Man sieht sich immer zweimal im Leben- Teil 2

Teil 2 des Zweiteilers

Ein weiterer Roman aus der Reihe um Caroline Miles, Peter Stein
und ihre Freunde Frank Brauer und Wolfgang Decker.

von Beate Fischer und Stefan Bickelmann

 

Einige Personen aus der Geschichte.

Peter Stein und Caroline Miles, Helden der Geschichte.
Frank Brauer Chef der beiden
Wolfgang Decker Chef der Wachmannschaft
Jessica Dafore Peters rechte und linke Hand
Benjamin Levi Verlobter von Jessica
General Lem Chef des Mossad
Monika Lehnert Franks rechte Hand
Heiner Mohrle Bundesnachrichtendienst
Dagan Mayr GIPSY
Viktor Kubaliborov GIPSY
Maja Marunja vormals Fuchs
Boris Marunja klug und clever
Finja Marunja die Tochter von Maja und Boris, eine Agentin
Johannes, Bernd, Hannes Drei harte Jungs
Mike Smith Col. Ex CIA jetzt bei GIPSY
Dave Miller Col. Ex CIA jetzt bei GIPSY
Randy Kaufmann und Dana Stern Ein kluges Nerdpaar
Heylah ai Youhaahb Regentin des Matriachats Soulebda
Penelope ai Youhaahb Tochter des Präsidenten
Soleab n’Amsala Parlamentspräsident von Soulebda
Jerome n’Antakcket Kriegerführer auf Soulebda
Madame Ma‘Difgtma Erste Kriegerin und Kommandoführerin
Sarah und Vera ein Paar das an das Leben glaubt
Bernd Schubert Flieger As und Flieger Legende zugleich
Veronique Schubert Ehefrau und Verteidigungsministerin
Iduna Innamennajahivalsuduringabinaja Eine Kriegerin aus Indien
Col. Norman Kresser Wortgewandter Abenteurer
Fransiska Haufberger Starreporterin
Fabienne Stahl Gen. Lems rechte Hand
Major Clair Clament DGSE Franz. Auslandsgeheimdienst DGSE
Katharine Chevallier Franz. Auslandsgeheimdienst DGSE
Leutnant Maurice Calimore Surete
Kommisar Ives Flobert Surete
Iris Brauer Franks Frau
Marianne Decker Deckers Frau
Die Bösen
Dr. Darius Kajat Der neue Oberbösewicht
Theobald der Stecher Vogel Auftragskiller Oberbösewicht 2
Leon Baldwerde Planer und Strippenzieher
Lin Pin Tao Technik Guru
Dr. Magnus Berberich Auftraggeber und Chefplaner
Heinz Scherer Oberinspektor
Marion Perling Leibwächterin und Betthäschen von Ibrahim
Lena Vulgaris Auftragskillerin
Sam Whitinghouse Ex Seal und Sprengstoffexperte
Mersal Suluth Kommandant der Gefangenen Inseln
Druuhf, der Peiniger Oblath Kerkermeister und oberster Zuchtmeister
Helena van Deubth Die “Herrin” der Gefangenen Inseln

Vorwort

Der Stecher ist wieder da. Mit den gefährlichen Deponien auf Alofi taucht auch der Stecher, ein gewissenloser Killer wieder auf. Im Auftrag des Geldgebers der Deponien räumt er unter den Überlebenden weltweit auf, die noch Wissen von den gefährlichen Deponien haben. So bringt er auch Caroline und Peter in Lebensgefahr. Doch diesmal werden auch die Freunde der beiden bedroht, was zu einem großen Einsatz im Pazifik führt. Denn dort haben sich auch Menschenhändler und Piraten eingenistet und bedrohen den Frieden von Soulebda. Viele Menschen mussten bereits sterben, ehe unsere Helden die wahre Gefahr erkennen. In der Südsee verbreiten inzwischen Piraten Angst und Schrecken und haben sich mit Soulebda angelegt. Ein schwerer Fehler für die Piraten und so kommt es zu einem gewaltigen Kampf um Leben und Tod. Caroline und Peter müssen derweil auf eine Französin aufpassen und geraten so, wie so oft, in der vordersten Linie. Wie werden sich Caroline und Peter wehren, was unternimmt Soulebda, ist die ganze Lage überhaupt noch zu beherrschen, oder geht diesmal alles in einem riesigen Feuer unter. Denn, ob sie diesmal auch Erfolg haben ist mehr als fraglich.

**

… damals …

„Die Lunte brennt, gib Gas!“

Während der Jeep mit Dagan losfuhr und deutlich schneller wurde, schien der dickbäuchige Frachter in einer mächtigen Explosion zu vergehen. Trümmerstücke wurden im Hafengelände herumgeschleudert und ein Teil der Reling knallte neben Dagans Jeep.

Während sie immer weiter aus der Reichweite fuhren, wurde im Hafen einiges hektisch. Feuerwehren kamen an und die Löschboote fuhren herbei, um größere Schäden zu vermeiden.

„Die Idee mit der Funkzündung war genial. Dagan, die Waffen werden nicht mehr eingesetzt.“
„Ja, aber Theobald, der Stecher Vogel wird genau wissen, wem er das zu verdanken hat.“
„Mag sein“, sagte Frank Brauer, „aber jetzt ist erstmal Ruhe im Laden!“
„OK weiter geht’s, das reicht für heute, wir müssen die anderen suchen.“

„Theobald, der Stecher, Vogel wir sehen uns wieder.“
Ende von Teil 1

 

Beginn von Teil 2

Südfrankreich, Heute
In Südfrankreich liegt oberhalb von Monaco die malerische Funkstation der Arme de l’Air am Mont Agel. Ganz oben auf dem Plateau stehen einige Häuschen und Anlagen, ein großes Radom und viele Radar- und Richtantennen. Dazu finden sich Antennendrähte und kleinere Antennen. Am hinteren Bereich der Ringstraße des Stützpunktes stehen drei moderne Wohn-Container mit moderner Abhörelektronik. Davor steht ein rotes Renault Cabriolet, das offenbar einer Frau gehört.

In einem der geheimen Abhörräume saß Clair Clament, vom Franz. Auslandsgeheimdienst DGSE. Sie saß im Container Nummer zwei an ihren Funkgeräten und zeichnete seit Tagen Gespräche aus dem Hafenbereich von Monaco und aus Nizza auf.

Endlich war es ihr und ihrer Kollegin, Katherine Chevalier gelungen, die verschlüsselten Funksignale von drei Superyachten zu decodieren. Jetzt endlich am Ende der über zweijährigen Aktion waren sie der Auflösung der Verbrechen so nah.

Mit ihren Kolleginnen und Kollegen waren sie vor Jahren auf einen internationalen Schmugglerring gestoßen, die wirklich alles schmuggelten, was man als Ganove brauchte und für viel schmutziges Geld erhalten konnte.

Auf ihrem Handy summte es und die Kennung von Katherine Chevalier erschien. Sie stand an der gesicherten Türe und bat um Einlass. Clair öffnete Katherine und die beiden jungen Frauen begrüßten sich ausgiebig. Beide waren sie Mitte dreißig, sehr hübsch und wohlproportioniert, Katherine hatte rabenschwarzes schulterlanges Haar und Clair war ein wahrer Rauschgoldengel mit wasserstoffblonden Haaren.

„Kathy, ich glaube, diesmal haben wir sie wirklich, schau dir die Daten an, der Computer hat die ganze Nacht gerechnet.“
„Lass mal sehen Clair“ und Katherine sah sich die Daten an und staunte. „Genau das haben wir gebraucht. Das sind die Beweise, auf die wir seit Jahren warten, die sind wirklich da unten auf der „Raffit“ dieser 90 Meter Superyacht?“

„Exakt Kathy, außerhalb der drei Meilen Zone, damit man ja nichts machen kann. Und die Leute mit dem Geld kommen heute Abend vorbei, sie haben eine hellblaue Yacht mit der sie hier kreuzen, das ist die „Archangel“ der Name passt ja gar nicht zu dem Pott. Aber den haben sie wohl einem ihrer Auftraggeber anstatt einer Bezahlung weggenommen.“

„Clair, wir müssen das melden, wir brauchen heute Abend die volle Mannschaft und es muss geheim bleiben, das muss diesmal super geheim bleiben, Clair, das darf nicht wieder schief gehen, diesmal nicht.“

**

Kolumbien Drei Tage vorher
Im Südosten von Kolumbien, nahe der kleinen Stadt Ipiales befand sich auf über 2600 Meter eine malerische, auf einer Brücke stehende Wallfahrtskirche, mit Namen El Santuario de la Virgen del Rosario de las Lajas en Ipiales. Die Leute dort nannten sie aber nur „las Lajas“. Nordwestlich der malerischen kleinen Stadt lag der Verkehrsflughafen San Luis.

An diesem herrlichen Tag landete wie so oft die große Privatmaschine von „Don Aluego“. Natürlich war das nicht der richtige Name des Mannes, aber man traute sich nicht ihn mit „El Picador“ anzusprechen, so wie er früher einmal genannt wurde.

Woher der Name „El Picador“ kam, wusste keiner mehr. Zumindest lebte keiner mehr, der das erklären konnte. Da er aber über sehr viel Geld verfügte und bei seinen Festen immer sehr ausschweifende Verabschiedungen abhielt, nannten in bald alle „Don Aluego“.
Der edle „Don Aluego“ hatte allerdings Blut an seinen Händen und wenn er seine Fabriken aufsuchte und kontrollierte, dann kannte er kein Pardon. Fehler wurden hart bestraft und wer einen Fehler wiederholte, bekam keine dritte Möglichkeit, sondern verschwand einfach, erstochen von „El Picador“, wie ihn seine Leibwächter nannten.

In Europa und Asien kannte man den Mann unter seinem richtigen Namen:

Theobald Vogel, genannt der Stecher.
**

Don Aluego, der Stecher, kam von einer seiner Fernreisen zurück, die nächste würde bald folgen und seine Sekretärin hatte bereits die Hotelbuchungen bereitgelegt. Diesmal würde es nach Südfrankreich zu einem wichtigen Geschäftstermin gehen.

„Ist alles bereit für die Transaktion?“ Fauchte er seine beiden Handlanger an und sie bestätigten, dass alles in die Wege geleitet war.

„Die Yacht steht bereit und wir haben für die Überraschung gesorgt, diesmal wird es keine Gegenstimmen geben, Sir.“

„Ich dulde keinen Wettbewerb in meinen Gebieten, das soll denen ein für alle Mal klar gemacht werden, war das klar. Johannson, sind sie den Dingen nachgegangen?“
Ein großer hagerer Mann, mit ergrauten Haaren kam vor den schweren Eichentisch und bestätigte Don Aluego, dass alles bestens vorbereitet und er persönlich alles überprüft hatte.
„Gut ich will morgen früh um 03.30 starten und jetzt brauche ich meine Massage. Wo sind meine Mädchen?“

„Die haben bereits das Wasser eingelassen.“ Hauchte eines der Mädchen.
„Gut ich brauche meine Entspannung, bereitet alles vor, morgen legen wir los.“

**

Tel Aviv
General Lem stand an der großen weißen Leinwand und beriet sich mit zwei seiner Auswerter. Sie waren den Umweltsündern von Alofi auf den Spuren. Dort hatte Nguyen als Oberschurke eine Insel als künftige Mülldeponie auserkoren und riesige Tunnel graben lassen. In denen wären alle Gifte und Müllarten hineingekommen, die die reichen Staaten nicht selbst vernichten konnten, oder die ihnen zu teuer waren. Nguyen hatte den neuen Markt erkannt und war bereits dabei ihn zu erschließen. In einigen der Tunnel lagerten hochgefährliche Stoffe aus allen Teilen der Produktion. Darunter auch radioaktives Abfallmaterial, das für teuer Geld gereinigt und dann in die Entsorgung oder Endlagerung gehen sollte.
Es hatte Monate gedauert, bis das Team von Lem eine Liste mit allem gefundenen erstellt hatten. Dazu kam, dass einige Stollen so verschlossen lagen, dass sie sich fragten, ob man sie nicht doch besser ungeöffnet lassen sollte.

Nachdem die Bestandslisten erstellt waren, ging es daran, die Namen der Verantwortlichen herauszubekommen. Das war dann auch der Moment, wo sich Lem Rückendeckung holte.
Es kamen Namen zum Vorschein, die man öfter in den politischen Zirkeln las, darunter kleine und große Industrielle, dazu Politiker und diverse andere Leute, an die man nicht gedacht hatte.

Nun stand Lem vor der Leinwand und sie konstruierten eine Verbindung, die immer größer und vermutlich auch mächtiger wurde. Namen kamen hinzu, wurden eingeordnet und zugewiesen und nach und nach wurden die Linien, die die Verbindungen aufzeichneten immer mehr.
„Herr General, hier sehen wir eine deutliche Zunahme in Deutschland. Dieser Mann da, über den scheint doch sehr viel zu laufen.“

„Der Mann war früher bei Goldmann Dachs, wechselte zu UVW und dann zur bayerischen Edelschmide EMW. Mittlerweile sitzt er in Berlin in einer wichtigen Stelle, das ist ein gefährlicher Mann, General.“
„Und dieser Politiker hat sich 20 Jahre hochgedient und nun erkannt, dass man mit verbotenen Dingen schneller zu weit mehr Geld kommt als durch seine Beamtenpension. Dieser Mann ist gierig und zu allem bereit.“

„Gut, gemacht. Bleiben Sie dran, dann sehen wir uns in zwei Tagen wieder, meine Herren, ich danke Ihnen, machen Sie weiter.“

Lem setzte sich an seinen Schreibtisch und dachte nach. Immer und immer wieder ging er die Schritte durch, die zur Aufdeckung der Trafalgar Gruppe geführt hatte, und wie verstrickt, dies alles miteinander war. Immer und immer wieder liefen die Verbindungen zu dem Deutschen und Lem war sich sicher, dass er einen seiner Agenten in dessen Nähe platzieren musste. Außerdem gab es da noch zwei offene Punkte auf seiner Tafel, die noch nicht mit Personen besetzt waren.

Diese Leute, die auf Alofi ihren Müll illegal ablegten, scheffelten nicht nur Millionen, die sachgerechte Lagerung war ihnen völlig egal. Die Insel war am anderen Ende der Welt und was da geschah, das konnte ihnen in Deutschland egal sein.

Lem betrachtete seine Tafel und war sich sicher, da gab es noch viel zu tun.

**

Der Hafenbereich von Monaco
Noch am gleichen Abend traf das Einsatzteam Zebra ein, das waren die Spezialisten für hartgesottene Fälle und alles ausgewiesene Einzelkämpfer und Profis für alles Mögliche und vor allem für alles Unmögliche.

Das Team befand sich unter Wasser an Bord eines Atom-U-Bootes der Rubis-Klasse, die S 610 Diamant, die langsam getaucht näherkam.

Das Team stieg unter Wasser in zwei kleinste U-Boote um und fuhren damit leise und unsichtbar näher an den Strand und an die magische 3 Meilen Zone heran.
Hier hatten sich die besten Kräfte versammelt, um internationalen Waffenschiebern das Handwerk zu legen. In dieser Nacht sollte um 19:30 die Falle zuschlagen. Jetzt war es gerade 19:05 und da draußen kreuzte die „Archangel“ und stand über Funk mit drei Personen in Kontakt.

Ehe die nicht das OK geben würden, gäbe es kein Geld und die Waren würden auf der „Raffit“ bleiben. Um 19:35 drehte die „Archangel“ ein und fuhr auf die Luxus Yacht „Raffit“ zu, kam längsseits und mehrere Personen stiegen um auf die „Raffit“. Die „Archangel“ legte wieder ab und kreiste in weitem Bogen langsam um die Superyacht.

Die beiden kleinste U-Boote befanden sich da bereits schon längst unter der Yacht und blieben unsichtbar. Die Taucher waren ausgestiegen und bereit zuzuschlagen.
Neben den beiden Frauen stand Kommandant LeClerc, ein harter Hund der alten Garde, er hatte die Einsatzleitung übernommen und alles koordiniert. Seine Hand ging an das Sprechgerät.

„Hier Omega, Zuschlagen!“ Sagte er leise in das Mikrofon und schaute wieder durch das starke Fernglas, hinaus auf die See.

Das einzige was man durch die Optik sehen konnte, war, dass die „Archangel“ kurz das Tempo drosselte um dann weiterzufahren. Auf der „Raffit“ schien sich gar nichts zu tun, aber die drei Beobachter wussten genau, das täuschte. Einsatzteam Zebra war längst aus dem Wasser und an Bord.
In diesem Moment kam der junger Funker Villeneuve zu seinem Kommandanten gerannt und rief außer sich: „Chef, Chef, hier kommt ein verschlüsselter Funkspruch rein, der ist an die „Raffit“ gerichtet, wir können nur den ersten Teil entschlüsseln, er lautet „Sofortiger Abbruch!“ Chef?“

Der Kommandant griff erneut zu seinem Sprechgerät und in diesem Moment wurde die „Raffit“ in einen riesigen Feuerball gehüllt und verging darin. Trümmerstücke wurden hochgeschleudert und fielen brennend herab ins Wasser. Dann erst kam der laute Knall der Detonation und einige Scheiben klirrten.
Für die Zuschauer am Ufer sah es so aus, als würde da draußen ein riesiges Feuerwerk zu früh und in einem Stück hochgehen. Als sich der Feuerpilz gelegt hatte, war die „Raffit“ im Meer verschwunden und die „Archangel“ raste einsam hinaus auf die offene See.

**

Im Kommandostand der Franzosen
Kommandant LeClerc schrie außer sich wilde Flüche und forderte immer wieder eine Antwort vom U-Boot, aber der Funk blieb tot. Der junge Funker Villeneuve hielt seinem Kommandanten einen Zettel unter die Nase und dieser las ihn durch.

„Was soll ich damit anfangen, ein verschlüsselter Funkspruch und nicht zu knacken, seid ihr völlig von allen guten Geistern verlassen. Ich will, dass das Ding entschlüsselt wird. Es ist mir egal, ob das ein Schleitz Algorithmus ist, oder Schweiz oder sonst was von Algorithmus. Die sollen im Labor diesen Mist entschlüsseln. Der Dreck hat und eben eine Sondereinheit und drei Jahre Arbeit gekostet – verdammt nochmal!“

In diesem Moment kam die Meldung vom U-Boot. Es gab an Bord der „Raffit“ keine Überlebenden. Die Beweise waren verbrannt, genau wie das komplette Einsatzteam Zebra. Ein Dutzend Profis war in dieser Nacht ums Leben gekommen.

LeClerc sah in die erschütterten Gesichter der beiden Frauen. Er atmete einmal tief durch und kam langsam auf die beiden Mädchen zu. „Sie können abrücken, melden Sie sich Montag bei mir. Wie es aussieht, ist da etwas schief gegangen, aber so richtig schief.“ Er sah sich in dem Container um. Man konnte sehen, dass hier viel und lange gearbeitet wurde.
„Sie können nichts dafür meine Damen, bis Morgen im Büro.“ Damit drehte er um und ließ die beiden Frauen stehen.

„Claire, was meinte der Kommandant mit diesem Schleitz Algorithmus? Hast du davon schon einmal gehört?“
„Bisher nicht, aber ich weiß, wo und wie ich da etwas erfahre Kathy.“

**

Monaco
In einem abseits gelegenen, edlen alten Herrenhaus brannte noch Licht. Bewaffnete Männer liefen vor dem Haus Streife und kontrollierten. Im großen Saloon bewegten sich mehrere Menschen.
„Seid ihr auch wirklich sicher, dass da unten vor zwei Tagen alle verreckt sind?“ Fragte Don Aluego. „Schickt lieber ein Cleaner Team vorbei …“

„Das ist nicht nötig, die ganze Yacht ist in Millionen Stücke zerrissen. Die Konkurrenten hat es zerrissen.“

„Und die Ware, was ist mit meinem Kokain, ist das gesichert?“
„Das war auf der Begleityacht und ist in Sicherheit.“
„Gut, sonst noch was?“

„Ja, eine Abordnung des Geheimdienstes wollte die Aktion hopsnehmen, die sind mit einem ganzen Sonderteam auch mit hochgegangen und sind jetzt Fischfutter.“
„Gut so, weiter, wo waren wir stehen geblieben … Wie war das mit der Abhörstation vom Geheimdienst?“

„Da oben in dieser Abhörstation waren zu dem Zeitpunkt zwei Tussies vom Geheimdienst, die haben alle Funksprüche von uns und der Region aufgezeichnet.“
„Ja und, habt ihr sie liquidiert?“

„Eine der beiden haben wir bereits ausgeschaltet, die andere aber hat sich abgesetzt, wie es ausschaut, ist die in Deutschland.“

„Ja und, fliegt hin und macht sie alle, wenn sie etwas gegen uns vorbringen kann, muss sie weg.“
„Wir wissen, wo sie sich aufhält, aber das ist ein Hochsicherheitsbereich, genauer sie ist in einem Gefängnis abgestiegen und steht dort unter Schutz.“

„So, wenn’s kompliziert wird, muss ich wieder selber ran, wie. Zeigt mir, wo die sitzt und was das für ein Knast ist, dann bau ich das Team entsprechend auf.“ Zusammen mit den beiden Männern ging er an einen großen Monitor, der im Raum stand und auf dem ein Logo als Bildschirmschoner diente. Der eine Mann drückte ein paar Tasten am bereitliegenden Tablet und es erschien eine Übersicht von Mittel, bis Süddeutschland.

Schnell scrollte der Mann tiefer in die Karte hinein und eine Stadt erschien, Industriegebiete und Straßengebiete, und schließlich erschien das Viertel, in dem sich das Gefängnis befand.
„Also die Frau ist hier in diesem Bereich und …“

Theobald Vogel, alias Don Aluego, genannt der Stecher, hörte genau zu und entwickelte einen perfiden Plan.

**

Paris, Zentrale des DGSE
Am folgenden Morgen saß Claire sehr früh mit einem heißen Kaffee bei Claude, ihrem Bekannten aus der Nachrichtentechnik und sie berieten sich über diesen Schleitz Algorithmus.

Claude Barrier war ein tadelloser Ingenieur und ein genialer Hochfrequenzspezialist und weit mehr als nur ein guter Freund von Clair, sie verband eine gute ehrliche Freundschaft, aber es war noch niemals mehr geworden, was beide irgendwie bedauerten.
Claude hielt die heiße Kaffeetasse und trank genießerisch den extrem süßen Kaffee, den Claire ihm gebracht hatte.

„Claire, den „von Schleitz-Algorithmus“ hat vor knapp anderthalb Jahren ein Team von Deutschen erstmals entschlüsselt, ich glaube die haben ihn sogar ganz entschlüsselt und das Ding gilt bis heute als extrem gut. Warte, ich habe hier die Daten von meinem Kontakt.

Ja, das ist er, das hier ist Randy Tausendvolt! Wir nannten ihn immer so, sein Verstand stand immer unter Strom und der Mann ist ein absolutes Genie. Ich weiß bis heute nicht, weshalb der nicht mehr aus sich gemacht hat.“

„Wie meinst du das Claude?“ „Na Randy arbeitet bis heute in irgendeinem deutschen Gefängnis und repariert alte Funkgeräte, soviel ich weiß, ich habe seit einem halben Jahr nichts mehr von ihm gehört. Auf dem letzten Entwicklertreffen war er aber zumindest in Begleitung einer hübschen Frau.“
„Dann ist dieser Nerd offenbar doch einigermaßen normal und nicht so durchgedreht wie all diese anderen Nerds, die sich lieber Binärgeschichten erzählen, als mit einem Mädchen ins Bett gehen.“ Dabei sah Clair Claude mit fordernden Augen an.

Claude bemerkte es durchaus, aber er hatte Angst, dass die super Freundschaft durch eine Beziehung, die beim GDSE nie lange hielten, zerstört würde und wechselte das Thema.
„Anscheinend, schau, hier in der Stadt arbeitet er, da im Süden ist dieses Gefängnis. Der Randy ist wirklich sehr gut und war immer ehrlich, vermasselt das nicht. Randy ist ein sehr guter Freund von mir.“

„Ja, ist ja gut, wir versenken hier keine Rainbow Warrior, ich will den Typen nur was fragen.“ Claire schaute auf die Adresse und suchte die Stadt auf der Karte. „Naja das ist zwar nicht Berlin oder München, aber immerhin haben die eine Landemöglichkeit und einen ICE Anschluss.“

„Wenn du willst, ich kann dir eine Übernachtungsmöglichkeit bei einer Cousine von mir besorgen, ihr würdet bestimmt gut auskommen, sie ist bei einer Zeitung und wohnt in einer wunderschönen Wohnung ganz nahe am Park. Der Park ist echt schön und lohnt sich auf jeden Fall. Na was ist, soll ich?“

„Es würde vieles einfacher machen, du weißt, ich hinterlasse ungern Spuren.“
„Jaja und wenn es wichtig ist, dann noch weniger. Ich gebe dir nachher die Daten per Mail. Wolltest du nicht um halb neun zu deinem Chef?“

Schon hatte Claire Claude einen zarten Kuss auf die Wange gedrückt und flüsterte ein sanftes „Dankeschön …“, da war Claire auch bereits aus dem Zimmer verschwunden.
Claude schaute auf das Bild, das seine Abschlussklasse zeigte. Randy war wie immer bei den Mädchen zu finden und er selbst stand bei den anderen Nerds, aber es freute ihn, dass sie es alle geschafft hatten, zumindest bis auf Randy, denn er reparierte ja nur alte Funkgeräte …

**

Paris
„Major Clament, Sie hatten diese Aktion lange geplant und zusammen mit Ihrer Kollegen, Leutnant Chevalier die Aufgabe, die Basis für die Verhaftung zu legen. Verdammt Major, was ist diesmal schiefgegangen?“

Kommandant Paul LeClerc stand mit hochrotem Kopf vor den Anwesenden Personen und ließ so richtig Dampf ab. Die Sicherungsgruppe, die rechtzeitig zugreifen sollte, wurde genau wie die beiden Mädchen, Clair und Katherine, angeschissen. Dann kamen die Funker und Auswerter dran, sie hatten diesen Algorithmus zu spät erkannt und nicht entschlüsselt. Der Kommandant kannte kein Erbarmen.
Am Ende beschwor er die Mannschaft endlich diesen Algorithmus zu entschlüsseln und beauftragte Claire damit. Die anderen wurden neuen Aufgaben zugeteilt, nur Katherine wurde verschont, sie würde weiterhin mit Claire zusammenarbeiten dürfen.

„Claire, Sie bleiben noch, alle anderen, an die Arbeit.“ Binnen einer Minute war der Saal geräumt und nur der Kommandant und Claire standen sich noch gegenüber.
„Verdammt Claire, wir müssen wissen, wer da im Hintergrund die Fäden zieht. Aber solange dieser von Schleitz uns dazwischen pfuscht, sehe ich schwarz.“

„Monsieur Kommandant, ich habe eine klare Spur, aber sie führt mich nach Deutschland und ich weiß nicht, wie umfangreich diese Arbeit wird, es könnte etwas dauern.“
„Claire, Ihr beide seid die Besten in meiner Abteilung, wenn Sie einen Monat brauchen, dann ist es ebenso, ich zeichne keine Monatsprotokolle ab, ich will Lösungen. Also, wann geht es los?“
„Die Koffer sind schon gepackt, Kommandant.“
„Na dann gute Reise, und jetzt raus Claire, passen Sie auf sich auf.“

**

Mainstadt, In Randys Werkstatt
Randy schaute auf das Display und sah sein Gesicht, das etwas verwackelt war und auf dem Kopf stand. Offenbar befand sich da eine Kamera an der Decke. Da drehte sich das Bild in der Kamera und Randy hielt eine kleine Pik-As Spielkatze in die Luft. Mit einem leisen Surren landete eine fette Fliege auf der Karte und schaute Randy an. Auf dem Display sah man Randys Gesicht in sehr großer Auflösung. Das Bild war ein superscharfes 2K Bild und zeigte Randys zerzauste Frisur.

„Brav Theresa, das reicht für heute.“, grinste Randy und schob die Karte mit der fetten Fliege in einen Ladeschacht an seinem Rechner. Das Bild auf seinem Display änderte sich und es wurden einige Verzeichnisse und Tortengrafiken sichtbar.

Die vermeintliche Fliege wurde gerade neu aufgeladen und erhielt ein Update.

Währenddessen schrieb Randy eine Mail und notierte darin: … Problem mit der Fluglageregulierung gelöst. GPS Sensor aktualisiert und Flugzeit um 31% gesteigert, wünsche frohes Schaffen. Grüße RK.
Die Mail schob Randy auf ein Symbol mit einem siebenflammigen Kandelaber und anscheinend löste sich die Mail in Rauch auf. Randy grinste und verschloss sein Labor in der Haftanstalt. Ein paar Türen weiter trat er durch eine andere Tür und wurde von seiner wunderschönen geliebten Dana umarmt.
„Na du, machst du endlich einmal eine Pause? Ich habe dir schon zweimal eine Mail geschrieben, dass der Auflauf fertig ist, nun komm und lass uns essen, der Auflauf ist super geworden und der Rotwein hatte genug Zeit zum Atmen.“

Dana hatte ein Essen gezaubert und verwöhnte ihren Randy gerne. Denn er hatte wieder eines der Probleme ihres alten Arbeitgebers lösen können.
Die fette Fliege aus dem Labor war alles andere als ein fettes Insekt, sie war eine der modernsten Drohnen. Leider hatte dieses Modell immer wieder Probleme im Einsatz gezeigt und sich „verflogen“, was bei Baukosten von einer halben Million Dollar sehr unangenehm war.
Viel wichtiger aber war die Zuverlässigkeit, wenn Leben in Gefahr waren, dann musste die Technik funktionieren, sei es auch nur, in Form einer einfachen fetten Fliege.

Dana indes war nicht einfache nur eine Hausfrau, Köchin und Randys Verlobte, sie war eigentlich Dr. Ingenieur und wenn sie nicht gerade elektronische Schaltkreise layoutete, und mit winzig kleinen siebenschichtigen Mainboards herumspielte, dann zauberte sie allerlei herrliche Leckereien.
Während Dana sich zu Randy auf die Couch legte, um eine kleine Nachspeise zu genießen, läutete das Haustelefon. Das Display zeigte Herrn Meyer von der Pforte und er grinste lächelnd in die Kamera.
„Hallo, Randy, Meyer hier von der Pforte. Hier ist Besuch für Sie, dienstlich wohlgemerkt, eine gewisse Clair Clament aus Paris. Kommen Sie bitte vor?“

Randy und Dana wechselten einen kurzen Blick. Mehr brauchten beide nicht um sich zu verständigen. „Geh, ich räum auf, Schatz.“, sagte Dana und küsste ihn zart und Randy umarmte seine Dana. „Schatz, lauf mir nicht weg, dein Auflauf war wieder herrlich und ich will mich nachher bei dir bedanken …“
Damit war Randy aus der Wohnung und auf dem Weg zur Pforte. Einer der Vorteile, wenn man im gleichen Gebäude arbeiten und wohnen konnte. Während Randy zur Pforte ging, schaute sich Dana das Bild der Eingangskameras an der Pforte an.

Die Französin sah gut aus, elegant gekleidet und mit einer modischen Handtasche. Ihre Schuhe waren bequem und topmodern. Sie sah auf den ersten Blick aus, wie eine Polizistin oder Soldaten, das zeigten ihre Bewegungen und ihr Gang.

Als Randy auf sie zuging, begrüßten sie ihn recht förmlich und die Dame zeigte ihm ihren Dienstausweis. Randy betrachtete kurz den Ausweis und schaute kurz in die Eingangskamera und nickte unmerklich. Dann bat er die Dame, mitzukommen. Herr Meyer hatte bereits das Formelle erledigt und die schwere Stahlgittertüre öffnete sich und beide gingen in die Schleuse.

**

Als Clair Clament mit Randy und Dana Platz genommen hatte, begann sie vorsichtig von dem Einsatz in Südfrankreich zu erzählen und gab nur das preis, von dem sie annahm, dass das unverfänglich genug war. Doch dann kam Clair Clament auf den mit dem „von Schleitz“ Algorithmus verschlüsselten Funkspruch und Randy und Dana schauten sich zum ersten Mal erschrocken an.

„Wieso glauben Sie, dass das ein „von Schleitz Algorithmus“ war und nicht eine sehr gute andere, aktuelle Verschlüsselung?“

„Unsere Spezialisten konnten nur den ersten Teil entschlüsseln und die kennen sich nun wirklich aus. Selbst unser bester Mann hat sich damit schwergetan und mich an Sie verwiesen, Sie können mir glauben Claude Barrier ist nun wirklich ein Profi in diesen Dingen, was das …“ Randy unterbrach Clair Clament.

„Claude Barrier? Reden wir hier von DEM Claude Barrier? 1,98m groß, hager bis dürr, kein Hintern in der Hose, und er trinkt seinen heißen Kaffee mit mindestens 12 Stück Zucker und ohne Milch?“
„Ja, genau diesen Claude meine ich, wir …“ Clair wirkte etwas verunsichert.

„Entschuldigen Sie Miss Clament, dann sind Sie aber nicht einfach von der französischen Polizei, oder Surete, dann kommen Sie doch bestimmt von der DGSE, ist das so?“
Clair Clament fühlte sich ertappt, und sie bestätigte. Die Frau neben Randy hatte sie bisher nur betrachtet und analysiert, aber noch nichts zur Sache gesagt. Jetzt sah sie Clair Clament an und lächelte wissend.

„Wieviel Schichten konnten Sie denn bisher entschlüsseln? Eine, Zwei oder sogar einige mehr?“
„Wir kamen bis zur vierten Schicht. Wieviel Schichten hat der „von Schleitz“ denn?“
Dana fuhr fort. „Sie haben gerade die Hälfte geknackt, mehr nicht. Das Ding ist heftig. Ursprünglich wurde dieser Algorithmus von einem Deutschen entwickelt, einem Freiherr von Schleitz, das war bereits Ende der Fünfziger Jahre, da kannten wir noch gar keine Möglichkeiten einer mehrschichtigen Verschlüsselung in diesem Stil, da hatte dieser adelige Ex Nazi diesen Algorithmus berechnet und verfasst. Daraus wurde später dieser Code und er galt lange Zeit als unknackbar.

Zuletzt wurde der „von Schleitz“ von einer internationalen Verbrecherorganisation namens HEMA eingesetzt und die haben damit, global gesehen, sehr viel Schaden angerichtet.“
Randy stand langsam auf und schien etwas im Kühlschrank zu suchen, doch dann drehte er sich zu Clair Clament um und fragte sie unverblümt. „Und Sie, Clair Clament, dürfen das alles einfach so frei erzählen, keine Verschwiegenheitserklärung oder so ein Zeugs, das wir zu unterschreiben haben. Sie kennen ja nicht einmal unseren Sicherheitsstatus?“

Clair Clament sah die beiden an. Irgendetwas war bei den beiden anders. Das waren keine Ermittler, das waren keine Geheimdienstleute und dennoch wussten die beiden Dinge, von denen sie selbst noch nicht einmal Kenntnis hatte. Ihre Informationen über Randy waren unzureichend und über dessen Begleitung wusste sie noch weniger. Außerdem reparierte Randy keineswegs nur alte Funkgeräte. Das sah sie auf den ersten Blick.

„Ihren Status kenne ich durchaus.“ Behauptete Clair, „Wissen Sie, bei dem Einsatz, von dem ich erzählte, sind viele Beamte ums Leben gekommen, ich wollte sie fragen, ob Sie bereit wären, uns beim Entschlüsseln zu helfen?“

„Das wird mein Chef zu entscheiden haben, aber ich denke, im Rahmen der Amtshilfe sollte da sicher etwas machbar sein. Ich frage mich allerdings, ob Sie die Berechtigung haben, und in dieser Sache direkt anzusprechen?“

Clair Clament schaute leicht verlegen und lächelte entwaffnend. „Ja die Genehmigung habe ich, sonst wäre ich gar nicht hier. Es wäre schön, wenn Sie beide dabei helfen könnten den „von Schleitz“ zu entschlüsseln, dann würde das Formelle sicherlich eine reine Nebensache sein.“
„Wissen Sie, Clair Clament, als wir das letzte Mal in die „von Schleitz“ Angelegenheit reingezogen wurde, da hat man uns sehr schnell als Ziel ausgemacht und wollte uns umbringen. Sind Sie sicher, dass Sie alleine hier sind?“

„Ja, da bin ich mir ganz sicher, es gibt nur noch meine direkte Kollegin und Freundin, Katherine, die weiß, wo ich bin und was ich gerademache, Moment, ich wollte mich bei ihr eh noch melden. Darf ich?“
„Nein, bitte nicht mit dem Handy, bitte nehmen Sie diesen Apparat hier.“

Damit griff Clair Clament zu dem Telefon und rief bei Katherine an. Es läutete mehrfach, dann ging eine Männerstimme an das Telefon. „Inspektor Houlot, Kriminalpolizei, wer spricht da?“
Claire schaltete sofort. „Hier spricht Helga, ist meine Schwester Katherine nicht da? Hat sie etwa schon wieder ihr Telefon verloren?“

„Nein Katherine hat ihr Telefon nicht verloren, sie ist verunglückt, Verkehrsunfall, können Sie hier vorbeikommen?“
„Oh nein, ist etwas passiert, ich bin in 20 Minuten da.“ Clair Clament legte auf und sah Dana und Randy mit großen Augen an.

„Meine Kollegin ist angeblich verunglückt. Die Kripo holt die Verwandten nur ab bei Identifizierungen, das heißt, sie ist tot. Katherine ist tot!“

„OK, das reicht jetzt, kleinen Moment.“ Randy drückte eine Taste auf dem Tablet und auf dem Bildschirm in der Küche verschwand die MTV-Musiksendung, stattdessen schaute sie Frank Brauer an.
„Randy, was liegt an, dass du so spät noch durchrufst, ich dachte du und Dana seid im Kino?“
„Ähh, das wollten wir ja auch, aber der „von Schleitz“ ist wieder los und das hier ist eine Kollegin aus Paris und ihre Kollegin wurde gerade eben tot aufgefunden.“

„Klappe halten! Ich lass euch herholen, alle zusammen, wartet, bis die Truppe kommt.“ Damit erlosch der Bildschirm und die Musiksendung war wieder dran.
Keine 5 Minuten später klopfte es an der Tür. „Randy, Dana, hier ist Bernd, wir bringen euch zu Frank. Aufmachen!“
Clair war erstaunt, dass eine ganze Truppe mit Schutzausrüstung und Maschinenpistolen vor der Türe standen und sie durch die Gänge begleiteten.

„Ist das nicht ein bisschen dick aufgetragen, all die Leute nur wegen einem Weg zu deinem Chef?“
„Nein!“ Mischte sich Bernd kurz ein. „Beim Letzten Mal, als der „von Schleitz“ aktiv war, wurden wir auch in unserem Gebäude und danach von den Dächern aus angegriffen, deswegen lautet jetzt die Devise: Kein Risiko!“

**

Mainstadt, In Franks Büro
In Franks Büro, hinter Panzerglasfenstern, saßen jetzt neben Frank Brauer und Wolfgang Decker auch Randy und Dana, sowie Clair Clament.

Nach der kurzen Begrüßung durch Frank bat dieser, Clair sich vorzustellen und ihre Geschichte zu erzählen, weshalb sie eigentlich hier war. Schließlich war das ja kein offizieller Besuch, sondern eher ein freundschaftlicher Abstecher.

Für Clair war es, als würde jemand wieder die Zeit zurückdrehen.
„Es ist jetzt acht Jahre her. Ich war damals frisch von der Kriminalpolizei zum DGSE dazu gestoßen. Wir hatten den Auftrag eine Organisation in Frankreich und Spanien auszukundschaften und alles für eine Festnahme einzuleiten. Uns wurde damals gesagt, dass das eine bisher unbekannte Organisation wäre.
Leider stellte sich bei unseren Ermittlungen heraus, dass die Organisation sehr gut vernetzt war und dass mindestens drei Kommissare in den küstennahen Regionen dazugehörten.

So wurde unsere Planung von Anfang an unterlaufen und alles verraten, was wir geplant hatten. Mein damaliger Verlobter, der zu dem Zeitpunkt Inspektor war, wurde kurz vor der ersten Festnahme entführt und kurz darauf tot aufgefunden.

Leider hatte man keine Beweise, dass das mit unseren Untersuchungen in Zusammenhang stand und so wurde das Verbrechen anderen Quellen zugeordnet.
Ein Jahr später war wieder ein Zugriff geplant und ich war mit einigen Kolleginnen und Kollegen, darunter auch Katherine, vor Ort. Der Zugriff verlief schrecklich und blamabel für uns, alles war verraten worden und es wurden mehrere Agenten dabei enttarnt. Da wussten wir, dass in unseren Reihen mindestens ein Verräter war.

Die Organisation hatte immer die neusten Informationen und verfügte über ein für uns unknackbares Verschlüsselungsprogramm, an das wir aber nicht herangelassen wurden, das war zu geheim.
Nach diesem Eklat wollten wir endlich alles sauber und richtigmachen und alle die Beweise finden, die uns den Zugriff ermöglichen. In der Zeit wurden zwei der Verräter enttarnt und verhaftet, von dem dritten Kollegen fehlte jede Spur, wir vermuteten, dass er ermordet wurde, hatten aber keinen Beweis.
Dann fanden wir eine Spur, die uns schließlich an die Côte d’Azur führte, und wir begannen das Gebiet systematisch zu überwachen. Wir fanden heraus, dass im Gebiet Monaco, Nizza, Cannes immer größere Schmuggelaktionen mit Tonnen an Rauschgiften stattfanden und dass die Schmuggler mit unknackbaren Verschlüsselungen arbeiteten.

Das Einzige, was wir beweisen konnten, war, dass die Bosse sich zu weiteren Absprachen an Bord einer Mega-Luxusyacht namens Raffit treffen wollten um die Planungen für die Zukunft festzulegen. Dass dabei auch anderthalb Tonnen hochreines Kokain gehandelt werden sollte, fanden wir erst später heraus.

Jedenfalls war auch das Treffen verraten worden und wir verloren diesmal sogar eine unserer besten Sondereinheiten, als die Luxusyacht vor unseren Augen gesprengt wurde. Das letzte, was uns klar wurde, war, dass dieses verdammte Kryptoprogramm wieder mit dabei war. Diesmal bekamen wir aber den Namen mit, es war der sogenannte „von Schleitz“ Algorithmus.
Bei meinen Nachforschungen wurde mir von Claude Barrier, einem meiner besten Informanten, erzählt, dass der von Schleitz hier in Ihrer Anstalt einmal aufgetreten war und dass der angeblich entschlüsselt werden konnte.

Deswegen bin ich hier, um den Schleitz kennenzulernen und eine Waffe zu entwickeln, wir haben zu viel Blut gezahlt.“

Decker sah die junge Frau genau an, dann begann er: „Ihr Freund, Claude Barrier, ist in größter Gefahr. Schaffen Sie ihn in Sicherheit, sofern das noch möglich ist. Wir haben vor einiger Zeit das auch schmerzhaft erfahren müssen, dass die Gangster, die mit dem „von Schleitz“ hantieren brutal und gewissenlos sind.“

„Aber Herr Decker, Claude ist in der Nachrichtenzentrale absolut sicher, dafür verbürge ich mich und …“

Frank schaltete sich jetzt ein.

„Claire, bei uns hat man versucht, Randy im Gefängnis zu erschießen und als wir ihn in Sicherheit bringen wollten, hat man uns mit bewaffneten Hubschraubern angegriffen. Claude ist in Gefahr, ich meine, wenn er überhaupt noch lebt.“

„Oh nein, kann ich über eine gesicherte Leitung in Frankreich anrufen?“

„Selbstverständlich.“ Frank zog das Telefonsystem im Konferenzraum zu sich und drückte einige Knöpfe. Das Telefon war auf laut gestellt und gesichert. Der ganze Raum war abhörsicher und von Randy überprüft worden. Am Konferenztelefon gab es drei Töne und Frank übergab an Claire. Sie gab eine sehr lange Rufnummer ein und alle warteten …

**

DGSE
In der Nachrichtenzentrale des DGSE klingelte das Telefon. Nicht irgendein Telefon, sondern eines der „HOT“ getauften Telefone, das waren die abgesicherten Sonderleitungen, über die für gewöhnlich Regierungskreise anriefen. Eines war für all diese Leitungen klar, wenn da ein Anruf kam, war er wichtig, daher waren die Leitungen alle extrem gesichert.

„Auriel hier, wer spricht?“ Begann der Diensthabende und an der anderen Leitung kam ein „Auriel, hier Cheops. Bitte warten, ich verbinde, Zentrale, bitte übernehmen!“ Es klickte kurz und dann war Claire am Telefon und identifizierte sich mit ihrer internen Nummer AB 41/63 und dem gegenwärtigen Tagescode.

„Tagescode akzeptiert, wen wünschen Sie zu sprechen AB 41/63?“ Claire fragte nach ihrem Freund mit der Dienstnummer und der Operator prüfte kurz, dann informierte er Claire.
„Ihr Kontakt hat diese Woche Dienst in Projekt 21. Soll ich dorthin durchstellen?“ Claire stimmte zu und nach einem weiteren „Bitte warten …“ Klickte es kurz und eine Operatorin meldete sich „Zentrale 21, wen wünschen Sie zu sprechen?“

Claire identifizierte sich und bat um das Gespräch. Kurz danach meldete sich endlich ihr Vertrauter, Claude Barrier und sie konnten erstmal über die gesicherte Leitung mit ihrem Bekannten reden.

**

„Projekt 21“, dahinter verbarg sich die Abhörstation des DGSE Netzwerkes in Mutzig im Elsass. Hoch oben in dem wunderbaren Waldgelände lag die alte Feste Kaiser Wilhelm II, die sogenannte Kriegskaserne 3.

Zwischen Dangolsheim, Molsheim und Mutzig gelegen war der Standort im Elsass herrlich und der Funkempfang geradezu ideal. In diesen verbunkerten Räumlichkeiten befand sich diese Abhörstation und im Wald standen die vielen Antennen, die alles einfingen, was sie erreichen konnten. Die Nähe zu Deutschland hatte immer wieder zu unguten Gesprächen geführt, aber da das Lauschen ohne Lärm stattfand, war das Interesse irgendwann von alleine erloschen.

Heute wurde aber nicht weniger, eher mehr von hier abgehört, aber das meiste erfolgte vollautomatisch und es waren deutlich weniger Soldaten zu sehen als noch vor 30 Jahren.

**

Im technischen Büro saß Leutnant Claude Barrier und lauschte den Worten von Claire. Während sie berichtete, was sich zugetragen hatte und wer inzwischen umgebracht worden war wurde Claude immer nervöser.

Der Abteilungsleiter wollte Claude Barrier aber nicht unterbrechen, denn immerhin war das ein F1 Gespräch, ein Dienstgespräch mit hohem Faktor. Dahinter verbargen sich immer wichtige Informationen, daher ließ er Claude auch in Ruhe und verließ das Büro zusammen mit den beiden Kollegen.

„Aber Claire, das ist ja schrecklich. Da bringt jemand unsere Leute um und der kommt offenbar in sensible Bereiche und an sensible Daten. Hast du das schon an Control gemeldet?“
„Control“ war die Interne Überwachung bei der DGSE und würde bei solchen Vorfällen sofort die Leitung übernehmen.

„Nein, ich kam noch nicht dazu, ich habe erst vor wenigen Stunden erfahren, was da passiert ist. Abgesehen davon bin ich nicht im Land.“
„Ah, daher diese Sonderschaltung, wen hast du denn da alles geweckt?“
„Willst du nicht wissen, Claude, bitte pass auf dich auf, wer von uns verständigt Control? Ich bin im Ausland und habe keinen Datenzugriff.“

„Das mache ich morgen früh, hier sind wir fertig, wir haben einen neuen Auswertecomputer installiert, der sendet die Daten sehr viel schneller in die Zentrale. Wir fahren heute noch zum Flughafen Straßburg und von dort aus geht es direkt in die Zentrale. Ich bin mit Marc und Jules hier, die kennst du ja.“
„Ja die kenne ich, aber passt auf, ich würde keinem trauen, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Ja, also ich mache morgen bei Control Meldung, wie erreiche ich dich?“
„Ich rufe dich auf deinem Handy an, die Nummer habe ich im Kopf, ok?“

Nach der Verabschiedung legte Claire auf und bedankte sich nochmal für die Amtshilfe.
„Claire, Sie bleiben erst einmal hier. Wie lange sind Sie abkömmlich?“
„Ich habe erst einmal einen Monat frei und meine Leute wissen nur, dass ich nicht im Land bin.“
„Gut, das sollte so bleiben, Sie telefonieren nicht mit Frankreich, nur in unserem Beisein über gesicherte Leitungen.“ Dann schaute Frank Decker an.

„Ab sofort herrscht Alarmstufe. Doppelte Posten und Wachen, du weißt, was damals los war. Der „von Schleitz“ bedeutet immer Ärger.“
Mit einem Blick zu Claire lächelte Frank und sagte: „Claire, seien Sie unser Gast. Wir werden Sie beschützen.“

**

In einem Lear-Jet über Frankreich
Claude Barrier saß mit seinen Kollegen Marc und Jules in dem Lear-Jet und sie flogen zurück zur Zentrale nach Paris. Draußen herrschte ein schweres Gewitter und die Blitze züngelten um ihre Maschine herum.

Wie so oft unterhielten sie sich über Sport und Frauen. Jules wurde gerade aufgezogen, hatte er doch am letzten Wochenende mit einer sehr sexy aussehenden Mittvierzigerin ein Stelldichein und sie hatte ihm eine unvergessliche Nacht bereitet.

„Wie war das denn mit deiner neuen Flamme, hast du etwas Neues gelernt?“ Marc war wieder in seinem Element und machte einen Spaß nach dem anderen. Am liebsten auf Kosten der anderen, versteht sich.
„Lena ist nicht so, wie du glaubst, sie hat ihren Ingenieur in Elektrotechnik und ja, sie hat mir tatsächlich das Kamasutra nähergebracht.“
Marc setzte noch einen drauf. „Auf alten Gäulen lernt man reiten, ich glaube, bei deiner Lena kannst du noch einiges lernen.“

**

Was keiner der drei wusste, hinter ihnen flog eine andere Maschine ohne Positionslichter und an Bord verstand man jedes Wort, das die drei sprachen.

Gerade als das Thema „Auf alten Gäulen lernt man reiten“ aufkam, sagte die Pilotin nur ein verachtendes „Na wartet mal ihr kleinen Schnellspritzer.“

Sie drückte einige Tasten und auf einem der Displays erschien der Lear-Jet vor ihnen und ein Fadenkreuz, das sich der Maschine näherte. Auf einem anderen Display erschien die Kennung des Lear-Jets und daneben ein kleines leeres Feld mit dem Symbol „Preselect“, da leuchtete dort auch die gleiche Kennung des Lear-Jets auf. Ein anderer Schalter mit „Execute“ leuchtete in einem abwartenden blinkenden Rot.
Als das Fadenkreuz die Maschine erfasst hatte, wechselte die Farbe von weiß auf Rot und die Pilotin sprach ein verächtliches „Sagt euren Ärschen einen schönen Gruß von mir!“

Noch während die beiden Raketen auf den Lear-Jet zurasten, sagte der Co Pilot zu ihr „Ein Problem weniger, jetzt weiter zum Treffpunkt mit Kajat.“

Vor ihnen erhellte ein Blitz den Himmel und der Lear-Jet ging in einer Explosion auf und trudelte der Erde zu. Schließlich brach der Jet auseinander. Brennend verschwand er in den Wolken.

„Guter Schuss Lena.“ Sagte die Begleiterin auf dem Co-Pilotensitz und lächelte.
Auf dem Display mit den Flugzeug Kennungen erlosch „Preselect“ und „Execute“ leuchtete nun in Grün auf.

**

Am anderen Tag stand im Le Monde ein Bericht über den tragischen Flugzeugabsturz eines zivilen Düsenjets. Offenbar hatte ein Blitz einen kleinen Lear-Jet getroffen, der daraufhin auf einem Maisfeld abgestürzt war.

Es gab bei dem Unglück keine Überlebenden. Die Lokalpresse berichtete von verschmutzten Maisfeldern infolge Kerosinverschmutzung. Ein kleiner Bauer versuchte erfolglos den Staat zu verklagen, weil der Absturz auf seinem Maisfeld erfolgt war.

Ansonsten waren die Fußballergebnisse der Ersten Mannschaft wichtiger.

**

Flughafen Le Bourget
Der Leiter der BEA, der französischen Untersuchungsbehörde für Flugunfälle, hatte die Berichte zwei Tage später auf seinem Schreibtisch. Das BEA war in etwa vergleichbar mit der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung.

Sein Büro auf dem Flughafen in Le Bourget, nahe Paris hatte die Unterlagen bereits vorbereitet und ein Mann in Uniform wartete draußen.
„Was will der Major hier?“, fragte der Direktor Rémi Joytus, seine Sekretärin.
„Monsieur, der Flieger war offensichtlich nicht direkt zivil, das waren Angehörige der Luftwaffe, vermute ich. Ich konnte den Major aber nicht befragen.“
„Ja, er soll hereinkommen, Madelaine.“

Der Mann in der blauen Uniform stellte sich als Major Clemens de la Croix vor und zeigte kurz seinen Dienstausweis.

„Monsieur le Director, wir haben Hinweise, dass es sich bei dem Flugunfall nicht um einen Blitzschlag handelt, konnten Sie bereits die Flugschreiber auswerten?“
Die Sekretärin des Direktors lächelte kurz und verließ den Raum mit einem Hinweis auf frischen Kaffee. Der Direktor schloss die Tür und schaute sich den Major genauer an.
„Wer ist „Wir“ und von wem kommen Sie genau?“

„Ich bin tatsächlich Major und komme vom DGSE. Das war eines unserer Flugzeuge, aber da es eine zivile Zulassung hatte, liegt die Untersuchung in Ihren Händen. Hier bitte, das sind die Unterlagen der Piloten, beides zivile Flieger mit über 2000 Flugstunden auf dem Lear-Jet. Die Passagiere allerdings waren drei Spezialisten der Elektronikabteilung IV. Das waren mit die Besten der Besten.

Ich möchte Sie bitten, auf Überspannungsanzeichen in den Flugschreibern zu achten. Wir haben Informationen, dass es sich auch um etwas anderes gehandelt haben könnte, darüber kann ich nichts sagen, um Ihr Urteil nicht zu beeinflussen.“
„Ja, ich verstehe, bitte nehmen Sie draußen Platz, meine Sekretärin hat bereits Kaffee und Gebäck gerichtet, danke.“

Während Major de la Croix draußen seinen Kaffee nahm, rief der Direktor den leitenden Untersuchungsbeamten zu sich. Ein erfahrener, sportlicher Mittfünfziger trat ein und besprach sich mit dem Direktor. Schließlich rief der Direktor den Major auch zu sich.
„Herr Major, das sollten Sie sich anhören, es wird sie interessieren.“
Der Mittfünfziger begann. „Ich bin Dr. Ing. Marcus Pêcheur, leitender Untersuchungsbeamter für diesen Fall. Wir haben die Unglücksstelle gesichtet, aber da war bereits ein anderes Team vor Ort, das Untersuchungen anstellte.

Als wir eintrafen, fuhren die bereits wieder los und haben auf unsere Rufe nicht reagiert. Wir vermuteten Militär oder Geheimdienst, wegen der speziellen Pariser Kennzeichen. Inzwischen wissen wir aber, dass die Kennzeichen gestohlen waren.

Der Punkt ist, als wir eintrafen, fehlten beide Flugschreiber. Als wir die Polizisten befragten, schauten die uns nur dumm an, das waren Gendarmen aus dem Nachbarort und hoffnungslos überfordert.
Auch wenn ich es nicht beweisen kann, so denke ich, dass die Leute die weggefahren sind, die Flugschreiber gesichert haben. Die Frage ist weshalb und wer waren die Leute?“

„Merde, jetzt haben wir ein Problem, wurde der Flieger wirklich durch einen Blitz oder durch etwas anderes heruntergeholt?“

„Das kann ich Ihnen heute bereits beantworten, der Flieger wurde durch zwei wärmesuchende Raketen abgeschossen. Beide wurden nicht weiter als 500 Meter hinter dem Jet abgefeuert und dazu gleichzeitig. So etwas macht kein Pilot der Armée de l’Air.“

Der Major schaute den Mann fragend an. „Gibt es Beweise für Ihre These?“
„Ich bin es nicht gewöhnt, in Thesen zu reden, ich präsentiere Beweise! Ja sicherlich gibt es Beweise. Wir fanden Reste von zwei Infrarot Steuergeräten, diese steckten in den Flügeln und dem Triebwerkansatz. Außerdem fanden wir mehrere Steuerflächen, als eine Rakete hat. Irgendwer hat Ihren Vogel da abgeschossen, Herr Major und zwar mit zwei Raketen!“
„Danke, sehr gut recherchiert, Sie haben nicht zufälligerweise die Auswertung von den Radaraufzeichnungen für den Zeitraum?“

Pêcheur lächelte den Major mitleidig an. „Selbstverständlich habe wir diese Daten. Interessanterweise gibt es da einige Ungenauigkeiten, die Sie mir vielleicht erklären können.“
„Ungenauigkeiten? Welcher Art denn?“

„Nun der Computer in der Radaranlage in Paris-Orly hat die ganze Zeit über nur ein Flugzeug registriert, die Radaranlage in LeBourget aber hat stellenweise zwei Kontakte sehr nah hintereinander aufgezeichnet, hatte die aber nach einem Datenabgleich mit Orly als Fehler interpretiert.“
„Und weiter?“, fragte der Major.

„Nun Orly hat ein neues ziviles Radarsystem und LeBourget hat ein modernes militärisches System im Test, das eine mehr als doppelt so hohe Auflösung bietet, aber noch nicht abgenommen und damit noch im Testbetrieb ist.“

„Und was schließen Sie daraus?“

„Irgendwer hat sich an den Lear-Jet gehängt und ihn dann über freiem Feld abgeschossen. Danach hat er die Kennung des abgeschossenen Lear-Jets übernommen und flog problemlos weiter. Wer auch immer das war, dahinter steckt geballtes Fachwissen und sehr kriminelle Energie Herr Major.“

„Meine Herren, danke für den Kaffee, Sie haben mir sehr geholfen. Meine Dienststelle wird sich bei Ihnen Monsieur Direktor melden, wegen der offiziellen Daten. Nun entschuldigen Sie mich, ich habe jetzt einiges zu tun.“ Damit entschwand der Major mit schnellen großen Schritten aus dem Gebäude.
Der Direktor schaute Marcus Pêcheur noch einmal genau an und flüsterte dann: „Verdammt Pêcheur, passen Sie auf, nicht dass Sie da in etwas reinschlittern, das für uns zu groß ist. Ich glaube, da sind ganz üble Typen mit im Spiel, passen Sie ja auf. Nehmen Sie die Abteilung 4 mit ins Boot, die können Sie brauchen.“

Marcus Pêcheur nickte still und bedankte sich. Irgendwie hatte er kein Interesse zwischen die Fronten zu geraten, er stand kurz vor seiner Pensionierung und diese gedachte er, mit seiner jungen Frau Helene, zu erleben.

**

Mainstadt
Ich stellte mein Auto auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis ab und ging in Richtung Pforte.
Irgendetwas stimmte nicht! Ein ungutes Gefühl beschlich mich und ließ meine Nackenhaare sträuben sich, also blieb ich stehen und schaute mich um. Auf den ersten Blick fiel mir nichts auf, doch dann sah ich, dass der Turm, welcher das Gefängnis weit überragte und kontrollierte, eine doppelte Besatzung hatte.

Ich ging weiter zur Pforte und klopfte gegen die Panzerglasscheibe. Auch hier waren zwei Beamte, statt einem und ich winkte ihnen freundlich zu. Beide kannten mich und derjenige welcher am Schaltpult saß, drückte den Türöffner. Mit einem lauten Brummen öffnete sich die schwere Stahlgittertür und ich betrat die Schleuse.

Kaum hatte ich die Tür geschlossen, standen zwei junge Beamte vor mir, welche neu in Deckers Mannschaft waren und von denen einer eine MP7 auf mich richtete.
„Personenkontrolle!“, bellte einer der beiden.
„MANN! Was soll der Mist?!“, fragte ich irritiert, denn neben den beiden stand Hannes, doch der hob die Schultern. Ich zog die Augenbrauen zusammen, denn auch er war mit einer Pistole bewaffnet, was während der Tagschicht eigentlich untersagt war, denn viele Gefangene und Waffen auf einer Stelle, vertrugen sich nicht mit der Sicherheit.
„Ich sagte Personenkontrolle!“ Wiederholte der mit der MP und richtete den Lauf auf mich.
„He, das Ding kann gefährlich sein! Ganz ruhig!“

„Filzt ihn gründlich!“, erklang eine bekannte Stimme und ich sah zur zweiten Schleusentür, wo Decker im Halbschatten stand.
Ich seufzte und ließ die Prozedur über mich ergehen. Wie im Lehrbuch sicherte der Mann mit der MP den anderen Beamten, während ich mit den Händen an der Wand gelehnt durchsucht wurde.
Als erstes zog mir der Junge meine Sig aus dem Schulterholster, legte sie außer Reichweite, begann mich dann abzutasten und holte nach und nach, alle Gegenstände, wie Handy, Geldbeutel, usw. aus meinen Taschen. Decker war in der Zwischenzeit an uns herangetreten und schaute kritisch zu, immer darauf bedacht, nicht zwischen mir und dem Mann mit der MP zu stehen.
„Sauber!“, sagte derjenige, der mich durchsucht hatte und trat von mir weg.
„STOPP!“, sagte Decker und drückte mich wieder gegen die Wand, als ich weitergehen wollte. „Stehenbleiben!“

Mit einem festen Griff hielt er mich fest und griff mir in die linke Hosentasche, drückte mein bestes Stück zur Seite und zog mir mein Taschenmesser heraus. Mit einer geübten Handbewegung, ließ er die Klinge herausspringen und hielt es dem Jungen, der mich durchsucht hatte, vor die Nase. „Was haben wir denn hier? Ein schönes Ein-Hand Klappmesser, mit feststellbarer Klinge! Eine verbotene Waffe…. Nicht so schüchtern sein.“, sagte Decker zu dem Beamten. „Nah am Sack ist eine beliebte Stelle, um Gegenstände zu verstecken.“

„Kann ich jetzt endlich von der Wand weg?“, wollte ich von Decker wissen, der mich noch immer festhielt.
Decker ließ mich ohne einen Kommentar los und ich begann meine Sachen wieder einzustecken. „Kannst du mir mal sagen, was das soll?“

„Ich bilde aus! Gute Leute fallen nicht vom Himmel!“
„Ich meine auch nicht die beiden hier. Ich will wissen, warum die Wachmannschaft überall verdoppelt ist und alle mit Kanonen herumlaufen.“
„Routine!“, antwortete er und durchbohrte mich mit seinen Augen, die mir zu verstehen gaben, nicht weiter nachzufragen. Zumindest nicht solange wir nicht alleine waren.
Als ich mein Messer wiederhaben wollte, klappte Decker es zusammen und reichte es dem Mann mit der MP. „Das Messer ist als illegale Waffe konfisziert.“

„Ist es nicht! Her damit!“ Hier hörte der Spaß auf! Dieses Messer war für mich weit mehr als ein Gebrauchsgegenstand! Unzählige Male hatte es mir gute Dienste geleistet.
Mit einem fetten Grinsen, das sagte, nimm es dir doch, steckte der Junge das Messer ein. Kopfschüttelnd ging ich weiter und bekam meine Chance! Der Junge hatte die MP gesichert und entspannte sich, als ich ihn mit einem gezielten Tritt in die Kniekehle von den Beinen holte. Noch im Fallen, hatte ich ihm die MP aus der Hand gerissen und drückte ihm den Lauf der Waffe gegen die Stirn, als er mit dem Rücken aufschlug. Während ich in seine Tasche griff, und mein Messer herauszog, starrte der Junge zitternd auf die Waffe, die ich gegen drückte. „Erstens:“, belehrte ich ihn. „Nie jemanden zu nah an sich herankommen lassen!“

„Was soll das, Peter?!“, fragte Decker. „Willst du zeigen, was für ein toller Kerl du bist?“
„Ich fülle die Wissenslücken, deiner Ausbildung!“, gab ich zurück und drückte den Lauf noch fester gegen die Stirn des Mannes. „Zweitens: Nie die Waffe halten, ohne sie mit dem Gurt am Körper zu sichern! Und drittens und am wichtigsten: Finger weg von meinem Messer!“
„Verdammt Bad-Man! Lass ihn!“ Hannes legte seine große Hand auf meine Schulter und drückte mich nach hinten.

Damit zog ich die MP zurück und ging damit in Richtung der zweiten Tür.
„Stein! Die Waffe!“, rief mir Decker nach.
„Die ist konfisziert!“ sagte ich, ohne mich umzudrehen, ließ sie aber vor der Tür auf den Boden fallen.

**

„Hallo Schatz.“ Begrüßte mich meine Frau Caroline, als ich unsere Wohnung betrat. Caroline und ich arbeiteten nicht nur im Gefängnis, wir wohnten auch dort.

Frank hatte mehrere Räume, die früher als Lagerräume, oder Archive gedient hatten und mit dem Aufkommen elektronischer Archive und externer Lieferdienste nicht mehr als solche gebraucht wurden, zu Wohnräumen umfunktioniert, da dies billiger war, als sie zu Zellen umzubauen.
Uns machte es nichts aus hier zu wohnen, denn die Tatsache, dass ich einen Haufen Geld sparte und nur einhundert Meter zu meinem Büro hatte, wiegte die Tatsache auf, dass an meinem Schlafzimmerfenster Gitter befestigt waren. Neben Caroline und mir hatten auch Randy und Dana eine Wohnung gemietet, die nur ein Stockwerk höher lag.

„Hallo Liebes.“ Ich trat auf sie zu und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss auf ihre herrlichen Lippen. Nach all der Zeit fühlte ich noch immer ein Kribbeln, wenn ich Caroline küsste.
„Hast du eine Ahnung, was hier los ist?“ wollte ich von ihr wissen.

„Du meinst den Alarmzustand? Nein keine Ahnung. Als ich vom Ministerium kam, wurde ich sogar gefilzt.“
„Ja, mich haben sie auch auf den Kopf gestellt. Seltsam…Decker hat mir zu verstehen gegeben, nicht nachzufragen. Zumindest nicht offiziell.“
„Wir sollten Frank fragen.“ Schlug Caroline vor.
Als ich antworten wollte, läutete das Telefon und ich seufzte.
„Was ist?“, fragte sie.

„Das ist Frank!“, antwortete ich, ohne auf das Display zu schauen.
„Woher willst du das wissen und wenn ja, was will er?“
„Ich soll ins Büro kommen, und zwar sofort.“
„Ist was passiert?“

„Die Neuen, die mich gefilzt haben, wollten mein Messer konfiszieren.“
„Oh je.“ Seufzte Caroline und sah mich strafend an. „Dann komm ich besser mit und glätte die Wogen.“

**

„Muss ich dir wirklich sagen, wie bescheuert das war?“, schnauzte mich Frank zehn Minuten später an.
Ich saß ihm gegenüber und Frank hatte seinem Ärger deutlich Luft gemacht. Ich ertrug den Anschiss, doch diesmal funktionierte meine Masche, ein betroffenes Gesicht machen und Besserung geloben, nicht. Frank kannte mich zu gut, um darauf hereinzufallen.

„Wolfgang, kannst du uns mal alleine lassen?“, fragte Frank und sah Decker an.

„Kein Problem!“ Decker schaute zu mir und schüttelte den Kopf, nicht ohne mir einen warnenden Blick zuzuwerfen. Jetzt klingelten bei Caroline die Alarmglocken! Vor mir erkannte sie, dass diese Situation, von allen anderen unterschied. Diesmal meinte Frank es ernst und Caroline warf sich dazwischen.
„Frank…“

„Nein!“ Kam die Antwort schnell und hart. „Diesmal nicht Caroline!“ Frank fixierte mich mit seinen Augen und mir wurde langsam bange. Hatte ich es diesmal übertrieben? „Was hast du dir dabei gedacht?!“, ich schwieg, da ich wusste, dass die Frage rhetorisch war. „Der Mann hat einen Nervenzusammenbruch! In den Einstellungstests hatte er als Bester abgeschnitten, er hatte als einziger die volle Punktzahl erreicht. Jetzt ist er ein nervliches Wrack und wird nie in der Wachmannschaft Dienst verrichten können. Egal was der Amtsarzt sagt, er wird es nicht schaffen. Unter den Umständen, bleibt mir eigentlich nur ihn rauszuwerfen, da er noch in der Probezeit ist und das Ministerium klare Voraussetzungen für diesen Job vorgegeben hat. Möchtest du vielleicht seiner Frau und seiner Tochter sagen, dass ihr Mann und Vater den Job verliert?!“

„Frank…“ ich zuckte zusammen, als mir Caroline an das Schienbein trat.

„Schnauze! Ich habe dir bis jetzt immer den Rücken freigehalten! Unzählige Male habe ich, gegen alle Widerstände dafür gesorgt, dass du nicht gefeuert wirst und das nur aus einem Grund: Du hast einen guten Job erledigt, doch jetzt habe ich deinetwegen richtig Ärger am Hals, den ich nicht gebrauchen kann. Ich habe gerade genug Scheiße an der Backe, auch ohne einen Mitarbeiter, der meint, er müsste den großen Krieger heraushängen lassen.“

Er brach ab und sah mich vernichtend böse an.

„Frank, dürfte ich einen Vorschlag machen?“, fragte Caroline vorsichtig und Frank sah sie abwartend an.

„Ich habe dauernd Termine bei denen ich zwischen Ministerium, Gefängnis und den einzelnen Büros der Kommission pendeln muss. Für mich wäre es eine große Erleichterung, wenn ich einen Fahrer hätte, dann könnte ich mich schon auf der Fahrt besser auf die Termine vorbereiten. Das wäre doch etwas für den Mann und du bräuchtest ihn nicht zu entlassen.“

Frank schwieg eine Zeit lang, dann nickte er und sah mich an. „Du wirst dich bei ihm entschuldigen! Und damit meine ich kein Lippenbekenntnis! Außerdem machst du eine Woche Extratraining mit Decker, der dir zeigt, wie man sich zusammenreißt.“

„Geht klar.“

„Jetzt scher dich raus, bevor ich dich doch noch feuere.“

Ich erhob mich und steuerte die Tür an, als er mir ein, „Das wird sich nicht wiederholen!“, mit auf den Weg gab.

„Nein.“ Caroline drehte mich zu ihm um. „Wird es nicht! Ich werde dafür sorgen.“
Frank und Caroline sprachen sich ohne Worte ab und beide wussten, dass sie sich aufeinander verlassen konnten.

„Was ich noch fragen wollte“, Caroline war in der Tür stehen geblieben, „was soll eigentlich der Alarmzustand? Gibt es eine Bedrohung? In den Mails habe ich nichts gelesen.“
Frank sah sie an, dann wanderte sein Blick zu mir und anschließend vielsagend zu Caroline zurück.

„Routine!“

„Und?“, fragte Frank, während er sich die Schläfen rieb. Mittlerweile fühlte er sich müde und schlapp. All der Ärger und Stress der letzten Tage forderten ihren Tribut. Und als ob er nicht schon genug Ärger hätte, fing sein Freund an durchzudrehen!
Randy saß ihm gegenüber und klappte seinen Laptop auf. „Seit wir hier sind, hat sich nicht das Geringste ereignet.“

„Was macht unser Gast?“
„Clair geht’s den Umständen entsprechend gut. Dana hat mit Lem und Levi geredet. Lem ist durch das Auftauchen des Schleitz ebenfalls sehr beunruhigt. Er hat zwar nichts gesagt, aber ich glaube, da läuft irgendeine riesen Sache, denn er hat ohne zu zögern Fabienne und Finja abgestellt um in der Sache zu ermitteln.

Jedenfalls ist Fabienne nach Frankreich geflogen und hat sich die Autopsie Ergebnisse besorgt. Das Ergebnis der Autopsie ihrer Freundin besagt, dass diese tatsächlich bei einem Unfall ums Leben kam. Aber Fabienne hat es geschafft, sich die Leiche anzuschauen. Sie ist des Nachts in der Gerichtsmedizin eingebrochen und konnte einen Einstich unter der Zunge feststellen. Kaum zu entdecken, wenn man nicht gezielt danach sucht.“

„Unter der Zunge, sagst du?!“, plötzlich war Frank hellwach.
„Ja, Fabienne hat mir erklärt, dass es bei verschiedenen Killern eine beliebte Methode ist, da sie kaum entdeckt wird. Doch es wird noch besser. Fabienne ist sich sicher, dass der Pathologe den Einstich mit Sicherheit bemerkt hat, ihn aber nicht in das Protokoll aufgenommen hat, was bedeutet, der Mord sollte als solcher vertuscht werden. Bleibt die Frage, wollte man Claire damit schützen, oder sie hervorlocken und abschießen.“

„Solange wir es nicht besser wissen, gehen wir davon aus, dass man sie abschießen will. Weiter!“
„Ich habe mir die Umgebung um uns herum etwas neuer angesehen. Dazu habe ich die Kameraeinstellungen verändert und eine neue Software benutzt.“

Randy drehte den Laptop zu Frank und das Modell einer der Kameras, welche überall an den Mauern des Gefängnisses montiert waren, erschien. „Ich habe den Kameras ein Softwareupdate verpasst, neue Linsen eingebaut, mit denen sich der Erfassungsradius um dreißig Grad erweitert. Viele Leute sehen die Kamera, folgen der Richtung nach der diese ausgerichtet ist und glauben, wenn sie sich seitlich davon aufhalten, außerhalb des Erfassungsbereiches zu sein. Mit dem neuen Update aber erhöht sich Erfassungsbereich beträchtlich.“
Als Frank ihn etwas genervt ansah, hob Randy beschwichtigend die Hände. „Ich erkläre dir das, damit du mir folgen kannst.“

„Ich bin ganz Ohr!“
„Also, wie gesagt, habe ich die Kameras neu ausgerichtet und habe dann die Bilder mit einer neuen Software bearbeitet. Die Software erkennt, wie die Gesichtserkennungssoftware Personen die irgendwo gespeichert ist. Sie erkennt Personen, die von den Kameras erfasst werden und speichert zu dem Gesicht Ort und Zeit. Wenn sich ein Gesicht wiederholt an einem Ort aufhält, erkennt die Software das und analysiert das Verhalten der Person.

Beispiel:“ Randy rief ein Bild auf, das eine Frau mit Hund zeigte. „Diese Frau geht immer zur selben Zeit mit dem Hund an der Süd-Mauer vorbei. Das Programm erkennt das und schließt eine Bedrohung aus. Genauso wie Pendler, Nachbarn und nicht zuletzt unsere eigenen Bediensteten.“

„Kommt auch noch etwas Wichtiges?“

„Oh ja! Das hier!“ Randy rief ein paar weitere Bilder auf und vergrößerte Bildabschnitte. „Seit drei Tagen wird unser Gefängnis beobachtet!“

Die Bilder die Randy aufrief, zeigten mehrere Männer und Frauen, welche zu unterschiedlichen Zeiten im Erfassungsbereich der Kameras standen.
„Vierzehn Beobachter, neun Männer, fünf Frauen und ein Koordinator. Sie haben sich viel Mühe gegeben um nicht gesehen zu werden, und ohne Erweiterung der Kameras, hätte ich sie auch nicht entdeckt. Sie verteilen sich auf drei Beobachtungspunkte, die die Pforte beobachten und ein Beobachtungspunkt, der den Südflügel im Auge hält.“
„Eure Wohnung?“

„Ich weiß nicht…. Von dem Punkt aus kann man unsere Wohnung nicht einsehen, sie liegt auf der straßenabgewandten Seite. Mein Gefühl sagt mir, dass sie nicht uns beobachten.“
„Zufällig aber, seid ihr und euer Gast die Einzigen hier, die man gerade umlegen will.“
„Ich weiß, dennoch… Irgendwas stimmt da nicht überein. Die Hema hat nicht gefackelt und angegriffen. Das Verhalten der Beobachter passt nicht in das Bild von irren Killern, wie die der Hema. Das scheinen eher Profis, wie die eines Geheimdienstes zu sein.“
„HHMM“ brummte Frank und sah sich die Bilder der verborgenen Beobachter an. „Von denen habe ich noch nie einen gesehen. Was sagt die Datenbank?“

„Ich habe mich beim BKA und beim LKA eingehackt, keiner der Gestalten ist irgendwo bekannt, geschweige denn zur Fahndung ausgerufen.“
„Hast du auch eine Aufnahme von diesem Koordinator?“
„Klar, die Kamera hat ihn erwischt, als er gerade bei einen seiner Beobachter war.“

Als das Bild des Mannes erschien, starrte Frank es an.

„Ok, schick mir die Bilder und mach für heute Schluss!“
„Was? Aber…“
„Schick Decker zu mir!“

„Ok.“ Randy stand auf, wollte seinen Laptop holen, doch Frank schüttelte den Kopf. „Ich bringe ihn nachher bei dir vorbei!“

„Du bist der Boss.“ Randy verließ Franks Büro und suchte Decker.
„Lauter Irre!“, brummte er, nachdem er Wolfgang gefunden und zu Frank geschickt hatte.

**

„Was hast du denn mit Randy gemacht? Der ist ziemlich durcheinander.“ Wollte Decker von Frank wissen, als er zu ihm ins Büro gekommen war.
Ohne ein Wort zu sagen, drehte Frank den Laptop zu Decker starrte das Gesicht darauf an. Der Mann darauf war älter, grauer und war etwas faltiger geworden und, aber ER war es! Theobald, der Stecher, Vogel!

„Scheint so, als ob uns unsere Vergangenheit eingeholt hat.“ Sagte Decker schließlich.
„Jedenfalls wissen wir jetzt, wen sie suchen.“

„Ja… uns!“

**

Was soll das? Jessika knallte eine Tasse Kaffee so heftig auf den Tisch, dass einiges vom Inhalt verschüttet wurde. Ich hatte gerade die morgendlichen Mails aufgerufen und zuckte zusammen. „He! Was hast du?“
„Was ICH habe?! Du…“ sie schwieg, als Caroline hinter ihr auftauchte und ihr die Hand auf die Schulter legte. Als sich Jessika zu ihr umdrehte, nickte Caroline ihr zu und Jessika verstand den Wink. „Ich schließe die Tür ab und mache erst wieder auf, wenn wieder alle bei Verstand sind!“ Wobei ihre Augen mir klar zu verstehen gaben, dass sie mit Alle nur mich meinte. Jessika drehte sich um und schloss die die Tür mit einem lauten Knallen.

„Was hat sie denn?“, fragte ich und sah ihr nach.
„Peter, die Frage ist… was hast du? Was ist mit dir?“
„Was soll mit mir sein? Nichts! Alles in Ordnung.“

„Nein ist es nicht!“ Caroline schob die Akten auf dem Tisch zur Seite und setzte sich vor mir auf den Schreibtisch „Du bist anders. Seit Alofi hast du dich verändert! Was ist auf der Insel passiert?“
„Du warst dabei. Du weißt, was auf der Insel geschehen ist.“
„Nein! Ich war zwar dabei, aber seit unserem Gespräch auf den Klippen, weiß ich, dass etwas geschehen ist, irgendetwas das niemand, auch ich nicht, mitbekommen habe. Dein, „Nein Schatz, es ist alles in Ordnung“ war gelogen.“

„Woher willst du das denn wissen?“

„Weil ich dich besser kenne, als du dich selbst und du außerdem ein ganz beschissener Lügner bist. Erinnerst du dich an den Flug zu unserer Hochzeit auf Soulebda, an das, was ich im Flieger zu dir sagte? Solange du ehrlich zu mir bist, stehe ich fest an deiner Seite, also letzte Gelegenheit!

Was ist auf Alofi geschehen?!“

Der Raum fing sich für mich plötzlich an zu drehen… Verdammt, sogar mein Herz fing an zu rasen, als die Ereignisse wieder auf mich einstürmten.

Wie sollte ich Caroline sagen…? Wie sollte ich ihr erklären, dass ich Mualebda gesehen hatte?
Und ich hatte es mir NICHT eingebildet. SIE war es, die den Tomahawk 150 Meter weit getragen hatte. SIE war es, die die Hexen aufgehalten hatte, bis Ma’fretama eingriff und dem kleinen Mädchen das Leben rettete.

Jahrelang musste Ma’Fretama Spott und Hohn über sich ergehen lassen, als sie den Menschen ihres Dorfes sagte, sie hätte Mualebda gesehen. „Überlege die gut, wem du davon erzählst, Europäer!“, hatte sie mich gewarnt.

Hätte ICH ihr vorher geglaubt? NEIN! Würde man mir glauben? NEIN!!! Würde Caroline mir glauben…? Ich wusste es nicht.
Mein inneres Ich hatte sich, seit diesem Tag, immer wieder damit auseinandergesetzt…. Wenn es wirklich Mualebda war, die vor mir geschwebt war, dann waren all die Legenden der Stammeskrieger wahr!

Doch was war dann mit den anderen Legenden, oder gar ganzen Religionen? Waren sie alle falsch? Oder waren sie genauso wie die Legende Mualebda wahr? Waren am Ende alle Religionen dieser Welt??? Und genau wie jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, schaltete mein Gehirn an diesem Punkt aus und ging auf Notstrom!

ICH WUSSTE ES NICHT!!! ICH HATTE KEINE ANTWORT!!!
„Peter?“

„Hannes hatte Recht!“, sagte ich schließlich und stand auf, um hin und her zu gehen.
„Was?“

„Der Tomahawk! Es waren keine 50 Meter mit Rückenwind. Tror’fohl stand tatsächlich 150 Meter entfernt… Ich hätte die Strecke niemals geschafft!

Es war Mualebda! Sie hat den Tomahawk ergriffen und die ganze Strecke zu Tror’fohl getragen.“ Ich war vor ihr stehen geblieben und schaffte es ihr in die Augen zu sehen.
„Verdammt Caroline! Ich habe sie GESEHEN! Sie wirklich gesehen!“
Jetzt war es heraus!

Caroline starrte mich nicht ungläubig an, oder schüttelte lachend den Kopf, nein sie sah mich neugierig an. „Wie sieht sie aus?“

Verdammt, mit dieser Frage hatte ich am Allerwenigsten gerechnet.
„Genauso, wie Ma’Difgtma und die Stammeskrieger es beschreiben. Sie erschien in der Gestalt einer riesigen Harpyie, Transparent, aber deutlich zu sehen. Sie schwebte zwei Meter vor mir und sah mich an…

Ich weiß, das hört sich bescheuert an, aber sie hat mich angeschaut und das waren keine Vogelaugen… ich… ich kann es nicht anders beschreiben… Später auf den Klippen, da erzählte mir Ma’fretama, dass sie Mualebda an diesem Tag das zweite Mal gesehen hatte und dass das erste Mal der Grund war, warum man sie jarse nannte.

Keiner hat ihr geglaubt und alle haben sie verspottet. Ich habe Angst, dass es mir genauso ergeht.
Mal ehrlich! Denkst du, irgendjemand auf der Welt würde mir glauben?“
Jetzt schüttelte Caroline den Kopf, packte mich und zog mich an sich heran. „Du Idiot!“, schimpfte sie, während ihr eine Träne über die Wange lief.

„Du verfluchter Idiot!“, und sah mich mit ihren wunderschönen Augen fest an.
„ICH GLAUBE DIR!“

**

Erleichterung
Eine Stunde später als Jessika zurückkam, fand die eine völlig andere Stimmung vor.
Ich war von einer tonnenschweren Last befreit! Caroline hatte mich nicht ausgelacht, verspottet oder mich als Wirrkopf bezeichnet und das einzige, was sie sagte, war „Ich beneide dich!“
Mit jemanden zu reden, der mir tatsächlich glaubte, war wie eine Befreiung! Eine Befreiung aus meinem eigenen Gefängnis. Zwar würde ich nicht durch die Gegend laufen und rufen, „Ich habe den Südseegott Mualebda gesehen“, aber die Tatsache, dass mir meine Frau Glauben schenkte, reichte völlig aus, um mich wieder in die Spur zu bringen und mir wurde bewusst, dass ich einiges gutzumachen hatte.
„Soll ich zu Frank gehen und sagen, ich wieder der Alte?“

„Nein, ich habe eine andere Idee. Wir zaubern morgen ein tolles Essen und laden alle ein. Im Laufe des Abends werden sie schon erkennen, dass alles wieder ok ist.“
„Wie meinst du das denn?“
„Jeder der dich kennt, hat bemerkt, dass mit dir etwas nicht stimmt, also werden auch alle mitbekommen, dass du wieder in „normal“ bist.“

„Und was soll ich sagen?“
„Nichts! Wir machen es wie immer, das Reden übernehme ich!“
Caroline schnappte sich ein Blatt Papier und schriebe eine Liste mit Sachen, die ich besorgen sollte. „Ich erinnere mich an ein tolles Rezept, dass mir Dagan einmal anvertraut hat. Ich denke es ist für heute Abend angemessen.“

„Dagan kennt Kochrezepte? So ganz ohne Sprengstoff?“, grinste ich.
„Ja, stell die vor, auch Dagan kam nicht verheiratet auf die Welt und hat gelernt nicht zu verhungern, wenn niemand da ist, der für ihn kocht.“
„Wow, das wirft ein ganz anderes Licht auf ihn.“

„Aber wenn es dich beruhigt“, grinste Caroline, „ein paar Zutaten anders gemixt und ich kann damit ein Haus in die Luft sprengen.“ Dabei zwinkerte sie mir zu.

Sie reichte mir die Liste und ich las sie durch. „Ok, morgen nach Dienstschluss bringe ich alles mit.“

**

Die Einladung zum Essen
Als ich meinen Schreibtisch leer gearbeitet hatte, ging ich zu Franks Büro, um ihm die Einladung zu überbringen.
„Ist er allein?“ fragte ich Thekla, seine Sekretärin.
„Nein, Karin ist bei ihm.“
„Karin? Welche Karin?“
„Na Karin Heid, aus der Buchhaltung.“

„Ah…“ Ich wurde unterbrochen, als die Tür aufging und Karin freudestrahlend herauskam. Frank hatte sie zur Tür begleitet und hob in einer nicht ernst gemeinten Drohung den Zeigefinger. „Und das nächste Mal kommst du gleich zu mir!“
„Danke!“, sie trat an Frank heran und drückte ihn, dann winkte sie Thekla und mir zu und ging lächelnd nach draußen.
Frank war stehen geblieben und sah mich fragend an.

„Hast du eine Minute?“
Ohne mir eine Antwort zu geben, zeigte er mit dem Kopf in sein Büro und ging voran.
„Hast du Karin befördert?“, wollte ich wissen, als er die Tür geschlossen hatte.
„Nein, ihr Sohn beginnt ein Praktikum bei uns.“
„Ein Praktikum? Seit wann nehmen wir im Gefängnis Praktikanten?“
„Seit jetzt! Also was willst du?“

„Ich will dich und deine Frau für morgen Abend zu uns einladen.“
„Iris und mich?“
„Ja, außerdem Decker, Marianne und die gesamte restliche Bande.“
„Und was ist der Anlass?“
„Sagen wir einfach, ich habe was gutzumachen.“

Frank sah mich misstrauisch an und zog die Augenbrauen zusammen. „Du siehst irgendwie anders aus. Geht’s dir gut?“

„Glaub mir, so gut wie jetzt, ging’s mir schon lange nicht mehr.“

**

Ich packte meine Einkäufe in die Tasche und verstaute alles im Kofferraum meines Wagens.
Caroline, die dank der Tatsache, dass sie jetzt einen Fahrer hatte, ihren Tagesablauf erheblich straffen konnte, war schon zu Hause und hatte angefangen das Essen für die ganze Mannschaft vorzubereiten. Alle hatten zugesagt und ich war sicher, dass der Abend ein Erfolg werden würde.

Nachdem ich alles im Auto verstaut hatte, brachte ich den Einkaufswagen zurück, wo eine hübsche Brünette mit ihren Fingernägeln versuchte, den Euro wieder aus ihrem Einkaufswagen herauszuholen.
„Du blödes Ding!“, fluchte sie gerade, als ich meinen Wagen in die Schlange daneben abstellte. „Können sie mal versuchen das Teil herauszubekommen?“, fragte sie mich.
„Selbstverständlich.“ Antwortete ich freundlich und versuchte den Euro herauszubekommen, der sich anscheinend festgeklemmt hatte. Doch nach ein paar Sekunden hatte ich es geschafft und drückte der Frau den Euro in die Hand.

„Danke.“ Sagte sie und lächelte mich an. „Man weiß ja nie, wie man ihn nochmal braucht.“
„Ja, wissen kann man das nie.“ Lächelte ich zurück.
„He, ich habe heute Abend Zeit. Was ist mit ihnen?“

Wow! Das war ein eindeutiges Angebot und die Frau sah wirklich gut aus! Ich musterte sie ausgiebig und kam zu der Erkenntnis, dass die Frau sicher auch Caroline gefallen würde. Sie war schlank, 1,70 Meter groß, hatte schwarzes schulterlanges, glattes Haar, und stechend blaue Augen, die mich aus einem symmetrischen Gesicht heraus anlächelten.

„Sorry“, sagte ich zu ihr, „heute Abend wird das leider nichts.“
„Schade.“ Antwortete sie „Vielleicht ein anderes Mal?“
„Ja, vielleicht.“ Und als ich mich umdrehte, um zu gehen, hielt sie mich kurz am Arm fest.
„Hier.“ Sie gab mir ihren Euro, den ich aus dem Einkaufswagen geholt hatte. „Damit sie mich nicht vergessen.“

**

Gut gelaunt parkte ich kurz darauf meinen Wagen vor dem Gefängnis und schleppte die Einkäufe durch die Pforte. Um sie nicht den ganzen Weg tragen zu müssen, beschaffte ich mir eine unserer Rollliegen aus massivem Stahl aus der Wäscherei, welche direkt neben der Kammer untergebracht war.
Ich stellte die Tasche auf die Liege und schob sie bis zu unserer Wohnung. Als ich die Tür aufschloss, schlug mir ein herrlicher Duft entgegen.

Caroline stand am Herd und übertraf sich selber. „Hallo Schatz.“
„Hi.“ Antwortete sie, sah mich kurz an und widmete sich dann wieder den Töpfen vor sich. „Ich sag dir was! Damit hast du einiges bei mir gut zu machen.“

Ich grinste, stellte die Liege einen Meter von ihr einen Meter entfernt ab, umfasste sie von hinten und gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Oh, das werde ich.“ Und ließ meine Hände von ihrer Hüfte zu ihrem Busen wandern.

„Jetzt nicht! Lenk mich nicht ab, sonst muss ich von vorne beginnen. Hast du alles bekommen?“
„Klar.“ Sagte ich, drehte mich zur Liege um und öffnete die Einkaufstasche.

-P-L-I-N-G
**

Es gibt Geräusche, welche du einmal hörst und nie mehr vergisst! Das Vorbeisausen einer Kugel an deinem Kopf, das Bersten von Glas und Blech bei einem Unfall… und das Pling wenn der Sicherungsbügel einer Handgranate abspringt, gehörten eindeutig dazu.

Ich wirbelte herum, riss Caroline zu Boden und schon tat sich über uns die Hölle auf. Unzählige Stahlsplitter verwüsteten die gesamte Wohnung und zerstörten alles, was in ihrer Reichweite war.
Lediglich die Stahlbleche der Rollliege, auf der die Tasche stand verhinderte, dass Caroline und ich auch zerrissen wurden. Halb betäubt rollte ich mich von Caroline herunter und stellte zu meiner Erleichterung fest, dass sie anscheinend nur ein paar Schrammen hatte.

„…Ok…?“, erklang ihre gedämpfte Stimme durch das laute Piepen in meinem Ohr.
Nach einigen Minuten verebbte das helle Piepen in unseren Ohren.
Ich nickte nur, stand auf und starrte auf die verwüstete Küche. „Was zum Teufel war das denn?“
Auch Caroline war aufgestanden und sah sich um. „Keine Ahnung!“
„Bist du sicher, dass du Dagans Rezept richtig in Erinnerung hast?“
Caroline warf mir einen vernichtenden Blick zu und sah ihr Essen an der Wand kleben.
„So eine Scheiße, ich habe mir so viel Mühe gegeben!“

**

Decker schaute sich die Splitter an, die überall in der Wand steckten. Um ihn herum suchten Ermittler des LKA nach Spuren, doch außer den Splittern fanden sie nur wenig.
Frank, der im Flur stand und dem Ganzen zusah, winkte Decker, Caroline und mich zu sich. „Und?“, wollte er von Decker wissen.

„Ich würde sagen eine Handgranate mit einer Extraummantelung mit Nägel und Schrauben.“
„Nur eine?“
„Ja, die Größe der Explosion lässt darauf schließen, dass er nicht ein riesengroßes Loch in die Wand sprengen wollte. Wer immer das war, er wollte nur diejenigen umlegen, die hier drinnen waren.“
„Das passt.“ Meinte auch Caroline. „Wäre der Sprengsatz größer gewesen, hätte uns das dicke Stahlblech der Liege nicht geschützt. Weniger Sprengstoff und mehr Metallteile. Das war eindeutig ein Profi.“

„Wo hast du die Bombe her? Gab‘s die heute im Angebot? Und da wunderst du dich, wieso ich dich an der Pforte filzen lasse!“, brummte Decker.
„Haha! Ich habe keine Ahnung, wie die Bombe da in meine Tasche kam! Ich habe meine Einkäufe direkt in die Tasche gepackt und kam direkt hierher.“
„Wo hast du eingekauft?“
„Im Supermarkt, neben der Autobahnauffahrt.“
„Und sonst warst du nirgendwo?“
„Nein, ich habe die Sachen ins Auto gepackt, den Einkaufswagen zurückgebracht und kam auf direktem Weg hierher.“

„Den Einkaufswagen hast du selbstverständlich erst zurückgebracht, nachdem du deinen Wagen abgeschlossen hast?!“
„Ach komm schon! Niemand schließt seinen Wagen ab, wenn er den Einkaufswagen zurückbringt!“
„Ich schon!“, meinte Decker in einem belehrenden Ton.
„Das waren nur ein paar Sekunden und der Wagen stand nur einige Meter entfernt, niemand…“
Ich fasste suchend in meine Tasche und tastete nach dem Euro, die mir die Schönheit vor dem Supermarkt gegeben hatte. „Dieses Miststück!“

„Was? Wer?“, fragte Caroline.
„Die Frau vor dem Supermarkt. Sie hat so getan, als ob sie ihren Euro nicht mehr aus dem Einkaufswagen bekommt und hat mich in ein Gespräch verwickelt. Sie können die Bombe nur in diesen wenigen Sekunden platziert haben.“

„Das hört sich nach einem Killerteam an, dass auf Peter, oder uns beide angesetzt wurde. Bloß habe ich keine Ahnung, um was es geht.“ Sagte Caroline zu Frank.
Frank und Decker tauschten einen vielsagenden Blick und Decker ließ ein, „Ich kümmere mich darum“, vernehmen.

„Gut, sag ihnen sie sollen ihren Gast mitbringen. Besprechung in einer halben Stunde!“

**

Einsatzbesprechung
Im gesicherten Besprechungsraum hatten sich, wie angeordnet, alle versammelt, die Frank zu sich gerufen hatte.
Frank und Decker saßen an der Frontseite des U-förmigen Tisches.
An den Seiten zur Rechten saßen Randy und Dana, sowie Clair Clament,
Zur linken saßen Heiner Mohrle, vom BND, wie uns gesagt wurde, Peter und ich.

Frank schaute kurz zu Decker und beide nickten, dann drückte Frank einige Tasten an seinem Pult und die Lichter wurden etwas gedämmt, an der breiten Tür wechselte das LED Schild von „Öffentlich“ zu „Nicht öffentlich“ und Frank stand auf.
„Zuerst möchte ich erklären, dass diese Sitzung als Verschlusssache eingestuft ist und dass Sie alle hier zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

Dann begrüße ich Herrn Heiner Mohrle vom Bundesnachrichtendienst, er hilft uns immer mal wieder, bei der Aufklärung von mehreren Jahrzehnten alten Fällen und, bitte entschuldigen Sie mir diese unglückliche Reihenfolge, Frau Major Clair Clament vom französischen Auslandsgeheimdienst.“
Peter und ich sahen zum ersten Mal diese wunderschöne Frau mit ihren langen, glatten, wasserstoffblonden Haaren. Sie war modisch gekleidet, jedoch nicht zu modern und ihre sportliche Figur kam gut zur Geltung.

„Frau Clair Clament ermittelt in einer großangelegten Rauschgiftaktion. Während einer Einsatzoperation im südfranzösischen Mittelmeer wurden durch Verrat mehrere Beamte der französischen Sicherheitskräfte getötet, darunter das komplette Einsatzteam Zebra, als man eine komplette Super-Luxusyacht in die Luft sprengte. Dabei wurde die Kommunikation der Verbrecher mit einem uns nur zu bekannten Algorithmus verschlüsselt, nämlich dem „von Schleitz“ Algorithmus.

Miss Clament hat uns aufgesucht, weil wir Erfahrung mit diesem Algorithmus haben und bei der Entschlüsselung helfen können und werden. Sie ist seit fünf Tagen unser Gast, daher auch die verstärkten Kontrollen.“ Dabei blickte Frank nochmals Peter mit großen Augen an.
„In dieser kurzen Zeit hat man versucht, alle Beteiligten, die in Frankreich mit der Aktion in Verbindung stehen zu töten und bisher gibt es bereits ein halbes Dutzend Opfer.“

Frank nickte Decker zu und er fuhr fort.
„Seit drei Tagen wird unser Gefängnis nachweislich von einem 15-köpfigen Team rund um die Uhr überwacht. Alle unsere Untersuchungen ergaben bisher keine Treffer, wer die Leute sind. Doch heute ist uns ein Teilerfolg gelungen. Das Überwachungsteam besteht aus neun Männern, fünf Frauen und einem Koordinator. Bitte Frank.“

Frank fuhr wieder fort. „Dieser Mann, wir nennen ihn hier einfach den Koordinator, ist bereits sehr viel früher in Aktion getreten und muss als extrem gefährlich angesehen werden. Er tritt unter verschiedenen Namen auf, ist angeblich kolumbianischer Bürger und heißt Theobald Vogel, besser bekannt als Don Aluego, oder „Der Stecher“. Bitteschön Herr Mohrle.“

Heiner Mohrle begann seinen Vortrag und auf der Leinwand erschien das aktuelle Bild von Theobald Vogel, der Stecher, in verschiedenen Ansichten und Perspektiven.
„Theobald Vogel, genannt der Stecher, so genannt, weil er seine Opfer absticht wie Hasen, verwendet Stichwaffen aller Art und hochgefährliche Gifte. Er wurde bei uns erstmals Ende der Achtziger Jahre aktenkundig, als er im Mittleren Osten seine Opfer mit Rizin Injektionen umbrachte.
Wir konnten ihn allerdings nicht inhaftieren, da er sich in einem Land versteckte, mit dem wir keine Auslieferungsverträge hatten.“ Heiner Mohrle setzte sich wieder und ich hob meine Hand.
„Wie kommen Peter und ich hier ins Spiel?“

Frank nickte kurz. „Ganz einfach, oh, Moment bitte, da kommt der Anruf, auf den ich gewartet habe.“ Frank schaltete das Konferenztelefon ein und zwei Leuchten wurden grün, dann klickte es einmal und eine freundliche, tiefe Stimme mit französischem Akzent begrüßte uns.
„Guten Tag und danke für die Zuschaltung. Ich darf mich kurz vorstellen, ich bin Kommandant LeClerc und neben mir sitzt Madame Vistére unsere Verteidigungsministerin.“
„Bon jour Messieurs Dames, auch wenn der Anlass ein unschöner ist, freue ich mich über diese Konferenz, dient sie doch unser Aller Sicherheit, LeClerc bitte…“

„Danke, Wir haben in der von Ihnen angesprochenen Angelegenheit mittlerweile neun Menschen verloren und sie, Clair, sind die letzte überlebende Augenzeugin. Aus diesem Grunde haben wir beschlossen, sie den deutschen Kolleginnen und Kollegen, sagen wir „auszuleihen“. Uns wurde versichert, sie hätten eine Möglichkeit für die nötige Sicherheit zu sorgen, allerdings in Übersee. Da die Argumente schlüssig waren und sie, Clair, für die Untersuchungen extrem wichtig sind, haben wir eingewilligt.“

Die Verteidigungsministerin führte fort. „Major Clair Clament, hiermit werden sie für vorerst unbestimmt Zeit freigestellt und in die Obhut der Kollegen gestellt. Ihre Bezüge erhalten sie natürlich weiterhin in vollem Umfang. Sie werden mit Madame Caroline Miles und Monsieur Peter Klein auf die Südseeinsel Soulebda übersetzen und dort auf neue Befehle warten. Danke, das war es.“
Clair schaute mit großen Augen in die Runde, sie war sichtlich überrascht und uns ging es nicht besser.
Frank meldete sich wieder zu Wort. „Frau Minister, Herr Kommandant. Mir liegt das Schreiben unserer Minister ebenfalls vor. Damit ist dieses Abkommen bestätigt. Wir stellen unsere beiden Mitarbeiter für die Dauer der Operation frei, natürlich unter Weiterführung der Geld- und Sachbezüge. Frau Minister, Herr Kommandant, die Kommunikation mit Madame Clair erfolgt ab jetzt nur noch über uns, genauer über mich und meinen Stab. Ganz wie besprochen.“

„Gut, der Worte sind genug gewechselt, um einen alten Spruch zu nützen,“ so verabschiedete sich die französische Abteilung und wir waren wieder unter uns.
Frank sah uns alle groß an. „So, damit ist geklärt, wie kommen Caroline und Peter ins Spiel. Ihr habt den Auftrag, Clair nach Soulebda zu bringen und dort für ihre Sicherheit zu sorgen. Wir müssen damit rechnen, dass weitere Anschläge auf Clair und euch verübt werden sollen. Auf Soulebda ist die Chance das zu überleben ungleich besser als hier. Fragen bisher?“

Clair meldete sich etwas verunsichert. „Neun Menschen getötet, alle wegen mir? Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, den Kontinent zu verlassen?“
„Clair, bitte sehen sie das nicht so.“ Lächelte Frank sie an. „Sie sind zu wichtig, das haben sie doch eben gehört. Hier in Deutschland oder Frankreich können wir ihre Sicherheit nicht gewährleisten. Wir brauchen eine Umgebung mit ganz speziellen Bedingungen und die sehen wir alleine auf dieser Insel als gegeben an. Ihre Verteidigungsministerin hat bereits zugestimmt.

