Verbrecher, keine Soldaten.

 

„Wo sind die Beobachtungsposten?“ wollte Sam von Leon wissen.

„Welche Beobachtungsposten?“

„Posten, die mit Ferngläsern Ausschau halten.“

„Wir haben hier eine der modernsten Radaranlagen der Welt! Von der nördlichen Insel aus, können wir den Luftraum auf 500 Seemeilen und den Schiffsverkehr auf 270 Seemeilen wei