Und für euch beiden gilt: Macht euch reisefertig, der Flug geht in drei Stunden los. Decker und sein Team bringt euch zum Flughafen. Clair, ich wünsche ihnen Gesundheit und viel Glück und nutzen sie auch einmal die Gelegenheit etwas auszuspannen und Kraft zu tanken. Diese Insel ist einzigartig. Da keine Fragen mehr sind, würde ich die drei jetzt gehen lassen.“
So verließen wir die Konferenz. Clair ging in unserer Mitte und wir begrüßten uns erstmals richtig. Clair erhielt zwei Beschützer und sammelte ihre Sachen in ihrer Wohnung und wir machten uns ebenfalls reisefertig.

Im Konferenzraum ging die Besprechung allerdings weiter.
„Soweit Phase 1 der Operation. Auf Soulebda ist Clair erst einmal aus der Schusslinie und weit weg vom Geschehen. Jetzt zu dem Koordinator, diesem Theobald Vogel, genannt der Stecher. Wir, das heißt Decker hier und ich hatten mit dem Stecher schon früher einmal zu tun, bitte.“
Frank setzte sich und Decker stand auf.

„Also folgendes hat sich damals zugetragen …“

**

Soulebda, Regierungspalast
Unsere Reise war natürlich längst im Palast auf Soulebda angekündigt und Penelope war bereits ganz aufgeregt. Endlich würde sie ihre geliebte Nun’tschula wieder zu einem Besuch kommen und diesmal würden sie auch etwas mehr Zeit haben. Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda und Mutter von Penelope kam auf ihre Tochter zu und umarmte sie.
„Meine geliebte Tochter, ich freue mich auch für dich. Aber bedenke, dass der Anlass des Besuches kein reiner Urlaub ist. Ich habe Jerome bereits zu den Stämmen geschickt, ich möchte eine Unterhaltung mit den Häuptlingen führen, um mit ihnen abzuklären, wie wir für die Sicherheit unsere Gäste sorgen können.

Immerhin sind das ja keine normalen Gäste, das sind Peter als ein ehrenvoller Stammeskrieger und Caroline als deine Nun’tschula und Trägerin des Kahlscha’daar.
Dazu bringen sie eine weitere Frau mit, die wir beschützen sollen. Frank Brauer war mit seinen Angaben etwas vorsichtig, aber ich habe ihm versprochen, dass wir sie aufnehmen und beschützen werden.“
Neben ihnen trat eine ältere kräftige Frau mit einem kleinen Silbertablett und einem Trinkbecher dazu.
„Regentin, Ihre Medizin.“ Madame Ma’Difgtma lächelte und reichte Heylah den Becher. Sie nahm den Becher und trank ihn in einem Zug aus.

„Unsere gute Ma‘ wird auch auf die drei aufpassen, damit ihnen nichts geschieht. Danke für den Trank, ich fühle mich gleich wieder stärker.“
„Selbstverständlich, besonders Peter und diese Clair werde ich mir unter die Fittiche nehmen.“ Dabei grinste Madame Ma’Difgtma mit ihren herrlichen weißen Zähnen.

**

Im Hintergrund flogen einige Paradiesvögel vorbei und das herrliche duftende Blumengedeck, mit dem der Palast geschmückt war, sah einfach wunderbar aus. Der weiße Kalkstein des Palastes sah mit den grazilen Verzierungen prunkvoll und dennoch einfach aus.
Hineingebettet in die malerische Landschaft einer Südpazifikinsel war das ein wunderbares Bild. Davor die schier endlose Menge an zufriedenen Menschen, die auf dem Markt ihre Waren anpriesen und sich unterhielten.

Im Hintergrund lagen die beiden Vulkane und dahinter das blaue endlose Meer.
Soulebda. Dieser herrliche Inselstaat mit über 400 Inseln im südlichen Pazifik. Die allermeisten der Inseln waren unbewohnt, einige der größeren Inseln waren mit hübschen gut ausgestatteten Dörfern besiedelt.
Die Bevölkerung war zufrieden und ging ihrem Tagwerk nach. Dass in einigen Kilometern Entfernung seltene Erden abgebaut wurden, fiel nicht auf, da die Umweltbehörde auf die Renaturierung der Abbaugebiete sehr viel Wert legte.
So machte sich die wunderbare Insel Soulebda bereit für den Empfang der drei „Weisen aus dem Morgenland“.

**

Peter, Clair und ich saßen an Bord der Linienmaschine und schauten uns ein Video vom Bordserver an. Ein Video, das die Herrlichkeiten der Südsee aufzeigte. Einige wunderbare Inseln wurden gezeigt und dann kam endlich Soulebda vor. Clair sah sich das alles sehr genau an. Offenbar kannte sie diese herrliche Insel noch nicht.

„Sind das wirklich so viele kleine Inseln da?“

„Oh ja, und viele sind unbewohnt, die laden aber zum Baden und sonnen ein und du wirst sehen, dass hier einiges anders ist, als in Europa.“
„Du meinst das Matriarchat? Ich habe davon gelesen, kann mir aber noch keinen so rechten Reim darauf machen, ob das besser oder schlechter ist als bei uns.“
„Gehe einfach unbenommen und ohne Vorurteil darauf zu, wir versuchen nur dich irgendwie am Leben zu halten!“, fiel uns Peter ins Wort und grinste frech.
„Ist der immer so?“

„Er ist ein Mann, muss ich dir mehr sagen?“
Clair grinste Peter an, lächelte mich kurz an und konzentrierte sich wieder auf die wunderbaren Bilder. Peter lächelte mich gewinnend an und ich zwinkerte ihm zu, ja das war mein Peter, dieser kleine Held, mit dem ach so großen Herzen und dem ach so herrlichen …

„Bitte anschnallen…“ Kam es über die Bordsprechanlage und wir machten uns für die Landung bereit.
„Ich bin ja so gespannt auf diese Insel.“ Lächelte Clair Peter an und fragte gleich „Euch gefällt sie offenbar auch, oder?“ Peter lachte laut und schaute sie liebevoll an.
„Ja doch, das ist meine und unsere Wahlheimat. Wenn wir einmal fertig mit der Arbeit sind und alles hinter uns lassen wollen, dann ziehen wir hierher. Ich habe diese Insel als meine zweite Heimat angenommen und Caroline? Nun, ich glaube, Caroline ist mit der Insel verwachsen, ich denke sie gehört hierher.“

Dabei sah Clair mein stilles Lächeln in meinem Gesicht und musterte mich etwas genauer, was ich allerdings nicht mitbekam, denn ich war in Gedanken bei Penelope, der ich in wenigen Minuten endlich wieder unter die Augen treten durfte.
„Was ist mit ihr, sie scheint abwesend?“ Fragte Clair Peter. „Ja Clair, du wirst dich an einige ungewohnte Gegebenheiten einstellen müssen. Hier herrschen noch andere Riten und Sitten. Das mit dem Matriarchat hast du ja mitbekommen, dass aber die weibliche Führungsriege sich eine Nun’tschula nehmen darf, das wirst du erst noch lernen müssen. Das ist etwas ganz Besonderes und selbst ich, habe noch nicht alles verstanden. Caroline, meine geliebte Frau, ist nämlich die Nun’tschula der Tochter der Regentin.“

„Was macht eine Nun’tschula, was ist deren Aufgabe?“
„Das meine liebe Clair, kann ich dir nicht sagen, nur die Herrin der Nun’tschula darf diese Aufgaben preisgeben und im Grunde auch nur ihrer Lebensteilerin, das ist nämlich eine Nun’tschula. Sie teilt das Leben mit ihrer Herrin, ist für sie da, trägt und besteht die Gefahren und teilt alles mit ihrer Herrin, zuweilen sogar das Lager.“

Clair schaute kurz verdutzt. „Du meinst das Bett, ich meine, sie und ihre Herrin, zusammen im Bett?“ Clair bekam ein Lächeln ins Gesicht. „Wieso spricht Caroline nicht mit uns?“
„Sie ist tatsächlich seit einer halben Stunde im Geiste mit einigen Menschen auf der Insel verbunden und das ist nicht nur ihre Herrin, sie hat uns angekündigt und regelt gerade einiges für heute Abend.“
„Aha und woher weißt du das?“

„Ich kann sie im Geiste hören, wie sie reden, wir werden heute Abend ein wunderbares Essen erhalten und du wirst dich wohlfühlen, das verspreche ich dir.“
Clair schaute Peter und mich länger an. Schließlich war ich wieder bei ihr und wir lächelten beide.
„Randy und Dana haben mich gewarnt, dass ihr etwas anders seid als Gewöhnliche, aber ich sollte mich nicht fürchten, haben sie gemeint. Ich soll mich auf euch einlassen.“

Ich sah sie an und reichte ihr meine Hand. „Clair, liebe Clair, sei dir versichert, wir werden alles Mögliche tun, um dich hier zu beschützen, und wir haben hier ein paar ganz besondere Freunde, die uns dabei helfen werden. OK wir setzen jetzt auf!“

„Aber…“ im gleichen Moment rumpelte es und die Linienmaschine war gelandet und begann mit dem Abbremsmanöver. „… woher willst du das, ach vergesst es. Ich glaube hier ist alles ein wenig anders.“
Wir begannen alle drei zu lachen und freuten uns auf die frische Luft.

Endlich daheim …

**

G.I.P.S.Y.
Im Palast tagte zu der Zeit hinter verschlossenen Türen die neu geschaffene Interventionseinheit unter Führung von Dagan Mayr und Viktor Kubaliborov. Aus Soulebda waren neben Madame Ma’Difgtma, auch der Gelehrte Kana’Fartu Yasomera vertreten.

Yasomera war eine lebende Legende der Kampfkünste und ein taktisches Genie ohnegleichen. Seine Lehren wurden im Pazifikraum an diversen Eliteschulen unterrichtet und wenn man von Yasomera sprach, dann immer in Ehrfurcht. Wenn man von den Lehren der Kampfkünste sprach, fielen schnell Namen wie Sun Tsu oder Yasomera.

Mit am Tisch saßen die Teamführer der neu geschaffenen Interventionseinheit, Mike Smith und Dave Miller. Sie waren nach ihrem offiziellen Ausscheiden aus den Diensten der CIA stehenden Fußes von Dagan Mayr angeworben und übernommen worden. Im Gegenzug brachte Viktor Kubaliborow aus dem russischen Raum einige sehr gute Talente mit, die sich ebenfalls neu orientieren mussten. Darunter befand sich auch Oleg Popow, eine Strategielegende des GRU mit.

Als in der Runde nach einem passenden Namen für die neu geschaffene Einheit aufkam, da war es Oleg Popow der aufstand und einen Vorschlag einbrachte.

„Ich möchte, in aller Bescheidenheit, einen Namen vorschlagen. Die Erlaubnis des ehrenwerten Kana’Fartu Yasomera vorausgesetzt, schlage ich für das neue Team den Namen „G.I.P.S.Y.“ vor.
Diese Abkürzung steht für genau das, was wir hier machen und daher denke ich, passt der Name genau zu uns. GIPSY steht nämlich für:

Globales Interventions Planungs und Sicherheitsteam Yasomera.“

Der altehrwürdige Meister Yasomera stand auf und verbeugte sich kurz. Dann sprach er in einem leisen, sehr klaren Englisch zur den Anwesenden.

„Ich habe im Laufe der Jahrzehnte viele gute Einsatzteams gesehen und alle hatten sie sich einen schönen Namen gegeben. Viele von den Teams sind standhaft geblieben, andere sind gefallen und wiederum andere mussten bekämpft werden, weil sie den wahren Pfad verloren hatten, die Ehre und damit die Ehrlichkeit.

Ich habe dieses junge Team hier jetzt mit meinem bescheidenen Wissen beraten und habe die Erfolge gesehen. Dieses Team reist überall in der Welt umher und bekämpft das Böse.
Wie Zigeuner seid ihr auf allen Plätzen und allen Ländern zu finden und seid immer mit einem klaren Willen und der Ehre der Krieger dabei, wenn es gegen das Böse geht.

Dabei ist das Team sehr erfolgreich. Es wäre mir daher eine Ehre, wenn ich durch meinen Namen einen bescheidenen Beitrag zu eurem Erfolg beitragen könnte, Danke.“
Dagan und Kubaliborov waren die ersten, die anfingen zu klatschen, darauf fingen die anderen Mitglieder des Teams mit ein und endlich hatte das stolze und doch heimliche Einsatzteam einen Namen gefunden, der zu ihm passte. GIPSY.

Mike sah Dagan an und grinste schelmisch. „Müssen wir Sie jetzt GIPSY King nennen?“ Viktor Kubaliborow fing laut an zu lachen und alle fielen in das Lachen ein. Sogar der altehrwürde Meister Yasomera hatte ein Lächeln im Gesicht.

**

Ankunft in Soulebda
Im Terminal wurden wir noch vor dem Zoll von einer Eskorte erwartet. Penelope und Jerome standen vor uns. Sie waren in Begleitung von einem Dutzend Gardistinnen. Jerome erledigte das Schriftliche und Penelope begrüßte uns.
„Clair Clament, ich begrüße Sie auf unserer schönen Insel und heiße euch Alle herzlich willkommen. Clair, den Dienstgrad brauchen sie hier nicht, wie war der Flug?“

„Herrlich, ich habe schon lange keine Businessflüge mehr gemacht, dazu war es ein sehr ruhiger Flug.“
„Peter, du starker Krieger, lass dich mal ansehen, ja doch, die Ehe mit Caroline tut dir ganz gut. Du hast ein paar Pfund abgenommen, wie es ausschaut.“
„Hallo Penelope, wie schön dich wieder zu sehen.“ Damit umarmte Peter Penleope und sie küssten sich wie alte Bekannte.
Dann stand sie vor mir.

„Und nun zu dir, Caroline komm in meine Arme und begrüße mich, wie es sich für eine Nun’tschula gehört.“
Während ich in ihre Arme sprang und sie lange und ausgiebig küsste, summte die Eskorte eine alte Weise und Claire fragte Peter. „Was singen die da?“
„Die Eskorte summt das Begrüßungslied der Nun’tschula. Jeder weiß jetzt, dass Caroline, als die Nun’tschula von Penelope gelandet ist und dass alles in Ordnung ist.“
„Dürfen sich Frauen sonst nicht einfach so küssen?“

„Doch, doch, hier ist die gleichgeschlechtliche Liebe verbreitet. Aber eine Nun’tschula ist eben eine deutliche Stufe höher als eine einfache Geliebte.“

„So fertig, alles geregelt.“ Sagte Jerome und verbeugte sich vor Claire. Sie sah den großen eleganten Mann an und ein Leuchten ging durch ihr Gesicht.

„Ich bin übrigens Jerome n’Antakcket. Zu ihren Diensten Frau Major.“
Claire schaute überrascht und wollte Jerome gerade ihr Handgepäck reichen, da sprang ich dazwischen.
„Hallo Jerome, grüß dich, lange nicht mehr gesehen, wie fühlt man sich als frisch gebackener Colonel und Chef der Palastgarde?“

Claire zog schnell ihr Gepäck zurück und lächelte mich dankend an.

„Caroline, danke, aber in Kampfmontur und im Dschungel fühle ich mich nun einfach wohler als am Schreibtisch.“

Während wir zu den Wagen gingen, schaute ich mich unauffällig um und spürte, dass es noch keine ungebetenen Gäste gab, oder ich sah sie noch nicht.
Wir fuhren direkt zu meiner Dienstvilla und verschwanden in der mächtigen Tiefgarage, wo wir auch ausstiegen.

„Heute Abend gibt es einen kleinen Empfang in deiner Dienstvilla. Morgen früh werdet ihr abgeholt und in den Palast gebracht, meine Mutter erwartet euch so gegen 10.00 Uhr und jetzt fühlt euch endlich wieder wie daheim.“

**

Nachdem wir uns erfrischt hatten und Claire das große Haus besichtigt hatte, stand sie eine Weile vor dem großen Galgen und betrachtete ihn mit gespaltenen Gefühlen.
Peter kam dazu und stellte sich neben Claire, mit zwei Gläsern wunderbarem Traubensaft in den Händen. „Hier bitte versuch, es ist ohne Alkohol, aber es wird dir bestimmt munden. Du betrachtest Carolines Werkzeug?“

„Ja, sie ist wirklich eine richtige Henkerin?“
„Jepp, so richtig mit Strick um den Hals und so, ja tatsächlich sind wir beide vollwertig ausgebildete staatliche Henker. Ehe du die Frage stellst, in Deutschland werden seit über anderthalb Jahren keine Todesurteile mehr ausgesprochen und umgesetzt.“

„Ja, wir haben in Frankreich davon gehört.“
Dabei ging sie auf den mächtigen Galgen zu und betrachtete ihn genauer.
„So nah stand ich noch nie vor einem dieser Henkersgeräte. Wurden hier tatsächlich die Urteile vollstreckt?“

„Ja, die wurden hier vollstreckt.“ Sagte ich von hinter ihnen langsam näherkommend. Ich hatte mich in einen hauchdünnen Umhang gekleidet, der in den Landesfarben leuchtete.
„Tatsächlich wurden in meiner Zeit als Henker hier mehrere Urteile vollzogen. Soulebda hatte die Gerichtsbarkeit auch für die umliegenden Inselreiche und die Todesstrafen wurden allesamt hier vollzogen.“

„Entschuldige, dass ich so direkt frage, hast du kein Problem damit, dass du Menschen umgebracht hast?“
„Clair, ich habe Urteile vollstreckt und nein, ich hatte und habe kein Problem damit bösen Menschen das Leben zu nehmen. Ich war nicht immer Henker, musst du wissen.“
„So, wo hast du früher gearbeitet, bestimmt nicht in einer Verwaltung, oder?“ Ich lachte kurz auf und ging zur Bar, um die Gläser zu füllen.
Peter fing lauthals an zu lachen. „Sag mal Clair, hat man dich nicht über Caroline aufgeklärt, wer sie ist und was sie früher gemacht hat?“

„Äh, ich vermute, ich finde auch jedes Fettnäpfchen hier, oder?“
„Nein, keine Sorge. Also kurz zur Orientierung. Caroline Miles war früher beim israelischen Auslandsnachrichtendienst.“

„Mir hatte man gesagt, sie wäre bei einem amerikanischen Spezialteam gewesen und später Ausbilderin und Schießtrainerin.“
„Ja, da war sie auch und noch bei ein paar andere Diensten. Jetzt aber ist sie meine Frau und sie ist hier auf Soulebda außerdem etwas ganz Besonderes.“

Einige Dienerinnen kamen und deckten den Tisch mit herrlichen Leckereien ein. Als sie bei Peter und Clair vorbeikamen, da verbeugten sie sich kurz und trugen weiter auf. Als sie aber bei Caroline vorbeikamen, da verbeugten sie sich deutlich tiefer, was Clair sofort auffiel.
„Was bedeutet das, wieso verbeugen die sich so vor deiner Frau?“

„Nun, Caroline hat vor einigen Jahren hier eine Palastrevolte mit niedergeschlagen und dem Regenten Paar das Leben gerettet. Dafür wurde sie mit sehr hohen Würden ausgezeichnet.“
„Aha, hat sie auch Entführungen beendet oder so? Langsam wird mir das unheimlich.“
„Naja, Entführungen sind dann doch unser Spezialgebiet, wir werden ab und an in komische Situationen gezogen und die endeten mehr als einmal in einer Entführung. Aber keine Angst, unsere Freunde sind bei uns immer gut aufgehoben.“

Jetzt war es Clair dann doch zu viel, „Sag mal willst du mich gerade hier veräppeln oder ist das alles wahr?“

Peter sah sie an und nickte, da trat ich mit neuen Getränken zu den Beiden dazu.
„Jetzt hört auf uralte Kamellen zu erzählen, wir sind hier um uns ein wenig zu entspannen und um auf Clair aufzupassen.“
Clair schaute sich kurz um. „Wie sollt ihr mich denn beschützen? Ich sehe hier nur drei Serviermädchen, da hinten eine alte Köchin und zwei Boys herumhuschen, von irgendwelchen Wachen habe ich noch keinen einzigen gesehen.“

„Das macht auch eine gute Wache aus,“ urplötzlich stand Ma’Difgtma neben uns, „dass man sie nicht sieht, oder erkennt.“ Clair war erschrocken.
„Hallo kleine Lady aus Frankreich, ich bin Madame Ma’Difgtma, ich bin hier die Haushofmeisterin und achte nebenbei auch auf die beiden hier und auch auf dich, kleine Lady. Außerdem bist du hier niemals allein. Du bist von guten Freunden umgeben, pass mal auf.“

Ma’Difgtma nahm ein etwa DIN A4 großes, recht dickes, hölzernes Servierbrett und hob es hoch.
Es machte dreimal ein dumpfes Geräusch, wie wenn man einen Stein auf ein Brett fallen lässt und sie zeigte das Brett Clair.

In dem Holzbrett steckten drei dünne Messer. Ma’Difgtma lächelte Clair an und legte das Brett achtlos zur Seite. Die Frauen, die die Messer warfen, sind zu deinem Schutz da. In dem Moment verbeugten sich die Serviermädchen und Clair schwor sich, keine Einschätzungen zu machen, ohne die Menschen kennen gelernt zu haben. „Ich wusste ja nicht, dass …“

Madame Ma’Difgtma lächelte Clair an, streichelte kurz ihre Wange und erzählte in ihrem beruhigenden Ton:

„Wir wurden bereits früh informiert, dass ihr kommt und die letzte halbe Stunde vor der Landung hat uns Caroline die aktuellen Informationen durchgegeben. Wir haben diese Dienstvilla von Caroline überprüft und gesichert. Derzeit befinden sich keine Feinde in deiner Nähe. Das kann ich dir versichern. Jetzt gestatte mir, dass ich dir zwei gute Freunde vorstelle.“

Dagan und Viktor traten aus einem Nebenraum unserer Runde hinzu und begrüßten uns freundlich.
„Das hier ist Dagan Mair und hier haben wir Viktor Kubaliborow, beides sind die Anführer einer Sondereinheit und sie wollen sich auch ein wenig um dich kümmern.“

Clair schaute auf Dagan. „Sie kenne ich, zumindest vom Namen her, das Gesicht wurde uns nie gezeigt und sie waren immer eine Legende. Mossad, richtig?“
Dagan lächelte, wie nur ein älterer Mann seine Enkelin anlächeln konnte, und nickte leicht. „Sie ist gut.“ Sagte er leise zu Viktor.

„Und das hier ist …“ Jetzt lächelte Clair und reichte Viktor ihre Hand. „Das ist also ihr richtiger Name, wir haben uns einmal in Istanbul getroffen, da wurden Sie mir als Botschafter vorgestellt.“
„Ja, Sie waren damals aber noch Hauptmann beim DGSE, wie ich hörte, sind Sie inzwischen Majorin und in den besten Händen. Ihr Kommandant ist ein Eisenfresser, aber ein erstklassiger Lehrmeister und er hält große Stücke auf Sie.“

Ma’Difgtma lächelte Clair zu, „Der Mann war eine Legende beim KGB und danach beim GRU, bis er ausstieg um bei uns hier zu arbeiten.“

Clair schaute sich um. Auf einmal waren deutlich mehr Leute um sie herum. An einer Ecke der großen Veranda stand Jerome und schaute auf das Meer hinaus. An anderen Stellen standen anscheinend zufällig verteilt Menschen, die unauffällig genau alles und jeden im Auge. Ganz klar Leibwächter. Irgendetwas war im Busch merkte Clair.

Mittlerweile war die Tafel gedeckt und von irgendwoher hörte man einen Gong. Leise aber klar zu vernehmen. Die Gäste traten an die Tafel, aber an der Stirnseite blieben drei Plätze frei.

„Die Regentin kommt!“ Sagte Dagan zu Clair und sie stellte sich anständig hin, prüfte kurz den Sitz der Kleidung und sah, dass Dagan sie anlächelte und nickte.

Aus einer der Nebentüren trat Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, mit ihrer Tochter Penelope ai Youhaahb und Soleab n’Amsala, dem Parlamentspräsidenten von Soulebda hinzu und begrüßten alle wie alte Freunde.

Die drei setzten sich an die Front der mächtigen Tafel und Heylah erhob ihr Glas.
„Danke, dass Sie zu uns gekommen sind und unsere Insel besuchen. Wir versuchen, Ihren Aufenthalt so angenehm und ungefährlich zu machen wie nur möglich. Nun erkläre ich die kleine Tafel für eröffnet, ein kleiner Schmaus als Gruß sozusagen. Morgen früh sehen wir uns dann im Palast. Trinken wir auf unsere Gesundheit und den Schutz Mualebdas.“

**

Nach dem wunderbaren Abendessen hatten sich die Gäste nach und nach verabschiedet. Die Wachen wurden scheinbar weniger und wir zogen uns in die obere Etage zurück. Clair stand vor dem großen Pool und schaute auf das Wasser, sie fühlte mit ihren Fingern das Wasser. „Oh herrlich, den habe ich bei der Besichtigung gar nicht gesehen. Der ist ja herrlich und so erfrischend.“
Während Clair sich über den Pool freute, kam Soleab zu Peter zu und gab ihm einen kleinen Wink, ihm zu folgen.

„Grüß dich, oh du Krieger Mualebdas. Ich habe gute und schlechte Nachrichten für dich. Bisher sind noch keine der Schurken hier gelandet. Wir wissen aber, dass sie in Deutschland wissen, dass ihr weg seid. Nur haben die Schurken noch keinen Plan, wo ihr euch aufhaltet. Das war das Gute.
Das Schlechte ist, dass es Anzeichen für einen Anschlag auf eure Anstalt gibt. Wir wissen noch zu wenig und auch eure Leute haben noch nichts Genaueres, aber alle sind nervös und in Alarmstimmung.
Soweit die Neuigkeiten aus deiner Heimat. Jetzt solltest du mit mir kommen, ich glaube, Penelope will mit den Mädchen alleine sein und ich habe mit dir noch einiges zu besprechen über diese Clair.“
Peter ging mit Soleab n’Amsala und schaute sich noch einmal zu uns um, Penelope und Caroline winkten ihm zu.

**

Badezauber
„Das Wasser ist herrlich.“ Stellte Penelope fest und umarmte mich. Dann sah sie zu Clair. „Wollen wir etwas plantschen? Keine Sorge Clair, der Pool kann von außen oder unten nicht eingesehen werden.“ Ihre beiden Leibwächterinnen, eben sehr hoch gewachsen fingen bereits an, sich zu entkleiden.
Clairs Augen wurden größer, als Penelope, ohne sich zu schämen, ihren Umhang ablegte und uns ihren wunderschönen Körper präsentierte. Ihre schlanke Taille mit den schön geformten Brüsten, dazu das lange Haar hatte etwas von Sandro Botticellis Geburt der Venus. Ihr braungebrannter Körper zeigte, dass sie sich öfter textilfrei sonnte und keinerlei Beklemmnis hatte.

„Wer zuletzt drinnen ist, muss nachher die Getränke besorgen.“ Die beiden Leibwächterinnen hatten sich entkleidet, sie sahen nackt einfach nur wunderschön aus und sie hüpften zusammen mit Penelope in den Pool.

Clair wirkte noch anfangs etwas unsicher, aber als ich sie anlächelte und meinte „Komm, das ist wie nach der Sauna, da ist nichts dabei und wir sind sicher. Außerdem wirst du das Wasser genießen.“
Damit legte auch ich meinen Umhang ab und Claire bewunderte für einen Moment meinen Körper, ehe ich ins Wasser sprang. Ein paar Momente später sprang auch Clair ins Wasser und wir plantschten eine herrliche Stunde in dem wunderbaren Wasser.

Clair sah mich an und flüsterte „ich bin nicht prüde, schließlich bin ich aus Paris, ich war nur etwas überrascht, schließlich ist Penelope ja die Tochter der amtierenden Regentin. Aber du hast Recht, das Wasser ist wunderbar.“
Während ich auf Penelope zu schwamm, flüsterte ich Clair zu „Hätte Heylah etwas Zeit, dann wäre sie bestimmt mit bei uns im Wasser, sei dir dessen sicher.“

Clairs Augen begannen zu leuchten. „Wirklich? Soulebda gefällt mir langsam immer mehr.“
„So ihr beiden Süßen, jetzt will ich meine Nun’tschula aber im Arm haben und sie endlich wieder einmal fühlen.“ Damit umarmte sie mich und wir küssten uns heftig.
Clair wurde von den beiden hochgewachsenen Schönheiten höflich eingeladen und die drei spielten am anderen Ende des Pools, während Penelope und ich uns endlich wieder einmal liebkosen konnten.

**

Eine Stunde später war es rabenschwarz geworden und der klare Sternenhimmel prangte am Himmelszelt. Die immer noch warme Luft machte es uns einfach, aus dem Wasser zu kommen und splitterfasernackt auf die breite Liege zu legen. Wir waren frei von falschen Ängsten und uralten europäischen Verklemmungen. Claire zeigte sich auch ungezwungen und ihr Körper war wunderschön.

Ihr wasserstoffblondes Haar fiel über ihren Busen und ich lächelte sie an. „Weißt du, dass du problemlos als Palastangestellte durchgehen könntest mit deiner Figur und deinen langen Haaren, die anderen Mädchen im Palast tragen, bis auf die Regentin auch die Haare so lang, dass sie den Busen bedecken können.“

Penelope erzählte, wie es dazu gekommen war, von ihrem Vater, der dann am Ende durchgedreht war und in einem schlimmen Kampf besiegt wurde. Außerdem von dem Büro zur Auswahl der Schönsten unter dem Volke. Dieser Passus war beibehalten worden.

Währenddessen spielten die beiden Leibgardistinnen sanft an Claire und streichelten sie sanft an Schulter, ihren Armen und den Beinen. Clair ging mit und ließ sich tatsächlich verwöhnen. Die beiden Grazien wussten aber, dass sie nicht zu weit gehen durften, schließlich war Clair Ehrengast.
Wie lagen auf der Liege und erfreuten uns an dem herrlichen Sternenhimmel. Hier auf der von der Stadt abgewandten Seite der Villa sah man nur das Meer und den Sternenhimmel, keine störenden Lichter.
Penelope legte sich an meine Seite und schmuste mit mir, da zeigte ich nach oben in den Himmel, „Schaut, der weiße Punkt da oben, das ist die ISS Raumstation, da oben sind Menschen.“
Clair kam an meine andere Seite und schaute an meiner Hand entlang zu dem kleinen weißen Punkt am Himmel, der langsam heller wurde und dann nach einer Weile wieder schwächer wurde, um dann ganz zu verschwinden.

Da erst merkte sie, dass ihre Hand auf meinem Busen lag.

Als sie es überrascht merkte, nahm ich ihre Hand und führte die Hand sanft gen Himmel. Nahe ihrem Schenkel standen einige gute sichtbare Sterne am Himmel. „Das da sind Alpha und Beta Centauri und gleich links daneben…“

Clair sah mich mit lächelnden, großen Augen an „Das Kreuz des Südens, ist das wirklich soweit da unten?“ Und sie nahm meine Hand und führte sie mit ihrer Hand langsam an meinen Beinen entlang, bis sie schließlich am Ziel war.

„Ja Clair, das ist auch das Kreuz des Südens und wenn man das sucht und findet, wird man zufriedener sein.“
Von der anderen Seite flüsterte mir Penelope ins Ohr „Bleib bei ihr, halt sie im Arm, ich muss leider schon los, also bis Morgen.“ Mit einem Hauch eines Kusses entschwand Penelope und ihre beiden Leibwächterinnen.

„Müssen wir auch gehen?“ Flüsterte Clair.
„Nein, Clair, das ist mein Haus, mein Reich, wir müssen gar nichts, aber wir können uns alles erlauben, zumindest heute Abend.“

Noch während sie ihre Hand an meiner Scham hielt, begann ich sie mit meiner linken Hand sanft zu streicheln und sie nahm es wohltuend an.

Ihre Augen waren jetzt riesig groß und so führte ich das Spiel sanft weiter.

**

Wenig später lagen wir eng umschlungen auf- und beieinander und küssten uns zärtlich. Ich fühlte, dass sie sich immer mehr öffnete und sich endlich fallen ließ. Sie konnte sich endlich erholen.

Völlig entspannt kicherte sie mich an. „Ich wusste ja, dass man sich hier im Süden freier gibt, aber so entspannt hätte ich das jetzt doch nicht erwartet. Weißt du, dass du einen wunderschönen Busen hast, wie schaffst du es, dass der so groß und so straff bleibt?“

„Ich treibe gern Sport und kämpfe öfter mit meinen Mädchen und natürlich mit Peter. Das hält dich auf Trab und lässt dich so etwas lernen.“ Lächelnd spannte ich meine Brustmuskulatur an und meine linke Brustwarze fing an sich zu stellen.

Bei jeder Kontraktion ein bisschen mehr. Schließlich stand sie ab und Clair schaute sie mit einem Leuchten in den Augen an. „Darf ich?“, hauchte sie mir ins Ohr und als ich nickte, umschloss sie die Knospe mit ihren Lippen, begann sanft zu saugen, danach wurde es himmlisch …

**

Am frühen Morgen wurden wir durch ein frisches Kaffeearoma geweckt. Unten standen drei Mädchen vor dem großen Tisch und sangen leise ein leichtes Lied, das wunderbar klang. Es war ein Lied, das die Stammesmädchen sangen, wenn sie ihre liebenden Männer verabschiedeten, wenn diese in den Kampf zogen.

Clair erwachte und lag in meinen Armen. Ich deutete ihr ein sanftes „pssst“ und legte meinen Zeigefinger auf ihren Mund. Da lauschte Clair der Waise der Mädchen und hörte eine Weile zu.
Dabei sah sie mich fragend an „Was singen die Mädchen da, es klingt wunderbar, aber ich verstehe kein Wort.“

Da fiel mir wieder ein, dass die Mädchen in der Stammessprache sangen und Clair dies nicht verstehen konnte.

Also übersetzte ich jede Strophe für sie.

„Ihr Helden, ihr Starken, so geht nun hinfort,
beschützt eure Frauen und Kinder im Ort.
Bekämpft diese Schurken, schlagt ein wie die Katzen,
bekämpft sie, wo immer sie sind sollt ihr sie kratzen.
Nehmt mit unsere Wünsche, so tragt im Herz,
umschließt sie und fühlt bitte gar keinen Schmerz,
Bedenkt bei den Kämpfen, dass das Leben ihr schont,
Denn Mualebda in jeder einzelnen Selle doch wohnt.“

Clair schaute mich an und lächelte dann schelmisch. „Ich vermute, in der Sprache, die die Mädchen singen, reimt sich das etwas besser, oder?“
„Oh ja, ihre Stammessprache ist sehr blumig, sie hat dabei unendlich viele Ausdrücke und eine schier unglaubliche Kraft, etwas auszudrücken.“

„Ich war einmal in Papeete, da sprachen die so etwas Ähnliches, das klang auch wie polynesisch, eine wunderbare Sprache, finde ich.“
„Diese Sprache hat etwas Magisches, kraftvolles und ist so voller Farben, das konnte ich mir anfangs nicht vorstellen. Die Menschen haben 21 Worte um eine einfache grüne Pflanze zu beschreiben, hunderte für einen Regenbogen und für die bunte Natur eine Unmenge mehr.“

„Wie lange habt ihr gebraucht, diese blumige Sprache zu lernen, ich weiß das polynesisch komplex und schwer ist.“
„Ja, es hat eine Weile gedauert, aber wir hatten gute Lehrer und na sagen wir, Mildernte Umstände beim Lernen. Jetzt aber genug, komm, lass und durch den Pool, dann duschen und ich freu mich auf das Frühstück.“

Clair umarmte mich kurz und gab mir einen kurzen sanften Kuss. “Danke für diese eine Nacht, sie war wirklich … herrlich.“ „Nichts zu danken Clair, DAS war noch gar nichts, wenn es passt und dir recht ist, sorge ich für eine Überraschung, nur mit Penelope und mir, sag einfach ob und wann es dir danach ist.“
Als wir beim Frühstück saßen, kamen nach und nach einige Freunde zu uns. Penelope kam mit einem Mädchen. Sie lächelte und das Mädchen lächelte uns mit einem ehrlichen frischen Lächeln an.
Soleab brachte Peter mit und ich sah beiden an, dass sie wieder eine Nacht im Dschungel verbracht hatten. Dabei war Peter bisher nie zu kurz gekommen und folglich sah er erleichtert aus und lächelte mich an.

„Wo waren die denn die ganze Nacht, die sehen ja auch entspannt aus und wieso ist der Regierungspräsident so gut Freund mit Peter?“
„Hallo Schatz, hallo Clair, na ihr beiden Grazien, habt ihr gut geschlafen?“ Rief er herüber und auch Soleab hob grüßend seine Hand und winkte uns lächelnd zu.

„Die beiden waren wieder eine Nacht im Dschungel, du weißt, die Spiele der harten Männer.“, und beide lachten wir laut auf.
„Das ist schon ein seltsamer Freundeskreis hier. Die halbe Regierung kommt auf Besuch und jeder ist gut mit euch. Habt ihr alle bestochen oder sind die alle so naiv, dass es keine bösen Menschen auf der Erde gibt?“
Mit einem Mal stand Madame Ma’Difgtma wieder neben Clair und goss etwas Saft nach. Sie musterte Clair mit ihren Augen und ohne hinzusehen, goss sie das Glas voll, ohne dass es überlief.
Mit ihrer starken Stimme sprach sie dann zu Clair.

„Meine liebe kleine Frau aus dem fernen Frankreich. Wir wissen hier durchaus, dass es auch das Böse gibt und wir kämpfen seit Urzeiten erfolgreich dagegen und sind dabei sehr oft siegreich. Aber naiv, das sind wir beileibe nicht.
Ganz im Gegenteil, oh du Unerschrockene, ich weiß weshalb du hier bist, weiß von deinem Leid und deiner Furcht. Aber deswegen musst du nicht verzagen, denn hier bist du von wirklich guten Freunden umgeben, die jederzeit für dich kämpfen würden – und nun iss, du wirst die Kraft heute noch vor Mittag brauchen können.“

Clair schaute mich kurz an „War das eben falsch von mir?“ Dann schaute sie wieder dahin, wo eben noch Ma’Difgtma gestanden war, aber sie war weg.
„Habe ich sie verärgert, und – wo ist sie hin?“ Fragte Clair unsicher.
„Da unten, auf dem Weg zum Markt und nein, du hast sie nicht verärgert.“
Clair schaute über das Geländer und sah, dass tatsächlich Ma’Difgtma mit zwei Männern in Begleitung zum Markt ging.
„Wie … wie kommt sie so schnell da unten hin?“
„Ma’Difgtma wird für dich sicherlich immer ein Rätsel bleiben. Sei aber versichert, du kannst keine bessere Leibwächterin finden und sie mag dich.“

„Oh, das wusste ich nicht, dass sie mich mag. Aber eine Leibwächterin, ist sie dafür nicht etwas zu alt?“
„Das mit Ma’Difgtma erkläre ich dir später. Lass uns frühstücken, dann machen wir uns fertig, der Wagen kommt um Neun Uhr.“

**

Auf in den Palast
Pünktlich um Neun Uhr hielt eine weiße Limousine und wir fuhren durch die Stadt zum Palast. Der Fahrer hatte offensichtlich Anweisungen erhalten die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt im schnellen Durchlauf aufzuzeigen, denn anhalten würden wir nicht.
Clair sah die Häuser, diese muntere aufstrebende Stadt hatte einen Spagat zwischen alter und neuer Welt erfolgreich gemeistert. Die Stadt hatte neue Baukunst und alte bauliche Weisen geschickt gemischt. Die modernen Häuser passten sich der alten Bauweise an, es gab keine der typischen Wolkenkratze Monster oder anderer Bausünden, wie sie in den aufstrebenden Städten im Westen, sooft zu sehen waren. Hier sah es einfach passend aus. Wieviel Feingefühl dahinter stand, konnte man auf den ersten Blick nicht sehen, nur erahnen.

Wir fuhren am Zentralkrankenhaus vorbei und Clair bewunderte die Bauart und die stattliche Größe. Weiter ging es und wir kamen in den Verwaltungsbereich der Hauptstadt.
„Schau da kommen die Ausläufer der Universität. Die technischen Fakultäten sind hier, die der Geisteswissenschaften dort oben an den Höhenzügen und das Rechenzentrum liegt genau da.“
„Stimmt es, dass da einer der stärksten Superrechner läuft?“
„Ja und er wird gut genutzt und hat bereits sehr gute Dienste geleistet.“
„Aha, Wetterberechnungen und Überleben und so?“
„Ja, in etwa, es ging auch um den Erhalt der Welt, ja, doch, kann man so sagen.“
„Was ist das da oben auf den Bergen?“

„Das ist die neue Kommunikationszentrale, die Alte wurde zu klein und war veraltet. Wir kommen jetzt in den Regierungsbereich und in den Bereich der Stämme Soulebdas.“
„Schau, ab hier geht das Gebiet der Stämme. Von hier aus bis zum Horizont ist das alles das Gebiet der Stämme von Soulebda. Die lehren hier noch uralte Weisheiten und ihr Wissen ist unglaublich vielfältig. Auf der anderen Straßenseite zum Meer hin kommt dann der Regierungspalast mit den Verwaltungseinrichtungen.“

„Ich habe in den Aufzeichnungen einiges über diese Stämme gelesen, werden wir sie sehen und uns mit ihnen treffen können?“
„Davon kannst du ausgehen, dass wir mit einigen der Stammeskrieger Kontakt haben werden und mal sehen, vielleicht mögen sie dich ja.“
Wir überquerten einen großen Platz, hier wurden die Treffen, die Feste und andere Veranstaltungen abgehalten und dahinter war bereits der Palast.
Wir wurden bereits erwartet und als der Wagen an der breiten Treppe hielt, standen bereits zwei Mädchen von Heylah’s Sekretariat bereit und eine Abordnung der Palastgarde. Die Männer und Frauen waren aber in Kampfmontur und trugen ihre Waffen.
Clair bewunderte die filigranen Arbeiten an den Kalksteinen, aus denen der Palast gebaut war. Während wir in den Palast gingen, bewunderte sie die fleißigen Helferlein, wie sie an zwei neuen Steinen feinste Arbeiten einschlugen.

„Ist das nicht alles sehr teuer, all diese vielen Arbeitsstunden?“
„Nein Clair, hier spenden die Bewohner ihrer Regentin das wertvollste, was sie haben, ihre Arbeitszeit und stellen sie diese in Form von Ornamenten und Kunst dar.“
„Das machen die alle freiwillig?“
„Ja damit bedanken sich die Bewohner für die schützende Hand der Regentin und für all das, was hier geleistet wird. Auch wenn Soulebda alles andere als arm ist, so kann man dennoch nicht jede Hütte vergolden und das würden die Leute hier auch gar nicht wollen. Oh wir werden erwartet.“

**

Im kleinen Empfangssaal erwartete uns Heylah ai Youhaahb, die Regentin des Inselstaates, zusammen mit ihrer Tochter Penelope ai Youhaahb, und Soleab n’Amsala, dem Parlamentspräsidenten.
Das Treffen war sehr freundlich und das formelle war auch schnell vorbei. Hier erfuhr Clair auch, dass Soleab der Schwiegersohn der Regentin war.

„Kommt, wir machen einen kleinen Rundgang. Im letzten Monat haben die lieben Bürger sich etwas Besonderes ausgedacht und unseren hübschen Palast um ein weiteres Stück Geschichte bereichert. Caroline und Peter, ihr werdet das wohl erkennen und du Clair, dir werden wir erzählen, was sich damals alles zugetragen hat.“

Soleab hakte Clair unter und erklärte all jene Dinge, die sich in den letzten Jahren ereignet hatten. Die Bevölkerung hatte eine Art Mahnmal Weg in einem der Seitenarme des Palastes errichtet. Mit Bildern und Fotos war da die Geschichte der letzten zehn Jahre aufgezeigt. Schließlich kamen die Bilder des Aufstandes der beiden Häuptlinge und dem daraus folgenden Angriff auf die Regentin.
Heylah blieb an einem großen Gemälde stehen, es zeigte die Bücherei mit umgestürzten Regalen und der Regentin, die von ihrer Leibwache beschützt in der Mitte Schutz gefunden hatte. Die letzten Kämpfe wurden hier nachgestellt und man sah den Soldaten, wie er sich schützend vor die Regentin stellte, aber Clair schaute auf etwas anderes, da stand eine Version Lara Croft mit roten Haaren und zwei Pistolen und schoss wild um sich.

Soleab erzählte die Geschichte dahinter und Clair kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. „Dass ihr diesen Angriff überlebt habt, war aber mehr als Glück.“ Stellte sie nüchtern fest und Heylah lächelte sie an. „Oh ja uns hat in diesen Stunden tatsächlich eine Lara Croft geholfen, hier steht sie.“ Damit zeigte Heylah auf mich und Clair blieb kurz stehen. Clair schaute auf das Bild, das mich leicht seitlich zeigte, wie ich die Angreifer stoppte.

„Das war Caroline?“ Heylah lächelte erneut und ging weiter. „Ja, das war Caroline, meine Retterin in der Not. Kommt weiter, jetzt kommt das große Panorama des Wechsels.“
Wir durchschritten einen überdachten Gang und fanden uns in einer kunstvoll geschmückten Darstellung des Aufstandes, der mit dem Tod des Präsidenten endete und eine neue Zeitperiode auf Soulebda einläutete. Soleab hatte Clair immer noch im Arm und erklärte ihr jedes noch so kleine Detail, während uns Heylah zu den beiden Vulkanen lotste. Das sah dann tatsächlich aus, als würde eine Revolution stattfinden. Soldaten stürmten durch eine Schlucht und wurden von einem heldenhaften Jerome gestoppt. Der hintere Vulkan schien gerade zu explodieren und vor dem vorderen tobte ein Kampf.

Wir erkannten Tausende einzelner Kleinigkeiten, die herausgearbeitet waren. Tatsächlich hatten hier viele Hundert Künstler ihren Teil dazu beigetragen.
Während Soleab Clair diese Geschichten näher brachte, standen wir etwas abseits bei Heylah und Penelope.

„Wir müssen auf Clair aufpassen. Ich habe die Stämme informieren lassen und heute um Cet’lah, also um halb zwölf haben wir eine Verabredung im großen Stammeslager, da werden wir Clair vorstellen.
Unser Geheimdienst hat bestätigt, dass bei euch bereits bekannt ist, dass Clair und ihr verschwunden seid. Der Geheimdienst rechnet jedenfalls mit Besuchern innerhalb der kommenden Woche und bereitet sich darauf vor.“

„Wir sollen Frank auf jeden Fall informieren, sobald wir konkrete Spuren haben.“
„Selbstverständlich. So Soleab ist fertig, ich denke, Clair hat den Geschichte Kursus im Eilschritt durchlaufen.“, lächelte uns Penelope zu und nahm mich in den Arm.

Es geht weiter, komm.“
Wir durchquerten noch einige Seitenteile und Heylah zeigte uns neue Teile, die gerade entstanden. Heylah ließ es sich nicht nehmen ihre Landsleute zu loben für all die Einfälle, die Zeit und die Kraft, die hier drinnen steckte. Ein Zeichen, dass sie durchaus wusste und verstand, wieviel harte Arbeitszeit hier drinnen steckte.

„Zum Schluss will ich euch noch den umgebauten Keller zeigen, da hat sich Jerome ausgetobt. Wo steckt er eigentlich, er wollte doch heute dabei sein, wenn …“
Im gleichen Moment ging vor uns Licht an und ein Treppenabgang wurde erleuchtet. Zwei Gardisten kamen und bat uns ihnen zu folgen. Wir alle, Heylah voraus, gingen die Treppe hinunter in den hell erleuchteten Kellerbereich. Hier war es deutlich kühler, aber auch frisch, die Luft wurde also irgendwie ausgetauscht.
„Hier entlang.“ Klang Jeromes Stimme, die ich überall heraushören konnte. Er trat aus einem der Nebenräume heraus. Jetzt kannte ich den Kellerbereich wieder. Hier war einst die Schießanlage und auch heute wurde hier unten geübt, den Jerome ließ moderne aktive Schallabsorber verteilen. Wir setzten sie auf, die Gardistinnen prüften, ob sie auch eingeschaltet und korrekt eingestellt waren. Dann betraten wir die neue Schießanlage.

Jerome stand vor uns, wie ein englischer Colonel und erklärte, dass das eine elektronische Anlage sei, wir allerdings mit richtigen Waffen schießen müssten. Dazu zeigte er uns durch eine Gardistin, die sich an den passenden Platz stellte, wie das ablaufen würde. Nebenan auf dem Tisch lagen die Pistolen, vier verschiedene Modelle aber alle mit Kaliber 9mm.
„Wir schießen hier das kleine Training, das heißt, ihr müsst nicht laufen, sondern bleibt stehen. Vier Ziele erscheinen hier vorne irgendwo, die müsst ihr treffen, dann Magazinwechsel und weitere sechs Ziele erscheinen hier vorne zwei und vier in der Mitte. Erneuter Magazinwechsel und jetzt kommen zehn Ziele, verteilt auf die Mitte und das Ende vom Parcours. Magazinwechsel und zum Abschluss zwölf Schuss auf die hinteren Scheiben und zwei bewegliche Ziele in der Mitte. Letzter Magazinwechsel und ein Schuss auf die Metallplatte da vorne das stoppt die Zeit.“

Heylah hielt sich dezent mit Soleab und Penelope zurück. Peter, Clair und ich waren aber voll dabei und als Jerome seiner Gardistin „Feuer frei“ gab, da legte die junge Frau einen sehr guten Parcours hin.
An ihren Bewegungen sah ich sofort, dass die Ziele nicht an statischen Punkten hochkamen, das war kein einfaches Scheibenschießen, hier gab es Veränderungen, auch für die Gardesoldaten. Mit dem letzten Schuss auf die Metallplatte stoppte die Zeit bei 02:35 Minuten.
Die Gardistin lächelte, es war also offenbar eine gute Zeit. Als nächstes schoss ein junger Leutnant und kam mit einem Fehlschuss auf 02:38.
Nach zwei weiteren Schützen einer Gardistin mit 02:34 und einem Gardisten mit 02:35 fragte Jerome uns, ob denn jemand auch eine Runde versuchen möchte. Natürlich brannten wir drei darauf und Jerome war ein guter Gastgeber und ließ Clair voran.
Sie Schoss mit einer SIG ihren Parcours und lieferte einen fehlerfreien Durchlauf in 03:11 aber fehlerfrei, kein einziger Fehler!

Als nächster kam Peter an die Reihe und er zeigte, dass er mit der SIG umgehen konnte. Die Magazine flogen nur so umher und am Ende hatte er eine fantastische Zeit mit 02:37 zustande gebracht.
Die Gardisten schauten ehrfürchtig zu Peter, immerhin war das sein erster Durchlauf auf einem völlig fremden Parcours.
Auch Jerome lobte Peter und lästerte freundlich „mir scheint, da hat jemand das Training von Decker doch ab und zu besucht.“
„OK ein wunderbarer Parcours“, lobte ich und wollte gehen. Doch zu früh gefreut.
„So schnell nicht junge Frau, du gehst nicht, ehe du deinen Lauf abgelegt hast, komm und zeig, was du wirklich draufhast.“
Während ich eine passende Waffe suchte, eine Beretta 92 FS und die Magazine dazu geladen bekam, ging bereits ein Raunen durch die Gardisten. Sie wussten genau, wer sich hier bereitmachte und alle erwarteten sie einen interessanten Lauf.

Aber Jerome war Profi genug, um mir auch eine Herausforderung zu präsentieren. Bisher waren die Ziele von links nach rechts gewandert, diesmal ging es von rechts nach links und ein grinsender Jerome stand mit verschränkten Händen da und schaute dem beginnenden Schauspiel zu.
Bei 02:33 blieb bei mir der Zähler stehen, ich hatte allerdings einen Schuss mehr abgeben müssen, aufgrund eines Fehlers.
Soleab kam von hinten auf uns nach vorn gelaufen und klatschte in die Hände. „Sauber gemacht, das war ein neuer Rundenrekord, ja meine Damen und Herren der Garde, die Ziele wurden soeben etwas angehoben. Viel Erfolg beim Training.“
Jerome kam auf uns zu und ich lobte ihn, er strahlte richtig und die Gardistinnen nahmen das anerkennend zur Kenntnis. „Das ist ein Spitzen Parcours, der ist wirklich gut zum üben, ich bin jetzt schon auf den Lauf-Parcours gespannt.“
Jerome aber, ganz der Gentlemen, lächelte und meinte „der ist bald dran Caroline und das war ein klasse Durchlauf, nur die eine Fahrkarte, naja …“

**

Besuch bei den Stämmen
Einige Zeit später gab es, in einem der abgelegenen Bereiche, zwischen Palast und dem Gebiet der Stammeskrieger eine kleine Stärkung mit verschiedenen Leckereien des Dschungels. Trauben kleinen Äpfeln, diversen anderen Früchten, die man in Europa kaum sah und dazu noch herrlich kühle Säfte in diversen Geschmacksarten und Farben.
Clair rätselte gerade mit uns, was das eine oder andere Obstteilchen sein könnte und probierte tapfer das Obst, da kam Heylah zusammen mit Madame Ma’Difgtma und Ma’Feratama, sowie ein paar Frauen und Männern in Tracht auf uns zu.

Ich flüsterte ich zu Clair. „Das sind jetzt die beiden obersten Kriegerinnen dieses und des benachbarten Volkes, auf einer anderen großen Insel im Norden. Ma’Difgtma kennst du ja schon und Ma’Feratama wirst du noch kennenlernen. Was die beiden sagen, das hat Hand und Fuß, denk immer daran. Die beiden und alle Stammeskrieger, haben sehr gute Augen und noch viel bessere Ohren.“
„Die sehen aus, wie Mutter und Tochter.“, flüsterte Clair, so leise es ging, und kam mit uns auf die Menschen zu. Ich sah das Lächeln in den Augen von Ma’Difgtma und Ma’Feratama und wusste es zu deuten.

Heylah grüßte die gesamte Runde und begann mit dem Reden. „Das hier ist die oberste Kriegerin Ma’Difgtma von Soulebda und das hier ist Ma’Feratama, sie ist die oberste Kriegerin von Futuna und alle haben dich gehört, oh Claire Clament aus dem fernen Paris, der Stadt mit dem Eiffelturm. Das sind tatsächlich Mutter und Tochter.“

Clair lief knallrot an und wäre am liebsten im Boden versunken.

„Mach dir nichts daraus, liebe Clair aus Paris. Warum baut ihr so hohe Leuchttürme, Paris liegt doch weitab vom Meer?“ Ma’Feratama rettete die Situation. Jetzt lachten wieder alle und auch bei Clair löste sich wieder die Anspannung. Ob Ma’Feratama das gesagt hatte zum Auflockern der Stimmung, oder ob sie Paris nicht kannte, war dabei vollkommen egal.

„Hier stelle ich euch vor“, führte Heylah weiter, „die frisch ernannten Kriegerinnen Tez’sil Tursk und Feroa Tarsh, beide wurden erst frisch zu den Kriegern gerufen und beide haben die Prüfungen erfolgreich abgeschlossen.
Dazu stelle ich euch vor die Krieger Namsaruk und Heiderklat. Beide haben die Prüfungen zu den Kriegern erfolgreich abgelegt.
Wisse, oh Clair Clament aus Paris, das Ablegen der Prüfungen ist eine der größten Herausforderungen des Lebens und viele Bestehen die Prüfungen nicht. Sie treten dann nach der Prüfung direkt vor das Antlitz von Mualebda.“

Clair schauderte. Jetzt verstand sie, was das bedeutete und dass ein Versagen bei der Prüfung den sicheren Tod bedeutete.
„Dies hier sind die vier Novizinnen und Novizen, die heute Abend ihre Prüfung abzulegen haben. Sie haben, wie die anderen vor ihnen viele Jahre trainiert, geübt und gelernt und haben sich auf diesen einen Tag vorbereitet. Wie auch immer, heute Abend endet ihr bisheriges Leben.
Nach der Prüfung sind die vier tot oder Krieger Mualebdas. Auf jeden Fall aber sind sie keine Novizen mehr.“
Clair schaute die vier an und versuchte in den Gesichtern etwas zu erkennen. Aber was auch immer da zu lesen stand, in keinem der Gesichter war Furcht oder Zaudern.
„So, es ist nun soweit, ihr die ihr aus der gegenüberliegenden Seite der Welt gekommen seid, um unseren Schutz anzufordern, ihr kommt jetzt mit uns zum Stammeszelt der Stammeskrieger. Dort wollen wir bereden, was wir mit euch anfangen.“

Clair schaute uns fragend an „Weshalb redet Heylah so geschwollen?“
Peter schaute sie an und antwortete: „Sie redet und vermittelt quasi zwischen zwei Welten. Deiner und der Welt der Stammeskrieger, die erinnern sich an wichtige Dinge, da hüpften die Menschen bei uns noch von Baum zu Baum.“
„Ja, ja nun übertreibst du aber, Caroline, wie weit geht denn die Geschichtsschreibung der Stammeskrieger zurück?“
„Leicht 8.000 Jahre! Es ist wahr, die Menschen hier verfügen über längst verloren gegangenes Wissen. Sie erinnern sich an Geschehnisse, die bei uns bestenfalls als Fabel oder Märchen auftauchen, wenn überhaupt.“

Ungläubig schaute Clair und beide an. „Jetzt übertreibt ihr aber, oder?“
„Clair, wenn alles passt, wirst du hier Dinge erleben, die du dir nicht erklären kannst. Wundere dich nicht zu sehr und nimm einiges davon einfach als gegeben an, dann fällt es dir am leichtesten.“
Peter und ich schauten uns plötzlich an. „Sie rufen uns, es geht los, komm Clair. Wir müssen in das Zelt, die Stammeshäuptlinge sind da und sie warten auf uns.“
Clair schaute und verwundert an. „Wir habt ihr das wieder gemacht, ich habe nichts gehört.“

**

Zusammen mit Clair traten wir durch den verhüllten Eingang des größten Zeltes. Nach dem Eingang kam eine Schleuse, in der zwei bewaffnete Krieger mit kurzen Messern standen. Ob das die Wachen waren, oder mehr zu einer Zeremonie gehörte, konnten wir Clair nicht sagen.
Von drinnen drang leises, monotones trommeln und eine Melodie, von Mädchen gesungen, klang einladend.

Schließlich standen wir in dem großen Zelt. Genau gegenüber von uns saßen auf einer kleinen erhöhten Position fünf Menschen. In der Mitte erkannten wir Heylah, links von ihr saßen die beiden ersten Kriegerinnen und rechts von ihr saßen der oberste Stammeskrieger und die oberste Priesterin.
Zwei Kriegermädchen, oder waren es noch Novizinnen, kamen zu uns und führten uns vor die Fünf. Um uns herum saßen, knieten oder standen in mindestens drei Reihen Hunderte Stammeskrieger, ein jeder in seiner Tracht und nur wenige lächelten uns an.

Jerome trat dazu. Jetzt merkte Clair erst einmal, wie groß er wirklich war. In seiner Kriegertracht sah er wirklich zum Anbeißen aus. Jerome trat vor Clair und gab ihr einen geschnitzten kurzen Stock in die Hände. Er band den Stock schnell mit wenigen Griffen an Clairs Hände und sie schaute ihn fragend an.
„Das ist der Stab der Wahrheit.“ Sagte Heylah von ihrem Platz aus. Clair schaute auf das Stück Holz, das an ihren Händen befestigt war.

„Da wir dich nicht kennen, Clair, aus dem fernen Paris, müssen wir mit der Wahrheitsfindung vorsichtig sein und vertrauen unseren Vorfahren. Sie wussten bereits, wie sich eine Lüge anfühlt, und haben und diese Lehre weitergegeben.
Sei also auf der Hut Clair aus Paris, wenn wir eine Lüge nicht erkennen, der Stock wird es.“
„Weshalb sollte ich euch hier belügen, ich erflehe eure Hilfe.“
Der oberste Stammeskrieger und Häuptling erhob sich und trat vor Clair. Sie hatte erwartet, dass er in einer ihr unbekannten Sprache sprach, aber es lächelte sie an und sprach in feinstem Französisch:
„Clair Clament, Major beim Geheimdienst, aus Frankreich, wir werden dich jetzt prüfen und dir Fragen stellen, die du ehrlich und richtig beantworten wirst. Hast du das verstanden, so antworte mit ja.“
„J.. Ja“ Antwortete Clair etwas verstört.

Clair war mehr als verblüfft und nickte. Dabei ließ sie die Augen keine Sekunde von dem Häuptling.
„Clair, hast du deine Geliebte, Katharine Chevallier, jemals belogen?“
„Nein.“
Ein kurzer Schrei nur, aber der Stock an ihren Händen hatte kurz gezischt, und etwas Rauch war aufgestiegen.

„Was… was war das?“ Stammelte Clair.
Der Häuptling sprach jetzt wieder in Englisch und er ermahnte Clair erneut. „Wir haben dich gewarnt, dass du uns nicht belügen sollst. Der Stock kennt die Wahrheit. Also hast du sie jemals belogen, ja oder nein?“

Clair schaute ängstlich auf den Stock und dann auf uns, dann auf den Häuptling und fragte: „Muss ich das beantworten?“
„Wenn du unsere Hilfe willst, solltest du dich endlich öffnen und ehrlich antworten. Clair, ein letztes Mal, hast du sie belogen, ja oder nein?“

„Ja, ich habe sie belogen …“ Schluchzte Clair und betrachtete den Stock.
Der Häuptling sah sie an, direkt in ihre Augen und seinem eindringlichen Blick konnten schon angsteinflößend sein. Doch Clair hielt Stand.

„Du musst nichts verstecken und musst nichts verleugnen, was hier gesagt wird, gelangt niemals über das große Meer. Clair Clament, bist du bereit?“
„Ja, das bin ich.“

„Will man dich umbringen?“
„Ja.“

„Haben die Bösen bereits einige deiner Freunde umgebracht?“
„Ja.“

„Willst du dich für das Gute einsetzen, auch wenn du dabei sterben wirst?“
„J.. Ja!“ Antwortete Clair mit festem Ton.

„Vertraust du deinem Kommandanten uneingeschränkt?“
„Ja.“

„Willst du helfen die Bösen zu finden und zu bestrafen?“
„Ja, auf jeden Fall!“

„Diese Bösen sind vielleicht sehr schlimme Menschen. Wenn man die alle umbringen müsste, um Frieden zu schaffen, würdest du das tun?“
„Ich … nun, ich … nein, ich kann nicht.“

Das Holz fing an zu zischen und ein leichter weißer Rauch stieg auf.
„Bitte, ich kann nicht, ich darf nicht, ich bin kein Henker, ich darf die Bösen nicht einfach umbringen. Bitte versteht das.“ Das Zischen im Holz hörte sofort auf.

„Clair Clament, wenn der oberste Böse vor dir stehen würde, und einen Menschen umzubringen droht, würdest du ihn dann leben lassen?“

Clair sah den Häuptling an. Sie kämpfte mit sich, das sah man ihr an. Die ersten Tränen traten in ihr Gesicht. Das Holz an ihren Händen gab ein seltsames Brummen von sich.
„Clair, würdest du ihn leben lassen?“
„Ich weiß es nicht!“ Schrie Clair und das Holz verstummte, kein Zischen und kein Ton war mehr zu hören.

„Es ist gut Clair, wir glauben dir und wir helfen dir. Diese letzte Frage aber, die solltest du für dich zu beantworten versuchen.“
Der Häuptling packte das Holz und schien es Clair aus den Händen reißen zu wollen, aber es fiel einfach ab und lag auf dem Boden, wie ein einfaches Stück Brennholz.
Die Stammeskrieger begannen zu murmeln. Auch der Häuptling erschien etwas überrascht, damit hatte er offenbar nicht gerechnet. Er bückte sich und nahm das Stück Holz auf. Dann sah er Clair genauer an.
„Clair Clament, weißt du, dass in dir Kräfte stecken, die du unbedingt erkunden solltest?“ Dann gab er Clair den Stock. „Bitte nimm ihn, hebe ihn gut auf, wer weiß, vielleicht wird er dir zu passender Zeit eine ungewohnte Hilfe sein.“ Lächelnd drehte er sich um und ging zu seinem Platz zurück. Die anderen vier berieten kurz und schließlich stand Heylah auf.

„Wir haben beschlossen, dir, Clair Clament, zu helfen. Du stehst ab jetzt unter dem Schutz der Stämme. Geht nun zurück und morgen werden wir mehr wissen. Danke, ihr tapferen Krieger Mualebdas.“
Was dann geschah, das konnte sich Clair nicht erklären. Sie sah sich um und es schien, als lösten sich die Krieger, die um sie gestanden hatten nacheinander in Nichts auf. Schließlich stand sie mit uns zusammen und schaute etwas ratlos um sich. Jerome klopfte ihr leicht auf die Schulter und flüsterte ein „Gut gemacht“ dann ging er hinaus. Heylah und die beiden obersten Krieger kamen zu uns und lächelten.

„Schau nicht so überrascht Clair aus Paris, du bist hier auf Soulebda, hier können Wünsche ab und an noch wahr werden, denk immer daran. Jetzt aber geht wir begleiten euch noch aus dem Zelt.“
Als wir das Zelt verlassen hatten, da standen wir drei alleine. Heylah und die obersten Kriegerinnen waren jetzt auch verschwunden. Clair sah uns fragend an und Peter grinste nur „Ist so eine Art von Abkürzung.“ Ich hakte mich bei Clair ein und wir gingen auf den wartenden Wagen zu.
„Wenn jetzt die Bösen kämen, dann hätten sie leichtes Spiel, oder?“

„Nein Schatz, das hätten sie nicht. Du bist auch jetzt nicht allein.“
„Was glaubt ihr, wie lange wird es dauern, bis die herausgefunden haben, wo wir uns verstecken?“
„Das kann noch eine Weile dauern, aber wie der Geheimdienstbericht schon aussagte, sollten wir eher früher als später damit rechnen.“

„Naja, solange bei uns in Mainstadt noch alles steht, werden sich die Bösen schwertun, unseren Aufenthaltsort herauszufinden.“
„Peter Peter, fordere das Schicksal nicht heraus, bisher kamen die Prügel auch eher früher als später.“
Lachend fuhren wir zurück zur Villa. Hätten wir gewusst, was sich zur gleichen Zeit in Deutschland tut, wären wir sicher nicht so fröhlich gewesen.

**

Irgendwo in Deutschland
Ein älterer Mann saß an einem schier riesigen Schreibtisch aus Edelholz und unterschrieb mehrere Schecks, als eines der Smartphones neben ihm summte. Eine kurze Nachricht wurde ihm angezeigt und schon war das Gespräch beendet.
Der ältere Mann legte die Schecks weg und verschloss den edlen Füllfederhalter, er zog eine der Schubladen auf und eine Tastatur mit Handauflagenscanner kam zum Vorschein. Während der Mann den neunstelligen Sicherheitscode eingab, leuchtete der Scanner leicht grünlich auf und der Mann legte seine Hand in den Scanbereich. Ein leises Piepen signalisierte, dass alles gut war und aus dem Schreibtisch klappte ein großes hochauflösendes Display und eine Tastatur wurde im Schreibtisch eingeblendet. Einige Tastendrucke später erschien ein Bild eines bärtigen Mannes in Uniform.

„Die Frau ist verschwunden, sie ist definitiv nicht mehr im Land.“
„Aha.“
„Wir brauchen Informationen und die bekommen wir nur von innerhalb der Anstalt.“
„Gut.“
„Wir wollten schon viel weiter sein und Alofi geschlossen haben, wieso dauert das alles so lange.“
„Die Israelis verhalten sich nicht so, wie geplant.“
„Das machen die doch nie, was gedenken Sie zu tun?“
„Wir schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Morgen kommt inoffizieller Besuch aus Tel Aviv zu diesem Anstaltsleiter, da werden wir zuschlagen und gleichzeitig die Beweise für den Aufenthalt der Frau beschaffen.“

„Gut. Ich veranlasse alles, ich verlasse mich darauf, dass die morgen dort die Beweise besorgen, dann schicke ich das Team los, um aufzuräumen. Aber wenn der Stunt schiefgeht, dann kommt das nächste Team zu ihnen.“
„Sparen sie sich ihre Drohungen.“
„Gut.“
Der Bildschirm erlosch und fuhr lautlos zurück in die Versenkung des Schreibtisches. Der Mann nahm sich wieder seinen wertvollen Füllfederhalter und widmete sich den Schecks.
An der schweren Holztüre klopfte es dreimal. „Herr Dr. Berberich, ihr Termin ist da.“
„Sie sollen hereinkommen.“ Antwortete der ältere Mann leutselig und seine Gesichtszüge entspannten sich zusehends.

Zwei Anzugträger traten ein, bewaffnet mit dünnen Aktentaschen und auf Hochglanz polierten Maßschuhen.
„Vielen Dank Herr Dr. Berberich, dass Sie uns doch noch einen Termin einrichten konnten. Es dreht sich um die Konten auf der Kanalinsel.“
„Was ist damit, droht Jersey im Ärmelkanal zu versinken?“
„Nein Herr Doktor, wir rechnen mit einer Überprüfung im kommenden Jahr, da wäre es gut, wenn diese Konten nicht mehr so stark gebucht wären.“
„Gut, wieviel sollte ich, Ihrer Meinung nach, dort entfernen lassen?“
„Nun dreihundert Millionen sind das maximale, das wir dort erklären können. Bitte verstehen Sie, wenn man feststellt, dass dort 13 Milliarden gebunkert sind, gibt das unangenehme Fragen und bei dreihundert Millionen, da fragt keiner nach, das sind dann wirklich Peanuts.“
„Gut, ich lasse das richten. Sonst noch etwas meine Herren?“

„Ja die Ausgaben in der Südsee sind angestiegen. Bisher waren das monatlich 12 Millionen, jetzt sind wir bei fast 14 Millionen. Ist das noch in Ordnung?“
„Meine Herren, sorgen sie dafür, dass das Geld fließt, ich kann nicht in der Südsee vorbeifliegen und ich möchte, dass dort genug zur Verfügung steht, meine Leute sind da an etwas Wichtigem dran und ich rechne noch mit Ausgaben von 1,3 bis 1,4 Milliarden. Aber danach rechne ich mit dem dreizehnfachen an Ertrag, also bitte, sorgen Sie dafür, dass das Geld fließt, ja?“
„Selbstverständlich Herr Doktor, äh da wäre noch die Sache mit unseren Schecks…“
„Selbstverständlich, ich habe sie gerade vorhin unterschrieben. Bitte meine Herren, jeweils 120 Millionen, ganz wie abgemacht.“

„Ja, Danke und nun einen schönen Tag noch.“
Als die Männer mit den polierten Schuhen weg waren, rief Dr. Magnus Berberich seiner Sekretärin zu: „Luise, bitte lassen sie meinen Flieger bereitmachen ich muss in einer halben Stunde nach England.“
„Sofort Herr Doktor.“ Kam es von der anderen Seite.
Dr. Berberich nahm aus einer der Schubladen eine Pistole und steckte zwei der vergoldeten Handys ein, dann ging er in seinen begehbaren Kleiderschrank und suchte sich einen passenden Frack heraus. Schließlich musste er für morgen ein Alibi vorweisen können.

**

Südsee
„Verdammt! Radar, wo ist er?“, fluchte Theresa Fuller.
„Ich habe ihn! 180 Meilen westlich. Kurs 080, Höhe 12.000 Fuß Geschwindigkeit 400 Mph!“
„Scheiße!“ Fuller drehte ihre E/2 sofort auf Kurs 260, schob den Schubregler auf volle Kraft und rief ihre Eskorte. „Wasp zwei, Bandit nähert sich uns auf Schussdistanz! Wo zum Teufel steckt ihr?!“
„Hier Wasp zwei, wir sind an ihm dran!“, kam die beruhigende Antwort.
Im weiten Himmel der Südsee rasten die FA/18 der Theobald mit Mach 1,2 an den unbekannten Flieger heran und stellten Sichtkontakt her. „Wasp zwei an Homebase, Sichtkontakt. Bandit ist zweimotorige Maschine. Kurs weiter 260, Geschwindigkeit… verdammt, er beschleunigt! Er beschleunigt auf über 420 Mph!“

„Was? Mehr als 420 Mph? Eine zweimotorige Maschine?!“ fragte Fuller im Hexenbesen. „Radar?“
„Hier Radar. Bestätige Bandit beschleunigt auf 420 MPH! Shit jetzt auf 430 MPH Entfernung zu uns 150 Meilen! Das ist Jet Geschwindigkeit.“
280 Meilen entfernt auf der USS Theobald verfolgte man das Drama an den Radarbildschirmen. „Captain, der Bandit nähert sich unserer E/2 auf Schussweite!“ Meldete der Radaroffizier Captain Barris.
„Homebase an Wasp zwei, sehen sie Waffen?“
Erneut flogen die F/18 an dem Unbekannten Flugzeug vorbei und richteten die Kameras auf den Angreifer. „Bestätige! Bandit eindeutig bewaffnet!“
„Entfernung zu Hawkeye?“ wollte Barris wissen.
„128 Meilen, Bandit nähert sich weiter auf direktem Kurs!“
Barris brauchte keine zwei Sekunden, um eine Entscheidung zu fällen. „Wasp zwei, Waffenfreigabe!“
„Verstanden, Waffenfreigabe!“

Die F/18 flog eine Schleife und näherte sich dem Flugzeug von hinten auf eine Entfernung von zwanzig Meilen und schaltete die Raketen scharf, als die Zielerfassung auf dem Head up Display ausfiel. „Scheiße! Homebase, Zielerfassung ausgefallen!“
„Wiederholen sie!!“
„Systemausfall! Ich kann meine Raketen nicht abfeuern!“
„Verstanden! Wasp drei, Waffenfreigabe!“
Der Flügelmann von Wasp drei schob seine F18 an diesem vorbei und winkte seinem Staffelkameraden zu. „Sorry Jacky… Persönliches Pech!“
„Arsch!“ brummte Wasp zwei und nahm die Position rechts hinter Wasp drei ein. Das Ganze hatte nur ein paar Sekunden gedauert, doch in der Zeit hatte sich das unbekannte Flugzeug weiter dem Hexenbesen genähert.

„Verdammt Wasps!“ Meldete sich Fuller. „Entfernung nur noch 99 Meilen!“
„Wasp drei, Fox… MIST. Systemausfall! Ich kann das Ziel nicht erfassen!“
„Achtung!“, rief der Radaroffizier des Hexenbesens. „Er wird langsamer! Entfernung zu Wasp 10 Meilen. Abstand nimmt schnell ab.“
Als hätte der Pilot des Angreifers eine Vollbremsung hingelegt, rasten die F18 nun auf den Angreifer zu.
„Da ist er…“ Der Pilot brach ab, als ein schrilles Trillern in seinen Kopfhörern ertönte. „Homebase, wir werden…“ Mitten im Satz brach der Kontakt zu Wasp zwei ab und auf den Radarschirmen der Theobald wurde das Echo der F18 rot.
„Wir haben Wasp zwei verloren!“ rief der Radaroffizier.
„Bandit beschleunigt wieder auf…ach du Scheiße… Bandit fliegt jetzt 440 MPH!“
„Scheiße!“ brummte Barris. „Entfernung zur E/2?“
„74 Meilen!“
„Alarmstart! Schicken sie Wasp vier und fünf hoch! Hawkeye soll abhauen!“
„Verstanden!“

Kaum war der Befehl heraus, donnerten zwei weitere FA/18 über das Startdeck des Flugzeugträgers und stießen mit ihren Nasen in den Himmel.
Hoch über der Südsee schaltete Fuller alle Systeme ab und ließ den Hexenbesen wie einen Stein nach unten fallen. „Homebase, wir sind offline, wo ist er?“
„Bandit nähert sich weiter von Westen, Kurs 075, Entfernung 69 Meilen!“
„Dieser elende Mistkerl!“, fluchte Fuller. „Wasp drei, wo sind sie?!“
„Ich bin zwanzig Meilen hinter ihm. Aber ich kann ihn nicht erfassen!“

„Hören sie, ich lenke ihn ab und sie schnappen sich den Mistkerl!“
Bevor Wasp drei dazu etwas sagen konnte, gab der Operator auf der Theobald Fuller eine klare Ansage.
„Negativ Hawkeye!“, kam die Stimme von Homebase. „Halten sie sich an ihre Befehle! Wasp vier und fünf sind zu ihnen unterwegs.“

„Die werden zu spät kommen!“, meinte Fullers Copilotin.
„Ja…“ Fuller sah ihre Copilotin fragend an und die nickte ihr zu. „Ich bin dabei.“
„Wasp drei! Jetzt!“ Fuller schaltete alle Systeme ein, fing die Maschine ab und drehte die E/2 direkt auf den Angreifer zu.

Tatsächlich überraschte Fuller den Piloten des Angreifers und der bekam nicht mit, wie Wasp drei seine Nachbrenner zündet und auf ihn zuraste.
Auf den Radarschirmen der Theobald verschmolzen die Echos der Eagle und des Angreifers beinahe, dann wurde das Echo des Hexenbesens rot.

„Sir, die Hawkeye wurde abgeschossen!“
„Barris starrte auf den Schirm und sah wie das Echo von Wasp drei und das Echo des Angreifers ebenfalls rot wurden und schlug dann mit der Hand hart auf den Tisch.
„So eine Scheiße! Wir haben eine E/2 und zwei F18 verloren!“

**

200 Meilen entfernt stiegen der Hexenbesen, Wasp zwei und drei sowie der Angreifer wieder auf eine Höhe von 12.000 Fuß und flogen friedlich nebeneinander her.

„Soll ich deiner Frau sagen, dass sie jetzt Witwe ist, oder willst du es ihr selber sagen?“, wollte Esorm grinsend von Bernd wissen. „Dieser elende Mistkerl! Wasp drei hat uns tatsächlich erwischt.“
„Tja, da gibt’s nichts zu beschönigen.“ Stellte Bernd fest und schaltete auf den offenen Kanal. „Wasp drei, das war ein verdammt guter Schuss! Mit der Bordkanone bei Mach 1,3 so einen Treffer zu landen, muss ihnen erst mal jemand nachmachen.“

„Ich bin trotzdem tot und unsere Hawkeye haben sie auch abgeschossen.“ Kam die resignierte Antwort des Piloten.

„Warten wir erstmal ab, was die Auswertung der Flugdaten ergibt.“ Beruhigte Bernd den Piloten. „Vielleicht entscheidet der Schiedsrichter ja zu ihren Gunsten.“
„Ich bezweifele es. Der CAC wird uns einen richtigen Einlauf verpassen.“
„Sorry“, lachte Bernd, „da kann ich ihnen leider nicht helfen.“

„Wir müssen tanken und zurück.“ Sagte Esrom, nachdem er seine Instrumente kontrolliert hatte.
„Ok.“ Antwortete Bernd und meldete sich bei der Flugleitung der Theobald ab. „Condor drei an Homebase, es war und eine Ehre. Wir machen uns auf zum Tanker und dann auf den Heimweg.“
„Hier Homebase, an Condor drei.“ Kam Barris unverkennbare Stimme aus dem Lautsprecher. „Das nächste Mal erwischen wir Euch vorher.“

„Wir geben ihnen gerne die Gelegenheit zur Revanche.“ Grinste Bernd und scherte aus der Formation aus um auf Rendezvouskurs mit einem Tanker der Theobald zu gehen.

**

„Ok, lassen wir das ganze einmal Revue passieren.“ Esrom schaute sich die gesammelten Flugdaten auf seinem Tablet an. „Wasp drei hat uns mit der Bordkanone auf Sicht erwischt, als wir beschäftigt waren der Eagle auszuweichen… Ich kann es drehen und wenden wie ich will, es war ein Glückstreffer. Pech für ihn, das unsere Piranhas schon unterwegs waren. Eine Sekunde früher und er wäre davongekommen. Hier.“ Esrom reichte Bernd das Tablet und übernahm die Steuerung der Condor.

„HHMM.“ Brummte Bernd und sah sich die Daten an. „Dennoch ein klarer Punktsieg für uns. Wir haben die Eagle ausgeschaltet und ihre ganze Abwehr durcheinandergebracht. Im Ernstfall wäre eine ganze Staffel aus unserem Radarschatten aufgetaucht und hätten den Träger angegriffen.“
„Die Lektion haben sie heute gelernt und sie werden denselben Fehler nicht noch einmal machen.“
„Nein, ganz sicher nicht… He Moment, dreh mal nach Backbord.“ Bernd zeigte nach unten auf das Meer. „Da ist irgendwas.“

Esrom flog eine Kurve und Bernd schnappte sich ein Fernglas um sich zu vergewissern, ob er tatsächlich etwas gesehen hatte.
„DA! Es ist ein Rettungsfloß! Ich gehe tiefer!“ Damit übernahm Bernd wieder die Maschine und ging tiefer, um sich dem Rettungsfloß zu nähern. Nun hatte Esrom das Fernglas vor den Augen und suchte das Meer ab.

„Ich sehe es! Ich rufe die Küstenwache!“, sagte er, als er das Floß sah und etwa zehn Besatzungsmitglieder zählte.

„Sag ihnen, sie brauchen sich nicht zu beeilen.“ Sagte Bernd bitter, als er über das Floß hinweggeflogen war. Bernd hatte das Floß in nur dreißig Metern überflogen und kein Arm winkte oder Kopf hob sich.

„Arme Kerle…“

**

Mainstadt
„Was für ein Zufall.“ Murmelte Theobald, der Stecher, Vogel. Es stimmt also, man trifft sich immer zweimal im Leben.“
Als er von Berberich den Auftrag bekam alle Zeugen auszuschalten, welche die Mienen auf Alofi gesehen hatten, begann der Stecher mit dem Techniker, den man gefangen und letztlich nach Tel Aviv gebracht hatte.

Er und seine Kontaktleute waren sich sicher, dass der Techniker vor seinem Ableben geredet hatte. Offiziell war der Techniker schon auf Alofi gestorben… also hatten weder die Israelis, noch die Behörden auf Soulebda vor, den Mann einfach laufen zu lassen.
Berberich hatte getobt und wollte seine Wut an ihm auslassen, doch der Stecher hatte Berberich schon immer vor Jean-Marcel Nguyen gewarnt!

Berberich war mit Nguyen einen Pakt mit dem Teufel eingegangen. Er, Berberich hatte die Ideen und die Kontakte eine illegale Mülldeponie zu errichten und Nguyen hatte durch seien Mienen auf Wallis die nötigen Arbeiter vor Ort, um diese Deponie auf Alofi zu bauen, sowie die Möglichkeit die Arbeiter im Anschluss verschwinden zu lassen! Noch während sich Nguyens Sklaven durch den Felsen der Insel kämpften, hatte Berberich eine Menge Politiker von seiner Idee überzeugt.
Er bot ihnen die Gelegenheit unliebsame Überbleibsel aus Atomkraftwerken, hochgiftige Chemikalien und andere extrem toxische Stoffe kostengünstig verschwinden zu lassen. Während ein Castortransport medienwirksam und den Augen der ganzen Republik durch das Land geschickt wurde, wurden still und leise zehn andere auf ein Schiff verladen und nach Alofi gebracht.

Niemand fragte nach, wo denn der ganze Radioaktive Müll abblieb, solange man nicht daraus Profit schlagen konnte. Und genau hier lag Berberichs Erfolgsrezept! Er hatte ALLE Parteien der Regierung dazu gebracht, mit ihm zusammenzuarbeiten. Keiner konnte mit dem Finger auf ihn zeigen, zumindest niemand der politisch (und auch körperlich) überleben wollte! Dennoch hatte in ganz Europa nur eine Handvoll Politiker mit Berberich persönlich in Kontakt gestanden. Die meisten Gespräche und Abmachungen waren über Mittelsmänner und Scheinfirmen gelaufen, was bei der Masse an Lobbyisten, welche die Politiker wie Schmeißfliegen umschwärmten, überhaupt nicht auffiel.
Auf diese Weise hatte er erst Deutschland und dann die anderen Europäischen Länder „in seien Gewalt“ gebracht. Als die Deponie dann fertiggestellt war, ging alles ganz schnell. Giftmüll aus Deutschland, Frankreich, Italien… fand sich in Alofi wieder und die Einnahmen sprudelten. Es war für Berberich und die Regierungen eine Win-Win Situation. Berberich wurde reich und die Regierungen konnten eine Menge Geld für andere Sachen aufwenden. Oder, was auch geschah, das gesparte Geld in die eigenen Taschen fließen lassen.

Dann hörte Vogel zum ersten Mal etwas von einem Projekt Detreptis und warnte Berberich vor Nguyen. Nguyen hatte mittlerweile nur noch seine eigenen Interessen im Auge und konzertierte sich lieber auf sein eigenes Projekt, als auf das gemeinsame und ging kurze Zeit später spektakulär unter. Das schlimmste daran war, dass Nguyen alles aufgezeichnet hatte! Absprachen, Mittschnitte von Gesprächen, Aufträge… Nguyen hatte alles fein säuberlich in Ordner gepackt und auch noch auf Alofi liegen lassen! Akten, die jetzt der Mossad in den Fingern hatte!

Glücklicherweise, tauchte Berberichs Name in den Akten nicht auf, da auch hier alle Geschäfte über Mittelsmänner gelaufen waren. Die logische Konsequenz Berberich zu schützen lag darin, alle Mittelsmänner und Kontaktleute, die zwischen Nguyen und Berberich standen zum Schweigen zu bringen. Und so starben in den letzten Monaten mehr als dreihundert Männer und Frauen bei Unfällen, eines „natürlichen“ Todes, oder kamen unter nicht geklärten Umständen ums Leben.
Das größte Problem stellten die Israelis da! Die U-Bootbesatzung welche auf Soulebda stationiert war, untersuchte die gesamte Deponie, erfasste die einzelnen Behälter und deren Inhalt. Selbst für einen mittelmäßigen Physiker war es kein Problem, durch eine Analyse festzustellen aus welchem Kraftwerk der radioaktive Müll stammte, oder welches Labor seinen toxischen Rückständen verschwinden ließ.
Berberich wollte das natürlich unterbinden, doch selbst der Stecher kam nicht an die U-Bootbesatzung heran. Die Israelis hatten Alofi hermetisch abgeriegelt. Seltsamerweise gingen weder die Israelis noch die Soulebdalesen mit dem Skandal an die Öffentlichkeit.

Dieser Zustand machte Vogel Kopfzerbrechen…. Warum hielten die Israelis still? Schließlich bekam er heraus, dass General Lem die Ermittlungen in „eigener Sache“, also ohne das Wissen seiner Regierung, die Ermittlungen leitete.
LEM! Nein, der Stecher hatte ihn nicht vergessen! Weder ihn noch seien Freunde. Doch mit Lem konnte sich Vogel vorerst nicht beschäftigen.
Ja, der Stecher musste zugeben, dass es für ihn und sein Team, bestehend aus Lena Vulgaris und Sam Whitinghouse, ein gewisses Maß an Stress gegeben hatte! Doch letztlich waren alle Menschen, welche in den Alofia-Aten erschienen tot!
Und …Nein, der Stecher musste sich eingestehen, alle hatten sie nicht erwischt…zwei lebten noch! Und ausgerechnet die Zwei, welche die Akten UND die Deponie gesehen hatten…
Caroline Miles Und Peter Stein!

Zwar kam der Stecher den Beiden schnell auf die Spur, da der Rummel den der „Inselkrieg“ im Südpazifik verursacht hatte, alle Beteiligten ins Rampenlicht setzte, doch an die Beiden heranzukommen stellte sich als extrem schwierig da.
Die Tatsache, dass beide nicht nur in einem Hochsicherheitsgefängnis arbeiteten, sondern auch dort wohnten, machte es besonders schwer. Vogel hatte nicht all die Jahre überlebt, weil er schnell und unüberlegt handelte, nein, er studierte seine Opfer und das, was er über Miles und Stein zu lesen bekam, gefiel ihm überhaupt nicht.
Beide waren erfahrene Kämpfer, was ihm sagte, dass er beide gleichzeitig erwischen musste. Würde er Stein zuerst umlegen, würde Miles mit Hilfe ihre israelischen Freunde untertauchen und wäre von der Bildfläche verschwunden. Stein würde zwar nicht so einfach untertauchen können, doch auch er hatte genug Freunde um Stecher das Leben schwer zu machen.
Nein, er musste die beiden zur selben Zeit ausschalten!

Vogel stellte ein großes Team zusammen und ließ das Gefängnis rund um die Uhr beobachten. Zu seinem großen Erstaunen erkannte er zwei alte Bekannte. Frank Brauer und Wolfgang Decker! Jetzt hatte er drei alte Bekannte wiedergefunden. Lem, Decker und… Brauer!
Vor seinem inneren Auge lief derselbe Film immer wieder ab, wie die letzten dreißig Jahren, wenn er an die Geschehnisse, damals in der Iranischen Wüste dachte.
Tagelang hatte er sie verfolgt, gejagt… gestellt…

**

Damals 1988
Zwei Fahrzeugkolonnen standen sich einhundert Meter gegenüber und beharkten sich gegenseitig mit Maschinenpistolen und Granaten, während zwischen den Fahrzeugen ein wilder Nahkampf tobte. Vogel, vier seiner Männer, Decker, Marunja und Brauer lieferten sich einen Kampf auf Leben und Tod und keine Seite konnte auf die Kämpfenden zwischen ihnen feuern, ohne die eigenen Leute zu treffen.
Der Schlag kam hart und traf Vogel unter das Kinn! Brauer setzte nach, doch Vogel blockte den Angriff ab. Jetzt ging Vogel zum Angriff über, schaffte es, Brauers Abwehr zu durchbrechen und diesem einen harten Schlag zu verpassen. Brauer taumelte rückwärts und Vogel setzte nach, als eine Granate wenige Meter neben ihm explodierte.

Der Druck warf den Stecher zurück, und Brauer konnte sich fangen. Jetzt stand Brauer zwei Meter vor ihm und wurde von einem anderen Mann Vogels angegriffen. Das verschaffte Vogel genug Zeit, um seine Pistole zu ziehen, als Decker ihn von hinten ansprang und ihm die Waffe entriss, doch schon waren zwei Männer Vogels da, die mit Decker kämpften.

Brauer machte seinen Gegner nieder und wollte sich wieder auf Vogel stürzen, als jemand mit einem MG das Feuer auf Vogel eröffnete. Maja hatte sich eine MG geschnappt und nahm Vogel über eine Kühlerhaube unter Feuer, als dieser seine Pistole aufheben wollte. Sofort sprang er zur Seite und schaffte es, Brauer zwischen sich und das MG zu bekommen, während Maja aus der Kolonne des Stechers unter Feuer genommen wurde.
„Wir müssen weg!“, brüllte einer von Vogels Männern.
„NEIN!“

„Die Israelis und die Amis sind in wenigen Sekunden hier!“ Der Mann packte Vogel und zog ihn zu den Fahrzeugen und gegenüber packten Decker und Marunja Frank und zerrten ihn in den Feuerschutz von Majas MG.

**

28 Jahre später
„Ich werde dich kriegen! Man sieht sich immer zweimal!“, das waren Brauers letzte Worte, bevor er verschwand! Und verdammt, Brauer hatte Recht. Jetzt sah man sich wieder! Natürlich hatte der Stecher in den letzten achtundzwanzig Jahren, das eine oder das andere Mal mit dem Gedanken gespielt Brauer und Decker umzulegen, doch dazu war er zu sehr Profi!

Und jetzt das! Ausgerechnet dort wo er seine Zielpersonen fand, fand er auch Brauer und Decker…
Aber noch immer war er Profi und sein Augenmerk galt Miles und Stein. Die große Überraschung aber kam eine Stunde später, nachdem sie ihre Beobachtungsposten errichtet hatten. Eine weitere Zielperson, die Berberich tot sehen wollte, war ebenfalls in dem Gefängnis, Major Claire Clament vom DGSE.
„Wir müssen zuschlagen!“, hatte ihn Lena gewarnt. „Wir sind schon zu lange vor Ort! Noch einen Tag länger und wir fallen auf!“ Lenas Aufgabe hatte darin bestanden, dass sie einen Plan mit den Kameras um das Gefängnis herum anzufertigen und so die Erfassungsbereiche der Kameras festzustellen. Zwar hatte sich das Beobachtungsteam immer außerhalb der Bereiche gehalten, doch Lena wusste, dass irgendwann ihre Glückssträhne zwangsläufig reißen musste.
„Du hast Recht. Morgen schlagen wir zu.“ Vogel wurde sich bewusst, dass das Zusammentreffen von Clament und Miles einen unglücklichen Zustand darstellte. Zwei verschiedene illegale Aktivitäten Berberichs kreuzten sich! Und das war nicht gut! Sollten die drei Zielpersonen lange genug am Leben bleiben, würden sie irgendwann zwangsläufig eine Verbindung zwischen sich herstellen. Vogel musste handeln und beschloss Miles und Stein zuerst zu töten und dann im Caos, das sicherlich entstehen würde Claire Clament umzubringen.

„Wie gehen wir vor?“
„Wir verfolgen sie, schnappen sie außerhalb des Gefängnisses. Du wirst dich an Miles heften und Sam soll sich an Stein halten.“
Pünktlich um sechs Uhr standen die Killerteams bereit, doch Caroline verließ erst kurz vor Mittag das Gefängnis und hatte einen Fahrer dabei.
„Verdammt!“, fluchte Lena und folgte dem Wagen mit Miles, denn ihr war klar, dass eine ausgebildete Agentin wie Miles sie noch früher ausmachen würde, wenn sie nicht durch das Fahren abgelenkt war. Als der Wagen mit Miles das Regierungsviertel erreichte, war es zu spät. Lena musste hoffen, dass sich auf dem Rückweg eine Gelegenheit ergab und wartete.

Während Lena vor dem Ministerium wartete bis Miles endlich fertig war, kam die Meldung, dass Stein das Gefängnis verließ und einen Supermarkt ansteuerte.
„Perfekt!“ schoss es Lena durch den Kopf und legte sich einen hervorragenden Plan zusammen.
Sie lenkte Stein ab und Sam packte ihm die Bombe in die Tasche. Der Plan schien idiotensicher zu sein, bis die Wohnung explodierte und Miles und Stein immer noch lebten.
Berberich hatte getobt, als er von dem Fehlschlag erfuhr und auch Vogel war wütend. Nur Stunden nach der Explosion verschwanden alle Zielpersonen von der Bildfläche.
„Wir müssen wissen, wo sie abgeblieben sind!“ stellte Vogel fest. Sie saßen in einem Wohnmobil zwei Straßen südlich des Gefängnisses und berieten über ihr weiteres Vorgehen.
„Ich hätte da eine Idee.“ Sagte Sam.

„Ich hoffe, sie ist besser als deine letzte Idee!“ meinte der Stecher und sah Sam scharf an. „Noch einen Fehlschlag von dir würde Berberich nicht gefallen.“
Sam verstand die Drohung, ließ sich aber seine Angst nicht anmerken. „Wir lassen noch eine Bombe hochgehen.“

„Hast du nicht genug Schaden angerichtet?“ fragte sie Lena.
„Ich?!“, fauchte Sam, „Ich habe dir gesagt, dass wir ihn mit einem Fernzünder in die Luft jagen sollen, doch du hattest es eilig, hast eine beschissene Granate benutzt!“
„Aufhören! Alle Beide!“, machte Vogel dem Streit ein Ende. „Was für eine Idee hast du?“
„Alle in dem Knast dort sind doch Freunde und halten untereinander bestimmt Kontakt. Jetzt wo die Zielpersonen weg sind, werden die Sicherheitsmaßnahmen sicher wieder zurückgefahren. Wir jagen einen von denen in die Luft und sehen nach, wer wen kontaktiert.“
„Das ist gut… das ist sehr gut.“ Lobte ihn Vogel. Lena, du kümmerst dich darum, dass wir mithören, wenn jemand aus dem Knast heraus ein Ferngespräch führt. Sam, wie willst du die Bombe in das Gefängnis bringen?“

„Ganz einfach!“ Sam grinste teuflisch, „Wir nehmen eine Drohne, bepacken sie mit Sprengstoff und jagen eines der Büros in die Luft.“
„Das ist ein Schwachsinns Plan!“ meinte Lena. „Die Fenster sind vergittert, da kommt die Drohne nicht durch!“
„Ich weiß, das ist ja der Clou! Wir nehmen 100 Gramm CL-20 fliegen an die Glasscheiben heran und lassen die Drohne hochgehen. Das Glas der Fensterscheiben wird bersten und sich in tausende tödliche Splitter verwandeln. Die Frage wäre nur, wen wir zerhacken.“
Theobald, der Stecher, Vogel bekam ein leuchtendes Lächeln, als er sich den Plan durch den Kopf gehen ließ. „Nein, ich weiß, wem wir einen Besuch abstatten…“

**

Tel Aviv
„Finja sagt, sie hätte eine Ahnung, dass die Fälle irgendwie miteinander was zu tun haben.“ Teilte Lem Levi am Telefon mit.
„Wissen wir denn, an was die Franzosen dran waren, als sie im Hafen von Monaco in die Luft gesprengt wurden?“

„Nein, nur dass es sich um eine Transaktion gewalteigen Ausmaßes gehandelt hat. Ich werde Fabienne nach Soulebda schicken, damit sie mit dieser Clament redet.“
„Und wenn sie nichts verraten will?“
„Fabienne soll sich vorher mit Dagan treffen. Vielleicht können er und Viktor Kubaliborov ja etwas nachhelfen.“
„Gut, ich werde mich morgen mit Frank treffen. Da Claire bei ihm Unterschlupf gefunden hat, weiß er vielleicht etwas.“
„Gute Idee.“

„Wie weit bist du mit der Alofi Sache?“
„Ich stecke in einer Sackgasse! Immer wenn ich jemanden gefunden habe der in den Akten vermerkt ist, stelle ich fest, dass der oder diejenige bereits tot ist.“

„Lem… das würde zur Vorgehensweise des Stechers passen. Angenommen der Anschlag galt wirklich Caroline und Peter, dann arbeitet der Stecher für den Unbekannten der hinter Alofi steckt. Und die Tote Agentin in Paris, die mit einem Stich unter die Zunge getötet wurde, weist auch auf den Stecher hin. Finja könnte Recht haben.“

„Umso wichtiger, dass wir herausfinden, hinter was oder wem die Franzosen her waren.“

**

Mainstadt
Levi stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab und betrat das Gefängnis.
Weder er noch jemand anderes bemerkte den Van, der sechzig Meter entfernt stand. „Wir sind bereit!“ sagte Sam und nahm die Fernsteuerung der Drohne in die Hand, als Vogel das Fernglas absetzte. Er konnte nicht glauben, was er gerade sah! Benjamin Levi betrat die Schleuse des Gefängnisses.
„Die ganze Bande ist noch zusammen!“ flüsterte er.
„Was?“
„Nichts! Warte noch eine Minute.“
„Warum?“

„Ich möchte nicht ein freudiges Wiedersehen verhindern.“ Vogel wartete und schätzte die Zeit, welche Levi von der Pforte bis zu Brauers Büro brachen würde, dann sagte er, „Ok. Bring die Drohne rauf und schalt die Kameras ein. Ich will sie vor Brauers Büro.“

„Alles klar!“ Sam startete die Drohne, welche er vor einer halben Stunde zwischen Gestrüpp in der Nähe des Gefängnisses versteckt hatte und ließ sie gerade so hochschweben, dass Vogel die breite Fensterfront von Franks Büro sehen konnte, die immer größer wurde. Ehe sie am Fenster von Franks Büro ankam parkte er die Drohne oberhalb des Büros auf dem Dach.

**

Was Theobald, der Stecher, Vogel nicht wusste, war, dass Levi nicht direkt zu Frank ging, sondern erst bei Jessika vorbeiging.
„Hallo mein Sonnenschein.“ Begrüßte Levi seine Frau.
„Na, konntest du es nicht erwarten, bis Frank zu uns nach Hause kommt?“
„Ich weiß nicht… zu Hause ist zu Hause, da mag ich nichts Dienstliches besprechen.“
„Oh, Herr Levi ist rein dienstlich hier.“
„Nein Herr Levi geht rein dienstlich nur zu Frank, nicht zu seiner Frau.“
„Du bist schon ein so großer Schleimer wie Peter.“
„He, was soll das denn heißen?“

„Das zu viel Zeit mit diesem Tunichtgut verbringst.“ Grinste Jessika und nahm Ben am Arm. „Komm, ich bringe dich zu Frank. Er vereidigt gerade zwei neue Wachmänner.“
Sie erreichten Franks Vorzimmer wo Thekla mit Decker plauderte.
„Bist du nicht bei denen Schützlingen?“, wollte Ben von Decker wissen.
„Nein, ich habe mir Franks Rede schon hundert Mal angehört, ich kenne sie auswendig.“

„Hält Frank immer dieselbe Rede?“
„Ja! Seit Zwanzig Jahren dieselbe Rede.“
„Und wie lange dauert die Rede?“
„Zwanzig lange Minuten. Zehn sind vorbei, also müssen die armen Kerle noch zehn Minuten strammstehen.“
„Das ist ja schrecklich!“, grinste Jessika. „Mal sehen, ob wir das nicht wenigstens heute abkürzen können.“

„Was willst du denn tun?“, fragte Thekla.
„Na ich gehe da hinein und sage, dass es wichtig ist.“ Lachte Jessika und ging zur Tür. Sie klopfte an, drückte die Klinke herunter und trat in Franks Büro. Dort standen die beiden neuen Wachmänner, genau wie Decker es gesagt hatte stramm vor Frank, während der vor ihnen stand.
„Entschuldigung Frank, ich würde dich nicht stören, wenn es nicht wichtig wäre, aber…“ sie brach ab, als sie eine Bewegung vor dem Fenster sah. Irgendetwas störendes kam da von oben herab …

**

Exakt wie Sam Whitinghouse es vorhergesagt hatte, war um das Gefängnis keine Funksperre oder Jammer Signal, das die Funksignale einer Fernsteuerung stören konnte. Mit ausschlaggebend dafür war sicherlich der nahe Park, denn dort hatten die Besucher alle ihr Smartphone an. Ein Jammer wäre da vom Amt nie erlaubt worden. Das wusste Sam Whitinghouse ganz genau.

Das fiese an dem Sprengsatz war nicht nur, dass mit CL-20 ein hochbrisanter Sprengstoff verwendet wurde, sondern auch, dass er in einer Röhre eine gewisse Richtwirkung entfaltete.
Sprengstoff ist etwas unheimliches, und Sam wusste genau, wie er die Verdämmung sauber zustande brachte um die Richtwirkung zu erzielen.
Im nahen Park wurde gerade eine Videoreportage über Mainstadt gedreht und die Kamera zeigte gerade das Gefängnis, als eine kleine weiße Drohne von oberhalb des Daches langsam an das Fenster von Franks Büro heranflog und ganz langsam tiefer ging. Der Kameramann ging auf die Szene drauf und zoomte heran, zu seinem Glück war seine Kamera auf einem sehr guten Stativ.

Die Detonation selbst war ein sehr lauter Knall, der unglaublich schnell vorbei war, von der Wand weg wurde eine dunkle Wolke geblasen, wie aus einer alten Schwarzpulverkanone. Die andere Richtung aber das war die Fensterseite, da mussten die Glasscherben wie Schrotgeschosse den ganzen Raum getroffen haben. Nun klaffte in der obersten Etage ein schwarzes Loch, wo früher das gepanzerte Fenster war. Ob von der Drohne noch etwas gefunden werden konnte, wusste noch keiner.

Als die Sirenen rings um das Gefängnis angingen wurde es hektisch und der TV Reporter hielt weiter auf die Szene drauf. Er wusste ja nicht, dass er auch die Gangster, die diesen Anschlag ausgeführt hatten, im Bild hatte.

Genau wie Sam Whitinghouse es vorhergesagt hatte, ließ die Druckwelle des explodierenden CL-20 das Sicherheitsglas der Fenster sich in Tausende kleiner tödlicher Splitter verwandeln. Dieses Glas konnte zwar Kugeln stoppen, doch es war nicht dazu entwickelt, einer derartigen Explosion standzuhalten. Die Detonation fegte durch Franks Büro und die Glassplitter zerfetzen alles, was ihnen im Weg stand.

**

Die Druckwelle der Detonation warf Jessika in das Vorzimmer zurück und schleuderte sie genau vor Benjamins Füße.

Levi, Decker und Thekla blieben zwar von den Splittern verschont, doch die Schockwelle traf sie ebenso unvermittelt.
Während Thekla noch nicht verstanden hatte, was überhaupt geschehen war, schrie Levi auf und stürzte sich auf Jessika, die aus unzähligen Wunden blutete und ihm mit aufgerissenen Augen anstarrte.
Decker sprang an den Beiden vorbei in Franks Büro und sah eine Bild der Zerstörung. Frank und die beiden Wachmänner lagen zerfetzt auf dem Boden, zwischen umgeworfenen Möbelstücken, Glasscherben, und Papierfetzen.

Einem Wachmann fehlte der halbe Kopf und so stürzte Decker gleich zu dem anderen und zu Frank der sich versuchte umzudrehen, während Blutfontänen aus ihm spritzen.
Sofort beugte sich Wolfgang zu Frank runter und versuchte die Blutungen zu stoppen indem er seine Jacke zerriss und anfing Arme und Beine abzubinden.
Als sich Frank bewegen wollte, drückte ihn Decker zurück. „Bleib ruhig liegen! Ich sehe nach den Beiden!“

Decker ließ Frank kurz los und drehte den zweiten Wachmann zu sich, der noch am Leben war. „THEKLA!“, rief Decker, doch er erhielt keine Antwort. „“THEKLA! VERDAMMT RUF SCHEMMEIN!!!“, brüllte Decker und versuchte nun auch bei dem Wachmann Blutungen zu stillen, doch genauso wie bei Frank hatte der zig Wunden, aus denen das Blut nur so herauslief.

„BEN, WAS IST MIT JESSIKA?!“
„ICH… ICH WEISS NICHT… SIE LEBT NOCH! SIE BLUTET ÜBERRALL!“
„Scheiße!“, Fluchte Decker. „WO BLEIBT SCHEMMLEIN?!“, während im ganzen Gefängnis die Sirenen aufheulten.

Unterdessen hatte Ben Jessika auf den Rücken gedreht und auch er versuchte, die Wunden zu lokalisieren, aus denen immer noch Blut floss. „SSSCCCHHHTTT“, versuchte Ben seine Frau zu beruhigen, als sie etwas sagen wollte, aber nur Blut spuckte. „Keine Sorge Schatz… das bekommen wir hin!“
„Scheiße!“ Hörte Ben jemanden rufen und sah Hannes und Gratzweiler durch die Tür stürmen. „Hast du Schemmlein gerufen?!“, fragte Hannes Thekla.
„Was?!“ Thekla stand noch immer erstarrt im Raum.
„HAST DU SCHEMMLEIN GERUFEN?!“
„Ich… Ich…“

Hannes stieß sie zur Seite und griff zum Telefon, das vom Schreibtisch heruntergefallen war. Doch noch bevor er jemanden anrufen konnte, stürmte Schemmlein schon mit zwei seiner Schwestern herein.
„Ach du große …“Schemmlein lief sofort zu Jessika und schubste Levi zur Seite. „Mist! Nicht gut! Gar nicht gut! Jasmin! Hier her!“ Dann sprang er auf um zu Decker zu laufen.
„Ben! Ben sie braucht Platz!“ Hannes packte Levi an der Schulter und zog ihn von Jessika weg, damit sich Jasmin einen Überblick verschaffen konnte.

In Franks Büro, hielt sich auch Schemmlein nicht mit dem Wachmann auf, welchem der halbe Kopf fehlte.
„Annika! Zu Decker!“, wies er die zweite Schwester an und kümmerte sich um den Wachmann.
Annika stieß Deckers Hände zur Seite, als der Frank einen Glassplitter aus dem Gesicht ziehen wollte. „Nicht! Die Splitter nicht entfernen! Stecken lassen! Wenn sie die Splitter herausziehen, verursachen sie noch mehr Blutungen!“

„ICH HABE RETTUNGSTEAMS ANGEFORDERT!“ rief Gratzweiler.
„Schnapp dir vier Mann und besetzt die Schleuse! Beide Türen öffnen!“, rief Hannes und Gratzweiler stürmte los. Sofort schnappte sich Hannes einen weiteren Sicherheitsbeamten. „Aufs Dach! Alle Zwischentüren zwischen hier und dem Hubschrauberlandeplatz öffnen! SOFORT!“
In Franks Büro schob Schemmlein Decker zur Seite und half Annika Franks Blutungen zu stillen.
„Was ist mit ihm?!“, wollte Decker wissen und zeigte auf den zweiten Wachmann.
„Er braucht keine Hilfe mehr!“, mehr musste auch Dr. Schemmlein nicht sagen. „Jasmin?!“
„Ich tu mein Bestes! Kann mir mal jemanden den Kerl da vom Leib halten?!“

„Wolfgang!“ Schemmlein sah zur Seite und Decker verstand den Wink. Der stand auf und ging zu Levi, der Jasmin zwar helfen wollte, doch sie mehr behinderte als unterstützte.
„Hannes!“, Decker winkte Hannes zu sich und gemeinsam zogen sie Levi von Jessika weg, doch der wehrte sich und Decker musste Gewalt anwenden, um Levi von Jessika wegzubekommen, während Hannes versuchte, Ben zu beruhigen.
Thekla, die jetzt erst erfasste, was hier geschehen war, schaute sich in ihrem verwüsteten Reich um, sah all das Blut und fing an sich zu erbrechen, während die ersten Martinshörner erklangen, die zum Gefängnis rasten.

**

Rückkehr nach Deutschland
Die Nachricht von dem Anschlag schlug im Palast wie eine Bombe ein. Frank und Jessica waren schwer verletzt und einige Wachmänner waren dabei umgekommen.
Randy hatte sofort im Palast auf Soulebda angerufen und einen Notfallcode benutzt. Minutenspäter hatte er die Regentin selbst am Telefon.

„Randy, mein Junge, was in aller Welt ist denn da bei euch los.“
„Heylah, hier gab es ein Attentat auf Frank. Dabei starben zwei Wachleute. Frank und Jessica wurden schwer verletzt, hier herrscht das Chaos. Levi war gerade auf Besuch und um ein Haar wäre er auch betroffen, jetzt sinnt er auf Rache. Ich kann in Tel Aviv gerade keinen erreichen. Bitte Heylah, ich brauche hier jemanden, der Levi bändigen kann. Am besten Peter, der konnte immer gut mit ihm.“
„Ich verstehe, ich lasse ihn mit einer Sondermaschine direkt zu euch fliegen. Für Clair können wir hier auch so sorgen, ihr braucht dort jetzt jede Hand, die größeren Schaden verhindern kann.“
Damit war das Gespräch mit Heylah beendet. Randy schaute seine Dana an und beide wollten gerade aufstehen, als es klingelte und die Telefonzentrale sich meldete. „Herr Kaufmann, ihre gesicherte Leitung nach Soulebda steht jetzt, wohin soll ich sie legen?“

Dana sah Randy an. „Wenn die erst jetzt geschaltet wurde, dann war das Gespräch eben mit der Regentin …“
„Unverschlüsselt. Verdammt, wenn da einer die Leitungen angezapft hat.“
„Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, wir haben hier gerade genug zu tun. Sind unsere Experimente alle gesichert und die beiden Forschungsaufträge im Tresor?“
„Ja Schatz, außerdem sichert die Spezialeinheit alles ab, wir müssen jetzt eh raus, also komm.“

**

„Bingo!“ Sagte ein Mann mit einem Kopfhörer über den Ohren und lächelte seinen Begleiter an. „Kannst dem Stecher sagen, wir wissen wo sich die Schlampe aufhält.“
„Wo haben die sich denn versteckt, wir haben ja wirklich alles abgesucht.
Such dir eine Karte der Südsee und dort nach einer Insel namens Soulebda irgendwo nordöstlich von Australien.“

„OK Soulebda, ja habe ich. Das ist ja mitten im Urlaubsparadies. Da möchte ich einmal hin und entspannen.“
„Ja klar, stell mich zum Stecher durch.“
Der andere Mann nahm sein Funkgerät, überprüfte die Codierung und drückte einmal auf die Ruftaste.
„Ja, was habt ihr?“

„Sir, wir haben jetzt die Informationen, wo sich die Zielperson aufhält. Sie befindet sich auf einer kleinen Südseeinsel mitten im Südpazifik.“
„Gut gemacht.“

**

Mainstadt
18 Stunden Später
Heylahs Sondermaschine setzte zur Landung an und ich ließ mir die schrecklichen Ereignisse, der letzten Stunden noch einmal durch den Kopf gehen. Hatte ich nach dem Start noch übelste Rachegedanken, war ich mittlerweile im „Funktionsmodus“ angekommen.
Das hieß nicht, dass ich keine Rache mehr wollte, im Gegenteil, ich malte mir in allen Einzelheiten aus, was ich mit diesen Schweinen anstellen würde, aber ich unterdrückte meine Wut und ging die Sache mit Verstand und Professionalität an.

Jemand hatte es gewagt Hand an meine Familie zu legen… und NIEMAND vergriff sich an der Familie von Peter Stein!!!
Als ich in Richtung Ausgang ging, kam mir Randy schon aufgeregt entgegen. „Ein Glück, dass du wieder da bist! Hier herrscht das totale Caos!“

**

Randy lief neben mir her und steuerte sein Auto an, dass er einfach vor dem Haupteingang abgestellt hatte.
„Wie geht’s den Zwei?!“
„Jessika und Frank leben noch, mehr wissen wir noch nicht. Sie sind beide noch im OP. Hannes ist mit Ben im Krankenhaus und meldet sich sofort, wenn es was Neues gibt.“
„Was ist passiert, ich meine was ist wirklich passiert?“, wollte ich wissen.
„Jemand hat eine Drohne mit Sprengstoff vollgepackt und sie vor Franks Büro hochgehen lassen.“
„Eine Drohne?!“

„Ja, Dana und ich haben alle Überwachungsvideos überprüft. Auf einem ist die Drohne genau zu sehen, wie sie Franks Fensterfront ansteuert.“
„Wieso?! Wieso sprengt jemand Frank in die Luft?“
„Peter… Ich glaube… „
„Was?“
„Ich glaube, ich habe Mist gebaut!“
„Randy! Kannst du mal in ganzen Sätzen reden?!“
„Ich denke, es ist folgendes passiert; Claire, Caroline und du seid von der Bildfläche verschwunden. Also hat derjenige, der euch umlegen will eine Bombe gezündet um euch wieder hervorzulocken oder herauszufinden, wohin ihr abgetaucht seid.“

Verdammt, das was Randy sagte, machte irgendwie Sinn. „Und wieso hast du Mist gebaut?“
„Levi ist am Abdrehen und ich habe auf sofort Soulebda angerufen, aber ohne mich zu versichern, dass die Leitung wirklich sicher war. Ich war so… so durcheinander und aufgeregt. Peter, ich glaube, sie wissen jetzt, dass Caroline und Claire auf Soulebda sind.“
„Und ich bin jetzt hier…“
„Ich habe natürlich sofort im Palast angerufen und Alarm gegeben, aber… Hör zu, es tut mir leid, dass …“

„HE!“ Ich packte Randy an der Schulter und schüttelte ihn. „Schluss damit! Niemand macht dir einen Vorwurf. Ich hätte auch nicht daran gedacht und sofort angerufen.“
„Aber was ist mit Caroline?“

„Um die brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wenn die Bösen so blöd sind und tatsächlich nach Soulebda gehen, werden sie eine ziemlich üble Überraschung erleben.“
„Was ist…“ er brach ab, als sein Handy klingelte. „Dana!“, sagte er nur und nahm den Anruf an. Er lauschte kurz, dann sah er mich an. „Hannes sagt, sie sind aus dem OP raus!“
Wir hatten sein Auto erreicht und Randy nahm den Strafzettel vom Scheibenwischer und warf ihn einfach weg. Dann stiegen wir ein und Randy bretterte zum Krankenhaus.

**

Im Krankenhaus wartete Hannes schon am Eingang auf uns.
„Und?!“
„Ich weiß es nicht! Sie lassen niemanden zu ihnen und keiner von uns erhält Auskunft. Niemand außer Ben. Aber das Einzige, dass sie zu ihm gesagt haben, ist, dass sie noch nichts sagen können.“
„Wo ist Ben?“
„Irgendwo da drinnen.“
Wir gingen zu den Aufzügen und fuhren in den fünften Sock, in der Jessika und Frank lagen, doch schon an der Tür zur Station wurden wir abgefangen und eine resolute Krankenschwester verweigerte uns den Zugang zur Intensivstation. Stattdessen verwies sie uns in den Wartebereich, in dem schon Levi am Fenster stand und nach draußen in die Dunkelheit starrte.
Ich ging zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Was sagen sie?“
„Nichts… ich habe sie nur kurz gesehen… Überall…“

Verdammt was sollte ich jetzt sagen? Das alles gut wird? Das Jessika es sicher schafft? Das alles nicht so schlimm ist? Scheiße!!! Ben der meinen inneren Kampf mitbekam, nickte nur und meinte dann zu mir, „Schon gut. Ich weiß was du sagen willst, oder lieber nicht sagst.“
Ich musste tatsächlich für eine halbe Sekunde grinsen, dann stellte ich mich neben ihn und wir starrten gemeinsam in die Nacht.
Eine Stunde später kamen Dana und Schemmlein zu uns und Schemmlein schnappte sich einen seiner Kollegen und zeigte ihm eine Zustimmung von Iris, die Schemmlein berechtigte, sich nach Franks Zustand zu erkundigen. Außerdem hatte er ja die Erstversorgung geleitet und konnte somit wichtige Erkenntnisse an die behandelten Ärzte weitergeben.

Schemmlein kam nach zwei Stunden intensiver Beratungen zu uns und zog Levi zur Seite.
„Es ist OK, wenn die anderen mithören.“ Sagte Levi zu ihm und wir traten dazu um zu hören, wie es mit unseren Freunden stand.

„Gut. Also das Wichtigste! Jessika lebt und sie wird es schaffen!“
Aus mir wisch eine zentnerschwere Last und ich stützte mich an die Wand, um nicht das Geleichgewicht zu verlieren. Dana schluchzte auf und auch Randy suchte sich einen Stuhl. Einzig Ben stand wie eine Statue aufrecht und schloss nur kurz die Augen.
„Die Tür hat die meisten Splitter aufgefangen und die anderen soweit abgebremst, dass sie nicht zu tief eindringen konnten. Das Problem ist die Masse an Splittern. Bis diese alle entfernt sind, es könnte Tage dauern, bis alle draußen sind. Ob sie sich wieder völlig erholt, kann jetzt noch niemand mit Sicherheit feststellen, aber ich bin ziemlich zuversichtlich.“
„Danke.“ Sagte Levi und ging ein paar Schritte zur Seite um allein zu sein und keiner von uns störte ihn.
„Was ist mit Frank?“, wollte ich wissen.
„Das sind vertrauliche…“
„Scheiß drauf!“

Schemmlein dachte kurz nach, dann nickte er. „Ich denke nicht, dass Iris oder Frank was dagegen haben. Frank hatte weniger Glück, aber er hatte dann doch wieder irgendwie Glück! Die beiden Wachmänner müssen zwischen ihm und der Fensterfront gestanden haben. Glück für Frank, Pech für die Wachbeamten.
Es ist dasselbe wie mit Jessika und der Tür, die Wachmänner haben die Splitter abgebremst. Allerdings hat er dennoch eine Menge Glasscherben abbekommen, die viele Blutgefäße verletzt haben. Zum Glück hat Annika Decker davon abgehalten die Splitter herauszuziehen, sonst wäre er verblutet. Bei Frank lässt es sich noch nicht sagen, wie lange er braucht. Die nächsten Tage wird er noch einige OP’s vor sich haben. Erst dann werden wir mehr wissen.“

Ich nickte ihm dankbar zu und Schemmlein legte mir die Hand auf die Schulter. „Jetzt hängt hier nicht rum und macht den Leuten hier die Arbeit schwerer, als sie schon ist.“ Er schaute Levi an und sagte, „Einer meiner Studienkollegen arbeitet hier und hat ein Bereitschaftszimmer. Er ist damit einverstanden, dass du dich dort aufs Ohr haust, also los, ab mit dir! Keine Sorge, wenn irgendwas ist, egal was, wird man dich rufen.“
Dann sah Schemmlein zu uns und meinte. „Und ihr verzieht euch! Das ist eine ärztliche Anweisung!“

**

Wir fuhren zum Gefängnis und ich konnte mir ein Bild der Zerstörung machen. Überall suchten Ermittler der LKA nach Spuren und es wimmelte von Polizisten.
Als Erstes suchte ich Decker auf und fand ihn zwischen all den Leuten. Ich zog ihn zur Seite und teilte ihm mit, was Schemmlein uns über den Zustand von Frank und Jessika berichtet hatte.
„Stecher! Dafür leg ich dich um!“, fluchte Decker und wandte sich ab.
„He! Moment mal! Du weißt, wer das war?!“, ich packte ihn am Arm und hielt ihn fest.
Deckers Augen wurden schmal, als er sich von meinem Griff befreite. „Nicht so laut!“
Ich trat ganz dicht an ihn heran und funkelte ihn an. „Hier rennen zig Polizisten durch die Gegend, die keinen Plan haben und du weißt, wer das war?!“

„Komm mit!“ Decker drehte sich um und steuerte Randys Büro an, wo er mich hineinstieß. Dana und Randy, die gerade an mehreren Bildschirmen saßen, starrten uns mit großen Augen an, als ich Decker einen heftigen Schubs gab. Normalerweise, hätte mich Decker mit einer Hand an die Wand geklatscht, doch diesmal hielt er sich zurück.
„Ich will jetzt wissen, was hier los ist!“ Fauchte ich.
„Zeig ihm die Bilder.“ Antwortete Decker und nickte Randy zu.
Ich trat zu ihm hin und Randy zeigte mir Fotos von Leuten, die auf dem Gelände rund um das Gefängnis aufgenommen wurden.
„Halt!“, sagte Decker bei einem Bild und ich sah einen Mann der Ende Fünfzig, Anfang Sechzig war. „Das ist Theobald, der Stecher, Vogel. Einer der meistgesuchten Leute hier auf dem Planeten.“
„Der Stecher?“

„Ja, den Namen hat er, da er, da eine seine Vorlieben, das Verabreichen von Gift unter die Zunge ist. Der Stecher hat das Gefängnis beobachten lassen. Frank und ich gingen davon aus, dass er uns beide beobachtet, doch dann haben sie deine Wohnung in die Luft gesprengt. Kurz darauf wart ihr weg und der Stecher auch.“
„Warte mal… ihr wusstet, dass dieser Vogel uns beobachtet und ihr habt Caroline und mir nichts gesagt?! Was soll der Scheiß?! Wir sind fast draufgegangen!“, schrie ich Decker an. „Was habt ihr euch dabei gedacht?!“

„Das Problem warst du!“, bellte Decker zurück. „Du warst mit irgendeinem Scheiß beschäftigt und hast völlig neben dir gestanden. Du warst ein RISIKO!“
Verdammt!!! Decker hatte so etwas von Recht! Die letzten Monate war ich nicht ich selbst. Die Begegnung mit Mualebda hatte mich aus der Bahn geworfen und als meine Freunde mich brauchten, stellte ich ein Sicherheitsrisiko da. Plötzlich verflog meine Wut und Resignation machte sich breit.
Doch das hielt nur kurz an. Entschlossenheit breitete sich in meinem Kopf aus! Entschlossenheit die Schweine hier zu fassen!

„Ok. Ich hab’s verstanden. Jetzt bin ich wieder klar im Kopf. Du sagst, dass Vogel einer der meist gesuchten Menschen auf dem Planeten ist. Wieso?“
„Vogel ist Auftragskiller und Söldner in einem, der schon seit dreißig Jahren sein Unwesen treibt.“
„Und wieso dachtet ihr, dass der dich und Frank beobachtet?“
„Der Stecher ist ein… alter Bekannter. Wir haben seinen Weg schon gekreuzt, bevor wir hier angefangen haben. Wir haben ihm damals so richtig in die Suppe gespuckt und als wir ihn jetzt vor dem Tor sahen, dachten wir, dass er sich jetzt an uns rächen will Frank und ich haben uns einen tollen Plan zu Recht gelegt, wie wir ihn diesmal erwischen, doch keiner hat damit gerechnet, dass er eure Wohnung in die Luft sprengt.“
„Und warum hast du das nicht der Polizei erzählt, als sie unsere Wohnung nach Spuren abgesucht hat? Und warum erzählst du es der Polizei nicht jetzt?“
„Weil ich keinen einzigen Beweis dafür habe! Wieso glaubst du, kann der Kerl da draußen herumlaufen? Jeder Geheimdienst weiß, dass er ein Killer ist, nur beweisen kann es keiner!“
„Was hat sich damals…“

„Ist geheim!“, fiel mir Decker ins Wort. „Also frag erst gar nicht.“
„Randy meinte, der Anschlag auf Frank diente dazu, uns wieder hervorzulocken.“
„So sehe ich das mittlerweile auch. Ich glaube Frank zu erwischen war so etwas wie ein Sahnebonbon für den Stecher.“

„Das heißt aber, der Stecher ist hinter Caroline und mir her. Wieso? Wir haben ihn nie getroffen.“
„Dazu kann ich vielleicht etwas beitragen.“ Meinte Dana. „Ich habe vor fünf Stunden mit Lem geredet. Finja hegt den Verdacht, dass der große Unbekannte, welcher hinter Alofi steckt, Vogels Auftraggeber sein könnte.
Keine Personen, die in den Akten auftaucht, welche Caroline auf Alofi sichergestellt hat, ist noch am Leben. Sie sind alle TOD.
Du und Caroline, ihr habt als einzige die Deponie gesehen, mit Ausnahme unseres Teams, das die Deponie sichert.“
„Du meinst, der Anschlag sollte uns als Zeugen ausschalten.“
„Ja, das ist die Vermutung.“
„Und wieso dann Claire?“

„Das weiß Lem noch nicht, aber wenn Finja Recht hat, ist der Unbekannte, der hinter Alofi steckt derselbe, der hinter Claire her ist. Fabienne und Finja sind auf dem Weg nach Soulebda um das zu klären.“

„Gut! Was machen wir jetzt mit diesen Mistkerlen da draußen?“, wollte ich wissen.
„Sie sind verschwunden. Keine der Kameras hat sie nach der Explosion eingefangen.“
„Ich…ich glaube, ich habe da eine Idee.“ Sagte Randy und grinste.
„Lass hören.“

„Decker sagte, das Problem ist, die Anonymität des Stechers, dass man ihm nichts nachweisen kann. Wenn das so ist, helfen wir eben etwas nach!“
Ich runzelte die Stirn und überlegte, was Randy damit meinte. „Und wie?“

„Ganz einfach, was wir brauchen, ist ein guter Ort, etwas Technik und jemanden, der verrückt genug ist, um als Köder herumzulaufen.“

**

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mir zu überlegen, wie ich Levi bändigen konnte. Ich hatte seinen Blick im Krankenhaus gesehen…

Einen Blick den ich sehr gut kannte, denn ich hatte ihn schon bei mir selbst gesehen. Levi wollte Rache! Das Levi ein ausgebildeter Agent war, half ihm, seine Emotionen unter Kontrolle zu halten, doch Levi war eine Zeitbombe, die nur auf den richtigen Moment wartete.
Decker machte mir klar, dass meine wichtigste Aufgabe jetzt war, dafür zu sorgen, dass Levi nicht „vorzeitig hochging“.

Am nächsten Tag begann das große Aufräumen. Da Facher, Franks Stellvertreter, im Urlaub war, musste ich die Leitung des Gefängnisses übernehmen, zumindest bis Sarah mir die Verantwortung abnahm. Sie und Vera sollten morgen ankommen, da auch die Beiden auf einem Kurztrip in den Bergen unterwegs waren und erst vor wenigen Stunden von den Ereignissen unterrichtet wurden. Dazu musste die Polizei extra einen Hubschrauber zu einer einsamen Berghütte schicken.

Ich tat unterdessen mein Bestes, hielt den Laden am Laufen und fuhr gegen Abend ins Krankenhaus, parkte diesmal aber nicht vor dem Eingang, sondern fuhr auf den Besucherparkplatz, der gute einhundert Meter vom Krankenhaus entfernt lag.
Vom Parkplatz führte ein Weg durch eine Art Park, in dem sich die Patienten auf Bänke oder die Rasenflächen setzen konnten. Jetzt lag der Park im Dunkeln und ich konnte meine Gedanken etwas sortieren. Kurz vor meinem Aufbruch hatte sich Caroline gemeldet.

Der böse Unbekannte hatte tatsächlich ein Killerteam nach Soulebda geschickt, dass kläglich gescheitert war, doch Caroline war sich sicher, dass man ein weiteres Team schicken würde.
Naja, sollten sie… Auch von diesem Team würde sicher keiner überleben. Die brennendste Frage war nun, hinter was Claire und der DGSE her gewesen ist.
Auf Bitte von Lem würde sich Heylah und Dagan damit befassen und Caroline würde mich auf dem Laufenden halten.

Im fünften Stock setzte ich mein freundlichstes Lächeln auf und klingelte an der Tür zur Intensivstation. Zu Frank wurde mir noch immer jeder Zugang verwehrt, doch Dank Iris durfte die Schwester mir sagen, dass sich sein Zustand weiter stabilisiert hatte. Dann durfte ich tatsächlich passieren und zu Jessika. Dort saß Levi an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Jessika sah schlimm aus! Eigentlich sah ich nur Verbände, aus denen Schläuche herausschauten. Ich nickte Ben zu und setzte mich auf die andere Seite des Bettes.
„Die Ärzte sagen, es sieht schlimmer aus, als es ist.“ Beruhigte mich Ben.
„Ein Glück.“

Kaum gesagt, konnte ich sehen, wie Bens Augen schmal wurden.
„Ben… Decker und ich machen uns etwas… Sorgen um dich. Wäre es ok, wenn wir die Schweine zusammen und nicht im Alleingang fertig machen?“
„Dazu müssten wir wissen, wer es war.“
„Es war der Stecher.“
Levi erstarrte als er den Namen hörte und die eh schon schmalen Augen wurden zu Schlitzen. Mit Sicherheit ging Ben gerade alle Optionen in seinem Kopf durch die er hatte, den Stecher alleine zu erwischen und kam zu der bitteren Erkenntnis, dass diese Chance bei null lag.
„Also gut. Wer ist im Team?“

„Bis jetzt Decker, Dana, Randy, du und ich.“
„Ich kenne dieses Schwein und weiß, wie er arbeitet. Das sind nicht genug. Vogel hat immer ein Spitzenteam um sich versammelt und versteckt sich in der Masse.“
„Daran arbeiten wir schon. Übrigens, euer alter Freund hat eine herbe Niederlage erlitten. Sie haben auf Soulebda ein Killerkommando auf Caroline und Claire angesetzt.“
„Lass mich raten, es hat keiner überlebt.“
„Doch, einige haben überlebt, Seraph Ma’Gus. vom Geheimdienst Soulebdas hat sie auf einer einsamen Insel ausgesetzt.“
„Er hat sie einfach ausgesetzt?“

„Naja… sagen wir so… ich denke nicht, dass einer von ihnen diese Insel wieder verlässt.“
„AAHH, ok, damit kann ich leben. Was machen wir mit dem Stecher, ist er noch in Deutschland?“
„Wir vermuten, dass der Anschlag dazu diente uns hervorzulocken, also gehen wir davon aus, dass er und sein Team, noch ganz in meiner Nähe sind.“
„Wenn das so ist, dann lebst du gerade sehr gefährlich.“
„Mach dir um mich keine Sorgen, ich habe mir eine Lebensversicherung besorgt.“

**

Nach einer Stunde warf mich die Krankenschwester freundlich aber bestimmt aus Jessikas Zimmer und ich ging zu meinem Auto zurück. Als ich die Hälfte des Parks hinter mir hatte, hörte ich plötzlich eine bekannte Stimme hinter mir.
„Hallo, mein Süßer.“

Ich drehte mich um und sah die Frau vom Supermarkt. Sie war zwischen den Büschen herausgetreten und stand neben einem Baum, gerade vier Meter von mir entfernt.
„Wenn das nicht die hilflose, arme Frau mit dem Euro ist. Decker sagt, dein Name wäre Lena.“
„Oh, du erinnerst dich wirklich.“

„Klar, ich trag den Euro immer bei mir.“ Ich wollte in die Tasche greifen um ihn hervorzuholen, doch mit einer schnellen Bewegung hatte sie hinter dem Rücken eine Pistole mit Schalldämpfer hervorgezogen. „Die Hände ganz ruhig halten!

Mach keine Dummheiten, ich bin schneller als du!“, zischte sie und richtete die Waffe genau auf mich. „Du hättest mitkommen sollen. Du hattest die einmalige Gelegenheit glücklich in meinen Armen zu sterben, kurz und schmerzlos.“

„Tja, was soll ich sagen…. Um ehrlich zu sein, habe ich dich an dem Tag angelogen.“
„Wie meinst du das?“

„Ich habe dir gesagt, dass ich an diesem Abend etwas vorhabe, das war gelogen. Ich wollte nur freundlich sein.“
„Freundlich?!“, sie hob den Lauf etwas an und zielte in mein Gesicht.
„Naja… sorry, ich würde es einfach nicht über mich bringen, eine so hässliche Nebelkrähe wie dich zu vögeln.“

„Du verbesserst deine Lage nicht unbedingt.“ Antwortete sie kühl. „Ich wollte dir eine Kugel in die Stirn jagen, aber jetzt…“, Sie fasste die Waffe mit beiden Händen und senkte den Lauf auf meine Eier, „jetzt wird’s wehtun.“

Ich erahnte die Bewegung mehr als ich sie sah. Mit einem Zischen sauste eine lange Klinge durch die Luft und trennte mit einem Schlag der Frau beide Hände ab, die mit der Waffe darin zu Boden fielen.
Während Lena Vulgaris fassungslos auf ihre Armstummel starrte, aus denen je eine dicke Blutfontäne herausspritzte, trat meine Lebensversicherung in Form von Kenta’Mariba hinter dem Baum hervor, packte Lena von hinten an den Haaren und hielt sie fest, damit sie nicht umfiel. Die andere Hand legte er über ihren Mund und verhinderte jeden Schrei. Schnell waren ihre Armstümpfe mit einer Leine umwickelt und die Blutungen stoppten.

Kenta’Mariba war heute Mittag mit einer Militärmaschine aus Soulebda eingeflogen und hatte sich mit Dana getroffen, die ihn in unseren Plan eingeweiht hatte. Als ich bei Jessika saß, hatte mir Kenta’Mariba mitgeteilt, dass sich Lena ziemlich stümperhaft versteckte und nur zwei Meter neben ihm kauerte, ohne ihn zu bemerken, was den Stammeskrieger ziemlich amüsiert hatte.
Jetzt hatte der erste Teil unsere Falle zugeschlagen und ich ging ein paar Schritte vor, stieß mit den Füßen die abgetrennten Hände zur Seite und stellte ich mich direkt vor Lena, die mich mit großen Augen anstarrte.

„HHMMM, sag mal, wie nennt man das, wenn eine Killerin von ihrer Zielperson umgelegt wird Karriereknick?“, fragte ich sie, während ich mir ein paar Latexhandschuhe überzog, die ich aus dem Krankenhaus mitgehen ließ. Jetzt zog ich den Euro aus meiner Tasche, zwang Lena, mit einem brutalen Griff zwischen ihre Kieferkonchen, den Mund zu öffnen und steckte ihr den Euro in den Mund.
Sie schaute mich mit großen Augen an und wusste genau, was nun kommen würde und schloss ihre Augen …

Als er drinnen steckte, legte Kenta’Mariba seine rechte Hand unter ihr Kinn, presste ihre Kiefer wieder zusammen, zog ihren Kopf nach hinten und ich schlug Lena mit voller Wucht gegen ihren Kehlkopf.
Nun ließ Kenta’Mariba los und Lena fiel wie eine Puppe zu Boden, wo sie zuckend und röchelnd liegen blieb.
Es dauerte noch gute zwei Minuten, dann hörte das Zucken auf und Lena Vulgaris starrte uns mit leeren Augen an.

„Perfektes Timing.“ Sagte ich zu Kenta’Mariba.
„Perfekter Schlag.“
„Denkst du, der zweite Teil des Plans klappt genauso gut?“
„Sicher, Dana und Randy wissen, was sie tun.“ Gab ich zurück, als wir zum Wagen gingen und die tote Lena einfach im Dreck liegen ließen, wo sie hingehörte!

**

Am nächsten Morgen, gegen sieben Uhr, saß der Stecher in einem Van mit abgedunkelten Scheiben und sah ungläubig zu, wie ich die Pforte des Gefängnisses betrat, als die Wagentür aufgerissen wurde.
Vogel hatte schon seine Waffe in der Hand als er Sam Whitinghouse erkannte, der sich mit einer bekannten Tageszeitung auf den Beifahrersitz schwang. „Verdammt! Sei gefälligst vorsichtiger!“, herrschte er Sam an. „Stein ist gerade ins Gefängnis gegangen! Wollte Lena das gestern Nacht nicht erledigen?“

„Lena ist tot! Und wir haben ein riesiges Problem!“
„Was ist passiert?“
„Jemand hat Lena beide Hände abgehackt!“
„Was?! Wo?!“
„Gestern Nacht, hinter dem Krankenhaus.“
„Stein!“

„Scheiß egal, wer es war! Wir haben ein scheiß Problem! Im Park gab es eine Überwachungskamera, die das ganze gefilmt hat. Die Bullen haben eine landesweite Fahndung nach den beiden Mördern eingeleitet.“
„Zwei Mörder?“

„Ja, einer hackt ihr die Hände ab, der andere zerquetscht ihren Kehlkopf.“
„Wenn die Bullen wissen, wer es war, wieso haben wir dann ein Problem?“
Sam Whitinghouse hielt Vogel die Zeitung vor die Nase und der erstarrte.

-Brutaler Mord! – Junge Frau bestialisch ermordet! – Polizei jagt Mörder nach Auswertung der Überwachungsvideos! – Wer kennt die feigen Mörder! 50.000 Euro Belohnung ausgesetzt! – …

Die Bilderserie einer Überwachungskamera zeigte Lena und ihre zwei Mörder, wobei drei Bilder größer waren als die anderen. Ein Bild zeigte den Mann vor Lena in der Sekunde bevor er ihr an gegen die Kehle schlug. Die abgetrennten Arme waren mit Pixeln unkenntlich gemacht worden.
Doch die große Überraschung waren die deutlichen Gesichter der Mörder. Allem Anschein nach, wurde die Szene in HD aufgenommen, denn die Männer waren in allen Einzelheiten zu erkennen.
Doch nicht Stein war auf den Bildern zu sehen, wie er Lena tötete… der Stecher sah wie Sam Whitinghouse Lena von hinten umklammerte und sich selbst vor Lena stehend! Auf einem Bild sah der Stecher sogar genau in die Kamera!

„Diese Schweine! Wie haben sie das gemacht?!“ wollte Sam wissen.
„Sie müssen uns irgendwann gefilmt haben!“
„Aber wann? Verdammt was machen wir jetzt, die ganze scheiß Polizei sucht nach uns!“
„Wir müssen verschwinden!“

„Wohin denn, 50.000 Euro Belohnung, wem können wir jetzt noch trauen?“ Whitinghouse lachte hysterisch auf und schüttelte den Kopf.
„SAM! REISS DICH ZUSAMMEN!“, herrschte Vogel ihn an und ging in seinem Kopf die Möglichkeiten durch, die er noch hatte, seinen Auftrag jetzt unter diesen Umständen zu erfüllen.
„Wir machen uns erst einmal unsichtbar, aber nicht, ohne uns zu revanchieren!“
„Und wie was willst du tun?“

„Die wollen mit uns spielen! Das können sie haben, ich kann auch unberechenbar sein!“
Vogel startete den Van und brauste davon, mit einem teuflischen Plan in Hinterkopf.

**

Ich kam in Randy Büro und legte mit einem fetten Grinsen die Zeitung auf seinen Tisch.
„Verdammt gut gemacht!“, lobte ich ihn. „Wie zum Geier hast du die Gesichter so gut hineinbekommen?“
„War kein Problem. Dana hat dasselbe Programm benutzt, wir die neue Gesichtserkennung. Ich musst davon dann nur ein 3D Bild erstellen, und das war’s.“

„Ganz so einfach war es nicht.“ Meinte Dana, die gerade zu uns kam und Randys Tiefstapelei mitbekommen hatte. „Ich musste mich in die Server der Stadt einhacken, bei der die Videos gespeichert werden, und dafür sorgen, dass das Originalvideo erst gar nicht zwischengespeichert wird. Dann mussten wir deinen und Kenta’Maribas Kopf herausschneiden und die von Vogel und dem anderen Typen einsetzten. Dazu musste ich nur die Bilder unserer eigenen Überwachungskameras nutzen, die die zwei Typen vor unserem Knast erwischt haben. Anschließend haben wir dann „Unser Original“ auf den Server der Stadtverwaltung eingepflanzt.“
„Ok… und wie lange hat euer Rechner dafür gebraucht?“
„HHMMM… dreißig Minuten.“

„Nur?“
„He! Für uns ist das eine Ewigkeit.“ Meinte Randy schon fast beleidigt.“
„Jedenfalls habt ihr gute Arbeit geliefert. Die Bilder sehen aus wie echt.“
„Nun, für jeden anderen sind die Bilder ja auch echt.“ Grinste Randy. „Hat die Schlampe wenigstens mitbekommen, was passiert?“
„Oh ja. Am Ende wusste die liebe Lena genau, warum sie stirbt.“

**

„Wer hat dir denn die Klamotten verpasst?“ fragte ich Kenta’Mariba als wir durch den Park zum Krankenhaus gingen.

Um keine Aufmerksamkeit zu erregen trug Kenta’Mariba Zivilkleidung. Natürlich trugen Stammesangehörige nicht immer ihre Tracht, zumal Kenta’Mariba als Angehöriger der Armee auch Uniformträger war. Dennoch trugen die Krieger der Stämme am liebsten ihre Kriegertracht. Doch hier in Deutschland würde ein Krieger in seiner Tracht sicher für ungläubiges Staunen und Aufsehen sorgen. Etwas, dass wir jetzt nicht gebrauchen konnten!

„Was ist damit?“, wollte Kenta’Mariba wissen und sah an sich herunter. „Randy sagte diese Kleider seien…wie nannte er es… IN.“
„Nein, wenn du IN sein willst, muss die Hose tiefer rutschen, so dass der halbe Hintern herausschaut.“
„Du und dein blöder Humor!“
„He! Ich verarsch dich nicht! Da sieh selbst!“
Ich zeigte auf eine Gruppe von fünf Jugendlichen, die an einer der Bänke herumhingen und uns misstrauisch ansahen.

Ich verkniff mir ein Lachen, als Kenta’Mariba versuchte, seine Hose hochzuziehen und zurechtzurücken. „Wie kann man in solchen Hosen herumlaufen, oder kämpfen?“
„Hier wird nicht gekämpft. Die Jungs sind harmlos.“ Erklärte ich ihm, und sah noch, wie aus drei weitere Jugendliche zu der Gruppe stießen.

Im Krankenhaus wartete Kenta’mariba im Wartebereich während ich mich mit Iris traf. Mit ihr zusammen durfte ich endlich zu Frank. „Sie entfernen noch immer Glassplitter aus ihm.“ Erklärte sie mir. „Das wird noch Tage dauern.“
„Weißt du schon, ob…“
„Der Arzt sagt, dass Frank viel Zeit brauchen wird. Die Glasscherben haben viele Sehnen und Muskeln durchtrennt und viele Bewegungsabläufe muss Frank wieder neu lernen.“ Sie schluchzte auf und suchte ein Taschentuch in ihrer Handtasche.
Ich war schneller und reichte ihr eines. „Hör zu! Frank ist ein zäher Knochen. Der lässt sich von so etwas nicht aus der Bahn werfen und wird schneller wieder der Alte sein, als uns lieb ist.“
Sie lächelte gequält, nickte mir aber dankbar zu und ich ließ sie mit ihrem Mann alleine.
Eine Tür weiter lag Jessika, die heute zum ersten Mal kurz bei Bewusstsein gewesen war und Levi an ihrer Seite sah.

„Und?“, wollte ich von Levi wissen.
„Sie war kurz wach und hat gelächelt.“
„Ein Glück. Ich werde dem Schreiner, der die Tür gemacht hat ein Dankschreiben schicken.“
Ben konnte nicht verhindern, dass sich seine Mundwinkel nach oben zogen und grinste zum ersten Mal, seit dem Anschlag.

„Wir wollen herausfinden, wer den Stecher beauftragt hat und brauchen dich in unserer Runde. Kommst du mit? Iris ist im Zimmer nebenan und wird uns sicher rufen, wenn sich etwas tun wird.“
Ben war hin und her gerissen, nickte aber schließlich. „Ok, ich muss mal frische Luft schnappen. Ich muss nur meine Jacke holen.“
Zu dritt gingen wir zum in Richtung Auto und auf dem Weg zum Park zeigte ich Levi die Zeitungen und erklärte ihm, wie wir den Stecher auf die Fahndungslisten aller Polizeibehörden der Welt gebracht hatten.

„Ich schätze, jetzt wird es schwerer für ihn unterzutauchen.“
„Das wird den Stecher nicht aufhalten. Glaub mir, ich kenne diesen Mistkerl schon ewig.“
„Decker sagt, dass sich der Stecher für die Aktion in der Wüste damals rächen will.“
„Netter Versuch! Ich wette Decker hat dir nichts von dem erzählt, was passiert ist.“
„Nein hat er nicht!… Geheim…“
„Ja, das ist geheim.“

„Ich finde es blöd, dass wir untereinander Geheimnisse haben. Sollten wir nicht…“
Ich brach ab, als ich bemerkte wie plötzlich vier der Jugendlichen hinter uns herkamen, während uns sechs andere am Ende des Weges zu erwarten schienen. Natürlich hatten auch Ben und Kenta’Mariba das bemerkt. Die vier hinter uns hatten nun Baseballschläger, Klappmesser und einige hatten Ketten, die durch die Luft wirbelten.

Ich schaute nach den Sechs die vor uns standen und diese hatten ebenfalls Knüppel und Ketten.
„Hast du nicht gesagt, die wären Harmlos?“, meinte Kenta’Mariba.
„Normalerweise sind sie das auch.“ Brummte ich, während die zehn langsam näherkamen.
„Als Krieger empfinde ich dieses Aufgebot als eine Beleidigung.“

„Ja, zehn dieser Jungs gegen uns drei… ich komme mir auch ziemlich feige vor.“
Von den sechs vor uns trat einer vor und blieb gute zehn Meter vor uns stehen. „Bevor wir euch platt machen, soll ich euch einen schönen Gruß von einem alten Freund ausrichten. Er meinte, ihr wüsstet, wer er ist. Und zu einem von euch soll ich noch sagen, er hofft, die Schlampe dort drinnen verreckt noch.“

Das war übel! NEIN! Das war SEHR ÜBEL!!! und meine Hand zuckte schon… als ich die Falle erkannte! –Verflixt nochmal! –

Ich wirbelte herum und sah Bens Hand unter seiner Jacke verschwinden. Ich wusste, dass Levi darunter die Kurzversion einer Uzi trug und packte ihn gerade noch rechtzeitig. „NEIN!“ Fauchte ich. „Ben, das ist eine Falle!“

Doch Levi wollte mich zur Seite stoßen und die Waffe ziehen, als mir Kenta’Mariba zur Hilfe kam. „Ben!!! Denk nach!!!“, flehte ich ihn beinahe an. „Der Stecher weiß, dass wir bewaffnet sind und schickt uns ein paar Jugendliche auf den Hals! Was glaubst du, was mit uns geschieht, wenn wir einen von denen mit Blei vollpumpen?!“

Ben erstarrte und setzte nach. „Wenn wir einen von denen umlegen, verschwinden wir für die nächsten Jahre im Knast! Kein Anwalt holt uns wegen Notwehr heraus, wenn wir einen pickeligen Jungen erschießen, bloß weil er eine Fahrradkette hat!“
Als ich sah, dass meine Botschaft bei Levi ankam, ließ ich ihn los und Ben und er trat einen halben Schritt zurück, atmete tief durch und nickte dann.
Er zog die Hand ohne Waffe wieder hervor und zog die andere Jackenseite zur Seite. „Ist der ok?“, fragte er und ich sah einen Griff eines ESK (Einsatz Stock kurz) hervorschauen.
„Ja“, grinste ich, „so der ist ok, aber nur verhauen, nicht übertreiben!“

„HE IHR WICHSER!“ Rief Pickelfresse, „Anführer“ der Halbstarken. „ICH REDE MIT EUCH!“
„Leute, ihr überseht das Hauptproblem.“ Meinte Kenta’Mariba das Pickelgesicht ignorierend. „Sie sind zehn, wir sind drei. Das heißt einer von uns bekommt vier. Da ich Gast in diesem schönen Land bin, sollte ich das sein.“
„Kannst du vergessen!“, antwortete Levi. „Meine Frau liegt da drinnen. Ich bekomme vier.“
„Nein, nein!“, warf ich ein. „Ich kenne Frank zwar nicht so lange wie du, aber ich kenne Jessika länger. Wenn hier einer vier bekommt, dann ich!“
Pickelfresse war noch einen Schritt nähergekommen und brüllte, „Was ist ihr Arschlöscher?! Seid ihr taub?“

„Darf ich einen Vorschlag machen?“, fragte Kenta’Mariba und zog mit einer einzigen schnellen Bewegung eine Kriegskeule hinter seinem Rücken hervor und schleuderte sie Pickelfresse mitten ins Gesicht. Der machte einen halben Salto in der Luft und schlug mit dem Gesicht auf den Boden auf. „Drei- für jeden von uns.“

Ja, das war Ok! Ich zog meinen ESK und die Keilerei ging los!
Keine zwei Minuten später wischte Ben seinen Schlagstock am T-Shirt von Pickelfresse sauber und schob ihn wieder zusammen. „Den hier sollten wir mitnehmen.“ Schlug Levi vor. „Er kann uns bestimmt verraten, mit wem er sich getroffen hat und wo sich derjenige versteckt.“
„Dir scheint es wieder etwas besser zu gehen.“

„Oh ja. Das hat RICHTIG gutgetan.“ Antwortete Levi grinsend.
„Und was machen wir mit dem Rest? Sollten wir nicht die Polizei rufen?“, fragte ich. Wir hatten uns sehr zurückgehalten und keiner der Jungs war ernsthaft verletzt. Aber der Stolz würde eine ganze Zeit leiden, da war ich mir sicher.
„Das hier ist doch ein Krankenhaus“, meinte Ben. „Die werden schon versorgt werden. Die Polizei hat genug zu tun.“

Kenta’Mariba hatte sich Pickelfresse über die Schulter gelegt und trug ihn zum Auto. „Weißt du mein Freund“, sagte er zu ihm, obwohl Pickelfresse noch halb bewusstlos war, „hättet ihr richtige Hosen getragen, dann hätten wir bestimmt ein paar Sekunden länger gebraucht, um euch den Hintern zu versohlen.“
Trotz alledem musste ich kurz lachen.
**
Weniger als eine Stunde später stürmte Decker an der Spitze eines Einsatzkommandos, mit einer Maschinenpistole in der Hand, eine alte Fabrikhalle.
Pickelfresse musste erst gar nicht überzeigt werden auszupacken. Kaum wieder voll bei Bewusstsein, bettelte er weinerlich darum, dass wir ihn laufenlassen sollen und er würde auch ALLES sagen, was er wusste.
Natürlich wusste Pickelfresse ÜBERHAUPT nichts. Jemand, derjenige war nicht der Stecher, hätte ihm und seinen Kumpels ein Bild von mir und Levi sowie eintausend Euro gegeben, damit sie uns eine Abreibung verabreichen würden. Dana wertete sein Handy aus und stellte fest, dass Pickelfresse zur angegebenen Zeit auf einem verlassenen Fabrikgelände war.

Für uns reichte das aus und so stürmten wir das Gelände, doch so leicht machte es uns der Stecher dann doch nicht! Das jemand sich hier versteckt hatte, war offensichtlich, doch wer immer das gewesen war, wer war längst über alle Berge.

Die Fabrikhalle lag einsam und verlassen da, als wir in sie eindrangen. Hannes, Johann und Gratzweiler sicherten in voller Kampfausrüstung den Platz vor der Halle, Decker, Levi und ich drangen in die Halle ein. Die Halle war gute siebzig Meter lang und dreißig Meter breit. Durch viele kaputte Fenster fiel genug Licht, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass sich niemand in der Halle aufhielt. Der einzige Ort sich zu verstecken boten zwei Pfeiler zwanzig Meter vom Eingang entfernt, die fünf Meter nebeneinanderstanden und zwischen denen an beiden Seiten, eine alte, völlig staubige Wolldecke
gespannt war.
Decker winkte Levi nach rechts, er selbst näherte sich von links den Pfeilern, während ich direkt darauf zuging.
Doch nichts bewegte sich… Decker hatte die Pfeiler erreicht, hielt die MPI auf die Decke als Levi sein Handy zog, und die Kamera darauf richtete, dann schüttelte er den Kopf. „Niemand da.“ sagte er, als er meinen zweifelnden Blick sah. „Dana hat eine Wärmebildkamera installiert. Hinter der Decke ist niemand.“

„Dann bin ich ja beruhigt.“ Brummte ich schob den Lauf der MPI zwischen Pfeiler und Decke durch und wollte diese zur Seite schieben.
„NEIN!!!“, brüllten Decker und Levi gleichzeitig. „NICHT BEWEGEN!“ schrie mich Decker an und ich erstarrte als Decker und Levi zu mir stürmten.
„Willst du uns alle umbringen?“, fragte Decker wütend.
„Ich denke da ist nichts.“ Sah ich Levi fragend an.

„Nein! Ich habe nur gesagt, dass da keine lebende Person hinter dem Vorhang ist.“
„DA!“ Decker zeigte auf einen kaum sichtbaren Draht, nur ein paar mm vom Lauf der MPI entfernt.
„Ich wette in den Belüftungsrohren, die quer durch die Halle gehen ist überall Sprengstoff drin.“ Meinte Levi und sah sich um.

„Ja, und die Betondecke darüber wird die Sprengwirkung verstärken und alle hier drinnen zu Matsch verarbeiten.“ Bestätige Decker und untersuchte die Halterung der Decke und die Pfeiler ganz genau.
„OK, zieh den Lauf GANZ LANGSAM zurück und berühre bloß nicht die Decke, oder den Draht!“
Mit rasendem Herzschlag zog ich die MPI Millimeter für Millimeter zurück, bis sie schließlich weit genug von der Decke entfernt war.
Levi holte wieder sein Handy hervor, schaltete die Kamera auf Filmaufnahme und schob es ganz vorsichtig unter der Decke durch. Dann drehte er etwas und holte es wieder zurück. Gemeinsam mit Decker schaute er sich dann die Aufnahmen an.
„WOW, das müssen mindestens fünfzig Kilo sein.“, flüsterte Decker ehrfürchtig.
„Ja, sieh dir die Ausrichtung an…“ Gab ihm Levi Recht und zeigte auf den Bildschirm.
„Könnte ich mal erfahren, wovon ihr redet?“ fragte ich.

„Sagen wir so… hättest du die Decke bewegt, wärst du bis zu Caroline geflogen… aber nur teilweise.“
Nun fingen meine Knie doch noch an zu schlottern und ich atmete tief durch.
„Verdammt!“, fluchte Decker, sicherte seine Waffe und hängte sich die MPI über die Schulter. „Das wäre beinahe schief gegangen.“

„Aber es bestätigt, dass der Stecher hier war.“
„Und jetzt ist er wieder verschwunden… Mist! Irgendwo verkriecht sich das Schwein.“
„Vielleicht will sich ja jemand die 50.000 Euro verdienen und verrät ihn.“ Meinte ich. „Das ist verdammt viel Geld.“

„Mach dir keine Hoffnungen.“ Schüttelte Levi den Kopf. „Bei den Leuten, bei denen der Stecher unterschlüpft sind 50.000 Euro Peanuts. Dazu kommt, dass alle eine Heidenangst vor Vogel haben. Keiner wird sein Leben für läppische 50.000 Euro riskieren.“

„Wir müssen den Druck erhöhen!“, stellte Decker fest. „Auf die Straße kann Vogel nicht mehr. Doch um ihn jagen, müssen wir ihn genau dorthin bekommen und dafür sorgen, dass er sich nicht mehr bei seinen Freunden verstecken kann.“
„HHMM den Druck erhöhen…“ murmelte ich, als sich ein Gedanke in mein Gehirn schlich. „Ich muss telefonieren!“

**

Am Tag nach meinem Anruf, standen wir alle als Ehrenwache Spalier, als die beiden getöteten Wachbeamten zu Grabe getragen wurden.

Selbst Levi war anwesend und kurz bevor die Särge an mir vorbeikamen erschienen Sarah und Vera neben mir. Beide fassten mich an den Händen und keiner von uns schämte sich seiner Tränen.
Nach der Beerdigung wies ich Sarah ein und traf dann mit Decker und Levi in Randys Büro ein. Wir diskutierten über unsere Möglichkeiten, Vogel aufzuspüren, als mein Handy klingelt.
„Es ist so weit.“ Meldete sich eine Frauenstimme und ich schaltete das Fernsehen an.

„Wir wollten doch mehr Druck aufbauen.“ Sagte ich als mich Decker fragte was das sollte. „Also habe ich die Daumenschrauben etwas angezogen.“

Auf dem Bildschirm ging Fransiska Haufberger mit einer Sondersendung on Air, mit der Meldung, dass die Belohnung die zur Ergreifung des Mörders, hier wurde das Bild des Stechers eingeblendet, auf sagenhafte zehn Millionen Euro angehoben wurde, die zwei wohlhabende Geschäftsfrauen, die anonym belieben möchten, zur Verfügung stellten und denen das Schicksal der armen Frau sehr ans Herz ging.
„Zehn Millionen Euro?!“, fragte Levi fassungslos. „Woher hast du so viel Geld?!“

„Ich habe nur auf Soulebda angerufen.“ Erklärte ich den anderen. Bei den zwei Geschäftsfrauen handelte es sich um niemand andren, als Heylah und Nauyra Bet’sudtita, der Bürgermeisterin von Soulebda Stadt. Als ich Heylah fragte, ob sie uns helfen könnte, rief sie sofort das Parlament zu einer Sondersitzung zusammen und Nauyra rief den Stadtrat an. Frank galt als einer der größten Helden der Stadt und ganz Soulebda. Innerhalb von fünf Minuten hatten sowohl das Parlament als auch der Stadtrat, ohne eine Gegenstimme, die Summe von insgesamt zehn Millionen bereitgestellt um die Mistkerle zu schnappen, die es gewagt hatten Frank anzugreifen.

„Ich schätze, den Druck zu erhöhen, hast du geschafft.“ Grinste Randy.
„Was denkst du, wie es weiter geht?“ fragte ich Decker.

„Ich würde sagen, der Stecher ist schon auf dem Weg aus Deutschland heraus, wahrscheinlich wird er sich erst einmal in einem anderen Winkle der Welt verstecken. Höchstwahrscheinlich lässt er uns hier erst mal in Ruhe und wird sich dafür um Claire kümmern. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass er an einem Punkt zuschlägt, an dem wir es am wenigsten erwarten.“
„Du meist, er geht nach Soulebda?“
„Nein, nicht direkt nach Soulebda. Aber mit Sicherheit raus aus Europa. Da Sarah jetzt hier ist und damit jemand der wer weiß, wie man ein Gefängnis leitet, schlage ich vor, du fliegst zurück zu Caroline, denn ich glaube, dort braut sich etwas zusammen.“

**

In einem älteren Wohnhaus brannte im Fernsehzimmer noch Licht. An die Seitenwände des großen Raumes hatte man alles gestellt, was man nicht mehr brauchte. TV Gerät, Sessel und den uralten Farbfernseher und, schön in Plastikfolie verpackt ein erstochenes, totes Ehepaar.
Jetzt war das Zimmer der Konferenzraum des Stechers.

Vor der hässlichen, uralten Wandtapete stand eine moderne Leinwand. Ein Projektor hatte die Südseeinsel Soulebda auf die Leinwand projiziert.
„Herhören. Wir haben Clair Clament gefunden. Die Schlampe befindet sich auf dieser Südseeinsel mitten im Südpazifik. Sie wird begleitet von zwei Beamten der Haftanstalt, wovon der Mann gerade zurückfliegt nach Deutschland.

Bleiben also eine Beamtin und die Zeugin. Zwei Frauen also, die will ich kalt gemacht wissen. Ich schicke das Team Bravo los, Serge, dein Team ihr fliegt heute noch los. Nehmt alles mit und putzt da unten die Platte. Zehn Mann sollten mit zwei Tussies zurechtkommen.“
„Chef, müssen das wirklich so viel sein, das kann doch meine Vierergruppe genauso gut erledigen?“
„Nein, ich geh kein Risiko ein. Team Bravo mit vollen zehn Mann. Hinfliegen, wegputzen, Spuren beseitigen und zurückkommen. Basta.“

**

Einige Stunden später begegneten sich fast zwei Linienmaschinen in der Luft. In der einen kehrte Peter zurück nach Deutschland, um bei einem Albtraum zu helfen, in der anderen Maschine flogen zehn gedungene Killer auf eine Südseeinsel, um zwei Frauen abzuschlachten.
Keiner wusste vom anderen.

**

Internationaler Flughafen Soulebda (SUL)
Die Schlange der Passagiere am Zoll war lang, aber die Kontrolle war schnell vorbei. Die zehn Killer hatten sich auf die drei Kontrollhäuschen verteilt, um möglichst nicht aufzufallen.
Serge hatte seine Leute instruiert, sich unauffällige Kleidung anzuziehen und so standen die zehn Killer wie frische Urlauber an der Gepäckausgabe und erwarteten ihre Gepäckstücke. Dass sie seit der Landung von Kameras abgelichtet und mit automatischen Listen abgeglichen wurden, fiel ihnen nicht auf, aber sie waren sich auch sicher, dass man sie hier garantiert nicht als eine internationale Terrorzelle identifizieren würde. Das war Urlaubsgebiet und kein High-Tech Gebiet wie die USA oder Hong-Kong.
Wie sehr sie sich doch irren sollten. Im Büro des Inlandgeheimdienstes am Flughafen war bereits Action angesagt. Kurz nachdem der erste Scanner eine der Neuankömmlinge als einen Verdächtigen markiert hatte, liefen die anderen Scanner auf Hochtouren und verfolgten die Spur des Mannes.

So war es absehbar, dass man auch auf die anderen aufmerksam wurde, als sie sich in einer vermutlich unüberwachten Ecke des Terminals sammelten.
„Kein Zweifel, das sind die zehn. Geben Sie das an die Zentrale durch und informieren Sie den Palast. Wir haben zehn Besucher mit schlechten Manieren.“
Noch während die restlichen Mitglieder des Killerkommandos auf ihr Gepäck warteten, kam die Antwort aus der Zentrale. „Isolieren, wenn möglich festhalten. Alle markieren. Gefahr, höchst gefährlich.“
Serge sammelte die seinen um sich und wie im Lehrbuch bildeten sich drei Teams, um im Falle eines Zugriffs nicht alles auf einmal zu gefährden.

Da waren die Frauen Paula, eine Argentinierin mit einer Vorliebe für das Erdrosseln. Bibbi, die niedliche Blondine, die in einer Tanzshow auftreten könnte und Maria, eine Künstlerin am Messer.
Pete, ein Brite mit energischem Blick und Vorliebe für kleine Mädchen und lange Messer, John, ebenfalls aus dem Königreich, ein Meister an der Drahtschlinge und Mike aus den vereinigten Staaten, ein richtiger Brutalo, was man an seiner krummen Nase auch gut sehen konnte.
Als letztes kamen Toni, eigentlich Antonio, ein Italiener als Palermo, Klaus ein ehemaliger Fallschirmspringer und zuletzt Wolfgang, ein Möchtegern Polizist, der den Psychotest nicht bestanden hatte.

Beim Verlassen des Flughafens durchliefen sie alle einen klimatisierten Bereich, von wo aus ein Kältevorhang das Eindringen der doch recht warmen Luft verhinderte. Dass dabei ein jeder der zehn mit einer kleinen Menge Markierungsflüssigkeit automatisch benetzt wurde, fiel nicht auf. Diese Markierungsflüssigkeit würde sich in den Haaren und der Kleidung etwa vier Tage halten, länger aber nicht. Bei Serge kam hinzu, dass er eine Baseballmütze trug. Da die meisten die Kleidung eh wechseln würden, stand das Verfahren bereits seit längerem auf der Kippe.

**

Zwei Stunden später im Büro des Geheimdienstes in Soulebda
Seraph Ma’Gus, der Leiter des Geheimdienstes, betrachtete sich die Bilder am Beamer genau. „Das sind sie also, gut gemacht am Flughafen, wir wissen jetzt, dass die Killer gelandet sind. Wir wissen auch, dass sie im Hotel „Seestern“ untergekommen sind.“
„Vermutlich werden die Typen sich mit Waffen eindecken, wir sollten den Hafen und den Containerhafen informieren.“

„Ja machen sie das. Wenn sich einer von denen in das Hafengebiet verirrt, will ich es wissen. Verirrt sich einer in den Zentralhafen, so ist er sofort zu isolieren und festzunehmen. Keine Verhandlungen.“
„Geht in Ordnung, hat sich die Regentin schon geäußert?“
„Ja sie will, dass es mit wenig Blutvergießen abgeht, ich denke, dass sich das nicht vermeiden lässt. Ich fahre jetzt direkt zu meinen Leuten, bei den Stämmen und informiere sie. Die Stämme sind die letzte und beste Bastion, ich will die Verbrecher aber möglichst schon früher haben. Also Einsatzteams, keine Experimente, das da sind knallharte Profis.“

Die Tür ging auf und der stellvertretende Leiter kam herein. „Gerade eben haben die Gangster das Hotel in einem kleinen Bus verlassen, wir verfolgen sie unauffällig.“
„Na, wenn das mal keine Falle ist. Das Hotelteam soll nachsehen, ob die noch im Hotel sind oder wer fehlt.“

„Ehe ich zu den Stämmen fahre, hier die Einsatzbefehle für die Teams!“

**

Das Hotel „Seestern“ war ein am Rande der Stadt liegendes drei Sterne Hotel, das die drei Sterne auch vertrat. Schön angelegt mit Sicht zum nahen Meer, war das Hotel gerade zwei Etagen hoch. Neben den Einzelzimmern waren auch Zimmer für Gruppen zu mieten.
Die Killtertruppe hatte Zimmer in beiden Etagen für eine Woche angemietet und im vorausbezahlt.
Der Zimmerboy betrat wie üblich nach dem anklopfen eines der Zimmer und fand es leer vor. Rasch säuberte er das Zimmer und ging in das nächste, ein Gruppenzimmer für drei Personen. Auch hier klopfte er, er sich ankündigte und öffnete dann die Türe.

„Reinkommen und weg von der Tür, sofort!“ Wurde er angebrummt. „Taschen leeren, alles aufs Bett legen.“ Zitternd legte der Boy seinen Tascheninhalt auf das Bettlaken. Feuerzeug, Ausweis, den Etagenschlüssel, ein paar Taschentücher und eine kleine Taschenlampe. Mehr nicht.
„Der hat weder Handy noch Funk bei sich, der ist sauber.“
„Gut knebelt ihn und sperrt ihn in den Abstellraum.“ Zwei Männer brachten den ängstlichen jungen Mann nach nebenan und fesselten ihn und legten ihm einen Knebel an, so verschnürt wurde er in einen Abstellraum gesperrt und die Türe wurde abgeschlossen.
„Ist der Bus schon weg?“

„Ja Serge, die müssen annehmen, dass wir alle da drinnen sind, wir haben ihn präpariert. Da sind aber nur Pete, John und Mike drinnen.“
„Gut also dann der Plan, wir müssen uns aufteilen und herausfinden wie diese Villa gesichert ist. Das war früher ein Verwaltungsgebäude, dort wurden die Leute aufgeknüpft, wir müssen also Sicherheitseinrichtungen annehmen.“

„Das machen wir beide.“, erklärten Paula und Bibbi. „Uns wird man überall ran- und reinlassen.“
„Gut so, ihr beschafft die Waffen, das Schiff müsste inzwischen da sein. Und wir überprüfen die Umgebung. Angeblich soll die eine Frau bei der Schlampe gut sein, Ex-Geheimdienst, vermutlich. Passt also auf euch auf.“

„Was ist mit dem Zimmerjungen?“
„Um den kümmere ich mich selbst, der fehlt heute Abend am Esstisch!“ Die Leute grinsten und prüften ihre Ausrüstung. „Funkkanal 3 und Backup ist 5, das Codewort lautet „Jammertal“ also dann los.“
Während sich die Leute aus dem Zimmer schlichen, ging Serge in den Nebenraum, in seiner linken Hand hielt er ein Springmesser verdeckt und öffnete die Kammertür zu dem Zimmerjungen …

**

Sechs Stunden später erreichte ein Kutter der Küstenwache das Rettungsfloß. Kapitän Her’jare stand am Bug, als der Kutter neben dem Floß und seiner toten Besatzung längsseits ging. Schon öfter hatte er Boote und Rettungsinseln gesehen, die leer waren, oder mit einer toten Person bemannt waren, doch eines mit elf Leichen an Bord hatte er noch nicht gesehen und der Anblick ließ sogar den gestandenen Seemann erschaudern. Automatisch fragte er sich, wer wohl als Letzter dieser armen Teufel gestorben war.

Da man nicht wusste, wie die Leute zu Tode gekommen waren, wollte Her’jare auf keinen Fall irgendwelche Spuren verwischen und ließ seinen ersten Offizier erst einmal mehrere hundert Bilder machen, bevor er an Bord des Floßes ging.
Während die Kamera weiter Aufnahmen machte, sah sich Her’jare auf dem Floß um. „Ich schätze die Leute sind seit fünf Tagen tot.“ Meinte er zu Jarte’hur als dieser eine neue Speicherkarte einlegte.
„Was wohl geschehen ist? Ein Brand, oder vielleicht eine Kollision?“
„Von einer Kollision hätten wir sicher etwas mitbekommen. Zwei Schiffe können nicht so schnell sinken, dass keines davon SOS senden kann. Eine Explosion… HHMM keiner dieser Männer hat Verbrennungen, oder sichtbare Verletzungen… Das hier war Mord!“

„Woher wollen sie das wissen Kapitän.“

„Sehen sie hier.“ Her’jare zeigte auf die Stelle, an der der Name des Schiffs angebracht war, von dem das Rettungsfloß stammte. „Der Name wurde entfernt. Ich sehe keinen Notsender oder GPS Gerät.“ Vorsichtig trat er an den Behälter, in dem Vorräte gelagert werden, damit die Besatzung im Fall des Falles Nahrung und Wasser hatte und hob den Deckel an. „Leer! Und auf dem Floß liegt nicht eine Wasserflasche oder eine Verpackung. Man hat die armen Kerle ohne Wasser und Essen einfach ausgesetzt und wollte nicht, dass man herausfindet von welchem Schiff sie stammen.“
„Wenn das stimmt, stehen wir mitten in einem Tatort und sollten nichts verändern.“
„Das werden wir auch nicht. Nehmen sie das Floß ins Schlepp und lassen sie es uns nach Soulebda bringen.“

**

Im Hafen von Nih’tan
Vorsichtig hob ein Verladekran das Floß aus dem Wasser und setzte es auf die Ladefläche eines LKW.
Die beiden Inspektoren Lastre’lar und seine Kollegin Shea Martin sahen zu und warteten, bis das Floß sicher verladen war. Lastre’lar war mittlerweile Mitte Fünfzig und sein ganzes Leben lang Polizist, sah man von der kurzen Episode im Bürgerkrieg ab, in der er für die „Rebellen“ gekämpft hatte und er hatte das Handwerk von der Pike an gelernt.

Martin dagegen kam aus England. Sie hatte in London studiert und dort Penelope kennengelernt. Nach Abschluss ihres Studiums war sie zur Londoner Polizei gegangen, hatte sich zur Inspektorin hochgearbeitet und war dann Penelopes Ruf gefolgt, die sie nach Soulebda eingeladen hatte. Soleab, dem die Polizei unterstand, hatte Penelopes Rat befolgt und mehrere Polizisten, Ermittler und Kommissare aus aller Welt nach Soulebda geholt, damit sie mit ihrem Wissen und Können das der Polizei Soulebdas erweitern konnten. Gleichzeitig schickte er Polizisten aus Soulebda in andere Länder.
Schon Heylah hatte dieses Prinzip in den Kliniken Soulebda angewandt und Ärzte sowie Heiler aus aller Welt nach Soulebda eingeladen, was zur Folge hatte, dass der Ruf der Kliniken Soulebdas inzwischen einer der besten in der Welt war.

Doch anders als viele ihrer Kollegen, war Martin nach Ende ihrer „Auslandszeit“ auf Soulebda geblieben. Selbst als MacAllisters Söldner auf der Insel ihr Unwesen trieben und das Caos regierte, schaffte es die Engländerin, ihre Abteilung zusammenzuhalten und sorgte unerschütterlich für Recht und Ordnung, soweit es ihr möglich war.
Heylahs Dank blieb nicht aus und so wurde Martin, als erste Engländerin nach dem Bürgerkrieg, Ehrenbürgerin von Soulebda Stadt. Doch das alles ließ sich Martin nicht zu Kopf steigen und erledigte weiter ihren Job an der Seite ihres Kollegen und Freundes Lastre’lar.
„Erzählen sie mir etwas über Rettungsflöße.“ Bat Lastre’lar Kapitän Her’jare. „Was wissen sie über das Modell hier?“
„Das hier ist ein Standardmodell für Frachtschiffe. Davon gibt es Tausende.“
„Kann man feststellen, von welchem Schiff das Floß stammt?“
„Normalerweise kann man das. Hier“, Her’jare zeigte auf die Stelle, an der der Schiffsname entfernt wurde, „ist normalerweise das Schiff sowie die Nummer des Floßes angebracht. Kennt man den Namen des Schiffs kann man nachsehen, wie groß die Besatzung ist und viele Flöße das Schiff hat und so gegebenenfalls nach weiteren Rettungsinseln oder Schiffsbrüchigen Ausschau halten. Aber an diesem Floß wurden alle Kennzeichen entfernt.“

„Was fällt ihnen als Seemann noch auf?“
„Das Floß macht einen guten Eindruck. Es wurde gewartet und gepflegt. Dennoch waren weder ein Notsender, noch Nahrung auf dem Floß, als wir es fanden. Nicht einmal einen ersten Hilfekasten gab es. Das passt nicht zu dem Zustand des Floßes. Es gibt Kapitäne, welche die Wartung vernachlässigen und aus diesem Grund keine Überlebensgegenstände an Bord ihrer Rettungsflöße haben. Aber dieses Floß wurde gewartet. Außerdem, egal wie nachlässig eine Besatzung ist, die Rettungsflöße werden schon aus eigenem Interesse immer wieder überprüft.“

„Sie wollen mir also sagen, dass man diese Männer mit Absicht ohne Lebensmittel und Funkgerät ausgesetzt hat.“

„Genau, das ist meine Meinung.“
„In diesem Fall, reden wir hier von Mord!“, fiel Martin in das Gespräch ein. „Doch wenn man diese Männer mit Absicht umgebracht hat, warum dann die Mühe mit dem Floß? Warum hat man sie nicht einfach erschossen oder noch einfacher, über Bord geworfen?“
„Man gaukelt ihnen vor, mit dem Leben davon zu kommen. Statt einen Kampf zu riskieren, lässt man die Besatzung in das Floß. Erst wenn das Floß abgelegt hat und die Männer feststellen, dass keine Überlebensausrüstung an Bord ist, wissen sie, dass sie dem Untergang geweiht sind.“
„Verdammte Schweine!“, fluchte Martin.

„Wir müssen herausbekommen, von welchem Schiff die Besatzung ist.“ Stelle Lastre’lar fest. „Warten wir ab, was und der Gerichtsmediziner über die Toten sagen kann.“

**

Die elf Leichen lagen nebeneinander in der Gerichtsmedizin an der Universität von Soulebda Stadt.
„Diese Männer sind alle an Dehydration gestorben.“ Erklärte der Gerichtsmediziner Lastre’lar und Martin. „Es gibt Anzeichen von Gewalt, aber keine tödliche Gewalt. Diese Männer wurden geschlagen, aber nicht totgeprügelt.“

„Lässt sich sagen, wann die Männer gestorben sind?“
„Ich würde sagen, vor vier Tagen.“
Lastre’lar überschlug die Zeiten und sagte dann. „Vier Tage… das heißt, dass die Männer vor einer Woche in das Floß gestiegen sind.“

Der Gerichtsmediziner wiegte leicht mit dem Kopf und nickte dann. „Ja, das würde ich auf Grund des Verwesungsgrades, der Temperatur und Wetterverhältnisse auch annehmen.“
Matin hatte unterdessen die wenigen Habseligkeiten der Opfer durchsucht. Natürlich hatte keines einen Ausweis oder Papier bei sich getragen, lediglich die Kleidung hatte man den Männern gelassen. Gewissenhaft durchsuchte Martin die Kleidung, als sie in einer Innentasche eines Hemdes auf einen Gegenstand aufmerksam wurde. Sie öffnete die Tasche und holte ein Bild hervor. Sie drehte es ins Licht und schaute es sich an.

Das Bild zeigte eine junge Frau mit einem Baby im Arm und einen jungen Mann, die gemeinsam in eine Kamera lächelten. Alle drei waren eindeutig Asiaten und auf der Rückseite waren chinesische Schriftzeichen. Selbst für sie als Europäerin war deutlich zu erkennen, dass eine Frau diese Zeichen aufgeschrieben hatte. Und sie musste auch nicht raten, was die Schriftzeichen bedeuteten.
Automatisch bekam sie einen Kloß in den Hals und schluckte ihre aufkommende Wut herunter. –Dafür werdet ihr bezahlen! – schwor sie sich.

„Was können sie mir über die Männer sagen?“, fragte Lastre’lar den Gerichtsmediziner.
„Nun, die Männer hier sind eine typische Schiffsbesatzung. Drei Europäer, neun Asiaten und zwei Männer afrikanischer Abstammung. Auf Grund der Verwesung glaube ich, dass eine Identifizierung schwer wird.“

„HHMM, wir suchen also ein Schiff, das vor einer Woche verschwand und eine Besatzung, die vermisst wird.“
Martin hielt das Bild hoch, das sie gefunden hatte. „Irgendjemand vermisst einen unserer Toten! Wir müssen herausfinden wer!“
Lastre’lar schaute auf das Bild und nickte dann Martin zu. „Gut! Sie werden sich an die chinesische Botschaft wenden, falls die Frau auf dem Bild eine Vermisstenanzeige aufgibt, erfahren wir es vielleicht. Ich werde mich noch einmal mit Kapitän Her’jare unterhalten.“

**

Die nächsten Tage verbrachten Lastre’lar und Martin im Institut für Meeresforschung. Auf Her’jares Vorschlag hatten sich die Ermittler an die Forscher gewandt, um herauszubekommen, welchen Kurs das Floß getrieben war. Dazu mussten Wind und Wetterverhältnisse der letzten Woche, die Stärke der herrschenden Strömungen sowie die Beschaffenheit des Floßes berücksichtigt werden.
Lastre’lar, der gehofft hatte, ein Mitarbeiter würde seine Frage, mit Hilfe eines Computers innerhalb kurzer Zeit beantworten könne, wurde schnell eines Besseren belehrt. Doch er musste zugeben, die Mitarbeiter und Forscher des Institutes gaben sich alle Mühe. Nicht wenige von ihnen fuhren selbst zur See und das Schicksal der Besatzung ließ sie nicht kalt.

Nach drei Tagen waren sich die Forscher soweit einig, dass das Floß wahrscheinlich 120 Seemeilen Nordwestich von Soulebda seine traurige Reise antrat.

Diese Ergebnisse sah sich Kapitän Her’jare nun an. Er, Lastre’lar und Martin saßen in seinem Büro der Küstenwache und Her’jare war an eine große Karte getreten, welche die ganze Wand bedeckte.
„120 Meilen… Nordwest…“ murmelte er, als er den Punkt auf der Karte markierte. „Wenn das stimmt, kam das Schiff mit großer Sicherheit aus Soulebda.“ Her’jare ging zu seinem Schreibtisch, nahem einen ausziehbaren Zeigestock und zeigte dann den beiden Ermittlern, wie er auf seiner Einschätzung kam.
„Die viel befahrenen Schifffahrtsrouten liegen alle westlich von Soulebda. Die Mallakastraße, die Sundastraße, die Straße durch das Südchinesische Meer. Sollte das Floß von einem Schiff stammen welches auf einer dieser Routen fuhr, hätte es wesentlich länger gebraucht um zu diesem Punkt zu gelangen und die Leichen wären nur noch Skelette. Von Soulebda führen drei Schiffsrouten. Eine in Richtung der amerikanischen Westküste, einschließlich Hawaii, eine in Richtung Torresstraße und eine in Richtung Philippinensee bzw. Japan und dem chinesischen Festland. Ich tippe auf diese Route.“
Her’jare drehte sich um und schlug dann vor, „Am besten reden sie mit dem Hafenmeister. Er koordiniert die Schiffbewegungen auf Soulebda.“
„Wissen sie, wie der Hafenmeister heißt?“
„Kar. Der Name des Halunken ist Kama’lar.“
„Mir scheint, sie kennen den Hafenmeister persönlich.“ Kommentierte Lastre’lar.
„Ja, ich kenne Kama’lar. Er ist mein Schwager.“

**

„Soso, sie suchen ein Schiff.“ Meinte Kama’lar eine Stunde später. Zusammen mit den beiden Ermittlern und seinem Schwager Kapitän Her’jare, saß der Hafenmeister Nih’tans in seinem Büro, von dem er einen fantastischen Blick über den Hafen hatte.

„Das wird nicht leicht.“
„Wieso?“, wollte Martin wissen. „Wir haben doch sehr genaue Zeiten.“
Kama’lar schnaufte verächtlich und ließ dann etwas fallen, dass sich wie „Landratten“ anhörte. „Alleine heute Morgen, sind vier Schiffe ein und drei Schiffe ausgelaufen. Schon lange vor dem Bürgerkrieg hat sich der Schiffsverkehr, durch das Auffinden der Seltenen Erden auf Soulebda, mehr als verdreifacht. Die Franzosen, Engländer und Amerikaner die ihre Mienen betrieben, mussten all ihre Ausrüstung her und die Erden abtransportieren. Seit der Abbau von der Kommission geregelt wird und die Leute auf der Insel davon profitieren, hat der Schiffsverkehr noch einmal zugenommen.

Nih’tan ist der größte natürliche Hafen im Südpazifik und entwickelt sich immer mehr zu einem internationalen Drehkreuz. Was ich damit sagen will“, er blätterte in seinen Unterlagen, „im geschätzten Zeitraum haben etwa einhundert Schiffe diese Region passiert.“
Martin seufzte enttäuscht, dann fiel ihr das Bild ein. „Wir gehen davon aus, dass dieser Mann eines der Besatzungsmitglieder ist.“ Sie hob das Bild hoch und reichte es Kama’lar. „Sie haben den Mann nicht zufällig gesehen?“

„Kama’lar schüttelte den Kopf und Martin steckte das Bild enttäuscht zurück.
„Wissen sie vielleicht, wo wir etwas über den Seemann in Erfahrung bringen können?“
„Aber sicher doch! Hier sind sie an der richtigen Adresse.“
„Wie meinen sie das?“
Kama’lar sah seine Schwager an und grinste dann, „Sie müssen runter in den Hafen und in den Bars fragen. Und zufällig sind hier die zwei Seebären, die jede Spelunke in diesem Hafen kennen.“
„Kapitän Her’jare, Herr Kama’lar“, Lastre’lar war mittlerweile klar geworden, dass er in diesem Fall Unterstützung von erfahrenen Seeleuten brauchte, „ich bin zwar ein passabler Polizist, doch kein erfahrener Seemann. Ich bitte sie beide offiziell um Amtshilfe. Bitte treten sie unserem Ermittlerteam bei und helfen sie uns, die Mörder dieser armen Menschen zu fassen.“
Kama’lar und Her’jare brauchten sich nicht abzusprechen oder zu überlegen. „Selbstverständlich helfen wir ihnen.“ Antwortete Her’jare.

„Und das Beste ist, ich muss meiner Frau erklären, wieso ich mich wieder in den Hafenspelunken herumtreibe.“ Lachte Kama’lar.

**

Zum ersten Mal wurde Martin bewusst, wie groß der Hafen von Nih’tan ist. Sicher war sie schon das ein oder andere Mal durch Nih’tan durchgefahren, doch im Hafen selbst hatte sie noch nichts zu tun gehabt.
„Dieser Bereich gehört zum neuen Hafen. Hier werden die Containerschiffe be- und entladen. Die Erzschiffe müssen den Fluss aufwärts zum Binnenhafen weiterfahren.“ Erklärte Kama’lar als sie an Kränen und riesigen Lagern vorbeikamen, vor denen Containerschiffe am Peer lagen.
„Und wo beginnen wir mit der Suche?“, wollte Lastre’lar wissen.

„Die Kneipen und Bars sind alle im alten Hafenviertel. Dort sind auch die Bordelle und andere zwielichtige Geschäfte. Oft wollen die Seeleute nach einer Überfahrt etwas Dampf ablassen. Ich würde sagen, wir beginnen dort.“
Um Zeit zu sparen hatte Martin das Bild des Seemanns kopiert und die Vier teilten sich auf. Lastre’lar und Kama’lar bildeten ein Team, Martin und Her’jare das andere.
Her’jare führte Martin schließlich in eine Hafenkneipe, die jedes Klischee erfüllte, die Martin sich vorstellte. Dicke Rauschwaden und laute Musik durchzogen den Raum als sie sich zum Tresen vorarbeiteten. Nach der ersten Kneipe hatte Her’jare Martin zur Seite gezogen und ihr erklärt, dass es besser wäre, wenn er die Fragen stellte, da Martin erstens Europäerin UND zweitens Polizistin sei. Dazu kam, dass selbst auf Soulebda Seefahrt Männersache war! Zähneknirschend hatte Shea eingesehen, dass Her’jare Recht hatte und hielt sich im Hintergrund. Mittlerweile herrschte einiger Betrieb als Her’jare den Wirt erreicht hatte. Durch den Rauch, sah Martin, wie der Kapitän dem Wirt das Bild zeigte und der nickte. Sheas Herz machte einen Aussetzer als Her’jare Martin zu sich und dem Wirt winkte.
„Sie wissen, wer der Mann ist?“, wollte Martin von dem Wirt wissen.

„Nein, an den Mann erinnere ich mich nicht, aber an das Bild. Da war ein junger Chinese, der jedem das Bild gezeigt hatte. Alleine mir hat er es an dem Abend ein dutzend Mal unter die Nase gehalten. Er hat gesagt, dass er Vater geworden sei, und hat beinahe seine ganze Heuer unters Volk gebracht. Reden sie mal mit dem Kerl dahinten.“ Der Wirt zeigte auf einen Tisch, an dem ein Mann mit dem Rücken an der Wand saß. „Das ist Karet’hojar. Er ist Verlademeister am Peer zwölf und hat den Burschen mitgebracht.“

„Peer zwölf?“, fragte Her’jare nach. „Sind sie sicher?“
„Klar bin ich sicher.“ Antwortete der Wirt schon fast beleidigt.
„Dann vielen Dank.“ Her’jare drehte sich zu Martin, griff sie am Arm und führte sie durch die Kneipe.
„Was ist mit Peer zwölf?“, wollte Martin wissen.
„An Peer zwölf werden die Erzschiffe beladen. Das gefällt mir nicht.“
Bevor Martin fragen konnte, was Her’jare damit meinte, hatten sie den Verlademeister erreicht.
„Hallo, sie sind Karet’johar, der Verlademeister von Peer zwölf?“
„Warum will die Küstenwache das wissen?“

„Sie kennen mich?“
„Sicher! Sie sind eine Art Legende und haben genug Leute aus dem Wasser gefischt. Einige davon waren gute Freunde von mir und sind es, Dank ihnen, immer noch.“
Martin atmete erleichtert auf und übernahm das Gespräch „Wir suchen diesen Mann.“ Und hielt Karet’johar das Bild hin.
„Wer sind sie?“, fragte der Verlademeister misstrauisch.
„Shea Martin, Polizei Soulebda Stadt.“
Karet’johar sah zu Her’jare, der ernst nickte. „Was ist passiert?“, fragte der Verlademeister und ignorierte Shea.

„Er und seine Schiffskameraden wurden umgebracht.“ Erklärte Her’jare kurz und knapp.
Karet’johar starrte durch das Bild durch bis er schließlich fragte „Etwa die ganze Besatzung?“
„Ja, wahrscheinlich schon. Wissen können wir das erst, wenn wir wissen, von welchem Schiff die Besatzung stammt.“
JETZT sah Karet’johar Martin an. „Der Name des Mannes war Suh Chun. Das Schiff nachdem sie suchen, ist die Bell Star.“ Der Verlademeister schnappte sein Glas und leerte es in einem Zug, dann warf er das leere Glas gegen die Wand.

„Der Kapitän der Bell heißt Shamus o Connel und ist ein alter Freund von mir. O Connel kommt seit über zwanzig Jahren nach Soulebda, erst als Kapitän auf der Fahr-Rute Soulebda- Futuna- Wallis- Samoa, dann die letzten fünf Jahre als Kapitän eines Erzschiffs.“
„Man hat die Besatzung der Bell Star in einer Rettungsinsel ohne Vorräte gefunden. Wäre es denkbar, dass o Connel es versäumt hat, die Insel zu warten?“, fragte Martin.

„Was?!“, schrie Karet’johar und fuhr Shea wütend an. „NIEMALS! O Connel war ein typisch irischer Kapitän. Streng, manchmal hart und ab und an sogar jähzornig, aber er war ein echter Seemann! Ein Kapitän der persönlich in die Hölle hinabgestiegen wäre, um seine Besatzung dort herauszuholen. Ein so schlampiges Verhalten auf seinem Schiff hätte er NIE geduldet! Der Boden seines Maschinenraumes war sauberer als ihre Kantine!“
„Vielleicht hat dieses Verhalten jemandem aus seiner Besatzung nicht gefallen?“
„O Connel war nicht bei Allen beliebt, aber ich kenne keinen, der ihn umbringen wollte.“
„Was ist mit dem Mann auf dem Bild?“
„O Connel hat mir den Jungen Chinesen aufs Auge gedrückt. Er wollte verhindern, dass der Junge seine gesamte Heuer auf den Kopf haut und ich sollte dafür sorgen, dass Suh Chun am Morgen pünktlich wieder an Bord war, da die Bell auslief.“

„Wann war das genau?“
„Vor genau neun Tagen.“
„Vielen Dank.“ Sagte Martin, während Her’jare, dem Verlademeister nur seine Hand auf die Schulter legte.

„Europäerin!“

Shea, die gerade den Tisch verlassen wollte, blieb stehen und sah Karet’johar an.
„Wenn sie wissen, wer O Connel und seine Crew auf dem Gewissen hat und brauchen jemanden der ihnen hilft die Schweine zu fassen, rufen sie mich!“

Shea Martin nickte nur und verließ mit Her’jare die Hafenkneipe.

**

Der kleine Bus mit Platz für 20 Personen hatte verdunkelte Scheiben, was in der Mittagshitze nichts Ungewöhnliches war. Gerade als der Bus um eine Ecke in der Stadt bog, fuhr er auf einen alten Lieferwagen auf, der wirklich dumm abgestellt war. Der Fahrer hatte noch einen großen Wasserkanister auf der Schulter, als er bereits laut anfing, den Busfahrer zu beschimpfen.

„Verdammter Penner, wieso fährst du deinen Schrottkarren nicht weg und parkst da, wo du keinen störst.“
Der Lieferant machte dem Busfahrer klar, dass er Hilfe brauchte und auch erwartete, weil der alte Lieferwagen offenbar nicht mehr anspringen wollte.

„Zwei Mann raus und helft dem Fuzzi.“, befahl Mike und John und Pete stiegen aus und begannen, den Lieferwagen anzuschieben.
„Jammer nicht wie ein Italiener herum, sondern setz dich in deine Kiste und fahr zu, du Unglücksrabe!“ Herrschte Pete den Wasserfahrer an.
„Und schieben, eins und zwei …“ Murmelte John zu Pete.
Hinter ihnen stieg ein Passant in den Bus ein, und hielt Mike eine Waffe vor die Nase. „Hände hoch und umdrehen!“ Sofort bestiegen zwei weitere Männer den Bus.
Währenddessen schoben die beiden anderen den Lieferwagen weiter, da hörten sie hinter sich eine Stimme:

„Brav gemacht. Die Hände genauso am Fahrzeug lassen, keine Bewegung, ihr seid festgenommen.“ Mehrere Passanten sprangen hinzu und überwältigten die beiden Männer.
Drei Limousinen kamen der Reihe nach angebraust und in jedes wurde einer der Verbrecher gesteckt. Schon fuhren die Fahrzeuge wieder los.

Der Lieferant des Wasserfahrzeuges fuhr weiter und die Passanten fuhren den Bus weg.
Es war schnell und ohne Blutvergießen abgelaufen, keiner wurde verletzt und keiner hatte Verdacht geschöpft.

**

Serge starrte in einen leeren Abstellraum. Am Boden lagen die Fesseln und der Knebel. Die Rückwand war herausgedrückt und lag im Nachbarzimmer.

Serge lief in das große Zimmer zurück. „Wir müssen weg, der Boy konnte entkommen, sicherlich hat der schon Alarm geschlagen, los jetzt!“
Sie liefen die hintere Treppe runter zur Tiefgarage und bestiegen zwei Fahrzeuge. Mit quietschenden Reifen sausten die beiden Fahrzeuge in unterschiedliche Richtungen davon. Zurück blieben die Zimmer und einige Koffer mit Kleidung.

**

Clair saß bei mir am Tisch, als Jerome mit schnellen Schritten auf uns zukam.
„Die Schurken sind gelandet. Zehn Typen sind gelandet und davon sind drei Frauen. Der Geheimdienst meinte, das sind alles harte Profis. Ab sofort bleibt ihr hier im Haus und in der oberen Etage. Caroline, in dem Koffer da sind Waffen und Munition, sowie ein paar Funkgeräte.

Ich beziehe mit meinen Leuten hier unten und vor der Villa Stellung. Wir vermuten zuerst Aufklärung und erst dann, frühestens am Abend den Angriff.“
„Gut, wir gehen rauf, Clair kommt bitte, wir sollten die Kleider wechseln, Badesachen sind jetzt weniger praktisch.“

Unten, vor der Küche stand die Haushofmeisterin, Madame Ma’Difgtma und ihren Augen entging nichts. Ein leichtes Lächeln lief über ihren dunklen Wangen, als sie die Küche verließ.

**

Inzwischen war es 14:00 Uhr und die Sonne brannte vom Himmel. Zu der Zeit waren einige Hundert Touristen in Soulebda verteil, eine Menge, die kaum auffiel. Zwei Mädchen, Paula und Bibbi, standen mit ihren kleinen Kameras und einer zerknitterten Stadtkarte vor dem Eingang zur Villa.
Sie beratschlagten wie sie denn von hier aus am besten in die Stadtmitte zum Park gelangen würden, aber alles was sie zeigten war falsch. So würden die überall hinkommen, nur nicht zum Park.

Eine der Wachen vor der Villa wurde das nun zu bunt und sie fragte höflich, ob sie aushelfen dürfe. Gerne nahmen die Mädchen die Hilfe an und wenig später zogen die beiden Mädchen den Wachmann von der Straße weg hinter die Mauer der Villa.

Sie waren auf dem Gelände und ganz wie erwartet, war das ein Kinderspiel gewesen.
Jetzt hieß es, sorgfältig die Villa zu erkunden, und sich nicht sehen lassen.

**

Maria war wie eine Katze über die Absperrung der gegenüberliegenden Seite geklettert und hatte sich versteckt. In dem prächtigen Garten der Villa erkannte sie zwei Wachleute und einen großen Mann, der neben einem großen Tisch stand, und alles zu beobachten schien. Das war wohl der Kommandoführer hier, dachte sie sich.

In der oberen Etage sah Maria Bewegung. Dort oben war also ihr Ziel. Durch ihr kleines Fernglas sah sie Claire und eine andere Frau mit einer feuerroten Mähne, die ganz entspannt aussahen.
Heimlich schlich sich Maria durch den Garten und gab sich sehr viel Mühe, von oben nicht gesehen zu werden.

**

Serge war mit Toni zum Hafen gefahren und sie fuhren auf den Besucherparkplatz der Hafenmeisterei zu. Vor dem Haus standen die großen Schaukästen, in denen die Zettel mit den Schiffen und Ladungen hingen. Unter der Liste der frisch angelandeten Schiffe war auch die MS Moana aus Palau, ein mittelgroßer Containerfrachter. Das war das Schiff, das sie suchten. Es lag an Pier 21 Platz drei. In der Hafenmeisterei besorgten sie sich ganz brav einen Besucherschein und fuhren los.

Auf halbem Weg rief Serge eine Handynummer an und es meldete sich eine Frau. „Ja, wer stört?“ Serge sah kurz zu Toni und grinste. „Hallo Streberin, hier ist Serge, wir kommen vorbei, sind schon bei Pier 17.“

„Ja wird auch Zeit, dass du kommst, das Zeug setzt schon Schimmel an.“

**

Pier 21 Anlieger drei
„Schau, da oben, das ist Margarethe, der Schrecken aller Männer. Sie hat das Kapitänspatent für die größten Schiffe, aber keiner gibt ihr einen der Containerriesen. Selbst die riesige Baersk Linie traut sich das nicht und das obwohl Margarethe mit Sicherheit besser ist als die Hälfte der Männer.“
„Wie zum Teufel kommst du an dieses Weibsstück heran, die hat doch Haare auf den Zähnen und was weiß ich noch alles.“

„Ja, aber sie ist ein tolles Weib und vor allem, sie ist das ganze Jahr über weg und du hast deine Ruhe.“
Über die Reling schaute eine zwar kräftige, aber hübsche Frau herunter und winkte den beiden Männern zu, sie sollen raufkommen.
„Na habt ihr endlich aufgeentert ihr Landeier. Komm mal her du.“ Damit packte Margarethe Serge und küsste ihn innig und leidenschaftlich.

„Beim Klabautermann, du hast mir gefehlt Schatz, das sind jetzt wieder sieben Monate auf See und ich mache noch eine Fahrt, dann nehme ich mir zwei Monat frei, dann will ich dich auf unserem Häuschen in der Bretagne sehen und dich nach Strich und Faden vernaschen. Wer ist diese halbe Portion da eigentlich?“

„Das ist Toni, er hilft mir bei einem Auftrag.“
„Hallo Toni, scheucht er dich durch die Gegend oder ist es auszuhalten?“
„Ähem Ma’am, es ist auszuhalten, er weiß hat, was er will.“
„Jaa, er ist schon ein Leuteschinder, musst mir das nicht sagen. Also gut, hier ist dein Paket Serge. Wie immer ungeöffnet und verplombt. So jetzt schafft eure schlaffen Leiber von meinem Deck, gleich kommt die Mannschaft und die werde ich erst einmal so richtig zusammenscheißen, die sind zu langsam geworden diese Faulpelze.“

Serge und Toni verabschiedeten sich und bestiegen den Wagen.
„Chef, das ist ein taffes Frauenzimmer. Wo hast du denn die kennengelernt?“
„In einer Kneipe im Hamburger Hafen, dort hat sie mich im Armdrücken besiegt. Das konnte ich so nicht sitzen lassen und hab dreimal Revanche verlangt und ich habe dreimal verloren. Dafür habe ich sie auf der Stelle weggeheiratet.“
„Ist nicht wahr, einfach so?“

Während Toni den Wagen fuhr, prüfte Serge die Lieferung. Es waren alles Glock 17 Pistolen, Ersatzmagazine und Munition für eine halbe Kompanie.
„OK die Waffen sehen gut aus. Keine Werknummern und sie sind alle sauber gepflegt.“ Er hob eine der Glock 17L und lud sie mehrmals durch.
„Sag mal Serge diese Glock 17L, ist das nicht das verlängerte Modell in 9mm Para?“
„Doch, unser Auftraggeber wollte uns gute Waffen besorgen und das hat er ja auch getan, jetzt gib Gas, wir sollten zu den Mädchen, nicht dass die etwas Dummes anstellen.“

**

In Carolines Villa
Die Mädchen schlichen sich durch die Wege der Villa zum Hintereingang. Davor stand eine etwas ältere Person und suchte offenbar etwas in einem der Regale. Es schien sich um einen der Wachmänner zu handeln, dachten sich die beiden Mädchen. Also straffte sich Bibbi ihre aufgespritzten Brüste und fuhr sich kurz durch die Haare. Paula sah sie an und nickte bestätigend.

So präpariert trat Bibbi auf den schmalen Weg und sprach die Person an.
„Entschuldigen Sie bitte, wir suchen die Wohnung der Familie Perkins, die Häuser haben hier alle keine Nummern.“ Dabei wackelte sie ein wenig mit ihrer Oberweite und lächelte dabei schüchtern.
„Hör auf, mit deinen aufgespritzten Titten zu wackeln, das macht mich ganz wuschig.“, sagte Madame Ma’Difgtma und hob ihren Blick zu der Blondine, die erschrocken zurückwich. „Verzeihen Sie, ich dachte, Sie seien ein Wächter.“

„Nein, ich bin nur eine Küchenangestellte und hole die Utensilien für das Abendessen herein. Was genau sucht ihr Beiden, hey du da ich kann dich sehen komm doch aus den Rosen heraus.“
Paula sah ertappt aus und entschuldigte sich, während Ma’Difgtma Bibbi an der Hand hielt und ihr mit einem „schöne Hände…“ Etwas auf die andere Hand drückte.

Paula kam näher an Ma’Difgtma heran und fragte „Sagen Sie, wie haltet ihr die ganzen Schufte und Fremden aus den Häusern, wenn hier alle Türen unverschlossen sind?“
„Na, damit!“ Ma’Difgtma holte einen hölzernen Baseballschläger von hinter sich, der schien da gestanden zu haben und drückte ihn Bibbi in die Hand. „Halt mal eben, ja Schatz?“
Bibbi nahm den Schläger in die Hand und hielt ihn hoch über ihren Kopf.

„Bibbi, was hast du“ fragte Paula, aber Bibbi, sonst ein quirliges Mädchen blieb einfach mit dem erhobenen Schläger stehen und sagte kein Wort.
„Jetzt sag mir, was ihr wollt, oder wen ihr sucht oder verschwindet von hier.“
Paula griff tief in ihre Handtasche und zog ein Kampfmesser heraus. Das hielt sie Ma’Difgtma vor die Nase. Die aber interessierte sich gar nicht für das Messer und ging von Regal zu Regal, während Bibi stehen blieb.
„Wir suchen eine Französin, die hier in dieser Villa abgestiegen ist, wir sollen sie, nach Hause bringen. Wir sind ihre Freundinnen und sie ist uns einfach weggelaufen.“
Inzwischen stand Ma’Difgtma und Paula wieder an der Eingangstür.
„Was für ein Blödsinn erzählst du mir da Kleines, das ist ja der absolute Schwachsinn.“
„Bibbi, schlag zu!“ Schrie Paula, aber Bibbi rührte sich nicht.
Dafür lachte Ma’Difgtma und grinste Paula an. „Sag Aua Kleines!“
Paula schaute Ma’Difgtma mit ihren großen Augen fragend an und Bibbi schlug Paula von hinten den Baseballschläger über den Kopf, ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken.
Aus dem Haus kam einer der Wachen angerannt und Jerome kam von der anderen Seite dazu. Vor ihnen lag eine tote schwarzhaarige Frau am Boden mit eingeschlagenem Schädel und eine aufgepushte Blondine stand mit hoch erhobenem Baseballschläger an der Türe.
„Mutter, irgendwann erwischen sie dich!“ Brauste Jerome auf, aber Ma’Difgtma lächelte nur schelmisch. „Die haben sich echt zu blöd angestellt, jetzt passt aber auf, da kommt ein Wagen mit zwei weiteren Leuten und die tragen Waffen.“

Schon waren Jerome und der Wachmann verschwunden und von unten kamen zwei Männer mit gezogenen Waffen den schmalen Fußweg zur Villa herauf.
Als sie um die prächtige Rosenhecke kamen, da sahen sie Paula am Boden blutüberströmt liegen und Bibbi mit dem erhobenen Baseballschläger.
„Verdammt was geht hier vor?“, rief Serge leise zu Bibbi, aber die sagte kein Wort und stand da wie eine Salzsäule.

„Hände hoch und umdrehen!“ Brüllte Jerome hinter den beiden Männern. Als sich beide herumdrehten, kam aus dem Hausflur nur ein „Sag Aua!“, von Ma’Difgtma und schon lag Toni blutend mit eingeschlagenem Schädel am Boden.
Serge war von drei Wachen umstellt und ergab sich. Er wurde gefesselt und in einen Kellerraum geführt. Oben untersuchte eine Wache die beiden Erschlagenen und deckte ein Tuch über die beiden. Dann schaute er vorsichtig zu Bibbi, aber die stand immer noch da, wie aus dem Fels gemeißelt.
Der Wachmann prüfte kurz die Umgebung im Garten und schloss die Hintertüre wieder ab. Bibbi blieb draußen stehen, weglaufen würde sie nicht.

„Ma’Difgtma und ihre Schamanenkünste, ich glaube, ab und zu macht sie so etwas gerne …“ Sagte der Wachmann und ging zu den anderen. Schließlich hatte er eine Aufgabe zu erfüllen.
Auf der oberen Etage hatte in der Zwischenzeit Maria die Aufregung genutzt und sich an die Mädchen herangeschlichen. Direkt vor ihr stand die rothaarige Frau, der offenbar dieses tolle Haus gehörte und gleich daneben stand Clair. Noch hatte sie keiner der beiden bemerkt.

Die beiden Mädchen sprachen über irgendetwas, das sie nicht genau verstand. Maria aber konzentrierte sich auf ihren Auftrag. Niemand war hier oben, der sie stören würde beim Angriff auf die beiden Frauen.
Maria kannte Clairs Bild von den Aufnahmen. Eindeutig, ein Irrtum war ausgeschlossen. Das war das Opfer, alles andere war nebensächlich. Ganz Profi fixierte sie sich auf ihren Auftrag, Clair zu töten.
Sie zog langsam und leise ihr Messer auf dem schwarzen Stiefel und setzte zum Sprung auf Clair an. In diesem Moment kam die Sonne noch einmal über die Hügel der Stadt und tauchte die Villa in ein herrliches Licht.

**

Ein schwaches Glitzern im Pool alarmierte mich und ich wirbelte herum, gerade als eine ganz in schwarz gekleidete Frau zum Sprung auf Clair ansetzte.
Mit einem schnellen Fußtritt stieß ich Clair ins Wasser und stoppte die Angreiferin. Fluchend und Wasser spuckend schwamm Clair zum Ausstieg. Ich widmete ihr keinen Augenschlag. Dafür rief ich laut und deutlich „Jerome, hier oben!“

Da sprang mich die schwarzgekleidete Frau mit ihrem Messer an und wir wirbelten herum. So konnte sie nicht zustechen und ich brachte die Angreiferin gleichzeitig aus der Balance.
Clair war inzwischen dem Pool entstiegen und tropfte vor sich hin. Jerome und zwei Wachleute kamen nach oben gehastet und sahen den Kampf der beiden Frauen. Fast wären sie dabei auf dem Wasserfilm von Clair ausgerutscht. Einer der Wachmänner gab Clair ein großes Handtuch und sie hüllte sich darin ein.
Wie gerne hätte ich sie jetzt trockengerieben und festgehalten, aber hier hatte ich einer Schlange den Kopf abzuhacken …

Jerome hatte währenddessen seine Waffe gezogen und stand schussbereit auf der anderen Poolseite.
„Stirb du rote Schlampe!“ Brüllte mich die Schwarzgekleidete an und warf sich mit dem Messer auf mich. Wir fielen über den Tisch, auf dem noch das restliche Abendessen stand und ich konnte der Angreiferin das Messer aus der Hand schlagen, es polterte über den weißen Kalkstein und plumpste in den Pool.

Schon griff die Schwarze nach einem Tranchiermesser, das neben dem halben Braten auf einer Fleischplatte lag und wollte gerade nach mir stechen, doch da hatte ich bereits den 30 cm langen Abziehstahl auf dem kleinen Servierwagen hinter mir gegriffen und trieb den Messerschärfer der Angreiferin mit aller Kraft zwischen ihre Brüste.

Mit einem tiefen brüllenden Schrei kam die schwarze Frau ins Wanken, sie stolperte und spuckte sogleich Blut. Da sank sie auf die Knie und kam dort zuckend zum Liegen.
Ein kurzer Kontrollgriff an ihren Hals von mir und ich wusste, dass sie gerade noch lebte, aber bereits am Sterben war. „Wer hat euch geschickt, sag es!“ Brüllte ich die Sterbende an. Die aber hatte ein schmerzverzerrtes Lachen im Gesicht und spuckte mich mit ihrem Blut voll.

„Der Stecher … er, er will …“

Weiter kam sie nicht mehr. Da war es schon vorbei. Die schwarze Frau hustete noch einmal und ein Röcheln kam aus ihrer Lunge, da wurde ihr Blick starr und sie atmete keuchend aus.
Während die Wachmannschaft draußen vor den Mauern und Zäunen alles absuchte, wurde Biggi von Sicherheitsbeamten abgeholt. Als Madame Ma’Difgtma ihren Bann von ihr löste, wirkte sie überrascht und wusste nicht, was in den letzten Stunden geschehen war.

Zurückblieb Serge, der gefangen und gefesselt im Keller auf einem Stuhl saß. Zwei Geheimdienstoffiziere wollten ihn mitnehmen, aber Ma’Difgtma stand vor dem Stuhl mit Serge und verwehrte ihnen den Zutritt.

„Stopp – zuerst lassen sie mich mit ihm reden.“
„Nein, wir sollen alle Gefangenen direkt in das Hauptquartier bringen.“
„Rufen sie ihren Chef an, ich will ihn sprechen, jetzt sofort!“
„Aber wir sollen sofort alle …“

Madame Ma’Difgtma schaute den jungen Geheimdienstmann tief in die Augen. „Ich sagte, ich will Seraph Ma’Gus sofort sprechen. Muss ich mich erst wiederholen?“ Der junge Geheimdienstler lief kreidebleich an und seine Nackenhaare stellten sich, er hatte plötzlich Angst, das konnte man sehen.
Der zweite Mann war schneller und hatte bereits sein Funkgerät in den Händen und wenig später war der Geheimdienstchef dran.

„Ja ist ja gut Seraph, du kriegst ihn ja. … Ja doch, sogar in einem Stück und diesmal werde ich ihn auch nicht in Stücke reißen oder irgendwelche Teile abschneiden, ja versprochen, diesmal nicht. Ist ja gut Seraph mit dem letzten bin ich etwas ungeschickt umgegangen, er war aber auch ein Fiesling und … Ja ist in Ordnung. In einer Stunde sollen deine Jungs vorbeikommen und das da, was übrig ist abholen.“
„Hier junger Mann“, damit warf sie dem Offizier das Funkgerät zu. „Ihr habt euren Chef gehört, ihr könnt die Stunde oben warten oder euch hier die Seele aus dem Leib kotzen, denn das was jetzt kommt, wird eklig!“

„Wir warten dann oben.“ Sagte der ältere und zog den jüngeren Offizier mit sich nach draußen. Ma’Difgtma schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf Serge zu.
„Ich werde nichts sagen. Ihr könnt euch schon mal einen Sarg zimmern lassen, ihr seid Toast, das verspreche ich euch. Meine Leute wissen, wo wir sind und bei Gott …“
„Tut mir leid, aber dein Gott wird dir nicht helfen können. Er meidet Plätze, an denen ich mich aufhalte.“

„Verdammte Schwarze Schlange, dich haben sie vergessen zu verbrennen oder ans Kreuz zu nageln …“
Ma’Difgtma nahm einen kleinen Hammer aus ihrer Tasche. Der Hammerkopf bestand aus einem kurzen aber dicken Knochen. Mit diesem Hämmerchen klopfte Ma’Difgtma einmal auf die Stirn von Serge und sprach nur ein Wort: „Schweig!“ Serge erstarrte, als hätte jemand seine Sicherung herausgedreht.
In aller Ruhe nahm sich Ma‘ einen Hocker und setzte sich direkt vor Serge und schaute ihn an. „Mund auf machen!“ Befahl sie ihm und Serge öffnete den Mund.

„Zunge heraus“ und schon schob Serge seine Zunge heraus. In aller Ruhe zog Ma’Difgtma ihre Tasche zu sich und begann darin etwas zu suchen. Aus ihrer Tasche nahm Ma’Difgtma eine kleine Holzkiste mit Luftlöchern und setzte einen kleinen rötlich grünen Frosch auf die Zunge von Serge.
„Ablutschen, aber nicht schlucken!“, und Serge tat wie ihm geheißen. Ma’Difgtma sah Serge zu, wie er genüsslich an dem kleinen Frosch lutschte, so, als sei es eine Leckerei.
„Genug! Mund auf!“ Schon hielt Ma’Difgtma die kleine Holzkiste an den offenen Mund und mit einem kleinen, leisen „Quaaak“ hüpfte das Fröschlein zurück in seine kleine Holzkiste, die von Ma’Difgtma sorgfältig verschlossen und danach in ihre Tasche zurückgesteckt wurde.

Obwohl sie in einem Kellerraum waren, hatten sich die Pupillen von Serge auf Stecknadelgröße verkleinert. Da tippte Ma’Difgtma erneut an die Stirn von Serge und er fing an, schwer zu atmen. Madame hielt ihm ein Diktiergerät an den Mund und sagte nur ein Wort zu ihm: „Rede!“

Und Serge begann zu reden…

**

Nach der Stunde öffnete sich die Türe und Serge schien erschöpft, so als hätte er die ganze Weltgeschichte ausgeplaudert. Er atmete schwer durch. „Was war das, mir gehts so übel, ich … ich werde euch aber gar nichts sagen. Ohne meinen Anwalt sage ich euch gar nichts.“ Währenddessen hatte Ma’Difgtma ihr Aufnahmegerät eingesteckt und lächelte.

„Ihr könnt ihn jetzt mitnehmen, er hat geschwiegen wie alle vor ihm. Gebt Ma’Gus diesen Zettel, wenn er ihn verhören will, er weiß, was er damit soll.“
Die beiden Geheimdienstler grinsten genüsslich, legten die Transportsicherungen an und führten Serge nach oben. „Wir bringen ihn jetzt in das Hauptquartier, mal sehen, was er uns sagen wird.“

**

Klaus und Wolfgang parkten in ihrem gestohlenen Nissan an einer der Ecken und sahen, wie Serge in einen dunklen Minivan eingeladen wurde und man mit ihm davonfuhr.
„Was meinst du, wo bringen die ihn hin?“

„Polizei, Geheimdienst, wo auch immer, wir haben einen Auftrag, und müssen den erfüllen, sonst macht der Stecher uns die Hölle heiß.“

**

In der Villa standen Clair bei Jerome und sah mich vorwurfsvoll an. „Ich wollte nicht mehr ins Wasser, mein Kleid ist hinüber, das Chlor hat es verfärbt, da schau.“
Tatsächlich war das wunderbare gelbe Sommerkleid grünlich verfärbt.
„Wieviel waren angekommen? Zehn oder nur acht Leute?“ Jerome schaute mich an und meinte, eher er das Funkgerät nahm, „zehn Leute, es fehlen noch zwei. Die müssen wir kriegen.“

Clair schaute sich um. „Zwei sind noch unterwegs, glaubt ihr nicht, dass die Fersengeld gegeben haben und geflohen sind?“
„Nein Clair, als ich noch aktiv war, hätte ich an deren Stelle die Aktion auch nicht abgebrochen, sondern ich hätte sie zur Not alleine beendet.“
„Du warst tatsächlich beim Geheimdienst im Außeneinsatz, ja, jetzt glaube ich das auch. Was sollten wir tun?“

„Ganz einfach, wir sind die Beute, und wir lassen die Jäger zu ihrer Beute.“
„Wann glaubst du, werden die zuschlagen?“
„Ich würde mal annehmen, die sind schon dabei, wir müssen uns sputen. Jerome, überprüfe die Tiefgarage und den Garten, ich gehe mit Clair auf die untere Terrasse, an den Gerichtsplatz.“
Clair sah mich mit Sorgen im Gesicht an, „Aber da kommt man doch am schnellsten an uns heran.“
„Ja, aber sie können von da unten nicht schießen, die müssen zu uns kommen. Jetzt hilf mir bitte, wir wollen ein paar Fallen bauen.“

**

Klaus und Wolfgang hatten die Waffenausgabe verpasst. Als Serge mit den Pistolen ankam, da waren sie noch am anderen Hafen. Nun standen sie an der Villa, nur mit ihren Messern, einigen Würgeschlingen und ihren Händen als Waffen. Das musste also reichen.

„Da oben ist kein Licht, ich glaube, die sind tatsächlich in der unteren Etage. Die machen es uns ja einfacher, als ich dachte.“
„Vermutlich denken die, dass es das war, dass der Angriff vorbei ist. Also dann, lasst uns die kleine Schlampe kaltstellen und die Rote auch.“
Die beiden kletterten elegant wie zwei Äffchen über die Mauer und sprangen über den hölzernen Zaun, der die erste Ebene umschloss.

Vor dem großen Tisch saß die dunkelhaarige Französin und die rote Frau saß da auch bestimmt irgendwo herum.
„Ich nehme den Draht und ziehe zu.“, begann Klaus zu flüstern, „auch wenn das eine Mords Schweinerei gibt, wenn die Schlagadern geschnitten werden, so ist die Schlampe auf jeden Fall fertig.“ Wolfgang nickte Klaus zu.

Überall hingen Pflanzen und Lianen von seltsamen Pflanzen herum. Aber nur keinen Lärm, das hatten sich die beiden Killer geschworen. So wischten sie die Pflanzenteile einfach mit der Hand weg.
Da sprang Klaus mit dem Würgedraht auf Clair zu und als er sie erdrosseln wollte, war das ein Mann und er sprach auch noch.
Er sagte leise „BUHHH!!“

Klaus versuchte erschrocken, den Mann zu überwältigen, da kam es zu einem Kampf, und der Mann schlug auf Klaus ein. Er war deutlich stärker und schneller als Klaus.
Wolfgang sah das und versuchte es mit der Flucht. Er rannte über die große Terrasse zu dem großen Holzgerüst um sich dort abzuseilen. Bei seiner Flucht spürte er gerade noch, wie ihm etwas um den Hals gelegt wurde, dann tat sich auch schon der Boden unter ihm auf und er fiel ins Bodenlose.
Ein harter Schlag beendete den Fall und das Leben von Wolfgang, da hing er in der Henkersschlinge und drehte sich um sich selbst.

Der andere Angreifer hatte weniger Glück. Während des Kampfes hatte er den Draht verloren und ehe er ein Messer gezogen hatte, wurde er auf den Rücken geworfen. Jerome hatte Bärenkräfte und schlug den Mann einfach bewusstlos.
Eine halbe Stunde später hatte der Geheimdienst auch die beiden letzten Männer abgeholt. Einen davon allerdings im Zinn Sarg.

**

Tags darauf im Palast
Heylah hatte sich von Seraph Ma’Gus den aktuellen Stand geben lassen und danach kam Madame Ma’Difgtma mit ihren Ausführungen dran. Als sie das Aufzeichnungsgerät gemeinsam abhörten, trauten sie ihren Ohren nicht.
Serge wusste von dem Anschlag auf das Gefängnis, einer Erpressung eines Ministerialdirektors und er wusste auch, dass es einen Zusammenhang mit einer Insel namens „Alofi“ gibt. Er konnte die Insel aber nicht genauer beschreiben.

Dafür kannte er mehrere Konten und was besonders interessant war, er kannte einen Kontakt in Deutschland, den Namen kannte er aber nur bruchstückweise und das half nicht weiter.
„Alofi, also.“ Heylah war sichtlich aufgeregt. Sie kannte Alofi noch sehr gut. Vor über einem Jahr hatte es dort einen Kampf auf Leben und Tod gegeben und schließlich hatte man auf Alofi eine ungeahnte Mülldeponie vorgefunden von einem Ausmaß, das gegenwärtig immer noch untersucht wurde.
„Wir müssen die Israelis mit in Kenntnis setzen, die sind da im Moment federführend.“ Entschied Heylah und die Anwesenden stimmten zu.

„Was machen wir mit den Überlebenden des Anschlags?“ Fragte Seraph Ma’Gus.
„Ich will sie von meiner Insel haben, wir können sie hier nicht auf ewig einsperren. Auch wenn das Schurken sind, sollten wir unsere Menschlichkeit nicht vergessen.“
„Regentin, die dürfen auf keinen Fall zurück nach Deutschland, ich würde mich um sie kümmern Regentin.“

„Bitte nicht einfach umbringen Seraph. Es sind trotz allem Menschen.“
„Ja, ich verspreche, dass ich sie nicht einfach umbringen werde.“
„Gut, dann zum nächsten Punkt.“

**

An Bord eines Transportflugzeuges
Die Gefangenen hatte man an Bord eines Transportflugzeuges gebracht und angekettet. Vorher wurde ihnen ein Fallschirm angelegt und fest verzurrt.
Schließlich wurden sie im Heck auf ihre Hintern gesetzt, mit den Händen über ihrem Kopf. Alle wurden an eine starke Leine eingehakt und an diese kam ein kleiner Zugfallschirm.

Nach einer Stunde Flug öffnete sich die große Heckklappe. Jetzt sahen die Gefangenen, dass sie über dem Meer waren. Nach einer Weile kamen die ersten kleinen Inseln in Sicht. Winzig klein und sehr weit auseinander.
Soldaten mit Waffen hielten die Gefangenen in Schach und ein Offizier des Geheimdienstes kam mit einem Megaphon auf sie zu und begann seine Rede.

„Herhören, ihr habt nur eine Chance!“ Sagte der Offizier zu den Männern und Frauen, die einen Fallschirm angeschnallt hatten und im Heck eines Transportflugzeuges auf ihrem Hintern saßen.
„Die Insel, auf der wir euch absetzen, ist nicht anlandbar. Weit und breit sind nur gefährliche Klippen, hier traut sich kein Boot her. Die Insel selbst ist zu steinig und zu steil. Sobald ihr im Wasser seid, macht ihr die Schirme los und schwimmt um euer Leben, denn es wimmelt hier von Haien.
Das ist kein Scherz. Auf der Insel seid ihr dann ganz auf euch alleine gestellt. Schafft ihr es, euch zu organisieren, dann überlebt ihr, schafft ihr es nicht, so war es das.“

Er hob seinen Arm und gab ein Zeichen, eine Sirene heulte auf.
„Alles Klarmachen, es geht abwärts in 5… 4… 3… 2… 1…“

Da zog ein kleiner Fallschirm die Überlebenden des Anschlags aus der Maschine. In etwa 80 Meter öffneten sich die Fallschirme und sie fielen alle recht nahe der Küste in das Meer.

So schnell wie möglich entledigten sie sich ihrer Fallschirme und schwammen auf die Insel zu. Alle erreichte sie die kleine Insel, das heißt alle, bis auf Bibbi.

Sie hatte nicht zugehört und sich nicht vom Fallschirm gelöst und versuchte mit dem angelegten Fallschirm ans Ufer zu schwimmen.

Ein Unterfangen, das nicht funktionieren konnte. Die Strömung trieb sie weg vom Ufer und die ersten Haie tauchten auf. Als Bibbi sie sah, fing sie an zu schreien, aber die anderen schwammen weiter an Land, so schnell es nur ging.

Die Haie stürzten sich auf Bibbi und rissen sie förmlich in Stücke. Als die anderen an Land waren, sahen sie noch den Todeskampf von Bibbi. Die Haie hatten kleinere Stücke aus Bibbi gerissen, doch dann tauchte ein riesiger Hai auf und verschlang das, was von Bibbi noch übrig war mit einem Biss. Die anderen am nahen Ufer schauten entsetzt.

„Scheiße, wo sind wir hier?“

„Das ist eine Insel du Schwachkopf.“

„Ja das sehe ich auch, aber eine verdammt kleine Insel und der Berg hinter uns raucht, das ist ein Vulkan. Mist das ist eine Vulkaninsel.“
„Pfeift drauf, wir leben!“
„Immerhin gibt es hier Obst und Wasser, also dann wollen wir mal die Insel erforschen.“
Als sie die Insel umrundeten, stellten sie fest, dass überall Knochen lagen. Offenbar waren hier nicht nur Menschen zu Tode gekommen. Einige der abgenagten Knochen waren allerdings recht groß.
„Mist, wo sind wir hier gelandet?“

„Das ist bestimmt nicht Fantasy Island oder?“
„Ganz bestimmt nicht, das war ein Oberschenkelknochen von fast anderthalb Meter, wurden hier Riesen gefressen?“
„Scheibenkleister, ich fühle mich gar nicht wohl, ich glaube, wir werden beobachtet.“
„Nein, wir werden nicht beobachtet, wir werden bereits gejagt …“

**

Polizeirevier Soulebda Stadt
„Unsere Toten haben Namen!“
Kaum waren sie aus der Kneipe heraus, rief Marin Lastre’lar an und teilte ihm ihre Erkenntnisse mit. Zurück im Büro des Hafenmeisters trafen sie alle wieder zusammen und Kama’lar hatte gute Neuigkeiten.
„Wenn Karte’johar die Wahrheit sagt und ich kenne den alten Halsabschneider, er kann saufen, fluchen und prügeln, aber er ist ein ehrlicher Knochen, dann haben wir Glück.“
„Wie meinst du das?“, wollte sein Schwager wissen.
„Seit Heylah die Insel regiert, überwacht eine Kommission die Firmen welche Seltene Erden abbauen. Die müssen nachweisen, wie viele Arbeiter sie beschäftigen und sie müssen der Kommission, die Lohn und Gehaltsabrechnungen vorlegen. Um Ausbeutung der Arbeiter vorzubeugen, müssen die Firnem nachweisen, was sie an Lohn und Sozialabgaben zahlen. Und die Kommission kontrolliert das. Einmal haben die Kiwis eine linke Tour versucht… das war ein…“
„Komm zum Punkt!“
„Dasselbe, was für Firmen der Mienen zählt, gilt auch für den Transport. Alle Schiffseigner, die Seltene Erden aus Soulebda transportieren, müssen Listen mit der Besatzung und deren Heuer der Kommission vorlegen.“
Lastre’lar konnte sein Glück kaum fassen. „Shea! Nimm sofort Kontakt mit der Kommission auf. Ich werde den Eigner anrufen!
Nun nahm Lastre’lar ein paar Seiten Papier aus dem Faxgerät und schaute sie durch. Als man den Namen des Schiffs kannte, ging alles sehr schnell. Schon nach einer Stunde stand man im Kontakt mit dem Eigner der Bell Star, der ihnen alle gewünschten Daten übermittelte.
Die Bell sollte morgen in Tokio eintreffen, doch weder Her’jare, noch Kama’lar gaben sich der Hoffnung hin, das Schiff würde tatsächlich einlaufen.
„Wartet mal… da stimmt was nicht.“ Lastre’lar sah wieder auf die Liste. Er trat zu seinem Schreibtisch, auf dem die Unterlagen lagen, die Shea von der Kommission bekommen hatte.
„Auf der Liste der Kommission stehen elf Namen, auf der Liste des Eigners stehen zwölf Namen.“
„Das heißt, es gibt noch ein weiteres Opfer?“ fragte Martin nach, während Kama’lar den Kopf schüttelte du Her’jare einen wilden Fluch ausstieß.
„Was ist?“
Kapitän Her’jare sah den Inspektor finster an. „Der zwölfte Name! Das ist kein Opfer, er gehört zu den…“ Er stockte kurz.
„Zu den was?“, wollte Lastre’lar wissen.
„Zu den Piraten!“, ergänzte Kama’lar.

**

Piraten
„Piraten?“, fragte Soleab ungläubig.
Da die Polizei ihm unterstand, hatte Lastre’lar nicht gezögert, und den Parlamentspräsiden sofort kontaktiert. Nun war klar, dass es sich hier um ein internationales Verbrechen handelte und dass das Schicksal der Besatzung der Bell Star sicher kein Einzelfall war.

„Leider ist Piraterie noch immer weit verbreitet.“ Erklärte Her’jare ihm. „Die Mallakastraße zu Beispiel, ist Hauptgebiet der Piraten. Dazu haben die philippinischen Gewässer sehr unter Piratenüberfällen zu leiden. Bis wir davon betroffen sind, war nur eine Frage der Zeit. Durch den zunehmenden Schiffsverkehr werden die Piraten im Kielwasser der Schiffe auch zu uns gelangen.“

„Kapitän Her’jare, sind sie sich sicher, dass es ein Piratenüberfall war und kein Unglück?“
„Ja. Den Verdacht hatte ich schon die ganze Zeit, aber das zwölfte Besatzungsmitglied war der letzte Beweis für mich.“
„Erklären sie mir das.“ Forderte Soleab ihn auf.

„Nun, Herr Parlamentspräsident“, sagte Her‘jare „Sehen sie, das Prinzip dieser Überfälle ist immer das Gleiche. Kurz vor dem Auslaufen des Schiffs heuert ein zusätzliches Besatzungsmitglied an.“
„Oder man setzt ein Besatzungsmitglied außer Gefecht und nimmt dessen Platz auf dem Schiff ein.“ Ergänzte Kama’lar. „Wichtig ist nur, dass der zusätzliche Mann an Bord ist, wenn das Schiff ausläuft.“
„Soweit habe ich das verstanden.“

„Ist das Schiff dann auf offener See, hält der Helfer der Piraten mit einem Sender, oder einem Satellitentelefon Kontakt mit den Piraten. Er übermittelt die Position, lohnende Objekte und wann der beste Moment eines Überfalls ist. Dann im entscheidenden Moment, schaltet er die Wache aus, oder lenkt sie ab, nachdem er den Piraten mit Strickleitern oder Kletterseilen das Entern der Bordwand ermöglicht hat.

Oft werden die wenigen Besatzungsmitglieder völlig überrascht und leisten keinen Wiederstand. Bis der Rest der Besatzung mitbekommt, dass sie überfallen wird, ist alles zu spät.“
„Haben die Schiffe denn keine Waffen an Bord?“
„Nur sehr wenige. Die meisten Reeder geben die Anweisung heraus, keinen Wiederstand zu leisten. Die meisten Überfälle gehen auch glimpflich aus. Die Besatzung wird ausgeraubt und die Piraten verschwinden.“

„Aber hier lief es anders!“, stellte Soleab fest.“
„Ja, entweder ist der Überfall komplett schief gegangen, oder die Piraten hatten es auf das Schiff abgesehen. Um das zweifelsfrei beantworten zu können, haben wir aber noch zu wenige Erkenntnisse.“ Sagte Lastre’lar. „Ich schlage vor, dass wir das IMB, das International Maritime Bureau in London einschalten. Sie haben Erfahrung mit solchen Ermittlungen und kennen die Lage der Piratenhochburgen im Pazifik. Wenn wir mit unseren Einschätzungen richtig liegen, dann ist das Schicksal der Belle Star sicher kein Einzelfall. Vielleicht kann das IMB einen Zusammenhang mit anderen Vorfällen herstellen und wir helfen uns gegenseitig.“

„Lastre’lar, mein Freund auf den ich mich auch in den dunklen Tagen der Rebellion verlassen konnte, ich erteile dir hiermit uneingeschränkte Vollmacht alle notwendigen Stellen, Büros und Behörden einzuschalten, damit sich dieses Piratengesindel erst gar nicht auf Soulebda ausbreitet. Diese Sache hat Priorität! Wenn sich irgendjemand quer stellt, kontaktiere den Palast! Kapitän Her’jare, Hafenmeister Kama’lar, sie werden ab sofort zur Polizei Soulebda Stadt abgeordnet. Ich nehme an, sie haben Stellvertreter?“

Die beiden nickten und Soleab fuhr fort. „Wir werden nicht zulassen, dass Menschen, die hier auf Soulebda arbeiten und an unserem Wohlstand teilhaben, ja ihn erst ermöglichen, ihres Lebens nicht mehr sicher sind! Wir werden unsere Schifffahrtsrouten schützen! Ich erwarte, dass sie alle nötigen Schritte dazu unternehmen.“

**

„Es gibt zwei Möglichkeiten.“ Brummte Kama’lar.
Sie saßen noch immer in dessen Büro und brüteten über den Unterlagen. Dass der Name des zwölften Besatzungsmitgliedes falsch war, davon war man felsenfest überzeugt, dennoch hatte Lastre’lar ein paar Ermittler darauf angesetzt. Soulebda war eine Insel! Irgendwoher musste der Mann schließlich hergekommen sein. War er ein Matrose und nachdem, was man über O Connel in Erfahrung gebracht hatte, hätte der niemals eine unerfahrene Landratte anheuern lassen, dann war der Mann sicher mit einem anderen Schiff auf Soulebda eingetroffen. Dutzende Beamte schwärmten durch den Hafen und befragten jeden Kapitän, ob und wer sein Schiff in Soulebda verlassen hatte. Doch nur wenige Schiffe, welche vor neun Tagen hier waren, lagen noch immer im Hafen.

„Also, Möglichkeit eins; Der Überfall galt nur den Habseligkeiten der Besatzung und dem Geld, das im Tresor des Schiffes lag.“
„Woher wollen sie wissen, dass es einen Tresor gibt und dass etwas drinnen ist?“, frage Shea dazwischen.
„Alle Schiffe haben einen Tresor und eine gewisse Menge Bargeld. Manchmal muss man Ersatzteile kaufen, Behörden bestechen, Heuer auszahlen…“

„Behörden bestechen?“

„Nicht alle Behörden arbeiten wie die hier bei uns. Angenommen man nimmt kurz vor dem Auslaufen ein Besatzungsmitglied unter hanebüchenen Gründen fest, was leider in verschiedenen Ländern gängige Praxis ist, dann zahlst du eben und schon ist deine Besatzung wieder komplett.
Also, der Überfall gilt dem Tresor und aus irgendeinem Grund läuft alles schief.“
„Nein, der Gerichtsmediziner sagte, niemand wurde mit Schusswaffen verletzt. Wäre es so gewesen, hätten die Männer deutlichere Spuren von Gewalt.“ Warf Lastre’lar ein.

„Möglichkeit zwei; Man wollte das Schiff und die Ladung haben. Die Piraten entern das Schiff, setzen die Besatzung aus und verschwinden mit dem ganzen Schiff.“
„Aber den Piraten muss doch klar sein, dass man das Schiff im nächsten Hafen sicherstellt.“
„Keine Chance. Das Schiff hat längst einen neuen Namen, neue Papiere und ein neues Aussehen. Innerhalb von ein paar Stunden hat das Schiff, auf dem Papier, drei Mal den Besitzer gewechselt und ist nicht mehr aufzufinden.“ Brummte Her’jare.

„Ja, aber HIER haben die Piraten ihren großen Fehler gemacht.“ Warf Kama’lar ein. „Sie haben nicht nur das Schiff, sie haben auch die Ladung der Bell Star.“
„Das verstehe ich nicht.“ Gab Martin zu.
„Ganz einfach!“, erklärte der Hafenmeister. „Gestohlene Schiffladungen werden verkauft. Zigaretten, Markenkleider, Elektronikartikel… sie alle werden von gestohlenen Schiff auf kleinere Schiffe verladen, oder wenn das Schiff unter falschem Namen in einen Hafen einläuft ausgeladen und verkauft. Für diese Waren gibt es unendlich viele Abnehmer. Sogar Öl lässt sich stehlen und verkaufen, aber eine Ladung Seltene Erden, im Wert von einhundert Millionen Dollar, lässt sich nicht aufteilen und verkaufen. Für Seltene Erden gibt es nur eine Handvoll Abnehmer.“
„Aber es gibt Abnehmer.“
„Nicht wenn wir einen riesen Wirbel veranstalten! Firmen wie IBM, Sony, Appel leben von ihrem Ruf. Keine dieser Firmen will mit Vorwürfen konfrontiert werden, dass sie mit Mördern zusammenarbeiten. Sollte sich das bestätigen, dann könnte das das Ende für einen dieser Konzerne bedeuten. Dieses Risiko werden sie nicht eingehen.“

„Also, was sie sagen wollen, wenn wir die Bombe mit den Piraten platzten lassen, werden die Piraten keine Abnehmer für ihre Beute finden.“
„Genau! Und Piraten, die solche Überfälle machen, arbeiten fast ausschließlich für Syndikate oder andere Organisationen. Vielleicht hören wir ja, was geschieht, wenn wir nur laut genug auf den Busch klopfen.“

„Und wenn sie die Seltenen Erden einfach über Bord werfen?“
„Niemand wirft einhundert Millionen über Bord!“

**

Manado
„Yuda, mein Freund, sei willkommen.“
Kajat Latros, der Chef der Abteilung Pazifik, die für Berberisch die Aktionen im ganzen pazifischen Raum leitete, begrüßte den Piratenführer überschwänglich.

Hier in Manado liefen die Fäden der weit verzweigten Organisation Berberichs zusammen. Hier wurden die Piratenüberfälle geplant, der Schmuggel organisiert, der Verkauf gestohlener Waren und Gütern geleitet und natürlich die Firmen, welche als Tarnung dienten geführt.

Eines der einträglichsten Geschäfte für Berberisch in dieser Ecke der Welt, war die Piraterie. Zusammen mit Chinesischen und Indonesischen Kartellen hatte man sich die Gewässer rund um die Malakka Straße, der Indonesischen Gewässer, die Philippinensee und das Chinesische Meer aufgeteilt.
Nach einigen blutigen Kämpfen kam man zur der Einsicht, dass ein „friedliches Miteinander“ für die Geschäfte einträglicher war, satt sich gegenseitig zu versenken.

Da Berberisch als letzter in das „Geschäft“ einstieg, musste er sich mit den Räumen zufriedengeben, an denen weder die Chinesen, noch die Indonesier interessiert waren, oder er musste darum kämpfen. Doch Berberisch war ein guter Stratege, der langfristig denken konnte und nicht nur den schnellen Gewinn sah. Während sich die anderen Kartelle um die Mallakastraße stritten, hatten Diagnosen immer deutlicher auf eine steigende Bedeutung Soulebdas im internationalen Schiffsverkehr hingewiesen. Während mehrere legale Firmen Berberichs am Ausbaus des Hafen Nih’tans beteiligt waren und diesen vorantrieben, schlug Berberisch den anderen Kartellen vor, dass er sich, im Gegenzug zu ihrer Duldung, auf die Gebiete östlich der Mallakastraße konzentrieren würde.

Nicht wenige chinesische Triaden Führer lachten über den „dummen Germanen“ der sich auf Gebiete konzertierte, die völlig unrentabel waren. Und nicht wenige dieser Triaden Führer endete mit einer Kugel im Kopf, als man begriff, dass Berberisch sie alle hereingelegt hatte. Doch das einzige Mittel ihn aufzuhalten, wäre ein Krieg mit dessen Organisation gewesen. Ein Krieg, der sehr viel Geld und Ressourcen gekostet hätte, denn Berberisch hatte sich durchaus auf eine kriegerische Auseinandersetzung eingestellt, was den anderen Banden nicht entging.

Also machte man gute Miene zum bösen Spiel und wartete vorerst ab, während man sich weiter um die Malakka und Sunda Straße kümmerte.
Als Berberisch sich sicher war, dass die anderen Kartelle stillhalten würden, begann er seine Tätigkeiten auszuweiten. Dabei gingen seine Schiffe mit tödlicher Präzision vor, denn in den Jahren in denen Berberichs Schiffe ihr Unwesen trieben, hatte man das Wort Piraterie noch nicht in den Mund genommen.

Verschwundene Schiffe und Besatzungen schrieb man Unglücken zu, oder nahm einfach einen groß angelegten Betrug des Eigners an. Damit, dass so blieb, hatte Kajat klare Anweisungen an die Besatzungen seiner Kaperschiffe herausgegeben. Wichtigste Regel: Keine Überlebenden! Und bis jetzt hatten sich alle seine Kapitäne darangehalten.
Das Alles diente nur einem Zweck! Berberisch wollte kein Aufsehen erregen. Denn aufgescheuchte Behörden war das Letzte, das Berberisch gebrauchen konnte, da sie seine anderen lohnenden Einnahmequellen in Gefahr brachte.
Projekte wie das Anlegen einer illegalen Mülldeponie auf Alofi, welche ihm bis jetzt hunderte Millionen Dollar eingebracht hatte.
Auch diese Aktion war von Kajat Latros geplant und durchgeführt worden und oft stand Yuda an seiner Seite. Dieser hatte auf Alofi so gute Arbeit geleistet, dass Kajat beschloss, Yuda das Kommando über ein Kaperschiff zu geben, damit er sich in Berberichs Organisation weiter nach oben arbeiten konnte.
Nun kam Yuda zur Tür herein und Kajat, legte die Zeitung, mit dem Titelblatt nach unten, auf den Tisch. Er stand auf, ging auf Yuda zu und umarmte ihn.

„Schön, dass du wieder hier bist. Wie war dein Unternehmen?“

„Kajat, du wirst es nicht glauben, aber ich habe den Fang des Lebens gemacht! Allein die Ladung hat einen Wert von einhundert Millionen Dollar!“

„Einhundert Millionen?!“, fragte Kajat erstaunt, legte seinen linken Arm um Yuda und führte ihn in Richtung Schreibtisch.
„Ja, ich habe…“ weiter kam Yuda nicht. Kalt, der mit seiner rechten Hand in seine Tasche gegriffen hatte, zog diese mit einem Schlagring daran heraus und schlug Yuda mit voller Wucht in den Bauch und Yuda klappte wie eine Puppe zusammen.
Noch im Fallen schlug Kajat ihm mit dem Schlagring mitten in die Zähne, was zur Folge hatte, dass Yuda‘s vorher so schöne Zähne, zerbröselt wurden und Blut durch das ganze Büro spritzte.
„Du Vollidiot! Schrie ihn Kajat an, ging zu seinem Schreibtisch und warf den halb besinnungslosen Yuda die Zeitungen über. „Ich habe dir vertraut! Ich habe dir ein Kommando gegeben und du Idiot kaperst ein Erzschiff aus Soulebda?!“
Er deutete auf die Titelblätter, die voll mit Bildern der toten Besatzung aus dem Rettungsfloß waren.
-Piraten vor Soulebda! -, -Erzfrachter von Piraten entführt! -, -Piraten töten ganze Besatzung! -…
Yuda stöhnte aus dem seinem blutenden Mund etwas hervor und Kajat packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. „Keine Zeugen? Wolltest du das sagen?“ und Yuda nickte.

Die Antwort von Kajat bestand aus einem Tritt zwischen die Beine, die Yuda wieder zusammenbreche ließ, dann brüllte er ihn an. „ES GIBT ABER ZEUGEN! Du Schwachkopf hast die Besatzung einfach ausgesetzt! Statt das Floß zu versenken seid ihr einfach weitergefahren! Jetzt sucht die ganze Welt nach diesem Frachter und seiner Ladung! Kannst du mir sagen was ich jetzt noch mit einer einhundert Millionen Dollar Ladung Seltener Erden soll?! Die will KEINER MEHR haben!“

Yuda lag am Boden und wand sich vor Schmerzen, als sich Kajat zu ihm beugte. „Noch schlimmer ist, dass du Berberichs Aktivitäten hier im Pazifik offen in die Welt hinausposaunt hast. Er war nicht erfreut, als er davon erfuhr.“

Jetzt riss Yuda voller Angst die Augen auf. „Oh ja“, sage Kajat. „Berberisch ist richtig sauer. Er hat gerade viel Ärger wegen Alofi und ist auf dem Weg hier her. Er hat mich gebeten dich nicht umzulegen. Er sagte, Zitat, „Ich möchte mir dieses Arschloch selbst vorknöpfen“ Zitat ende. Weißt du, ich glaube, es wäre besser für dich gewesen, wenn ICH dich umgebracht hätte.“
Als er Yuda noch einen Tritt verpassen wollte, trat einer seiner Leute ein und drückte ihm einen Zettel in die Hand, den Kajat durchlas.

„Alle? Sie sind alle tot?!“, fragte er den Mann.
„Wir haben zu Niemandem mehr Kontakt. Das letzte was wir hörten, war, dass unser Team in Soulebda angekommen ist und dass sie die Zielperson ausgemacht hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass sich niemand mehr meldet, gehen wir von einem Totalverlust aus.“
Kajat rieb sich die Stirn und dachte nach. Das würde Berberisch noch weniger gefallen! Die zwei Zeugen, diese rothaarige Schlampe und ihr Macker, welche auf Alofi in den Mienen waren, lebten noch, die französische Schlampe lebte noch und das Einsatzteam, das alle drei umlegen sollte, war wohl ein Totalverlust.

Verdammt wie konnte das passieren? Das der Stecher mit seinem Bombenanschlag gescheitert war, konnte man noch als Pech abtun, aber der Verlust eines ganzen Teams… Das war kein Zufall!
„Wir haben noch ein Problem.“ Sagte der Mann und Kajat sah ihn fragend an.
„Wegen diesem Schwachkopfs hier wimmelt der Hafen von Nih’tan nur so von Bullen. Sie suchen alle Schiffe ab und drehen jeden Stein um. Margarethe musste ihre Arbeit im Hafen selbst sehr einschränken, um keinen Verdacht auf die MS Moana zu lenken.“

„Gut, nein nicht gut, aber nicht zu ändern… Befehl an alle Kapitäne. Vorerst keine weiteren Schiffe kapern. Margarethe soll sich zurückhalten und versuchen dahinterzukommen wie die Bullen auf Piraten gekommen sind. Ich will wissen, wer die Ermittlungen führt und wie viel sie herausbekommen haben.“
„Dann werden uns einige gute Schiffe entgehen.“
„Ja ich weiß, “ kommentierte Kajat den Einwurf „Wir warten bis Berberisch hier ist und lassen ihn entscheiden, wie wir weiter vorgehen. Dann sah er auf den Boden, wo Yuda noch immer vor sich hin blutete. „Schaff ihn in eine Zelle und sorg dafür, dass er sich nicht selbst umbringen kann. Vielleicht reagiert sich Berberisch ja etwas an ihm ab. Besser an ihm als an uns.“
„Der wird ihn in Streifen schneiden wie die anderen auch.“
„Besser ihn als uns, oder?“

**

Internationaler Flughafen Soulebda (SUL)
Die Flüge MH778 und MH790 der Malaysia Airlines waren gerade gelandet und die ersten Passagiere von Flug MH778 warteten auf die Gepäckausgabe. Gegenüber begann gerade die Gepäckausgabe für die Passagiere von MH790 und man sah sehr viele freudige Gesichter.
Endlich am Urlaubsland angekommen, jetzt gab es Sonne satt und die Urlauber freuten sich. Schließlich waren auch viele Arbeiter und Handwerker darunter, ebenso Militär und Polizei.
Und es gab bei beiden Flügen je eine kleine Gruppe von Halsabschneidern. Jede der Gruppen war 10 Mann stark und sie wussten voneinander, aber sie hatten natürlich Anweisungen sich ja nicht auffällig zu benehmen.

So unauffällig wie die beiden Gruppen ausgestiegen waren, nahmen sie ihr Gepäck an sich und verließen den Flughafen in unterschiedliche Richtungen. Am Ende des Tages trafen sie gemeinsam im Hotel „Seestern“ ein und bezogen verschiedene vorher bestellte Zimmer. Da die zweite Mannschaft nichts von der ersten Mannschaft erfahren hatte, außer, dass sie gescheitert war, kam auch keiner auf die Idee, ein anderes Hotel zu nehmen oder zumindest die Buchungen das vorhergehenden Teams zu überprüfen. Das war der erste Fehler.
Und so bezog das zweite Team die Zimmer, ohne zu wissen, dass das Hotel bereits überwacht wurde.
Diesmal, da waren sie sich sicher, hatte auf Soulebda niemand etwas mitbekommen, dass sie gelandet waren. Um ganz sicher zu gehen, mieteten sie über den Hoteldienst ein Boot und dann fuhren sie in kleinen Gruppen zum nahen Hafen und bestiegen eines der mittleren Ausflugsboote. Es trug die Nummer 14.

Diese mittleren Boote konnten bis zu ca. 40 Personen aufnehmen. Der Kapitän hatte Anweisung erhalten, zusammen mit einem beträchtlichen Geldbündel, dass er über die ganze Fahrt nur in seiner Kabine zu bleiben hatte.

Da oft genug Geschäftsreisende solch ähnliche Fahrten unternahmen, um unter sich zu bleiben, wäre auch nichts aufgefallen. Allerdings war der Kapitän ausgetauscht und er war ein Informant des Geheimdienstes. Das Ausflugsboot war verkabelt und verwanzt. Da keine Funkwanzen verbaut waren, konnten auch keine der normalen Wanzenfinder etwas auf die Schnelle anzeigen.
Die beiden Kommandoführer stellten ihre Mitglieder vor und man besprach den kommenden Einsatz. Gruppe eins war die Europäische und Gruppe zwei warb die Asiatische Gruppe.
„Hi zusammen, ich bin Franklin der Einsatzleiter und Gruppenführer von Gruppe ein, ich stelle euch die Mitglieder des ersten Teams vor.

Also das ist Gruppe 1:
Franklin, Gruppenführer,
Dorothea, Sprengstoffe und Waffen,
Marc-Uwe, Klaus und Jan, drei Nahkämpfer,
Susan, Ellen und Manuel, drei Fernkämpfer,
Vladimir, Elektronik und Funkspezialist,
Egon, ein Ex Fremdenlegionär.

Normalerweise regeln wir für den Stecher in Europa seine Geschäfte, diesmal wurden wir angefordert, um die Fehler der Vorgängergruppe zu bereinigen.
Und nun Gruppe zwei, Gam Ling bitteschön.“

Damit schaute er die zweite Gruppe an und ein Mann nickte und trat vor.
Die zweite Gruppe war fast ausschließlich mit Frauen besetzt, lediglich der Gruppenführer und sein Waffenspezialist waren Männer.

„Ich grüße euch. Meine Gruppe besteht aus einem ehemaligen Soldaten und den acht Kämpferinnen, dies sind im Einzelnen:

Gruppe 2:
Gam Ling Fei, Gruppenführer,
Wao Wao, Sprengstoffe und Waffen,
Leh Gin Um, Han Tzu, Fan Taau drei Nahkämpferinnen,
Lin Fei Sing, Lin Fei San, Man Su Zu drei Messerkämpferinnen,
Fan Tan und Um Lai, zwei Elektronik Spezialisten.

Wir waren bisher im asiatischen Raum für den Stecher erfolgreich unterwegs. Unsere Missionen waren immer erfolgreich. Bisher hatten wir noch niemals einen Einsatz wegen schlechten Umständen absagen oder aufgeben müssen.

Ein Versagen wie bei den Leuten vor uns, wird es mit uns nicht geben. So werden wir in China nicht erzogen!“
Damit nickte der Gruppenführer der Gruppe 2 wieder zurück.
„Danke Gam Ling. Sobald wir den kleinen Ausflug hinter uns haben, holen zwei Gruppen die Waffen im Hafen ab. Die Waren sind bereits abgeladen und lagern beim Ausrüster. Heute hat Nanuk Dufkes Dienst und erwartet unsere beiden Gruppen. Das Kennwort für heute lautet: „Monarchfalter“.
Wir, die Gruppenführer und zwei weitere Kämpfer werden uns diese Villa ansehen. Bilder und Kartenmaterial liegt bereits oben auf den Zimmern. Morgen früh werden wir den Plan durchgehen und losschlagen.

Wir haben nicht so viel Zeit, wie wir uns gewöhnlich vornehmen, aber wir müssen danach noch etwas anderes in Japan klären.“
Das Urlaubsboot drehte seine Runde und die beiden Gruppen hielten sich weitgehend zurück, ein Gefühl von Zusammenhang kam so schnell nicht auf. Dazu waren die beiden Gruppen auch zu unterschiedlich. Allerdings waren beide Gruppen an den Erlebnissen der jeweils anderen interessiert.
Eine der Asiaten, Um Lai, spielte an einem Ultramodernen Scanner herum und zuckte plötzlich zusammen. Unauffällig ging sie zu ihrem Gruppenführer.

„Wir werden abgehört. Das ganze Schiff ist, glaub ich, verwanzt. Alles mit Kabel und Leitungen, daher kein einziges Funksignal, aber das Schiff ist eine schwimmende Lauschbasis.“ Damit zeigte sie ihrem Gruppenführer, was sie entdeckt hatte.
Einen kurzen Wink später, kam der zweite Gruppenführer auch dazu und nun war klar, dass sie handeln mussten. Der hochmoderne Scanner zeigte deutliche Signale hochmoderner Abhörtechnik.
Ein kurzer Blick nur und die beiden Gruppenführer waren sich einig.

**

Zehn Minuten später wurde der tote Kapitän des Ausflugbootes Nummer 14 an einen Notanker gebunden und über Bord geworfen. Damit war der einzige Zeuge an Deck verschwunden. Was die Schurken allerdings nicht wussten, das Boot hatte eine Tot-Mann-Schaltung und als das Signal ausblieb, wusste man in der Geheimdienstzentrale, was die Stunde geschlagen hatte.
Der diensthabende Offizier rief beim Leiter des Geheimdienstes, Seraph Ma’Gus, an und bat um die Freigabe, das Boot jetzt noch auf See zerstören und versenken zu dürfen, mit allen Schurken an Bord.
„Wo befindet sich das besagte Boot gerade, ist das ein freier kontrollierter Bereich?“ Fragte Seraph Ma’Gus.

„Nein, das ist der Mündungsbereich vom Haupthafen, da laufen nur hin und wieder ein paar Schiffe ein, aber das sollten wir im Griff haben.“
„Wieviel Schiffe laufen da jetzt gerade ein oder aus?“
„Einundzwanzig Besucherschiffe, vier Frachter, ein Tanker und zwei Containerschiffe und ein paar Fischerboote sind da gerade unterwegs, aber die sind weit verstreut.“
„Da ist viel zu viel los für eine geheime Operation, wie wolltet ihr das Problem lösen?“

„Mit einer Marabou Rakete, mit denen wir den Hafenbereich absichern.“
„Auf so kurze Distanz wird die Rakete nicht scharf, das klappt nicht, Alternativen?“
„Condor drei wäre gerade verfügbar, die kommen von einem Flug zurück. Wir erklären den Bereich, in dem das Schiff ist, zum Übungsgelände, das muss dann aber schnell gehen, die fahren die externe Runde und kommen in 30 Minuten zurück.“
Seraph Ma’Gus überlegte kurz schließlich nickte er und sagte „Genehmigt.“
Luftangriff

„Bernd, es ist alles klar, der Gleitwinkel ist ok, die Kettenkanone einsatzklar, wir haben Explosivmunition geladen. Höhe 3000 Fuß. Da vorne kommt das Boot in Sicht.“, sagte Esrom, Bernds Copilot.

„Verflixt, da ist ein anderes Boot in der Nähe, das kommt zu nah, wir können nicht schießen!“
Bernd drehte mit der großen Maschine so unauffällig ab, wie er nur konnte, und flog eine große Schleife. Dabei stieg er mit der Maschine auf 5000 Fuß, ehe er den Anflug einleitete. Er hoffte, dass der Anflug von dem Schurkenboot nicht beobachtet worden war.
„Lass die Kameras laufen, wir brauchen Beweise, Esrom.“
Gerade lief die Meldung der Küstenwache ein, dass bei der südlichen Hafenmündung eine Übung stattfand und mit Waffeneinsatz zu rechnen sei, da kam das mittlere Ausflugsboot 14 mit den überführten Schurken erneut in Sicht.

„Alles bereit, ich feuere in 3… 2… 1… Feuer!“
Ein Feueratem aus der Gatling Bordkanone stürzte auf das Besucherboot und hüllte das Besucherboot in Explosionswolken und kochendes Meerwasser. Der Angriff dauerte gerade fünf Sekunden und die Bordkanone hatte den Tod auf das Wasser gespuckt.

Von dem Besucherboot war nichts mehr zu finden, es brannten noch einige Trümmer auf dem Wasser. Der Angriff war etwas abgelegen erfolgt und der Wind sorgte dafür, dass es nicht zu laut wurde, aber die Explosionswolken und den Rauch sah man. Dreihundert kleine Explosionen, die wie ein Grollen und Fauchen aus einem Benzinmotor geklungen hatten.

„Meldung an die Küstenwache, sie sollen loslegen und die Reste sichten,“ gab Bernd weiter und Esrom gab sein OK. Bernd zog seine Maschine hinauf in die Wolken und drehte ab, sein nächstes Ziel war das Jumala Airfield, der Stützpunkt der Condor Flotte.

**

Im Palast
Bei der Besprechung im Palast war Heylah außer sich. „Seraph Ma’Gus, wie könnt ihr im dicht befahrenen Hafendelta einen Luftangriff auf ein Besucherboot anordnen? Da hätten ja auch unbeteiligte Schaden nehmen können?“
„Regentin, wir hatten nur eine einzige Gelegenheit alle zwanzig Terroristen zu erwischen und das war bei diesem Überraschungsangriff. Außerdem hatten wir eine allgemeine Warnung für diesen Bereich herausgegeben.“

„Eine Minute vorher, hat man mir gesagt. Eine einzige Minute Vorwarnung, ist das nicht zu kurz?“
„Eine Minute mehr und die Terroristen wären auch gewarnt gewesen und dann? Was hätten wir tun sollen, wenn sie doch an Land gekommen wären?“
Heylah sah zu Soleab und dieser gab Seraph Ma’Gus Recht. „Es war sicher eine gewagte Operation, aber haben wir denn auch wirklich alle erwischt?“

Seraph Ma’Gus schaute zu den beiden „Momentan werden die Aufnahmen aus „Condor drei“ noch ausgewertet. Die Aufnahmen sind sehr gut, aber wir sind noch dran.“
„Vergesst nicht, wir brauchen Gewissheit. Wenn nur einer der Gangster entkommen ist, sind Clair und Caroline in Lebensgefahr.“
„Wir arbeiten mit Hochdruck daran.“

**

Drei Stunden später
„Was meinen Sie mit sie haben nur 12 erwischt?“ Sie sagten doch, dass da 20 Terroristen an Bord waren und jetzt sagen sie mir, dass nur ein Dutzend erwischt wurden, was ist mit den anderen acht geschehen?“

„Offenbar war das eine Verkettung von unglücklichen Zufällen. Als der Angriff startete, konnte Condor drei nicht direkt schießen, weil ein anderes kleines Boot mit Besuchern zu nahe war, Condor drei drehte eine Runde und griff dann an. Einige der Terroristen, vor allem die Asiatischen, sprangen vorher über Bord und enterten auf das kleine Boot, das den ersten Angriff vereitelt hatte.“
„Und nun, wer sind die Überlebenden und wo sind sie?“

„Nun, wir wissen es nicht.“
„Haben Sie denn Caroline und Clair alarmiert?“
„Selbstverständlich. Mein Stellvertreter, Manus’Tse ist bei Caroline, sie sagte ihm, dass sie Clair zu den Stämmen in Sicherheit bringt. Dort sieht sie mehr Chancen, sich gegen die Angreiferinnen zu wehren.“
„Angreiferinnen?“
„Ja, alle Terroristen, die sich von dem Besucherboot gerettet haben, waren ausnahmslos Frauen.“
„Das wird Caroline weniger gefallen, jetzt muss sie gegen Frauen kämpfen.“

**

In der Villa
Manus’Tse stand mit zwei seiner Offiziere bei Caroline und Vera. Unten, vor der Einfahrt warteten zwei Fahrzeuge mit Geheimdienstlern. Manus’Tse hatte den beiden Mädchen gerade berichtet, was sich im Hafen zugetragen hatte und dass Seraph Ma’Gus gerade auf dem Weg zur Regentin war.
„Wir wissen nicht, ob sich die anderen Frauen retten konnten, oder wir ihre Leichen noch nicht gefunden haben.“

„Sie glauben aber, dass die Frauen bereits vorher von Bord gesprungen waren, als sie die Maschine am Himmel sahen?“
„Wenn die gut sind, und davon gehe ich aus, dann haben die zwei und zwei zusammengezählt und sich aufgeteilt. Jene, die im Boot blieben, sind tot und die anderen sind höchst wahrscheinlich mit dem anderen kleinen Boot, das ihnen in die Quere kam, geflohen. Also ich würde davon ausgehen, dass die Frauen noch leben.“

„Gut, dann bringe ich Clair hinaus zu den Stämmen. Dort werde ich mit ihr Position beziehen, bis sie uns angreifen. Nur dort, glaube ich, werde ich genug Hilfe und Deckung finden, um Clair zu beschützen. Ihr solltet besser hier ein Kommando lassen, dass den Angreiferinnen klar macht, dass wir weg sind.“
„Damit die diese schöne Villa nicht verunstalten?“
„So könnte man es sagen.“
„Gut, wann brecht ihr auf?“

„Ich habe vor fünf Minuten nach Jerome geschickt und er wurde von der Regentin freigestellt, er dürfte in acht Minuten kommen, wie ich ihn kenne. Dann fahren wir los.“
„Passt bitte auf euch auf und vertraut den Stämmen, lasst die auch euch beschützen.“
„Ja klar du kennst mich doch. Grüß mir bitte deine Frau und die süße Valentine.“
Als Manus’Tse in den Dienstwagen einstieg murmelte er noch ein „Hoffentlich zieht Caroline nicht in den Krieg, denn wenn sie erst einmal losgelassen …“

**

In einem einsamen Wochenendhaus
„Fast hätten die uns alle gegrillt.“ Sagte LehGinUm.
„Verflixt, wieso haben die anderen nicht auch das Boot verlassen. Jetzt haben wir die Hälfte unseres Potentials verloren und unseren Gruppenführer und den Waffenmixer auch.“
HanTzu war dabei die Waffen und Messer zu kontrollieren.

Die Tür ging auf und die Zwillinge LinFeiSing und LinFeiSan kamen herein. Draußen liefen ManSuZu und FanTanWache und UmLai ordnete die verbliebene Ausrüstung.
Die Zwillinge hatten die letzte Stunde genutzt und die Villa von Caroline überwacht. „Unsere Ziele haben die Villa verlassen. Da sind jetzt einige Leute von Militär oder Geheimdienst drinnen. Unsere Ziele sind mit leichter Ausrüstung in den Dschungel gefahren. Sie hatten einen großen Eingeborenen dabei.“
„Diese Europäer. Ich dachte, die beiden wären kampferfahren?“

„Ja komisch, ich würde dann doch nicht in den Wald fahren, ich würde mich zu Freunden begeben, die mir helfen könnten.“
„Woher wissen wir, dass die rote Schlange im Dschungel keine Freunde hat. Sie lebte früher hier als Beamtin?“
„Du schon wieder, das ist nicht Tarzan und Jane, das ist real und wir haben einen realen Auftrag, also bitte … eine Beamtin ist doch keine Einzelkämpferin.“

„Was wissen wir noch?“

„Die beiden sind in einen Bereich des Dschungels gefahren, dort soll es nur einige wenige Siedlungen von Einheimischen geben.“
„Können die uns gefährlich werden?“
„Machst du Witze, die hüpfen von Baum zu Baum und tragen einen Lendenschurz.“
„Ich dachte ja nur, vielleicht sind neben Tarzan und Jane auch noch ein paar Neger…“
„Hör jetzt endlich auf HanTzu!“ Beschwor LehGinUm die Frau mit einem bösen Blick.

„Also, wir sammeln noch Kraft und schlafen ein Letztes mal aus. Morgen früh fahren wir denen nach und putzen sie weg. Wenn uns dabei ein paar der Eingeborenen in die Quere kommen, dann legen wir die einfach mit um, aber das Ziel sind diese beiden Schlampen. Ich frage mich immer wieder, wieso unser Vorgänger Trupp so viele Probleme hatte.“

„Gut, wie sieht es mit dem Essen aus UmLai? Was gibt die Küche her?“
„Die Eigentümer hatten frisch eingekauft, heute Abend gibt es gutes und viel davon.“
„Gut esst und schlaft euch aus. Ab Morgen jagen wir die beiden Mädchen!“

**

Auf dem Weg zu den Stammeskriegern
Jerome brauste mit dem Jeep durch die schmalen Wege, dass es einem angst und bange werden konnte. Er kannte dafür die Wälder und wusste genau, wie er fahren konnte. Schließlich kamen wir zu einem der kleineren Stammesdörfer und wurden bereits erwartet.
Wir sahen, dass das Dorf weitgehend geräumt war und dann nur noch Kriegerinnen und Krieger anwesend waren.

Nach der Begrüßung führte man uns in das größte Stammeszelt. Hier waren neben den beiden Häuptlingen auch die Medizinmänner und Schamanen. Als wir eintraten, lächelten uns die Menschen zu. Sie wussten um unsere Nöte und waren froh, dass sie diesmal ihre Hilfe anbieten konnten.
„Caroline, Liebes, komm zu mir,“ rief eine der Häuptlingsfrauen und wir wurden direkt neben sie gesetzt.

„Mana’Utuu, ich grüße dich, ich habe dich lange nicht mehr gesehen, zu lange ist es her, dass wir gemeinsam getanzt haben.“
Mana’Utuu, als die Häuptlingsfrau, umarmte mich und küsste mich sanft und zünftig. Dann reichte sie Clair die Hand und zog sie zu sich.
„Heylah hat uns gesagt, dass böse Menschen euch jagen werden und dass wir euch helfen und unterstützen sollen. Wir haben das Dorf vorbereitet, die Kleinen sind alle bei den Nachbardörfern und wir können jederzeit um Hilfe rufen. Caroline. Du weißt ja noch, wo das Horn liegt, oder?“
„Oh ja, in deinem Schlafgemach. Liegt es immer noch links neben dem Kopfkissen?“
„Jaaaaaaa“ rief sie und lachte laut los. „Du hast das nicht vergessen.“

Clair schaute etwas verwundert zu uns und Mana’Utuu lächelte sie mit ihrem gewinnenden Lächeln an. „In der Zeit der Revolution waren sie ab und zu hier und blieben über Nacht.“
Clair nickte, erschien aber irgendwie nicht recht beruhigt. In einem kurzen Moment, indem Mana’Utuu etwas anordnete, fragte mich Clair „Sag mal, schläfst du mit jeder, wenn es die Zeit hergibt?“
Ich musste jetzt laut lachen. Selbst Mana’Utuu fiel in das Lachen mit ein, sie hatte jedes Wort verstanden und grinste uns beide an. „Junge Frau Clair aus Paris. Das hier,“ und damit küsste sie mich, „das hier hat nichts mit Sex zu tun, wir haben hier ganz andere Traditionen und die sind gut, denn wir haben hier wenig Streit oder Kriege. Wie ist das bei euch in Europa, dort, wo ihr alle so auf Abstand seid und niemanden an euch heranlassen wollt. Dort ist bestimmt alles friedlich und voller Liebe oder?“
Ertappt schwieg Clair und Mana’Utuu lächelte. „Du wirst es auch noch erfahren wollen, vermute ich. Das was wir machen, ist für die Seele wichtig, erst danach für das Herz.“
„So das Essen ist so weit, bitte kommt, wir essen im Freien und keine Sorge, noch sind die Angreiferinnen nicht da. Sie sind noch am Rande der Stadt.“
„Woher weißt du das?“

„Meine Stammeskrieger beobachten die Eindringlinge schon lange. Im Moment sind sie alle in einem alten Haus und essen zu Abend. Ich habe Heylah versprochen euch zu helfen. Die Kriegerehre aber verlangt von uns, dass wir euch kämpfen lassen, denn es ist euer Kampf.
Seid aber versichert, wir sind um euch und wenn es Mualebda wünscht, dann werden wir auch eingreifen. Aber grundsätzlich ist uns das nicht erlaubt.“
Clair erschrak und wechselte die Gesichtsfarbe. „Aber das bedeutet, dass wir gegen acht Profikiller kämpfen müssen … Wir werden sterben!“
„Clair aus Frankreich, gebt ihr Europäer immer so schnell auf? Du hast Caroline an deiner Seite. Weißt du eigentlich, was das bedeutet?“
„Ja wir kämpfen zu zweit!“
„Nein, das bedeutet, du hast eine Kriegerin an deiner Seite, die schon erfolgreich gegen andere überlegenere Kräfte bestanden hat. Du solltest dich mehr anstrengen und mehr Vertrauen haben, Clair aus Frankreich!“

Clair nickte langsam und schaute mich fragend an, unschlüssig, ob sie ihre Befürchtungen und Ängste aussprechen sollte. Doch ich konnte ihre Angst spüren.

**

Fan Taau hatte gekocht. Zumindest hatte sie es versucht.
Das Abendessen war karg, aber es gab reichlich. So richtig gut kochen konnte keines der Mädchen. So hatten sie das erstbeste was Küche und Kühlschrank hergab und für die Mädchen genießbar aussah gekocht und auf den Tisch gestellt.

Mit Brot und Wein kamen sie dann auch zurecht und sie konnten ihren Hunger stillen. Dafür war der Wein dann ganz gut und auf der offenen Terrasse konnten sie auch die Sterne bewundern.
„Also morgen früh geht es los. Schlaft noch einmal aus, sammelt Kraft, ich will keine Fehler sehen. Wenn wir Darius unter die Augen treten müssen, soll er nur Gutes von uns denken. WIR sind die Besten!“

Nach und nach gingen die Mädchen auf ihre Zimmer und nur noch Leh Gin Um stand einsam auf der Terrasse und blickte sich um.
Was sie allerdings nicht sah, waren zwei Stammeskrieger, die keine 30 Meter vor ihr versteckt lagen und alles mitangesehen und mitgehört hatten. All das, was sie gesehen hatten, wusste jetzt auch die Häuptlingsfrau.

**

Sie kommen
„Clair, aufwachen … Clair komm zu dir.“ Da schlug Clair ihre Augen auf. „Was ist, werden wir angegriffen?“

„Nein, aber die Feinde sind aufgestanden und stärken sich innerhalb der nächsten zwei Stunden können sie bei uns sein.“
„Aber Jerome brauchte doch nicht einmal eine halbe Stunde.“
„Du kannst Jerome nicht mit denen vergleichen, er kennt hier wahrscheinlich jeden Baum mit Namen und hat Stammeskrieger-Radar.“
„Soso, verstehe, gib mir ein paar Minuten für meine Waschungen.“
Während Clair zu dem Waschzelt ging, machte ich mich kampfbereit. Mein Battledress passte immer noch bestens. Dazu meine geliebte Beretta und die Magazintaschen, dazu mein Kampfmesser, das mir, schon so oft das Leben gerettet hatte.

Eine der Stammeskriegerinnen kam zu mir und half mir die Tarnfarben gefärbte Baseballmütze aufzusetzen, um meine feuerroten Haare zu verstecken. Lächelnd reckte sie ihren Daumen nach oben. Diese Geste hatte sie einst bei mir abgekuckt.
„Wenn der Nahkampf kommt, können dir diese Wurfmesser helfen, aber schneide dich nicht, sie tragen das Gift der Molla’Kura Fische und lähmen einen erwachsenen Menschen. Das dauert nur so lange bis es wirkt.“ Dabei zeigte sie mir drei Finger.
Gerne nahm ich den Pack mit den kleinen Wurfmessern an mich und wartete auf Clair.
Als sie dann kam, sah sie aus, als wollte sie auf eine Entdeckungsreise. Das weiße Shirt und darüber eine offene Kaki Jacke. Dazu eine kurze Hose und sehr stabile Stiefel. Ein Kampfmesser und eine Machete, sowie eine Pistole mit Munition.

Ich half ihr rasch, sich soweit umzuziehen, dass ich sie mit in den Dschungel nehmen konnte, ohne dass sie sofort auffiel.
„Wo sind die Fremden Eindringlinge?“ Fragte ich und die Krieger antworteten mir in der Stammessprache. Clair verstand diese ja nicht und ich übersetzte. „Sie sind losgefahren mit drei Autos, anscheinend wollen sie sich aufteilen. Zwei fahren hier zu uns in Richtung Dschungel, aber ein Auto ist abgebogen.“

„Ihr müsst jetzt los. Caroline du kennst den Weg. Wir haben Spuren gelegt, die eure Feinde finden werden, sie weisen direkt zu den Höhlen.“ Mit diesen Worten verabschiedete uns die Häuptlingsfrau.
Plötzlich wurde es im Lager hektisch. „Der dritte Wagen ist verschwunden.“ War die Warnung der Wächter, die mit den anderen Stammeskriegern in Kontakt standen.
„Caroline, wenn Gefahr droht, dann bringst du die kleine Französin in die Höhlen der Prüfungen. Du kennst diese Höhlen und kannst den Angreifern dort am meisten Schaden beibringen.
In der Mitte habe ich die jungen Krieger hin befohlen, sie lenken die Ungeheuer ab, sollte es notwendig sein.

Ich hoffe aber, dass ihr sie alle vorher erwischt und vor Mualebda treten lasst.“ Damit legte sie ihre Hand auf meine Schulter. „Und nun geht. Sie kommen!“

**

Der Kampf im Dschungel
Lin fei Sing, Lin fei San, Man Su Zu, Fan Tan und Um Lai hatten die beiden Jeeps verlassen. Weiterfahren konnten sie nicht mehr. Auch der Allradantrieb hatte seine Grenzen.
Die Chinesinnen hatten ganz in Kaki eingekleidet und ihre Tarnbemalung hätte jedem Hollywood Film entsprungen sein können. Mit ihren belgischen FN P90 sahen sie aus, als wollten sie den Mars befreien.
„Leh Gin Um, ich habe die beiden Dörfer untersucht, da sind jede Menge bewaffneter Krieger, aber keine Weißen. Wir sollten die Dörfer ignorieren und in Ruhe lassen, dann tun uns die Eingeborenen auch nichts.“

„Habt ihr Spuren von den beiden Frauen gefunden?“
„Ja haben wir, die Spuren waren verwischt, aber wir sind die Besten und haben sie gefunden, sie führen da hinauf, in die Berge.“
„Gut, ich will noch eines prüfen.“ Damit nahm die neue Kommandoführerin, Leh Gin Um, ihr Funkgerät und rief die dritte Gruppe, die abgebogen war.
„Man Su Zu, Meldung!“

„Man Su Zu hier, wir mussten einigen Eingeborenen ausweichen, haben fast ein paar von denen überfahren, weil wir sie übersehen hatten. Die sehen fast so aus wie Bäume. Jetzt haben wir uns wieder abgesetzt und fahren auch auf die Berge zu.“

**

Damit legte Man Su Zu das Funkgerät weg. „Verdammte Affen, ich habe die fast nicht gesehen, plötzlich waren die da.“
„Ja wir waren unaufmerksam, aber das waren zum Glück nur diese Waldmenschen und die sind harmlos, das hoffe ich jedenfalls.“

„Weiter, da oben sind die Ziele und da unterhalb irgendwo die beiden anderen Jeeps.“
„Ja gib Gas, dann haben wir vielleicht das Vergnügen die zwei zuerst zu erwischen!“
„Um Lai, du und deine First-Kills, aber gut.“ Man Su Zu gab Gas und trieb den Jeep weiter die unebene Strecke entlang. Aber nach wenigen hundert Metern mussten sie langsamer fahren und weitere hundert Meter später war die Fahrt zu Ende.

„Aussteigen, Aber jetzt heißt es laufen. Fan Tan, hast du etwas auf dem Sensor?“
Fan Tan hatte einen Infrarot Scanner und gab die Richtung vor. „Weiter gerade aus, da vorne, vor den Höhlen sind die beiden, sie scheinen in die Höhle zu gehen um sich zu verstecken.“
„Ha! Leichtes Spiel. Macht euch bereit. Wir zeigen den Europäern, was richtige Tunnelratten alles können.“

**

Tunnelkampf
Der Eingang zu dem Tunnel war nicht sehr groß aber die drei Chinesinnen konnten gut hineinkriechen. „Passt auf, hier sind überall Löcher, da kann man sich den Hals brechen.“ Flüsterte Man Su Zu.
Aus einem Gang wurden mehrere in unterschiedlichen Höhen. Bald sah es aus, wie in einem Ameisenhaufen.

„Da vorne, ich habe was gesehen!“ Um Lai war wie von Sinnen in einem der kleinen Tunnel verschwunden. Kurz danach hörte man einen Schrei, der irgendwie abgebrochen wirkte.
„Hinterher!“ Befahl Man Su Zu und die beiden krochen in den Tunnel. Da lag Um Lai am Boden und rührte sich nicht. Offensichtlich hatte sich ein Fels gelöst und ihn getroffen.
Die beiden zogen an seinen Beinen und zogen Um Lai aus dem Tunnel. Da schrie Fan Tan kurz auf. Der Kopf von Um Lai fehlte …

**

Weiter Clair, hier hinauf, ich helfe dir dann direkt nach rechts in die kleine Höhle, die hat ein Dreieck als Markierung. Dort bleibst du, bis ich dich holen komme, und ich komme dich holen, vertrau mir.“
Clair leuchtete kurz in die Höhle, sie war leer und sie kroch hinein, um sich zu verstecken. Ihr Kampfmesser hielt sie in den Händen, tunlichst darauf bedacht, dass es nicht von einer Taschenlampe angeleuchtet werden konnte. Caroline kroch bereits wieder weg und war in einem der unzähligen Tunnel verschwunden.

Während Clair aus der kleinen Höhle in den darunter liegenden Gang schaute, sah sie, wie die drei Chinesinnen entlangkrochen und die erste etwas rief und hastig in einem der Gänge verschwunden war.

**

„Verdammt, der Kopf wurde abgetrennt, entweder von einem scharfen Felsen oder etwas anderem. Wir müssen uns vorsehen!“ Gab Man Su Zu an.
Fan Tan stieß Man Su Zu an. „Da vorne da bewegt sich etwas an dem Gang über uns. Ich glaube die Ziele sind eine Etage höher.“
„Räuberleiter, ich helfe dir.“ Damit baute Fan Tan die Räuberleiter und Man Su Zu kletterte höher und stieß sich dann von Fan Tan ab. Doch plötzlich schien sie einen Krampf zu bekommen, ihre Beine schüttelten sich und traten um sich, ehe sie erschlafften.

„Alles klar Man Su Zu?“ Fan Tan schaute hinauf in den engen Gang, aber Man Su Zu lag einfach da. Als Fan Tan hochklettern wollte, hatte sie blutige Hände.
Man Su Zu aber lag bewegungslos in einer Blutlache. Sie kroch an ihr vorüber und schloss die Augen von Man Su Zu.

Der Schnitt musste rasch gekommen sein und hatte Man Su Zu völlig überrascht.
Jetzt war sie alleine! Das war der erste Gedanke von Fan Tan. Aber ehe Panik aufkommen konnte, sah sie eine Bewegung an einem der kleinen Gänge. Tatsächlich schaute dort ein Mädchenkopf heraus und suchte etwas, gleich danach war der Kopf verschwunden.
„Keine roten Haare, das war dann diese Clair, das ist das Ziel!“ Fan Tan nahm ihre Waffe und prüfte sie. Durchgeladen und schussfertig kroch sie weiter auf den Seitengang zu. Noch acht Meter, dann würde sie in die Röhre sehen können.

Clair, das Ziel lag jetzt zum Greifen nah.
Fan Tan machte jetzt ihren einzigen Fehler, sie stand auf und wollte sich seitlich der Höhle nähern. Da traf sie ein harter Schlaf an der Waffenhand und die Pistole flog in hohem Bogen hinter die Steine.
Ehe sie sehen konnte, wohin die Waffe flog, sprang Caroline sie an und warf Fan Tan zu Boden.
Sie spürte drei schnelle unheimlich harte Schläge, dann schwanden ihre Sinne.

**

„Clair, es ist so weit, ich hole dich ab, komm nach vorne heraus, ich bin links von deinem Tunnel.“ Clair schaute vorsichtig und sah eine lächelnde Caroline. „Komm, wir müssen weiter.“
Während Clair näherkam, sah sie, dass hinter Caroline eine Frau stand. „Pass auf!“ Caroline zeigte auf Fan Tan, die auf einem schmalen Stein, gut 30 cm hoch, stand. Um ihren Hals trug Fan Tan eine Schlinge und ihre Arme waren auf den Rücken gefesselt.
„Komm, wir müssen weiter, wenn sie sich klug verhält und sich nicht bewegt, wird sie von den anderen gefunden und befreit.“

„Und wenn nicht?“
„Dann werden die anderen sie im Seil vorfinden, erhängt!“
Clair kroch mit Caroline um eine Ecke und verschwand gerade, als sich Fan Tan bewegte, um an ein verstecktes Messer zu gelangen, da brach der Stein unter ihr weg …

**

„Wir wechseln diese Höhle, da oben ist die nächste Ebene. Da gibt es eine Überraschung für dich.“
„Wie groß sind diese Höhlen?“

„Sie sind zu klein, um darin zu leben oder um Feuer zu machen, du würdest ersticken. In der nächsten Ebene gibt es Frischluftzufuhr und eine Besonderheit der Optik, lass dich überraschen, jetzt aber rasch, ich höre gerade, dass die anderen am Eingang sind.“
„Caroline, hast du etwa eine Funkverbindung in das Dorf?“
„Na so ähnlich, jetzt komm bitte.“

**

„Das da ist doch der Wagen der Gruppe 3, wieso haben die nicht auf uns gewartet?“
„Du weißt genau, dass unsere First Killer dabei war und die hat sich noch nie bremsen lassen.“
„Irgendwann wird sie für ihre Neugierde bezahlen!“
„Leh Gin Um, schau, ich glaube, sie hat bereits gezahlt.“

In der Höhle lag der Körper von Um Lai und der Kopf fehlte. Leh Gin Um sah sich die Leiche kurz an. „Ein scharfer Schnitt oder abgetrennt. Wenigstens ging es schnell.“
Dabei drehte sie sich zu den anderen Mädchen ihres Trupps.
„Hergehört, keine Einzel Stunts, wir machen alles zusammen, ist das klar?“
„Vollkommen klar Leh Gin Um.“

„Da sind Spuren, hier sind sie weiter gekrochen und gekrabbelt. Blöde Höhlen.“
Endlich kamen sie in eine der etwas größeren Höhlen mit vielen Umsteigemöglichkeiten in andere Röhren.
Leh Gin Um blieb stehen und schaute sich um. Han Tzu erschrak. „Leh Gin Um, du blutest auf dem Rücken.“ Leh Gin Um wirbelte herum, „Was wie?“
Als sie vor Han Tzu stand, da tropfte etwas auf ihre Stirn und als sie das wegwischte, da erkannte sie, dass das Blut war.

„Verdammt…“
Mit einem Blick in die Röhre über ihnen erkannten sie die Stiefel von Man Su Zu. Die Stiefel hatten ein klassisches Profil, genau wie ihre eigenen.

„Verdammt, das waren zwei von uns. Diese verdammten Weiber sind gut. Kommt weiter, Aber mit äußerster Vorsicht.“
Als sie um einige Biegungen herum waren, rief eine der Zwillinge „Kommt mal her…“
„Nicht so laut“ herrschte Leh Gin Um Lin fei Sin an. Doch sie zeigte nur in eine Höhle.
Vor ihnen hing Fan Tan mit einem Seil um den Hals. Ihr Blick war erschrocken und schmerzverzerrt, die Augen noch halb geöffnet. Im Augenblick des Todes musste sie unheimlich gelitten haben.
Leh Gin Um blieb stehen und schaute hasserfüllt um sich. Fan Tan, was ihre beste Freundin gewesen und sie hatte so große Stücke auf sie gesetzt und jetzt hing sie vor ihr. Als sie das Seil durchschnitten versuchten die Mädchen, ob vielleicht doch noch etwas zu retten war, aber die Pupillen blieben starr und es gab auch keinen Puls mehr.

„Drei von uns in kürzester Zeit ausgeschaltet. Wir übersehen etwas. Kommt raus, an den Jeep, wir übersehen etwas Wichtiges.“
„Ihr zwei“, damit zeigte Leh Gin Um auf die Lin fei Zwillinge, „ihr sichert die Umgebung ab. HanTzu

**

Aus einer Tasche nahm Leh Gin Um ein Notebook, steckte ein Kabel in den Zigarettenanzünder und steckte eine etwa regenschirmgroße zusammengeklappte Satelliten Antenne an. Einige Minuten später hatte sich Leh Gin Um in der Zentrale der chinesischen Schurken eingeloggt.
Fan Taau hatte in der Zwischenzeit die Sachen aus dem Jeep der Gruppe drei ausgeladen und brachte sie zu ihrem Wagen. Während Leh Gin Um immer noch am Rechner arbeitete, tranken die anderen etwas Wasser.

„Hier, du kannst das auch gut gebrauchen.“ Sagte Fan Taau zu Leh Gin Um und reichte ihr die Trinkflasche.
Schließlich klappte Leh Gin Um das Notebook zu und verstaute alles in dem kleinen Koffer.
„Wir haben tatsächlich etwas übersehen, oder besser, man hat uns „vergessen“ zu informieren. Diese Caroline Miles ist eine verdammte Mossad Killer-Schlampe!“
„Verflixt, das hätten die früher sagen können. Jetzt wird einiges klarer. Was sagen sie noch in der Zentrale?“
„Weitermachen wie bisher, sie können gerade keine Verstärkung schicken, es gibt da ein kleines Piraten Problem.“
Han Tzu war sichtlich wütend. Sie hatten inzwischen so vieles verloren und dann wurden ihnen wichtige Informationen vorenthalten.
„Verdammte Kacke!“ Schrie sie voller Wut und warf einen der Rucksäcke von Team drei in den nahen Urwald.

Aus dem Buschwerk quiekte es und ein ausgewachsenes Wildschwein raste aus dem nahen Buschwerk heraus, direkt auf Han Tzu zu und zerfetzte ihr den Oberschenkel. Mit einer rasanten Geschwindigkeit raste das Tier weiter auf den Urwald zu und aus einem der nahen Büsche hechtete ein junger Eingeborener mit nur einem Messer bewaffnet sich auf das rasende Tier. Der Junge konnte noch keine 16 Jahre alt sein.

Mit einem lauten Gequieke starb das große Tier und der Junge zog die erlegte Beute an den Hinterläufen in das nahe Buschwerk, wo er mit ihr verschwand. „Habt ihr das gesehen, der Knabe war keine siebzehn und hat mit nur einem Messer …“
„Pfeift drauf, bring den Notfallkoffer, Han Tzu ist schwer verletzt, sie blutet stark.“
„Die Schlagader, ihr müsst die Ader abbinden, schnell.“
Han Tzu lag kreidebleich auf dem Boden und ein dicker Blutstrom floss aus ihrem Oberschenkel. Die Zwillinge waren schon an Han Tzu dran und zogen ihr die Hose aus. „Da oben fest eindrücken und ihr macht eine Lederschlaufe fertig. Beeilt euch.“
Han Tzu schrie laut auf, aber der Blutfluss versiegte langsam. Rasch legten die Zwillinge eine Abbindung an und schnürten ihr den Oberschenkel zu. Unter schrecklichem Geschrei wurde die Blutung vorerst gestoppt.
„Sie braucht Hilfe, oder sie verblutet!“ Stellte Leh Gin Um fest. Aus dem nahen Urwald drangen auf einmal Krieger in voller Bemalung und bis an die Zähne bewaffnet auf und näherten sich langsam der Verletzten Han Tzu.
„Keinen falschen Fehler die haben uns alle im Visier!“ Ordnete Leh Gin Um für alle an. Da traten zwei ältere Kriegerinnen ohne Waffen aus dem Wald und gingen zur verletzten Han Tzu. Die anderen Krieger hielten die Frauen mit ihren Speeren und Pfeilen in Schach. Leh Gin Um schaute um sich, das waren bestimmt 30 bis 40 bewaffnete und die machten ihnen klar, dass sie vor Schusswaffen keinen Respekt hatten.

Ein großer Krieger trat vor und nahm den Mädchen ihre P90 Maschinenpistolen ab, entfernte schnell die Magazine und entlud die Waffen. Geschickt fing er die ausgeworfene Patrone auf. Es war klar, dass er nicht zum ersten Mal eine moderne MP sah.
„Keine Bewegungen, keine Panik, sonst sind wir alle verloren, was machen die mit Han?“
Han Tzu hatte inzwischen das Bewusstsein verloren. Die beiden unbewaffneten versorgten Han mit unbekannter Medizin. Als der Ledergürtel weggeworfen wurde und dennoch kein Blut mehr floss, schöpften die anderen Mädchen wieder Hoffnung.

Doch diese schwache Hoffnung trübte sich sofort. Die zwei Heiler gaben Anweisungen und Han Tzu wurde in ein Tuch gelegt und weggetragen hinein in den Dschungel. Die beiden Heiler aber standen vor den anderen Mädchen und machten ihnen mit Gesten klar, dass es Zeit war sich zu verabschieden.
„Was machen die mit Han?“
„Keine Ahnung, vielleicht heilen, vielleicht braten, ich weiß es nicht. Aber alles ist besser, als wenn wir sie behandelt hätten, stimmts Leh Gin Um?“
Leh Gin steckte ihr Stichmesser wieder ein, sie war bereit gewesen, Han den Todesstoß zu versetzen. Aus der Seite sah sie Fan Taau an und nickte. „Ja alles ist besser, vermutlich jedenfalls.“
Nach einem tiefen Durchatmen trieb sie ihre Mädchen an und die vier liefen wieder auf die Höhlen zu.

**

„Was ist das denn für ein Ding?“
Clair stand vor einem Kristall, der wie eine plane Fläche, leicht schräg von oben aus der Decke gewachsen kam. Der Kristall war mindestens drei Meter hoch und gut einen Meter breit und Clair spiegelte sich darin.

„Wir machen ein wenig Magie, meine liebe Clair. Hier in diesen Höhlen wurden früher Vorführungen gemacht und andere Dinge. Dabei spielte dieser Kristall eine zentrale Rolle. Wenn du dich auf diesen runden Platz da vorne stellst, spiegelst du dich in drei andere Höhlen und wenn du diese drei Punkte nutzt, um dich hinzustellen, dann wandert dein Spiegelbild von Höhle zu Höhle. Damit treibst du die Angreifer in den Wahn, während ich sie mir der Reihe nach schnappe.“
„Machst du Witze? Die knallen mich doch ab.“

„Die sehen Spiegelbilder aber nicht dich. Du schaffst das. Du solltest nur versuchen mich immer zu sehen, damit ich dir signalisieren kann, was du tun sollst.“
„Was sollte ich tun?“
„Du spielst das überraschte Mädchen, das von den Bösen abgeknallt wird. Aber keine Sorge, die sehen nur deine Spiegelbilder.“

„Ich weiß nicht. Und was machst du, du schnappst dir die einzeln? Wer bist du Rambos Schwester? Das ist kein verdammter Action Film, Caroline, ich will dich nicht verlieren. Bitte lass uns etwas anderes versuchen.“ Doch während Clair das sagte, hörte sie Geräusche aus der Ferne und wusste, die Bösen kommen.

**

Im Gänsemarsch drangen die Chinesinnen durch die Gänge, bis sie wieder in der größeren Höhle mit den vielen Röhren standen. Sachte und leise drangen sie weiter in die große Höhle. Fan Taau zeigte auf etwas oberhalb von ihnen.

„Da oben ist sie.“ Flüsterte sie den anderen zu und tatsächlich, offenbar wähnte sich ihr Ziel in Sicherheit, weil sie oberhalb von ihnen stand.

„Ausschwärmen, achtet auf euch und denkt an die Mossad Schlampe, das könnte auch eine Falle sein!“
„Wieso haben die unsere MPs abgenommen, die haben Laser Markierer und Zielfernrohre.“
„Vergesst die MPs, wir sind die Profis, also lasst uns unseren Job machen und dann nichts wie heim. Mir stinkt dieses komische Soulebda.“

Leise verschwanden die Mädchen in einigen der Röhren.

**

Lin fei San stand plötzlich vor einer kleinen Röhre und sah am Ende der Röhre Clair stehen. Sie schien etwas zu schaffen und nestelte an ihren Schuhen. Lin San nahm ihre Pistole und lud lautlos durch, dann ging sie ins Ziel. Das waren keine 15 Meter, ein Verfehlen war unmöglich, sie zielte und schoss.

**

Nebenan kam Lin fei Sing durch einen ebenso schmalen Tunnel gekrabbelt. Auch sie sah auf einem Podest ihr Ziel und machte sich zum Angriff bereit. Doch ehe sie ihre Waffe anlegen konnte, knallte ein Schuss und ein Querschläger pfiff ihr entgegen.

Mit einem lauten knirschenden Geräusch schlug der Querschläger in ihrer Stirn ein kurzer Schrei ertönte, da fiel sie wie ein nasser Sack Kartoffeln einfach um. Aus ihrem Hinterkopf floss Blut. Lin fei Sing aber kannte diesen Schrei genau, das war ihre Zwillingsschwester gewesen, die geschrien hatte.
Als sie um die Ecke lief, rannte sie voll in Carolines Messer hinein. Ein Stich und zwei Messerhiebe und Lin fei Sing fiel mit zerschnittener Kehle einfach um.

Clair sah wie Caroline mit dem Messer agierte und die Chinesin ausschaltete. Da hob Caroline ihre Hand und Clair erkannte, dass sie den Platz wechseln sollte.
Während Clair den Platz wechselte, sah sie in diesem spiegelnden Kristall, wie sich zwei Frauen irgendwo heranschlichen. Es war ihr aber unmöglich festzustellen, aus welcher Röhren die beiden kommen würden.

**

Fan Taau näherte sich dem Ende der Röhre und sah ihr Ziel über sich. Die kleine Französin stand mit dem Rücken zu ihr und würde sie nicht einmal kommen hören.
Gut zehn oder fünfzehn vor ihr stand die Französin und Fan Taau zog leise ihre Pistole aus der Tasche. In diesem Moment wurde es hinter ihr hell und ein starkes Licht kam von hinten.

„Leh Gin Um, was soll das?“ Fauchte sie, doch alles was sie sah war das grelle Licht und dann ein Schlag in ihrer Brust, der sie umwarf. Noch im Fallen spuckte sie Blut und erkannte ihren Fehler. Das Licht erlosch und auch bei Fan wurde es langsam dunkler. Ein Rauschen drang durch ihre Ohren, dann war es vorbei und sie lag still am Boden.

**

Ich wischte mein Messer an Fans Hose ab und prüfte kurz, ob sie tatsächlich tot war. Ein kurzer Scan durch ihre Taschen brachte ein kleines Funkgerät, zwei Magazine und eine Splitterhandgranate, Made in China, zum Vorschein.
Schnell verließ ich diesen Platz und kroch zu Clair zurück.

**

„Clair, ich bin, ich komme.“
„OK ich bin seitlich am Boden.“
Als ich zu ihr stieß wirkte Clair nicht sehr entspannt. „Was ist Clair?“
„Ich habe alles mit ansehen müssen. Wie kommst du eigentlich so schnell einem zum anderen Tunnel?“ „Nun, es gibt da ein paar versteckte Abkürzungen, die man nicht sieht, es sei denn, man sucht nach ihnen.“

„Wie weit seid ihr, eine fehlt noch oder?“
„Ja eine fehlt noch. Bei meinem Glück ist das die Anführerin.“
„Und jetzt? Wir liegen hier doch auf dem Präsentationsteller.“
„Natürlich, aber sie muss sich zu erkennen geben, wenn sie zu uns will und das ist der Moment, auf den ich warte. Du meine liebe Clair stellst dich jetzt auf diesen Platz und machst so, als würdest du oben die Sterne greifen wollen.“

„Wieso sollte ich Sterne greifen.“
„Mach es einfach, das erscheint glaubhafter.“

**

Leh Gin Um lag in einer der Röhren und lauschte nach außen. Sie hatte den Schuss und den Querschläger gehört und ihr war klar, dass es Verluste in ihrer Gruppe gegeben hatte.
Langsam robbte sie nach vorne und sah, wie Clair, die Französin, einen etwas besteigen wollte. Irgendwie schien das aber nicht zu klappen.

Noch während Leh Gin Um ihre Pistole prüfte schaute sie nach vorne und prüfte ihre Gedanken.
„Was, wenn das eine verdammte Falle ist, wenn sie es geschafft haben ein Hologramm oder sonst etwas zu projizieren.“ Murmelte sie zu sich selber und krabbelte langsam nach vorne, um ihr Ziel genauer zu sehen.
**
„Da unten in dem Gang, ich habe sie gesehen. Clair, gehe in die Hocke, und trink etwas, lenk sie ab.“
Ich nahm die Handgranate und prüfte sie genau. Sie war echt und scharf. Als nächstes nahm ich das Funkgerät und prüfte, dass es auf der kleinsten Lautstärke stand.
„Jetzt treibe ich die Frau aus der Höhle heraus,“ sagte ich zu Clair und zog den Sicherungssplint der Handgranate ab. Mit dem Drücken der Signalruftaste am Funkgerät machte ich mich bereit für den Wurf.

**

Ein lautes PIIIIIEP drang aus dem Funkgerät von Leh Gin Um. Sie wusste sofort, dass sie sich soeben verraten hatte und hob ihre Waffe in Anschlag. Mit der anderen Hand schaltete sie das Funkgerät einfach aus und ließ es fallen. Doch dort oben, wo sie die andere Frau vermutete, war keine Bewegung, stattdessen kam von weiter seitlich, leicht erhöht ein kurzer Schatten.

**

Die Handgranate flog in hohem Boden genau in die Höhle, in der die letzte der Frauen lag. Ich hörte wie die Granate an den Wänden anschlug, da sprang die Frau mit einem Hechtsprung aus der kleinen Höhle in die große Höhle. Im selben Moment explodierte die Handgranate und spuckte aus der Röhre Feuer und Verderben.

Auch wenn wir beide uns die Ohren zugehalten hatten, so war der Explosionsdruck gewaltig gewesen. Am Boden in der zentralen Höhle lag die letzte Frau und war ganz offensichtlich verletzt. Aus Mund und Ohren lief Blut und die Granatsplitter hatten sie sicherlich auch erwischt.
Dennoch war die Frau härter, als ich dachte. Sie erhob sich, fischte ihre Waffe und begann die Höhle abzusuchen.

Das war jetzt genug und ich hob meine Waffe.
„Ergeben sie sich!“ Schrie ich, so laut ich konnte, und schoss einmal neben ihre Füße.
Sie aber wirbelte herum und schoss in die grobe Richtung, aus der der Ruf und der Schuss gekommen war.
Dass die Querschläger nur so durch die Höhle pfiffen, war der Frau egal, sie wusste genau, was sie gefährden konnte, war auch eine Gefahr für mich.
Als die ersten 15 oder 16 Kugeln verschossen war, wechselte sie sehr schnell das Magazin und wollte weiterfeuern, aber da war ich bereits am Schießen und ich schoss dreimal auf die Frau.

**

Eine Kugel traf die Chinesin in die Hüfte, die zweite Kugel traf sie in die Schulter und die dritte Kugel traf die Hand mit der Waffe. Da ging sie auf die Knie und ließ die Waffe fallen. Aus ihrer Tasche nahm sie etwas heraus und wartete auf mich.
„Clair, gib mir Feuerschutz, die wird nicht mehr schießen, aber sonst etwas haben.“ Damit rannte ich los und verschwand in der Dunkelheit.

**

Clair wusste ich seitlich neben mir und die Chinesin kniete direkt vor mir.
„Hände hoch, oder du bist tot.“ Rief ich der Chinesin zu, aber sie nickte nur und hob beide Hände, zu Fäusten geballt nach oben.
Sie hat eine Granate in der Hand.“ Rief ich zu Clair und als die Chinesin ausholen wollte, schoss Claire von ihrer erhöhten Position auf die Chinesin.
Ich sah noch die Granate aus der Hand rollen, da hechtete ich bereits hinter einen Stein und hielt mir die Ohren zu, während ich den Mund aufhielt.

Das Donnern der Explosion hallte noch durch die Höhle, als ich aufstand und die rauchenden Überreste der Chinesin sah. Da war alles zu spät.
„Clair, es ist vorbei, du kannst herunterkommen.“
„Caroline, welchen Weg denn, hier sind überall Röhren.“
Ich lächelte und lief zu ihr hinauf.

**

Zwei Tage später im Palast bei Heylah.
„Seid ihr verletzt?“ War ihre erste Frage an uns. Clair und ich verneinten und kamen lächelnd auf sie zu. Soleab war auch anwesend und Jerome kam durch die Tür und lief direkt auf Soleab zu, flüsterte ihm etwas zu und ging wieder.

„Die andere Frau, eine gewisse Han Tzu ist inzwischen auch verstorben. Sie war an der Beinschlagader verletzt und wurde von den Stammeskriegern versorgt.
Sie hätte überlebt, aber dann wollte sie fliehen und hat sich dummerweise einen jungen Mann als Geisel geschnappt, der vor seiner Prüfung zum Krieger stand.“, sagte Soleab und Heylah nickte still.
„Hat der junge Mann dann Kalla’Turkat gemacht?“ Fragte ich und Soleab nickte. „Ja der junge Mann seine Prüfung zum Krieger mit Kalla’Turkat abgeschlossen, er hat einen erwachsenen Feind mit den blanken Händen getötet.“

„Dumm von der Frau, aber wie sollte sie wissen, dass die jungen Männer hier zum Krieger ausgebildet werden.“
Clair staunte nur und Soleab erklärte ihr, was da vor sich gegangen war. In der Zwischenzeit war Heylah und Penelope zusammengestanden und Heylah hatte lächelnd genickt.
„So wie es derzeit aussieht, kommen keine neuen Angreifer nach. Wir haben einige Gefangene und lassen sie gerade vom Geheimdienst vernehmen. Ma’Difgtma hat auch einiges erfahren. Sie kommt Übermorgen aus einem anderen Einsatz zurück, sie ist gerade auf Alofi bei unseren Nachbarn.
Aber ich glaube, meine Tochter hat noch etwas mit euch vor. Ihr seid also hiermit entlassen und ich freue mich auf euch.“

Penelope stand da und lächelte über ihr wunderschönes Gesicht.
„Caroline und Clair, ihr beiden Lieben, ich möchte euch zu einer ganz besonderen Veranstaltung einladen.
Heute Abend ist Vollmond und wir bekommen eine sternenklare Nacht. Um Mitternacht ist die Ernennung der Palastnymphen. Dabei werden zwei wunderschöne Jungfrauen im heiratsfähigen Alter als Betreuerinnen des Palastes ausgewählt und im Wasser der Sinnlichkeit geweiht.
Ich würde euch beiden da gerne mit dabeihaben, denn das Wasser der Sinnlichkeit muss nach der Zeremonie gesäubert werden und dafür brauche ich euch. Seid also um eine halbe Stunde vor Mitternacht am Nymphen Brunnen und erlebt eine einmalige Sache. Eine solche Ernennung geschieht nur alle fünf Jahre, das ist also etwas Besonderes.“

„Peneleope, wir kommen selbstverständlich vorbei.“
Clair schaute mich mit fragendem Blick an. „Sind wir jetzt das Putzgeschwader für die Nymphen oder weshalb sollen wir den Brunnen säubern?“

„Meine liebliche Clair, diese Art der Säuberung hat mit Putzen nun überhaupt nichts zu tun. Das versichere ich dir. Du solltest aber nach 20:00 Uhr nichts mehr essen oder trinken, das rate ich dir heute Nacht.“
„Jetzt bin ich wieder gespannt, was das ist, komm, lass uns zu dir, ich möchte etwas im Pool entspannen.“
„Gerne doch, da kannst du dich schon mal an das Wasser gewöhnen …“

**

Der Abend kam und die Sterne zeigten sich am vom Vollmond erleuchteten Himmelszelt. Bereits gegen 23:00 Uhr war Clair und ich auf der Anhöhe angekommen, und wir sahen den Nymphen Brunnen neben uns. Hier war bereits viel los, hell erleuchtet von Fackeln und Kerzen wurde der Brunnen angestrahlt.
Fast hätte man meinen können, dass das Wasser wie Millionen kleiner Edelsteine aussah. Aber da wir den Brunnen bereits mehrere Tage vorher am Tage gesehen hatten, fand Clair ihn heute besonders interessant.

Großgewachsene, bildschöne Frauen sangen sanfte Lieder und die Musik klang dazu. Uns kam es so vor, als seien alle Mädchen und Frauen am heutigen Tag besonders schön anzusehen, irgendwie strahlten auch alle Mädchen heute eine besondere Aura ab.
„Ich fühle mich irgendwie … besonders. Wie soll ich das beschreiben …“ Clair kam zu mir, umarmte mich und flüsterte mir ins Ohr „… ich fühle mich heute besonders liebesbedürftig.“
Ich sah sie an und ihre Augen erschienen tatsächlich deutlich größer und rabenschwarz. „Ich weiß, was du meinst. Heute sind wir hier alle besonders geil.“

Dabei sah mir Clair in die Augen, als das Mondlicht genau hineinfiel. Meine grünen Augen begannen hell zu leuchten Clair schien das genauso zu sehen.
„Du siehst heute einfach wunderbar aus, Caroline.“ Ich lächelte Clair an und drehte sie, damit sie auch von dem Mondlicht erfasst wurde. Das war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt.
Clair fing an sanft zu zittern und ihr Atem ging schwerer. „Schatz, ich glaube, ich … Caroline, ich glaube, ich komme … ich … ich … bitte hilf mir.“

Ich umarmte sie, hielt sie fest und flüsterte „Lass es geschehen und genieße es, das kommt so schnell nicht wieder.“ Mit einem Lächeln im Gesicht ließ sich Clair gehen und empfing das Mondlicht.

**

Kurz vor Mitternacht wurden auf zwei Sänften die Regentin, Heylah ai Youhaahb und die oberste Priesterin, Xialorenga, hergetragen. Beide waren in einem hauchdünnen Stoff angezogen, der herrlich glänzte und mehr preisgab, als er verdeckte.

Pünktlich um Mitternacht ertönten zwei Hörner und tröteten eine uralte Melodie. Am Ende bliesen die Bläser den tiefsten Ton, den die Hörner hergaben und vom Palast her erklangen die Nebelhörner und übertönten alles mit ihren tiefen Tönen. Jetzt wusste jedermann auf der Insel Bescheid.
Die hohe Priesterin trat vor und stieg in den Nymphen Brunnen, daran folgte die Regentin. Beide hoben ihre Arme und sangen eine uralte Weise. Es klang herrlich. Als dann ein Chor, den wir noch gar nicht gesehen hatten, auch noch einfiel, wurde das Lied noch schöner.

Nun wurden die beiden auserkorenen Mädchen an den Brunnen geführt, entkleidet und danach stiegen die beiden Schönheiten langsam in den Brunnen ein.
Clair hielt meine Hand fester und flüsterte leise „Die sind ja wirklich wunderschön.“
Die hohe Priesterin und Heylah füllten zwei Gefäße mit dem Brunnenwasser und gossen es langsam über die beiden Schönheiten. Vom Mondlicht bestrahlt, begannen die beiden Nymphen zu leuchten, als hätte man sie mit Diamanten übergossen. Plötzlich zuckten die Schönheiten kurz zusammen, doch schon hatten sie sich wieder unter Kontrolle.

Das ganze Brunnenwasser begann funkelnd zu leuchten und glänzte in einem Meer von Lichtern. Jetzt geschah das, worauf alle gewartet hatten. Die beiden Nymphen brachen zusammen und fielen in den Brunnen. Schnell halfen ihnen die oberste Priesterin und Heylah wieder auf die Beine. Das Funkeln aber war von den beiden Schönheiten verschwunden, dafür leuchteten ihre Augen jetzt wie zwei Kristalle.
Zusammen mit der obersten Priesterin und Heylah traten die beiden neu gekürten Nymphen aus dem Wasser und stiegen, immer noch völlig unbekleidet, zurück in die beiden Sänften. Die Augen der beiden Nymphen leuchteten immer noch. Die Türen schlossen sich und ein Fackelzug begleitete die beiden in den Tempel zurück.

Oben am Brunnen verblieb eine Abordnung Wachen mit Speeren und Lanzen. Sie sahen nicht entspannt aus. Endlich trat Penelope hinzu und stellte sich vor den Brunnen. Sie hob ihre Arme und begann. „Höre oh Volk von Soulebda. Wir haben das Ritual der Nymphen Ernennung vollzogen, jetzt vollziehen wir das Ritual der Reinigung. Ich bitte, unsere beiden Reinigerinnen vorzutreten.“
„Sie meint uns, wir sind dran.“ Ich fasste Clair an der Hand und wir stellten und vor Penelope.
„Ihr müsst euch umdrehen, wegen des Mondlichtes.“, flüsterte sie uns an.
Wir lächelten und drehten uns um. Einige Dienerinnen kamen auf uns zu und entkleideten uns. Clair war sichtlich erregt, aber entweder war es das Mondlicht, oder das vorhin erlebte, denn sie ließ alles über sich ergehen.

„Bitte tretet ein in den Brunnen der Nymphen und beginnt die Reinigung, entzieht dem Brunnen die magische Kraft, auf dass niemand diese Kräfte entweihen mag.“ Damit überreichte sie zwei Krüge an die Bediensteten und nickte uns zu. Diesmal stiegen wir in den Brunnen und es war tatsächlich ein sanftes Prickeln an den Füßen zu spüren.
Die Mädchen füllten die Krüge und gossen sie langsam über uns aus. Da erfasste uns ein herrliches Prickeln und wir fühlten uns, wie in einer anderen Welt. Clair war die Erste, die er erfasste, dann überkam auch ein Gefühl der absoluten Wohltat, einem Orgasmus gleich. Wir zuckten und reckten uns in dem Wasser und es überkam uns beide. Das kühle Wasser fühlte sich aber gar nicht kalt an, eher wie wenn man sich in Sekt badete.

Von einer Reinigung bekamen wir nichts mehr mit, uns schwanden die Sinne und ekstatisch räkelten wir in dem Brunnen und uns überkam ein um das andere Mal ein herrlicher, tiefgehender Orgasmus.
Je besser es uns ging, desto weniger leuchtete das Wasser in dem Brunnen und schließlich erlosch dieses seltsame Leuchten und damit auch das herrliche Prickeln, das uns solche Freude bereitet hatte.
Penelope schaute zufrieden und entspannt zu, dann hob sie die Veranstaltung auf und mit Ausnahme der Wachen, die hinter dem Brunnen standen, verließen die anderen den Brunnen. Penelope schaute uns noch einmal an und nickte mir zufrieden zu. Ja sie war zufrieden.
Clair aber sah mich mit ihren großen Augen an. Ihre Lippen wirkten deutlich erregender als sonst und sie nahm mich in den Arm.

Ohne ein Wort zu sagen begannen wir uns zu stricheln und zu küssen. Unser Liebesspiel begann ganz langsam und wurde zusehends heftiger und stärker. Das prickelnde Gefühl durchfloss uns und wir ergaben uns schließlich der Liebe. Die armen Wachmänner neben uns sicherten die Umgebung ab und hatten uns genau im Auge.

Als wir am frühen Morgen kraftlos dem Brunnen entstiegen, da war das Wasser wieder so klar wie die Tage vorher, aber all das Leuchten von gestern war verschwunden.
Der Hauptmann der Wache kam zu uns und half uns beim aus dem Brunnen steigen. „Ich habe selten eine so gründliche und lange Reinigung gesehen. Penelope hatte Recht, ihr seid geschaffen dafür und ihr wart ausgezeichnet.“
Wir trockneten und bekleideten uns, danach gingen wir mit den Wachen zusammen hinunter in die Stadt.

**

In meiner Villa angekommen, rannte Clair sofort nach oben und duschte ausgiebig, dann rief sie verführerisch nach mir. Als ich zu ihr hochkam und sie suchte, räkelte sie sich völlig nackt und lächelnd in dem großen Bett.

„Schatz, komm, ich möchte dich fühlen, dich spüren … Das Mondlicht hat etwas mit mir gemacht.“ Damit zog sie mich in das Bett und schmiegte sich an mich. „Jetzt verstehe ich so langsam, dass es hier wirklich etwas anderes ist, als wenn sich zwei Mädchen in Paris lieben.“
Als ich nackt neben ihr lag und wir unsere Körper aneinander rieben, da schaute sie mich wie ein kleines Kind an. „Was müssen eigentlich diese Nymphen im Tempel machen, ich kann mir da überhaupt nichts darunter vorstellen.“

Während ich sie streichelte, erklärte ich ihr „Schau mal, bei und hier auf Soulebda haben die Frauen nicht umsonst die Verantwortung. Es gibt aber immer wieder Besucher und Gäste, die aus Männern bestehen und ehe die dann den Macho heraushängen lassen kommen die Nymphen ins Spiel.
Jeder der Machos wurde bisher handzahm, wenn eine Nymphe neben ihm stand oder saß. Und bei ganz harten Kerlen verbringen die Nymphen die Nacht bei ihnen. Da schmelzen auch die Härtesten.“
Ja, aber sind die armen Mädchen dann nicht permanent schwanger, ich meine, die werden mit den Kerlen nicht Mensch-ärgere-Dich-nicht spielen, oder doch?“

„Natürlich nicht, aber die Nymphen sind aus der Fortpflanzung ausgenommen, deswegen werden sie auch lange ausgesucht. Sie werden bestens versorgt und erhalten die allerbeste Medizin, aber nach der Mondlichtnacht können sie keine Kinder mehr bekommen.“
Clair zuckte kurz und sah mich erschrocken an. „Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass ich sterilisiert wurde oder?“

„Natürlich nicht, das Bad im Mondlichtbrunnen ist ein Abschluss einer langen Serie. Wenn du es möchtest, kannst du so viel Kinder bekommen, wie du willst.“
„Soso, die Nymphen sorgen also für Entspannung. Nun, dann will ich dir mal was sagen meine geliebte Caroline, du hast die vergangenen Tage mehr als viel geleistet, mir unzählige Male das Leben gerettet und ich finde, jetzt solltest du auch einmal entspannen …“
Damit legte sie mich auf den Rücken, küsste mich und begann eine Streichelrundreise, wie ich sie schon länger nicht mehr genossen hatte. Tatsächlich konnte ich mich total fallenlassen und Clair verwöhnte mich.

**

Soulebda
Tags darauf waren wir in den Palast eingeladen und saßen bei Soleab in seinem großen Büro. Mittels Pflanzen und Raumteilern hatte er versucht, das Büro optisch deutlich kleiner zu machen. Soleab liebte einfach keinen Protz und so hatte er den Raum zweiteilen lassen. Wir saßen im zweiten Teil, an einem großen Besprechungstisch, während er uns etwas erklärte.

„… deswegen hatten die Stämme auch die Anweisungen erhalten, sich soweit zurückzuhalten, wie nur möglich. Dennoch waren die Krieger ständig um euch herum und hätten eingegriffen, wenn es nötig gewesen wäre.
Die Häuptlinge bestätigen euch beiden, dass ihr euch ganz gut gehalten habt, vor allem du Clair wurdest gelobt.“
„Ich oh, was habe ich denn getan?“
„Vermutlich haben die bisher nur ängstliche Franzosen erlebt, und da stichst du halt aus der Masse heraus.“

Ein Diener öffnete die Tür und Heylah trat zusammen mit Dagan und Viktor in das Büro von Soleab.
„Ah da seid ihr ja.“, begrüßte uns Heylah kurz angebunden.
„Es haben sich neue Aspekte ergeben, die ein Eingreifen von uns erforderlich machen. Clair, du bleibst bitte weiterhin hier auf Soulebda, hier können wir dir am ehesten für Leib und Leben garantieren.
Morgen früh trifft Fabienne mit Finja aus Tel Aviv ein. Wir müssen gemeinsam versuchen einige Antworten zu finden und das gilt auch für Fragen, an die wir noch gar nicht gedacht haben.“
Clair und ich sahen Heylah neugierig an.
„Clair,“ begann Heylah, „wir müssen Antworten finden. Der Anschlag im Mittelmeer und der in Mainstadt, dazu die Anschläge auf Caroline und Peter als auch auf dich hier bei uns haben mindestens eine gemeinsame Verbindung. Die müssen wir herausfinden.“

**

Jetzt ergriff Dagan erstmals direkt das Wort. „In Mainstadt hat Randy Kaufmann, der IT Spezialist, Bilder den Verdächtigen aufgezeichnet und wir haben die überprüft und nochmals geprüft. Dabei fiel ein Mann auf, der das Ganze offenbar plante. Clair, der Mann spukt uns seit einem viertel Jahrhundert immer wieder in die Suppe.“

Dagan nickte Viktor zu und Viktor Kubaliborov gab ein paar Befehle in sein Notebook ein und seine LaTeX Präsentation startete.
Ein Beamer zauberte das Staatswappen von Soulebda an die Wand und einige Bilder erschienen. Sie zeigten einen Mann, der immer wieder auftauchte. Manche der Bilder waren unscharf, andere so gestochen scharf, dass man die Gesichtszüge genau sehen konnte.
Bei einem der Profilbilder stoppte Viktor und nickte Dagan zu.
„Clair, das hier ist die Person. Theobald, der Stecher, Vogel.“ Dagan machte eine kleine Pause und lies das Bild wirken.

„Theobald, der Stecher, Vogel ist 64 Jahre alt. Er hat mehrere Staatsangehörigkeiten, wobei die meisten gefälscht, oder erschlichen sind. Er gilt als hochintelligent, gnadenlos und absolut hinterhältig. Seine einzige Treue gilt dem Geld, also dem, der ihn bezahlt. Er hat bereits früher Leute ermordet, meistens durch erstechen oder durch Giftinjektionen. Seine Spezialität war es schon vor 28 Jahren, seinen Opfern Gift unter die Zunge zu injizieren. Viele Verbrechen wurden nicht aufgeklärt und es gab bisher keine einzige Anklage. Das ist der Drahtzieher, der hinter dem Anschlag in Mainstadt steckt.“
Clair stand auf und schaute sich das Bild genauer an, als wenn der Projektor das Bild nicht groß genug machen könnte. Schließlich fragte sie nach.

„Haben Sie noch mehr Bilder von dem Mann?“ Dagan lächelte Viktor zu. Heylah kreuzte ihre Finger ineinander und hörte gespannt zu.
„Das hier zeigt den Stecher vor fast 30 Jahren, durchtrieben, hinterhältig und ein fieses, gestochen scharfes Profil. Wir machen einen Sprung 21 Jahre später und sind in Italien. Das ist er wieder in Rom.“ Bild für Bild flammte kurz auf und blieb für gut 5 Sekunden stehen und Clair schaute gebannt zu.
„Wir sind jetzt im Jahr 2015 in Marseille.“ Wieder liefen die Bilder und Clair rief plötzlich „Halt!“
Viktor schaltete ein Bild zurück und wartete.

„Das ist Theobald, der Stecher Vogel, neben Heinz Scherer, einem Beschaffungsspezialisten. Wenn sie etwas brauchen, er beschaffte es, wenn der Preis stimmte. Scherer ist Mitglied einer Terrorgruppe, dessen Name mir gerade nicht einfällt.“
„Das macht nichts Clair, sie haben uns eben geholfen, einen weiteren Verdächtigen zu identifizieren und ihm einen Namen zu geben. Sind Sie bereit?“
„Oh ja, jetzt komme ich in Fahrt.“
Im Laufe der nächsten halben Stunde identifizierte Clair noch drei weitere Kriminelle, wovon einer bereits tot war, aber die anderen lebten noch. Nach einer kurzen Pause mit Getränken ging es weiter und auf einmal rief Clair erneut „Stopp!“

Diesmal stoppte Viktor gleich auf dem richtigen Bild.
„Das da, neben Theobald, der Stecher, Vogel ist ein ganz anderes Kaliber, was macht der denn in Südfrankreich, das ist ein Asiate und ich kenne ihn als Dr. Kajat, Marius oder so ähnlich, aber der ist hier falsch, der betreibt etwas ganz anderes und in Asien.“
„Was denn Kind?“ Fragte Dagan Clair fast väterlich.
„Piraterie, Menschenhandel und mehr.“

**

Dagan saß wenige Stunden später mit Viktor an einem der großen Sicherheitsterminals und auf dem Bildschirm lächelte ihnen General Lem entgegen.
„Und Clair hat den anderen Mann tatsächlich als Dr. Darius Kajat identifiziert?“
„In der Tat, beim Vornamen war sie sich nicht sicher ob Marius oder Darius, aber das ist unwichtig. Sie hat ein weiteres wichtiges Puzzle gelöst. Theobald, der Stecher, Vogel und Marius Kajat haben ein gemeinsames Geschäft. Wusste Clair, wann und wo das Bild entstand?“
„Nur das Jahr, mehr wusste sie nicht.“

„Dagan, ihr alter Feind hat sich mit Piraten verbündet.“
Dagan nickte, er schien in sich zu sehen und flüsterte halblaut „… und das nicht zu ersten Mal …“

Viktor schaute auf Dagan und grinste ihn frech an. „Wie ich höre, sind zwei deiner Nichten hierher unterwegs. Ich glaube du freust dich darauf, Fabienne und Finja wieder zu sehen.“
„Natürlich, Familie ist etwas Wunderbares.“

**

Soulebda International Airport
Die Maschine aus Europa kam spätabends an Terminal 1 zum Stehen und die Passagiere verließen sie in Richtung der Passkontrolle. Fabienne und Finja wurden bereits von einer lächelnden Mitarbeiterin des Palastes erwartet und über das VIP Portal durchgeschleust. Wie immer schauten einige missmutig schauende Passagiere und fragten sich, was das für zwei Mädchen waren.

„Hallo Fabienne und Finja, ich bin Melanie aus dem Palast. Die Regentin möchte, dass ich sie direkt zu Dagan und Viktor bringe. Ach ja, willkommen auf Soulebda, heute ist einer der wenigen Tagen, an denen es einmal richtig gut regnet.“

Fabienne lächelte zu Finja und sie flüsterten Melanie zu: „Kannst du die beiden Typen hinter uns, den mit dem grünen Shirt mit dem Panda Bild und den grauen Krawattenträger mit den weißen Turnschuhen überprüfen lassen, die erscheinen mir nicht ganz koscher. Die sind in München eingestiegen und bei einem Toilettengang konnte ich von hinter ihnen sehen, dass sie Bilder von uns in ihren Unterlagen hatten.“

Melanie zückte unauffällig ihr Funkgerät und schaute dabei auf die Papiere in ihren Händen, als sie in das Funkgerät sprach. Es sah so aus, als wolle sie die Papiere der Mädchen überprüfen. Noch ehe sie danach die beiden Mädchen an die Zollkontrollen brachte, traten vier Beamte neben die beiden Verdächtigen und baten sie höflich, aber deutlich, ihnen zu folgen.
Finja hatte sich unauffällig umgedreht und beobachtete die Passagiere, die nach ihnen gekommen waren, ob sich da noch jemand auffällig benahm.

Auf der anderen Seite der Glasscheibe stand ein smarter, älterer Chinese und hatte die Tür im Blick, durch die gerade die beiden Verdächtigen gebracht wurde. Er sprach leise, aber aufgeregt in sein Smartphone. Dabei schüttelte er sein Smartphone, als ob dadurch die Verbindung besser werden würde.
Als der Chinese sah, dass er von Finja, Fabienne und der Beamtin angesehen und fixiert wurde, drehte er sich schnell um und wollte weglaufen, aber er rannte direkt in einem Bären von einem Mann und ging zu Boden.
„Den Chinesen haben wir seit einer geraumen Zeit im Verdacht hier zu spionieren, wir wussten nur nicht für wen. Jetzt passt mal auf.“, sagte Melanie zu den Mädchen und sie schauten dem beginnenden Schauspiel zu.

Der erschrocken zu Boden gegangene Chinese wurde von dem bärenhaften einheimischen Mann aufgehoben und wieder auf die Füße gestellt. Dabei schien es, als wolle der Riese von einem Mann den Puls des viel kleineren Chinesen kontrollieren.
Dass dabei ein kleiner Pfeil in den Hals des Chinesen gestochen wurde, fiel nicht auf, nur dass der Chinese plötzlich zusammenbrach und von dem starken Einheimischen gerade noch eben aufgefangen wurde. Es war eine perfekte Täuschung und sie fiel nicht auf.

Zwei „zufällig“ vorbeikommende Sanitäter mit Verbandtasche und Trage legten den nunmehr bewusstlosen Chinesen auf die Trage und verschwanden um die Ecke. Der Bär von einem Mann schaute kurz zu den drei Mädchen und Melanie nickte ihm leicht zu und lächelte. Da es bereits sehr spät war fiel das Schauspiel von eben auch keinem auf.

„Jetzt wissen wir, dass der Mann ein Koordinator war, der die ankommenden Agenten empfing und steuerte.“
Als die drei Mädchen endlich das Zollgelände verlassen hatten, fuhren sie direkt mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und stiegen in eines der Regierungsfahrzeuge ein.

„Hallo, ich bin Thin’Katubort und ich bringe euch direkt zu Dagan und Viktor. Die beiden Typen an der Zollkontrolle wurden eben vorläufig festgenommen, das nur zur Information.“
Während die Limousine aus der Tiefgarage fuhr, hatte der Regen bereits aufgehört und sie fuhren auf direktem Weg zum Palast.

**

Heylah und Soleab hatten vor kurzem eine lange Sitzung beendet. Die Teilnehmer verließen den Saal und gingen nach Hause, denn es war spät geworden. Die Gardistin trat ein und brachte die Mädchen zu Soleab.

Einige Dienerinnen, die noch Getränke brachten, grüßten freundlich und ließen Soleab dann mit den beiden Mädchen alleine.

„Schön, dass ihr gekommen seid, Lem sagte, dass ihr einigen Dingen versucht auf den Grund zu gehen und ich bin bereit euch dabei zu helfen. Wir dachten, dass wir euch bei Caroline und Clair unterbringen, die haben Platz genug und ihr Haus bietet den passenden Schutz.
Seit den Anschlägen sind die Sicherheitsmaßnahmen angepasst worden und neben den elektronischen Spielereien haben wir auch eine Gruppe der Stammeskrieger angefordert. In der Villa tun immer zwei von ihnen Dienst und die anderen wechseln sie ab.“

Mein Wagen bringt euch gleich zur Villa von Caroline. Morgen Mittag seid ihr vier Gäste der Regentin und mir, zur Mittagszeit werdet ihr abgeholt. Und jetzt wünsche ich euch eine gute Nachtruhe, Caroline und Clair wissen schon Bescheid.“

Soleabs Fahrer brauste recht flott durch die Straßen, dabei fuhr er sicher und vorausschauend. Noch nicht einmal acht Minuten später fuhr der Wagen in die Tiefgarage ein und die Mädchen stiegen aus.
Als sie aus dem Fahrstuhl entstiegen, stand ich mit Clair im Foyer und wir erwarteten sie.
„Schön, dass ihr da seid, wir haben euch erwartet. Kommt erst einmal und legt ab, macht es euch bequem. Das hier ist ein traditioneller Begrüßungstrank, er wird aus fünf Früchten gewonnen und spendet euch sofortige Lebenskraft, ihr werdet sehen. Ach ja, natürlich ohne Alkohol.“
Ich übergab meinen beiden „Schwestern“ je einen Drink und Clair und ich nahmen auch einen. Die beiden Mädchen legten ab und schlüpften aus ihren Schuhen. Noch ehe ich meine Begrüßung vorbringen konnte, stürmte Fabienne bereits vor und fragte „Können wir nicht oben im Pool unsere Begrüßung feiern, unsere Füße schmerzen und ich bräuchte ein angenehmes Bad. Na wie ist es?“
Clair war einverstanden und ein paar Minuten lagen wir im herrlichen Wasser und endlich ging es meinen beiden „Schwestern“ wieder besser.

„Clair, das sind meine Schwestern Fabienne Stahl und Finja Marunja, sie gehören wie auch ich zur Familie um Dagan beziehungsweise Lem und wir sind viel mehr als verwandt.“
„Ja, ich habe in Deutschland von Dana gehört, dass es da eine besondere Verbindung gibt und dass nur die Besten der Besten dazu berufen werden.“
Finja lachte laut auf „Zumindest ist General Lem bei seiner Auswahl sehr genau und oft etwas zickig, aber er weiß genau, was er will.“
Fabienne lächelte ihr gewinnendes Lächeln und umarmte mich. „Caroline und ich wurden noch vom großen Dagan ausgesucht und Caroline hat, na sagen wir einfach, einen Sonderstatus.“
Clair war jetzt wieder neugieriger geworden und räkelte sich in dem herrlich warmen Poolwasser umher. „Soso, ein Sonderstatus. Wieso nur wundert mich das nicht?“

„Na genug mit den ollen Kamellen, morgen haben wir einiges zu erledigen und ich würde gerne noch wissen, was ihr alles vorhabt und weshalb Lem euch beide gehen ließ.“
„Siehst du Clair, wir verlustieren uns noch und sie denkt schon wieder an die Arbeit. Aber es ist gut so.“, grinste mich Fabienne an. „Schade nur, dass Peter nicht auch hier ist, ich bin überzeugt, die kommende Nacht hätte er sicherlich nicht vergessen. Oh Clair, wie schaut es eigentlich mit dir aus, hast du schon die sexuelle Freizügigkeiten auf Soulebda kennen lernen dürfen?“
Jetzt verblüffte Clair die beiden. Sie schwamm auf mich zu, umarmte mich und küsste mich leidenschaftlich auf den Mund.

„Ja, ich hatte bereits das Vergnügen und ich fühle mich dabei sehr wohl.“ Jetzt kamen Finja und Fabienne näher zu uns und wir umarmten uns und streichelten uns eine Weile.
„Ihr Lieben, ich habe das Gästezimmer umbauen lassen, da haben jetzt deutlich mehr Leute Platz, als noch vor einem Jahr. Lasst uns hinaufgehen und den Tag genüsslich ausklingen lassen und morgen besprechen wir alles Dienstliche. OK?“

In dem herrlichen Schlafzimmer wehte ein wunderbarer sanfter Wind und hauchdünne Vorhänge spielten einem Windspiel gleich überall an den Fenstern.
Der Tisch war mit frischem Obst und wunderschönen Blumen bestellt und es brannten überall Lichter in einem sanften ruhigen Licht. Ich ging geradewegs an den Ankleideplatz, an dem mehrere Ständer mit Bügeln standen und legte meinen Bikini ab.
„Bitte, tut euch keinen Zwang an.“ Damit gab ich das Zeichen und binnen Minuten huschten vier Schönheiten durch das Zimmer. Fabienne kam auf mich zu und zog mich sanft auf das Bett und streichelte meine Haut. Jetzt war sie wieder zu Fibi geworden und ihr Leuchten war in ihre Augen zurückgekehrt.

„Weißt du, dass du noch schöner geworden bist, die Hochzeit mit Peter hat dir gutgetan.“
„Oh danke, ich glaube aber, das waren die beiden letzten Wochen, da hatten wir hier Überraschungsgäste, die mich auf Trab gehalten haben. Wo sind eigentlich Finja und Clair?“
Die beiden standen immer noch am Ankleideplatz und streichelten und küssten sich.
„Ich hol mal unsere Turteltäubchen, sonst kommen wir hier nie zur Sache und morgen sind wir alle nicht ausgeruht. Dabei habe ich für uns morgen den Schießparcours herrichten lassen.“ Beschloss ich und Fibi richtete bereits das riesige Bett.

**

Combat Trainingsparcours
Tags darauf tranken wir gerade ein großes Glas Fruchtsaft. Jerome als unser Ausbilder, erklärte uns, was er sich diesmal für einen Parcours ausgedacht hatte.
„Diesmal ist das Combat Training an der Reihe. Da ihr alle ausgebildete Kurzwaffen Profis seid, habe ich die Messlatte angepasst. Ihr schießt mit euren Waffen. Jede bekommt achtzehn Magazine mit voller Kapazität. An den Trainingsständen stehen Körbe, da werft ihr die leeren Magazine hinein. Geht eines verloren, und landet nicht im Korb, so gibt das 50 Strafpunkte. Magazine und Munition verbleiben am jeweiligen Stand und werden nicht mitgenommen ihr nehmt nur die Waffe mit. Ihr seid an dem Stand mit eurer Startnummer.

Ihr lauft und schießt gleichzeitig, der Parcours ist dafür ausgelegt. Nun die Platznummern, ihr bekommt jeweils ein gelbes Shirt mit der Nummer, nur für den Fall der Fälle.
Geschossen wird auf IPSC Ziele. Da die Damen ja Profis sind, schießen wir Minor und nicht Major, verstanden?
Um die Sache etwas realistischer zu machen, haben wir das mit einem kleinen Waldlauf kombiniert. Es gibt zwei Runden rechts und linksherum. Das sind die Runden Eins und Vier. Die Laufrichtung wird beim letzten Schuss angegeben.

Es laufen je zwei in eine Richtung. Geschossen wird ausschließlich auf den Plätzen 1, 3 und 5. Alle anderen Plätze sind für euch tabu. Zum Start laufen alle gemäß der Startnummer gerade oder ungerade.
Ich erwarte ein deutlich besseres Ergebnis, als bei meinen Gardisten des 1. Ausbildungsjahres. Ihr werdet überwacht und es gilt wie immer WBWB. Irgendwelche Fragen?“

„WBWB, was bedeutet das, ich kenne diese Regel nicht.“, fragte Clair und Jerome grinste.

„WBWB bedeutet: Wer bescheißt, wird bestraft, das besagt die Regel. Da es sonst keine Fragen mehr gibt, geht es jetzt auf.“

Unser Schießplatz lag an einer der Seitenbereiche. Von außen konnten keine Neugierigen eindringen, die Beschilderung besagte eindeutig, dass hier geschossen wird und dass Leoparden frei herumlaufen.
Jerome hatte sein Ohr an einem Funkgerät und gab den Parcours frei.
„Auf geht, der Waldspaziergang beginnt und 3 … 2 … 1 … Los!“

Finja und ich hatten die ungeraden Startnummern, wir liefen also auf dem Weg Eins und stellten fest, dass Jerome gut eine Meile vorgegeben hatte.
Als alle an dem Platz waren, ging das Schießen auch schon los. Der Parcours hatte es in sich. Jerome hatte ganze Arbeit geleistet und ich musste mich anstrengen, um alles fehlerfrei zu absolvieren.
Mit einem Pfiff wurde der letzte Schütze als fertig angegeben und schon ging es wieder los, diesmal mussten wir den anderen Laufweg nehmen.

So rannten und schossen wir über den Parcours und Clair überraschte mich dabei jedes Mal wieder, Sie schoss fehlerfrei und rannte wie ein Sprinter los.
Endlich war alles absolviert und wir waren triefnass verschwitzt. Gerome machte es mal wieder spannend und gab bekannt, dass er die Ergebnisse am Abend nach dem Abendessen bekanntgeben würde. Dann entließ er uns und wir wurden zurückgefahren, wo wir uns frisch machen konnten.

**

Frisch geduscht und eingekleidet saßen wir beim Frühstück und waren, wie sooft überrascht, was Ma’Difgtma und ihr Team in der Küche gezaubert hatten.

„So, jetzt erzählt mal, was euch beiden hierhertreibt. Wenn euch Lem beide zeitgleich gehen lässt, dann muss etwas recht Konkretes dahinterstecken. Also los, geht es um Clair, wie sie und die Franzosen in die ganze Geschichte hineinpassen oder um etwas anderes, das mit Soulebda und Alofi zu tun hat.“
„Caroline, dir kann man nichts vormachen, ja es ist tatsächlich so, dass wir zwei verschiedenen Aufgaben nachgehen. Wir haben erfahren, dass der Mann, der in Mainstadt den Anschlag geplant und ausgeführt hat, Theobald der Stecher, Vogel ist und dass der Stecher alle Zeugen im Alofi Prozess die er finden konnte, umgebracht hat.

Das war wohl auch der Grund, weshalb ihr beide aus dem Weg geschafft werden solltet. Ihr kennt die Akten und ward Augenzeugen auf Alofi. Ihr kennt die riesige illegale Müllkippe dort und wart bei der Befreiung der Menschen dort mit dabei. Peter und du, ihr seid Augenzeugen. Geht mal besser davon aus, dass der Stecher noch nicht aufgegeben hat euch beide auszuschalten.“
„OK verstanden, und wie passt jetzt Clair in das Ganze?“
Jetzt schauten wir drei Clair an und ich lächelte sie an. „Das meine Liebe werden wir versuchen herauszufinden. Wenn es da tatsächlich eine Verbindung gibt, haben wir etwas Wichtiges erfahren. wenn nicht, dann sind das zwei verschiedene Angelegenheiten und auch dann wissen wir mehr. So, oder so, wir haben eine Aufgabe zu lösen.“

Clair stand auf und lächelte uns an. „Haben wir einen sicheren Raum mit schnellem Internet, Beamer und Konferenzausrüstung?“
„Sicher, kommt mit, im unteren Arbeitsbereich ist der Besprechungsraum, der hat vermutlich genau das, was du suchst. Ich sage schnell noch Ma‘Difgtma, dass wir dort sind und eine Absicherung brauchen, sie wird wissen, was gut ist. Außerdem kann sie uns Getränke und mehr geben.“

**

Der Besprechungsraum hatte Platz für acht Leute, war klimatisiert und abhörsicher ausgelegt. Hier waren schon früher geheime Besprechungen abgehalten worden und so war der Raum mit den Sicherungsmaßnahmen geblieben. Mehrere Displays standen uns hier zur Verfügung, zwei starke Beamer für Full HD und eine topaktuelle Konferenzanlage.

„Ehe wir loslegen,“ begann ich, „noch eine Kurzinformation, wir bekommen nachher noch Besuch. Dagan und Viktor kommen noch vorbei, sobald die ihr Meeting im Palast beendet haben. Ich hoffe, die beiden können uns mit ihrer Erfahrung etwas helfen.“
Die Mädels hatten sich hingesetzt. Finja hatte bereits den Beamer ins Rennen gebracht und prüfte die Internetleitung auf das Tempo.

„Whow, ihr seid hier eindeutig verwöhnt, das Internet ist ja rasend schnell hier.“
„Klar doch, wir betreiben hier ja auch neben Papua-Neuguinea einen der beiden IPX-Internetknoten im Südpazifik und die NICTA freut sich.“
„Du und dein Fachchinesisch. Aber lasst uns beginnen.“ Fabienne stand auf und ging an die Projektionswand. Mit einem kurzen Blick zu Finja, die am Notebook saß, begann sie ihren Vortrag.
„Vor über einem Jahr fand hier in der Nähe ein Kampf auf zwei Inseln statt. Eine Industriemacht hatte den dortigen König übernommen und so die Macht an sich gerissen. Es kam zum Aufstand und Soulebda wurde aktiviert. Infolge der Kämpfe fanden auf der Insel Alofi Befreiungsaktionen statt. Dabei wurde eine riesige Deponie entdeckt. Große Bereiche der Insel waren unterminiert und wurden als Sondermülldeponie für die Welt genutzt.
Caroline und Peter waren bei der Befreiungsaktion und der anschließenden Besichtigung der Deponie dabei, sie haben Kenntnis von Unterlagen, Beweisen und vieles mehr. Der Oberschurke wurde damals in Deutschland ausgemacht, aber es wurde noch nichts gegen ihn unternommen.
Stattdessen wurden nach und nach alle Beteiligten, die Kenntnis von der Deponie hatten getötet. Nach und nach wurden es weniger, jetzt sind nur noch eine Handvoll übrig und ihr beide gehört dazu, genauer ihr steht jetzt ganz oben auf der kurzen Liste.“

Das Profilbild von Theobald, der Stecher, Vogel wurde eingeblendet.
„Das hier ist unser Mann fürs Grobe. Der Stecher arbeitet für einen Auftraggeber aus Deutschland und mordet nicht auf eigene Kappe, wir vermuten allerdings, dass da noch mehr dahintersteckt, weshalb er so mordlustig ist.“

Das würde zumindest erklären, weshalb Caroline und Peter auf der Abschussliste stehen.
Für die nächsten Puzzlestücke brauchen wir aber noch etwas mehr, denn wie du meine liebe Clair mit dem Geheimdienst hier hereinpassen, das sollten wir jetzt untersuchen. Vielleicht finden wir ja den Zusammenhang, nachdem wir alle suchen.

Am einfachsten sage ich dir was wir wissen und was wir vermuten, dann kannst du ja einsteigen.“
Clair trank etwas Saft und nickte kurz, dann sagte sie: „Mein Chef und die Verteidigungsministerin haben ja bereits grünes Licht gegeben, ich kann also problemlos reden. Wenn es euch nichts ausmacht, dann erzähle ich was ich weiß.“

Es klopfte und Dagan trat zusammen mit Viktor Kubaliborov ein. Sie grüßten kurz und setzten sich an den Tisch. Fünf Minuten später waren sie auf dem gleichen Wissensstand und Clair begann.
„Wir begannen vor sieben Jahren unsere Ermittlungen im internationalen Schmuggel. Im Laufe der Ermittlungen stellten wir fest, dass das Mittelmeer und speziell die Region um Marseille sehr aktiv war. Wir fanden im Laufe der Jahre heraus, dass sich eine neue Macht erhob, die den Schmuggel mit allem was man brauchte, an sich gerissen hatte.

Wir waren daran herauszubekommen, was chinesische Gruppen und einige andere asiatische damit zu tun hatten. Doch unsere Bemühungen waren sabotiert worden. Die Leitenden der Operationen verstarben auf rätselhafte Weise. Heute würde ich vermuten, sollte man unter den Zungen der Verstorbenen suchen. Aber damals hat man das übersehen.
Jedenfalls war ein riesiges Transportsystem dahinter aufgezogen worden. Wir vermuteten, dass es sich dabei um organisierte Piraterie handelte und waren kurz davor die Beweise zu sichern. Doch dann wurde die Superyacht, auf der das alles ablief in Atome gesprengt und es war vorbei mit Beweisen und mehr. Leider kamen dabei drei Ermittler, zwei Agenten und eine ganze Sondereinheit mit ums Leben. Das war ein sehr teurer Einsatz.“

Dagan meldete sich zu Wort. „Folgendes müsst ihr noch wissen. Das ging bis heute noch nicht an die Presse oder die ermittelnden Stellen.
In Frankreich gab es eine Untergrundbewegung, die zusammen mit einigen Terroristen zusammenarbeiteten. Diese Gruppe, HEMA genannt wurde schließlich geschlagen. Einige Überlebende hatten sich dann anderen Aufgaben gewidmet. Wir kamen den Überlebenden nur nach und nach auf die Schliche, weil sie das Verschlüsselungssystem, den „von Schleitz“ Algorithmus, nutzten. Über den nahmen wir die Fährte auf, kamen aber nicht nahe genug heran, als die Yacht zerstört wurde.
Aber wir hatten einige Teile der Funksprüche aufgefangen und entschlüsselt …“
„Ihr habt die Funksprüche entschlüsselt?“, Clair sprang fast aus ihrem Stuhl.
„Ja Clair, wir haben die Funksprüche im Mittelmeerbecken gesammelt, ausgewertet und dann übersetzt. Dummerweise waren aber unsere beiden Geheimdienste waren noch nicht soweit, sich gegenseitig zu vertrauen. Die Entschlüsselung selbst erfolgte aber durch Randy und Dana und beide hast du ja kennengelernt.“

„Gibt es eine Quintessenz aus dem ganzen verschlüsselten Zeugs?“
„Leider nein, es fehlten wichtige Passagen der Funksprüche, die wir nicht haben. Um es zu präzisieren sind das die Funksprüche, die am Vorabend des 21. Mai gesendet wurden. Das war noch kurz bevor ihr beiden euren Parcours auf der Luftwaffenstation aufgebaut habt.“
„Vielleicht haben wir das noch gespeichert, auch wenn wir es nicht entschlüsseln konnten, speichern konnten wir es durchaus.“

„Es würde uns allen Helfen, wenn wir da weiterkämen.“
„Gut, ich müsste dann aber in Paris abklären, wer und wo die Daten gespeichert sind und wie wir am schnellsten und sichersten an die Daten herankommen.“
Viktor Kubaliborov räusperte sich und warf schmeichelnd ein: „Die sind im Archiv des DGSE, eine Kopie davon ist im Sicherungswerk hier um die Ecke in Neukaledonien. Dorthin haben wir sogar eine gesicherte Datenleitung und können mit 10 Gigabit pro Sekunde die Daten zu uns übertragen. Na, wie wäre es?“

„Ich wusste nicht einmal, dass wir hier ein Sicherungswerk haben, ich dachte, das wäre nur eine Lauschstation.“
„Jaja es muss nicht immer der Rainbow Warrior sein, um interessant zu klingen und wir haben unsere Augen gerne überall.“
„Ich müsste dafür über eine gesicherte Leitung …“
„Selbstverständlich.“, sagte Dagan und ging auf Clair zu. „Begleiten sie mich Clair, wir haben hier in der Villa alles, was man braucht.“
Viktor trank noch rasch einen Schluck und grinste, „Morgen früh haben wir die Daten und Randy wird froh sein, wenn er etwas „Normales“ zu tun bekommt.“
„Bist du dir da so sicher Viktor?“
„Aber ja doch, ich kenne doch Dagan.“

**

Tel Aviv
Lem zuckte zusammen, als Fabienne ihm eine Tasse Kaffee vor ihm auf den Schreibtisch stellte. Sie und Finja waren in sein Büro gekommen um Lem eine Zusammenfassung über ihre bisherigen Erkenntnisse zu überbringen.

„Entschuldigung.“ Sagte sie leicht verlegen. „Ich…“
„Schon gut, ich war gerade etwas abwesend.“
„General… sie sind völlig fertig! Wollen sie sich nicht etwas ausruhen?“
„Ausruhen kann ich mich später lange genug.“
„Wann später?“, fragte sie zweifelnd nach. „Wenn die Welt gerettet ist? Das könnte noch etwas dauern.“

„Halten sie ihre vorlaute Klappe.“
Fabienne grinste und zeigte auf die Unterlagen vor Lem. „Darf ich?“
„Nur zu, ihre neue Aufgabe.“
Fabienne schlug die Mappe auf, hielt den Inhalt so, dass auch Finja die Dokumente sah und schaute auf das Bild eines Mannes, der etwa Mitte fünfzig war und ein gestochen scharfes Profil hatte. Daneben war ein Bild desselben Mannes, das vor circa dreißig Jahren aufgenommen wurde. „Wer ist das?“
„Theobald, der Stecher, Vogel!“
„DER Stecher?“, fragte Finja.
„Ja, DER Stecher!“

„In der Ausbildung habe ich von ihm gehört. Er soll einer der besten Attentäter und Auftragsmörder der Welt sein. Über ihn gibt es dutzende Berichte und Memos. Wieso haben wir den Mistkerl noch nicht erledigt?“
„Weil er gut ist! Er hat Aufträge für so ziemlich jeden Diktator, Schlächter und Despoten der Welt ausgeführt. Viele davon umsonst. Also nicht ganz umsonst, die Bezahlung bestand aus der Möglichkeit, in ihrem Land unterzutauchen, falsche Diplomatenpässe, eine Polizei, die wegschaut, wenn er in das Land einreist und so weiter.

So ist er uns immer wieder entwischt. Vogel taucht auf, führt einen Auftrag durch und taucht in irgendeinem Land, außerhalb unserer Reichweite wieder unter.“
„Da neuere Bild zeigt ihn vor dem Gefängnis in Mainstadt.“ Stellte Fabienne fest.
„Ja, Kaufmann konnte ihn mit der Kamera erwischen. Der Stecher koordinierte ein Beobachtungsteam welches das Gefängnis beobachtet hat. Major Clair Clament vom DGSE hatte zuvor Kaufmann kontaktiert, da sie auf eine Verschlüsselungssoftware gestoßen war, die sich als ein Ableger das Schleitz herausgestellt hat. Kurze Zeit danach waren alle ihre Kollegen tot… Kommt einem bekannt vor, nicht wahr? Jedenfalls hat Brauer eins und eins zusammengezählt und Clament sicher untergebracht. Keine 24 Stunden später wurde das Gefängnis vom Stecher beobachtet und es gab einen Bombenanschlag.“
Fabienne zog erschrocken die Luft ein. „Dana?!“

„Nein! Seltsamerweise galt der Anschlag Caroline und Peter. Jemand hat Peter vor einem Supermarkt abgelenkt, eine Bombe in seine Einkäufe gepackt und die Wohnung in die Luft gesprengt. Beide haben mit viel Glück überlebt.“

„Ist den Beiden was passiert?“
„Nein, sie hatten wirklich Glück. Sie sind jetzt mit Major Clament auf dem Weg nach Soulebda.“
„Wenn man diese Claire umbringen wollte, warum dann Caroline und Peter?“, fragte Finja. „Eine Bombe in den Einkäufen… das war ein gezieltes Attentat.“

„Ja, genau über diese Frage habe ich nachgedacht, als ich von euch unterbrochen wurde!“
„HHMM, die Tote, die ich in Paris untersucht habe, wurde vergiftet. Vermutlich durch den Einstich unter der Zunge… Das würde zum Stecher passen.“ Meinte Fabienne. „Auch der Flugzeugabsturz war eindeutig kein Unglück. Da hat jemand das ganze Team um diese Claire aus dem Weg geräumt. Wieso haben sie dann versucht Caroline und Peter in die Luft zu sprengen?“
„Gute Frage! Das sind Profis! Die wussten, nach dem Attentat würde Brauer das Gefängnis hermetisch abriegeln und sie würden niemals an Claire herankommen… wieso Caroline und Peter? Ihr Zwei werdet eine Antwort auf die Frage suchen!“
„Was ist mit Alofi?“

„Der Giftmüll dort läuft nicht weg. Das Zeug strahlt noch die nächsten 10.000 Jahre, so viel Zeit haben unsere Freunde in Mainstadt nicht!“
„Vielleicht…“ Finja brach ab und legte ihre Stirn in Falten. „Wäre es möglich, dass es da einen Zusammenhang gibt? Wir wissen, dass der große Unbekannte, der hinter der Deponie auf Alofi steht, aus Deutschland kommt und das Caroline und Peter auf dessen Abschussliste stehen.“
Lem zog seine Augenbrauen zusammen und ließ sich Finjas Einwurf durch den Kopf gehen. „Und wo sehen sie da einen Zusammenhang?“

Finja sah Lem fest in die Augen. „Ich weiß es nicht, aber ich habe da so ein Gefühl, dass mir sagt, dass ich Recht habe.“
Lem starrte die Beiden eine Zeitlang an, dann nickte er. „Ok, schnappt euch die Akte da und prüft das nach. Bevor ich einen politischen Sturm verursache, brauche ich hieb und stichfeste Beweise. Und noch was! Diesmal will ich den Stecher haben!“
„In der Ausbildung hieß es, hinter vorgehaltener Hand, dass sich ihre Wege und die des Stechers schon einmal gekreuzt haben. Und dass sie eine der wenigen Personen sind, die dieses Zusammentreffen überlebt haben.“

„So, heißt es das?!“, fragte Lem und zog die Augenbrauen zusammen. „Es gibt sieben Personen, die dem Stecher begegnet sind und noch leben! Sie finden sie alle in der Akte.“
Finja schlug die Mappe wieder auf und blätterte sie durch, als ihr ein Bild ins Auge fiel. „He, sie waren ja mal jung.“ Lachte sie, als sie das Foto von Lem, von vor dreißig Jahren fand.
„Sie habe ein verdammt großes Mundwerk, für eine Steppennomadin.“

Doch Finja hörte ihn gar nicht! Sie starrte auf ein anderes Foto, dass eine Gruppe von sechs jungen Männern in einer und einer Frau, zeigte. Diese Leute waren schmutzig, abgekämpft, aber eines sah man ihnen dennoch an, diese Gruppe hatte eine Schlacht gewonnen!

„Das…das…“ sammelte Finja.
„Ja, das sind die besagten sieben Personen, die den Stecher überlebt haben.“
Fabienne trat an Finja heran und schaute sich das Bild an. „Das sind sie, Levi, Dagan…Sind das etwa Brauer und Decker?!“

„Ja.“
„Und wer sind die beiden anderen?“ fragte Fabienne. Die Frau und der Mann standen neben Frank und sie standen enger beieinander als die anderen und der Mann hatte seinen Arm um die Frau gelegt.
Lem grinste nur und Finja stammelte, „…das sind meine Eltern!“

**

Tel Aviv Airport Ben Gurion
„Meine Eltern haben mir nie erzählt, dass sie Lem und Levi schon so lange kennen.“ Sagte Finja zu Fabienne.
Die Beiden saßen in einem Flieger nach Soulebda und genossen die Annehmlichkeiten der Businessklasse. „Ich habe immer gerne die Geschichten über und mit dem großen Adler gehört. Vieles davon klang so… unglaublich. Dass Sie Dagan kennen wusste ich ja seit Kasachstan, doch dass sie auch Lem und Levi kenne, haben sie nie erwähnt.“

„Wahrscheinlich, weil alles geheim ist.“
„Wenn ich so darüber nachdenke… sie haben mir zwar die Geschichten mit dem großen Adler erzählt, doch sie haben mir nie erzählt, was wirklich geschehen ist…

**

Tel Aviv
Zu den vielen Papieren auf seinem Schreibtisch legte Soraya einen weiteren Stapel dazu.
„Verdammt!“ fluchte Lem, als er die neuen Unterlagen sah. „Was ist das?“
„Fabienne bat mich, vor ihrer Abreise, alle Firmen herauszusuchen, welche giftige Abfälle für die Regierung entsorgen. Dazu sollte ich die dazugehörigen Verträge ausdrucken.“
„Da Fabienne nicht hier ist, sollten wir uns auf Firmen konzentrieren, die hier bei uns tätig sind. Den Rest kann sich Fabienne nach ihrer Rückkehr ansehen.“
„Nun, das sind nur „unsere“ Firmen.“

„Was?! Der ganze Stapel?“
„Ja, Firmen gibt’s nur wenige, aber die Verträge sind sehr komplex.“
„Ok. Gehen sie zu Kuklinski. Ich brauche einen schlauen Eierkopf, der sich mit Vertragsrecht auskennt und der mir sagen kann, wo in diesen Verträgen der Wurm steckt. Wichtig ist, dass der Eierkopf den Mund hält, über das, was er hier sieht.“
„Sofort. Ich soll sie an ihren Termin mit der Verteidigungsministerin erinnern. Sie haben noch eine halbe Stunde.“

„Ah, gut. Vielen Dank.“ Lem machte sich noch schnelle ein paar Stichpunkte und machte sich dann auf, um sein schwierigstes Gespräch zu führen, dass er je hatte.

**

„Haben sie eine Ahnung wie groß der Schaden sein wird?“ fragte Leah Daniel eine Stunde später.
Lem hatte sie gerade über das Ausmaß der Alofi Akten in Kenntnis gesetzt und ihr Namen, Zeiten sowie Beweise präsentiert.
„Oh, ja… Die Regierung würde stürzen.“
„Das ist weit untertrieben! Die letzten Jahre haben wir endlich etwas Ruhe und erleben so etwas wie Stabilität und ein friedliches Miteinander. Wenn die Regierung stürzt, kann keiner absehen, wer bei den nächsten Wahlen gewinnt und wohin der Kurs der neuen Regierung führt. Ganz abgesehen vom Imageschaden, den unser Land davontragen wird.“

„Um den wird sich keiner scheren. Wenn die Bombe hochgeht, haben alle Regierungen ihre eigenen Probleme.“
„Warum ich? Warum kommen sie zu mir? Die Armee ist von dem Skandal nicht betroffen?“, fragte Leah, nachdem sie erneut einen Blick in die Unterlagen geworfen hatte.

„Nun, ihr Name taucht in den Akten nicht auf, was der Grund für dieses Gespräch ist. Auch unser Ministerpräsident scheint sauber zu sein, doch wie sie bereits festgestellt haben, würde ein Skandal einen Regierundwechsel mit sich ziehen und unsere Sicherheit gefährden. Allerdings können wir nicht ewig den Deckel auf der Sache lassen, denn zu viele Menschen wissen bereits davon. Die Behörden auf Soulebda haben Kenntnis, König Leave und seine Berater wissen davon und schließlich unsere Freunde in Deutschland. Irgendwann wird sich jemand fragen, warum Alofi plötzlich Sperrgebiet ist und sich nicht mit der Antwort zufriedengeben, dass man dort illegalen Bergbau betrieben hat.

Ein einziges Bild mit einem Giftmüllfass reicht völlig aus, um den Sturm zu entfachen. Unseren Spezialisten auf Alofi konnten mittels einer Isotopenbestimmung bisher fünf Behälter radioaktives Material sicherstellen, die eindeutig aus unserem Land kommen. Wird das Ganze erst einmal publik, werden sich die Ereignisse überschlagen und unser Ministerpräsident wird kalt erwischt. So hat er Gelegenheit sich vorher um das Problem zu kümmern, diesen Luxus werden die wenigsten Regierungen haben.“

Darüber dachte Leah nach. Schließlich sah sie Lem an und fragte. „Warum? Warum hängen sie sich so in die Sache hinein?“
„Nun erstens empfinde ich es als unsere Pflicht unseren Giftmüll zurückzuholen. Die Menschen dort dürfen nicht zu Schaden kommen, bloß weil korrupte Politiker Geld scheffeln. Wenn wir Giftmüll produzieren, dann müssen wir auch sehen, wie wir ihn fachgerecht entsorgen. Das in einer illegalen Deponie zu lagern, noch dazu, ohne dass die Menschen, welche in die in der Nähe leben, davon zu unterrichten, sehe ich nicht als fachgerecht an.

Und zweitens weißt einiges darauf hin, dass Theobald, der Stecher, Vogel mit in das Verbrechen involviert ist. Unser Geheimdienst, die Polizei und viele andere suchen diesen Mistkerl schon viel zu lange. Hier bietet sich die Gelegenheit Vogel zu erwischen.“
„Von Vogel habe ich schon gehört. Er soll mehrere Attentate in Israel verübt haben.“
„Nicht nur hier.“

„Höre ich da etwas Persönliches heraus?“
„Jeder Mitarbeiter des Geheimdienstes hat einen persönlichen Grund diesen Mistkerl tot zu sehen.“
„Ich werde den Ministerpräsidenten in einem vier Augengespräch von dieser Sache in Kenntnis setzen. Wahrscheinlich wird er sie darum bitten, erst einmal nichts zu unternehmen, um das Ganze nicht publik zu machen.“

„Soweit es mich betrifft, werde ich keinen Schritt in diese Richtung unternehmen, ohne dies mit dem Ministerpräsidenten abzusprechen. Doch für andere Behörden, wie zum Beispiel König Leave, kann ich keine solche Garantie geben, was sie sicherlich verstehen.“
„Was denken sie, wie lange der Skandal noch geheim bleibt?“

„Nun, der Stecher hat in den letzten Monaten hunderte Leute umgebracht, welche in den Akten standen. Er hat damit vorerst eine direkte Verbindung, zwischen der Deponie und der Politik verhindert, allerdings hat er in diesem Zusammenhang zwei Anschläge verübt, die fehlgeschlagen sind. Sie haben sicher von dem Anschlag in Mainstadt gehört. Das öffentliche Interesse ist riesig und irgendwann wird ein cleverer Polizist zwangsläufig den richtigen Schluss ziehen. Ab dann ist der Skandal nicht mehr aufzuhalten. Ich gebe dem Ministerpräsidenten vier, maximal fünf Wochen, dann sollte er einen Plan B haben.“

**

Als Lem zurückkam sah er, dass ein Büro weiter, ein junger Anwärter saß, der sich über den Verträgen brütete. Als Lem den Raum betrat sprang dieser wie von einer Tarantel gestochen auf und stand stramm.

„Stehen sie bequem. Name?“
„Offiziersanwärter Samson!“
„Gut, Offiziersanwärter Samson. Hat ihnen Hauptmann Davidson ihre Aufgabe erklärt?“
„Hauptmann… wer?“
„Hauptmann Davidson, Soraya Davidson!“
„Oh Soraya… entschuldigen sie General, aber der Hauptmann trug keine Uniform. Ja! Hauptmann Davidson trug mir auf, die Verträge auf versteckte Klauseln zu prüfen, die auf eine illegale Tätigkeit hinweisen.“

„Und können sie das?“
„Jawohl, Herr General. Bevor ich beschloss zur Armee zu gehen, habe ich Jura studiert Schwerpunkt Vertragsrecht. Meine ganze Familie lebt vom Verkauf und der Vermittlung von Versicherungen. Ich bin der erste in meiner Familie der sich nicht am Familiengeschäft beteiligt.“
„Aha. Und warum?“

„Ich sehe meine Zukunft nicht darin, Leuten Versicherungen zu verkaufen… aber wenn sie mal eine gute Lebensversicherung brauchen, wenden sie sich an mich.“ Dabei konnte sich Samson ein Grinsen nicht verkneifen.
Lem zog die Mundwinkel kurz nach oben, dann fielen sie wieder nach unten und Lem sah den Anwärter finster an. „Ich sorge für meine Sicherheit selber! Und jetzt machen sie sich an die Arbeit!“

„JAWOHL HERR GENERAL!“

**

„Hier.“ Soraya stellte Lem einen Tasse Kaffee auf den Schreibtisch. „Da Fabienne nicht hier ist, muss ich mich wohl um sie kümmern.“

Lem sah Soraya genauso finster an, wie den Anwärter, doch die ließ sich nicht von ihm einschüchtern. „Ihr böser Blick zieht bei mir nicht, ich weiß, wann sie wirklich böse sind und wann sie es nur spielen.“
„Schon einmal daran gedacht, dass ich sie versetzen könnte?“
„Ich wette das Dagan irgendwo eine Art Testament hinterlassen hat, das ihnen genau das verbietet.“
Darüber musste sogar Lem lachen. Natürlich würde er Soraya niemals von seiner Seite lassen, denn dafür hatten sie gemeinsam zu viel erlebt und durchgestanden.

„Werden wir das Schwein diesmal erwischen?“

„Den Stecher?“, fragte Lem und seine Augen wurden schmal. „JA! Diesmal machen wir keine halbe Sachen!“

**

Der Damm bricht!
Tel Aviv
Lem ging durch sein Vorzimmer, nickte Soraya zu und schloss dann die Tür seines Büros hinter sich. Soraya schaltete das rote Licht ein, das jedem der auch nur in die Nähe von Lems Büros kam, signalisierte, „NICHT STÖREN!“
Drinnen setzte sich Lem an seinen Schreibtisch, legte sich noch einmal alle Fakten zurecht und wählte dann die Nummer des Ministerpräsidenten, deren Direktwahl er als einer der wenigen Menschen dieser Welt hatte.
„Ja?!“, meldete sich dieser.
„Hier ist General Lem.“
„Lem, was wollen sie?“
„Der Damm bricht!“ Am anderen Ende der Leitung folgte ein langes Schweigen. Was Lem nicht sehen konnte, war, wie der Ministerpräsident für einen Moment die Augen schloss und tief durchatmete. „Wann?“
„Heute Abend.“
„Wo?“
„In Deutschland… Mainstadt.“
„Mainstadt?! Haben sie da ihren Einfluss geltend gemacht?“
„Herr Ministerpräsident, das Ganze lässt sich nicht länger geheim halten. Die Sache gleicht einer Kanonenkugel. Hat die Kugel erst einmal den Lauf verlassen, haben wir keinerlei Einfluss mehr auf sie. So konnten wir wenigstens die Richtung bestimmen…“
„Ich verstehe. Wissen sie um wie viel Uhr?“
„Um circa 21 Uhr.“
„Vielen Dank General.“
Lem starrte die gegenüberliegende Wand an. Was sollte er dazu sagen? „Das ist mein Job.“
„Ich werde um 21Uhr eine dringende Sondersitzung des Kabinetts ansetzen. Die Polizei wird um 20Uhr30 diejenigen festnehmen, die nicht zur Regierung gehören.“
„Die Festgenommen müssen unbedingt geschützt werden. Theobald der Stecher Vogel wird sofort wissen, dass wir seinen Hintermann wollen, und versuchen alle umzubringen, die zwischen den Angeklagten und dem Financier stehen. Und er wird das Caos nutzen.“
„Ich werde General Ben Amir anweisen, die Polizei zu unterstützen.“
„Das wäre eine gute Maßnahme.“ Meinte Lem, nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte. „General… wieso haben sie mir den Rücken freigehalten? Meine Regierung hat ihre Mittel erheblich gekürzt, warum haben sie nicht auf die Opposition gesetzt? Meine politischen Gegner würden dem Geheimdienst sicher erheblich mehr Macht verleihen. “
„Erstens: Mein Job ist es nicht, mir meinen Boss auszusuchen, sondern den Boss zu unterstützen, den ich gerade habe, ganz gleich, was ich von ihm halte.“
„Und zweitens?“
„Sie und ihre Partei haben in den letzten Jahren erheblich dazu beigetragen, die Spannungen in der Region zu verringern. Wenn sie sich erkenntlich zeigen wollen, dann führen sie diese Politik weiter.“
Ein trockenes Lachen erklang. „Ich weiß nicht einmal, ob ich um 21Uhr15 noch Ministerpräsident bin. Aber falls doch… werde ich mein Möglichstes tun.“ „Ich wünsche ihnen viel Glück, Herr Ministerpräsident.“ Sagte Lem legte auf und schaute dann auf das Telefon. „Ihnen und uns allen!“
Dann öffnete Lem die Tür zu Soraya, die ihn schon erwartungsvoll ansah. „Geben sie an alle Stellen durch! Ab 20Uhr30 erhöhte Alarmbereitschaft, ab sofort ist Urlaubssperre und rufen sie alle Abteilungsleiter an. Ich erwarte sie um Punkt 21 Uhr in Besprechungssaal!“

**

Mainstadt VOLLGAS
„Hier.“ Sarah hielt mir einen Stapel Papiere entgegen und schaute mich auffordernd an. „Kümmere dich darum.“ „Was zum Teufel ist das?“ „Die Berichte und die vorläufigen Ermittlungsergebnisse über den Anschlag. Jemand muss den Minister darüber informieren und das bist du.“
„Wieso ich? Das ist dein verdammter Job. Wer sitzt, der schwitzt!“
„Nein mein Lieber, mein Job ist es den Laden hier zu schmeißen, obwohl ein paar Spinner ein Loch hineingesprengt haben, an der Schleuse zig Fotografen herumlungern und mehr Polizisten als Justizbeamte durch die Flure laufen. Dazu kommt, dass Richard Facher in drei Tagen zurückkommt, um die Leitung zu übernehmen, und ich bis dahin für eine geordnete Übergabe sorgen muss. Wer schreibt, der bleibt!“
„Bist du sicher, dass du nicht mit Frank verwandt bist? Du hast schon denselben Befehlston an dir.“
„Das muss Franks Geist sein, der hier lebt und in mich gefahren ist.“ Sarah hob ihre Arme und breitete sie aus, während sie lächelte und tief einatmete. „Wenn Frank mal in Rente geht, werde ich eine Schamanin kommen lassen, die den Geist vertreibt! Mein Geist würde nämlich auch mal wieder gerne in dich hineinfahren.“
„Peter… kann es sein, dass du untervögelt bist?“
„Ja verdammt! Ich muss mich hier mit irren Killern, Bombenlegern und Papierkram herumschlagen, während meine Frau in der Südsee im Badewasser heiße Spiele treibt. Scheiße!“, murrte ich und hielt die Papiere hoch. „Muss ich mir diesen Quatsch wirklich antun?“ „Ja! Decker ist beschäftigt und ich kann nicht.“
„Na schön, gib her.“ Sagte ich und überflog die Berichte. „He, da steht, die Explosion wurde von Unbekannten verübt. Was ist mit dem Stecher?“
„Diese Version ist von Mike. Er kam heute Morgen aus Soulebda und bat mich dem Minister diese Version vorzulegen.“
„Mike ist hier?“ Das war sehr ungewöhnlich. Mike ist einer meiner besten Freunde und er hatte sich nicht bei mir gemeldet?
„Ja, er kam heute Morgen mit dem Flieger, der Jessika und Frank nach Soulebda bringt. Er und Dave treffen sich mit Fransiska und heute Abend kommen sie zu uns, um uns auf den neusten Stand zu bringen. Anschließend fliegen sie mit uns zurück.“
„Hast du eine Ahnung, was die zwei von Fransiska wollen?“
„Nein, aber ich schätze wir erfahren es später.“
Das hoffte ich auch. Es wurde Zeit selbst die Initiative zu ergreifen, denn bis jetzt hatten wir nur auf Vogels Angriffe reagiert. Ich war zwar kein militärisches Genie, aber einen Grundsatz kannte ich dennoch. Wer nur reagiert, verliert! Da der Stecher etwas von uns wollte, musste er zu uns kommen. Das wiederum gab uns die Gelegenheit das Schlachtfeld zu wählen. Und das Schlachtfeld hieß Soulebda! Heute würden Frank und Jessika nach Soulebda fliegen, wo sie in einer Spezialklinik weiter versorgt wurden. Natürlich flogen die die zwei nicht ohne Iris und Benjamin. Sobald Facher Sarah abgelöst hatte, würden Sarah, Vera, Dana, Randy, Kenta’Mariba, Decker mit seiner Frau Marianne und ich ebenfalls nach Soulebda fliegen. Dann konnten die Bösen ja mal sehen, wie sie uns erwischen wollten!
„Wann ist der Termin mit dem Minister?“
„Heute Nachmittag um 15 Uhr.“
Ich überflog die Papiere noch einmal. „Kannst du den Termin nach hinten schieben? Wenn ich diese Version präsentieren soll, würde ich sie mir gerne vorher nochmal genau durchlesen.“
„Geht nicht, aber du kannst ja einen Dienstwagen mit Fahrer nehmen, dann liest du es dir unterwegs durch.“
„Na schön.“ Ich schnappte mir die Unterlagen und drehte mich zum Gehen um.
„Peter, wenn du deinen Job gut machst und der Minister mich nicht im Anschluss anruft und von mir verlangt dich zu feuern, werden Vera und ich uns um dein…. Problem kümmern. Also reiß dich zusammen.“ Grinste mich Sarah an.
Das hörte sich doch schon besser an! „Ich werde mir Mühe geben.“ Versprach ich ihr (und mir!)

**

Verlagsgebäude des ACP
Fransiska Haufberger steuerte ihr Büro an. Als sie den großen Empfangsbereich ihrer Etage durchquerte, kam sie an der Theke vorbei, bei der sich alle Besucher anmelden mussten. Heute Abend kam der Bundesinnenminister um bei einem Empfang der Kreisverwaltung dabei zu sein und ganz nebenbei Werbung für seien Partei und die Regierung zu machen. Sie selbst hatte ebenfalls eine Einladung zur Gala bekommen und war in Gedanken schon bei der Frage, was sie anziehen sollte. „Fransiska?“ Sabine, ihre rechte Hand hinter der Theke, riss sie aus ihren Gedanken und Fransiska blieb stehen um sich ihr zuzuwenden.
„Ja?“
„Da ist ein Besucher.“ Sabine zeigte auf die große Fensterfront, welche einen spektakulären Ausblick auf die Stadt bot. Dort stand ein Mann, der nach draußen blickte und ihnen den Rücken zuwandte. „Er kam nach Beginn deiner Besprechung und sagte er wartet…“ weiter kam Sabine nicht, Fransiska stieß einen Freudenschrei aus und stürmte auf den Mann zu, der sich umdrehte und sie freudig umarmte. „MIKE!“ rief sie und drückte ihn.
„Hallo liebste Freundin.“ „Freundin? Lass das nicht Iduna hören!“ lachte Fransiska.
„Keine Sorge, Iduna weiß, dass ich privat und Beruf trennen kann.“
„Beruf?! Das ist also kein Freundschaftsbesuch?“
„Nun, dich zu sehen, ist immer eine Freude.“
„OHH, du schleimst schon wie Peter! Also, was führt dich hier her?“
„Hast du Lust mit mir essen zu gehen? Ich habe einen Tisch für vier Personen im Schiller reserviert.“
„Für vier?“
„Ja.“ Grinste Mike und zeigte zum Fahrstuhl, aus dem gerade Dave und Hella Gardner ausstiegen.
„Hella auch? Ist es so schlimm?“
Für einen kurzen Moment verfinsterte sich Mikes Miene. „Ja, leider.“
„Große Story?“
„Ganz große Story!“
„Na dann lasst uns gehen!“

**

„Tut mir leid Bad-Man, aber ich habe keinen Dienstwagen mehr übrig.“ Teilte mir Erik, der Fahrdienstleiter unserer JVA mit. „Zwei sind in der Werkstatt, da sie durch Trümmer beschädigt wurden und den Dritten hat Schemmlein, der zu Frank ins Krankenhaus gefahren ist.“
„Na toll!“ fluchte ich und fragte mich, wie ich mir den ganzen Schriftsatz durchlesen sollte, bevor ich dem Minister einen Vortrag darüber hielt.
„Nimm doch deinen Wagen, das kannst du doch als Fahrtkosten abrechnen.“
„Es geht nicht ums Geld, es geht um Zeit, die ich nicht habe.“
„Dann nimm deinen Wagen und einen Fahrer. Einen Fahrer habe ich übrig.“
„NEIN! An meine Karre kommt keiner deiner Harakiri-Piloten!“
„Tja Bad-Man, Entweder-oder.“
Ich schloss die Augen und stellte mir Sarah und Vera vor, die gefesselt auf meinem Bett lagen…
„Na schön! Ich nehme den Fahrer!“
„Gute Entscheidung.“ Lachte Erik, hob den Hörer seines Telefons ab, wählte eine Nummer und lauschte kurz.

„He, Lukas“, sagte er in den Hörer, „Ich habe einen Job für dich. Wird dir gefallen.“ Er lauschte noch einmal kurz, dann legte er auf. „Dein Fahrer kommt gleich.“
Ich nickte und wartete einige Minuten, dann öffnete sich die Tür und Lukas kam herein.
-Auch das noch! – dachte ich, als ich den Fahrer erkannte und auch der starrte mich an. Es war Carolines Fahrer, der Wachmann, den ich in der Pforte niedergemacht hatte. „Was ist?“ wollte Erik wissen. „Gibt’s ein Problem?“

„Nein!“, antwortete ich und auch Lukas schüttelte den Kopf. „Gut! Lukas, du darfst heute die berühmte Karre des Bad-Man fahren. Sozusagen das Badmobil.“ Erik fand das zu schieflachen, denn er klopfte sich auf die Schenkel und fing sich beinahe nicht mehr ein. „HAHA“ gab ich zurück und gab Lukas zu verstehen, dass er mir folgen sollte.
„Ich hoffe, ihr zieht euch jetzt keine bunten Heldenumhänge oder noch schlimmer enge, glänzende Hosen an. Batman hatte Robin und Bad-Man hat Lukas.“ Lachte Erik noch, als wir das Büro verließen.
Darüber konnten weder Lukas noch ich lachen und wir gingen schweigend nebeneinander aus dem Gebäude heraus, in Richtung Parkplatz.
„Hat ihnen schon mal jemand gesagt, dass sie ein Arschloch sind?“, fragte Lukas auf dem Weg dorthin.
„Ja, habe ich schon oft gehört.“
„Wundert mich nicht! Ich hätte es ihnen das Scheißmesser schon wiedergegeben.“
„Ich widerspreche der Aussage nicht, dass ich ein Arschloch bin! Zumindest bin ich manchmal ein Arschloch. Wenn sie es nochmal hören wollen, JA, ich habe Mist gebaut!“ Gab ich unumwunden zu.

Abgesehen davon, dass mir von dem Extratraining bei Decker noch immer die Knochen wehtaten, hatte ich tatsächlich übertrieben, da gab es nichts zu beschönigen! „Im Ernst jetzt?“
„Was?“
„Klingt so, als ob sie das ernst meinen.“
„Klar meine ich das Ernst.“
„WOW. Das stuft sie vom Superarschloch zum normalen Arschloch runter.“
„Puh, da bin ich aber erleichtert.“ Mittlerweile waren wir am Parkplatz angekommen und Lukas schaute sich die Autos darauf an. Keiner der Wagen stach irgendwie aus der Masse heraus. „Welcher davon ist denn ihrer?“

Ich zog meine Schlüssel aus der Tasche und reichte Lukas den Schlüssel zum „Badmobil“ wie Erik, es ausgedrückt hatte.
Lukas schaute auf den Schlüssel und drückte dann auf den Knopf der Fernbedienung. „Die Karre?“ fragte er ungläubig, als direkt vor ihm die Lichter eines Golfs aufblinkten. „Ich dachte sie fahren eine abgefahrene Karre, was Cooles, was… keine Ahnung, aber ein Golf?“
„Was ist daran uncool?“

„Na ja, ich hatte mir sowas wie einen Mustang oder Porsche vorgestellt…“
„Tut mir leid, wenn ich sie enttäuschen muss, aber ich bin Justizbeamter, kein Millionär. Und lass das mit dem Sie, das macht mich alt.“ Ohne Antwort zu geben, steuerte Lukas die Fahrertür an und ich setzte mich auf den Beifahrersitz.
-Seltsames Gefühl.- dachte ich. Klar fuhr ich öfter auf dem Beifahrersitz meines eignen Autos, dann fuhr eben Caroline aber ein fremder Fahrer… „He, ist das etwa ein R?“ fragte Lukas und starrte auf das Armaturenbrett. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Ja. Und, ist die Karre immer noch uncool?“
„Na ja… nicht tiefer gelegt, keine Sportausführung und fünf Türen…. aber 310 PS. Nicht schlecht.“
„367 PS. Randy hat ihm ein Chiptuning verpasst.“
„Na dann werde ich mal sehen, was die Karre so draufhat.“
„Das wirst du lassen! Wir fahren kein Rennen und ich muss mir den Kram hier durchlesen! Und ich warne dich! KEINEN EINZIGEN KRATZER!“

„Krieg dich wieder ein… war nur Spaß.“ Lukas schüttelte den Kopf, stellte sich den Sitz richtig ein, startete und fuhr los. Während ich die Papiere studierte, lenkte Lukas mein Auto sicher durch den aufkommenden Mittagsverkehr. Zu allem Übel gab es zu der großen Baustelle auf der Umgehungsstraße noch Sperrungen wegen irgendeiner Veranstaltung in der Stadt, zu der ein hohes Tier aus Berlin kommen sollte und so schlängelte sich der ganze Verkehr durch die Innenstadt.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass Ben und die anderen sich in knapp zweieinhalb Stunden zum Flughafen aufmachen würden und hoffte, bis dorthin beim Minister fertig zu sein. Dann vertiefte ich mich wieder in Mikes Version des Berichtes. Des Weiteren hatte sich Mike an die Fakten gehalten, lediglich wer für den Anschlag verantwortlich war, blieb schwammig. Der Name Vogel tauchte auf keiner Seite auf… Auch stellte Mike keine Verbindung zwischen dem Anschlag auf Frank und der Bombe in unserer Wohnung her. Hier stand, dass es zwei getrennte Anschläge waren, die wahrscheinlich nichts miteinander zu tun hatten. Automatisch fragte ich mich, was Mike und die anderen damit bezweckten und hoffte, dass er mich heute Abend davon in Kenntnis setzen würde.
Schließlich kamen wir bei dem Ministerium an und Lukas hielt vor dem Haupteingang. „Ich warte hier.“ „Alles klar.“ Gab ich zurück und betrat das Ministerium.
Irgendwie hasste ich den Bau! Jedes Mal, wenn ich hier war, gab’s Ärger! Sarah, Trommer, Berrsasow… Fehlte nur noch ein Bild von mir, dass mit einem roten Balken durchgestrichen war und das am Eingang hing.

Doch niemand hielt mich auf und ich gelangte zum Vorzimmer Keiters, des Ministers. -Vorzimmer des Ministers der Justiz Dr. J. B. Keiter – Julia Gerling- stand dort an der Tür, ich klopfte artig an und betrat das Büro. „Hallo Herr Stein.“ wurde ich freundlicher begrüßt, als ich erwartet hatte, denn Keiters Sekretärin lächelte mich an. -Ein Glück hast du das Schild gelesen! – fuhr mir durch den Kopf. „Guten Tag Frau Gerling.“ „Der Chef wartet schon auf sie.“
„Sorry, aber der Verkehr ist mörderisch.“

„Sie sind ja noch drei Minuten vor der Zeit. Darf ich eine Frage stellen?
„Sicher.“
„Wie geht es Jessika?“
„Sie kennen Jessika?“
„Na klar, wir Vorzimmereminenzen kennen uns alle untereinander und halten engen Kontakt zueinander.“

Kein Wunder, dass Jessika über ALLES und JEDEN Bescheid weiß, dachte ich. „Sie fliegt heute nach Soulebda, wo sie und Frank in einer Spezialklinik weiterbehandelt werden.“
„Soulebda? Ich wollte ja auch immer mal in die Südsee, aber nicht so und schon gar nicht in ein Krankenhaus! Wenn sie Jessika sehen, richten sie ihr ganz liebe Grüße und meine besten Wünsche zur Genesung aus. So und jetzt rein mit ihnen, es ist punkt 15 Uhr.“
„Wir sehen und später.“ Antwortete ich, warf ihr ein Augenzwinkern zu und ging eine Tür weiter.

**

Unterdessen saßen Mike und Dave mit Fransiska und Hella im Schiller und die beiden Reporterinnen starrten sprachlos auf die Unterlagen vor sich. „Aber… Aber, das ist ein Skandal, nein, das ist eine politische Atombombe.“ Sagte Fransiska schließlich. Mike hatte ihnen eine grobe Übersicht von dem Ausmaß der Alofideponie gegeben.
„Weißt du, was das für eine Story ist?“ fragte Hella und zog dann misstrauisch die Augenbrauen zusammen. „Wieso sitzen wir hier?“
„Nun, als Erstes seid ihr unsere Freunde. Ihr habt schon mehrfach bewiesen, dass es euch nicht um den Aufreißer der Geschichte geht, sondern um ehrliche Berichterstattung und zweitens brauchen wir eure Hilfe.“
„Ich hatte mit Paris und New York schon meine Aufreißer.“ Stellte Hella klar und zeigte dann auf die Papiere. „Und das hier… das ist der Aufreißer schlechthin. Wenn das alles wahr ist…“ sie verstummte und machte mit ihren Händen eine eindeutige Geste.
„Das hier ist sogar nur die halbe Wahrheit. Fest steht, dass es auf Alofi jederzeit zu einer Umweltkatastrophe ungeahnten Ausmaßes kommen kann.“
„Nein.“ Sagte Fransiska, die mittlerweile begriffen hatte, wo die eigentliche Sensation steckte. „Der Aufreißer ist, wie das Zeug dahin kam und wer es dort einlagerte.“
„Na, das war Nguyen.“ Sagte Hella.
„Nein, der hat es zwar in Alofi in die Deponie gesteckt, aber woher kam das Zeugs. Atommüll fällt nicht vom Himmel, er wird fabriziert. Ich wette, dass alle Atomanlagenbetreiber über jedes Gramm genauestens Buch führen müssen und dass die Regierung einen lückenlosen Nachweis darüberführe, wo und wie viel Atommüll an einem Ort ist.“
Mike schaute zu ihr und nickte bedächtig. „Aber das würde ja heißen, dass Atommüll einfach verschwindet, ohne dass es jemanden auffällt… mit verschwundenem Atommüll könnte man alles Mögliche anfangen.“

„Es fällt ganz sicher jemanden auf! Aber so eine Nummer ziehst du nicht auf unterer Ebene durch! Das Ganze, der gesamte Ablauf muss sozusagen offiziell sein, denn sonst hätte schon längst jemand Verdacht geschöpft.“
„So ist es.“ Bestätigte Mike. „Und wisst ihr schon, wie das vor sich geht?“

„Es ist erschreckend simpel. Hier in Deutschland wird der Atommüll in Castorbehältern transportiert. Entgegen der allgemeinen Meinung, ist das kein Einzelfall. Jeden Tag sind mehrere Castoren unterwegs und nur einige wenige erregen Aufsehen. Unterwegs werden die Castoren einfach getauscht. Der mit Atommüll beladene Zug fährt in einen Güterbahnhof, wo schon ein Zug mit einem leeren Castor steht. Dann, gleichzeitig werden elektronische Anweisungen, Unterlagen und Begleitscheine geändert und verschickt und schon sind ein paar Castoren weniger unterwegs. Dann werden die Züge getauscht. Der leere Zug rollt zu seinem Ziel und der echte Castor wird zu einem Hafen umgeleitete und verschifft.“
„Aber… Aber was ist mit Kontrollen? Werden die Castoren denn nicht überprüft, und wird denn nicht kontrolliert, WAS in den Behältern ist?“

„Ha! Die Castorbehälter sind echt, die Papiere sind echt und die Menge stimmt auf das Gramm genau. Dazu kommt, dass die Schurken immer ein schwach strahlendes Material an den leeren Fake Behältern anbringen und so die Tarnung perfekt machen. Und NEIN! Keiner schraubt einen Castor auf, um eine Probe zu nehmen.“

„Und der andere ganze Giftmüll?“
„Da ist es noch einfacher. Labore und andere Einrichtungen müssen ihren Giftmüll nur deklarieren. Den Inhalt der Giftbehälter überprüft keiner. Eine Statistik zeigt, dass in den letzten zehn Jahren, der sehr viel teurere hochgiftige Müll drastisch abnahm. Preisfrage, wurde weniger Giftmüll produziert, oder verschwand er einfach?“

„Da muss jemand ganz oben stehen, der die Verbrecher deckt, sonst wäre das alles nicht möglich.“
„Warte mal…“ sagte Hella. „Du sagst, dass es Müll aus ganz Europa, dem Nahen Osten und Amerika ist?“
„Korrekt.“

„Politiker sind nicht so dumm, in einer solchen Sache grenzüberschreitend zusammenzuarbeiten! Das Risiko wäre zu groß, dass einer redet… Jeder der Politiker muss glauben, dass er alleine handelt… Das heißt, dass es hinter den Politikern, die die Sauerei mitmachen, noch jemanden geben muss! Jemand im Schatten!“
„Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Diesen Jemand wollen wir, mit eurer Hilfe, aus dem Schatten holen.“
„Und wie sollen wir das machen?“
„Der Schattenmann, wir nennen ihn -den Financier-, hat eine üble Arbeitsweise. Sobald jemand eine Bedrohung für ihn ist, lässt er ihn umlegen. Das übernimmt sein Auftragsmörder Theobald, der Stecher, Vogel. Bis jetzt war Vogel äußerst erfolgreich dem Financier den Rücken frei zu halten, doch diesmal hat der Financier einen gravierenden Fehler gemacht. Er hat zwei Operationen gleichzeitig laufen. Neben der Deponie auf Alofi betreibt er noch eine Piratenorganisation in den Gewässern um Soulebda. In Gegensatz zu vielen andren Staaten, hat Soulebda den Piraten den Kampf angesagt und ist dem Financier sozusagen in die Parade gefahren. Der Stecher ist nun in der Südsee beschäftigt, das heißt, er muss hier in Deutschland auf zweitklassiges Personal zurückgreifen, das sicher Fehler macht, wenn man es unter Druck setzt. Und für diesen Druck sollt ihr sorgen.“

„Irgendwie höre ich da einen Haken.“ Stellte Fransiska fest.

„Nun, wenn es einfach wäre, bräuchten wir ja nicht die Hilfe der besten Journalistinnen der Welt.“ Lachte Mike „Ja, es gibt einen Haken. Da kommt er.“ Mike zeigte auf die Tür und Hella und Fransiska starrten den Mann an, der auf sie zukam.

**

„Mist!“ fluchte ich, nachdem ich auf die Uhr geschaut hatte. Bei diesem beschissenen Verkehr würde ich es nicht mehr schaffen, meine Freunde zu verabschieden. Der Krankenwagen fuhr gerade los und ich müsste einmal quer durch die Stadt, um zum Flughafen zu kommen. Naja, dachte ich mir, in drei Tagen würde ich sie ja wiedersehen. Über eine Stunde hatte ich Keiter den Bericht vorgetragen, nachdem er mich mit einem „der schon wieder“ Gesicht begrüßt hatte. Fairerweise musste ich zugeben, dass ihm der Tod der beiden Wachbeamten wirklich naheging.

Keiter hatte, natürlich inoffiziell, dafür gesorgt, dass man einen Grund fand, die Drei Monatsfrist für die Angehörigen zu umgehen. Da Keiter auch Frank kannte, wollte er natürlich wissen, wie es ihm ging und berichtete, was ich über Franks Zustand wusste. Den hatten die Ärzte gestern aus dem künstlichen Koma herausgeholt und Schemmlein hatte entschieden, dass es ihm gut genug ging, um nach Soulebda zu fliegen.
Dann kam Keiter auf den Bericht zurück. „Und sie haben keine Ahnung, wer die Bombe in ihrer Wohnung gezündet hat?“

„Nein, Frau Miles und ich haben uns sicher mit der Tätigkeit als Henker viele Feinde gemacht. Ohne konkrete Hinweise, könnte das jeder gewesen sein.“
„Darin sich Feinde zu machen, sind SIE ja ein Meister.“ Diesen bissigen Kommentar konnte sich Keiter nicht verkneifen. „Sie wissen doch, Herr Minister, wenn man seinen Job richtigmacht, ist man nicht beliebt. Haben sie eigentlich Feinde?“
Keiters Miene fror ein, als er weiterredete. „Gibt es denn schon Maßnahmen die verhindern, dass ein ähnlicher Anschlag wie auf Herrn Brauer, verhindert werden kann?“
„Ja, Herr Kaufmann und Frau Stern haben sich der Problematik angenommen und entwickeln ein wirkungsvolles System, das allerdings noch in der Testphase ist.“
Schließlich war die „Audienz“ beendet und ich verließ das Ministerium, nicht ohne mich vorher bei Julia Gerling zu verabschieden. Vor dem Eingang wartete schon Lukas auf mich und ich stieg ein. Kaum unterwegs kreisten meine Gedanken um Mikes Bericht. Dagan und die anderen schienen einen Plan zu verfolgen um den Stecher und den Financier zu erwischen und ich selbst brannte darauf, diesem Mistkerl von Stecher persönlich zu begegnen. Frank sagte immer, man sieht sich immer zweimal, doch zwischen dem Stecher und mir, würde es nur EIN Treffen geben, da war ich mir sicher.
„Kann ich was fragen, ohne dass du gleich an die Decke gehst?“ riss mich Lukas aus meinen Gedanken.

„Kommt darauf an.“
„Was macht ihr mit all der Kohle? Ok, der R ist nicht ganz billig, aber du und Caroline lebt im Knast, kein Haus, kein Eigenheim…“
„Welche Kohle?“
„Na die Kohle, die ihr als Belohnungen bekommen habt. Der alte Franzose, Aleski… allein Israel hatte auf den Kopf des alten Franzosen über eine Million Euro ausgesetzt. Investierst du in Aktien?“
„Nein! Erstens: Als Beamter darfst du keine Belohnung annehmen, ich wette, dass dir Decker das in aller Deutlichkeit erklärt hat und Zweitens, die Sache war etwas Persönliches!“
„Als ihr Aleski oder die Hema fertiggemacht habt, wart ihr als Privatpersonen unterwegs, also kein Problem mit der Belohnung.“
„Das Geld haben wir gespendet!“
„WAS?!“ Lukas wäre beinahe von der Straße abgekommen. „Ich habe mal nachgerechnet und bin auf über fünf Millionen gekommen! Und ihr habt alles weggegeben?“
„Ja.“
„Aber warum?!“
Wie sollte ich einen jungen Kerl wie Lukas begreiflich machen, dass keiner von uns etwas mit Geld zu tun haben wollte, an dem das Blut von unschuldigen Opfern klebte? „Wisst ihr denn nicht, was ihr mit dem Geld alles tun könntet?“

„Frag mal die Witwen der Wachbeamten, die bei dem Anschlag umkamen. Die wissen es!“ antwortete ich schroff. „He, so war das nicht gemeint…“ er brach ab, als mein Handy klingelte. Ich schaute auf das Display und las „Ben“.
„Ben?“
„Wir werden verfolgt!“
„Wo bist du?!“
„Wir sind auf dem Weg zum Flughafen. Kurz vor der Autobahnauffahrt West. Frank und Jessika sind im KTW, Iris ist bei mir im Auto, direkt hinter dem KTW.“
„Hast du eine Ahnung wer euch folgt?“

„Wer schon?! Es sind Vogels Leute. Vogel weiß, dass Soulebda unser Spielplatz ist und startet den letzten Versuch uns hier zu erwischen. Ich schalte jetzt mein GPS ein.“
Ich spiegelte mein Handy auf dem Display des Autos und konnte Bens Standort sehen. Kaum hatte ich meinen eigenen Standort hinzugefügt, erschien der schnellste Weg zu Ben auf dem Display und das sah nicht gut aus. Um zu Ben zu gelangen, musste ich quer durch die Stadt! „Wie viele Verfolger kannst du ausmachen?“
„Ist schwer, hier ist ziemlich viel los, aber ich schätze mindestens vier Autos. Hör zu! Vor uns ist zu viel Verkehr. Sobald wir stehenbleiben, sind wir tot! Ich schicke den KTW auf die Autobahn, Fahrtrichtung Frankfurt.“
„Alles klar, ich bin unterwegs!“ Levi legte auf und ich wandte mich an Lukas. „Halt an!“
„Was?“
„Ich sagte halt an! Hinter Brauer und Jessika sind ein paar Killer her und ich muss zu ihnen und das so schnell es geht!“

„Ich habe eine bessere Idee! Festhalten!“ Damit schaltete Lukas einen Gang zurück, drückte das Gaspedal durch und ließ den Motor aufheulen. Der Wagen machte einen Satz nach vorne als mich die 367 PS in den Sitz drückten.
„Bist du Wahnsinnig? Halt an!“
„Was denn nun, ich dachte du willst deine Freunde retten?“
„JA! Aber tot im Graben kann ich das nicht!“
„Entspann dich Bad-Man, ich mach das.“ Lukas schaltete hoch und überschritt in wenigen Sekunden die Hundertermarke. „Ich kann mich so nicht entspannen! Normal ist das so: Ich fahre, der andere schießt!“

„Dein Pech, dass ich seit dem Vorfall in der Schleuse keine Knarre mehr anfasse. Das heißt, du musst selber schießen, was schwierig sein wird, dann fahren und schießen gleichzeitig ist ziemlich schwer.“
„Wer ist jetzt hier das Arschloch?“
„Keep cool! Ich war früher Rennfahrer.“
„Was heißt früher, in einem anderen Leben? Wie alt bist du, Mitte Zwanzig?“
„Vierundzwanzig! Und ich habe bis vor zwei Jahren Autorennen gefahren und war drei Mal deutscher Meister.“
Das beruhigte mich nur bedingt! Automatsch stellte ich mir ein Stockcarrennen vor, in dem mein Auto von allen Seiten gerammt wurde. Unterdessen donnerte Lukas über alle Spuren, nutzte Lücken und schlängelte sich durch den Verkehr.
„Und warum hast du damit aufgehört?“
„Wir haben ein Kind bekommen und ich dachte, ich suche mir besser was Sicheres.“ „Und dann kommst du zu uns?“

„Ich wusste ja nicht, dass ich im selben Knast arbeite werde, wie du!“
„Haha! Zur Autobahn!“ rief ich, als wir in Richtung Auffahrt kamen. „Macht das Ding auch Musik?“ fragte Lukas und schaltete das Radio ein. „Wow, also diese Mucke hätte ich dir nicht zugetraut.“ Meinte er, als das Intro von „Enter Sandman“ erklang. „Ok, nicht ganz uncooles Auto, und gute Mucke, dazu noch etwas Einsicht und ehrliche Selbstkritik, das stuft dich vom Arschloch zum Idioten herunter.“
„Hast du einen Psychologiekurs belegt?“
„Nein.“
„Dann halt die Klappe und konzentrier dich aufs Fahren!“

Ben hatte die Westauffahrt genommen und wir steuerten die Auffahrt Mitte an. Wütend hupten die anderen Fahrer und nicht wenige Fahrer zeigten uns einen Vogel bzw. einen erhobenen Mittelfinger, wenn Lukas sie schnitt oder rechts überholte, doch verdammt, der Kerl hatte es drauf, wir erreichten die Auffahrt in Rekordzeit und fuhren auf die Autobahn auf. Nun ließ Lukas den Hund endgültig von der Kette und gab Vollgas.
„Ben, wir sind etwa fünf Kilometer hinter euch.“
„Beeil dich! Sie haben gemerkt, dass was nicht stimmt und sammeln sich zum Angriff.“ Berichtete Bund und im Hintergrund ertönte ein Martinshorn
„Was ist das?“ „Der KTW hat die Sirene angestellt und macht uns den Weg frei, damit sie uns nicht stoppen können.“
„Wir fliegen!“ Das taten wir tatsächlich. Durch geschicktes Schalten, Beschleunigen und der Benutzung des Standstreifens kamen wir Ben immer näher. Ein Fahrer wollte uns ausbremsen und blockierte die mittlere Spur. Er blieb auf gleicher Höhe mit dem Auto rechts und fuhr daneben her. Lukas wartete den passenden Moment ab, dann gab er Vollgas und preschte zwischen den Autos durch, während uns wütendes Hupen und eindeutige Gesten verfolgten.
Scheiße dachte ich, das kostet mich den Lappen für die nächsten zehn Jahre! „Sieh es positiv.“ Sagte Lukas. „Uns folgen sicher schon die Bullen.“

„Das ist nicht lustig und das sind auch keine Bullen! LOS! Noch drei Kilometer!“
Drei Kilometer vor uns hatte sich ebenfalls eine wilde Verfolgungsjagt entwickelt. Der KTW mit Frank und Jessika hatte das Blaulicht und die Sirene angestellt und bretterte über die Autobahn. Ben hatte dem Fahrer klargemacht, dass es diesmal um sein eigenes Leben ging und als die erste Kugel ein Loch in den Wagen stanzte, begriff der Fahrer, was Ben meinte und holte aus dem Bus heraus was möglich war. Levi hing sich an die Stoßstange des KTW und blieb dicht hinter ihm. Ihre Verfolger hatten immer wieder das Nachsehen, da die überholten Autos wieder auf die mittlere bzw. die linke Spur wollten und sie so immer wieder zwangen abzubremsen, doch sie holten unerbittlich auf.
„Peter, es sind vier Wagen!“ teilte Ben mir mit. „Zwei schwarze, ein Roter und ein Dunkelblauer.“ „Wir sind noch einen Kilometer hinter euch. Warte mal… ich sehe das Blaulicht! Wir sind da!“ „Direkt hinter uns sieht es finster aus, da staut es sich!“

„Keine Sorge, Harakiri Lukas macht das schon.“
„Wer ist Harakiri Lukas?“
„Na schau mal in den Rückspiegel. Sag den Fahrer des KTW, er soll die Ausfahrt zum Flughafen nehmen.“

„Alles klar, ich warte bis du näher heran bist, dann nehmen wir sie in die Zange.“
„Vergiss es! Du bringst Iris zum Flugzeug! Wenn Iris was geschieht, bringt Frank uns alle um, also ab mit dir. Bleib am KTW!“
„Wie du…“ ein lautes Krachen ertönte und Iris schrie laut auf. Ich zuckte zusammen. „BEN!“
„Bin noch da! Einer der Schweine hat mich gerammt! Verdammt beeil dich!“ „Du hast es gehört!“ stieß ich Lukas an, allerdings leuchteten vor uns viele Bremslichter auf, denn nachdem ein Verfolger Ben gerammt hatte bremsten die Autofahrer dahinter ab und schalteten die Warnblinker ein. Das verschaffte den Verfolgern genug Platz um Levi in die Zange zu nehmen.
„Verdammt tu was!“ fuhr ich Lukas an.
„Soll ich fliegen?!“
„Weißt du noch was ich dir über Kratzer gesagt habe? Vergiss das und jetzt LOS!“
„Ok!“ Für einen kurzen Moment tat sich eine Lücke auf und Lukas schoss dazwischen, fuhr ganz nach links und donnerte so dicht an der Leitplanke vorbei, dass ich jeden Moment das hässliche Kreischen von Blech erwartete. Doch Lukas schaffte es an den Autos und der Leitplanke vorbeizukommen und setzte sich direkt hinter die Verfolger.
„Und jetzt?“

In Windeseile hatte ich das Handschuhfach geöffnet, meine Sig herausgefischt und das Fenster geöffnet. „Den ersten werden wir überraschen, die anderen nicht, also fahr links neben den Roten.“ „Alles klar!“
Vor uns rammte eine schwarzer Wagen Ben erneut, schaffte es aber nicht neben diesen zu kommen, da rechts Autos fuhren, die dem KTW mit Blaulicht Patz machten. Schließlich sah ich das Ende eines Kipplasters, an dem der KTW vorbeifuhr.

„JETZT!“ Lukas drückte das Gaspedal durch und der R schoss nach vorne direkt links neben den letzten Wagen der vier Verfolger. Der Fahrer blickte mich überrascht an, dann jagte ich drei Kugeln durch seine Seitenscheibe. Ob ich ihn traf, konnte ich nicht sagen, aber ich erzielte die gewünschte Wirkung. Der Wagen brach nach rechts aus und fuhr dem Kipplaster genau vor die Haube. Das Tönen der Hupe ging im Krachen und Kreischen unter, als der Kipplaster den Wagen voll rammte, und unter sich begrub. Im Rückspiegel sah ich, wie der Anhänger des Lasters sich quer stellte und schließlich umkippte.
Damit würde die Polizei die sicher schon hinter uns war, erst einmal als Verstärkung ausgefallen! Verdammt!
Jetzt hatten auch die Bösen mitbekommen, dass sie nicht mehr alleine waren und der dunkelbaue Wagen, der links vor uns fuhr bremste ab um neben uns zu kommen, doch Lukas hatte das vorhergesehen. Während der Dunkelblaue bremste, trat Lukas das Gaspedal durch, zog nach links und bremste. Nun waren wir zwar auf gleicher Höhe, so wie sich das die Killer in dem Wagen gewünscht hatten, doch auf der Falschen Seite! Der Beifahrer hatte eine Maschinenpistole, musste aber an seinem Fahrer vorbeischießen um uns treffen zu können. Lukas bleib etwas zurück, brachte den Fahrer zwischen und dem Schützen und ich hatte freie Schussbahn, also schoss ich einfach auf die Reifen. Mit einem lauten BRUMMS löste sich das Gummi von der Felge und der Wagen brach aus. Der Beifahrer schickte uns noch ein paar Kugeln nach, von denen einige mein Auto trafen, doch harmlos ins Blech schlugen.

„Da ist die Ausfahrt!“ rief Lukas und zeigte nach vorne, wo der KTW sich durch den Verkehr durch in die Ausfahrt zwang. Ben, der es geschafft hatte an dem KTW dran zu bleiben, folgte direkt danach, dann kam ein der Verfolger und vor dem zweiten Verfolger schlängelte sich ein Kleintransporter in die Ausfahrt. „Bleib dran!“
„Kein Problem!“ sagte Lukas, raste in die Ausfahrt und blieb hinter dem Verfolger. Der Fahrer des Kleintransporters schien genervt auf das Hupen und Aufblenden des Verfolgers zu reagieren, denn er bremst ihn aus und blockierte die Ausfahrt.
„Super!“ kommentierte Lukas.“
„Was ist daran super?!“

„Der Transporter kümmert sich nur um das Arsch vor uns…Pass auf…“
Der Verfolger hupte, zog nach links und der Transporter zog ebenfalls nach links. Lukas hatte das erwartet und schon als der Verfolger nach links zog, schaltete er zurück, gab Gas und schoss rechts an den beiden Fahrzeugen vorbei. Das brachte den Fahrer des Kleintransporters zu einer Vollbremsung und der Verfolger fuhr auf den Transporter auf, so dass sich beide Wagen quer stellten und die Ausfahrt blockierten.
Kaum waren wir vorbei, sahen wir den KTW und Ben mit dem letzten Verfolger hinter sich, die sich dem Flughafen näherten. Der Beifahrer des Verfolgers legte sich gerade aus dem Fenster und schoss mit einer MPI auf Bens Wagen, der zickzack fuhr. Lukas ließ den Motor aufheulen und brachte uns hinter die Schweinebacken. „Etwas links!“ rief ich lehnte mich aus dem Fenster und jagte den Rest meines Magazins auf den Beifahrer. Eine Kugel traf die Heckscheibe, die sich in tausende kleine Splitter auflöste und der Fahrer bemerkte uns.

„Mist!“ fluchte ich, warf das Magazin aus und schob ein neues, mein letztes, in die Waffe. Lukas fuhr dicht auf, ließ sich aber nicht übertölpeln. Schließlich sah er seine Chance kommen. Er vergrößerte den Abstand etwas, lenkte erst nach links, dann rechts und wieder zurück nach links. Dann gab er Vollgas, fuhr neben den Wagen, und rammte ihn. Der Wagen schleuderte nach rechts blieb aber auf der Fahrbahn.
Kaum hatte sich der Fahrer gefangen, riss Lukas das Steuer wieder nach rechts, rammte den Wagen aber nicht, doch der Fahrer zog weiter nach rechts. Ich lieferte mir in der Zwischenzeit ein Duell mit dem Beifahrer, der das Handikap hatte, auf der falschen Seite zu sitzen. Dafür schien er eine Menge Munition zu haben, denn immer mehr Löcher zierten mein Auto.

Lukas zog immer wieder nach rechts tat so, als ob er den Wagen rammen wolle, tat es aber nicht, doch er verunsicherte den Fahrer ziemlich. Schließlich kamen wir unter eine Unterführung. Diesmal rammte Lukas den Wagen rechst, lenkte sofort nach links und dann wieder voll nach rechts. Das genügte und der Wagen der Verfolger krachte gegen den Pfeiler der Unterführung. Ben hatte unterdessen den KTW überholt, steuerte ein Tor des Zauns an, der den Flugplatz umgab und donnerte einfach durch. Die Flügel des Tores wurden aufgerissen und flogen mehrere Meter durch die Luft. Der KTW und ich blieben hinter ihm, während Levi auf die Stellplätze der Flugzeuge zuhielt. Ich erlaubte mir ein leichtes Aufatmen, als wir von hinten gerammt wurden.

Der Verfolger, der in der Auffahrt steckengeblieben war, hatte aufgeholt und schon schoss der Beifahrer auf uns.
Der Fahrer hatte aus seinen Fehlern gelernt und blieb hinter uns. Ich drehte mich um uns schoss durch die Heckscheibe. „Dräng ihn ab!“ rief ich Lukas zu und der brachte sich zwischen KTW und Verfolger. Dann drängte er den Verfolger immer weiter von den Stellplätzen, in Richtung der Startbahnen ab. Dann trat der Fahrer auf die Bremse, drehte ab und folgte dem KTW. Lukas drehte am Lenkrad, zog die Handbremse und der Golf driftete um 180°. „OOHHHHH SCHEISSE!“ rief ich, doch Lukas hatte den Wagen schon wieder im Griff und setzte den Schweinebacken nach.

„Das lernt man als Rennfahrer?!“
„Nein, dass lernst du als Halbstarker mit 150 PS unter dem Hintern. Deswegen habe ich angefangen richtige Rennen gefahren. Ich wollte keine Unbeteiligten verletzen.“
„Wow, damit hast du mehr Verstand als die meisten anderen Idioten auf der Straße bewiesen.“
„Was jetzt?“
Gute Frage! Levi und der KTW steuerten direkt auf ein Flugzeug zu, das mit Sicherheit Heylahs Sondermaschine war. Die Bösen Buben waren etwa 100 Meter hinter ihnen und wir direkt hinter den Bösen. Als ein Gepäcktransporter sich von Links einem der anderen Flugzeuge näherte, schaute mich Lukas fragend an. „Soll ich?“

„Auf die paar Kratzer kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ „Das wollte ich hören.“ Lukas gab Gas und rammte den Wagen vor uns. Durch den glatten Belag der Startbahn, drehte sich der Wagen der Verfolger mehrfach um die eigene Achse und Lukas konnte vorbeiziehen.
Zweihundert Meter weiter wiederholte Lukas den Trick mit der Handbremse, so dass Vogels Killer und wir uns gegenüberstanden.

„So eine Scheiße!“ fluchte ich, als ich sah, dass ich keine Munition mehr hatte. „Fahr links an ihm vorbei!“ sagte ich und griff in die Ablage der Tür um meine letzte Waffe herauszuholen.
„Was willst du mit dem ESK?“
Der ESK hatte in etwa dasselbe Gewicht wie eine Kriegskeule, mit der ich gefühlte tausend Stunden mit Iduna geübt hatte. Allerdings hatte er den Vorteil, dass man ihn zusammenschieben konnte. „Ich brauche eine Geschwindigkeit von 130 Sachen. Schaffst du das?“
„Kein Problem!“
„Dann sieh zu und lerne.“ „Wenn ich dazu Gelegenheit habe!“ antwortete Lukas, zog die Handbremse an und gab Gas. Er wartete bis der Motor das richteigne Drehmoment hatte, dann löste er die Handbremse und donnerte los. Auch die Killer gaben Gas und wir rasten aufeinander zu.
Im letzten Augenblick zog Lukas nach links und für einen Sekundenbruchteil hatte ich eine gerade Linie zum Fahrer. Ich schleuderte den ESK zusammengeschoben auf die Windschutzscheibe und traf diese genau auf der Höhe des Fahrers. Der Schlagstock bohrte sich durch die Scheibe und traf den Fahrer mitten ins Gesicht. Das genügte, denn der Fahrer verriss das Lenkrad, schleuderte auf dem glatten Boden unkontrolliert und krachte in den Gepäcktransporter. Nur zwanzig Meter von Heylahs Maschine kam das Auto mit Koffern, Taschen und Kleidungsstücken bedeckt zum Stehen. Lukas hatte das Steuer schon wieder herumgerissen und blieb direkt hinter den Killern stehen. Während der Beifahrer, der halb aus dem Fenster hing tot war, lag der Fahrer bewusstlos auf dem Airbag. Kaum ausgestiegen, kam Benjamin schon mit gezogener Waffe zu mir und wir zogen gemeinsam den Bewusstlosen aus dem Auto, während eine ganze Wand Blaulichter auf uns zukam. „HIER!“ sagte ich zu Lukas und hob den Bewusstlosen auf seine Schulter. „Bring ihn ins Flugzeug!“

Ben, schaute nach dem Polizeiwagen die näherkamen, nickte mir noch einmal kurz zu und rannte dann zu seinem Wagen, zog Iris heraus du scheuchte sie in den Flieger. Ich rannte zum KTW und mit den Sanitätern luden wir Jessika und Frank aus. Lukas hatte den Bewusstlosen Killer ins Flugzeug geworfen, kam zurück und half mir Frank ins Flugzeug zu tragen. Als die Zeit drängte hoben wir Frank auf und trugen ihn einfach so, seine Infusionen hinter ihm her schleifend, in den Flieger. „Wieso wusste ich bloß das du mit dabei bist?!“ murmelte er, als er mich sah.
„Ach halt die Klappe! Verschwinde und nimm deinen blöden Geist mit!“
„Was?“

Weiter kam er nicht. Ein Crewmitglied erschien, dem ich Frank übergab und sprang aus dem Flieger. „He, was ist mit mir?!“ rief Lukas, der noch im Flieger stand.
„Du fliegst mit!“

„Aber…“ mehr hörte ich nicht mehr, denn ich sprang zurück auf die Startbahn. Mittlerweile war auch Jessika an Bord und noch bevor die Tür geschlossen war, rollte Heylahs Pilot auch schon los. Zurück blieben nur ich und mein armes zerknautschtes Auto.

Natürlich wollten einige der Polizeiwagen verhindern, dass der Flieger startete, doch ein Funkspruch machte deutlich, dass es sich um eine Diplomaten Maschine handelte und die Streifenwagen blieben zurück.

Als die Polizeiwagen vor mir stehen blieben, drehte der Pilot schon zur Startbahn und beschleunigte.

**

Der Dammbruch
Die Limousine hielt vor dem Eingang des Stadthotels, in dem heute Abend die große Gala abgehalten wurde.

Kaum standen die Räder still, wurden die Türen geöffnet und die vier Insassen stiegen aus.
„Ihr seht hervorragend aus.“ Sagte Mike noch einmal zu Fransiska und Hella, als sie an den Fotographen vorbei zum Eingang gingen. Doch da keiner von ihnen ein „Promi“ war, interessierten sich die warteten Fotographen nicht für sie. Lediglich einige wenige Blitzlichter leuchteten auf. Auch der Mann, der wenige Meter hinter ihnen kam, zog kein Blitzlichtgewitter auf sich.
„Weißt du wer das ist?“ fragte Dave.
„Dr. Magnus Berberich.“ Antwortete Fransiska. „Der ist einer der reichsten Männer in der Republik, aber kaum einer kennt ihn.“

„Wie kommt das?“
„Er ist ein Strippenzieher, der kaum in Erscheinung tritt. Er hasst Wahlkampfveranstaltungen und keiner weiß, wo er bei Wahlen sein Kreuz macht. Ich habe gerüchteweise gehört, dass eine Armee von Lobbyisten unterhält, doch welcher Lobbyist tatsächlich für ihn arbeitet, weiß keiner, angeblich läuft das alles über so viele Mittelmänner, dass keinerlei Bezug zu ihm besteht.“
„Weißt du, ob er Beziehungen zu Politikern in anderen Ländern hat?“
„Nein und ich wette das weiß niemand, außer ihm selbst.“

Weitere Nachfragen gingen unter, als ein Schauspielerpaar vor dem Hotel ausstieg und die Fotografen aus ihrer Starre erwachten. Nach dem offiziellen Teil, der Innenminister hatte seine Pflichtprogramm hinter sich gebracht, verteilten sich die geladenen Gäste und die anwesenden Reporter in der großen Hotelhalle. Die größte Gruppe bildete sich natürlich um den Innenminister der zwischen seinen Anhängern stand und den Schauspielern.

„Bereit Geschichte zu schreiben?“ fragte Mike Fransiska. „Oh ja! Deswegen habe ich diesen Beruf ergriffen.“ „Dir ist aber schon klar, dass du ab jetzt keine ruhige Minute mehr haben wirst, bis wir den Financier gestellt haben?“

„Ja, das ist mir bewusst… Mike, ich habe einmal geschwiegen… du weißt, was geschehen ist… Nie wieder!!! Außerdem du bist ja da und passt auf mich auf.“
„Das stimmt. Keine Sorge, Dave und ich lassen euch nicht mehr aus den Augen. Stimmt’s Dave…“ Mike sah sich um und sah Dave zwei Meter neben sich, der Hella gerade einen Kuss auf die Wange gab und die Fransiska zunickte.
„Wir sehen uns gleich.“ Sagte Fransiska und drückte Mike an sich, nahm Hella an ihre Seite und ging dann auf den Pulk um den Innenminister zu.
„Hast du Hella gerade geküsst?“ wollte Mike von Dave wissen.
„Nein, ich habe ihr nur viel Glück gewünscht.“
„NEIN! Ich habe Fransiska viel Glück gewünscht. Das mit dir und Hella, sah ganz anders aus.“
Dave grinste nur und sah den beiden Journalistinnen zu, die den Innenminister erreichten.
„Jetzt wird’s spannend.“

**

„Guten Abend Herr Innenminister Nehren.“ „Frau Haufberger. Ich habe mich schon den ganzen Abend gefragt, wann sie mir die Ehre erweisen.“
„Sie schmeicheln mir. Darf ich ihnen meine Kollegin Hella Gardner vorstellen?“
„Sehr gerne.“ Nehren reichte Hella die Hand und die nahm sie brav schauend an.“
„Wie hat ihnen meine Rede gefallen?“ wollte der Minister von Fransiska wissen.
„Nun, sie spiegelt den aktuellen Stand, der von der Regierung betriebenen Politik wieder, insoweit gab es da keine Überraschung.“
„Eine sehr nüchterne Analyse.“

„Nun, der Aspekt Umweltschutz kam allerdings etwas kurz. Man könnte den Eindruck gewinnen, Ihnen und der Regierung, wäre dieser Aspekt eher zweitrangig.“
„Kommen sie Frau Haufberger“, sagte Nehren, “in ihrem Kommentar neulich, nachdem sie den Bundesumweltminister interviewt hatten, haben sie die Arbeit der Regierung diesbezüglich ausdrücklich gelobt.“

„Nun, da wusste ich auch noch nichts von Alofi.“ Die ersten Köpfe schauten herum.
„Alofi?“
Automatisch erstarben die Gespräche der umstehenden und die Ohren wurden gespitzt.
„Was ist Alofi?“

„Nun, Alofi ist eine Insel im Südpazifik, aber das wissen sie sicher.“ Sagte Hella laut genug, dass sich nun die Aufmerksamkeit aller Anwesenden um den Innenminister herum geweckt wurde.

„Ich habe keine Ahnung wovon sie reden!“ antwortete Nehren dessen Gesichtszüge hart wurden.

„Ich rede davon, dass deutscher Atom und Giftmüll, statt ihn sicher zu lagern, einfach auf eine Insel im Pazifik gebracht und dort zu einer tickenden Zeitbombe wurde.“

„Frau Haufberger, ich habe tatsächlich keine Ahnung, worum es hier geht! Guten Abend!“ Nehren wandte sich zum Gehen, doch so schnell ließen sich die beiden Journalistinnen nicht abdrängen.

„Dem ACP wurden Unterlagen übergeben, die eindeutig belegen, dass SIE schon als Staatssekretär an diesem kriminellen Akt beteiligt waren.“

Nehren, der sich ohne noch einmal umzudrehen entfernte, rief Hella nach. „Herr Innenminister! Wir haben Beweise, dass neben unserem Atommüll auch Atommüll aus Frankreich, Belgien, Italien, Spanien Israel und den USA sich auf Alofi befindet! Was sagen sie dazu?“

Nehren schob sich durch die Menge und plötzlich hatten die Fotografen, die sich um die Schauspieler gedrängt hatten ein neues Ziel. Laute Rufe wie „Herr Innenminister!“ begleiteten seinen Abgang, bis er das Hotel verlassen hatte.

Dann wandten sich die Reporter Fransiska und Hella zu.
„Woher stammt der Atommüll? Was für eine Art Giftmüll? Wo kommt der Müll her?!“ Die Fragen überstürzten sich und Fransiska versuchte sich Gehör zu verschaffen.
„Fragen sie nicht mich, fragen sie Nehren!“ rief Fransiska an und zog Hella aus dem Gewühl heraus zum Ausgang. Die Reporter-Schar stürzte sich auf den Innenminister.

Dessen Auto war von Reportern und Fotografen umzingelt. Die Stimmen wurden immer lauter und Nehren versuchte sich in seiner Anzugjacke zu vergraben. Schließlich wies er seinen Fahrer an „Fahren sie endlich los, geben sie endlich Gas!“

Gekonnt schubste der Fahrer die Fotografen, die zu nah am Fahrzeug waren weg und gab Vollgas. Keiner der Leute, ob Fotograf oder Reporter wurde dabei verletzt.

**

Berberisch der unauffällig nur einen Meter neben Nehren gestanden hatte, hätte beinahe sein Glas fallen lassen, als diese Reporterin Alofi erwähnte.

Äußerlich völlig desinteressiert hatte er den Wortwechsel verfolgt und seine Gedanken überschlugen sich. Der ACP hatte also die Akten des Mossad! Wie zum Teufel… Die Antwort war klar, der Mossad hatte diese dem ACP zugespielt, doch wieso?! Bis jetzt hatte der Mossad nichts getan! Berberisch hatte sich das damit erklärt, dass auch die Regierung in Tel Aviv darüber stürzen würde und General Lem ausgebremst hatte.

Doch nun schien es, als ob er Lem falsch eingeschätzt hatte. Nun war die Bombe geplatzt, doch warum der Innenminister Nehren?

Er hatte zwar einmal Kontakt mit Nehren… der ihn allerdings, also seinen Verhandlungspartner, abblitzen ließ…Was, wenn Nehren sich daran erinnerte? Was stand in den Akten? Was hatte Nguyen sich da zusammengereimt? Oder verfolgte Lem eigene politische Ziele? In Sekundenschnelle, Hella und Nehren diskutierten noch, stellte Berberisch eine neue ToDo Liste zusammen.

Am wichtigsten erschien ihm herauszufinden, welche Informationen diese Pressetussis hatten. Er musste wissen was in den Akten stand! Und er musste herausfinden, welche Ziele Lem hatte. Er musste sich daran erinnern, wer damals mit Nehren geredet hatte und anschließend mussten alle verschwinden!

**

Sechs Stunden später, erschien ich in Franks Büro und trat ein. Sarah saß noch immer da und telefonierte gerade. „Mir ist die Tragweite durchaus bewusst“, sagte sie und rollte mit den Augen, „umso eher werden sie sicher verstehen, dass ich eine Entscheidung dieser Art nicht an Stelle von Herrn Brauer treffen kann… Ja, auf Wiederhören.“ Sarah legte auf und schüttelte den Kopf, als sie mich ansah. „Willst du raten, wer das gerade war und was er wollte?“

„Vermutlich der Minister und er wollte einen Kopf rollen seinen und zwar meinen. Stimmts?“

„Das heißt dann wohl, der Dreier mit dir und Vera ist gestorben?“

„Eigentlich schon… aber da du unseren Freunden so heldenhaft das Leben gerettet hast, werden wir wohl ein Auge zudrücken.“ Grinste sie.

**

Soulebda
„Wir sind tatsächlich in der Südsee. Schau, Marie!“ Janette, Lukas Frau, zeigte aus dem Fenster, wo die ersten Inseln Soulebdas unter unserem Flieger vorbeizogen.
Die dreijährige Marie kletterte aus ihrem Sitz, über den Schoß ihrer Mutter und schaute aus dem Fenster.
Ich hatte Jeanette noch vom Polizeirevier aus angerufen und ihr gesagt, dass Lukas in Ordnung war, denn ein Polizeihubschrauber hatte die Jagd über die Autobahn gefilmt und wir waren in allen Nachrichten. Da auch von Toten berichtet wurde, machte sie sich verständlicherweise große Sorgen. Aus der Luft aus, sah das Ganze noch spektakulärer aus, besonders die Szene als Lukas bei Tempo 200 auf der Landebahn seinen 180° Drift hinlegte… Glücklicherweise waren die Toten ausschließlich unsere Angreifer, doch ich musste ihr sagen, dass ihr Mann in einem Flieger nach Soulebda saß. Alles andere, also das wieso und warum, würde ich ihr persönlich erklären.

Der nächste Anruf galt Decker. Lukas hatte mitgeholfen die Killer des Stechers fertig zu machen… also war die Möglichkeit durchaus gegeben, dass Janette und Marie auf Vogels Abschussliste kamen! Decker sah das genauso und schickte augenblicklich Johann und Gratzweiler mit einem Einsatzkommando zu Lukas nach Hause und brachte seine Frau und die Tochter zu uns. Während Marie in meinem Bett schlief, saß Jeanette in meinem Büro zusammen mit Decker und ich konnte ihr alle Einzelheiten erklären. „Und wann kommt er zurück?“ fragte sie mich.

„Ich weiß es nicht, das könnte dauern.“
„Aber was soll ich…?“ Ihre Stimme nahm einen verzweifelten Klang an und ich hob beruhigend die Hände. „Keine Sorge. Ich habe alles schon geklärt. Sie nehmen Urlaub und kommen übermorgen einfach mit uns nach Soulebda. So lange bleiben sie hier und wohnen in meiner Wohnung.“
„Urlaub? Den muss ich beantragen… was soll ich meinem Chef sagen?“
„Sagen sie einfach das sich um eine familiäre Ausnahmesituation handelt. Ich denke, das sollte reichen.“

**

Command by Chief
Es reichte nicht! Jeanette arbeitete bei einer Außenstelle der US Airforce Frankfurt, die für Funkaufklärung zuständig war und ihr Boss, ein Major der Airforce sagte ihr, dass es ihm ziemlich egal war, warum sie Urlaub haben wolle und das es jetzt nicht ging!

Hannes, der sie zur Außenstelle gefahren hatte, rief mich an und sagte, dass Jeanette völlig aufgelöst war.
Eine Stunde später stand Jeanette erneut vor dem Schreibtisch des Majors, doch diesmal nicht alleine, sondern mit Mike an ihrer Seite.

„Wer sind sie denn?“ wollte der Major wissen.
„Mike Smith. Colonel, Mike Smith. CIA.“ Mike trat vor und zeigte seinen Dienstausweis. „Major, darf ich bitte ihr Telefon benutzen?“

Etwas verunsichert nickte der Major und Mike trat um den Schreibtisch herum und wählte eine Nummer, so dass der Major auch sah, welche Tasten er drückte. Und der kam ziemlich ins Schwitzen, als er die Vorwahl von Stuttgart-Vaihingen erkannte. Als Mike die Nummer gewählt hatte, stand im Telefondisplay der Name, wer da gerade angerufen wurde und der Major schluckte.

NSA/CSS Commando stand da im Display und der Major kam sich plötzlich sehr klein vor.

Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt ihm Mike den Hörer hin, noch bevor sich am anderen Ende jemand gemeldet hatte. „Ist für SIE!“ Dabei sah Mike den Major mitleidlos an, aber er nickte freundlich.

Das Gespräch war kurz, es war eher ein Monolog und als dieser beendet war, schluckte der Major nochmals, doch dann schaute er seltsam freundlich zu Jeanette und lächelte sie an. „Jeanette, was ihren Urlaub angeht …“ Mike stand daneben und lächelte leicht.

Nun saß Jeanette mit Marie bei uns im Flieger und hatte nicht Urlaub, sondern war bis auf weiteres, bei Weiterführung ihres Gehaltes freigestellt.

**

Während sich in Mainstadt die Ereignisse überschlugen, brachten uns Mike und Dave auf den neusten Stand. „Wie ihr alle mitbekommen habt, haben Fransiska und Hella ganz schön Staub aufgewirbelt.“
Oh ja! Und das war leicht untertrieben. Die Titelblätter waren voll von Artikeln über Innenminister Nehren und den Giftmüll auf Alofi. Irgendwo auf Seite vier, unten am Rand stand, dass in Israel das halbe Kabinett zurückgetreten war, nachdem man es mit den gleichen Vorwürfen konfrontiert hatte. Die Messer wurden gewetzt und nach einer langen Nacht war der alte Ministerpräsident auch der Neue und ich konnte Lem bis hier her aufatmen hören.

„Ich frage mich, wie jemand wie Nehren, so lange nicht auffallen konnte.“ Sagte ich nur kopfschüttelnd.
„Ganz einfach“, Antwortete Mike, „er hat damit überhaupt nichts zu tun.“
„WAS?!“
„Nehren ist sauber.“
„Aber… Aber Fransiska hat ihn öffentlich ans Kreuz geschlagen! Die Zeitungen überschlagen sich und Nehren wird von allen Seiten unter Beschuss genommen. Weiß Fransiska das Nehren sauber ist?“

„Ja. Sie, Hella und Nehren haben sich vor der Gala getroffen und alles abgesprochen.“

„Ich verstehe es nicht! Wolfgang“, ich sah zu Decker, der ebenfalls ratlos dasaß, „kannst du dir da einen Reim drauf machen?“
„Ich habe da so eine Ahnung! … „Ihr habt eine falsche Fährte ausgelegt und hofft so den Financier aus dem Schatten zu locken.“

„Richtig! Vogel ist einer der Besten, aber auch der Stecher kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Wir haben nun drei Arenen, in denen wir den Financier herausfordern. Die Piraten in der Südsee, Caroline, Peter und Claire auf Soulebda, die der Financier unbedingt tot sehen will und jetzt Mainstadt und Berlin. Wir zwingen ihn zum Kampf und er muss reagieren.“

„Um mich mache ich mir keine Sorgen.“ Sagte ich. „Und um Caroline auch nicht, denn sobald wir auf Soulebda sind, sind wir relativ sicher. Aber was ist mit Fransiska und Hella? Der Financier wird versuchen herauszufinden, welche Beweise tatsächlich gegen ihn vorliegen und damit sind die beiden in akuter Gefahr.“

„Nun das war auch der Zweck der falschen Fährte. Der Financier muss unbedingt reagieren. Da mittlerweile in allen betroffenen Ländern Leute verhaftet werden, muss er wissen, was tatsächlich in den Akten steht. Der Financier glaubte zu wissen, was in den Alofi-Akten steht, doch mit dem Ausbringen der falschen Fährte kann er sich nicht mehr sicher sein, dass wir nur die Mittelsmänner erwischen. Also wird er entweder den Stecher nach Berlin bzw. Mainstadt rufen oder sich neues Personal besorgen. Beides werden wir mitbekommen.“

„Und wie wollt ihr Fransiska und Hella beschützen?“
„Dave und ich weisen euch in Soulebda in eure Aufgaben ein, dann fliegen wir sofort nach Berlin zurück um unsere Freundinnen im Auge zu behalten und nehmen Viktor mit. Der hat da ein paar… alte Bekannte aus früheren Tagen, als er noch für den KGB arbeitete. Glaub mir, mit der Truppe willst du dich nicht anlegen. Und es kommen noch besser. Zwei alte Bekannte, die mit dem Stecher noch eine Rechnung offen haben.“

Decker hob den Kopf und grinste. „Maja und Boris?“
„Richtig.“ Grinste Mike. „Ich denke, damit sind wir hier gut aufgestellt.“

Tags darauf kam die erwartete Ablösung für Sarah. Gleichzeitig wurde die Wach- und Sicherungsmannschaft aufgestockt. Hannes und Gratzweiler hatten endlich etwas weniger zu tun. Die Baumannschaft hatte den Spezialbeton längst fertig und die Löcher in der Außenmauer waren wieder geschlossen. Angeblich war das ein Spezialbeton, mit dem an anderen Orten Bunker gegossen wurden. Heute kamen nach dem Aushärten auch die dicken Stahleinfassungen weg und das Gefängnis sah endlich wieder wie ein ruhiges Gebäude aus.

**

Auf dem Weg nach Soulebda
„Ist das Soulebda?“ fragte die kleine Marie und zeigte auf eine große Insel unter uns.
Vera, die ihr gegenübersaß, schaute nach unten und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das ist Bea Island und weißt du was?“ Sie beugte sich vor, flüsterte Marie etwas ins Ohr und die bekam große Augen. Marie drehte sich zu mir und starrte mich an. „Ist das wahr, die Insel gehört deiner Frau?“
„Ja“, lachte ich, „ihr und ihrer Freundin Penelope.“
„Wer ist Penelope? Ist das auch eine Freundin von dir?“
„Nicht nur das, sie ist sogar die Tochter der Regentin. Ich wette, du lernst sie gleich kennen, denn sie kommt bestimmt, um uns am Flugplatz abzuholen.“
„Und die kommt wirklich zu uns?“
„Da bin ich mir ganz sicher.“ Antwortete ich und ich behielt Recht.

Am Stellplatz der Maschine wartete schon unser Empfangskomitee, bestehend aus Caroline, Penelope, Jerome und natürlich Lukas. Kaum ausgestiegen rannte Jeanette mit Marie auf dem Arm zu Lukas, während ich meine Caroline in den Arm nahm.
„Na du Rennfahrer? Das war vielleicht eine Fahrt! Als Frank die Bilder sah, wurde er noch blasser, als er momentan sowieso ist.“
„Er ist gefahren, nicht ich.“ Ich zeigte auf Lukas, der Jeanette ausgiebig küsste. „Mir wollten sie den Führerschein abholen, aber dank der Kamera im Hubschrauber konnte ich nachweisen, dass ich nicht gefahren bin.“
„Und was ist mit ihm?“
„Ich habe zum Fahrer keine Auskünfte erteilt. Warten wir mal ab, wie sich das weiterentwickelt.“
„Und was ist mit Speedy?“
„Wer ist Speedy?“
„Na das Auto!“
„Du nennst mein Auto Speedy?“
„Es ist unser Auto! Und ja, ich nenne es Speedy. Also was ist mit ihm?“
„Tja Schatz, es tut mir leid… Speedy ist tot! Aber schön, dass du dir wenigstens um Speedy Sorgen gemacht hast.“
„Idiot!“ Caroline verpasste mir einen Schubs, zog mich zu sich heran und wir standen Lukas und Jeanette nicht nach und küssten uns ausgiebig.

Während Jerome mit einer Abteilung Gardisten Lukas und seine Familie in ein sicheres Haus brachten, fuhren Decker und Marianne zu Frank ins Krankenhaus. Auch ihnen hatte Jerome eine Abteilung Gardisten mitgegeben. Ich wollte ebenfalls zuerst ins Krankenhaus um nach Frank und Jessika zu sehen, doch Vera meinte, dass Decker und Marianne Aufregung genug für die Beiden an einem Tag wären, also fuhren wir alle in Carolins Villa, um uns frisch zu machen, bevor wir Heylah entgegentraten.

Ein paar Stunden später trafen wir Lukas, Jeanette und Marie am Eingang des Palastes wieder. Decker hatte seine Frau bei Iris gelassen, Dana, Randy, Vera, Sarah und wir wurden von einer Kolonne Fahrzeuge abgeholt und zum Palast gebracht.
Jeanette war sichtlich aufgeregt, als Jerome ihr erklärte, dass sie der Regentin eines Staates begegnen sollte. Lukas versuchte dabei sehr cool auszusehen, aber auch er war nervös, was den beiden keiner übelnahm.

„Wir treffen wirklich die Präsidentin dieses Staates? Wie … wie begrüßt man sie? Verbeugt man sich, oder…?“ fragte Jeanette.
„Bleib einfach locker“, versuchte ich, sie zu beruhigen, „Heylah ist ein ganz normaler Mensch…“ Weiter kam ich nicht, denn ein kleiner Wirbelwind rannte laut schreiend auf uns zu und sprang Caroline in die Arme. Direkt dahinter kamen Veronique und Bernd und begrüßten uns. „Darf ich vorstellen, Veronique und Bernd Schubert. Und das ist Caro’pe, unser Patenkind.“ Ich zeigte auf das Mädchen auf Carolines Arm, die ihr ein Bussi auf die Wange gab und wieder von ihrem Arm heruntersprang, um direkt auf Marie zulief. „Komm mit!“ rief sie und zerrte Marie hinter sich her zum Palast hin.

„Lass sie!“ Sagte Caroline zu Jeanette, als diese Marie zurückrufen wollte. „Caro’pe kennt sich besser im Palast aus, als wir alle. Die verläuft sich nicht.“
Wir gingen zusammen zum Eingang des Palastes, wobei Veronique etwas vorausging und alle Wachen strammstanden, als wir vorbeigingen. Nachdem der dritte Offizier, der uns entgegenkam, Veronique militärisch grüßte, stieß mich Lukas an. „Wieso grüßen sie Veronique?“

„Sie ist die Verteidigungsministerin.“ „Was?… Und Jerome? Die Wachen stehen ganz schön stramm, wenn er nach ihnen schaut.“

„Kein Wunder, Die Palastwache besteht aus der Garde und Jerome ist der Befehlshaber der Garde.“
„Und ihr kennt euch alle untereinander?“
Lukas schluckte und schon standen wir an der Tür zum Audienzsaal. Die Wachen öffneten die Tür und wir traten Heylah im Thronsaal entgegen. Der Raum maß gute fünfzig mal dreißig Meter, war hell erleuchtet und mit sehr vielen goldenen Schnitzereien verziert. An der Seitenwand, gegenüber den großen Fenstern, stand der Thron Soulebdas. Ein wahres Meisterwerk soulebdalesischer Kunst, der dem Thron der Könige Englands nicht nachstand. Hatten Lukas und Jeanette erwartet, dass Heylah auf dem Thron auf sie wartete, wurden sie überrascht. Heylah hatte NIE auf diesem Thron gesessen! Für sie war der Thron eine böse Erinnerung an den Bürgerkrieg, als ihr ehemaliger Gemahl auf dem Thron saß und von dort herunter das Volk Soulebdas ins Elend stürzte.

Heylah kam uns entgegen und nach einer kurzen angedeuteten Verbeugung umarmten wir uns wie alte Freunde.
Jeanette war schier sprachlos, als Heylah sie umarmte und dann ihren Mann ansah.
„Und das ist also der Rennfahrer, der unsere Helden vor dem Tod bewahrte. Ich danke dir im Namen unseres Volkes. Soulebda steht für immer in der Schuld von Frau Dafore und Herrn Brauer und als ihr Retter, stehen wir nun auch in deiner Schuld.“

Lukas wurde knallrot und wusste nicht, was er dazu sagen sollte und presste schließlich ein „…war keine große Sache.“, hervor, worüber wir alle herzlich lachen mussten.

„Nun zu Euch meine stolzen Krieger.“ „Es gibt schwere Aufgaben zu erledigen. Piraten machen die Gewässer unsicher und ich bin nicht bereit wegzusehen. Unsere Spezialeinheit um den Gelehrten Kana’Fartu Yasomera wird sich der Piraten annehmen. Ich bitte euch sie zu unterstützen, auch wenn ich weiß, dass es auch diesmal eine gefährliche Mission ist.“
Wir mussten uns erst gar nicht absprechen, Sarah trat vor und sagte dann, „Du kannst natürlich auf unsere Hilfe zählen.“

„Sarah, meine Kriegerin des Lebens.“ Heylah trat vor und drückte ihre Stirn an die von Sarah, so wie es die jahrhundertalte Tradition vorsah, mit der die Regentin ihre Hochachtung ihres Gegenübers ausdrückte. „Ich danke dir und ich danke euch allen. Es gibt viel zu tun, doch nicht heute Abend. Heute Abend wird es einen offiziellen Empfang zu euren Ehren geben.“ Teilte Heylah Lukas mit. „Für die Dauer eures Aufenthaltes seid ihr natürlich Gäste des Palastes. Jerome, kümmere dich bitte um unsere Gäste.“
„Selbstverständlich, Regentin.“ Antwortete Jerome und nickte Heylah zu.

„Ein Empfang?“ fragte Jeanette, als wir wieder aus dem Audienzsaal traten. „Aber… Ich habe nichts zum Anziehen.“ Beklagte sie sich.

„Das macht nichts.“ Beruhigte ich sie. „Bei einem offiziellen Empfang gibt es strenge Kleidervorschriften. Ihr werdet eingekleidet.“
„Oh, und was tragen die Frauen bei einem solchen Empfang?“
Ich musste grinsen, als ich mir Jeanette lediglich in einem kurzen Baströckchen vorstellte. Zu ihrem Glück, hatte Heylah die Tradition zu Gunsten der (verklemmten) Europäer etwas abgeändert. Waren die Haare nicht lange genug um die Brüste zu bedecken, wurden Haarteile eingeflochten, um Abhilfe zu schaffen. Dennoch war das für so manche Diplomatin eine Herausforderung.
„Das… erklärt dir Caroline.“ Sagte ich lächelnd zu ihr und bekam von ihr direkt einen Schlag in die Seite.

**

Der Empfang
Der offizielle Empfang im Palast stand an und alle waren wir in meiner Dienst-Villa versammelt. Jeanette hatte sich bereits mit Lukas in den Gärten umgesehen. Die kleine Marie spielte zusammen mit einigen anderen Kindern der Angestellten. Eine Sprachbarriere schienen die Kinder nicht zu kennen.

„Caroline, das ist deine Dienst-Villa? So schön möchte ich auch einmal wohnen.“, stellte Jeanette fest. „Der Ausblick ist ja fantastisch.
Rings um die Villa war Gras gemäht und die Hecken auf ein gutes Maß getrimmt worden. Für Jeanette sah es einfach nur wunderbar aufgeräumt aus, mein Mann Peter aber erkannte sofort, dass hier weitere Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt wurden.
„Schatz, seit wann habt ihr hier Stammeskrieger zum Schutz?“, war auch seine erste Frage.

„Seit Clair und ich hier angegriffen wurden, bat Heylah um Unterstützung und seither haben die Stämme zwei Teams abgestellt, die immer wieder wechseln. Es sind aber immer zwei Teams mit vier jungen und zwei älteren Kriegern. Heute sind die Kriegerinnen mal wieder dran. Bei denen fühle ich mich immer am Wohlsten.“

Eine Glocke ertönte und wir wurden auf die Terrasse zusammengerufen.

Ma‘Difgtma erschien in Begleitung von zehn ihrer Mädchen. Sie alle waren bereits in der offiziellen kurzen Bekleidung, bestehend aus einem kurzen Baströckchen mit Schmuck aus dem ozeanischen Raum geschmückt.
Selbst Peter musste zugeben, dass die Kleidung auch an Ma’Difgtma sehr gut aussah und noch Wirkung erzeugte.

„Bitte alle herhören, ich bin Ma’Difgtma, ihre Haushofmeisterin. Für heute Abend hat die Regentin zu einem offiziellen Termin geladen. Die Damen werden, genau wie wir hier in der vorgeschriebenen Kleidung auftreten und die Herren auch.“
Damit winkte sie kurz und neben Jerome traten noch gut acht weitere Krieger in der Kriegertracht ein und stellten sich an die andere Seite, gegenüber den Mädchen. Ma’Difgtma klatschte einmal in die Hände und weitere Mädchen, diesmal noch herkömmlich angezogen erschienen und stellten sich um die Gäste.

„Diese Damen begleiten sie auf die Zimmer und sie werden eingekleidet. Da der Empfang offiziell ist, werden die Krieger und Kriegerinnen ihre Zeremonienwaffen zu tragen haben. Und nun auf gehts!“

Peter kam zu mir und nahm mich zärtlich in den Arm. „Weiß Clair um die Kleidervorschriften?“
„Oh ja, und sie wird darin wirklich gut aussehen, inzwischen hat sie auch Farbe abbekommen, ich befürchte, du erkennst sie nicht wieder.“

Aus allen Zimmern der Villa drangen Geräusche, hin und wieder etwas Gelächter und Gekicher. Nach und nach wurde es stiller und die Lichter in den Zimmern erloschen. Dafür kamen die Gäste in Tracht herunter und zeigten sich den anderen.

Auch ich hatte, genau wie Penelope, unsere Tracht angezogen und standen bereit und empfingen die anderen Gäste.

Clair sah einfach herrlich aus. Ihr wasserstoffblondes Haar war gewachsen und bedeckte ihre süßen Brüste über die ganze Länge. Ihre Haut war wunderschön gebräunt und man konnte sehen, dass sie sich gerne in der Sonne aufhielt.

Dana zierte sich noch ein wenig, aber auch sie kam hervor und sah wirklich herrlich aus.

Schließlich trat Jeanette hinzu. Ihre kurzen Haare hatten die Mädchen kunstvoll verlängert und ihr herrlicher Busen wurde dadurch verdeckt.

Mit den anderen Mädchen, an denen die offizielle Bekleidung irgendwie natürlicher wirkte, wurde das Bild dann etwas runder und die erste Aufregung schwand.

„Die Herren bitte!“ Stand Ma’Difgtma bestimmend im Raum, keiner hatte sie hereinkommen sehen, aber das war bei ihr ja nichts Neues.

Neben Jerome, der wie immer wie ein in Bronze gegossener Krieger dastand, waren die anderen Krieger aufgereiht und nun kamen auch Randy in seiner zu langen Kriegerhose sowie Lukas, dem das Ganze äußerst suspekt war. Er stand da, als hatte er Angst, dass sich die Beinkleider lösen und er blank vor der Regentin stehen würde.

Ma’Difgtma prüfte jede einzelne Uniform auf den korrekten Sitz und gab, teils nach kleinen Änderungen, dann alle frei. Uns wurden die Zeremonienwaffen übergeben und danach noch ein samtweicher Umhang, der einerseits zu kühlen schien, andererseits unglaublich dicht war.

Vor der Villa standen plötzlich Polizisten und sperrten die Seitenstraße, schon rollten einige Limousinen vor und wir stiegen alle ein um zum Palast zu fahren. Zurückblieben die Sicherheitsbeamten, die Bediensteten und die Stammeskrieger Soulebdas, die wie immer ein waches Auge auf uns und die Villa hatten.

**

Geschlossen traten wir vor die breite Treppe die zum Palast führte. Wir wurden bereits von einer Abordnung der Palastgarde erwartet und die Stufen hochgeführt.

Der Palast war in ein indirektes Licht gehüllt und aus dem inneren ertönte ein wunderschöner Gesang, der langsam ausklang. Es war jetzt 21:00 Uhr. Da öffnete sich eine der Türen und zusammen mit einem Fanfarensolo wurde in der Mitte des Saales der Teppich freigemacht, der durch den Saal zur Regentin führte.

Unsere Umhänge wurden uns abgenommen und wir stellten uns in Zweierreihen auf. Vorne Veronique und ich, wir kannten ja den Ablauf bereits. Hinter uns dann die Mädchen und ihnen folgten die Männer. Veronique gab den Ton an. „Uns nach bis zum Thron, dort halten wir und stellen uns in 2-er Reihen auf, los gehts.“

Jeanette und Lukas sahen so etwas zum ersten Mal. Als die Hauptdarsteller einer Regentin vorgestellt zu werden, das war ein Erlebnis. Zur Erleichterung der Mädchen waren alle anwesenden Damen auch in der offiziellen Tracht erschienen und so entspannten sich die Mädchen schnell.
Vor dem eigentlichen Thronbereich hielten wir an und stellten uns in einer Zweierreihe auf. Heylah stand auf und wir, die Altgedienten traten einen Schritt zur Seite, jetzt standen nur noch Jeanette mit ihrem Mann Lukas direkt vor der Regentin.

Mit einer deutlichen Verbeugung bezeugten die beiden der Regentin ihren Respekt und mit einem kleinen Wink von Heylah drehten sich die beiden um mit Blick zum Volk.

Lächelnd stellte Heylah die Anwesenden vor, berichtete von den heroischen Heldentaten und war voller Lob über die Anwesenden. Am Ende erhielten Jeanette und Lukas einen brillanteren Kometen, der an einer langen Kette getragen wurde. In dem funkelnden Licht des Palastes sah es aus, als würden die Kometen von innen leuchten.

Zweieinhalb Stunden später hatten wir uns wieder in der Villa versammelt. Jerome und seine Truppe waren rasch verschwunden, zurückblieben Jeanette, Lukas, Peter und ich. Inzwischen machte es Jeanette offenbar auch nichts mehr aus, so frei da zu stehen. Die ganzen Gäste im Palast, die ebenso wie sie selbst in dieser Tracht waren, hatten ihr Gefühl der Unsicherheit weggeweht. Mit ihrem Glas in der einen Hand und Lukas in der anderen, standen wir auf der Terrasse der Villa und blickten in den herrlichen sternenklaren Himmel.
Mit Peter stellten wir uns auch dazu und wir tranken einige der köstlichen Drinks.

Schließlich war es Lukas, der das angenehme Schweigen durchbrach.

„Schatz, kannst du dir vorstellen, dass dieses Arschloch hier, mir fast meinen Job gekostet hatte. Und heute, ich meine, nachdem ich mit diesem Arschloch durch die halbe Stadt gebrettert bin und mitgeholfen habe, einige wirklich böse Menschen zu beseitigen, da merke ich, dass er zum Glück doch ein ganz normaler Kerl ist.“

Jeanette schaute ihren Lukas an, dann prüfte sie mit einem stahlharten Blick das Gesicht von Peter und ich merkte, wie er bei dem ersten Blick von ihr leicht zuckte. Schließlich lächelte mich Jeanette an und fragte ungeniert: „Ich hoffe nur, dass er noch andere Fähigkeiten hat, als junge Karrieren zu ruinieren.“

Ich lächelte Jeanette an und streichelte ihr sanft über die Wange. „Ich versichere dir, zu dem Zeitpunkt hatte er mit etwas zu kämpfen, an dem viele andere Menschen glatt zerbrochen wären und er hat auch diesen Kampf gemeistert. Außerdem hat Peter noch andere Fähigkeiten, die ich nicht missen möchte.“ Jeanette legte ihre Wange leicht auf meine Hand und lächelte dieses gewisse „Dankeschön“ das nur Frauen verstehen können.

„Und ihr habt hier auf dieser Insel offenbar sehr viele, wichtige und wahre Freunde gefunden. Das klappt aber nicht bei nur einem Jahresbesuch, oder?“

Jetzt musste ich tatsächlich lachen. „Nein, beileibe nicht. Diese Insel ist meine zweite Heimat geworden, irgendwann wird das auch meine feste Heimat werden, wenn ich mich zur Ruhe setze.“
Jetzt lachte Peter,

„du und Ruhe finden, ich glaube vorher friert die Hölle ein, so wie ich dich kennen und … “

„Stopp, Halt, alle mitkommen!“ Donnerte ein Befehlston plötzlich neben uns.

Plötzlich stand Madame Ma’Difgtma neben uns und keiner hatte sie kommen gesehen, geschweige denn gehört.

„Ma, was ist?“, war meine erste Frage.
„Da unten in den Gärten sind Eindringlinge. Meine Krieger sind schon hinter ihnen her, aber es ist noch ein Feind hier, und ich sehe ihn nicht, mach dich kampfbereit meine Tochter!“ Damit gab sie mir ein Kampfmesser aus ihrer privaten Sammlung und ich sprang über die Brüstung der Terrasse und war verschwunden.

„Peter, beschütz die beiden, die dürfen keinen Schaden erleiden. Geht ins Haus.“

„Mitkommen!“ Ordnete Peter an und zog Lukas und seine Frau Jeanette zurück, in die inneren Räume. „Beschütz deine Frau mit deinem Leben. Du hast nur sie!“ Mit diesen Worten gab Peter eine Pistole an Lukas und wies auf das bequeme Sofa. Lukas aber nahm die Waffe nicht an, sondern nahm eines der Messer.
Peter ging an einen Seitenschrank, gab einen Code in ein Zahlenschloss ein und nahm ein Gewehr heraus. Nach der Waffenprüfung ging Peter hinter einem Pfeiler in Deckung und spähte in die Nacht hinaus, immer wieder mit einem Blick zu Lukas und Jeanette.

**

Ich hatte meine Haare nach hinten gebunden und huschte im knappen Baströckchen durch den Garten. Zur Linken hörte ich Kampfgeschrei, da hatten unsere Stammeskrieger einen Schurken gefunden und ausgeschaltet. Weiter unten erkannte ich Bewegungen. Das mussten die anderen Stammeskrieger sein, als meine Sinne mich warnten. Sofort duckte ich mich und verschwand im Garten.

**

Der Schütze stand versteckt im Schatten, er hatte eine geradezu vorbildliche Waffe. Eine Remington Bravo 51, genannt Kate, mit Nachtvisierung und extralangem Schalldämpfer. Dieses Gewehr kannte ich nur zu gut und ich wusste, es trifft, wenn der Sniper gut ist, immer.

Jetzt hatte der Schütze sein Ziel gefunden, einen Mann, der hinter einem Pfeiler stand und hin und wieder die Lage prüfte. Beim nächsten Mal würde er schießen. Da spürte der Schütze zwischen seinen Beinen ein brennendes Beißen.

„Waffe aus dem Ziel nehmen und sichern, sonst sind deine Eier ab.“ Der Schütze erkannte, dass ein Messer sich in seinen Hodensack schnitt und bereits die Haut angeschnitten hatte. Er konnte sich nicht mehr auf seinen Auftrag konzentrieren und nahm die Waffe hoch, sichert sie und ließ sie sich abnehmen.

„Ein Fehler und du hast keine Eier mehr, ich sage es dir nur einmal.“

Von der Seite kamen Leute mit Lampen und beleuchteten die Szene. Vor dem Mann stand eine rothaarige Frau mit nacktem Oberkörper, kräftigem Busen im knappen Bast Rock und hielt ein mächtiges Messer zwischen den Beinen des anderen Mannes.

In ihren Augen funkelte das Sternenlicht, diese Frau wusste, wie man tötet, das war dem Schützen sofort klargeworden.
„Scheiße, diese Gerüchte stimmen also doch, dass auf Soulebda Weiber als mordslüsterne Wächter herumlungern.“ Stöhnte der Schütze, während er durchsucht und danach gefesselt wurde.

Die Frau mit den roten Haaren und dem herrlichen kräftigen Busen aber prüfte das Messer und war kurz darauf verschwunden.

So leise wie das Ganze begonnen hatte, so leise war es auch vorbei. Die Stammeskriegerinnen trugen zwei andere Eindringlinge weg, diese hatten weniger Glück und nach kurzem Kampf ihr Leben in den Händen der Stammeskriegerinnen beendet.

Die anschließende Suchaktion ergab, dass keine weiteren Eindringlinge mehr in den Gärten waren. Draußen vor dem starken Zaun der großen Villa aber schlichen dunkle Gestalten umher und umzingelten ein kleines Haus, aus dem ein langes Rohr lugte.

Am Ende des langen Rohres schaute ein Schütze durch die Optik des Fernrohres und suchte offenbar sein Ziel, als es links hinter ihm raschelte. Wieselflink hatte sich der Schütze herumgedreht und hielt eine Pistole in der Hand, jedoch konnte er nichts sehen.
Als er die Pistole wegsteckte und das Gewehr erneut anheben wollte, spürte er einen kurzen Luftzug und es machte „Buhh!“ Zwei weiße Augen schauten ihn an, alles andere blieb im Dunkel des Raumes.

Jetzt zogen zwei weitere starke Hände das Gewehr und die Pistole sowie ein Messer weg und die weißen Augen, die auf ihn gerichtet waren, behielten den Schützen genaustens im Blick.

„Hinlegen und die Hände her!“ Jetzt ging auch das Licht an und der Schütze erkannte in dem Zimmer drei Männer in Kampfanzügen, einer davon legte ihm Fesseln an und erklärte ihm. „Sie sind hiermit festgenommen. Bringt ihn in die Zentrale zur Vernehmung. Ich erstatte Bericht.“

**

Am anderen Tag saßen wir alle zusammen beim Frühstück und Jeanette war so aufgeregt, wie ein kleines Mädchen. Sie hatte ja von dem Ganzen nichts mitbekommen, außer dass es einen Eindringling gab. Peter und Lukas saßen mit Jeanette und mir am Tisch.
„War das ein Einbrecher, gestern Nacht, ich dachte, hier muss keiner hungern?“
Plötzlich stand Madame Ma’Difgtma neben ihr und goss ein Glas Fruchtsaft ein. „Mein Kind, wir hatten gestern Nacht unangekündigten Besuch und unsere Wachen haben das erkannt und uns gewarnt. Jetzt ist wieder alles in bester Ordnung.“

Jerome trat ein, mit einem Major in Polizeiuniform. Die beiden unterhielten sich und kamen näher an den Frühstückstisch. „… die beiden Angreifer in den Gärten mussten leider sterben, aber Miss Caroline hat den einen Schützen ja abgefangen und wir konnten unterhalb der Straße einen weiteren Schützen überwältigen. Die beiden werden gegenwärtig beim Geheimdienst befragt.“

„Gut Major, danke für die Informationen, wir sehen uns heute im Palast zur Besprechung.“ Damit drehte der Polizist um und ging. Jerome schaute uns lächeln an und meinte nur lakonisch, „schätze das waren die ersten Ausläufer des Sturmtiefs, das wir erwartet haben.“ Er nahm Platz und goss sich ein Glas Saft ein. Ma’Difgtma nickte ihrem Sohn unmerklich zu.

Jeanette sah Peter und mich an und auch Lukas schaute überrascht. „Dann war das doch kein einfacher Überfall?“

„Nein“, sagte ich, „das war eine kleine Kommandoaktion des Stechers. Das bedeutet zweierlei: Erstens, wir werden den Schutz anpassen und zweitens, wir müssen die Überlebenden befragen, bevor der Stecher sie ausschalten lässt und er wird sie ausschalten!“

Jerome nickte und verabschiedete sich. „Die Regentin hat noch in der Nacht Alarmstufe Ultraviolett ausgerufen. Caroline, erklär bitte, was das bedeutet. Ich bin im Palast.“ Waren seine Worte, als er das Haus verließ.

„Ultraviolett? Ist das mehr oder weniger als Alarmstufe Rot?“, wollte Jeanette wissen. Die Frau gefiel mir immer besser, sie war interessiert und erkannte, was wichtig war und was nicht.
Ma’Difgtma stand lächelnd neben mir, als ich mit den Ausführungen begann.

„Also Alarmstufe Ultraviolett ist die zweithöchste zivile Alarmstufe und das bedeutet …“ Begann ich mit der Erklärung und Lukas hing, genau wie Jeanette an meinen Lippen. Peter hatte diese Stufe bereits ein einziges Mal miterlebt, als der alte Präsident zum Schlag gegen das Volk ausgeholt hatte.

**

Jetzt geschah auf Soulebda einiges gleichzeitig.
Noch in der Nacht wurden die Sicherheitsbestimmungen am Zentralflughafen erhöht.

Der nördliche Flughafen, das Julam’da Airfield, wurde für den Zivilverkehr gesperrt und dem Militär untergeordnet.

Das Militär war eh bereits in Bereitschaft versetzt, wegen der Maßnahmen gegen die Piraten, erhielt Munition und wurde an einigen nostalgischen Punkten zur Unterstützung eingeteilt.
Die Lotsen am Zentralflughafen und die Hafenkapitäne in den drei Häfen Soulebdas wurden mit militärischen Kräften verstärkt.

Der Villenbereich mit den sieben Verwaltungsvillen, zu denen auch meine Dienstvilla zählte, wurde in die Schutzzone Alpha aufgenommen. Jetzt kam keiner mehr herein oder heraus, ohne gültige Sonderpapiere.

Die Küstenwache aktivierten ihre Bordwaffen. Sonst waren die Waffen nur unter Deck oder gesichert, jetzt wurde auf munitioniert.

Polizei und Geheimdienst wurden aktiviert.

Als nächstes wurde das Villenvierten genaustens untersucht. Diensthunde wurden auch eingesetzt, außerdem hatten die Stämme einige Aufspürer und Spurenleser geschickt und tatsächlich wurden im Villenbereich zwei Männer festgenommen, die hier nichts zu suchen hatten.

Und schließlich wurde unsere Villa mit einem Sensor Mast bestückt, der von Tamars Technikern ersonnen wurde um das Funkspektrum zu untersuchen. Hier aber hatte der Sensormast nicht nur passive, sondern auch aktive Möglichkeiten. Nur wussten wir das zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Im Palast schließlich wurden alle Hinter- und Seiteneingänge geschlossen. Jetzt war der Palast nur noch über einen kleinen und den Haupteingang zu betreten. Die Sicherungsmannschaften waren aktiviert und die Wachen verstärkt worden.

Nachdem noch in der Nacht drei Schiffe ausgelaufen waren, wurden die drei Häfen und der Hochseehafen vor Nin’Tah untersucht. Die drei ausgelaufenen Schiffe waren die MS Moana, die MS Onagero, und der moderne Hochsee Trawler Tsai Theta.

Der kleine Fischerhafen vor Uhr’Luu wurde mit Wachkommandos verstärkt und wieder freigegeben. Der südöstliche Hafen bei Po ’Tau hingegen wurde gesperrt, da hier aber ohnehin Umbaumaßnahmen und eine Fahrrinnen-Vertiefung anstanden, war das keine Überraschung.

Der Haupthafen nahe der Stadt wurde über Nacht geschlossen und es wurden alle Schiffe genaustens untersucht und überprüft. Da es keine Unstimmigkeiten gab, wurde der Hafen gegen Mittag wieder geöffnet.

Schließlich wurde der einzige Hochseehafen Soulebdas, vor Nin’Tah, dem Militär unterstellt und alle Schiffe untersucht. Da aber zu diesem Zeitpunkt nur zwei Tanker und ein Containerriese lagen, ging die Untersuchung rasch voran.

Am frühen Morgen konnten dann auch alle Bewohner sehen, dass etwas anders war. Aus der großen Kaserne mit der Militärakademie war die Aasuun aufgestiegen, ein fast 60 Meter langer Zeppelin, der an Seilen in die Höhe gelassen wurde und in gut 4000 Metern seine elektronischen und optischen Augen über Soulebda ausgebreitet hatte. Die Aasuun wurde nur bei besonderen Anlässen oder Gefahren aktiviert. Besser hätte man in der Stadt keinen stillen Alarm auslösen können.

Ganz Soulebda war bereit sich allem entgegenzustellen, was kommen würde.

**

SOULEBDA, Zentrale von GIPSY
„Hallo ihr Krieger.“ Begrüßte uns Mike am Eingang der GIPSY Zentrale. Caroline, Claire und ich betraten die Zentrale, wobei das Wort Zentrale etwas irreführend war. Von außen hätte es auch der Souvenirladen von Jeromes Schwester sein können, im inneren dagegen sah alles ganz anders aus. Hier gab es moderne Büros und jede Menge Technik.

„WOW.“ Sagte ich und fühlte mich an Fernsehserien erinnert, bei denen Polizeireviere jeden Technikfreak glücklich machten, aber völlig an der Realität vorbeigingen. „Ich wusste nicht, dass hier ein Raumschiff gelandet ist.“

„Den Teil hier zeigen wir nur den Gästen um anzugeben, die Konsolen sind nicht echt.“ Antwortete Mike mit einem Augenzwinkern. Verdammt, der Kerl hatte einen genauso schwarzen Humor wie ich und ich musste tatsächlich eine Sekunde überlegen, ob Mike das ernst meinte. Was mir auf den zweiten Blick auffiel, war, dass man es geschafft hatte, trotz all der Technik ein angenehmes Raumklima zu schaffen.

Die einzelnen Büros waren freundlich und hell eingerichtet, es gab viele Bilder und andere Kunstwerke, die in den Fluren standen. Bei einer genaueren Betrachtung bemerkte ich, dass Glasscheiben aus Panzerglas bestanden und Türen nur auf den ersten Blick aus Holz geschaffen waren und an jeder Tür, waren elektronische Schließmechanismen, die man über einen Computer steuern konnte.
Ein Genie wie Randy könnte bei einem Angriff sicher durch die Türsteuerung Mitarbeitern die Flucht ermöglichen und gleichzeitig den Angreifern den Weg versperren. –Wahnsinn- dachte ich. –Das hier ist eine Festung! –

„Mir wem seid ihr denn vernetzt?“, fragte Caroline, als wir hinter Mike hergingen.
„Nun im Gegensatz zu meinem früheren Arbeitgeber, arbeiten wir hier größtenteils nicht auf eigene Faust. Wir sind mit Seraph Ma’Gus vom Geheimdienst sowie mit der Polizei von Soulebda vernetzt und tauschen alle Informationen aus, ganz gleich bei wem sie eingehen, wir teilen sie untereinander.“
„Dann seid ihr weiter als die meisten Geheimdienste.“ Meinte Caroline.
„Ja, ich habe mich bei der CIA immer für einen intensiven Austausch stark gemacht…“
„Und?“ wollte ich wissen.“

„Sie haben mich gefeuert, schon vergessen?“
Caroline stieß mich in die Seite und schüttelte den Kopf.
„Was?! Du sagst doch immer, Einmal dabei, immer dabei.“
„Nimm es ihm nicht krumm“, sagte Caroline zu Mike, „er ist immer noch ein Amateur.“
„Ach keine Sorge, ich kenne ihn ja.“

„Was ist mit anderen Geheimdiensten?“ fragte ihn Claire.
„Nun, wie du dir sicher vorstellen kannst, arbeiten wir eng mit dem Mossad zusammen. Dagan hat unglaublich viele Kontakte und nutzt sie. Dasselbe macht Viktor. Ihr könnte euch nicht vorstellen, wen der alles kennt.“

„Warte mal“, warf ich ein, „du willst mir erzählen, dass Viktor einfach irgendwo anruft, sagen wir mal in Deutschland bei einem aktiven oder ehemaligen Geheimdienstler und sagt, „Hallo hier ist Viktor Kubaliborov vom ehemaligen KGB“ und schon reden die miteinander?“
„Peter… natürlich nicht gerade so, aber JA! Die Welt der Geheimdienste ist nicht wie man sie in Filmen darstellt. Es sind Verwaltungen, Behörden… man bringt sich nicht gegenseitig um. Ich helfe dir, du hilft mir.

Nehmen wir mal die CIA und den KGB, du glaubst nicht wie oft wir zusammengearbeitet haben?… natürlich nicht offiziell.“
„Und was ist mit all den finsteren Geschichten über die CIA?“

„Das sind doch alles alte Kamellen. Frag mal deine Frau, wie viele feindliche Agenten sie gekillt hat.“
Ein Blick zu ihr reichte als Antwort aus. Caroline hob die Augenbrauen und zog die Schulten nach oben.
„Apropos Mossad, konntet ihr Lem helfen und etwas über den Hintermann von Alofi herausfinden?“
„Hab noch einen Moment Geduld, wir besprechen es gleich in der großen Runde.“
„Ich weiß es ist geheim… „Begann ich, „aber hattest du auch schon eine frühere Begegnung mit dem Stecher?“

„Ja.“
„Ja, was?“ fragte ich nach als Mike keine Anstalten machte weiterzusprechen.“
„Ja, es ist geheim. Aber falls du die Operation mit Frank, Decker und den anderen meinst, NEIN! Damit hatte ich nichts zu tun.“

Weitere Ausführungen konnte Mike nicht machen, denn wir hatten einen Besprechungsraum erreicht und Mike öffnete die Tür. Der Besprechungsraum war wie das ganze Innenleben der GIPSY Zentrale freundlich gestaltet, aber technisch auf dem neusten Stand. An einen ovalen Tisch saßen schon Dagan, Viktor, Dave, Fabienne, Finja, Jerome, Seraph Ma’Gus, ein Kapitän der Küstenwache, Kapitän Tamar vom „Todesschatten“ dem auf Soulebda dauerhaft stationierten israelischen U-Boot „Hebron“, sowie mehrere Zivilsten.

Caroline lief als erstes zu Dagan und nahm ihren „Onkel“ in die Arme.
„Ach meine kleine Mischka.“ Begrüßte er Caroline. „Schön dich endlich wieder im Arm zu haben. Die Ehe scheint dir gut zu bekommen, du siehst sehr gut und jung aus.“
„Dagan…“ sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und, schaute dann verstohlen zu mir und zwinkerte mit dem Auge. „Lass das Peter nicht hören, er bildet sich sonst ein, er wäre der Größte.“
„Das denkt Peter doch sowieso von sich.“

„Ja.“ Lachte Caroline. „Da hast du nur zu allzu Recht.“, und begrüßte dann ihre „Schwestern“ Fabienne und Finja. Anschließend machte Mike uns mit den Leuten bekannt, die neu in unserem Kreis waren.
„Das ist Kapitän Her’jare von der Küstenwache, die Inspektoren Lastre’lar und Shea Martin von der Polizei Soulebda, Hafenmeister Kama’lar, und Herr Evan Hall vom IMB, dem international Maritime Bureau aus London.“

Ich konnte sehen, wie sich Carolines Stirn in Falten legte. Dagan hatte ihr gesagt, dass es bei der Besprechung um Alofi ging. Das Tamar hier dabei war, war eine Selbstverständlichkeit. Schließlich leitete er die Katalogisierung und Erfassung der Giftmüllbestände von Alofi und versuchte mit Spezialisten, welche Lem ihm geschickt hatte, eine Umweltkatastrohe zu verhindern.
Und dass die Polizei mit im Boot saß, war nachzuvollziehen, doch warum das international Maritime Bureau, die Küstenwache und ein Hafenmeister anwesend waren blieb ihr ein Rätsel, zumal Alofi ein streng gehütetes Geheimnis war.

Bevor Caroline Mike dazu eine Frage stellen konnte, öffnete sich eine andere Tür des Raumes und Kana’Fartu Yasomera betrat den Raum und steuerte den Platz am schmalen Ende des ovalen Tischs an.
„Kommt, ich stelle euch vor.“ Sagte Mike und brachte uns zu Kana’Fartu Yasomera. Der war ein älterer Mann, dessen Alter ich allerdings unmöglich schätzen konnte. Der Körper war eindeutig über achtzig, doch die Augen waren jung und blitzen vor Tatendrang.

„Gelehrter Kana’Fartu Yasomera, “ stelle Mike ihn vor und zeigte dann auf uns. „Darf ich ihnen die Krieger, Caroline Miles und Peter Stein vorstellen, sowie Major Clair Clament vom DGSE.“ Während Kana uns freundlich zunickte, verbeugte sich Caroline tief vor ihm, bevor sie ihm die Hand reichte.
Als ich ihm die Hand reichen wollte, gab mir Caroline einen Stoß in die Seite und machte mit ihren Augen eine eindeutige Bewegung, also verbeugte ich mich ebenfalls.
„Gelehrter Kana’Fartu Yasomera, es ist mir eine Ehre, sie persönlich kennenzulernen.“ Sagte Caroline. „Ihr Wissen und ihre Lehren, haben mir schon oft das Leben gerettet.“

„Nein, meine Kriegerin, dein Leben hast du selbst gerettet, vielleicht auch deine Ausbilder, die meine Lehren an dich weitergegeben haben. Erhalte dein Wissen und gib es weiter. Und nun nehmt bitte Platz.“
Sofort erstarben alle Gespräche und die Anwesenden setzten sich auf ihre Plätze. Mein Platz war neben Jerome, der mir freundlich auf die Schulter schlug, als ich mich gesetzt hatte. Als wir alle Platz genommen hatte, war die Hälfte der Plätze am Tisch belegt. Der Platz am anderen spitzen Ende des Tisches, Kana genau gegenüber, blieb leer und gegenüber von uns waren ebenfalls noch Plätze frei, dennoch lagen vor jedem Platz Mappen mit Unterlagen.

„Verehrte Mitstreiter, ich danke ihnen für ihr Kommen.“ Begann Kana’Fartu Yasomera die Besprechung. „Es gibt beunruhigende Neuigkeiten aber auch Fortschritte zu berichten.“ Er nickte Dagan zu und überließ ihm das Feld. Dagan stand auf und wie von Zauberhand senkte sich ein Beamer von der Decke und an der Wand gegenüber entrollte ich eine weiße Leinwand.
„Ich habe die Vertreter der Polizei, der Küstenwache sowie den Vertreter der Hafenbehörden vor einer Stunde über die Vorfälle auf Alofi unterrichtet. Die Inspektoren Lastre’lar und Martin, Kapitän Her’jare sowie Hafenmeister Kama’lar bilden auf Anweisung des Palastes eine Sonderermittlungsgruppe, welche sich mit dem Vorfall der ermordeten Besatzung der Bell Star befasst. Wie das zusammenhängt, wird uns Finja erklären.“

„Vielen Dank.“ Sagte Finja und stand auf, während sich Dagan setzte.
„Das hier ist Theobald, der Stecher, Vogel.“ Begann Finja und ein Bild des Stechers erschien auf der Leinwand. „Der Stecher ist eine Art Berühmtheit in der Schattenwelt. Er ist Auftragsmörder, Söldner und Geschäftsmann in einem.

Zum ersten Mal trat er 1985 in Erscheinung, als er einen hohen Afrikanischen Politiker ermordete und abtauchen konnte. Schon ein Jahr später änderte Vogel sein Geschäftsprinzip und ließ sich als dauerhafter Troubelmaker anheuern. Eine hochgestellte und finanziell sehr gewichtige Person heuerte ihn an und der Stecher arbeitet seitdem für diese Person. Dieser Hintermann, nennen wir ihn den Financier, ruft immer, wenn er ein Projekt durchführt den Stecher an und dieser leitet dann die Operative Durchführung dieses Projektes.

Als Beispiel dient hier Alofi. Aus den Akten, die Caroline in der Miene sichergestellt hat wissen wir, dass der Financier Nguyens Hauptgeldgeber war.“
Ich hob die Hand und Finja nickte mir zu.
„Ich dachte Nguyen hat die Deponie selber finanziert.“

„So sah es anfangs auch aus. Doch eine genaue Auswertung der Akten sowie der finanziellen Unterlagen der Trafalgar-Gruppe, welche uns John Gifferton zur Verfügung gestellt hat, belegen, dass das Projekt Detreptis Nguyens ganze Kapazitäten aufgebraucht hat. Wäre der Clou geglückt, dann wäre Nguyen jetzt noch am Leben und der reichste Mensch der Welt. So aber… Jedenfalls wissen wir, dass es einen Hintermann gab.“

„Gibt es denn eine Vermutung, wer das sein könnte?“ wollte Caroline wissen.
„Wir haben noch keinen konkreten Verdacht“, Antwortete Finja, „allerdings geht aus den Akten hervor, dass aus fast ganz Europa, dem Nahen und Mittleren Osten und Amerika Giftmüll auf Alofi liegt. Das heißt, der Financier hat beste Kontakte in all diese Länder! Auch wenn er die Verhandlungen nicht selbst führt, weiß er doch, mit wem seine Mittelsmänner reden müssen. Leute die einen solch großen Einfluss haben, gibt es nur sehr wenige.“

Allmählich begriff ich, was Finja da andeutete. Wer immer dieser Financier war, er stand an der Spitze eines großen Konzerns, eines Kartells oder gar einer Regierung. Man konnte nicht einfach mit dem Finger auf ihn zeigen, ohne dass man ABSOLUT SICHERE und UNWIDERLEGBARE Beweise hatte!
„Das Problem ist, durch das Auffinden der Akten erfuhr auch der Financier von deren Existenz. Während Lem und Seraph Ma’Gus die Akten noch sichteten, setzte der der Financier Vogel darauf an und kappte alle Verbindungen, die die zu ihm führen könnten.“

„Das heißt, er brachte die Leute alle um.“ Stellte Lastre’lar klar.“ Und wechselte mit Shea einen besorgten Blick.

„Das ist korrekt.“
„Von wie vielen Leuten reden wir hier?“ wollte Martin wissen.
„Der momentane Stand liegt bei Dreihundertneun Menschen, die der Stecher in den letzten Monaten ermordet hat.“

„WAS?!“ fragte Shea entsetzt. „DREIHUNDERTNEUN?!“

„Ja, und wir befürchten, es werden noch mehr, da die Hauptzeugen gegen den Financier noch am Leben sind.“
„Wissen wir denn wo sich diese aufhalten?“ fragte Lastre’lar nach.
„Oh ja“, Finja lächelte und zeigte auf Caroline und mich, „sie sind hier am Tisch. Kommen wir nun zu den guten Nachrichten. Das Auftauchen des Stechers bestätigte uns die Vermutung, dass der Financier hinter Alofi steckt.“

„Und wieso ist das eine gute Nachricht?“ wollte ich wissen.
„Nun dazu gebe ich das Wort an Fabienne weiter.“

„Wie ihr sicher gehört habt“, begann Fabienne, „Hat man vor einigen Wochen die Besatzung der „Bell Star“ tot aufgefunden.
Nachforschungen haben ergeben, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit Piraten die Belle Star geentert und die Besatzung ausgesetzt haben. Durch akribische Ermittlungen unserer Task Force“, Fabienne zeigte auf Lastre’lar und sein Team, „konnten wir einen genauen Zeitplan über die Geschehnisse um die Belle Star erstellen.

Nachdem Major Clair Clament vom DGSE hier ankam, stellte sich heraus, dass der DGSE hinter diesem Mann her war.“ Fabienne zeigte auf die Leinwand und ein neues Bild erschien. „Don Aluego.“
„ÄHM“, ich hob die Hand. „Ist das nicht der Stecher?“
„Doch, Don Aluego ist eine der Tarnidentitäten, welche sich Vogel zugelegt hat. Zum Pech ihrer Kollegen, erkannte man ihn nicht.“ Sagte sie zu Claire. „Der Stecher hat einen Tipp bekommen, auch hier keine halben Sachen gemacht und alle ausgeschaltet, die ihm gefährlich werden konnten. Sie sind die einzige ihrer Kollegen, welche noch lebt. Nun zur Frage, was wollten der DGSE von Aluego? Die Ermittlungen des DGSE richteten sich gegen Piraten, welche in den Gewässern zwischen Französisch-Polynesien, der Malakka-Straße und den Philippinen ihr Unwesen treiben.“
„Piraten?“ Fragte ich nach. „AARRR“

„Das ist nicht lustig. Piraterie war nie lustig oder romantisch. Piraten waren seit jeher Verbrecher und nicht wenige von ihnen sind schlichtweg Mörder.“
„Ich wollte auch nicht lustig sein.“ antwortete ich ihr. „Dass Piraterie ein ewiges Problem ist weiß ich, ich sehe nur keinen Zusammenhang.“

„Nun“, grinste sie, „Dann geht es dir wie den meisten von uns. Finja hatte als erstens die Eingebung, dass es sich hier um eine Gemeinsamkeit handeln könnte, und sie hatte Recht!
Die Gemeinsamkeit ist Vogel! Wir wissen, dass Vogel für den Financier arbeitet, dass er hinter dem Anschlag auf euch und den neueren Anschlag auf Frank steckt und wir wissen, dass Vogel die Franzosen aus dem Wasser gesprengt hat.“
„Wenn ich das alles richtig interpretiere, ist der Financier neben seiner Tätigkeit als illegaler Deponiebetreiber jetzt auch ein Pirat.“

„So einfach ist das nicht.“ Antwortet Viktor. „Der Financier betreibt diese Geschäfte nicht selber, das überlässt er anderen. Auf Alofi hatte er Nguyen, der für ihn die Deponie betrieb. Bei der Piratengeschichte ist es ähnlich. Der Financier sucht sich einen Partner und DER betreibt das Piratengeschäft. Auf diese Weise ist der Financier abgesichert und lediglich am Gewinn beteiligt.“
„Und wenn es gefährlich wird, legt der Stecher seinen Partner um und man kann ihm nichts nachweisen.“ Führte ich Viktors Gedanken weiter.
Viktor nickte mir zu und meinte dann. „Du hast es kapiert.“
„Und wie gehen wir jetzt vor?“

„Wir müssen den Piraten das Handwerk legen und den Partner des Financiers erwischen, und zwar bevor Vogel ihn umbringen kann.“
„Wie stellt ihr euch das vor?“ wollte Caroline wissen. „Ich gehe mal davon aus, ihr kennt den Piratenchef noch nicht, sonst würden wir hier nicht sitzen.“
„Da liegst du leider richtig, meine kleine Mischka.“ Stimmte Dagan ihr zu. „Aber wir haben einen Plan. Einen Plan, bei dem du eine wichtige Rolle spielst.“
Das hätte ich mir denken können! Natürlich würde Caroline jeden Plan durchführen den Dagan sich ausgedacht hatte und genauso natürlich würde ich nicht von ihrer Seite weichen!
„Evan Hall, wird uns erklären wie die Piraten arbeiten.“ Sagte Kana und bat den Vertreter des IMB zu berichten.

Evan erhob sich und eine Karte des Südpazifiks erschien auf der Leinwand, auf der die Hauptschifffahrtsrouten eingezeichnet waren. „Als man das IMB über den Vorfall mit der Belle Star unterrichtete, bestätigte deren Verschwinden das, was wir in London schon länger vermutet hatten.
Schon immer sind Schiffe im Pazifik genauso spurlos verschwunden, wie auf allen anderen Meeren der Welt auch. Im Grunde gibt es in jedem Meer ein Bermudadreieck. Im Pazifik gibt es sogar zwei. Eines um die Japanischen Inseln und eines praktisch hier um die Ecke. Zwischen den Fidschi-Inseln, Papeete und Tokelau sind ungeklärte Schiffsverluste statistisch höher als im Rest des Südpazifiks.“
„Was ist statistisch höher?“ wollte Jerome wissen.

„Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schiff in diesem Dreieck verloren geht ist 21,69% höher. Die Ursachen sind ebenso wie in allen anderen „Bermudadreiecken“ natürlichen Ursprungs. Hier bilden sich zum Beispiel auf Grund der Meeresströmungen und Wetterbedingungen oft sogenannte Killerwellen. Auch Navigationsfehler und Riffe sind häufige Ursachen, besonders zu der Zeit bevor moderne Technik den Kapitän und seien Besatzung unterstützte.
Doch in den letzten beiden Jahren häufte sich das Verschwinden von Schiffen im Südpazifik dermaßen, dass es eine andere Ursache geben musste. Leider sind die Alternativen zu natürlichen Ursachen eher gering. Wir kamen zu der Überzeugung, dass sich eine neue Piratengruppierung die Gewässer um Soulebda als Jagdgebiet ausgesucht hat.“
„Wieso eine neue Gruppierung?“ fragte Viktor nach.

„Nun, es gibt zwei Arten von Piraten. Die einen sind bitterarme Küstenbewohner, die nachts in kleinen Booten Schiffe entern, welche sie in Küstennähe erreichen können. Da wichtige Schifffahrtsrouten, wie die Malakka-Straße, die Torres-Straße, oder am Horn von Afrika in Küstennähe verlaufen, ist die Piraterie dort am stärksten. Bitte verstehen sie mich nicht falsch, aber viele dieser Menschen tun das nur aus purer Not.

Die zweite Art der Piraten arbeitet als Organisation. Triaden oder Kartelle, welche sogar oft mit Behörden zusammenarbeiten. Nachdem China rigoros gegen Piraterie in chinesischen Gewässern vorging, haben sich die Triaden andere Jagdgründe gesucht sind aber nicht weniger gefährlicher geworden.

Während sich die erste Gruppe Piraten oft nur das Schiff entert und ausraubt, oder wie in Afrika die Besatzung entführt um Lösegeld zu erpressen, haben es die anderen Piraten eher auf die Schiffe, bzw. die Ladung abgesehen. Die Besatzung, oder deren Leben, spielen da keine Rolle.
Allerdings werden auch von den Piraten der zweiten Kategorie vereinzelt Menschen entführt um sie gegen Lösegeld zu verkaufen. Das trifft dann zu, wenn die Piraten einen Zufallstreffer landen und wissen, dass die Geisel eine Menge Geld wert ist. Oder, was leider auch vorkommt, werden besonders junge und gutaussehende Frauen als Sklaven verkauft.“

„Das es so etwas heute noch gibt!“ schüttelte Martin den Kopf.

„Leider ist Menschenhandel so aktuell wie nie. Entführte Menschen werden in Lager auf Inseln gepfercht und verkauft. Wo diese Lager sind ist oft sogar bekannt, aber niemand fühlt sich zuständig dagegen vorzugehen, oder sie werden von Behörden bewusst ignoriert, da diese mit den Piraten Hand in Hand arbeiten.

Nun ist es hier auf Soulebda nicht so, dass arme Fischer aus Verzweiflung nachts mit ihren Booten herausfahren und Piraterie betreiben.
Die wirtschaftliche Lage Soulebdas ist hervorragend und die staatliche Versorgung erstklassig. Das bedeutet, dass die Piraten hier der zweiten Kategorie angehören. Zwischen Soulebda und der Australischen Westküste operiert eine straff organisierte Organisation, die gewinnorientiert arbeitet. Wir vermuten, dass es durch das Entstehen dieser neuen Gruppierung auch ein neues Lager für den Menschenhandel gibt, doch wo das ist, können wir zurzeit noch nicht sagen.“

Ich hob die Hand und Hall nickte. „Nun, der Südpazifik ist jetzt nicht gerade klein und ich vermute einmal, dass eine Menge Schiffe da draußen unterwegs sind, woher wissen die Piraten welches Schiff für sie interessant ist und wie kommen sie an es heran ohne aufzufallen?“
„Nun… Die Piraten haben in jedem Hafen ihre Leute. Hier in Nih’tan haben sie bestimmt hunderte Augen. Doch ziehen sie keine vorschnellen Schlüsse.“ Sagte er, als er mitbekam wie Jeromes Augen eng wurden.
„Die meisten dieser Leute wissen nicht, dass sie für Piraten arbeiten. Diese geben sich zum Beispiel als Versicherungsagenten aus, welche überprüfen sollen, ob die tatsächliche Ladung, die der Versicherungspolice entspricht, oder als Detektive die verschwundenen Container suchen.
Manchmal besorgen sie sich falsche Dienstausweise vom örtlichen Zoll oder der Polizei, meistens aber wechseln Informationen für ein paar Scheine den Besitzer. Niemand fragt, warum- wer- welche Informationen haben will, solange die Bezahlung stimmt. Auf diese Weise erfahren die Piraten, welches Schiff eine wertvolle Ladung transportiert, oder ob sich eine Entführung der Besitzer lohnt. Ist das Ziel erst einmal ausgemacht, heuert oftmals ein Mitglied der Bande an Bord an und fährt mit der ahnungslosen Besatzung los.

Dann beginnt Teil zwei, das Aufbringen des Schiffs. Genau wie eine ganz normale Reederei, betreiben die Piraten ihre Schiffe. Wir schätzen, dass das hier operierende Kartell acht bis zehn Schiffe betreibt.
Diese pendeln ständig auf Schifffahrtsrouten um Soulebda hin und her. Wird ein Ziel gemeldet, steuert das Schiff, welches dem Ziel am nächsten ist, darauf zu und entert das Schiff. Dazu werden kleine schnelle Boote ausgesetzt, die sich nachts angreifen.
Das Piratenmitglied an Bord lenkt die Besatzung ab, oder bringt Seile an der Bordwand an und schon ist die Crew überrumpelt.“

„So wie die Bell Star.“
„Richtig.“

„Hat jemand bis hier her noch eine Frage an Mister Hall?“ fragte Kana, doch keine Hand hob sich. „Dann danke ich ihnen vielmals.“ Bedankte sich Kana bei ihm. „Ich habe veranlasst, dass der Palast ihnen ein Büro zur Verfügung stellt, über dass sie direkt mit uns verbunden werden.“
Hall bedankte sich für die Aufmerksamkeit und verließ den Raum.
Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, stand Seraph Ma’Gus auf und trat vor die Leinwand, auf der die chinesische Küste erschien.
„Vor drei Tagen wurde in Weihai, einem chinesischen Frachthafen, versucht, eine größere Menge Seltene Erden zu verkaufen. Angeblich stammen diese aus chinesischen Mienen nahe der russischen Grenze.

Der niedrige Preis hatte die Aufmerksamkeit unserer Mitarbeiter erregt. Als Grund für den geringeren Preis wurde das momentane Überangebot am internationalen Mark angegeben, doch das stimmt bei genauerer Betrachtung nicht. Die Menge und der Preis würde für den Verkäufer ein Minusgeschäft von dreiundzwanzig Millionen Dollar bedeuten. Es gelang unseren Leuten, nachts eine Probe der Erden zu nehmen und zu analysieren. Das bedeutet, dass wir die Ladung der Belle Star gefunden haben. Der Verkäufer ist eine chinesische Firma, die einem internationalen Konzern angehört. Das kann man ewig weiterverfolgen und würde lediglich feststellen, dass diese alle Scheinfirmen sind.“
„HHMM“; meinte ich. „China…Hall sagte, dass die Piraten ja mit den Behörden zusammenarbeiten.“
„Nein!“ warf Viktor ein. „Nicht in China! China bekämpft Piraten in seinen Gewässern konsequent und bestraft alle Beteiligten sehr hart, was Anfang bis Mitte der Neunziger mancher Funktionär zu spüren bekam. Fakt ist, dass die Chinesen es geschafft haben die Piraten fast gänzlich aus ihren Gewässern zu vertreiben.“

„Das stimmt.“ Pflichtete Seraph Ma’Gus ihm zu. „Wir kamen zwar mit der Reederei nicht weiter, allerdings konnten wir das Schiff ausmachen, welche die seltenen Erden nach Weihai gebracht hat.
Heutzutage gibt es überall Webcams und auf einem ist das Schiff zu sehen, wie es die Seltenen Erden löscht. Angeblich handelt es sich bei diesem Schiff um die Ghunh Luzu, ein in Shanghai registriertes Frachtschiff. Tatsächlich ist es ein Geisterschiff, also ein gekapertes Schiff, das unter falschem Namen fährt. Wir konnten seinen Kurs bis nach Manado zurückverfolgen.“
Auf der Leinwand erschien ein neues Gesicht und diesmal war es nicht der Stecher. „Dr. Darius Kajat! Kajat ist einer der einflussreichsten Männer Indonesiens. Es gibt nichts, worin er die Finger nicht stecken hätte. Ihm gehört fast der gesamte Hafen Manados. Ich wette meinen Kopf darauf, dass wir den Partner des Financiers gefunden haben.
Jetzt gilt es das zu beweisen und Kajat in die Hände zu bekommen, bevor der Stecher ihn umlegen kann.“

„Du sagtest vorhin, ihr hättet einen Plan.“ Wandte sich Caroline an Dagan.
„Ja, den haben wir, allerdings ist er nicht ungefährlich.“
„Komme ich in dem Plan auch vor?“ wollte ich wissen und Dagan grinste mich an.
„Natürlich, wir werden dich doch nicht von deiner Frau trennen.“
„Dann lass hören.“
„Wir wissen, dass der Financier hinter dir, Peter und hinter Major Clement her ist. Eine Gelegenheit euch alle drei gleichzeitig in die Hände zu bekommen, würde sich der Stecher sicher nicht entgehen lassen. Wir würden die Nachricht durchsickern lassen, dass ihr euch, nach zwei Angriffen hier an Land, auf einem Schiff, auf dem offenen Meer sicherer fühlen würdet. Der Stecher wird alles versuchen dieses Schiff aufzubringen und sich an Kajat wenden. Kajat wir eines der Mutterschiffe losschicken und euer Schiff zu entern und euch auf das Mutterschiff bringen lassen.“
„Er könnte uns aber auch einfach umlegen.“

„Nein, dafür ist es zu spät! Der Stecher muss wissen, mit wem ihr geredet habt und was ihr was berichtet habt. Eine solche Befragung dauert länger und muss von Experten durchgeführt werden. Man wird euch also nicht gerade mit Samthandschuhen anfassen, aber dennoch nicht zu hart anpacken und euch auf das Mutterschiff bringen.

Dieses Mutterschiff wird dann wiederum von uns geentert und die Besatzung gezwungen für uns zu arbeiten, um dann unerkannt in den Hafen von Manado zu gelangen wo wir Kajat schnappen wollen.“
-Das ist ein Scheißplan- war mein erster Gedanke, doch bei näherer Betrachtung, war der Plan logisch.
Ich blickte zu Caroline und sie nickte mir zu. „Wir sind dabei.“ sagten wir gleichzeitig und sahen zu Claire. Für einen Moment waren ihre Augen unentschlossen, doch dann wurden diese hart und bekamen einen kämpferischen Ausdruck. „Diese Schweine, haben meine Kollegen ermordet! Sie haben meine Freunde getötet und ich werde sie rächen! JA! Ich bin ebenfalls dabei!“
Jerome blickte auf den Tisch, als sein Handy vibrierte und er schaute sich die Meldung an, die erschien. Kana, der es ebenfalls mitbekommen hatte, sah ihn an und Jerome nickte. Dann stand Jerome auf und öffnete die Tür.

Jetzt wurde mir langsam die Tragweite dieser Runde bewusst. Heylah, kam mit Soleab in den Raum und hinter ihnen erschienen Veronique die Verteidigungsministerin, General Jektjor’far der oberste Militär Soulebdas, Norman Kresser der militärische Berater Heylahs und Bernd Schubert als Chef der Luftwaffe. Wir erhoben uns alle, als die Regentin den Raum betrat und den Platz gegenüber von Kana ansteuerte.
Heylah nickte uns allen freundlich zu und bat uns Platz zu nehmen, blieb selber allerdings stehen und ihr freundlicher Gesichtsausdruck wurde hart und entschlossen. „Meine Freunde und treue Gefährten.“
Sie sah jedem von uns an und verdammt diese Frau hatte einfach etwas Erhabenes und Großes an sich.
„Soleab und ich kommen gerade aus einer Sondersitzung des Parlamentes. Mister Hall hat dem Parlament heute Morgen seine Erkenntnisse berichtet und das Parlament hat sich darüber beraten. Das Parlament und ich sehen in der Kaperung der Bell Star, sowie der Ermordung deren Besatzung einen kriegerischen Akt! Als einen Angriff auf unser Land und diesem Angriff werden wir entschlossen entgegentreten!“ Heylah sah erneut in die Runde und in jedem Gesicht lag Zustimmung.
„Diese Piraten haben uns den Krieg erklärt und wir werden in annehmen und führen. Mir ist klar, dass wir die Piraterie nicht besiegen können, aber diese Gruppe… diese Mörderbande… die werden wir mit Stumpf und Stiel ausmerzen!

Wo immer sie sich auch verstecken, wir werden aufspüren und sie aus dem Südpazifik jagen und zwar so, dass nie wieder ein Pirat auf die Idee kommt sein Schiff ins unsere Gewässer zu steuern!“
Heylah setzte sich und Veronique übernahm das Wort.
„Die Operation erfolgt in zwei getrennten Schritten. Zum einen der Schritt, der zu Ergreifung von Kajat führt. Gleichzeitig werden wir mehrere Einsatzgruppen bilden. Evan Hall konnte uns drei Lager benennen in denen Menschen als Ware gefangen gehalten werden. Zwei dieser Lager befinden sich auf mehr oder weniger unbewohnten Inseln, das dritte auf dem Territorium Indonesiens. Diese Lager werden von unseren Streitkräften aufgelöst!“

„Was ist mit diesem indonesischen Lager?“ wollte Caroline wissen. „Wird das nicht zu zwischenstaatlichen Spannungen führen?“
Alle Augen wanderten zu Heylah und die erwiderte Carolines Blick. „Doch! Wahrscheinlich wird es das. Aber das ist uns die Befreiung der Menschen dort wert!“
„Gut.“ Fuhr Veronique fort. „Also wie gesagt, heben wir die bekannten Lager aus und machen die Läden dort dicht. Evan Hall ist sich sicher, dass es ein weiteres Lager geben muss, welches die Piraten betreiben. Allerdings weiß er nicht wo sich dieses Lager befindet, ist sich aber sicher, dass es sich irgendwo zwischen Neukaledonien und den Salomonen befindet, da die Schifffahrtsrouten dort zusammenlaufen. Wo immer dieses Lager ist, wir schließen es!“

„Dazu müssten wir erst wissen, wo es sich befindet.“ Warf Caroline ein. Der Angriff auf alle Lager muss auf jeden Fall gleichzeitig erfolgen. Wenn auch nur das Geringste schief geht, werden die Piraten gewarnt und alle Menschen in den anderen Lagern umgebracht.“

„Nicht nur das! Wir gehen auch davon aus, dass in dem neuen Lager weit mehr Menschen gefangen gehalten werden, als in den alten. Deswegen haben wir auch einen sichern Plan, wie wir das neue Lager schnell und sicher aufspüren können. Kennen wir den Standort, werden, wir zeitgleich alle Lager angreifen und die Leute dort befreien. Herr General.“ Damit übergab Veronique an Jektjor’far weiter.
„Die bekannten Lager werden zwar bewacht, aber da die Piraten dort bis jetzt tun und lassen konnten, wozu sie Lust hatten, werden sie kaum mit einem Angriff rechnen. Andres sieht es bei dem unbekannten Lager aus. Die neue Piratengruppierung wird sich nicht in Sicherheit wiegen und wir nehmen auch an, dass stets mindestens ein bewaffnetes Schiff in der Nähe ist. Um dieses Lager werden sich der Befehlshaber der Garde, Jerome n’Antakcket und der Chef unserer Luftwaffe Bernd Schubert kümmern. Sollte, und hier beziehe ich mich auf den ausdrücklichen Befehl der Regentin, sollte eine andere staatliche Macht versuchen die Befreiung der Menschen zu verhindern, wird diese dennoch gegen deren Wiederstand, mit allen erforderlichen Mitteln durchgeführt!

„Herr General“, warf Caroline ein. „Wenn das Lager wirklich so groß ist wie sie annehmen, werden auch eine entsprechende Menge an Piraten dort sein. Für wehrlose und eingesperrte Menschen zu erschießen braucht man nicht viel. Wie wollen sie verhindern, dass ein Massaker geschieht, sobald sie das Lager angreifen?“
„Commander n’Antakcket!“ gab der General die Frage an Jerome ab.
„Wir werden dieselbe Taktik anwenden wie auf Manus! Wir greifen das Lager von außen und innen heraus gleichzeitig an.“

Caroline und ich wechselten einen besorgten Blick. Nur allzu gut erinnerten wir uns an den Kampf auf Manus. Damals waren wir, Randy und Dana im Lager gefangen und konnten unsere Freunde umstürzen, als der Angriff der Garde auf das Lager begann. Doch diesmal würden wir auf irgendeinem Schiff auf dem Weg nach Manado sitzen.
„Und wie wollt ihr das machen?“ fragte ich meinen Freund. „Ihr kennt den Standort des Lagers noch nicht einmal und wie bitte wollt ihr dort Leute hineinbekommen, die dann auch noch im richtigen Moment zuschlagen?“

„Die Antwort liegt auf der Hand.“ Sagte Kana’Fartu Yasomera und sah mich fast schon belustigt an. „Wir legen einen weiteren Köder aus… Einen Köder, dem kein Pirat dieser Welt widerstehen kann!“ Wie dieser Köder aussehen sollte, verschwieg Kana allerdings.

„Ich bedanke mich bei euch allen. Nun jeder kennt seine Aufgabe und ich wünsche uns allen ein gutes Gelingen.“ Beendete Kana die Besprechung, nicht ohne Heylah um Erlaubnis zu fragen. „Regentin, möchten sie noch etwas hinzufügen?“

„JA!“ Sagte sie. „Diese Piraten glauben sie wären die Herren über Leben und Tod! BEI MUALEBDA! Wir werden ihnen zeigen wie falsch sie damit liegen!“

„BEI MUALEBDA!“ riefen wir alle und ich am lautesten!

Als sich die Runde auflöste, stieß ich Caroline an. „Sag mal, waren wir gerade Zeuge einer Kriegserklärung?“

„Nicht nur das!“ antwortete sie. „Hier wurde soeben Geschichte geschrieben… und wir waren mit dabei!“

**

Manado
Leon Baldwerde stieg vor Kajats Hauptsitz aus dem Auto und hoffte gleich wieder in einen Bereich zu kommen, wo es eine Klimaanlage gab.
Kajat hatte all seine „Abteilungsleiter“ zu sich gerufen um zu beraten wie es nach dem Desaster mit der Bell Star weiter gegen sollte. Zu allem Übel hatte Kajat berichtet, dass ihr Financier ebenfalls einen Mann schicken würde. Alle Einwände dagegen hatte der Financier mit der Begründung abgeschmettert, dass er schließlich die Hauptkosten von Kajats Unternehmungen trug. Leon hatte am Telefon angeführt, dass der Financier neben dem Kosten auch den Hauptteil des Gewinns einstrich, doch Kajat war nach dem Bell Star Ereignis auf Schadensbegrenzung bemüht und machte gute Miene zum bösen Spiel. Neben ihm, Mersal Suluth und Lin Pin Tao sollte auch Helena van Deubth zu Kajat kommen. Ausgerechnet Helena!!!

Helena war das genaue Gegenteil von Leon. Leon war ein Geschäftsmann, der sich an den Regeln des Marktes hielt, während Helena in den Menschen keine Ware, sondern in erster Linie Mittel zur Befriedigung ihrer Triebe sah. Das führte immer wieder dazu, dass sich Frauen bei der ersten Gelegenheit selbst umbrachten. Nun war es nicht so, dass Leon mit diesen Frauen Mitleid hatte, nein, Leon sah lediglich den Gewinn, der verloren ging. Wenn jemand viel Geld ausgab, um sich bei Kajat eine Frau als Sklavin zu kaufen und diese sich nach ein paar Tagen die Pulsadern aufschnitt, kaufte derjenige nie wieder eine Frau bei Kajat! Dieses Problem hatte Leon schon mehrfach angesprochen, kam aber nicht weiter! Zum einem, lag der Gewinn der durch Menschenhandel erzielt wurde, wesentlich niedriger, als der Gewinn der durch Sachwaren erzielt wurde, zum zweiten mauerte Kajat bei diesem Thema.
Leon konnte sich auf Kajats Verhalten keinen Reim machen und hatte deswegen ein vertrauliches Treffen mit Lin und Mersal angesetzt, bevor sie offiziell zu Kajat gingen.

Da sich Leon sicher war, dass hinter Kajats Ablehnung Helena stand, versprach sich Leon Unterstützung von Mersal. Kajats Geschäft teilte sich in zwei Bereiche. Den logistischen und den operativen Bereich. Den Logistischen führte Leon und war somit für Bestellungen, Warentransfer sowie Schiffsbewegungen zuständig. Den operativen Bereich teilten sich Mersal und Helena. Sie waren für die Lagerleitungen, Beschaffung von Geiseln und auch für deren „Ausbildung“ verantwortlich. Leon selbst arbeitete seit sieben Jahren für Kajat, nachdem er an einem amerikanischen College seinen Abschluss gemacht hatte. Im Anschluss an seinen Abschluss, war Leon nach Singapur, Thailand und schließlich nach Indonesien gelangt und dort auf Kajats Geschäftspraktiken aufmerksam geworden. In einem persönlichen Gespräch versicherte er Kajat, dass er ihm viel Geld sparen und noch mehr neues Geld erwirtschaften könne. Kajat, von dem Auftreten beindrucket, gab ihm die Chance sich zu beweisen, oder zu sterben, und Leon lieferte das versprochen Geld.

Schnell und effektiv krempelte er den Verkauf und Vertrieb um und die Einnahmen stiegen. Allerdings musste sich Leon eingestehen, dass Kaperungen, die Beschaffung von Geiseln, bzw. Sklaven, sowie deren Haltung, Ausbildung etc. nicht zu seinen Stärken zählte, also schlug er Kajat vor, eine weitere Abteilung zu gründen, die sich genau darauf spezialisierte. Kajat war einverstanden und Helena erschien auf der Bühne. Das anfängliche gute Verhältnis kühlte schnell ab, als Leon mitbekam, dass Helena die Geiseln nutzte, um ihre Triebe zu befriedigen. Doch jetzt war es zu spät! Helena nutzte ihre „Ausstrahlung“ auf Kajat voll und ganz aus.

Als erstes sorgte Helena dafür, dass Kajat ein persönliches Geschenk, in Form von Marion Perling, bekam. Marion, eine eiskalte Killerin, wurde Kajats Leibwächterin und sorgte dafür, dass Kajats Zugang genauestens kontrolliert wurde. Leon sah seinen Einfluss dahinschmelzen und sah nur eine Möglichkeit dem entgegenzusteuern. Eine Gegenkraft zu Helena musste her! Leons Wahl fiel auf Mersal Suluth. Mersal war ein ehemaliger Polizeioffizier, den man offiziell aus Einsparungsgründen gefeuert hatte, inoffiziell feuerte man ihn wegen Korruption, was man ihm zwar nachweisen konnte, doch Mersal wusste auch wer noch alles „Dreck am Stecken“ hatte und das waren einige! Kaum in Kajats Organisation, zeigte sich Mersal für seine Entlassung nur allzu „erkenntlich“. Mersal brachte genug Insiderwissen mit, um größere Auseinandersetzungen mit den indonesischen Behörden zu vermeiden. Natürlich wollte Helena einen gleichgesetzten Partner verhindern, doch Leon hatte sich ein sehr gutes Argument zu Recht gelegt. Genau wie alle anderen Bosse der Unterwelt fürchtete Kajat eines am meisten: Das ihm jemand aus der eigenen Mannschaft abservierte! Leon erklärte Kajat, dass durch Aufteilung des Ressorts zwischen Helena und Mersal eine „gesunde Rivalität“ entstand, die genau das verhinderte.

Zu Helenas Enttäuschung stimmte Kajats Leons Vorschlag zu und Mersal wurde, neben Helena, in die Führungsriege aufgenommen. Seitdem war das Verhältnis zwischen Helena und Leon deutlich abgekühlt, doch Helenas Ambitionen wurden erst einmal gebremst. Natürlich vermied Leon es sorgsam, allzu sehr in Erscheinung zu treten, denn natürlich versuchte Helena es Leon zu vergelten, und Kajat weiß zu machen, dass Leon an seinem Stuhl sägte. Doch Leon hatte nicht das geringste Interesse Kajat zu beerben, denn Leon kannte seine Grenzen. Er, Leon verdiente Geld mit Warenlieferungen und darin war er ein Meister, weswegen Kajat ihn auch gewähren ließ.

Lin Pin Tao stand als Verbindungsmann zwischen Leon und Mersal, der Helena mittlerweile ebenfalls loswerden wollte. Als Technikgenie wusste Lin, dass es nur einen Weg gab Nachrichten diskret und ohne unerwünschte Zuhörer zu überbringen, nämlich persönlich! Also flog Lin regelmäßig zwischen Tetepare, Leons „Reich“ und Mota, Mersals Gefangenenlager, hin und her. Tetepare war Leons Meisterstück! In vielen Verhandlungen mit anderen Piraten und Schmugglerorganisationen hatte er es geschafft einen gemeinsamen Stützpunkt aufzubauen. Das Ganze ähnelte beinahe einem internationalen Konzern. Hier wurden Schiffe in Marsch gesetzt, Waren umgeladen, und Bestellungen abgewickelt. Vorher mussten Waren auf hoher See getauscht werden, Hafenbehörden mussten mit viel Geld bestochen werden und Schiffe fuhren teuer Leerfahrten. Das alles zehrte am Gewinn, bis Leon Kajat überzeugte auf Tetepare einen Stützpunkt zu errichten.

Mit Geldern des Financiers und guten Kontakten zu anderen Unterweltgrößen konnten andere Piraten, wie beispielsweise Chinesische Triaden ins Boot geholt werden. In kurzer Zeit wurde Tetepare ein Hightech Umschlageplatz. Leon sorgte dafür, dass Kajat die Kontrolle über die wichtigsten Einrichtungen, wie zum Beispiel den Flugbetrieb, behielt und ließ dafür die anderen Organisationen bezahlen. Auf diese Weise bezahlte sich Tetepare für Kajat praktisch selber. Natürlich musste Leon dafür sorgen, dass der Betrieb auch lief und hatte dafür Lin Pin Tao in sein Team aufgenommen.
Am Morgen, zwei Stunden vor Kajats Besprechung traf Mersal in Manado ein. Da Helenas Spione überall waren, trafen sich die drei auf einem Schiff im Hafen Manados, das mit starken Störsendern ausgestattet war, um zu verhindern, dass Gespräche abgehört wurden. Die Nachrichten, die Mersal mitbrachte, waren alles andere als gut. „Wir verlegen alles in ein neues Lager?“ fragte Leon verwundert?
„Ja, wahrscheinlich nach Makira.“ „Aber das ist gegen jede Logik! Der Sinn mehrerer Lager bestand darin, dass nicht alle gleichzeitig verloren gehen können. Alle Geiseln in ein Lager zu bringen ist praktische eine Einladung sie zu befreien.“ „Wem sagst du das?“ antwortete Mersal. „Und jetzt rate mal, auf wessen Mist das gewachsen ist.“

„Helena? Es kann nur Helena sein. Sie will dich ausbooten.“
„Nein! Ausnahmsweise nicht! Helena will ihre Fick- und Folterorgien abhalten, nicht sich mit der Leitung eines großen Lagers befassen, es sei denn, sie hätte jemanden wie mich, der die Drecksarbeit für sie erledigt, während sie ihr Vergnügen hat. Nein, die Idee kommt aus Deutschland!“
„Du meinst vom Financier?“
„Genau! Der sieht, dass mehrere Lager auch mehr Aufwand kosten, und will so mehr Gewinn machen.“
„Und wo bleibt sein Gewinn, wenn das Lager befreit wird, und wir tot, oder im Gefängnis sind?“
„Dann sucht sich der Typ im fernen Deutschland eben ein paar neue Piraten.“
„Das ist Schwachsinn! Wir müssen Kajat davon überzeugen, dezentral zu bleiben.“
„Dazu werden wir nachher Gelegenheit haben.“
„Hast du auch gehört, wer der Mann ist, den der Financier schickt?“
„Ja, Theobald, der Stecher, Vogel!“
„Stecher? Vogel? Nie gehört.“

„Oh ich schon!“ antwortete der ehemalige Polizeioffizier. „Vogel ist ein Söldner, Troubelmaker und Killer, nicht irgendein Killer, er ist einer der Besten! Neben ihm ist Marion Perling eine Betschwester.“
„Damit legst du die Latte aber hoch!“
„Glaub mir, der Stecher ist seit dreißig Jahren im Geschäft! Niemand der dreißig Jahre in diesem Geschäft arbeitet, ist ein Leichtgewicht!“
„Jetzt hast du mich neugierig gemacht, doch zurück zum Thema, wir sind uns einig, dass uns gegen die Pläne des Financiers aussprechen?“ fragte Leon und Mersal nickte.

**

„Sieh dir diese Heuchler an!“ fauchte Helena, die aus einem Fenster des dritten Stocks beobachtete, wie Leon in der Zentrale ankam. Mersal war vor zehn Minuten eingetroffen und Lin vor fünf Minuten. „Glauben die ernsthaft, ich wüsste nicht, dass sich die drei vorher getroffen haben?“

Marion, die neben Helena stand, schüttelte den Kopf. „Du musst es nur sagen, und alle drei sind tot.“ Helena drehte den Kopf und sah Marion an. Diese trug wieder einmal ihr Lieblingsoutfit, bzw. das Lieblingsoutfit, welches Kajat gerne an ihr sah, nämlich eine knappe, japanische Schulmädchenuniform. Wie immer fragte sich Helena, wo Marion in der kurzen Uniform mit Zöpfen ihre Waffen versteckte, wusste aber, das Marion mindestens zwei Pistolen und ein Messer bei sich trug.

Helena hatte Marion in Spanien kennengelernt, als diese dort für sie einen Auftragsmord durchführte. Da es für beide in Europa unangenehme wurde, verschlug es die Frauen nach Asien. Dort wurden beide schnell ein unschlagbares Gespann. Helena zog die Auftragsmorde an Land und Marion führte sie aus. Dann kam der Tag, an dem Leon Baldwerde Helena für Kajat anwarb. Schnell erkannte Helena das Potential und besonders die Gelegenheit, endlich ihrer wahren Leidenschaft nachzugehen.

Nun konnte sie ihre perversen Phantasien ungehemmt ausleben! Natürlich konnte sie das nur, solange Kajat das zuließ, also musste das Wohlwollen Kajats sichergestellt werden. Dazu eignete sich Marion am besten. Diese hatte keine Probleme mit Zöpfen und Schulmädchenuniform herumzulaufen und Kajat zu verwöhnen, solange die Kasse stimmte. Und die Kasse stimmte! Kajat zahlte ihr ein Spitzengehalt und Helena legte noch einen Bonus obendrauf, um ihren Einfluss zu sichern.
Nun wägte Helena das Für und Wieder von Marions Vorschlag ab und schüttelte dann den Kopf. „Nein, das würde Kajat nur aufschrecken. Wir warten noch ab.“
„Ganz wie du meinst.“

**

Ein Stockwerk höher traf Helena auf Leon und Mersal, die auf Kajat in dessen Büro warteten. An der großen Fensterfront, die einen fantastischen Ausblick über den Hafen Manados bot standen Leon und Mersal einige Schritte voneinander entfernt, als auch Lin eintrat und sich zu Leon gesellte. Mit einem verächtlichen Grinsen ließ sich Helena in Kajats Stuhl fallen und wartete. Marion war eine Etage höher zu Kajats privaten Gemächern gegangen, um ihren Chef sicher nach unten zu geleiten.
Schließlich kam Kajat in sein Büro. Helena wartete bis zum letzten Augenblick, bevor sie sich erhob und Kajats Stuhl räumte. „Ich habe ihn dir schon einmal aufgewärmt.“ Sagte sie mit einem Augenzwinkern und Kajat lächelte, was Leon und Mersal beinahe zum Kotzen gebracht hätte. Kajat lächelte immer noch, als sich Marion wie üblich einen Meter hinter ihn stellte. „Also, was ist dran an den Gerüchten?“ Fragte Helena die sich seitlich von Kajat gestellt hatte.
„Welche Gerüchte meinst du genau?“
„Das wir alles in ein Lager verlegen.“
„Unser Geldgeber hält das für eine gute Idee.“
„Das ist aber eine Scheißidee!“, warf Leon ein.
Helena biss sich auf die Lippen. Sie hatte die Angel ausgeworfen und Leon hatte angebissen. „Wenn wir das machen“, fuhr Leon fort, „sind wir verwundbar!“ „Mir scheint, ihr habt schon darüber beraten.“ Stellte Helena scheinbar verwundert fest und Kajat hob die Augenbrauen, während Mersal Leon einen warnenden Blick zuwarf.

„Wir sollten uns die Argumente unseres Geldgebers zumindest anhören.“ Antwortete Kajat.
„Weißt du denn mittlerweile, wer unser Geldgeber ist?“
„Ja, aber ich werde es euch nicht sagen! Ich habe nämlich keine Lust, ins Gras zu beißen.“
„Ich meine…“ Leon wurde unterbrochen, als die Tür aufging und drei von Kajats Männern einen Mann in das Büro geleiteten. „Entschuldigen sie meine Verspätung.“ Sagte der Mann und stellte sich vor. „Mein Name ist Theobald Vogel.“ Marion, die natürlich von dessen Ruf gehört hatte, war nicht bereit, einfach in den Schatten zu treten, und gab den drei Wachen einen Wink, Vogel zu durchsuchen. Der hob resigniert die Arme, ließ sich abtasten und drehte sich dann scheinbar ganz in Ruhe um, als plötzlich alle drei Wachen zu Boden fielen. Einer zuckte noch, während Vogel einen Schritt vortrat und einen Gegenstand in seine Tasche zurücksteckte. Das Ganze war so unglaublich schnell geschehen, dass Marion nicht einmal sagen konnte, welche Waffe Vogel benutzt hatte, um die drei Wachen umzulegen. Die dritte Wache starb ebenfalls, als noch alle Anwesenden Vogel anstarrten. Marion sprang vor und riss eine ihrer Pistolen hervor, doch der Stecher schien wenig beeindruckt zu sein.

„Wirklich?“ Dabei schaute er Marion mitleidig an. „Können wir nun zum Geschäftlichen kommen?“ fragte er Kajat, ohne sich weiter um Marion zu kümmern.
Helena die genau wie Leon und Mersal Vogel anstarrte, fasste sich als erste und macht sich ein Bild von dem Mann. Dessen Alter war schwer zu schätzen, er mochte über 50 Jahre sein, doch er strahlte eine jugendliche Kraft aus, die ihn Helena beinahe sympathisch machte. Ansonsten fiel der Mann überhaupt nicht auf, er war so unauffällig… er war der perfekte Killer! Eine schlichte runde Nickelbrille, die gut zu dem feingezeichneten Gesicht passte. Kajat forderte Marion mit einer Handbewegung auf, die Waffe zu senken und bot Vogel einen Platz an.
Der bedankte sich mit einem kalten Lächeln und setzte sich in einen bequemen Sessel, gegenüber von Kajat.

„Macht es ihnen etwas aus zu warten, bis wir die Leichen herausgeschafft haben? Wollte Kajat wissen.
„Nein.“ Mehr hatte Vogel dazu nicht zu sagen und wartete. Kajat nutzte die Zeit und gab Marion zu verstehen sich und Vogel einen Drink auszuschenken. „Ich hoffe, sie mögen Gin.“ Sagte Kajat, nachdem Marion erst ihm und dann ein Glas an Vogel reichte. Der nippte am dem Gin und nickte dann anerkennend. „Ein guter Tropfen. Japanisch?“ „Oh ja, meine Lieblingsmarke.“ Hinter Vogel ging die Tür auf und die drei toten Wachen wurden aus dem Zimmer getragen, ohne das Vogel sich die Mühe machte sich umzudrehen. Als die Tür wieder zu war, stellte Vogel das Glas ab. „Also zurück zum Geschäft. Mein Auftraggeber war nicht sehr erfreut darüber, wie die Kaperung de Bell Star an Licht gebracht wurde und auch, dass man versucht hat, die Ladung zu verkaufen, anstatt sie zu versenken.“
„Sie können dem Financier mitteilen, dass der Verantwortliche bereits zur Rechenschaft gezogen wurde.“

„Da sie den Namen meines Auftraggebers nicht aussprechen, gehe ich davon aus, dass die sich an die Warnung meinerseits erinnern.“
Kajat schwieg dazu und Vogel sprach weiter. „Nun, der Financier ist der Meinung, dass SIE der Verantwortliche sind.“

Ebenso wie Kajat spannte sich auch Marion an, doch Helena pfiff sie mit einem Blick zurück. „Letztlich sind sie jedoch nicht zu ersetzen.“ Sprach Vogel weiter. „Deswegen ist der Financier bereit über ihr Fehlverhalten hinwegzusehen. Allerdings gibt es da ein paar Auflagen!“
Kajat kam deutlich ins Schwitzen, schließlich hatte Vogel ihm gerade mit dem Tod bedroht und anders als bei anderen Drohungen, nahm Kajat die Drohung Vogels sehr ernst. „Auflagen welcher Art?“ fragte er, bemüht nicht sein Gesicht zu verlieren.
„Nun als Erstes werde ich ihre operative Leitung übernehmen, zumindest bis ich der Meinung bin, dass die ihren Laden wieder im Griff haben.“ Als Leon protestieren wollte, gebot Kajat ihm zu schweigen. „Weiter.“

„Das mit der Dezentralisierung hat ein Ende. Ab sofort werden alle Lager nacheinander aufgelöst und alle Geiseln in einem Lager untergebracht.“
„Das ist Wahnsinn!“ rief Leon. Ohne auf Kajats Warnung zu achten. „Wenn wir das tun, laden wir jedes Land ein, uns anzugreifen und die Geiseln zu befreien.“
„Dann verhindern sie das!“
„Und wie sollen wir das verhindern?“
„Sie werden doch sicher Waffen haben. Nutzen sie diese! Bauen sie eine Festung und lassen sie die Welt wissen, dass jeder Angriff von vorne heraus aussichtslos ist.“
„Sie machen Witze oder? Wie wollen sie eine Militärmacht wie die USA oder China daran hindern, ein Lager anzugreifen, sei es auch noch so gesichert.“

„Es wundert mich, dass sie mit solchen Leuten nicht schon längst aus dem Geschäft geflogen sind.“ Schüttelte Vogel den Kopf und schaute Kajat an. „Warum sollten die USA eingreifen, es sei denn, sie würden US Bürger verschleppen… haben sie US Bürger verschleppt?“
Kajat schaute erst zu Helena, dann zu Mersal. Während Mersal den Kopf schüttelte, zuckte Helena mit den Schultern. „Klären sie das! Falls sie US Bürger haben, lassen sie sie verschwinden! Spurlos verschwinden! Was die Chinesen angeht, handeln sie genauso. Ansonsten gibt es keine Macht, der wir nicht entgegentreten können.“

„Was ist mit Soulebda?“ wollte Mersal wissen.
„Ich nehme doch an, sie haben ihre Spione dort?“
„Ja. Wir haben eine Menge Informanten in Soulebda Stadt und Nih’tan.“
„Dann sollte das kein Problem sein. Wir erfahren rechtzeitig wann ein Angriff sattfindet und können reagieren. Also meine Anweisung! Sie errichten ein Lager auf Makira! Und zwar ein Lager, das nicht einfach überrannt werden kann. Ich will eine Festung, ich will Geschütze, Raketen, Radaranlagen und elektronische Abwehrmaßnamen! Sie!“ er drehte sich zu Lin um, „Sie sind doch ein Technikgenie!“ Etwas unsicher nickte Lin Pin Tao. „Gut! Sehen sie zu, dass sie Satellitenzugang bekommen, der den gesamten Südpazifik überwacht. Habe sie das verstanden?“
„Aber wie…?“

„Finden sie einen Weg, oder ich finde jemand anderen, der das kann!“
Was dann mit Lin dann passieren sollte, führte Vogel nicht an, brauchte er allerdings auch nicht, sogar Lin konnte sich das genau vorstellen.

„Was ist mit Tetepare?“ fragte Leon.

„Nichts! Den Stützpunkt dort werden sie wie gehabt weiterführen. Aber ich will, dass eine zusätzliche Radaranlage den Hafen schützt. Stellen sie auch eine Batterie Raketen auf Vangunu auf. Weitere Fragen?!“

Es gab keine Fragen mehr.

**

„Das ist alles Bullshit!“ fluchte Leon, als Vogel gegangen war und sie mit Kajat wieder alleine waren. „Ich weiß!“ antwortete Kajat. „Aber vorerst machen wir, was der Financier will. Hör zu Leon. Wenn wir genug Geld machen, können wir dem Idioten irgendwann ein Schnippchen schlagen und den Financier ausboten. Solange halten wir die Füße still. Während Kajat mit Leon diskutierte, hielt sich Helena zurück und zog Marion unauffällig zur Seite.

„Was denkst du?“ fragte sie ihre Freundin.
„Das der Mann sehr viel gefährlicher ist, als es sich die vier Idioten hier vorstellen können.“
„Dann sind wir derselben Meinung. Ich werde versuchen mit Vogel zu reden. Alleine zu reden!“
„Keine schlechte Idee, Am besten halten wir ihn bei Laune. Hast du ein paar Mädchen für ihn?“
„Ein paar hätte ich, eigentlich wollte ich die selber… egal. Ich werde Vogel ein paar Geschenke machen.“
„Denkst du nicht, dass Kajat den Braten riecht?“
„Nein, du hast doch gehört, wir sollen mit Vogel zusammenarbeiten, also steuere ich meinen Teil dazu bei, dass er sich hier wohl fühlt.“

„Und lotest damit aus, wer von den Schwachköpfen am Fenster als erstes über die Klinge springen muss?“
„So ist es. Hättest du Bedenken den Arbeitgeber zu wechseln?“

Marion warf ihr einen Blick zu und schaute an ihrer Schulmädchenuniform herunter. „Sieht das so aus, als ob ich etwas dagegen hätte?“

**

900 Kilometer Süd-südwestlich von Soulebda, auf den Inseln der neuen Hebriden.
Drei Monate vorher

Nach der Unabhängigkeit von England und Frankreich verfiel die Inselgruppe in die Bedeutungslosigkeit. Ihr einziges Gut, die sonnigen Strände auf unzähligen Inseln konnten die Menschen auf den Inseln nicht gewinnbringend umsetzen. So wurden die Hauptinseln mehr und mehr zu den „bewohnbaren“ Inseln. Die vielen kleineren Inseln und Inselchen, die meist über kein oder zu wenig Trinkwasser verfügten, interessierte bald niemand mehr.

Damit war das Gebiet ideal für die Piraten, die in dieser Region der Südsee ihr Unwesen trieben.
Auf den Inseln Panama, Mauro und Pentacoast wurden die örtlichen Anführer vor die Wahl gestellt, entweder sie machten sich den Piratenanführern gefügig, oder sie wurden in einem alten Fischernetz zu den Fischen geschickt.

Mersal Suluth war der Kommandant der Gefangenen Inseln und ein harter Brocken. Als Elite Absolvent einer Universität mit einem Doktor in Wirtschaftswissenschaften, gab er den Ton an, wenn es um Einkauf und Verkauf von „Menschenmaterial“ ging.
Nachdem die ersten Gruppen der Anführer auf diese brutale Weise „ausgewechselt“ wurden, standen alsbald nur noch Marionetten in der Verwaltung, die alles taten, was man ihnen sagte.

Druuhf, der Peiniger Oblath, war der uneingeschränkte Kerker- u. Zuchtmeister. Was er sagte, das führten seine Peiniger aus.

**

Penama wurde der Verwaltungssitz der Piraten und dort entstanden auch die Trainingscamps für die eigenen Truppen. Gut 200 Mann standen dort unter Waffen und in Ausbildung. Weitere 300 waren auf die Inseln verteilt und bildeten den Schutzring.

Auf Maewo, der nördlichen der drei übernommenen Inseln wurden Gefängnisse errichtet für Sklaven und Sklavinnen. Hier wurden auch die Entführten Passagiere der gekaperten Schiffe eingesperrt.
Auf der südlicher gelegenen Insel Pentacoast wurden die Sklavinnen zu Leibeigenen und Liebessklavinnen ausgebildet. Die Mädchen, die diese Ausbildung durchmachten und überlebten waren perfekte Liebes Sklavinnen.

Auf jeder der drei Inseln gab es Söldner, die sowohl die Gefangenen, als auch mögliche Eindringlinge stellen und ausschalten würden.

**

Über allem aber wachte Helena van Deubth. Die „Herrin“, wie sie von allen genannt wurde. Sie war aalglatt, lief eigentlich immer in eleganten schwarzen Leder herum, egal wie heiß die Sonne draußen brannte und sie war eine hochintelligente, aber menschenverachtende Sadistin.

Helena war mit Mersal Suluth liiert und beide führten ihren „Familienverband“ wie sie die Pirateninseln nannten mit eiserner Hand. Ein Menschenleben zählte nicht viel und wer sich wehrte oder nicht unterwarf, dessen Stunden waren gezählt.

**

Wie jede Woche, so fand auch an diesem Montag wieder eine Besprechung aller Abteilungsleiter statt. Zu diesem Zweck wurden die Entführten und Gefangenen auf den Inseln eingesperrt, nur um jede Möglichkeit auszuschließen, dass einer der Angestellten eine Türe offenstehen lasst.

Die Besprechungen waren auf der Hauptinsel Penama angehalten. Hier hatten sie sich die Piraten einen alten Herrensitz der Engländer zu einem Fort ausgebaut, mit doppelter Umzäunung, Wachtürmen und neun Funktionshäusern in der Mitte. Im Zentrum stand das Herrenhaus in edlem weißen Kalkstein, der bereits bessere Tage gesehen hatte.

Wie immer wurden zu Beginn der Tagung die Bestrafungen abgehalten.

„Sind das die drei Sklavinnen, die sich geweigert haben den Deep-Throat zu erlernen?“ Fragte Helena van Deubth.

„Ja Herrin, wir haben sie versucht mit allen Mitteln zu überzeugen, aber die drei wollten nicht und die Blondine war die schlimmste dabei. Bei den beiden anderen sehe ich noch eine Chance.“, sagte der Bewacher der drei Mädchen.

„Spannt die Blondine in den Käfig und überdehnt ihr den Hals, ich will versuchen, ob ich ihr das beibringen kann, andernfalls taugt sie nicht und muss weg.“

Mit tränenüberlaufenen Augen wurde die Blondine in einen schweren Metallrahmen eingespannt, der sich um ihren ganzen Körper legte. Arme und Beine gestreckt, wurde ihr am Ende der Kopf nach hinten gelegt und so die Kehle in einer Linie mit dem Körper überdehnt. Jetzt begann die Blonde junge Frau zu weinen, aber das half ihr nichts mehr.

Helena trat vor die Gefesselte und hielt einen gut vier cm dicken Gummistab, der über einen Meter lang war. Sie übergoss den Gummistab mit Wasser und schaute abwertend auf die heulende blonde Frau. „Öffnet ihr den Mund und haltet sie fest!“

„Du warst dir also zu fein für einen Deep-Throat. Sklavinnen mit der Ausbildung bringen gut 30% mehr Ertrag, jetzt will ich mal sehen, ob du nur nicht willst, oder tatsächlich nicht kannst. Seid ihr fertig?“

Die blonde Frau schaute mit aufgerissenen, tränenden Augen auf Helena und diesen langen Gummistab. Als ihr mit brachialer Gewalt der Mund geöffnet wurde, trat Helena vor die Gefangene und flüsterte ihr ins Ohr „Schluck du Luder!“

Damit drückte sie langsam den Gummistab in den Mund der Blondine. Tiefer und tiefer. Zwei, dreimal zog sie den Gummistab heraus und jedes Mal würgte die Blondine mehr. Jedes Mal gab es eine kurze Atempause. Das wiederholte Helena mehrere Male, dann sah sie ein, dass die Blondine tatsächlich nicht schlucken konnte. Sie hustete und erbrach sich, offenbar war sie dafür, was Helena forderte nicht gemacht.

„Das ist jetzt aber blöd, du kannst ja tatsächlich nicht schlucken, dann habe ich für dich keine Verwendung mehr!“

Schließlich stieß Helena den Gummistab bis zum Anschlag in die leidende Gefangene, und ließ den Gummistab in der armen Frau stecken.

Während die Blondine zuckend unter höllischen Qualen langsam und unter schrecklichen Schmerzen erstickte, schaute Helena, die Herrin, die anderen beiden Mädchen an. „Eure Kollegin wollte nicht schlucken, jetzt wird sie qualvoll sterben. Schaut genau zu. Das erwartet euch auch, wenn ihr nicht das tut was wir von euch fordern.“ Das sterben der Blondine dauerte mehrere Minuten. Schließlich hing ein Blondes Etwas mit weit aufgerissenen Augen bewegungslos in den Rahmen und aus ihrem Mund ragte der Rest eines Gummistabs heraus.

„Und nun zu euch. Habt ihr es euch überlegt?“

Die beiden anderen Mädchen waren völlig verängstigt und das einzige was sie noch taten, sie nickten ihrer Herrin zu. „Ja Herrin, wir wollen es lernen, wir wollen leben, wir werden es lernen.“

„Gut!“ Sagte Helena. „Nehmt sie mit und verpasst ihnen die erste Lektion im Deep-Throat, wenn sie das schaffen, kommen sie zurück und erhalten eine zweite Chance, wenn nicht, dann bleiben sie hier bei mir und kommen in mein Spielparadies.“

Bewacht von einigen brutalen Söldnern wurden die beiden Mädchen weggeführt.

Helena wusch sich kurz und klatsche danach in die Hände.

„So, dann wollen wir mal mit der Tagung beginnen.“
Im Tagungsraum saßen die anderen Verantwortlichen bereits und warteten, bis Helena dazukam. „Behalten sie Platz. Die heutigen Themen sind die Erlöse bei den Philippinischen Mädchen, die drei Entführten Frauen der Europäer und dann die neuen Schutzmaßnahmen in den Unterkünften der Sklaven. Also dann, lasst uns beginnen.“

„Herrin, die Erlöse der Philippinischen Mädchen haben das Ziel nicht ganz erreicht, drei der 21 Mädchen waren zu dünn und hatten zu kleine Brüste, wir haben nur 347.000 Dollar erwirtschaftet.“
„Das sind 13.000 Dollar zu wenig, das muss bis Quartalsende ausgeglichen sein.“
„Ja das sollten wir schaffen, ganz sicher schaffen wir das Herrin.“
„Gut so, nächster!“

„Herrin, die Erlöse durch die drei Europäerinnen ergaben die erwarteten 125.000 Dollar pro Person, die Europäer haben dann doch noch bezahlt.“
„Musstet ihr diesmal auch wieder einen Finger abschneiden?“
„Nein, das Video vom letzten Mal reichte völlig aus.“
„Gut, nächster Vortrag.“

„Herrin, wir haben uns etwas für die Zelte der Sklavinnen ausgedacht.“
„Gut die Aufgabe bestand darin, einen Weg zu finden die Zelte der Sklavinnen vor Befreiung und Flucht durch letale Mittel zu schützen. Dies sollte einerseits schnell und andererseits zuverlässig wirken, was habt ihr vorzuschlagen Gruppe 1?“

„Herrin, wir sind für die Montage von Sprengstoffpatronen im Gipfel der Zeltdächer, die ziehen sich über die ganzen Zeltlängen. Industrieller Sprengstoff taugt dafür und kann auch wetterfest verpackt werden.“
„Das ist Bullshit! Die garantierte letale Wirkung auf alle Sklaven ist so nicht garantiert. Außerdem werden so die Standorte der Zelte sofort bekanntgegeben.
Gruppe 2 was habt ihr euch ausgedacht?“

„Herrin, wir haben einen ähnlichen Ansatz, aber wir nehmen anstelle Sprengstoff gutes Flammöl in Schläuchen, die Explosion beim Anzünden sind nicht so laut, die Wirkung dauert auch etwas länger an, bis sie letztendlich letal sind, aber sie wirkt auf jeden Fall letal. Außerdem zeigt das Wirkung nach innen und außen.“
„Napalm in Schläuchen, das hat etwas, ich denke, das setzen wir um. Ich will auf jeden Fall auch eine zentrale Zündmöglichkeit, sollte sich einer der Konkurrenten dazu entschließen hier anzugreifen. An was habt ihr da gedacht?“

„Herrin, dafür empfehlen wir, also beide Gruppen, die Funkauslösung. Wir haben die Mittel und die Reichweite. Das ist gut und erprobt.“
„Ausgezeichnet. Beschafft die Dinge und setzt das um. Bis wann seid ihr damit fertig?“

„Herrin, mit der Lieferung, die 14 Tage dauert, sind wir in drei Wochen einsatzklar.“
„Gut nun noch ein paar Dinge zur Administration, …“

Nun wurden noch einige Dinge für den allgemeinen Ablauf durchgesprochen, die nächsten Bestrafungen für morgen wurden durchgesprochen und einige Neuerungen wurden angekündigt. Nach gut zwei Stunden war dann alles vorbei und die Gruppe löste sich auf.

„Schaut nach, ob die beiden anderen bereits für den Rücktransport trainiert sind und wenn ja, dann nehmt sie mit und bildet sie weiter aus.“

In einem der anderen Gebäude knieten die beiden Mädchen mit gefesselten Händen hinter ihrem Rücken und schluckten bereitwillig, was ihnen die beiden stark gebauten Söldner anboten.

„Sind die bereits gut?“ Eine der Wachen schaute mit geilem Blick zu den Männern und nickte.

„Ihr könnt sie mitnehmen, die Kleine hier, die ist besonders gut, die schluckt und saugt alles, wie ein Staubsauger!“

**

Die Superyacht der Piraten
Isomar van Denkins war ein glücklicher Mann. Seine dritte Frau hatte die Scheidung nicht mehr erlebt, sie hatte sich stattdessen zusammen mit ihrem Liebhaber in dessen Cabrio eine hohe Klippe hinabgestürzt. Zumindest stand das so in den Untersuchungspapieren der Staatsanwaltschaft.

Da zu wenig Beweismaterial übriggeblieben war, konnte auch nicht nachgewiesen werden, ob Fremdverschulden dabei eine Rolle gespielt hatte.

Isomars Firmengruppe hatte dafür im neunten Jahr herrlich schwarze Zahlen geliefert und für die Zukunft sah alles sehr gut aus. Die milliardenschwere Firma hatte sich auf modernste Edelelektronik und Satellitensysteme spezialisiert und war in dem Bereich unter den weltweit führenden Firmen.

Jetzt endlich hatte Isomar auch seine zweite Luxus Yacht in Besitz genommen. Seine erste Yacht, die 140 Meter lange „Isolde“ hatte er mit Gewinn an einen Edelmann in Ägypten verkauft. Gleich darauf hatte Isomar den Auftrag für die Nachfolgeyacht bei der Edelschmiede der Bremer Werft Würssen & Co. abgeschlossen und jetzt nach 11 Monaten Bauzeit war sein Traum endlich in seinen Händen. Allein die Überführung, in seine geliebte Südsee, hatte ein kleines Vermögen gekostet, doch seit einem Monat kreuzte Isomar endlich glücklich mit seiner zwanzig Mann starken Mannschaft durch die See.

Jetzt, nach gut drei Wochen ausgedehnter Urlaubsfahrt war Isomar mit seiner neuen Yacht „Isokanto“ auf der Fahrt zu einem seiner Geschäftspartner Palau.

„Kapitän, wieso verlangsamen sie die Fahrt?“, rief Isomar van Denkins seinem Kapitän zu.
„Die Küstenwache hat uns angefunkt, sie kommen noch heute Abend zu uns an Bord.“
„Hier draußen, wir sind mitten auf dem Meer, was hat die Küstenwache hier zu suchen?“
„Die sagten etwas von gesuchten Verbrechern, die sich an Bord von Luxusyachten verstecken würden und deswegen müssten ausnahmslos alle Yachten überprüft werden.“
„Na gut, wollen wir hoffen, dass das schnell vorbei ist. Ich mag diese Polizisten der Meere nicht.
Matthis, sagen sie der Mannschaft, dass sie sich am Welldeck versammeln soll.“

In der Dämmerung kam von achtern das erwartete Schiff und hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, so konnte die Küstenwacht alles gut sehen und es gab beim Anlegen keine Schramme.

Isomar hatte keine Geduld mit Leuten, die ihm seine Zeit stahlen und genau das taten die von der Küstenwacht, zumindest in seinen Augen. Dennoch ignorierte er die Leute, die sein Schiff betraten.

Sein Kapitän war aus einem völlig anderen Holz geschnitzt. Er beobachtete die Herren in ihren hellen Hemden und Mützen und irgendetwas kam ihm an den Leuten komisch vor. Keiner der Leute von der Küstenwacht trug eine Jacke oder ein klares Marineabzeichen, das sah alles selbstgemacht aus. In dem schlechten Licht und mit den grellen Scheinwerfern fiel das allerdings auch nicht weiter aus. Dennoch suchte der Kapitän die Nähe zu seinem Kommandantenpult. Er wusste genau, dass er darin seine Dienstpistole hatte.

Dann ging alles sehr schnell. Isomar bekam erst gar nichts mit, erst als der erste Schuss fiel und sein Kapitän blutüberströmt über Bord ging, wurde Isomar klar, dass das garantiert nicht die Küstenwacht war. Er rief seine beiden Mädchen zu sich und sie knieten sich, schutzsuchend neben ihn.

„Sind sie der Eigner dieses Bootes? Ein schlichtes Ja oder nein genügt!“ Rief ein Mann in weißem Hemd und weißer Hose.

„Hören sie, wir können das sicher alles regeln und …“

Zwei Männer zerrten eines der Mädchen von Isomar weg an die Reling und der Mann, der gerade mit Isomar gesprochen hatte zog eine Pistole aus seiner Tasche.
„Ich sagte, ein kurzes Ja oder Nein genügt. Also sind sie der Eigner dieses Bootes?“

„Das ist eine Yacht und ja, ich bin der …“ Weiter kam Isomar nicht, ein Schuss bellte und das junge Mädchen wurde mit einem Loch im Kopf über Bord gerissen. Das Letzte, was Isomar von ihr sah, war ihr fragendes Gesicht.
„Na, wollen wir weiterspielen, oder beantwortest du meine Fragen?“, fragte der Mann mit der Pistole.

„Ja“ sagte Isomar und das Mädchen zu seinen Füßen klammerte sich an ihn. „Ja, ich bin der Eigner …“

„Na, geht doch, so müssen wir die Lektionen auch nicht vertiefen. Siehst du, es geht alles sehr schnell, wenn du mitspielst.“

Isomar schaute den Mann fragend an, aber sagte kein Wort.

Der Mann mit der Waffe sah das und man sah ihm auch an, dass er es genießen konnte, Isomar so leiden zu sehen.
„Der Eigner hat Fragen, aber er traut sie sich nicht zu stellen, dann hat er tatsächlich seine Lektion gelernt.“ Die anderen Banditen lachten laut.

„Also gut, dann will ich mal …“, sagte der Anführer.

„Ich übernehme das Boot und alles, was an Bord ist. Wer sich widersetzt wird sofort ausgewechselt.

Es gibt keine zweite Chance. Haben das alle verstanden?

Es gibt keine zweite Chance!“

Isomar und seine Mannschaft waren unschlüssig, aber Isomar erkannte den kalten, grausamen Willen seines Gegenüber, dieser Mann war bereit, weiter zu töten, wenn es ihm half. Menschenleben bedeuteten ihm gar nichts.

Einige der Mannschaft waren aber nicht ganz überzeugt, dass sie sich so einfach ergeben sollten. Immerhin waren sie fast 20 Mann und die Angreifer nur ein knappes Dutzend.

Zwei Mann aus der Technik und der kräftige Koch hatten ihre Chance gesehen und versuchten ihr Glück. Sie rissen einem der Wachen die Waffe weg und schossen einen anderen zusammen. Danach wollte sie gerade auf den Mann mit der Pistole losgehen, doch da schrie der Koch auf.

Aus seinem Kopf ragte die Spitze einer Harpune und mit einem Ruck ging der Koch mit der Harpunenspitze im Kopf über Bord.

Von Bord des anderen Schiffes flammte ein starker Scheinwerfer auf und tauchte alles an Bord der „Isokanto“ in Gleisendes Licht.

„Dachtet ihr wirklich, wir haben nur die paar Leute dabei, das war ein Fehler. Ihr da, herkommen.“
Die beiden Männer aus der Technik wurden an die Reling gestellt und der Anführer erschoss sie einzeln. Schön der Reihe nach einen nach dem anderen, damit auch ja alle anderen mitbekamen, was hier vor sich ging.

„Wie ich sagte, es gibt keine zweite Chance.“

**

Eine Stunde später waren die meisten der Mannschaft von Isomar auf dem anderen Schiff unter Deck in Käfigen weggesperrt und das „Küstenwacht“ Schiff drehte ab.

Zurück blieb eine gut 12 Mann starke Besatzung des Überfallkommandos, ein Hilfskoch, das Mädchen von Isomar und Isomar selber.

Im Saloon der „Isokanto“ stand der Entführer mit zweien seiner Leute vor Isomar und lächelte ihn an.

„Packt die Kleine!“ Rief der Anführer.

„So, dann wollen wir mal zum zweiten Teil übergehen. Dieser Kahn hat einen Safe an Bord, er befindet sich genau hinter mir und wird mittels Zahlencode, Fingerabdruck und Kennwort entsperrt.

Aber…

Wie alle Superyachten, die von der Bremer Werft Würssen & Co. gebaut werden, hat auch diese eine Notentriegelung. Dafür brauche ich nur diesen Chip hier.“ Dabei zeigte der Entführer einen bleistiftlangen Gegenstand. Der Entführer schob eine kleine Abdeckung an dem gut versteckten Safe zur Seite und führte einen USB Stick in Form eines fünfeckigen Stiftes ein.

Kurz danach machte es „Klick“ und die Safe Türe öffnet sich.

„Ich liebe moderne IT, dummerweise kann ich die beiden inneren Türen nicht so einfach öffnen. Also bitte, wenn du die Güte hättest die zu öffnen, wäre ich dir sehr verbunden!“

Isomar schaute auf den Entführer, die Pistole die auf sein Mädchen zeigte und die tränenüberfluteten Augen des Mädchens. Dann nickte Isomar und kniete sich vor den Safe.

Eine Minute später waren die beiden gepanzerten Innentüren geöffnet.
„Bitte lassen sie das Mädchen in Ruhe.“

Der Anführer schaute zu seinen Leuten und einer hielt ein kleines Smartphone in den Händen.

„Er hat versucht, den Notfallsender zu aktivieren!“

Isomar schaute erschrocken den Anführer an.

„Dachtest du wir wüssten nichts von dem Notfallsender? Wir haben als erstes den Sender abgeschaltet und dann die Antennen abgezogen. Leider war dein kleiner Stunt erfolglos, wie sagte ich zuvor, es gibt keine zweite Chance.“

Damit stellten zwei der Wachleute das Mädchen an die Reling, das Mädchen schrie nach Herzenskräften und der Anführer hob die Pistole direkt vor ihr Gesicht.

„Schade um die Kleine!“ Der Schuss riss ihr fast den halben Kopf weg und so ging auch das letzte Mädchen über Bord.

„Wieso müsst ihr immer versuchen den Helden zu spielen. Dir muss doch klar gewesen sein, dass ich alles über die Yacht, die Mannschaft und auch über dich wusste und dennoch hast du versucht, den Helden zu spielen.“

„Verzeihung, ich bin sicher, dass ich mit genug Geld…“

„Nein. Kannst du nicht, denn siehe, dein werter Herr Bruder hat die Information über deine Entführung bereits erhalten und hat dich sofort aus der Geschäftsführung entfernen lassen. Du hast nichts mehr zu sagen und du hast kein Geld mehr. Dein Bruder gibt keine Kupfermünze für dich und das bedeutet, du bist für uns nicht mehr wertvoll.

Du bist also Ballast.

Danke, dass du die Safe Türen aufgemacht hast und nun stirb mal schön! Bringt ihn an den Bug, gebt ihm eine Schwimmweste und werft ihn über Bord, ich bleibe hier am Heck-Fahrstand.“

Als der Entführer das leise Platschen von Isomar hörte, wie er in das Meer fiel, gab er am Steuerpult Vollgas und die Motoren brummten los. Isomar trieb mit großen Augen vorbei und verschwand schreiend im Sog der Propeller.

Ein großer, roterer Wasserfleck war das Einzige, was von Isomar blieb, dann nahm der Entführer die Drehzahl langsam zurück.

„Dann wollen wir mal, alles auf die Posten, neuer Kurs ist unsere Werft, lasst uns unsere Beute sichern und umbauen.“

**

Damit verschwand die „Isokanto“ vom Meer und tauchte auch nicht mehr auf. Dafür wurde eine umgebaute Superyacht sechs Monate später wieder zu Wasser gelassen. Diese Yacht trug jetzt den Namen „Maru Ganssen“ und hatte eine Zulassung in Nassau.

Tatsächlich war die „Isokanto“ oder „Maru Gassen“ wie sie jetzt hieß zu einem modernen Kontroll- und Kommunikationsschiff umgebaut worden und sie hatte mehrere schwere Maschinengewehre erhalten, eine 45mm Bordkanone am Bug, eine ½ Zoll Gatling Maschinenkanone am Heck und zum Abschluss noch drei Raketenwerfer. Die Radarausrüstung entsprach der modernsten Technik für Zivilschiffe und die Funkanlagen waren top-modern.

Das Schiff war nun die schwimmende Kontrollstation und mit ihren riesigen Tanks konnte sie auch lange auf See verweilen. Aus der edlen Yacht war ein schneller Kreuzer für die Piraten des Pazifik geworden und dieser Kreuzer ging jetzt auf See.

Die gekaperte Yacht „Isokanto“. Jetzt als Piratenschiff unterwegs.

Die gekaperte Yacht „Isokanto“. Jetzt als Piratenschiff unterwegs.

**

Drei Tage später im Palast
Im Palast herrschte ein unglaubliches Treiben. Als die vier vor dem Palast vorfuhren um sich mit Soleab zu treffen, fielen ihnen sofort die verschärften Sicherheitsvorkehrungen auf. Eine bewaffnete Eskorte brachte sie zu dem Parlamentspräsidenten, nachdem man ihre Ausweise genauestens überprüft hatte.
„Was ist denn hier los?“ fragte Martin.
„Hier scheint irgendeine große Sache zu laufen.“ Antwortete Lastre’lar als sie in Soleabs Büro gebracht wurden.

„Oh ja!“ gegrüßte sie der Parlamentspräsident. „Morgen greifen wir die Piraten auf Makira an! Wir werden alle Geiseln befreien und den Piratenspuk ein für alle Mal beenden.“
„Soleab“, begann Lastre’lar, doch der hob die Hand.
„Ich weiß was du sagen willst alter Freund. Wir werden das Piratentum nicht beenden können. Nein, das können wir nicht. Piraten sind wie eine Hydra, du schlägst einen Kopf ab und zwei neue wachsen nach. Nein… es solange es die Seefahrt gibt, wird es auch Piraten geben, aber diese Mörderbande auf Makira, diese werden wir uns vorknöpfen! Und zwar dermaßen Vorknöpfen, dass es sich die nächsten Piraten gut überlegen werden, auch nur in die Nähe Soulebdas zu kommen!“
„Natürlich werden sich unsere Soldaten bei diesem Einsatz an das Gesetz halten.“ Warf Martin ein und Soleabs Augen wurden schmal.

„Das Wort der Regentin ist Gesetz! Und dieses Gesetz wird genauestens befolgt!“ antwortete er hart und Lastre’lar entschied, dass es besser wäre, das Thema zu wechseln.
„Ich gehe davon aus, dass du uns nicht deswegen gerufen hast.“
„Nein, Ma’Gus und der Geheimdienst gehen davon aus, dass sobald unser Angriff beginnt und die Piraten geschlagen sind, diejenigen Piraten, welche hier auf Soulebda sind, versuchen werden das Weite zu suchen. Sie werden vermuten, dass wir Gefangene haben und dass wir diese zum Sprechen bringen. Also werden sie Fersengeld geben. Die Regentin wünscht, dass kein Pirat auf Soulebda seiner Strafe entgeht.“
„Wir sollen also aufpassen, wer abhaut.“
„So ist es. Und dafür sorgen, dass sie auf Soulebda bleiben, um sie vor Gericht zu bringen.“
Kama’lar der ein grobes Verzeichnis der Schiffe, welche zurzeit in Soulebda lagen, im Kopf hatte, brummte, „Das wird aber nicht einfach. Ich gehe davon aus, dass wir die Piraten nicht vorwarnen sollen, also muss die Hafenbehörde wie gewohnt weiterarbeiten und alle Anträge auf Ein und Auslaufen weiter genehmigen.“

„Da hat unser Hafenmeister Recht. Sobald wir die Häfen sperren, wissen die Piraten was die Stunde geschlagen hat.“ Pflichtete Her’jare seinem Schwager bei.
„Ich sehe schon, ich habe die richtigen Leute auf diesen Job angesetzt. Ja, das befürchtet auch Ma’Gus.“
„Die Piraten, die bis jetzt unentdeckt geblieben sind, sind nicht blöd“, stellte Her‘jare fest, „sonst hätten wir sie längst erwischt. Sie werden nicht unbedingt mit großen Schiffen abhauen. Wir müssen besonders kleine Boote im Auge behalten. Fischerboote, Yachten und so weiter. Das wird eine Herkulesaufgabe. Kann die Marine die Küstenwache dabei unterstützen?“
„Von unseren großen Einheiten wird die Noven’prim vor dem Hafen Nih’tan Warteposition beziehen. Alle anderen Einheiten werden vor Makira im Einsatz sein, aber unsere Luftwaffe wird eine Zweierstaffel bereitstellen. Lastre’lar, ich erwarte, dass du die Einsätze hier auf Soulebda koordinierst.“
„Ich? Ich bin nur ein Inspektor…“

„Falsch!“ unterbrach ihn Soleab. „Bis zum Ende dieses Einsatzes bist du Superintendant der Polizei.“
„Superintendant der Polizei? Diesen Posten gibt es überhaupt nicht.“ Soleab grinste, als er antwortete. „Ab jetzt schon. Alle Polizeieinheiten und angeschlossene Behörden unterstehen ab sofort dir.“ Damit gab er Lastre’lar einen Umschlag auf dessen sein Name stand. „Vom Parlament beschlossen und von der Regentin selbst ausgefüllt. Herzlichen Glückwunsch.“
Lastre’lar stand da, wie vor den Kopf geschlagen. „Ich weiß gar nicht, ob ich das will.“
„Das wusste Heylah. Wenn du dir das durchliest, wirst du sehen, dass du nach dem Einsatz freie Wahl hast, welchen Posten du übernimmst. Aber jetzt brauchen wir dich!“
Lastre’lar atmete tief durch, während Martin ihm die Hand auf die Schulter legte und ihn auffordernd zunickte. „Ich werde mein Bestes geben und weder die Regentin noch dich enttäuschen.“
Noch immer leicht benommen wurde Lastre’lar und sein Team hinausbegleitet und zurückgebracht.

**

Die Zeit drängte! Alle möglichen Fluchtrouten der Piraten mussten blockiert werden. Dazu gehörte nicht nur der Hafen von Nih’tan, sondern auch der Binnenhafen von Soulebda Stadt und PoTaus Harbour, der Yachthafen PoTaus an der Küste. Außerdem gab es noch zwei kleine Fischerdörfer an der Nordküste, doch diese waren auf dem Landweg schwer zu erreichen, dennoch stand eine Armeeeinheit aus Uhr’Luu bereit, alle Straßen in deren Umgebung zu sperren.

Im Hauptquartier der Polizei Soulebda Stadt wurden dann die Einsätze Koordiniert.
„Kama’lar, als Hafenmeister ist der Hafen von Nih’tan dein Spielplatz. Ich nehme an, du weißt was du zu tun hast, um den Hafen zu sperren.“

„Klar, schließlich leitet mein Büro sämtliche Bewegungen im Hafen.“ Nickte der.
„Kapitän“, wandte sich Lastre’lar an Her‘jare. „Du übernimmst den Yachthafen von PoTaus. Als Kapitän der Küstenwache kennst du sicher die meisten Fischer und Bootskapitäne dort.“
„Einen großen Teil schon, wenn da was nicht stimmt, werde ich es merken.“

„Gut. Nun zu dir Partnerin, du übernimmst den Binnenhafen von Soulebda Stadt.“
„In Ordnung.“ Bestätigte Shea und sah wie sich Lastre’lar damit quälte sein Team in den Einsatz zu schicken, während er hier saß und alle Einsätze koordinierte, statt mit ihm zu gehen. „He, Partner“, sagte sie zu ihm, „wir werden das Ding schon schaukeln. Und nein, keiner von uns glaubt, dass du hier ruhig herumsitzt und Däumchen drehst.“

„Danke. Ihr seid das beste Team, dass sich ein Superintendant wünschen kann.“
„Das werden die Piraten auch erfahren!“

**

Das Geschenk
In Soulebda Stadt erhellten viele Scheinwerfer an der Decke die große Halle 2 der Werft. Hier wurden die staatlichen Schiffe gebaut und gewartet. Doch diesmal erhellten die starken Lampen eine gewaltige Yacht von 120 Meter. An der Kaimauer stand ein gutes Dutzend Menschen und betrachteten diese stattliche Yacht. Ein ebenso stattlicher Mann in weißem Gewand präsentierte diese Yacht der Regentin von Soulebda.

„Ehrenwerte Regentin, diese kleine Yacht hat mir zehn Jahre als Urlaubsdomizil gedient. Der Sultan, mein Vater, hat mich angewiesen ihnen die Yacht zu übergeben, da ihr sie etwas umbauen wollt. Gerne überbringe ich ihnen diese Yacht und freue mich, wenn ihr damit etwas Gutes tut. Wie von euch gewünscht, wurden einige Extras bereits in unserer Marineabteilung eingebaut.

Die Raketenwerfer sind achtern verbaut, das große Bordgeschütz ist bugseitig hinter dem Vordersteven untergebracht. Alle sind versenkbar und gut geschützt. Wie gewünscht haben unsere Spezialisten die Elektronik so verbaut, wie von euch gewünscht. Besonders stolz bin ich auf das Versteck der Zwillingsflak. Es ist unseren Spezialisten gelungen, aber was sage ich, darf ich das alles ihnen gerne vorführen?“

„Prinz Agadir, euer ehrenwerter Vater hat euch gelobt für euren Sachverstand, ich freue mich auf die Vorführung. Bitte sehr.“ Man sah förmlich, wie der edle Prinz wieder zum kleinen Jungen wurde, allerdings mit dem Sachverstand eines Ingenieurs.

„Über die Fernbedienung oder die fest installierten Schalter können sie die Aktionen starten, die Symbole vorne sind für den Bugbereich, Mitte für die Mittelsektion und die beiden Hecksymbole gelten analog für hinten rechts und links. Bitte beachten sie die Geschwindigkeit und die Lautstärke der Verwandlung.“

Nach und nach aktivierte der Prinz die einzelnen Symbole. Zuerst fuhren am Heck die beiden Raketenwerfer für jeweils vier Raketen aus und genau so leise und schnell wie sie ausgefahren wurden, verschwanden sie wieder.

„Sehen Sie hier, die Werfer sind schnell nachladbar durch die Containerbauweise. Außerdem kann man die Raketen problemlos lagern. Kommen wir nun zu der Bugkanone, das war eines der größten Probleme. Im normalen Fahrbetrieb wird die Kanone nach achtern gerichtet und abgesenkt. Damit kann sie gewartet werden, aber sie ist vor allem nicht sichtbar.“

Auf Knopfdruck fuhr die Bugkanone hoch und die seitlichen Abdeckungen verschwanden in der Bugsektion.

„Das hier ist eine vollautomatische 35 mm Maschinenkanone. Wir hatten die früher in einigen unserer Kampfflugzeuge eingebaut. Die Kanone war dabei so genau, dass wir sie auch für andere Zwecke genutzt haben. Die Steuerung erfolgt aus dem Schiff. Da kann man auch die verschiedenen Munitionsarten wählen. Wir haben gute Erfahrungen mit der Explosiv und der ABM Munition gemacht.“

„ABM Munition? Ist das diese in der Luft explodierende Munition?“ „Ja, genau das ist sie, die wird passend zum Ziel automatisch beim Abfeuern programmiert.“ Erneut gingen die Besucher etwas weiter und blieben mittschiffs stehen.

„Und nun die Überraschung!“ Erklärte der Prinz, drückte einen weiteren Knopf und aus der oberen Kabine glitten die Seitenwände nach unten. Eine Kanone kam zum Vorschein, ummantelt und mit einer großen Kassette versehen.
„Diese moderne 27 mm Maschinenkanone hier stammt aus Europa, aus der Schweiz von Moerlikon-Stierle und ist mit einer sehr guten Optronik ausgestattet. Vermutlich dürfte das Geschütz hier das Beste sein, das sie je gesehen haben, es ist wirklich einzigartig.“

Mit einem Knopfdruck verschwand die Sonderausstattung wieder in den Verstecken und der Prinz lächelte die Regentin wieder mit seinem gewinnenden Blick an. „Wunschgemäß haben wir den Antrieb modernisiert. Mein Vater, der Sultan, bestand aber auf dem Umbau von Dreiblatt auf Fünfblatt Verstell Propeller. Diesem Wunsch sind wir gefolgt, hiermit übergebe ich ihnen anstelle einer Ausflugsyacht einen ausgewachsenen Kreuzer und wünsche ihnen allzeit eine Handvoll Wasser unter dem Bug und den Segen Allahs.“ Damit verbeugten sich der Prinz und die gesamte angereiste Mannschaft, vor der Regentin von Soulebda.

**

Weitere zwei Wochen später war die Yacht vollendet und wurde erneut zu Wasser gelassen. Äußerlich eine bequeme Luxusyacht, war sie innerlich zur modernen kampfstarken Yacht ausgebaut worden. Das Beste allerdings war, dass diese Umbauten nicht auffielen. Nun kreuzte die Yacht vor Soulebda und teste die einzelnen Systeme. Nordöstlich von Caro’s Island lagen einige kleine, unbewohnte Inseln auf die Zielscheiben gebracht wurden. Diese wurden von der Yacht in voller Fahrt beschossen. Anschließend werteten die Spezialisten die Treffer aus und optimierten die Einstellungen an Bord der Yacht. Am Ende der Woche erfolgte die abschließende Prüfung.

Zwei ferngesteuerte Speed Boote griffen die Yacht an, eine fuhr vorbei, die andere sollte direkt angreifen. Die Kanonen hatten Vollmantelmunition ohne Sprengstoff geladen, so wollte man die Treffer besser auswerten können.

Das frontal angreifende Boot wurde mit einigen Volltreffen glatt versenkt und das seitlich versetzt fahrende erhielt zahlreiche Treffer, die das Boot sinken ließen.

Die Auswertung ergab eine sehr gute Trefferwahrscheinlichkeit. Als am Folgetag das Ganze mit richtiger Explosivmunition wiederholt wurde, wurden die beiden Angreifer mit der ersten Salve bereits auseinandergerissen. Damit waren die Tests abgeschlossen und die „Ausflugsyacht“ als einsatzreif erklärt.

Das Geschenk an die Regentin. Nach dem Umbau

**

Inselgruppe der Nordmolukken, einen Monat früher
Zwischen den Nordmolukken und Sulawesi Utara befindet sich nördlich der beiden großen Inselgruppen eine kleinere Inselgruppe, bestehend aus über 30 Inseln.
Diese reichen bis in die Celébessee und waren strategisch günstig gelegen, wenn man die Schifffahrtsrouten im Blick hatte.

Auf einem der höheren Aussichtspunkte standen Leon Baldwerde, der oberste Planer von Dr. Magnus Berberich, Lin Pin Tao, ein technisches Genie und die chinesische Truppe, bestehend aus Jan Li, Thin Pan sowie Pan Thai.

„Der Platz ist ideal, wie schnell habt ihr die Radaranlage und das Richtfunknetz hier einsatzklar. Ihr hatten jetzt acht Monate Zeit alles aufzubauen und ihr habt unserem Auftraggeber zugesagt, dass alles binnen drei Quartalen steht?“
„Der Monat hat erst angefangen Leon, glaube mir, bis Ende des Monats haben wir hier alles einsatzklar.“

„Ich verlasse mich auf euch, wir haben einen engen Zeitplan. In genau einem Monat sehen wir uns wieder!“

Einen Monat später am gleichen Platz

„Gut, die Reichweite der Radaranlage ist doch besser als geschätzt. Damit überstreichen wir den ganzen Bereich und haben die Kontrolle. Das habt ihr gut gemacht und der Stecher wird sich freuen.
„Habt ihr mitbekommen, die Angriffe unserer Teams auf die drei Figuren auf Soulebda waren trotz ihrem Untergang letztendlich wohl doch erfolgreich?“

„Quatsch, die beiden Teams sind nicht zurückgekehrt. Unsere Spionin auf der Insel berichtete, dass die beiden Teams ausgeschaltet wurden, wieso sprichst du von einem Erfolg? Das war nun wirklich kein Erfolg, oder?“
„Nein, so gesehen natürlich nicht, dennoch hat das Engagement unserer chinesischen Mädchen ausgereicht, dass die Regentin auf Soulebda die Sicherheitslage neu bewerten ließ.“

„Ja und was ist das Ergebnis?“
„Angeblich wurde die Insel nicht mehr als sicher angesehen und deswegen sollen die drei Figuren auf eine Fregatte der niederländischen Marine überführt werden.“
„Willst du mir etwas erzählen, wir sollen eine vollbesetzte Fregatte der Marine angreifen, ich glaube, ich lasse den Stecher von deiner Krankheit wissen, dann löst er das Problem bestimmt gerne für dich.“

„Spar dir deine Sticheleien. Die Fregatte ist noch vier Tage entfernt und der Transfer soll in drei Tagen erfolgen.“

„In vier Tagen? Was ist mit dem fehlenden Tag?“

„Genau das ist der Punkt. Weil diese französische Schlampe Angst vor dem Fliegen hat, nehmen die ein Schiff. In genau drei Tagen brechen die mit einer Motoryacht eines befreundeten Sultans auf und bringen die drei auf die Fregatte und genau das ist der Moment, das ist unsere Chance.“
„Oh dann könnten wir die drei auf See gefangen nehmen und der Stecher hätte endlich wieder gute Laune.“
„Genau, mit dem Stecher ist im Moment überhaupt nicht gut Kirschen essen.“

„Gut, ich informiere den Stecher, das könnte ihm gefallen, ich weiß, dass er mit den Dreien etwas ganz Besonderes vorhat. Besorg mir alle Informationen, du weißt, dass der Stecher immer alles wissen will zum planen.“
„Er wird alles bekommen und wir werden die drei kriegen, das schwöre ich dir!“
„Gut, so gefällt mir deine Einstellung und nun zurück zu dem Zeitplan, also was ist noch zu tun?“

**

Das schwimmende Hauptquartier
17.12.2015, Huanghai Werft in China

In der bekannten Huanghai Werft in China herrschte Aufregung. Hier wurden mächtige Fracht und Personenschiffe gebaut und eine erfolgreiche Schiff-Serie, die Aranui Serie lief nur hier vom Stapel. Vor wenigen Wochen war die neuste Königin der See, die Aranui 5 ausgelaufen. Es handelte sich hierbei um topmoderne Kombinationsschiffe, ausgelegt als Post, Transport und Luxus Personenschiffe.

In der Südsee liefen inzwischen mehrere Schiffe der Aranui Klasse und alle waren sie ein Erfolg. Das nächste Schiff war für eine längere Fahrt ausgelegt und es sollte anstelle der 15 Knoten fast 19 Knoten fahren. So kam es, dass die Modellreihe vergrößert wurde.

Die im Bau befindliche und fast fertiggestellte „Akrano“ war anstelle 126 Meter fast 185 Meter lang. Die Fertigstellung des neuen Schiffes stand an. Doch nun musste die Huanghai Werft eine Abschreibung hinnehmen. Der Auftraggeber in der Südsee war infolge eines Tsunami zahlungsunfähig geworden, nachdem die Wassermassen die Firmenzentrale überflutet und fast alles Wertvolle zerstört hatten.

Die eben erst fertiggestellte „Akrano“ aber war bereit zur Auslieferung.

Glücklicherweise sprang ein chinesischer Industrieller ein, der nicht genannt werden wollte und übernahm das Schiff gegen eine Schuldverschreibung in nicht näher genannter Höhe.

So konnte die „Akrano“ doch noch zu Wasser gelassen werden und sie sollte bei der Jungfernfahrt im Chinesischen Meer dem neuen Eigner übergeben werden. Doch in einem schweren Sturm verlor sich die Spur der „Akrano“ und weder das Schiff, noch die Übergabemannschaft tauchten wieder auf.

Da das Schiff bezahlt war, gab es keine rechte Aufregung. Neue Schiffe standen an um gebaut zu werden und die Huanghai Werft hatte genug zu tun, um gute Aufträge an Land zu ziehen.

Bei Lloyds in London wurde indes die „Akrano“ als Totalverlust angegeben und wieder einmal wurde die Glocke geschlagen, die solch einen Totalverlust verkündete.

**

Die „Akrano“ war allerdings nicht verloren, sie war kurz vor dem heftigen Sturm von Piraten übernommen worden. Die gesamte Mannschaft wurde auf das hintere Welldeck beordert und an Händen und Füßen gefesselt. Ein jeder der Gefesselten bekam eine Augenbinde und wurde an den Vorder- und Hintermann gefesselt.

Was die Gefesselten nicht mitbekamen war, dass der erste Mann an ein Stück Ankerkette gebunden wurde. Auf Befehl des obersten Piraten ging dann dieses schwere Ankerkettenstück über Bord und riss alle Gefesselten mit sich. So verschwanden 87 Mann spurlos in den Tiefen des Pazifiks.

Die elektronischen Melder der „Akrano“ wurden umprogrammiert. Das Schiff hieß nun „Puh Long Thai II“ und fuhr unter einer gefälschten Zulassung aus Indonesien. Einige Aufbauten wurden verändert und verwandelten das Luxus Postschiff in ein unscheinbares Schiff, wie es zu Hunderten auf den Meeren fuhr.

**

Was dann folgte, war eine Umbauphase in einer kleinen Werft auf einer der unzähligen indonesischen Inseln. Binnen eines Jahres wurde das Schiff im inneren umgebaut und technisch hochgerüstet. Aus dem schnellen Postschiff wurde das schwimmende Hauptquartier der Piraten.

Ein Jahr später, im Februar begann die ehemalige „Puh Long Thai II“ unter dem neuen Namen „Wudong“ ihre Reise auf dem Rundkurs Sulawesi, Molukken, Neuguinea, Salomonen, Vanuatu, Fidschi, Soulebda, Manus, Palau. Diesen Kurs legte das Schiff zweimal im Jahr zurück, unterbrochen von kleinen Werft Aufenthalten.

Nach den Werftaufenthalten tauchte die „Wudong“ wieder auf, jedes Mal mit leicht veränderten Aufbauten. Einmal war die „Wudong“ fast einem Kreuzer der Küstenwachwache ins Netz gegangen, aber ein Tag später war aus dem Frachter ein Forschungsschiff geworden mit völlig anderen Aufbauten aus Segeltuch und Holzplatten.

Die „Wudong“ blieb ein Geisterschiff, das unter den Augen von vielen seine Runden drehte und keinem auffiel, weil es sich so unauffällig verhielt. An Bord allerdings ging es keineswegs so gesittet zu. Das Schiff hatte zwei große Laderäume vorne in der Bugsektion und eine im Heckbereich. Manchmal befanden sich darin nur Fracht und Treibstoff, aber in letzter Zeit wurden immer öfter auch Gefangene transportiert, die dann auf den Gefängnisinseln der Piraten ausgetauscht wurden.

Die Gefangenen, insbesondere die weiblichen von ihnen, berichteten von den schlimmsten Zuständen an Bord der „Wudong“. Fast ausnahmslos wurden die Frauen vergewaltigt und geschlagen. Die Mortalitätsrate unter den Gefangenen Mädchen war sehr hoch. Doch jede Person, die zu krank war um Leistungen zu bringen ging über Bord mit einem Stein an den Füßen.

Wer allerdings dachte, dass das vor allem knallharte Seebären waren, die so brutal gegen die Mädchen vorgingen, der wurde eines Besseren belehrt. Die fahrende Mannschaft bestand aus bis zu 70 Männern und die Gefangenenmannschaft bestand nochmals aus gut 30 Personen, darunter 20 Frauen. Die Gefangenenmannschaft brachen die Seelen der Mädchen und machten sie gefügig.

Dabei gingen die Aufseherinnen so brutal gegen die Mädchen vor, dass sich kaum einer aus der Mannschaft mit diesen Aufseherinnen einließen. Lediglich einige wenige Seeleute mit besonderen Vorlieben zur brutalen, harten Gewalt hatten ihren Spaß mit den Aufseherinnen.

Die schlimmste unter den Anführerinnen war Angela und sie hatte nun gar nichts engelsgleiches. Angela war meistens in eine schwarze Uniform mit Schirmmütze gekleidet oder sie trug schwarzes Leder. Sie hatte aber immer eine Reitgerte bei sich und schlug um sich, wenn ihr etwas nicht passte.

Angela war mit dem Maschinisten Bruno liiert, einem brutalen, gefühlsarmen Kraftmenschen, den alle an Bord nur „Bruno den Gepeitschten“ nannten. Zusammen mit der sadistischen Angela war Bruno eine unfassbar böse Ergänzung.

Angela hatte wieder eines der Mädchen gefügig gemacht und wusste genau, sobald die Wunden bei der kleinen Rothaarigen verheilt waren, würde dieses Mädchen einen super Preis bei den Sklavinnen Auktionen abgeben. Jetzt war sie auf dem Rückweg in ihre Kabine. Leises Geweine kam aus ihrer Kabinentür. Angela zog die linke Lippe etwas nach oben. Hier wurde gerade ein Mädchen gefoltert, konnte der Abend noch besser werden?

„Was machst du mit der Kleinen?“ Rief sie ihrem Bruno zu, der gerade dabei war, die bäuchlings auf dem Bett liegende junge Frau zu versorgen.

„Die verweigert sich mir anal, der werde ich beibringen, was das bedeutet!“ Keuchte Bruno auf und tat der jungen Frau Gewalt an, dass sie vor Schmerzen aufschrie.

„Mach die Kleine nicht kaputt, die bringt gutes Geld, unsere Kunden stehen auf Schulmädchen!“

„Erst wenn die mich ranlässt, lasse ich sie los!“ Brüllte Bruno und machte sich erneut über das arme Mädchen her.

Angela war das Zuviel, sie erkannte die Gefahr des Gewinnausfalls, wenn die Kleine bei der Vergewaltigung starb und Angela warf ihre Reitgerte weg, griff sich eine Peitsche und schlug mit voller Kraft auf den nackten Rücken von Bruno ein.

„Au ja, das ist gut!“ Rief Bruno zurück und während Angela ihn auspeitschte, öffnete Angela ihre Uniform und riss sich ihre Hose vom Leib.

„Dreh dich um!“ Rief sie Bruno zu und löste die Fesseln des Mädchens, während sie die Peitsche wieder gegen ihre Reitgerte austauschte. „Hinaus mit dir und morgen will ich sehen, ob du etwas gelernt hast, und jetzt verschwinde!“ Damit rannte das nackte, weinende Mädchen aus der Tür, direkt in die Arme der beiden Wachen.

Bruno lag nun auf dem Rücken und Angela ritt auf ihm wie ein Jockey sein Pferd reitet und peitschte dabei Bruno mit der Reitgerte aus. Bei jedem Schlag brüllte Bruno lustvoll auf.

Die beiden Wachen vor der Tür hatte das Mädchen gerade wieder bekleidet und gefesselt. „Das ist heute schon der dritte Ritt für die Alte, Bruno muss doch irgendwann die Kraft ausgehen.“

„Vergiss das, Bruno kommt nur mit harten Schlägen auf Drehzahl und die beiden sind wie füreinander geschaffen.“

Unter den lauten Peitschenschlägen von Angela und dem lustvollem Geschrei Bruno’s schafften die Wachen das arme Mädchen weg. Immerhin war die Kleine mit dem Leben davongekommen, einige andere Mädchen hatten da weitaus weniger Glück gehabt.

MS Wudong Zentrales Katerschiff der Piraten

**

Zwei Wochen vorher in Manila
Bei den Vorbereitungen zur Miss Ozeanien 2017 gab es einen Eklat. Das Fährschiff mit den Teilnehmerinnen zur Miss Wahl war in der riesigen Manilabucht verschwunden. An Bord waren die 120 Mädchen, die sich zu den Ausscheidungswahlen qualifizieren konnten. Trotz umfangreicher Suche blieb die Fähre verschwunden. Bei all den Schiffen in dem Bereich dauerte es Tage, bis klar wurde, dass die Fähre nie die Bucht erreicht hatte, es gab aber auch keine Informationen, wo das Fährschiff abgeblieben war.

Aus organisatorischen Gründen wurde die Veranstaltung auf unbestimmt Zeit vertagt. Nach einer Woche wurde die Suche aufgegeben, als Begründung wurde vermerkt, dass das Fährschiff „verschwunden“ war.

Lubang, 80 Meilen südwestlich von Manila

In einer Nacht- und Nebelaktion wurden 150 Personen aus einem heruntergekommenen Schiff in drei Busse gesteckt, die direkt zum Flughafen von Lubang fuhren und dort von bewaffneten Männern empfangen wurden.
Von den 150 Personen, die in die Busse gesteckt wurden erreichten noch 147 den bereitstehenden Flieger. In jedem der drei Busse blieb eine erschossene Person zurück. So endete für viele das Abenteuer zur Miss Ozeanien. Der Flieger startete und verschwand im dichten Nebel.

Die Behörden auf Lubang fanden später drei ausgebrannte Busse mit den verkohlten Leichen. Da es keine Zusammenhänge mit dem verschwundenen Flugzeug gab, wurde der Fall als „ungeklärt“ abgelegt.

„Herhören, ich sage das nur einmal. Ihr tragt jetzt alle einen Fernzünder im Bauch, den wir jederzeit auslösen können, dann zerreißt es euch die Magen und Darmwände und ihr habt noch zehn Minuten und unglaublichen Schmerzen zu leben, bis es endlich vorbei ist.“

Eines der Mädchen, offenbar eine der Organisatorinnen hob ihre Hand.
„Darf ich reden? Was wollen sie von uns?“

„Nun, ihr wolltet alle zur Miss Ozeanien Wahl, da kommt ihr auch hin, aber nicht nach Manila, sondern an einen anderen Platz, dort werdet ihr trainiert und könnt eure Leistungen beweisen. Die besten werden an die besten Plätze der Welt verbracht und damit meine ich wirklich die besten Plätze der Welt, also zu Milliardären und Scheichs, Prinzen und allerlei betuchten Männern.
Das gilt aber nur für die besten. Die Versager unter euch oder jene, die sich weigern, haben nur noch eine kurze Lebensspanne zu erwarten. Wir ihr sicherlich in den Bussen bemerkt habt, meinen wir das so, wie wir das sagen.
Jetzt setzt euch hin der Flug dauert noch anderthalb Stunden und ich will keine Fragen mehr hören, ab sofort herrscht Ruhe!“

So verschwand ein Airbus A310 in den Wolken und die Mädchen an Bord wagten es nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Die Fensterklappen waren heruntergelassen und alle Lichter im inneren des Fliegers waren eingeschaltet. Nach einer unbestimmten Zeit kam der Spruch über die Lautsprecher Anlage. „Fertigmachen zum Landen!“

Das einzige, was die Mädchen erkannten war, dass die Landebahn nicht die beste war, es rumpelte ganz schön heftig und die Maschine musste stark bremsen. Sonderlich lang war die Piste wohl auch nicht.

Mitten in der Nacht und bei strömendem Regen mussten sie sich bereitmachen zum Aussteigen.

„Herhören wir teilen euch auf einzelne Busse auf, jeweils 15 auf einen Bus. So steigt ihr aus, Bus weise und werdet unten empfangen. Kein Wort, keine Frage und macht was wir wollen, oder ihr habt Bauchweh, denkt immer daran.“

Dann ging es auch schon los. Jeweils fünf Sitzreihen zu drei Plätzen wurden die Mädchen mit Zahlen aufgerufen. Nach 15 war eine kurze Pause und schon ging es von vorne los. Vor dem Flieger standen im Regen eine ganze Reihe kleiner Busse und je 15 Mädchen stiegen ein. Sobald ein Bus voll war, schloss man die Tür und fuhr los. So gab es keine Hektik. Mit dem letzten Bus bekamen die Piloten einen Wink und sie schlossen den Flieger wieder. In einer Stunde würden sie wieder starten, bis dahin war das Tanken fertig und die nötigen Kontrollen erledigt.

Im letzten Bus fuhren Mai Lin zusammen mit Sani, Ekaterina und Vanna in der hintersten Reihe und sie schauten sich unsicher um.

„Wa.. wa.. was machen die mit uns?“, fragte Mai Lin die wunderschön aussehende Ekaterina.
„Ich glaube…“ Sprach sie in leicht russisch angehauchtem Englisch zu den anderen Mädchen, „ich glaube, die haben uns entführt.“
„Entführt, etwa uns alle, was wollen die mit uns allen?“ Die junge Vanna sah sich unsicher um und blickte dabei in das verweinte Gesicht der bildhübschen Sani, die erneut in Tränen ausbrach.
„Was glaubst du denn, was die mit uns machen, die werden sich an uns vergehen und uns schänden, sie werden sich über uns hermachen und uns alle durchschwängern, oh nein, ich war so stolz auf meine Jungfräulichkeit.“
Einige der weiter vor ihnen sitzenden Mädchen werden sichtlich unruhiger und fingen an laut zu weinen, bis schließlich einer der Begleiter aufstand und sie anschrie.
„Verdammt noch eins, haltet eure Klappe, ihr schnattert wie Gänse, ihr werdet keineswegs alle durchgeschwängert, da braucht ihr keine Angst zu haben, ihr jammernden, schnatternden Gänse und eine gefüllte Gans will keiner kaufen!“

So richtig hatte der Begleiter aber nicht den Ton getroffen, die Mädchen im Bus schluckten, weinten und versuchten aus den Fenstern zu sehen, die Stimmung war am Boden.

„Klappe halten, die Fahrt dauert noch eine Weile, ich will kein Geschnatter mehr hören.“

**
Vom Flughafen der Insel Penama fuhr der Konvoi der 10 Busse durch den nächtlichen Dschungel. Rechts und links sahen die Mädchen nicht, mit dem sie etwas anfangen konnte, alles was sie sahen, war dunkler, verregneter Dschungel.

Dass der Konvoy mehrere Umwege fuhr, konnte die Mädchen nicht sehen, wie auch, es war ja dunkel und es regnete. So kam ihnen die Fahrt wie eine halbe Ewigkeit vor.

Nach einer halben Ewigkeit hielten fuhren die Busse auf etwas erleuchteten zu. Tore öffneten sich und die Busse fuhren hindurch, hinter ihnen schlossen sich die schweren Tore wieder. Die Männer, die ihnen entgegenblickten, sahen alle düster und brutal aus. Mit keinem von denen würde sich eines der Mädchen einlassen, sofern sie gefragt würden.
Um sie herum standen Hütten, mehrere Hallen, dazu drei große Hallen und jede Menge moderner Zelte. An allen Ecken sahen die Mädchen Wachtürme und starke Lichtkegel, die alles absuchten.

Eine starke Megaphon Stimme donnerte ihnen entgegen. „Alles aussteigen und vor dem Bus in drei Reihen zu fünf Mädchen antreten!“ Die laute Stimme war auf Englisch und dann auf Indonesisch.

Bei dem ersten Bus wurde ihnen noch geholfen, die drei Reihen zu bilden, beim zweiten Bus gab es bereits die Peitsche und ab dann wussten alle, was eine Dreierreihe war.

„Herhören, das wird nur einmal gesagt, wer versteht mich von den Neuankömmlingen, der soll die linke Hand heben!“

Ein Raunen ging durch die Menge der 150 Mädchen, schnell hoben mehr und immer mehr die linke Hand. Einige ließen die Hand unten und andere hoben die rechte Hand.
Die Mädchen, die die rechte Hand gehoben hatten und jene, die die Hand gar nicht gehoben hatten wurden in eine Gruppe gesteckt und weggebracht.

Die Verbliebenen, mehr als drei Viertel der Mädchen, wurden erneut befragt. Diesmal waren Aufseher bei den Mädchen und hatten ein Auge auf die Mädchen.

„Woher kommst du?“ Lautete die Frage und die Mädchen antworteten mit der Stadt oder einem Ort, aus dem sie kamen, aber zwei sehr junge, Mädchen verstanden nicht und wurden aus der Gruppe gezogen.
Ein Mann trat vor, der in Begleitung eines noch breiteren, gefährlicheren Mannes war und packte das erste Mädchen am Oberarm. „Wo kommst du her, was ist deine Heimatstadt?“
Weinend kam keine Antwort. Der Mann zog das Mädchen zu sich und schubste sie zu dem kräftigen Mann hinter sich, schon war das zweite Mädchen dran und auch sie konnte nicht auf die englischen Fragen antworten. So kamen beide zu dem Mann mit dem finsteren Blick.

„Die können kein Englisch und kein Indonesisch, bringt sie in das Camp III, die sind vielleicht für was anderes zu gebrauchen.“

Nach und nach wurden die Gruppen separiert und schließlich hatten alle 150 Mädchen eine Zuordnung erfahren und befanden sich in einer der vielen kleinen Hallen wieder.

Vorne in den Hallen war eine Art Durchgang, wie am Flughafen, an denen die Passagiere untersucht wurden. Hier musste jedes Mädchen durch und die Arme anheben. Anschließend erhielt jedes Mädchen einen etwa 1 cm dicken Metallreif in einer bestimmten Farbe um den Hals gelegt, der mittels einer Elektrozange verschweißt wurde.

Endlich durften sie durch einen Gang in eine der großen Hallen und waren alle wieder zusammen.

Vorne auf einer Bühne trat eine hochgewachsene, schwarzgekleidete Frau mit Schirmmütze und einer Reitgerte vor und klopfte ein paarmal an ein Mikrofon.

„Englische hierher!“ Befahl sie. „Französische hierher!“ Ging es weiter „Indonesische hierher!“ Nach und nach ließ sie Gruppen bilden und alle Mädchen teilten sich auf diese Gruppen auf. Dort standen Lautsprecher, die die Stimme der Frau in der jeweiligen Landessprache ausgaben.

Die hinteren Türen gingen auf und gut 30 uniformierte in Kampfausrüstung und Schlagstock traten ein und verteilten sich an den Seiten, dann schloss sich die Türe gut hörbar wieder.
„Herhören, alle herhören!“ Das Gemurmel erstarb und 150 verängstigte Mädchen schauten auf die Bühne, wo die Frau im schwarzen enganliegenden Kostüm die Regeln zu erklären begann.

„Für euch hat sich das Leben ab sofort geändert, ihr seid jetzt meine Untertanen. Ihr werden mich jederzeit als eure Herrin ansprechen und wer das nicht tut, wird sofort bestraft.“

Von hinter der Bühne wurden zwei nackte Mädchen hervorgezerrt und mussten sich hinknien mit Blick zu den Neuen, so blickten diese beiden armen Mädchen in die Halle, in der die Neuankömmlinge standen. Die armen Mädchen hatten tränen unterlaufene Augen und unzählige Striemen auf dem ganzen Körper.

„Flucht wird einmal bestraft mit Auspeitschung. Diese eine hier hat versucht zu fliehen und wurde ausgepeitscht. Willst du jetzt tun, was ich dir als deine Herrin befehle?“

„Jaaa Herrin, ich werde alles tun, was ihr befehlt. Alles, nur bitte nicht mehr auspeitschen.“ Rief die linke und weinte dabei jämmerlich.

„Gut, bringt sie weg, säubert sie und führt sie ein. Sie bekommt ihre Chance. Jetzt zu dir.“

Alle Augen waren auf das zweite Mädchen gerichtet. Sie sah aus, als hätte sie deutlich mehr Leid erfahren.

„Dies Mädchen hier hat zum zweiten Mal versucht zu fliehen und ich dulde nur einen einzigen Fehler, egal ob Flucht oder etwas anderes, es gibt bei mir keine zweite Chance!“

Das Mädchen begann jämmerlich zu weinen und zu flehen, doch die „Herrin“ schlug mit der Reitgerte so lange zu, bis das Mädchen endlich schwieg.

„Stellt sie in die Mitte!“ Ordnete die „Herrin“ an und zwei kräftige Wächter hoben die weinende Frau auf und stellten sie in die Mitte der Bühne ganz nach vorne hin.

„Das Seil herablassen!“ Befahl die „Herrin“ und eine Henkerschlaufe wurden von oben sichtbar, langsam herabgelassen. Die junge Frau fing laut an zu schreien und wurde erst durch erneute, massive Peitschenschläge ruhiger. Als man ihr das Seil um den Hals legte und die Schlinge zuzog, da wurde sie auf einmal ruhig und schluchzte nur noch. Sie hatte offenbar mit ihrem Leben abgeschlossen.

„Aufhängen!“ Brüllte die „Herrin“ und das Seil wurde mit einem Ruck nach oben gezogen. Ein Raunen ging durch die große Halle. Das Mädchen hing mit schmerzverzerrtem Blick im Seil und begann ihren Todeskampf, ihr zappeln und zucken dauerte fast vier Minuten, erst dann wurde der Körper ruhiger. Einer der Wachen stoppte die Drehung des Mädchens. Mit einem roten, fast ins bläulich gehenden Gesicht starrte die Erhängte mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Menge. Langsam entspannte sich ihr Körper, es war vorbei.

„Damit dürfte das geklärt sein, ich bin hier die Herrin über Leben und Tod und ich gewähre keine zweite Chance. Bei einem Fehler ist die Strafe die Peitsche, beim zweiten Fehler der Tod. Ob er so schnell gewährt wird wie hier, ist ausschließlich meine Entscheidung. Aber damit eines klar ist, das hier war schnell und gnädig, aber ich kann euch auch Tausend grausamere Tode sterben lassen!“

Es war mucksmäuschenstill in der großen Halle. Lediglich das tröpfeln aus der Erhängten war zu hören.
„Schafft die weg und verbrennt sie, wascht die Bühne nachher sauber. Und ihr da unten, habt ihr alles verstanden? Ihr seid mein Eigentum, wenn ihr alles macht, was ich befehle, bekommen die Besten ein gutes Leben bei reichen Herren. Bis dahin müsst ihr aber noch viel lernen.“

Die „Herrin“ drehte sich um. „Abschnittsleiter vortreten und übernehmen!“

Damit trat die „Herrin“ von der Bühne ab und die Mädchen wurden wieder nach ihrer Halsringfarbe aufgeteilt.

Die Piraten hatten wieder neue Sklaven erhalten, die Plage ging weiter.

**

Parlamentsarbeiten
In Jakarta hatte sich im Parlament inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Miss Ozeanien 2017 Wahl nicht zufällig ausgefallen war, sondern, dass die ganzen Mädchen entführt wurden. Es war unter vorgehaltener Hand die Rede von Erpressungen in Milliardenhöhe, Sklavenhandel und mehr. So hatte man in einer geheimen Abstimmung eine Sondertruppe bevollmächtigt, mehr Informationen zu beschaffen. Das war vor drei Wochen.

Inzwischen trafen immer mehr Nachrichten von der ehemaligen Sondertruppe ein. Ausnahmslos alle aus der Sondertruppe waren in einem Hinterhalt umgekommen. Als die ersten abgeschlagenen Gliedmaßen in Postsendungen bei unterschiedlichen Abgeordneten auftauchten, wussten alle Beteiligten, dass sie dringend Hilfe brauchte.

Nach der offiziellen Besprechung im Parlament tagte noch der „kleine Rat“, das waren nur noch die engsten Vertrauten des Präsidenten.

„Herr Präsident, wir müssen darauf reagieren, wir können uns doch nicht erpressen lassen, wir müssen Truppen schicken!“ Polterte der Verteidigungsminister.

„Nun Herr Minister, wir haben die Spezialisten der Sondereinheit geschickt und die wurden brutal abgeschlachtet. Ich befürchte, mit Gewalt kommen wir nicht weiter.“

Der Wissenschaftsminister, ein Schulfreund des Präsidenten, lehnte sich zu ihm und sprach leise aber noch immer gut verständlich.

„Herr Präsident, hatten sie nicht vor einigen Jahren mit der Regentin von Soulebda ein ähnlich gelagertes Problem zu lösen und hat Soulebda uns da nicht beigestanden? Was haltet ihr davon, bei der Regentin vorstellig zu werden und sie um etwas, na sagen wir, Hilfe zu bitten. Wir waren immer sehr gut mit Soulebda und Heylah ist eine sehr kluge Regentin.“

Der Präsident sah in die Runde des kleinen Rates, von allen Seiten nickten ihm die Minister und Berater zu. „Das ist mit Abstand die beste Idee, die uns diesen Abend gekommen ist, danke. Meine Herren, ich danke ihnen allen. Guten Abend.“

Als sich der kleine Rats Raum geleert hatte, griff der Präsident zum Telefon und wählte die Vermittlung. „Verbinden sie mich mit der Regentin auf Soulebda über die gesicherte Leitung. Wenn sie das Gespräch haben, stellen sie es durch auf mein Privatzimmer.“
Dann legte er den Hörer auf und ging durch einen unscheinbaren Seitengang in die Privatgemächer. Dort schenkte er sich einen kühlen Tee ein und setzte sich auf die Veranda, um die kühle Luft zu genießen.
Eine Weile später klingelte das Telefon und der Regierungspalast auf Soulebda meldete sich. Man bat den Präsidenten, kurz zu warten, dann knackte es im Hörer.

„Wodo Jikodas. Wir haben lange nicht mehr miteinander gesprochen, mein liebster Freund, wie geht es Helena der werten Gattin?“

„Heylah, meine Teuerste, ich freue mich auch sehr dich wieder zu hören. Danke, Helena geht es gut, sie ist bei den Kindern, die kleine Arti ist erkrankt. Heylah, meine Teuerste, ich habe einen Schmerz.“

„Ich bin ganz Ohr, was gibt es für ein Problem?“ Und der Präsident berichtete Heylah von dem, was er wusste, von den Entführungen der 150 Mädchen und von all dem, was danach geschehen war.

„Wodo, ihr habt wirklich ein Problem und das ist größer wie du es dir vorzustellen vermagst. Unsere Region ist von Piraten heimgesucht worden. Wir haben bereits die ersten Maßnahmen eingeleitet und ich befürchte, dass sich auf euren wunderschönen Inseln diese Piraten ihre Reviere aufgebaut haben.“

„Das war mir neu, dass es schon so weit ist. Heylah, meine liebe Heylah, wenn wir uns im Kampf gegen diese Piraten zusammentun könnten, würden wir mit Sicherheit schlagkräftiger antworten können und diesen Schrecken beenden. Wenn es also etwas gibt, das ich tun kann um uns gemeinsam weiterzubringen, dann sag es mir bitte, ich unterzeichne die nötigen Erklärungen noch heute!“

**

Im Hafen von Nih’tan
Die Menschen, die sich gerade am, oder um den Anleger der Privatyachten herum aufhielten, drehten sich um, als eine offene Limousine mit lauter Musik am Peer stehen blieb.

„PARTY- PARTY -PARTY“ Erklangen die Rufe der anscheinend schon angetrunken Mädchen, die über den Peer zu einer Yacht stürmten. Jedenfalls zogen die sechs Frauen alle Aufmerksamkeit der im Hafen arbeiteten Männer auf sich und es gab kaum einen Mann, der ihnen nicht nachsah. Auch die drei Besatzungsmitglieder der Yacht zogen die Blicke auf sich, denn auch sie waren Frauen und trugen kurze Uniformen. Die drei halfen den angetrunkenen Frauen an Bord und kurze Zeit später legte die Partyyacht ab, um Kurs auf das offene Meer zu nehmen.

Kaum war die Yacht in der Hafenausfahrt, änderte sich das Verhalten der angetrunkenen Frauen schlagartig. „Denkst du, wir waren überzeugend?“ fragte Dana. „Auf jeden Fall.“ Antwortete Iduna ihr. Sie, Dana, Vera, Sarah, Fabienne und Finja hatten ihre knappen Bikinis angezogen und waren grölend durch Nih’tan, den ganzen Hafen, bis zum Peer gefahren. Auch die Besatzung, bestehend aus Hyla´hars und Lerf´tarste, die beiden Kriegerinnen, welche in New York John Gifferton verteidigten, hatten ihre Rolle gut gespielt.
Schließlich kam die Kapitänin von der Brücke herunter und sah sich um. Auch sie trug eine sehr knappe Uniform, die kaum etwas verbarg. „Ich warne euch!“ sagte Ma’Fretama und sah grimmig in die Runde. „Wenn eine von euch auch nur grinst, geht sie über Bord!“

**

An Bord der MS Moana
Der Containerriese lag noch immer im Hafen von Nih’tan und spielte weiter ihre Rolle in Kajats Plänen. Vor sechs Monaten hatte die Moana in Nih’tan angelegt. Angeblich hatte sie einen Maschinenschaden, dessen Reparatur extrem teuer war, so dass das Schiff mehrfach den Besitzer wechselte. Solange der Schaden nicht behoben war, blieb das Schiff im Hafen und solange die Hafengebühren bezahlt wurden, interessierten sich auch nicht die Hafenbehörden für die Moana.

Auf diese Weide hatte Kajat es geschafft einen ständigen Beobachtungsposten in Nih’tan zu haben, ohne Verdacht zu schöpfen.
Seine anderen Schiffe, die regelmäßig Nih’tan anliefen, tauschten Besatzungsmitglieder, Waffen und, am wichtigsten, Informationen aus.

Die „Seeleute“ der Moana hatten ihre Augen überall im Hafen und unterhielten unzählige Kontakte zu echten Seeleuten, oder Hafenarbeitern, die keine Ahnung hatte, dass alles was sie sagten, den Piraten nutzte.

Überall dem Ganzen stand die berüchtigte Margarete, die peinlich genau darauf achtete, ja nicht die Aufmerksamkeit der Behörden auf Soulebda zu wecken. Ihre Aufgabe war es, unsichtbar zu bleiben und Teams, wie das Killerteam, welche auf diese rothaarige Schlampe angesetzt war, mit Waffen und Ausrüstung zu versorgen. Nun klopfte es an die Tür ihrer Kabine und Hal Torson, ihr erster Offizier öffnete sie nach ihrer Aufforderung.

„Was ist?“
„Einer unserer Leute ist zurück und hat eine interessante Beobachtung gemacht, von der ich dachte, sie interessiert dich.“
„Hol ihn her!“
Torson trat zur Seite und schob eines ihrer Besatzungsmitglieder in die Kabine. „Du hast etwas beobachtet?“

„Ja, eine Yacht.“
„Was sollen wir mit einer Yacht?! Ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt, als ich euch eingewiesen habe! Ich brauche Informationen über wertvolle und gut wieder verkaufbare Ladungen! Was soll ich mit einer Yacht?“ Im Gegensatz zu der Karibik wo man ihre Organisation Yachten enterte, die Besatzung umbrachte um die Yacht zum Drogenschmuggel zu benutzen, waren Yachten in dieser Ecke der Welt für Kajat nicht interessant. „Es geht nicht um die Yacht“, sagte der Informant, „es geht darum, was auf der Yacht ist.“

Margarete warf Torson einen Blick zu und fragte dann „Was ist auf der Yacht?“
„Neun junge und gutaussehende Mädchen! Sechs Touristinnen und drei Besatzungsmitglieder! Eine schöner, als die andere!“
Sofort wurde Margarete hellhörig… und misstrauisch! „Neun junge Frauen?“
„Ja, ich habe es selbst gesehen. Sie machen einen Bootsausflug.“

„Ich habe es überprüft.“ Sagte Torson. „Ich habe einen Kontaktmann im Büro des Hafenmeisters angerufen. Die Yacht „Halife“ wurde von einer Gruppe Touristinnen gechartert und ist vor zwei Stunden zu einem zweitägigen Turn um den Nordteil Soulebdas aufgebrochen.“
„Verdammt!“ fluchte Margarete. „Wegen diesem Idioten Yuda müssen wir hier die Füße stillhalten, um nicht die Bullen zu wecken. Wenn er nicht schon tot wäre…“

„Wir sollen keine großen Schiffe aufbringen“, meinte Torson, „aber eine kleine Yacht? Da kann alles Mögliche passieren. Sie könnten auf ein Riff gelaufen sein, vielleicht hat die Yacht nachts einen verlorenen Container gerammt… jeden Tag verschwinden Yachten.“

„Und wenn es eine Falle ist?“
„Eine Falle mit Touristinnen?“
Margarete wandte sich an ihren Informanten. „Bist du sicher, dass es Touristinnen waren?“

„Ganz sicher! Es waren fünf Europäerinnen und eine, die wie eine Inderin aussieht.“

„OK das klingt besser, die schnappen wir. Was wissen wir über die „Halife?“

„Eine Motoryacht mit zwei Schrauben, zehn Meter Länge, drei Mann Besatzung. Besitzer ist ein gewisser Jero’let, ein Kaufmann aus Po ‘Tau, der die Yacht an Touristen vermietet.“
„Kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass die Besatzung nur aus Frauen besteht?“
„Nein. Ich habe nach diesem Jero’let gegoogelt, hier“, Torson holte sein Handy heraus und reichte es an Margarete weiter. Die nahm das Gerät und sah sich die Seiten an, die Torson aufgerufen hatte. Google zeigten den Kaufmann aus Po ‘Tau der sich anscheinend gerne mit jungen Frauen umgab. Einige der Bilder waren durchaus eindeutig, was die Vorlieben des Kaufmanns betraf. „Dieser alte geile Bock steht auf junges Gemüse, warum also nicht eine Crew aus jungen Frauen?“ meinte Torson.
„Welches unserer Schiffe ist in der Nähe?“
„Die Wudong. Sie kommt aus Singapur und sollte eigentlich Kurs auf Tetepare nehmen und dort die Ladung zu löschen, aber sie müsste ihren Kurs nur geringfügig ändern, dann könnten ihre Schnellboote die Yacht abfangen.“
„Nein… wir können auf Tetepare keine Gefangenen gebrauchen!“ sagte Margarete.

Tetepare war der Hauptumschlagplatz für gestohlene Waren im Pazifik. In dieser verlassenen Ecke der Salomonen war in den letzten Jahren einer der größten Umschlagplätze für illegale Waren entstanden, der nicht nur von Kajats Schiffen benutzt wurde. Gleich mehrere Organisationen nutzen den Hafen um ihre Waren „zu waschen“. Mit gestohlenen Elektroartikeln die in China, oder Südkorea produziert wurden, einen Hafen in China anzulaufen, war keine gute Idee. Hatte ein Schiff eine solche Ladung an Bord, fuhr es erst Tetepare an, lud diese Ware auf ein Schiff um, welches nach Europa oder Amerika fuhr um, und nahm dafür Ware an Bord, welche man in China unbedenklich verkaufen konnte.

Auf diese Weise sparte man sich lange und unrentable Fahrten. Natürlich mussten die zuständigen Behörden gut geschmiert werden und dass gleich mehrere Regierungen wegsahen, machte Tetepare zu einem der teuersten Hafen der Welt, doch da sich mehrere Piratenorganisationen die „Gebühren“ teilten, war es immer noch ein profitabler Umschlagplatz.
Doch es hatte sich gezeigt, dass gefangene Frauen, bei einem Stopp auf Tetepare, oft zu Streit unter den Besatzungsmitgliedern führten. Das Schiff lag in „Sicherheit“, Alkohol floss in Strömen und nicht wenige Drogen wurden konsumiert. Egal wie sehr die Kapitäne anstrengten die Disziplin aufrecht zu halten, Ärger gab es dennoch. Zum Beispiel hatte ein Pirat von Kajats Besatzung einen anderen Piraten umgebracht, um an die Blondine zu kommen, die dieser am Strand vergewaltigte, was zu bösem Blut unter den verschiedenen Besatzungen geführt hatte. Um dem Ganzen aus dem Weg zu gehen, hatten sich die Piraten untereinander geeinigt, keine Gefangenen mehr nach Tetepare zu bringen.

„Nein… wir machen folgendes. Die Wudong setzt zwei ihrer Boote aus und bringt die Yacht auf. Auf den Schnellbooten wird das Enterkommando genug Sprit mitnehmen, um mit der aufgebrachten Yacht nach Liuna zu fahren.“ Entschied Margarete.

„In Ordnung“, antwortete Torson, “ich werde mich darum kümmern.“ und verließ mit seinem Informanten Margaretes Kabine.

Als die Tür zu war, rief Margarete die Bilder des Kaufmanns erneut auf und sah sich alles noch einmal genau an. –Dieser geile Bock.- dachte sie. –Genau meine Kundschaft. Vielleicht können wir ihm eines der Mädchen verkaufen? –

**

Im Palast
„Ich habe dich, Schweinebacke!“ Ralf Hauer grinste bösartig und drehte sich dann um. „Randy! Ich habe ihn!“
Randy ließ alle fallen und rannte zu Hauer, der triumphierend auf den Bildschirm zeigte. Jemand hatte das Profil von Jero’let aufgerufen und sich die Bilder darauf angeschaut.

Dieses Profil, das Ma’Gus erstellt hatte, diente nur einem Zweck. Es sollte diejenigen sichtbar machen, welche sich für die Yacht Halife interessierten, denn die Yacht war der einzige Link, der zu dem Profil führte.

„Wer ist es?“
„Moment…Es ist ein Prepaidhandy, verdammt!“
„Kannst du sehen von wo es sich eingeloggt hat?“
„Kein Problem!“ und schon erschien eine Karte von Soulebda, dann wurde der Nih’tan schnell größer, dann der Hafen und letztlich die Peers. „Genauer geht es nicht.“

„HHMM“ ertönte es hinter ihnen. Ma’Gus, der immer wachsame Chef des Geheimdienstes, stand da und schaute auf den Monitor. „Da sind die Peers der Hochseeschiffe. Wie genau können sie den Standort bestimmen?“
„Moment… das Signal ist ziemlich schwach, 200 Meter. Falls er nochmal online geht, kann ich es genauer sagen.“
„200 Meter…Dann kommen acht Schiffe in Frage. Machen sie eine Meldung an GIPSY, die Polizei und die Hafenbehörde.“
„Geht klar, Chef.“ Brummte Hauer und Ma’Gus verließ das Büro wieder.

„Seit wann arbeitest du denn für ihn? Ich dachte, du magst ihn nicht besonders.“
„Tue ich auch nicht! Ich bin halt wie ich bin und ich sehe in einem Geheimdienstchef immer einen … Helfer staatlicher Unterdrückung.“
„Und warum arbeitest du dennoch für ihn?“

„Weil es um deine Freundin geht! Ich mag sie… irgendwie und weiß, dass Dana auch für mich mit Leuten zusammenarbeiten würde, die sie nicht mag!“

„Vergessen sie die Sache mit der Bank nicht!“ ertönte Ma’Gus Stimme erneut, als er in der Tür stand.
Randy zog die Augenbrauen hoch und sah Hauer fragend an. „Du hast eine Bank gehackt?“
„Ja, die Bank hat Gelder gewaschen, die aus Glückspielapps stammen. Diese Apps wurden extra dazu entwickelt, um Jugendliche um ihr Geld zu bringen, oder sie in die Schuldenfalle zu treiben.“
„Also hat sich unser Held hier in die Bank gehakt und dann dafür gesorgt, dass die Spieler im Verhältnis sechs zu vier gewinnen. Die Bank war an nur einem Tag pleite.“
Hauer zuckte mit den Schultern. „So kann man es auch ausdrücken.“ Antwortete er, während seine Finger über die Tastatur flogen. „GIPSY ist informiert.“

„Danke.“ Sagte Ma’Gus und ging erneut.

„Du bist wirklich unverbesserlich.“ Sagte Randy als sie alleine waren.
„Tja…wie gesagt, ich bin wie ich bin… apropos! Hier, ich habe was für dich.“ Hauer hielt Randy einen USB Stick entgegen.“

„Was ist das?“
„Detreptis 2.0.“
„Detreptis!?! Alter! Wenn Dana…“

„Krieg dich wieder ein.“ Unterbrach ihn Hauer. „Auch ich lerne dazu. Ok, das mit der Bank ist vielleicht kein gutes Beispiel, aber das hier schon.“ „Wie funktioniert es?“

„Ganz einfach. Nehmen wir ein Flugzeug… du fliegst so durch die Luft und ein anderes Flugzeug will dich abschießen. Sobald der Bordcomputer den Angriff erkennt, sendet es das Virus aus und jeder Computer, der in Reichweite ist, wird infiziert. Der Angreifer kann das Ziel nicht erfassen, oder schießt daneben. Natürlich werden die eigenen Computer, also die von deinen Freunden, nicht infiziert.“

„Das ist kein bisschen besser als der Vorgänger! Hast du vergessen, was die anderen damit machen wollten?“

„Nein, deswegen ja auch diese Version. Hör einfach weiter zu! Also, der Angreifer schaltet seine Waffen scharf und nimmt dich ins Visier. Dein Computer sendet das Virus und die Waffensysteme des Angreifers fallen aus. Er dreht ab und du entkommst. Und jetzt beginnt der interessante Teil! Sobald du außer Reichweite bist und der Virus im Computer des Angreifers keinen Kontakt mehr zu deinem Bordcomputer mehr hat, löscht er sich vollständig und die Waffen sind wieder ok. Du kannst es auf Schiffen verwenden, Fahrzeuge… völlig egal.“

„Es löscht sich selbst?“

„Ja und das rückstandslos, wenn du weißt, was ich meine. Unsere… Fliegerhelden… haben mit dem Prototyp einen simulierten Angriff auf die Theobald geflogen und zwei F18 und eine E2 abgeschossen. Ich hätte gerne die Gesichter der Amis gesehen, wenn sie die Computer auseinandernehmen und nichts finden.“

„Weiß Ma’Gus, an was du herumbastelst?“

„Was ich in meiner Freizeit tue, geht den Geheimdienst überhaupt nichts an!“ sagte Hauer laut, so, als würde er gerade in ein verstecktes Mikrophon sprechen. „Du bist verrückt! Aber wahrscheinlich passt du gerade deshalb so gut zu uns.“ Lachte Randy und nahm den Stick. „Und was das Teil hier angeht… wie ich Caroline kenne, wird sie dafür sicher Verwendung haben.“

**

20 Seemeilen nördlich von Ka’Ihlih
An Bord der „Halife“

„Jemand hat das Profil aufgerufen.“ Rief Dana, die am Computer saß.

„Das ging schnell.“ Meinte Iduna und kam zu ihr herüber. „Konnte Hauer ermitteln, wer das Profil aufgerufen hat?“

„Nein“, antwortete Dana, „er konnte lediglich den Standort auf 200 Meter eingrenzen. Die Adresse wurde von einem Prepaid Handy aufgerufen, das auf einem der Hochseeschiffe ist.“

„Egal, ich schätze wir werden heute Nacht Besuch bekommen.“ Meinte Iduna und sah Danas Hand leicht zittern, als sie einen Befehl auf der Tastatur eingab. Das Dana eine Kriegerin war hatte sie schon oft unter Beweis gestellt. Dana hatte nie an ihre eigene Sicherheit gedacht, wenn es darum ging Menschenleben zu retten, doch hier auf einen Überfall mit ungewissem Ausgang zu warten, zehrte an Nerven aller.

„Dana.“ Iduna legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich bin froh, dass du hier, mit mir, an Bord bist.“

„Ich halte es gerade jetzt für eine bescheuerte Idee und frage mich, wie sich so blöd sein konnte –ja- zu sagen. Aber wenn der Plan aufgeht, muss eine von uns ja die Kommunikation übernehmen.“

„Das stimmt. Auch Piraten haben Computer und digitale Fernmeldeanlagen. Im Ernst! Wir brauchen dich!“

„Danke Iduna, ich weiß das wirklich zu schätzen.

**

30 Meter unter der „Halife“
„Das Profil wurde aktiviert, Kapitän Tamar.“ Teilte Ma’Gus dem Kapitän des Todesschatten mit. „Ich nehme an, dass die Yacht gegen Mitternacht geentert wird. Das würde den Piraten noch genug Zeit lassen um den zu erwarteten Suchradius zu verlassen. Wir überprüfen momentan alle Peilsender um sicherzustellen, dass wir nichts übersehen haben.“

„Wie viele Sender sind an Bord der Halife?“

„An der Yacht selbst sind zehn Sender angebracht, jede Frau trägt drei implantierte Sender und zusätzlich zwei mobile Sender. Die Daten werden gerade an sie übermittelt.“

Tamar sah Miriam Yael, seinen ersten Offizier an, welche an der Nachrichtenkonsole stand und die hob den Daumen.

„Die Daten gehen ein.“ Betätigte Tamar.

„Gut, sie müssten jetzt auch ein Videosignal erhalten.“

Yael stellte die angegebene Frequenz ein und ein viergeteiltes Bild erschien, welches das Deck und die Kabine der Halife aus verschiedenen Perspektiven zeigte.

„Bildkontakt steht!“ bestätigte Miriam.

„Dann wünsche ich uns allen viel Glück.“ Ma’Gus beendete das Gespräch und Tamar ging zur Sonarkonsole, wo sein Spezialist Beredin saß. „Es geht los.“ Sagte Tamar nur.

„Keine Sorge, Kapitän. Keiner schleicht sich an, ohne dass ich es mitbekomme.“

**

18 Uhr
Vier Stunden später hatte die „Halife“ die Nordspitze von Ka’Ihlih umrundet und nahm Kurs auf Malin’kal.

„Und?“ wollte Tamar wissen.

„Bis jetzt nichts Verdächtiges. Da oben sind einundzwanzig Schiffe unterwegs.“ Beredin rief die Kontakte auf und ließ sie auf dem Display erscheinen. „Neun Schiffe entfernen sich von der Halife. Drei sind Tanker, die zu schwerfällig für ein Entermanöver sind. Dann habe ich zwei Fährschiffe, die ich ausschließe, und drei Schiffe die ich…, HE MOMENT MAL!“ Beredin drehte sich zu seiner Konsole und ließ seine Finger über die Tastatur fliegen.

Tamar ließ ihn arbeiten und wartete ab, schließlich kannte er seinen Spezialisten.

„Ein Schiff hat seinen Kurs geändert, es geht auf Abfangkurs zu uns!“

Auf der Karte leuchtete ein Kontakt rot auf und wurde als Ziel markiert. „Das ist die Wudong. Zielhafen…offiziell Singapur.“

„Was heißt offiziell?“

„Laut Lloyds kommt die Wudong aus dem Panamakanal mit einer Mischladung nach Singapur. Ich würde doch sagen, dafür ist sie etwas weit im Süden… und jetzt nach der Kursänderung, nimmt sie nochmal ein paarhundert Seemeilen Umweg in Kauf.“

„Ich versteh…Zeit ist Geld, auch in dieser Branche. Ok, wann kommt die Wudong hier an?“

„Bei diesem Kurs und jetziger Geschwindigkeit, passiert uns die Wudong gegen 23 Uhr in einer Entfernung von weniger als drei Meilen.“

Tamar nickte und verließ den Sonarraum in Richtung Zentrale. „Yael, Alarm um 22:30. Stellen sie ein Einsatzteam zusammen. Das Team steigt vor dem Eintreffen der Piraten aus und greift ein, sollte die Lage außer Kontrolle geraten.“

**

22:45

„Die Wudong verlangsamt weiter!“ meldete Beredin. „Geschwindigkeit jetzt drei noch Knoten, Entfernung zur Halife dreieinhalb Meilen.“

„Sie setzen Boote aus.“ Stellte Tamar fest.“

„Einsatzteam bereitmachen und aussteigen lassen!“

**

„Achtung sie kommen!“ rief Iduna und ließ das Satellitentelefon über Bord verschwinden. Auch Dana stieß einen Seufzer aus und warf ihren Laptop ins Meer, der auf einem Partyboot sicher Verdacht erregt hätte.

„Halt dich zurück.“ Bat Hyla´hars ihre Kriegerschwester Ma’Fretama.

„Ich werde mich bemühen.“ Versprach sie wenig überzeugend. „Ich war schon einmal in so einem Lager und habe überlebt, ich überlebe es auch ein weiteres Mal.“

„Ma’Fretama meine Kriegerschwester, diesmal bist du nicht allein! Wir sind alle Kriegerinnen und wir sind zusammen! Wir werden sie fertig machen! Doch alles zu seiner Zeit!“

„Keine Sorge!“ sagte Ma’Fretama und ließ eine gefährliche dünne Klinge in ihren Haaren verschwinden. „Ich kann warten!“

**

„Habt ihr Schwachköpfe das verstanden?“ fragte der Kapitän der Wudong das Enterkommando. „Die Frauen werden nicht angerührt! Ihr entert die Yacht, und bringt die Weiber nach Liuna und zwar als A Ware! Das letzte Enterkommando, dass Kajats Anweisungen nicht befolgt hat, kam selbst nach Liuna und was das für euch heißt, brauch ich wohl kaum zu erklären, sie waren dann Hundefutter. Also reißt euch zusammen!“

**

23:05

„Boote im Wasser! Entfernung zur Halife weniger als eine Meile! Die Wudong nimmt wieder Fahrt auf!“

„Was?“ fragte Tamar. Bis jetzt waren alle davon ausgegangen, dass die Piraten nach dem Entern zurück auf die Wudong fahren würden.

„Alarm an das Außenteam! Angriff steht unmittelbar bevor!“

„Wir haben Sichtkontakt!“ rief Yael und ein gestochen scharfes Nachtbild des Periskops erschien, auf dem zwei Boote über das Wasser rasten.

„Da sind ja Fässer ab Bord!“ rief Yael.

„Verdammt! Die wollen die Frauen nicht von der Yacht holen! Die bringen sie mit der Yacht weg!“

„Die Piraten erreichen die Halife!“

**

Die beiden Boote rasten auf die hell erleuchtete Halife zu und nahmen kurz vor Erreichen der Yacht die Fahrt weg um sich lautlos an die Yacht herantreiben zu lassen. Als der erste Pirat am Heck des Bootes die Halife betrat, ahnte kein Mitglied des fünfköpfigen Enterkommandos, dass der Tod nur wenige Meter neben ihnen lauerte. Die israelischen Kampfschwimmer brauchten nur wenige Handzeichen um sich abzusprechen und schon teilte sich das Team die einzelnen Piraten zu.

**

Vera schrie auf, als zwei Piraten, mit Sturmhauben und Gewehren in die Kabine stürmten und laut schreiend Kommandos brüllten.

Zwar verstanden weder Vera noch Sarah Malaiisch, doch Iduna verstand genau, was die Männer sagten, ließ sich aber nichts anmerken.

Andere Piraten stürmten an ihnen vorbei und trieben Dana, Fabienne und Finja aus ihren Kojen, während der Rest des Enterkommandos die Besatzung in die Kabine trieb.

Nach nur wenigen Augenblicken saßen alle neun Frauen zusammengekautert auf dem Boden der Kajüte. Nun kam der entscheidende Augenblick! Was würde geschehen? Die Israelis hatten von Tamar völlige Handlungsfreiheit bekommen. Ein Wink von ihren Freunden und das Enterkommando der Piraten wäre tot…

Doch nachdem sich die Piraten versichert hatte, dass sonst niemand an Bord war und alle Handys im Meer waren, ließ man die Frauen einfach unter dem wachen Auge eines Piraten sitzen und die Yacht nahm Fahrt auf.

„Situation NICHT außer Kontrolle!“ meldete sich der Teamführer an Tamar. Der stand vor einem Dilemma! Sollte er eingreifen und die Geiselnahme beenden oder den Plan weitzerführen? Würden sie der Yacht folgen könne? Schließlich traf er eine Entscheidung!

„Das Team soll einbooten!“ rief Tamar und hastete zum Periskop. „Wie schnell ist die Yacht?“ fragte er Miriam.

„Schneller als wir!“

„Die Halife nimmt Fahrt auf! 13, 18 …20 Knoten Geschwindigkeit konstant bei 20 Knoten!“

„So eine Scheiße! Da können wir gerade noch mithalten! Hoffentlich werden sie nicht schneller! Beredin! Verlieren sie bloß nicht den Kontakt! Maschine! Volle Fahrt voraus und scheiß auf die Anzeige im roten Bereich! Und informiert die GIPSY Zentrale auf Soulebda.“

**

In der GIPSY Zentrale standen Seraph Magus und Dagan mit einigen anderen Spezialisten zusammen.

„Wie lange kann uns Aasuun noch mit Daten über die Piraten versorgen? Tamar wird auf Dauer dem Schiff nicht folgen können.“

„Maximal noch für eine Stunde, dann sein die außerhalb der Reichweite, wir brauchen ein Auge dort draußen.“

„Na gut, dann müssen wir Magic Eyes aktivieren. Lasst und Tatsachen schaffen. Die schafft die Entfernung noch innerhalb der Zeit.“

**

Soulebda Julam’da Airfield
Auf dem Julam’da Airfield zog ein Schlepper die neuste Anschaffung Soulebdas aus dem großen Hangar. Hinter dem Flugzeug, das gerade aus dem riesigen Hangar gezogen wurde, standen noch weitere des gleichen Typs.
Das Flugzeug sah aus wie ein überdimensionales Propellerflugzeug mit viel zu langen Tragflächen, die vollständig mit Solarzellen beplankt schien.

„Grob G 520E Experimental“ stand auf der Seite und es war auffällig, dass das Cockpit komplett mit weißer Farbe angestrichen war.

24 Techniker und einige Geheimdienstleute standen neben der sportlichen Maschine und betrachteten die Startvorbereitungen. In einem großen LKW der seitlich auf freiem Gelände stand saßen zwei Menschen an den Flugkontrollen. „Soulebda Control, hier Harpyie 01 wie ist die Verständigung?“

„Harpyie 01, ich verstehe sie laut und klar.“ „Aasuun Control, wie ist die Verständigung?“

„Hier Aasuun Control, ebenfalls laut und klar.“ Draußen lief das Triebwerk der Maschine hoch, nach einem einfachen Propellermotor klang das allerdings nicht. Obwohl da ein Verbrennungsmotor lief, drehte sich der Propeller noch nicht. Erst jetzt, nach einer Weile begann der sich dann doch zu drehen. Immer mehr Kontrollen in den beiden Cockpit Aufbauten des LKW sprangen auf „Grün“ und schließlich war die Maschine startklar.

„OK, dann wollen wir mal, ich habe die Kontrolle, informiere du „Magic Eyes,“ dass es losgeht.“

Im Kommunikationszentrum saßen auch zwei Piloten an den Kontrollen und mehrere Menschen umringten sie. Vor ihnen an den zahlreichen Displays sah man, wie sich Armaturen bewegten, ein anderes Bild zeigte die Frontalsicht und wie das Flugzeug abhob. Auf den anderen waren Kursinformationen und die Daten der großen Aasuun Überwachungsstation zu sehen.

„Hier Magic Eyes, wir sind bereit, Übernehmen in drei zwei eins, Übernommen, wir haben die Kontrolle. Ground Control Danke Rückkehr zur Basis.“

Auf dem Julam’da Airfield wurde es wieder etwas ruhiger. Von dem einst so ruhigen kleinen Flugplatz war nicht mehr viel übriggeblieben, seit die Armee hier das Sagen hatte. Am unteren Rande standen aber immer noch die privaten Propellerflugzeuge. Das meiste aber, was militärisch eingeordnet wurde, war im riesigen, nahen Wald verschwunden. Hier standen auch die neuen F-35 Jäger, über die Soulebda verfügte, sowie die älteren F-16 und die FA-18 Langstrecken Abfangjäger.

Es waren sicherlich wenige Kampfflugzeuge, aber dafür waren sie umso schlagkräftiger. Ruhe war auf dem Flugfeld eingekehrt. Einzig eine kleine, unscheinbare Propellermaschine erklomm inzwischen eisigen Höhen in 18.000 Metern und flog mit guten 380 Knoten nach Südosten, den beiden Schnellbooten hinterher.

Inzwischen hatte sich der Verbrennungsmotor abgeschaltet und der Elektroantrieb übernommen.

Momentan wurden die Schnellboote noch immer von Aasuun erfasst, aber in einer Stunde waren sie außer Reichweite, doch weit vorher würde Harpyie 01 die Schnellboote erfasst haben und für die nächsten Stunden im Auge behalten.

In der Kontrollstation auf Soulebda ging es ruhig und sachlich, aber dennoch hochkonzentriert zu. Die gleichen Daten, die man hier sah, wurden auch in der Zentrale von GIPSY sichtbar. Hier stand Dagan hinter zweien seiner Leute die an den Kontrollen saßen.

„Welches Schiff hat diese Schnellboote ausgesetzt, haben wir da Zahlen?“, fragte Dagan den Operator und dieser nickte.

„Kapitän Tamar hat uns informiert, es war die Wudong.“

„Jawohl, die haben wir, Harpyie 01 überfliegt das Schiff in acht Minuten.“

„Sehr schön, die sollen ein paar schöne Bilder machen und einen Marker setzen, ich will den Kahn nicht aus den Augen verlieren.“

„In Ordnung, Marker wird gesetzt, Marker angeworfen, Dauer des Fluges gut fünf Minuten. Dagan, wir bekommen die Bilder, die Teleobjektive sind wirklich erste Sahne, ich übertrage an den Laserbeamer.“

Damit flammte ein Bild an der Leinwand auf und ein gestochen scharfes life Bild der MS Wudong war zu sehen. Es war ein mächtiger Frachter mit großen Kränen an Bug und Heckpartie. Es war erstaunlich, wie scharf und stabil das Bild war, dabei befand sich Harpyie 01 inzwischen in gut 16 Kilometer Höhe.

„Was sind das da, für Aufbauten, geht das genauer?“ Dagan zeigte mit seinem Pointer auf die Projektion und der Operator übernahm das Bild auf seinen Bildschirm. Danach ging er näher in das Bild, vergrößerte weiter und schließlich sahen es alle in dem Raum.

„Die bauen dieses Schiff um. Die Wudong wird verändert, die Erscheinung wird verschleiert. Man sah, wie die Heckkräne umgelegt wurden und eine billige Plattform darüber gezogen wurde. Offenbar aus Stoff und reichlich Sperrholz oder anderen Leichtbauweisen.

„Tracker erreicht die 2000 Meter Marke, Flügel entfalten sich.“, sagte ein anderer der Operatoren. Ein weiterer Bildschirm blende sich ein und man sah eine kleine Kugel, die auf die Wudong stürzte. Plötzlich klappten kleine Rotoren seitlich aus und begannen sich zu drehen. Die Geschwindigkeit reduzierte sich rasant und der Tracker näherte sich dem Schiff.

Keine zwei Minuten später war eine kleine rotierende Kugel auf einem der Sensormasten der Wudong gelandet.

„Wo ist der Tracker heruntergegangen?“ Fragte Dagan nach und der Operator ging mit der Kamera näher heran. Da konnte Dagan sehen wie oben an Signalmast, an dem die Umlenkung für die Flaggenleine lief ein kleines rotes Ding war.

„So Dagan, der Tracker ist gelandet und verriegelt und wir empfangen die Daten, den Kahn sollten wir nicht mehr verlieren. Dieses Mal stören wir auch keine Sensoren!“

„Gute gemacht, geben sie die Daten an Tamar weiter und informieren sie ihn auch, dass die Wudong ein „Formwandler“ ist, er wird das verstehen. Rufen sie mich, wenn die Schnellboote in Sicht kommen, ich bin bei Seraph Ma’Gus.“ Damit verließ Dagan die Zentrale.

„Diese Schweine, kein Wunder, dass wir die niemals fanden, die tarnen ihr Schiff und bauen es immer wieder um, so dass es als ein anderer Kahn erscheint.“

„Mein Opa hat mir aus dem Krieg erzählt, da haben die Feinde das auch getan. Die nannten das dann Hilfskreuzer und die Pötte waren echt gefährlich.“

„Und, haben die diese Hilfskreuzer auch gefangen und versenkt?“

„Ja klar, alle. Aber es gab herbe Verluste, die Dinger waren echt gefährlich.“

Mit gemischten Gefühlen betrachteten die Operatoren das Schiff und versuchten sich einige Merkmale einzuprägen, die sich nicht so einfach verändern ließen.

**

Über dem südlichen Pazifik flog das Erkundungsflugzeug leise und unheimlich hoch seine vorgegebene Richtung ab. Hier oben in der Stratosphäre war es eiskalte -51 Grad Celsius. Die Sonneneinstrahlung war unglaublich intensiv. Die Solarmodule hielten die Füllstände der Speicherbänke auf 95% und für den Notfall würde der Verbrennungsmotor für weitere 24 Stunden Energie liefern.

Die Sensoren an Bord verfolgten die drei Boote im Meer. Die nächste Inselgruppe, die auf der Route der drei Boote lag, war Vanuatu mit ihren vielen kleineren Inseln. Auch wenn die Boote recht schnell fuhren, würde die Fahrt noch sehr lange dauern.

**

Hauptquartier der Polizei/ Soulebda Stadt
„Wir sind noch keinen Schritt weitergekommen!“ brummte Lastre’lar. „Irgendetwas übersehen wir! Irgendetwas…“
Seit der Entführung der Yacht „Halife“ und deren Besatzung waren mehrere Tage ins Land gegangen und nichts war passiert. Es gab nur diesen einen Aufruf des, von Ma’Gus erstellten Profils, dann hatte es keinen weiteren Kontakt mehr mit dem gesuchten Handy gegeben.
Also blieb es bei acht Schiffen, die in Frage kamen. Sechs dieser Schiffe waren mittlerweile ausgelaufen und wieder auf den Weltmeeren unterwegs, wenn auch mit unsichtbaren Begleitern.
Taucher der Marine hatten an den Rümpfen der Schiffe mehrere Sender angebracht, so dass man den Kurs der Schiffe verfolgen konnte. Doch bis jetzt gab es keinen einzigen Verdacht. Die Schiffe liefen genau auf den angegebenen Routen und wichen nicht von diesen ab. Zugegeben, wer keinen Verdacht auf sich ziehen wollte, würde sich auch strikt an seine Route halten, also wurden die sechs Schiffe weiterhin scharf beobachtet.

Die beiden anderen Schiffe, die „Alberto Ruiz“ aus Argentinien und die „Moana“ lagen noch im Hafen.
Kama’lar hatte ihn vorgewarnt, die meisten Kapitäne kannte ihn, den Hafenmeister, und ein wirklicher Pirat würde jedes falsche Spiel sofort durchschauen, also musste der Grund an Bord zu kommen einfach und nachvollziehbar sein.
Her‘jare hatte eine gute Idee und zwei Tage vor der Durchsuchung schwamm ein Taucher in die Nähe der Schiffe und versenkte an dem Peer einen Behälter, der nach und nach eine Chemikalie freigab, welche auf dem ersten Blick wie Öl aussah, aber weitaus weniger umweltschädigend war. Der Trick gelang, denn niemand sprang in das Wasser des Hafens und prüfte, ob es tatsächlich Öl war, was da im Hafen schwamm, aber der bunte Schimmer war mehr als deutlich zu sehen.

So hatte Kama’lar einen guten Grund alle Schiffe am Peer zu überprüfen.
Natürlich kamen auch Lastre’lar und Her’jare mit, um sich auf den Schiffen umzusehen und die „Ruiz“ wurde schnell zu Lastre’lar „Hauptverdächtigen“. Als Kama’lar, als Hafenmeister, mit seinem Schwager Her’jare und ihm an Bord gingen um den angeblichen Ölverlust zu überprüfen, schienen sie auf dem richtigen Schiff zu sein. Das ganze Schiff war dreckig und in einem verwahrlosten Zustand, es stank nach Öl und anderen, undefinierbaren Sachen, von denen Lastre’lar auch gar nicht wissen wollte, was da stank und überall lag Müll herum.

Kurzum, genau so stellte sich Lastre’lar ein Piratenschiff vor!
Auch die Mannschaft war mürrisch und der Kapitän erklärte, dass sie hier im Hafen von Nih‘tan von der Beschlagnahme des Schiffs überrascht wurden und dass der ehemalige Besitzer der „Ruiz“ angeblich untergetaucht war. Irgendjemand in der Reederei sagte, es seien Agenten der Versicherung unterwegs, um ein Gutachten über das Schiff zu erstellen, damit dieses versteigert, oder verkauft werden konnte, doch bis jetzt hatte sich niemand bei ihm gemeldet. Er und ein paar Besatzungsmitglieder, die keine Heuer mehr erhalten hatten, mussten an Bord bleiben, da keiner die Mittel hatte sich ein Flugticket nach Argentinien zu kaufen, der Rest hatte hier auf anderen Schiffen angeheuert.
Bei Lastre’lar läuteten sofort die Alarmglocken, denn er wusste, dass einem Piratenüberfall oft ein Wechsel der Besatzungsmitglieder voraus ging, umso größer war die Enttäuschung, als sich die Geschichte des Kapitäns als wahr herausstellte.

Die argentinische Polizei bestätigte die Geschichte des Kapitäns. Der ehemalige Eigner hatte die Kassen geplündert und war mit seiner neuen Geliebten über alle Berge. Zurück blieben eine verlassene Ehefrau, eine bankrotte Firma und ein Schiff in Nih’tan, das wegen ausstehenden Gebühren beschlagnahmt wurde. Dabei konnte sich die Besatzung noch glücklich schätzen. Hier auf Soulebda wurde die Besatzung von den Behörden zumindest mit Lebensmitteln reich versorgt, in anderen Ländern, wären die Männer auf sich alleine gestellt.

Dennoch beschloss Lastre’lar hier am Ball zu bleiben, denn zumindest bis jetzt schien die Ruiz der beste Anhaltspunkt zu sein, den sie hatten.
Anders sah es auf der Moana aus. Auch zu diesem Schiff hatten sie sich Zutritt verschafft und der Inspektor konnte sich nur allzu gut an den Besuch erinnern.
„Wenn das nicht der Hafenmeister persönlich ist!“ hatte Margarete Kama’lar, Lastre’lar und die anderen schon an der Reling begrüßt.

„Meine liebe Kapitänin.“ Antwortete der Hafenmeister und verbeugte sich mit einem breiten Grinsen vor Margarete, welche ihn mit einem Mann an ihrer Seite erwartete.
„Was wollen sie hier an Bord?“ fragte Margarete ohne auf Kama’lar Höflichkeiten zu achten.
„Darf ich vorstellen?“ Kama’lar schien nicht auf die Frage von Margarete einzugehen. „Das ist Inspektor Lastre’lar und seine Kollegin Martin.“ Dann drehte er sich zu Margarete und fuhr fort, „und das ist der Schrecke der sieben Meere, die unerschrockene Margarte.“

„Sparen sie sich das Geschleime.“ Grinste Margarete und trat lächelnd auf die Gruppe zu. „Also du Halsabschneider von einem Hafenmeister, was willst du hier an Bord?“
„Hast du die letzten Tage mal über die Reling geschaut?“ wollte Kama’lar wissen. „Irgendeiner der Pötte hier verliert Öl und das nicht zu knapp. Deswegen muss der Inspektor hier“, Kama’lar zeigte auf Lastre’lar, „und sein Team jedes Schiff hier am Peer genau überprüfen.“
„Mein Schiff verliert kein Öl! Sie können sich gleich ein anderes Schiff zum Durchsuchen schnappen.“
„Miss Margarete“, antwortete Lastre’lar, „wie sie sicher wissen, sind die Umweltgesetze hier auf Soulebda überaus streng. Wer immer auch für die Verschmutzung verantwortlich ist, er wird sich vor Gericht dafür verantworten müssen.“
„Was der Inspektor damit sagen will“, warf Kama’lar ein, „er muss alle Schiffe hier am Peer überprüfen.“
„Hören sie! Meine Maschine steht seit vier Monate still und ist außer Betrieb!“ begann Margarete, und seufzte dann resigniert. „Na schön! Mein erster Offizier, Torson, wird ihnen alles zeigen!“
Sie winkte Torson zu sich gab ihm die entsprechenden Anweisungen.
Der zeigte den Polizisten den Weg und ging voran.
„Wollen sie nicht mitgehen?“ fragte Margarete Lastre’lar.
„Nein, ich bin kein Techniker oder Ingenieur. Ich kann ein Schiff zwar von einem Auto unterscheiden, doch damit ist mein Wissen auch erschöpft. Das Überprüfen überlasse ich den Fachleuten.“
„Er ist eben eine richtige Landratte.“ Grinste Kama’lar. „Wollen sie uns nicht auf einen Kaffee einladen, solange wie die Untersuchung dauert?“

„Sie scheinen keine Probleme zu haben, sich selbst einzuladen.“ Stelle Margarete lachend fest und zeigte dann zu den Aufbauten. „Kommen sie mit.“
„Sorry, dass sie warten müssen“, Meinte Margarete später, während sie selbst den Kaffee aufbrühte, „aber wir haben momentan keine Stewards oder Köche an Bord und müssen uns selbst behelfen.“
Dann, nachdem der Kaffee durchgelaufen war, stellte sie Kama’lar und Lastre’lar je eine Tasse hin und nahm sich dann selbst eine Tasse.

„Wie kommt das? Ich meine, wieso liegen sie noch immer hier fest?“ wollte Lastre’lar wissen.
„Wir haben einen richtig teuren Maschinenschaden. Vor fünf Monaten, kurz bevor wir in Nih’tan einliefen, hat unsere Schaube irgendwas erwischt, vermutlich einen Baumstamm. Jedenfalls hat sich die Schraubenwelle dabei etwas verzogen. Wahrscheinlich nur ein paar mm, doch das reicht aus, um der Maschine einen schweren Schaden zuzufügen, wenn die Welle nicht ausgetauscht wird. Seither waren drei verschiedene Gutachter hier, um die Höhe des Schadens zu begutachten. Für die Reederei stellt sich die Frage, ob die Moana repariert oder verkauft werden soll. Das Problem beim Verkauf ist offensichtlich, sie würden auch kein Auto kaufen, das nicht fährt. Jedenfalls hängen wir hier mit einer winzigen Mannschaft herum und warten, wie sich die Herren in der Chefetage entscheiden. Solange benutzt unsere Reederei unser Schiff als Zwischenlager für Container. Wie sie sicher bemerkt haben, stehen draußen eine Menge Container herum, die auf die Moana geladen, zwischengelagert und dann wieder auf andere Schiffe unserer Flotte verteilt werden.“
Bevor Margarete weiterfuhr, erzitterte das Schiff leicht. „Torson scheint ihren Leuten gerade das Problem zu zeigen. So oder so, den Umweltsünder finden sie hier an Bord nicht.“
„Wie viele Männer sind noch bei ihnen an Bord?“
„Momentan sind wir lediglich sechs Personen.“
„Wissen sie schon wie es weitergehen soll?“

„Nein, aber solange ich meine Heuer bekomme ist mir das auch egal. Mal ehrlich, seit Monaten bekomme ich Geld fürs Nichtstun, ich bin in der schönen Südsee und lebe ganz gut damit. Ich habe es nicht eilig.“
Das war eine Argumentation der Lastre’lar nichts entgegensetzen konnte. Er nahm seine Tasse und trank einen Schluck Kaffee, während er sich über den Rand unauffällig umsah, doch hier schien alles in Ordnung zu sein. Das bestätigte sich dann auch, als Martin mit Hera’je von Torson zu ihnen gebracht wurde.
Her‘jare bestätigte, dass die Moana nicht das Schiff war, welches für den Ölteppich verantwortlich war und so verabschiedete man sich.

„Und?“ wollte Lastre’lar von Martin wissen, als sie zu ihren Wagen gingen.
„Ich weiß nicht… das Schiff macht einen sauberen Eindruck. Irgendwie zu sauber.“
„Ich sehe das anders.“ Meinte Her‘jare. „Die Welle der Moana ist tatsächlich verbogen und das Schiff liegt still. Was sollen die Leute an Bord anderes tun, als Wartung und Putzaufgaben erledigen. Wenn tatsächlich potentielle Käufer an Bord kommen, muss, wenn die Welle schon verbogen ist, wenigstens der Rest des Schiffs glänzen.“

„Also haben wir einen dreckigen und einen sauberen Pott… und einer muss es sein.“
„Oder es war doch eines der Schiffe die schon ausgelaufen sind.“ Warf Shea ein.

„Na schön. Alles auf Anfang! Fangen wir noch einmal mit der Alberto Ruiz an. Ich will wissen, wie weit die Ermittlungen in Buenos Aires sind. Und dann finden wir heraus, welcher Käufer sich für die Moana interessiert hat. “

**

Piratengefängnis II auf Ambrym
Auf einer der südlichen Inseln von Vanuatu, genannt Ambrym, röhrte der Vulkan und spie wieder einmal Rauch und Asche aus. Die Insel Ambrym, lag unterhalb der drei Pirateninseln Maewo, Pentacoast und Penama, dem Verwaltungszentrum der Piraten.

Hier hatten die Piraten im äußersten Südosten ihr erstes Gefangenenlager gegründet. Heute war es ein altes, unübersichtliches Lager, das zu viel Aufmerksamkeit brauchte um überwacht zu werden.

Gerade war das montags Briefing der „Herrin“ Helena van Deubth zu Ende gegangen. Dieses Mal war die „Herrin“ außer Rand und Band. Hatten es doch einige ihrer Sklaven versucht mit den Wachen zu fraternisieren, um sich eine bessere Position zu ergaunern.

So etwas ließ die „Herrin“ nie ungestraft und so hatte man die vier Frauen, die versucht hatten ihre Lage zu verbessern, vor dem Zentralbau in hölzerne Rahmen gebunden. Eine jede in einen eigenen Holzrahmen.

So hingen die vier Frauen an Seilen gebunden in den Rahmen und ihre Glieder waren gestreckt worden, soweit es nur ging.

Die „Herrin“ stand vor den Holzrahmen, in denen die armen Frauen hingen und vor Schmerzen schrien.

„Was fällt euch eigentlich ein, zu versuchen meine Wachen zu beeinflussen? Das war das zweite Mal, dass ihr einen Fehler begangen habt. Ihr wisst genau, was das bedeutet. Ich dulde das nicht. Druuhf, bring die Peitsche mit!“

Der Bullige Aufseher und Kerkermeister Druuhf kam auf die „Herrin“ zu. „Ich werde die beiden totpeitschen, als Warnung für die anderen, brauchst du noch was von den Mädchen?“

„Ja, lass mir vorher noch ihre Brüste bringen, gesäubert und gewaschen, für meine Sammlung.“

Damit ging die „Herrin“ in das Gebäude zur Besprechung. Die Abteilungsleiter saßen schon auf ihren Plätzen und warteten bis die „Herrin“ dazukam.

Unterdessen schrien die Mädchen, als ihnen ihre Brüste abgeschnitten und gewaschen wurden. In dem Gebäude machten es sich die Abteilungsleiter bequem, es würde wieder hart hergehen, wie immer.

Währenddessen hörte man das Schlagen der Peitsche und die Schreie der Mädchen. Nach und nach wurden die Schreie leiser, Druuhf schlug mit äußerster Gewalt zu.

Als sie saß, schaute sie kurz auf ihre Agenda und die Tabellen mit den Zahlen. „Gut, lasst uns loslegen. Die Erlöse haben sich wie berechnet entwickelt. Generell sieht es gut aus, aber das alte Lager im Süden werden wir so nicht weiterführen. Gerade habe ich die Anführerinnen der Revolte bestrafen lassen.

Ich will, dass die nutzbaren Mädchen in andere Lager auf Pentacoast und Nasa gebracht werden und alle unnützen Sklaven in das Schlaflager gebracht und dort angebunden werden. Ich will den Schutzmechanismus life erproben. Bis wann seid ihr mit der Selektion fertig?“

„Bis heute 14:00 Uhr Herrin!“

„Gut der Helikopter soll für mich um 13:30 bereitstehen ich komme dann zu euch auf die Südinsel. Habt ihr das mit dem Flammöl und der Fernzündung gelöst?“

„Ja Herrin, es ist alles so wie abgesprochen, die Unnützen Sklaven werden angekettet in den Lagern liegen und wir zünden das Napalm Ladungen die werden dann ausnahmslos alle beseitigt, Herrin.“

„Das will ich für euch hoffen, wenn das nicht klappt seid ihr beide die nächsten auf dem Napalm Rost, das sage ich euch!“

„Kommen wir zum Tagesordnungspunkt 2. Neubeschaffung von Sklaven. Was hat sich da ergeben Gruppe 2?“

„Herrin, wie haben die Inseln wie befohlen gesäubert und die Gefangenen gemacht, es waren aber weniger als gehofft. Die Schätzungen eures Beraters waren schlecht da waren nur 30% verwertbare Sklavinnen dabei, Herrin.“

„Ich werde mir diesen Leumenklaas selber vornehmen, das war die zweite Schätzung von ihm, die danebenging. Wir brauchen also einen neuen Berater. Vorschläge?“

„Ja Herrin, ich habe da einen exzellenten Berater ausfindig gemacht.“

„Bringt ihn her oder auf einen neutralen Platz, den will ich mir ansehen. Gute gemacht. Weiter zu Punkt 3!“

„Herrin, die Beschaffung neuer A-Ware. Gerade in diesem Moment überführen zwei meiner Speed-Boote von der Wudong neun neue Mädchen hierher und eine ist schöner und besser als die andere. Damit speiste der Mann die ersten Bilder auf den Beamer ein und die „Herrin“ sah Iduna, Dana, Vera, Sarah, Fabienne und Finja, Hyla´hars und Lerf´tarste sowie Ma’Fretama.

„Die sehen gut aus, ja die scheinen mir ideal für die Sexual-Sklavinnen, wenn die gut sind, bringen die gut 120.000 pro Stück.“

Damit war das Schicksal der Mädchen, die gerade auf die Pirateninseln gebracht wurden vorgezeichnet.

Jedenfalls dachten sich die Piraten das so.

**

Die südliche Pirateninsel, Ambrym, war präpariert. Alle Gefangenen Frauen, von denen man sich einen guten Erlös versprachen waren weggebracht worden und die verbliebenen waren in ihren Unterkünften in ihre Betten gefesselt worden. Von den anderen Inseln hatten man zusätzlich noch 32 Gefangene hergebracht, die als „nicht lukrativ“ eingestuft waren.

Somit befanden sich in den beiden Schlaflagern jeweils 42 Gefangene, auf ihren Liegen und an Händen und Füßen gefesselt. Die Schlaflager befanden sich 2 Kilometer vom Fuße des Vulkans entfernt. Hier sollte etwas Rauch nicht weiter auffallen.

Es war jetzt genau 13:50 Ortszeit, als der kleine Helikopter einschwebte und die „Herrin“ ausstieg.

„Wer sind die drei armseligen Gestalten?“ Fragte die „Herrin“ den Bereichsleiter der Insel.

„Das sind drei Eingeborene, die waren von Anbeginn hier und haben uns als Hausmeister gedient.“

„Erschießen sie die drei auf der Stelle!“

„Können wir die nicht auf den anderen Inseln …“ Weiter kam der Bereichsleiter nicht. Die „Herrin“ zog ihre Waffe und schoss den drei überraschten Menschen mit drei schnellen Schüssen in den Kopf.

„Legt sie in die Zeltstadt, die sollen mitverbrennen.“

Erst jetzt kam Unruhe in dem Zeltlager auf. Die Gefangenen erkannten, dass hier etwas Unglaubliches geschehen würde und begannen zu schreien, als sie die drei Erschossenen sahen, die auf die ersten Liegen gelegt wurden.

Oben auf der Anhöhe, an der auch der Hubschrauber stand, nahm die „Herrin“ eine Fernbedienung und fragte den Bereichsleiter „Sind von unseren Leuten noch welche in den Zelten?“

„Nein Herrin, alle meine Leute sind draußen.“

„Na dann wollen wir mal.“, sagte die „Herrin“ und drückte einen roten Knopf.

Eine Sekunde später flammten an den beiden großen Zeltlagern, oben in der Spitze der Zelte eine durchgehende Flammensäule auf, die, wie feuriger Nebel auf die beiden Lager herniedersank und unten am Bodes des Lagers alles in Flammen setzte.

Das Geschrei der brennenden Menschen war unglaublich. Die Piraten standen mit aufgerissenen Mäulern dabei und staunten über die bedingungslose Brutalität der „Herrin“. Der Stellvertreter der „Herrin“ öffnete eine Tasche und reichte ein Messgerät an die Herrin weiter. Sie nahm das Infrarot Thermometer und beleuchtete die flammenden Höllen, aus denen immer noch Menschenschreie zu hören waren und schaute auf das kleine Display.

„Gut, weit über tausend Grad, ja ich denke, das brennt heiß genug.“

Inzwischen loderten die Flammen hoch in den Himmel und brannten mit schwarzem Rauch. Aus den Flammen war kein Menschliches Wort oder Geschrei mehr zu hören, die „Herrin“ hatte gerade 84 Menschen in den Tod durch Feuer geschickt und sie maß die brennenden Hitzegrade.

Nach über einer Stunde ebbten die Flammen ab und die ersten Überreste wurden sichtbar. Ein wenig geschmolzenes Aluminium von den Liegen, einige verbogene, ausgeglühte Stangen von den Zelten, aber seltsamerweise wenig Knochenreste waren zu finden. Die Hitze war mit über Tausend Grad zu hoch, als dass etwas übrigblieb.

„Lassen sie in zwei Tagen die Gräben zuschütten, damit ist diese Insel erledigt. Die Idee mit dem Flammöl war ausgezeichnet. Machen sie so weiter und sie bekommen einen besseren Job.“

Damit stieg die „Herrin“ in ihren kleinen Hubschrauber, startete den kleinen Robinson R-22 und flog über die verbrannten Reste. Dabei wehten die ersten Aschewolken über die Insel.

Mit einem unmenschlichen Grinsen sah die „Herrin“ die Aschewolken und grinste in sich hinein. „Jetzt kommen diese Versager doch noch an die frische Luft. Zumindest kommen die als Dünger der Insel zugute.“ Mit einem fiesen, hinterhältigen Grinsen auf den Lippen flog sie davon. Zurück blieben einige erstaunte Piraten und die verwehende Asche von 84 verbrannten Menschen.

Was die Piraten aber nicht sehen konnten, flog gut 16.000 Meter über ihnen und das Aufklärungsflugzeug hatte die ganze Aktion mit höchstauflösenden Kameras aufgezeichnet.

Als die verschlüsselten Bilder im Kommunikationszentrum von Soulebda eintrafen, standen Ma’Gus bei Dagan und beide sahen das grausige Treiben der Herrin.

„Wenn wir die Bilder Heylah zeigen, wird sie den Sturm der Verwüstung über die Piraten jagen, das verspreche ich ihnen Dagan.“, und Dagan nickte nur.

„Widerwärtig, wie manche Menschen mit anderen Menschen umgehen, ich dachte diese unmenschlichen Menschenschlächter wären endlich gegangen aber sie sind aktiver als sonst. Wir werden und wir müssen dieses Treiben ein und für allemal enden lassen! Ich gehe zur Regentin und berichte ihr, sie wird sicher noch jemanden ganz bestimmten in Jakarta anrufen wollen.“

An einem der Telefonapparate leuchtete ein rotes Licht und Dagan hob ab.

„Grüß dich Viktor, wie stehen unsere Aktien in Mainstadt?“

„Danke, ganz gut mein Freund. Ich habe ein paar alte Freund hier, die ich aktiviert habe und die auch noch die eine oder andere Rechnung mit dem Stecher offen haben. Die Mädchen haben wir unter besonderen Schutz gestellt. Eine kleine Einheit meiner ehemaligen Speznaz Truppe sind auch hier und die haben es sich zum Ziel gemacht, einen undurchdringlichen Panzer um die Mädchen aufzubauen.“

„OK das klingt ja zufriedenstellend. Ich muss jetzt zur Regentin, hier hat sich einiges ereignet. Das solltest du dir in Ruhe ansehen. Die Videos und Files liegen im geschützten Bereich. Also denn, mach‘s gut und melde dich wieder mein Freund.“

Damit war die Verbindung wieder tot und die gesicherte Leitung wieder frei.

„Also gut, Seraph Ma’Gus, ich bin bei der Regentin, begleitest du mich?“
„Selbstverständlich, wir müssen schnellstens sehen, dass wir den Piraten und ihrem Treiben einen Riegel vorschieben, einen endgültigen, wenn du verstehst.“

**

Tapfere Kinder
An anderer Stelle war das Leben gerade wunderbar. Die vierjährige Caro’pe spielte mit der gleichaltrigen Marie im Palast Verstecken.

In ihrer kindlichen Fantasie waren sie ganz in ihrer Welt aufgegangen und ritten auf Einhörnern und spielten mit Feen und Elfen. In dem großen Garten des Palastes huschten die beiden Kinder unter Pflanzen einher und tobten wie zwei kleine Wirbelwinde herum.

Immer wieder schauten Jeanette und Penelope nach ihren Töchtern und die Palastwachen waren angewiesen, ein sorgsam waches Auge auf die Kinder zu haben, sie aber möglichst nicht zu stören und was noch viel wichtiger war – für die Kinder möglichst unsichtbar zu bleiben.

Diesmal war die kleine Marie die treibende Kraft. „Komm, Caro’pe, lass uns auch in den großen Garten hinter dem Palast spielen, ich habe da einen großen Teich gesehen, sind da Fische drin?“

„Ja, ich habe Mama gehört, wie sie den Pfeilmädchen gesagt hat, sie sollen Fische einsetzen und die sind alle so schön goldig. Marie, habt ihr zu Hause, wo du herkommst, auch so große Goldfische?“
„Nee Caro’pe bei uns sind die viel kleiner und die schwimmen auch nur in kleinen Becken, nicht so großen Teichen wie hier.“

Zusammen saßen sie auf dem warmen Boden und schauten den Fischen in dem Teich zu. Diese Fische im Teich waren eine Sonderart der Koi, sie wurden sehr zutraulich, bis zu 30 cm lang und lebten so lange wie die edlen japanischen Kois. Hier auf Soulebda lebten diese Fische in vielen der Teiche und sie schwammen auch in einigen der städtischen Springbrunnen.

Nahe bei den Kindern standen einige Palmen, deren Kokosnüsse fast reif waren zur Ernte. Auch wenn die Bediensteten die reifen Nüsse zumeist rechtzeitig ernteten, fiel immer mal wieder eine der Nüsse so auf den Boden.

Damit keiner der Palastgäste und Besucher versehentlich von einer herabfallenden Kokosnuss erschlagen wurde, hatten die Bediensteten einen Prallschutz an den Palmen angebracht, der den Fall bremste, so konnte es höchstens eine kleine Beule bei dem Besucher geben.

Diese Kokosnüsse waren nicht ganz so groß wie in anderen Regionen im Südpazifik, dafür hatten sie allerbestes Mark und ihr Wasser hatte einen ganz leichten, erfrischenden Geschmack.

„Komm, lass uns die und die Nuss mitnehmen.“, schlug Marie vor und Caro’pe war gleich damit einverstanden. Jedes der Mädchen hatte eine der frischen Nüsse vom Boden aufgenommen und sie schleppten schwerbeladen die Nüsse zurück zum Palast.

**

Was sie aber übersahen, war ein ausgewachsener Kokosnussräuber, eine Coconut Crab, in Deutschland auch als Palmendieb bekannt. Diese Krebsart kam recht häufig hier in der Südseeregion vor und war durch ihre Größe ein beachtliches Tier. Mit ihren kräftigen Zangen konnten sie problemlos einem Erwachsenen Menschen den Daumen abschneiden, oder einer Vierjährigen sogar die ganze Hand.

Dieser ausgewachsene Palmendieb krabbelte hinter den Mädchen durch das Gras und folgte ihnen zum Palast. Palmendiebe fressen in der Regel Früchte, sie schrecken aber auch vor Aas und Kleintieren nicht zurück. Hin und wieder fällt auch schon einmal ein Tölpel diesen Räubern zum Opfer, aber im Grunde sind sie eher harmlos, solange man sie nicht ärgert.

Was dieser Palmendieb von den beiden Mädchen wollte, das sollte sein Geheimnis bleiben, vermutlich war eine der Kokosnüsse sein Ziel. Jedenfalls folgte er den Kindern bis in den Palastgarten.

Hier spielten die Mädchen noch eine Weile und noch ehe der Palmendieb sich an sie herangeschlichen hatte, liefen die Mädchen spielend in den Palast hinein.

„Marie, komm, ich zeige dir unten in den Kellern eine der Kammern, in denen Jerome mit Seilen und Stricken übt. Er kann mit Seilen zaubern, weißt du, der macht Knoten die halten ganz fest, andere die von selbst aufgehen, wenn man daran zieht und vieles andere. Jerome sagt mir immer, er muss das immer wieder lernen und wenn man groß ist, dann muss man das können.“

Die beiden Mädchen hüpften auf und sprangen die Treppe hinunter, gefolgt von dem Palmendieb, der sich an einigen der Pflanzen im Palast festzuhalten versucht, dabei aber durch sein Gewicht von fast vier Kilo abrutschte und in den Kellertrakt fiel, indem die Kinder spielten.

Durch den Fall in den dunkleren Keller war der Palmendieb nun verwirrt, verstört und fühlte sich bedroht. Das war jetzt ein nicht mehr so spaßiger Moment, denn man erzählte sich auf Soulebda, dass ein Palmendieb einen jungen Mann in eine Höhle gejagt und dort schwer verletzt hatte. Angeblich hatte der Palmendieb dem Jungen sogar die Achillesferse durchgebissen.

Dieser inzwischen aggressive Palmendieb, der jetzt im Keller des Palastes herumkroch und sich zu orientieren suchte, folgte einem Geruch, dem Geruch der beiden Mädchen. Der Geruchssinn der Tiere war gut entwickelt und so konnten die beiden Mädchen ihm nicht entgehen. Früher oder später würde der Palmendieb die Mädchen finden.

„Caro’pe schau mal all diese Seile, da können wir Tarzan spielen und Jane dazu, huiiiiii schau mal wie ich schwinge.“ Marie schwang sich von einem Ende des Raumes in den anderen und fühlte sich wie Tarzan an einer Liane.

Die Kinder waren in ihrem Element und spielten in der Kammer der Seile mit Hunderten allerbesten Seilen, als sie ein Geräusch hörten, ein Knarren und dann ein Schattenspiel vor der Tür. Wie nicht anders zu erwarten tummelten sich in der Fantasie der Mädchen da draußen im Lichthof des Kellers Ungeheuer und Monster.

„Huhh, was ist das?“ Marie hatte Caro’pe am Arm gezogen und zeigte auf die offene Türe, in der das Schattenspiel des Palmendiebes zu sehen war.

„Das ist vielleicht ein Kellergeist, glaube ich.“ Caro’pe war überrascht, sie hatte noch keinen dieser Krebse so genau angesehen und dieses Schattenspiel sah wirklich gefährlich aus. Schließlich lebten die in der Regel weiter draußen am Wasser und den Wäldern.

Die Mädchen schauten sich um. „Wir müssen uns bewaffnen, wenn das ein Kellergeist ist, dann müssen wir standhaft sein. Das sagt meine Mama immer. Bleibt standhaft, sagt sie immer.“

„Weißt du, was standhaft ist?“ Fragte die kleine Marie. „Nein, aber wenn meine Mama das von den Gardemädchen verlangt, dann muss das gut sein, also bleiben auch wir standhaft!“

In einem der Tonkrüge steckten Bambusstäbe in unterschiedlichen Längen und Dicke. Schnell hatten sich die Mädchen mit je zwei langen, starken Bambusstäben eingedeckt und fühlten sich jetzt bewaffnet um gegen den bösen Kellergeist bestehen zu können und um standhaft zu bleiben.

In diesem Moment krabbelte der Palmendieb durch die Tür und seine großen Zangen schauten wirklich schaurig aus. Das Licht im Flur und die schwache Beleuchtung in der Seilkammer taten das ihrige um den mächtigen Krebs noch schauriger wirken zu lassen.

Der Palmendieb krabbelte weiter auf die Mädchen zu, was er wollte, blieb unklar, aber jetzt war es auch den beiden Mädchen zu gefährlich, dieses schaurige Tier auf sie zukommen zu sehen, mit den riesigen Klauen dazu.

Schreiend liefen sie um das Tier, eines rechts, das andere Mädchen links entlang und das Tier war unschlüssig, wen es nun zuerst angreifen sollte.

Draußen im Lichthof stellte sich Caro’pe schützend vor Marie und hielt ihren längsten Bambusstab wie eine Lanze auf das Tier gerichtet.

Die Krabbe packte den Bambus mit einer der großen Zangen. Mit einem lauten Knacken zerbrach die harte Bambus Spitze und der Palmendieb hob eine andere der Klauen, wie zum Angriff. Die Mädchen schrien zum ersten Mal. Sie merkten, das ist jetzt kein Spiel mehr.

„Schnell, lauf zur Treppe, lauf!“ Spornte Caro’pe Marie an und Marie lief, so schnell sie konnte, zur Treppe. Der Palmendieb aber wollte hinterher und Caro’pe stieß mit ihrem anderen Bambusstab nach der Krabbe.

Abgelenkt wendete sich der Palmendieb nun Caro’pe zu und Marie tat das einzig vernünftige, sie rannte die Treppe hoch zur nächsten Gardistin und rief dabei laut um Hilfe.

Als die Gardistin zusammen mit Marie die Treppe hinunter gelaufen kam, da griff der Palmendieb mit hoch erhobenen Zangen gerade Caro’pe an …

„Ihhhhhhhhhhh“ Rief Marie laut und der Palmendieb versuchte herauszubekommen, ob das Geräusch eine Gefahr darstellte. Die kleine Caro’pe aber nutzte die Chance und sprang über die Krabbe hinweg und rannte zu Marie. Kurz vor ihr drehte sie sich um und stieß ihren anderen Bambusstab nach der Krabbe.

Die Gardistin hatte die Lage sofort erkannt und einen Pfeil in ihren Bogen eingelegt. Ein lautes Knacken und erneut hatte der Palmendieb den Bambus abgezwickt. In diesem Moment durchschlug der Pfeil der Gardistin die Panzerung der Krabbe und beendete den Angriff für immer. Die beiden Kinder hatten den Pfeil nicht gesehen und die Gardistin war weise genug, den Bogen schnell wieder zu verstecken.

„Ihr seid ja so tapfer gewesen!“ Rief die Gardistin den beiden Kindern zu und sie liefen, wie richtige kleine Kämpferinnen stolz auf die Gardistin zu. Von oben kamen bereits einige weitere Gardistinnen, zusammen mit Penelope und Jeanette angelaufen. Caro’pe schaute die Gardistin mit ihren großen schwarzen Augen an und fragte sie unsicher:

„Waren wir standhaft?“

Als die Mütter neben ihren Mädchen ankamen, sagte die Gardistin voller Anerkennung zu den beiden Kindern „Oh ja, ihr beiden wart wirklich standhaft, ihr wart richtig tapfer.“

Dabei wies sie hinunter in den Lichthof und zwei Gardistinnen trugen den erlegten Palmendieb hoch. Mit einer Spannweite von über 40 cm war das Tier schon gewaltig, dabei sahen die zangenbewehrten Klauen wirklich gefährlich aus.

Jeanette, die solch eine Krabbe noch nie gesehen hatte, blieb mit offenem Mund stehen und Penelope erklärte ihr, was sie da sah.

„Und solche Tiere laufen hier frei herum, sind da eure Kinder nicht ständig in Gefahr?“
„Nein Jeanette, diese Tiere sind im Grunde nicht aggressiv und sie schmecken sehr gut.“ Damit war das weitere Verbleiben des Palmendiebes vorbestimmt, die beiden Gardistinnen verschwanden mit dem Tier in Richtung Küche.

Die Gardistin schaute mit einem Lächeln im Gesicht zu den beiden Kindern: „Ich glaube, ihr beiden habt euer erstes Abenteuer als Kriegerinnen erlebt, oder täusche ich mich da?“

Die anderen Gardistinnen standen da in Reihe und Glied und die Mädchen fühlten sich fast wie Fünfjährige.

**

Währenddessen in Mainstadt
Auf einem Hügel weit vor der Stadt, angrenzend an den dichten Wald, stand in einem umzäunten Gelände ein Funktionsbau aus dicken Betonwänden. Die wenigen Fenster waren mit starken Gittern versehen und ein starker, drei Meter hoher Zaum umgab das Grundstück. An dem Stacheldrahtzaun der oben auf dem Zaun befestigt war, hätte man erkennen können, dass hier regelmäßige Wartungen stattfanden. Hinter dem Haus standen auf dem Parkplatz vier Fahrzeuge, zwei schwarze Kleinbusse und zwei starke SUV.
Auf dem Dach des Bauwerkes befand sich eine kugelförmige Kuppel von gut fünf Meter Durchmesser und an der anderen Seite des Bauwerks ragte ein gut 30 Meter hoher, abgespannter Gittermast in die Höhe, an deren oberen Ende runde und viereckige Kasten montiert waren. Dazu waren zahlreiche Antennen zu sehen.

Hin und wieder tauchte ein Mann in Sturmhaube, Kampfuniform und Headset auf, der eine Pistole und ein modernes HK Sturmgewehr trug. Offenbar war die Anlage besetzt. An der einzigen, schweren und verschlossenen Toreinfahrt hing ein altes, unscheinbares Warnschild, das die Anlage als Sicherheitsbereich auswies und als „Elektromagnetische Versuchsanlage“ auswies. Mehr hätte ein einsamer Wanderer auch nicht erkennen können.

Im Inneren der Anlage saßen an dem großen Tisch Viktor Kubaliborow und einige seiner Getreuen aus den alten Tagen, als der russische Geheimdienst noch KGB hieß und der GRU nur im Ausland aktiv war.

Viktor Kubaliborow, 65 Jahre, sehr elegante Erscheinung ehemaliger General, höchstdekorierter Diplomat in den USA, legendärer Geheimdienstler im KGB und danach dem GRU. Kubaliborow war in Paris vor wenigen Jahren als Held während einer Aktion „verstorben“, um sich so zusammen mit Dagan Mayr dem Aufbau von G.I.P.S.Y. zu widmen.

Oleg Popow, 45 Jahre, sehr gutaussehend, sportlich durchtrainiert, Schachgroßmeister, Judoka und eine Strategielegende, früher beim GRU, heute bei G.I.P.S.Y. auf Soulebda.
Kiruna Moissejewitsch, 59 Jahre, drahtige Erscheinung und ein Enkel von Lasar Koissejewitsch. Kiruna hatte einen Lehrstuhl am Polytechnikum in Moskau inne, bis er das Land vor über zehn Jahren verlassen musste, als man die Akten seiner Vorfahren neu ordnete.

Mira und Kira Jemeljanenko, 35 und 36 Jahre jung, zwei blonde, bildhübsche, durchtrainierte, clevere Kampfsportlerinnen, denen es in Russland zu langweilig wurde und die erst vor wenigen Jahren von Viktor Kubaliborow abgeworben wurde. Viktor Kubaliborow war es gelungen, die beiden Mädchen rechtzeitig abzuwerben, ehe sie auf die schiefe Bahn gerieten.

Fjodor Kaputnikow, 43 Jahre, unscheinbares Aussehen, Chef- Ausbilder am Polytechnikum für Chemie und Mechanik in Katharinenburg-Wummeralow, einer lebenden Legende, wenn es um neuartige Sprengstoffe ging. Fjodor wurde seinerzeit in Russland von allen nur als „Kaputnik aus Ka-wumm“ genannt, weil er sich beim Entwickeln eines neuartigen Mehrkomponenten Sprengstoffes angeblich selbst in die Luft gesprengt hatte.

Ekaterina Romannova, 36 Jahre, eine dunkelblonde Schönheit mit messerscharfem Verstand und durchtrainiertem Körper. Ekaterina wurde früh beim KGB für Spezialaufgaben ausgebildet, die alle mit der Beseitigung wahrhaft bösartiger Menschen zu tun hatte. Ihre Erfolgsbilanz betrug 32 bestätigte Tötungen. Ekaterina war sehr gefühlsvoll, lachte und tanzte sehr gerne und mit ihrer Freundin Leanova zusammen, bis diese von Theobald der Stecher Vogel umgebracht wurde. Im Einsatz konnte sie ihr Gefühlsleben komplett abschalten und galt daher fälschlicherweise als eiskalte Killerin.

Daria Konstantina, 40 Jahre, bildhübsch und sehr gut ausgestattet. Die Dana aus Russland. Dr. Ing. und eine Entwicklerin für hochintegrierte Schaltungen und Steuerungen. In Russland als mannstolles Weib verschrien, weil sie alle ihre Liebhaber binnen eines halben Jahres „verschlissen“ hatte. Mit der Abrüstung der Atomwaffen verlor sie ihre Arbeit und fand bei Viktor Kubaliborov einen Gönner und Förderer.

Daylo und Kyrylo Katalinow aus Ogaschemm, einer Ortschaft nahe Krasnojarsk am riesigen Fluss Jenissei. Zwei Brüder, beide 40 Jahre alt und zwei stahlharte, erstklassige Nahkämpfer. Bei den Jenissei Kosaken hatten beide als Ausbilder gedient und wurden vom Militär ausrangiert, als man die Kosaken Abteilung auflöste.

Diese zehn ausgewiesenen Spezialisten saßen hier an einem Tisch und erzählten kurz über ihre Zeit vor dem heutigen Treffen. Sie aßen und tranken etwas und stärkten sich. Es wurde einige Witze gemacht und über alte Zeiten gesprochen und an alte Freunde gedacht, die nicht mehr unter ihnen weilten. Dann war es Ekaterina Romannova, die das Gespräch mit ihrem entmachtenden Charme übernahm.

„Viktor Kubaliborow, du als unser Freund und bester Mentor und Gönner. Du hast nach uns gerufen und wir sind alle gekommen. Mein Freund Viktor, wie können wir dir helfen, du rufst uns nicht ohne einen triftigen Grund.“

Viktor lächelte und gab an einen seiner Helfer ein kleines Zeichen, schon flammte ein Beamer auf und die wenigen Fenster verdunkelten sich.

„Meine lieben Freunde, ich habe nach euch gerufen, weil ich euere Hilfe brauche und weil ein alter Feind wieder aktiv wurde. Ein Feind, der uns bereits viele guten Freunde gekostet hat. Ich rede von Theobald, der Stecher, Vogel, mit dem haben die meisten hier am Tisch noch eine offene Rechnung.
Es ist aber weit komplizierter, denn der Stecher ist, wie bereits früher nur der Killer, der im Auftrag eines anderen aufräumt.

Inzwischen hat er in diesem aktuellen Auftrag über 320 Menschen weltweit umgebracht, nur für diese Aktion. Jetzt lasst mich euch einweisen, damit ihr auch die ganzen Fakten kennt. Igor bitte, starten den Film.“

In den nächsten zwei Stunde wurden die Anwesenden mit allem vertraut gemacht, was sich bisher ereignet hatte. Die Zusammenhänge wurden erklärt und welche Personen aus welchen Ländern daran beteiligt waren.

Als dann Mainstadt ins Spiel kam, mit dem Mordversuch und allem, was danach kam, da wurden den Anwesenden langsam die Tragweite klar.

Schließlich endete Viktor mit dem Einsatz der beiden Reporterinnen und dem eingeweihten Innenminister Nehren.

„Das ist ja fast unglaublich. Der Stecher Vogel ist immer noch aktiv und gefährlicher als je zuvor. Was ist jetzt unsere Aufgabe Viktor, weshalb sind wir hier in Deutschland und nicht in der Südsee und helfen mit, den Stecher dort zu erledigen?“

„Weil wir dort gute Freunde haben, die den Kampf dort führen.
Hier aber ist es wichtig, dass wir die Beteiligten in dem Gefängnis schützen, das sind diese Personen hier.“
Viktor zeigte Bilder jedes einzelnen Angestellten aus dem Gefängnis und erklärte auch dessen Eigenschaften.

„Außerdem erhalten diese Reporterinnen hier von der ACP einen Rundumservice und sogar der Innenminister wird geschützt.“

Bei den Bildern der Reporterinnen wurden nicht nur die Männer, sondern auch Ekaterina neugierig.

„Die Mädchen sehen fast zu gut aus, um gute Reporterinnen zu sein.“, nörgelte Fjodor und erhielt von Ekaterina einen heftigen Rippenstoß. „Hör zu Kaputnik, diese Fransiska habe ich bereits einmal gesehen. Die war vor einiger Zeit in einer Aktion in Sibirien involviert. Damals ging es, glaube ich, um Organhandel und einen Putsch einiger unserer Truppen.“

„Vollkommen richtig, die war da mit dabei und gilt als eine brillante Reporterin, die weiß, wie man Aufklärung betreibt.“

„Aha, was wurde eigentlich aus dieser scharfen Rothaarigen und ihrem Kerl, Caroline und Peter?“

„Die beiden sind unsere Freunde in der Südsee und die arbeiten mit uns zusammen.“
Auf der Leinwand flammten einige Bilder von Peter und Caroline auf, die die beiden in verschiedenen Aktionen zeigten.
Mira und Kira sahen auf die Bilder und Mira fragte „Was macht diese scharfe Braut mit so einem Schlappi?“

„Tja, der ist garantiert alles, nur kein Schlappschwanz, stimmts Viktor?“
„Exakt, das kannst du laut sagen, das sind Caroline Miles und Peter Stein, diese Namen müssten euch etwas sagen …“

„Oh ja,“ fiel Daria Konstantina ein, „Peter Stein, ein Mann mit einem Ego so groß wie der Mond und einem schier unstillbaren Trieb. Den Mann würde ich gerne einmal kennenlernen.“

„Glaub ich dir gerne und wir würden gerne sehen, wer wen alle macht, der Mann gilt als Testosteronbolzen allererster Güte.“

„Na dann kann sich Caroline ja glücklich schätzen, die Braut würde ich gerne mal sehen, ist das nicht die Nummer 1 von Dagans Nichten Viktor?“, fragte Ekaterina.

„Das ist sie, ich glaube, ihr beiden würdet in vielfacher Hinsicht sehr gut zusammenpassen, meine Liebe. Doch nun zurück zu unseren Aufgaben.“

Und so wurden die anstehenden Aufgaben besprochen. Auf Soulebda waren gute Kämpfer eingetroffen und in Deutschland war jetzt eine weitere Kraft dazugekommen, die Stechers Killern und dem Financier entgegentreten würden.

**

Unterdessen in Berlin
Zwischen der JVA Berlin Tegel und der Bundesnetzagentur trafen sich in dem herrlichen Waldstück einige Passanten und flanierten gemeinsam durch das kleine Waldgebiet. „Sie sind also Maja Marunja, ich habe bereits viel von ihnen gehört und dann müssen sie ihr Mann Boris sein.“ Stellte Hella fest und Fransiska lächelte die beiden an. „Ihr müsst sie entschuldigen, Hella ist gedanklich immer in Action.“

„Ja schon, aber im Moment machen mir diese Kopfschmerzen mehr zu schaffen, wenn nur dieses blöde Geräusch nicht wäre.“ Boris Marunja, griff in seine Manteltasche und zeigte ein kleines harmlos aussehendes Gerät. „Ich fürchte, das kommt von diesem kleinen Freund hier, der verhindert, dass uns jemand elektronisch stört oder abhört. Von da drüben, der JVA kommen auch Störsignale, deswegen sind wir genau hier in einem elektronischen schwarzen Loch.“

Während sie weitergingen, sahen sich Maja und Fransiska öfter unauffällig um. „Noch sind wir unter uns, aber wir sollten uns dennoch beeilen.“, begann Maja und fuhr fort. „Dagan hat nichts dagegen, dass wir uns ein wenig um euch hier kümmern. Er rechnet mit einigen unliebsamen Besuchern in der nächsten Zeit, und da wäre es gut, einige verlässliche Freunde um sich zu wissen.

Folgendes.
Wir bewohnen im Waldorf Astoria das Appartement unterhalb von euch. Gebt uns bitte die Schlüssel zu eurer Suite, wir sollen die Zimmer mal elektronisch abklopfen. Treffen wir uns in drei Stunden bei euch, abgemacht?“

Fransiska übergab unauffällig den Wohnungsschlüssel an Maja und die vier verabschiedeten sich wieder und gingen ihre Wege.

„Ist das nicht etwas gefährlich, uns so alleine zu lassen?“ Kam von Hella und Fransiska verzog leicht das Gesicht zu einem Lächeln. „Die ganze Zeit waren wir von zwei Männern Dagans umgeben, ich habe nur einen gesehen, aber Dagan sagte, es sind immer zwei, die uns absichern. Wir sind und waren also keineswegs alleine. Die beiden hier, Maja und Boris, ich denke die können bestens auf sich selber aufpassen. Das konnten sie schon vor langer Zeit.“

„Ist das nicht dieser Atom Physiker aus Israel und dieser weibliche Indianer Jones Verschnitt?“

„Oh lass sie das mal besser nicht hören, Maja mag es nicht als Abenteurerin bezeichnet zu werden. Immerhin leiten die beiden eine Fluglinie in der Russischen Föderation und wissen wie man überlebt. Maja hat ihren Boris vor Jahren kennen und lieben gelernt, als sie ihn aus fremden Landen befreite und heimbrachte. Das muss eine wilde Zeit gewesen sein. Wenn sie gut drauf sind, erzählen sie dir vielleicht davon.“

**
In die Tiefgarage des Hotel Waldorf Astoria fuhren zwei schwarze SUV der Oberklasse und fanden ihren Parkplatz. Sechs Männer und zwei Frauen, alle in bester Kleidung stiegen aus und gingen auf den zentralen Lift zu.

Als sich die Türen öffneten, stand bereits Boris Marunja bereits im Aufzug und begrüßten die Leute kurz.

„Maja ist noch beim Security Chief, sie kennt ihn wohl von früher und klärt noch unsere Aufgaben, die sind hier alle gut ausgebildet, müsst ihr wissen.“

Oben vor der Suite der Mädchen standen bereits zwei Security Mitarbeiter in tadellosem Anzug, mit verschränkten Händen und nickten Boris unauffällig zu. Einer der beiden sprach in sein Handmikrofon und die Suite Türe ging auf.

Maja kam mit einem großen, smart und elegant aussehenden Mann im besten Anzug heraus und beide lächelten sich zu.

„Kommt rein“, winkte der Mann den Leuten vor der Türe zu und die Security Leute schlossen die Türe wieder hinter ihnen.

„Ich stelle euch meinen alten Freund Robert Mallore, den Sicherheitschef vor. Robert und ich haben uns einmal in Simbabwe kennengelernt und wurden Freunde.“

„Ja diese Lady hat mir dabei mein Leben gerettet und ich zeigte mich ihr etwas dankbar. Leider konnte ich sie nicht ehelichen, da sie bereits mit einem anderen Glückspilz zusammen war.“ Damit deutete er auf Boris und er lächelte etwas verlegen.
„Nun, um es kurz zu machen, auch bei besten Freunden würden wir solch ein Handeln nicht so einfach zulassen, aber ich hatte vor einigen Tagen ein Telefonat mit der Regentin von Soulebda und sie hat mich informiert. Es geht alles in Ordnung.
Aber Maja, meine liebe Maja, du hast mir verschwiegen, dass Viktor Kubaliborow zusammen mit Dagan auf Soulebda arbeiten, das war mir neu.“

Lächelnd spielte Maja mit ihren Augen. „Du kennst immer noch jeden wichtigen Mann, egal wo sie sich befinden, oder?“
„Natürlich, das war immer mein Faible, Wissen verlängert das Leben, das weißt du doch am besten, oder?“
Lächelnd schaute Robert Mallore zu den Angestellten von Maja und schnippte mit dem Finger. Zwei Security Männer eilten herbei.
„Weist die Leute ein, zeigt ihnen auch die Sicherheitskameras und die drei anderen Überraschungen, klar?“

Jetzt standen Robert Mallore, Maja und Boris vor dem riesigen Fenster der Suite in der 12. Etage und blickten über die Skyline von Berlin.

Robert Mallore schaute Boris eindringlich an. „Wie geht es eurer süßen Tochter Finja, ich hörte, sie hält sich jetzt öfter in Israel auf und hat sich wohl ganz gut entwickelt? Sag Lem, dem alten Wadenbeißer einen schönen Gruß von mir und ich schulde ihm noch ein Bier.“, dabei lachte er.

„Werden wir tun, nun zu der aktuellen Angelegenheit, auch wenn du nicht fragst, weiß ich doch genau, dass es dir unter den Nägeln brennt. Also es geht um Folgendes …“

**

Berlin Steglitz
Währenddessen in einem edlen teakholzvertäfelten Raucherzimmer eines noch edleren Herrenhauses nahe Berlin Steglitz.

Der Mann saß mit einem Glas edlen Branntwein und einer guten Zigarre in einem mächtigen ledernen Ohrensessel und lauschte ins Telefon. Nach einer Weile sagte er nur ein Wort „Stopp!“ Das Telefon verstummte und der Mann im Ohrensessel hörte einen anderen Mann schwer atmen.

„Das ist alles Mumpitz, was sie da sagen. Folgendes hat zu geschehen. In Mainstadt sind immer noch die Leute, die eigentlich längst unter den Toten sein sollten. Holen sie das nach – und zwar umgehend.

Hier in Berlin müssen die beiden ACP Tussies gesichert werden. Ich will wissen, was die genaues wissen, und wie die an die Alofi Unterlagen kamen. Ist das klar? Nicht einfach ausschalten, die Informationen brauche ich. Danach können die weg.

Und dann das Allerwichtigste. Da sie ja auf Soulebda sind, sorgen sie endlich dafür, dass wir die Informationen der beiden Augenzeugen bekommen. Diese Miss Miles und ihr Mann wissen viel zu viel. Außerdem muss dann noch diese Französin weg. Das hat ja bisher mit ihren Leuten gar nicht geklappt.“

„Ja, deswegen bin ich jetzt ja selber hierher geflogen, um das alles zu klären, Sir.“

„Bisher haben alle ihre Vorschläge auf Soulebda nicht gefruchtet. Vielleicht muss ich mir für die nächsten Unternehmungen einen anderen Exekutor suchen, der für mich arbeitet.“

„Sie können sich auf mich verlassen, ich habe sie bis heute kein einziges Mal hintergangen oder betrogen.“

„Wenn sie nur mit dem Gedanken gespielt hätten, dann wären sie bereits längstens kalt in irgendeiner Felsschlucht. Versuchen sie mich also nicht.“

Damit war das Gespräch beendet. Der Mann im bequemen Ledersessel schaute auf, direkt in das Gesicht eines Mannes mit einer hinterhältigen Mördervisage.
„Vielleicht müssen wir uns vom Stecher doch trennen, er macht in letzter Zeit Fehler. Das ist nicht gut.“

„Das ist für ihn ungewöhnlich, er ist einer der allerbesten in unserer Zunft. Vielleicht geht seine Glanzzeit einfach zur Neige.“

Der Mann im bequemen Ledersessel nickte. „Ja vielleicht.“

**

Soulebda
Hafenbereich

„Verdammter Sesselfurzer!“ Brüllte der Stecher in das Telefon, das nur noch summte und warf den Hörer auf die Gabel.

Er hatte ein echtes Problem, hier auf Soulebda und dem Pazifikbereich befanden sich seine drei Hauptziele und gleichzeitig reichlich Menschenmaterial für die weitere Piraterie Planungen. Die geplante Personaldecke für die Bordelle war gut und die Ausbildung der Mädchen lief von Mal zu Mal besser. Die kleine Franzosenschlampe würde er sicherlich nebenbei erledigen können, aber sobald die in Begleitung der roten Frau war, lief es irgendwie aus dem Ruder. Und jetzt war auch noch der Mann der roten Frau hier angekommen.
Das bedeutete, er konnte die nicht mehr einfach ausschalten, er musste wissen, was sie von Alofi wussten und das seinem Auftraggeber mitteilen. Erst danach würde er seine Befriedigung bekommen und die drei umbringen können. Dann wäre hier alles gut.

Dafür lief in Deutschland alles falsch. Die verdammten Beamten aus der JVA ließen sich nicht so einfach umlegen, jedenfalls war es einfacher gedacht. Aber irgendwie wollte die einfach nicht sterben.
Dazu kamen dann noch diese beiden Tussis von der Presse, die den ganzen Alofi Schlamassel aufgedeckt hatten.

Er musste schnellstmöglich hier aufräumen, seinen Leuten klarmachen, dass er keine Fehler tolerierte. Ein Blick in den Terminkalender zeigte ihm den besten Zeitpunkt auf. Schon griff er zum Telefonhörer. Seine Assistentin meldete sich. „Information an die Sektionsleiter. Ich will ein Treffen mit allen Sektionsleitern auf Ternate. Ich will die Zahlen sehen und den Status der Operationen und ich will das alles in 48 Stunden. Mach denen klar, dass ich nicht warten will.“
„Ich werde es ausrichten. Auf Penama läuft gerade die Einweisung der neuen politischen Berater für Indonesien. Die Sektionsleiter sind dort versammelt.“
„Die werden wissen, wer Priorität hat, oder sie werden es sehr schnell lernen!“

**

Penama, Vanuatu
Im großen Konferenzraum auf Penama saßen vier Anzugträger in feinstem Zwirn und unterhielten sich recht zwanglos mit einigen der Servicedamen. Die Eingangstür öffnete sich und Helena van Deubth, die „Herrin“ trat ein, gefolgt von zwei ihrer Stellvertreter.

„Bitte entschuldigt, ich hatte noch ein wichtiges Gespräch mit dem Vorstand, wir müssen unser Gespräch rasch zum Abschluss bringen oder vertagen, aber ich muss in wenigen Stunden weiter.“

„Miss van Deubth, wie stellen sie sich das vor, wir haben gerade die ersten 10 Punkte der Tagesordnung durch und es stehen noch 12 andere Punkte an.“
„Deswegen sagte ich ja beschleunigen oder vertagen, was ist ihnen lieber?“
„Ich denke, das ist zu wichtig, als dass wir solche Verhandlungen beschleunigen können, wir …“, weiter kam der erste Anzugträger nicht.
Mit einem kurzen Aufschrei ging der Mann in die Knie und die „Herrin“ zog eine spitze Klinge aus dessen Herz und wischte das Blut an seinem funkelnagelneuen Maßanzug ab.

Achtlos ließ sie den sterbenden Anzugträger mit dem Kopf auf den Boden fallen.

„OK, der erste hat sich aus den Verhandlungen zurückgezogen, wie steht es mit ihnen, meine Herren?“ Dabei blickte sie in die Augen der anwesenden Männer und ihre Augen hatten einen grauenhaften Glanz.

„Beschleunigen wir die Sache doch am besten…“, offerierte der erste und die beiden Verbliebenen stimmten hastig nickend ein. „Ja, Beschleunigen…“

„Das klingt besser, in einer Stunde hole ich die Unterschriften ab, Danke meine Herren.“

Damit verließ sie den Konferenzraum und zwei ihrer Leibwächter blieben an der Türe stehen, bereit die unterschriebenen Verträge abzuholen.

**

Der Zorn Soulebdas
SOULEBDA/ Palast

„Ich kann es kaum glauben“, sagte Penelope und setzte sich zu Soleab auf das Sofa, der seinen Arm um sie legte, „wir haben tatsächlich ein paar Stunden Zeit, nur für uns.“

Dass die beiden wenig Zeit füreinander hatten, entsprach leider den Tatsachen, denn seitdem das Rettungsboot der Bell Star mit seiner toten Besatzung aufgefunden wurde, war Soleab im Dauereinsatz, um die Gefahr der Piraten zu beseitigen.

Doch so einfach war das nicht! Die Polizei hatte keine Hochseeschiffe und die Schiffe der Küstenwache waren nicht bewaffnet. Also musste die Marine aushelfen… doch da galt es gab einige politische Hürden zu überwinden. Die Armee musste Polizeiliche Aufgaben ausüben, die Schiffe der Küstenwache mussten bewaffnet werden… dazu mussten einige Gesetze durch das Parlament gebracht werden. Soleab ertappte sich bei dem Gedanken, dass es während des Bürgerkrieges einfacher war, Anweisungen umzusetzen….

Sicher, er hätte zu Heylah gehen können um sie um einen Erlass zu bitten und da das Wort der Regentin Gesetz war, wäre die Angelegenheit in einem Tag erledig gewesen. Doch genau dagegen hatten er und die Rebellen im Bürgerkrieg gekämpft! Heylahs verstorbener Mann hatte diese Macht genutzt um das Volk zu unterdrücken! -Nein! Das ist Arbeit des Parlaments und ich bin der Parlamentspräsident, also ist es mein Job! – Sagte sich Soleab immer wieder. Allerdings musste Soleab zugeben, dass es ihm die Opposition nicht allzu schwer machte. Keine Partei wollte Piraten an den Küsten haben und die Berichte Halls, vom IMB, hatten dazu beigetragen die Reihen zu schließen. Knackpunkt war die Frage, wann die Sonderbefugnisse wieder beendet werden sollten.

Um jetzt schon handeln zu können, einigte man sich darauf, dass auf jedem Schiff der Marine, welches sich an der Jagd nach Piraten beteiligte und jedem bewaffneten Schiff der Küstenwache, Polizeibeamte an Bord waren, die während einer Aktion die Befehlsgewalt innehatten. Da diese Maßnahme schon im ersten Anlauf durch das Parlament ging, kam Soleab heute überraschend früh nach Hause.

Auch Penleope, die als Bildung und Gesundheitsministerin schon viele Pflichten hatte musste, als Heylahs Tochter, noch viele protokollarische Aufgaben übernehmen.

„Ja, mindestens sieben Stunden… ich frage mich, was wir in dieser langen Zeit bloß miteinander anfangen sollen.“ Grinste Soleab.

Gerade wollte Penelope entgegnen, dass er dies nicht beschreien sollte, da riss Veronique die Tür zu ihrer Wohnung auf uns stürmte zu ihnen hinein.

Penelope starrte in ein Gesicht, in dem sich Verzweiflung, Wut und unbändigen Hass spiegelten. Im Hintergrund, durch die geöffnete Tür, sah Soleab wie Jerome zu Heylahs Gemächern lief und versteifte sich.

„Veronique? Was ist passiert?“ fragte Penelope ihre Freundin besorgt.

Irgendwie schaffte es Veronique ihre Wut so weit unter Kontrolle zu bringen, dass sie sprechen konnte. „Wir haben eine Krise! Ich habe eine Sondersitzung einberufen!“

**

Eine entsetzliche Stille hatte sich über den Raum gelegt, welche nur ab und an durch ein Aufschluchzen unterbrochen wurde. Während die Militärs eine versteinerte Mine aufgesetzt hatten hielten die Zivilisten kaum ihre Tränen zurück. Zu schrecklich warn die Bilder der Überwachungsdrohne.

Neben Heylah, Penelope und Soleab saßen Jerome, Veronique, Bernd, Dagan, Ma’Gus, General Jektjor’far sowie Randy und die wichtigsten zivilen Berater der Regierung im großen Besprechungssaal des Palastes.

Randy, der ja schon einiges gesehen hatte, konnte nicht glauben, was die Drohne da aufgenommen hatte und bildete sich ein, die Schreie der Menschen zu hören, die von den Flammen verzehrt wurden.

Randy hatte sich zufällig im Lage-Raum des Palastes aufgehalten um ja keine Sekunde zu verlieren, sollten Neuigkeiten über Dana und die anderen eintreffen und war Zeuge als die Bilder übermittelt wurden.

„Willst du nicht zu Hause warten?“ Hatte ihn einer der Techniker gefragt. „Ich verspreche dir, wir rufen dich noch vor allen anderen, sobald wir eine Nachricht bekommen.“

„Nein, es sei denn ich störe euch.“

„Quatsch du störst nicht. Immerhin hast du das Problem mit der Bildschirmkalibrierung gelöst und der Datentransfer zwischen hier und den Stellen außerhalb des Palastes ist jetzt auch viel schneller.“

„So habe ich wenigstens was zu tun, dass mich etwas ablenkt.“ Antwortete Randy und schon ging sein Blick zur elektronischen Landkarte auf der die implantierten Sender in Dana ihren genauen Standort zeigten. Wenn er mit Dana „redete“ versicherte sie ihm, dass alles in Ordnung war und sie nicht bedrängt wurde und auch, dass die Piraten einen disziplinierten Eindruck machten. Sie berichtete, dass Iduna ein Gespräch mithörte, in dem der Chef der Piraten jedem einzelnen noch einmal klar machte, die Frauen nicht anzufassen.

Bis jetzt waren alle Frauen noch gemeinsam an Bord der Yacht mit westlichem Kurs wo sie sich Vanuatu oder Neukaledonien näherte, noch immer mit Tamar und dem Todesschatten hinter sich im Schlepp. Wo immer das unbekannte Lager der Piraten war, in ein paar Tagen würden sie es wissen und dann konnten Pläne gemacht werden, wie die Piraten dort bekämpfen werden konnten. Ma’difgtma stand im ständigen Kontakt mit Ma’fretama und diese berichtete, dass man sie zwar nicht mit Samthandschuhen anfasste, doch ihnen auch keine Gewalt antat. Man hatte sie nicht einmal richtig durchsucht… Beinahe hätte Randy bei dem Gedanken gelacht, dass die Piraten keinen blassen Schimmer hatten, mit wem sie unterwegs waren und dass der Tod direkt vor ihrer Nase war. Nichts desto trotz machte sich Randy, genau wie wir alle, große Sorgen um seien Freundin.

„Da kommt wieder ein Datenpaket an.“ Sagte der Techniker und rief die eingehenden Daten auf. „Die Drohne über Ambrym!“

„Alles klar, Aufzeichnung läuft!“ bestätigte der andere Techniker und schon erschien das Kamerabild der Drohne auf den Bildschirmen.

Einer der beiden zoomte das Bild heran und schaute sich das geschäftige Treiben am Boden an. „Ziemlich was los heute.“ Meinte er. „Die letzten Tage war es dort nicht so hektisch.“

„Da wird was in Hubschrauber verladen…“ murmelte der andere. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die lösen das Lager auf.“

„Wie willst du denn ein solches Lager auflösen. Ich meine, du hast über hundert Gefangene die kannst du ja nicht…“ er brach ab, als ein heller Blitz den Bildschirm erhellte und sich dann ein gleißender Feuerball ausbreitete. Randy wollte nicht glauben was er sah, doch die Kamera log nicht! Völlig erstarrt saßen sie da und nahmen das Drama auf, wobei allen drei die Tränen der Hilflosigkeit über das Gesicht liefen.

**

So wie Randy erging es allen Anwesenden im Besprechungs-Raum. Keiner wollte glauben, dass die Piraten einfach Menschen verbrannt hatten. Hafa’ler, Heylahs persönliche Assistentin sprang auf, rannte zur Toilette und schaffte es gerade noch rechtzeitig. Während durch die offene Tür unmissverständliche Geräusche ertönten schauten alle zu Heylah, die völlig erstarrt dasaß.

Dagan wartete, bis jemand hinter Hafa’ler, die Tür geschlossen hatte, dann brach er schließlich die Stille und berichtete, was sie bisher schon ermitteln konnten. Er stand auf, trat an die große elektronische Landkarte wo alle bekannten Stützpunkte der Piraten eingezeichnet waren. Neben jedem Punkt standen, die geschätzte Anzahl der Piraten, der Geiseln, sowie die Ausrüstung der Piraten und auch der Kurs der Halife wurde aufgezeigt. Dagan zeigte auf die Insel Ambrym und sagte:

„Wir konnten den Kurs der Helikopter nicht verfolgen, da aber einer der Hubschrauber ein EC 135 war, welcher eine Reichweite von ca. 600 Kilometer hat, gehen wir davon aus, dass das neue Lager der Piraten sich ebenfalls auf einer der Inseln Vanuatus, oder an der Ostküste Neukaledoniens befindet. Das bestätigt auch der Kurs der Halife, mit unserem Außenteam an Bord.“

„Wir müssen sofort zuschlagen und das andere Gefangenlager auf Mota befreien!“ rief einer der zivilen Berater.

„Das wäre unklug.“ Entgegnete Dagan. „Die Aktionen zur Befreiung aller Geiseln muss unbedingt zeitgleich erfolgen. Sonst verleiten wir die Piraten dazu, ein weiteres Massaker zu begehen.“

„Und was ist, wenn die Piraten dort genauso vorgehen wie auf Ambrym?“

„Wir haben sofort eine weitere Drohne über Mota in Position gebracht, die noch keine Aktivität im Lager aufzeichnen konnte.“

„Aber was, wenn doch?“

General Jektjor’far sah in die Runde und sagte dann, „Wir haben eine schnelle Engreiftruppe, die wir seit der Krise auf Futuna ständig in Alarmbereitschaft halten. Diese Einheit kann Mota in nur sechs Stunden erreichen. Sobald es auf Mota Anzeichen gibt, dass die Piraten das Lager dort ebenfalls auflösen wollen, schlagen wir zu.“

„Sechs Stunden sind eine lange Zeit!“

„Wir sind nicht auf dem Kontinent! Zwischen uns und den Piraten liegen nun mal ein paar hundert Meilen Ozean…“

„GENUG!“ rief Heylah und sofort schwiegen alle. Die Stille wurde nur von Hafa’ler unterbrochen, die zu ihrem Platz zurückwankte.

Heylah stand auf und zitterte am ganzen Leib. „Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass auf Mota, gerade jetzt zu diesem Zeitpunkt, das Gleiche geschieht wie auf Ambrym?“

Ma’Gus erhob sich und antwortete. „Momentan schätze ich die Lage folgendermaßen ein:

Die Piraten verlegen nacheinander ihre Gefangenen in das neue Lager. Da die Piraten gewinnorientiert denken, nehmen sie nur die Gefangenen mit, mit denen sie auch Gewinn erzielen können. Gäbe es eine klare Anweisung dies zeitgleich zu tun, hätte man das Lager auf Mota zusammen mit dem Lager auf Ambrym aufgelöst. Zu dem Lager auf Mota: Da wir nicht mit den Ereignissen von Ambrym rechnen konnten, wurde eine Auflösung des Lagers dort nicht ernsthaft in Betracht gezogen und so haben wir die ersten Anzeichen nicht erkannt. Nun, da wir wissen, dass so etwas geschehen kann, können wir schneller eingreifen. Eine Analyse der Aufzeichnungen wird sicher ergeben, dass sich die Auflösung des Ambrym Lagers sich mehrere Stunden, wenn nicht sogar Tage vorher angedeutet hat. Sollten sich auf Mota dieselben Anzeichen zeigen, schätze ich eine Zeitspanne von sechs Stunden für ausreichend, die unsere Eingreiftruppe benötigen würde, um Mota zu erreichen.“

„Wie kommen sie zu dieser Erkenntnis?“ wollte Soleab wissen.

„Wie gesagt, Piraten arbeiten gewinnorientiert. Auch auf Mota gibt es neben Geiseln auch Waren und Güter, welche die Piraten sich zusammengeraubt haben. Die lassen die Piraten nicht einfach liegen und hauen ab. Nein, die werden vorher verladen und verschifft. Und die Menge an Waren und Gütern wird sicher nicht mit Hubschraubern abtransportiert. Ich wette, wenn wir die Ambrym Aufzeichnungen lange genug zurückspulen, werden wir einen vermehrten Schiffsverkehr feststellen.“

„Wie konnte es dann zu einem solchen Verbrechen kommen?!“ fragte Heylah.

Ma’Gus, Dagan und Jektjor’far wechselten einen Blick. „Wir haben nicht mit einer derartigen Skrupellosigkeit gerechnet. Was diesen Punkt angeht, haben wir drei schlichtweg versagt!“

„NEIN!“ Soleab stand auf. „KEINER von uns hat DAMIT gerechnet! Wir wussten seit der Bell Star, was für Drecksschweine diese Piraten sind und haben sie dennoch unterschätzt! WIR ALLE haben hier versagt. Diesen Fehler werden wir nicht noch einmal begehen.“

Ma’Gus nickte Soleab dankbar zu als der sich wieder hinsetzte. „Die Sicherheit der Geiseln scheint mir im neuen Lager der Piraten noch am Größten. Da das Lager neu ist, werden sich die Piraten dort sicher fühlen, doch bestimmt werden die Piraten dort auch Abwehrmaßnahmen treffen. Deswegen halte ich verführtes Eingreifen auf Mota für falsch. Damit warnen wir sie nur vor.“

„Aber, wir können doch nicht einfach nichts tun!“ rief Penelope. „Diese …. Diese Bestien haben gerade… wie viele Menschen ermordet?“

„Vierundachtzig.“ Antwortete Dagan leise.

„Vierundachtzig! Das kann und darf nicht ohne Antwort bleiben!“

„Nein, das wird es auch nicht, aber wir müssen zuerst an die anderen Geiseln denken.“

„DAS REICHT!“ rief Heylah und trat vom Tisch weg, um zur Karte zu gehen. In diesem Moment machte sich Penelope mehr Sorgen um ihre Mutter, als um alles andere. Sie und auch keiner der anderen, hatte Heylah je in einem solchen Zustand gesehen. Sie zitterte, war aschfahl und konnte sich nur mühsam beherrschen.

„Was ist das?!“ fragte sie und zeigte mit einem zitternden Finger auf einen Punkt der Karte.

„Tetepare auf den Salomonen, ein Umschlagplatz für gestohlene Waren.“ Antwortete Jektjor’far.

„Geiseln?“

„Das wissen wir nicht genau, aber wir gehen nicht davon aus.“

„Wie sicher sind sie?!“

Ma’Gus trat hinzu. „Wir konnten einen Mann bei den Piraten einschleusen. Er ist auf der Wudong und berichtet, dass die Piraten, vor jedem Einlaufen in Tetepare, ihre Geiseln von dem Schiff holen. Angeblich soll somit Streit unter den verschiedenen Besatzungen vermieden werden.“

„Wie sehr vertrauen sie den Berichten? Ich meine, wie können sie sicher sein, dass die Nachrichten nicht fingiert sind? Wie werden die Nachrichten übermittelt?“ wollte Soleab wissen.

„Unser Mann ist ein Stammeskrieger.“ Mehr musste Ma’Gus nicht sagen.

„Wir… Wir werden antworten!“ sagte Heylah mühsam beherrscht und hämmerte mit ihrem Finger auf Tetepare. „Dieses Drecksnest wird von der Karte getilgt! Und das mit allen erforderlichen Mitteln! Kümmern sie sich darum!“ Sie drehte sich um und stürmte aus dem Saal. Penelope, sah ihren Mann an, der nickte ihr zu und folgte ihr.

Nun standen auch die zivilen Berater auf und verließen den Saal. Zurück blieben die Militärs, Soleab, Dagan, Ma’Gus, Bernd, Randy und natürlich Veronique.

„Das nenne ich einmal einen klaren Auftrag.“ Sagte Jektjor’far.

Veronique stand auf und trat zur Karte. „Gut, in vier Stunden haben wir unsere Jagdbomber in der Luft. Bernd, du sicherst den Luftraum, so dass die Piraten nicht vorgewarnt werden.“

„Das wäre ein übereiltes Vorgehen, von dem ich dringend abrate.“ Warf Jektjor’far ein.

Veronique fuhr herum und blitze ihn an. „Sie haben den Befehl der Regentin gehört. Wir sollen die Piraten dort ausräuchern!“

„Niemand stellt die Befehle der Regentin in Frage.“ Antwortete Jektjor’far und warf Bernd einen hilfesuchenden Blick zu.

„Ich hätte da eine Idee!“ sagte Bernd um seine Frau nicht vor den anderen bloßzustellen und um zu verhindern, dass sich Veronique in ihrer Wut in eine ausweglose Situation begab, die sie ohne Gesichtsverlust nicht verlassen konnte. Auch Veronique erkannte das zum Glück noch rechtzeitig und nickte ihrem Mann zu.

„Als erstes müssen wir sicherstellen, dass sich tatsächlich keine Geiseln in Tetepare befinden. Wir können nicht mit dem Finger auf Piraten zeigen und dann blindlings losschlagen.“

„Einverstanden.“ sagte Veronique. „Ich will ein Beobachterteam am Boden und ich will Luftaufnahmen!“

„Wir schicken sofort eine Drohne nach Tetepare.“ Nickte Jektjor’far.

„Jim und ich setzen ein Beobachterteam ab. Fünf Soldaten mit Laserzielgeräten und fünf Krieger zum Schutz und Aufklärung.“ Schlug Bernd vor. „Sobald wir sicher sind, keine Unbeteiligten zu treffen, schlagen wir zu.“

„Bleibt die Frage mit welchen Mitteln wir zuschlagen.“ Bemerkte Jektjor’far.

„Sie haben die Regentin gehört.“ Antwortete Soleab. „Mit allen Mitteln! Wir werden keine halben Sachen machen, allerdings sehe ich die Lage der Geiseln etwas anders als sie General.“ Soleab hatte ihre Möglichkeiten und Optionen sorgsam abgewogen. Als „Rebellenführer“ im Bürgerkrieg hatte er oft mit unmöglichen Situationen zu tun gehabt und obwohl er in diesen schrecklichen Tagen, wichtige Unterstützer hatte, war es hautsächlich seinem Können und seiner Fähigkeit, taktische Informationen in Taten umzusetzen, zu verdanken, dass die Rebellion nicht schon nach einer Woche Kampf verloren war, „Sie sagen selbst, dass die Piraten früher oder später das Lager auf Mota schließen werden und dass dann dieselbe Vorgehensweise wie auf Ambrym zu befürchten ist.“

„Das ist korrekt.“

„Und sie sagen, dass sich die Piraten im neuen Lager sicher fühlen, da sie wissen, dass wir die Lage dieses Lagers nicht kennen.“

„Stimmt.“

„Dann schlage ich eine kombinierte Aktion vor, bei der wir einerseits Tetepare angreifen und zum zweiten die Geiseln auf Mota befreien.“

„Was zur Folge hätte, dass die Piraten in dem neuen Lager alles tun werden, damit wir sie dort nicht angreifen können. Sie werden dieses Lager in eine Festung verwandeln indem sie Luftabwehrraketen sowie Antischiffsraketen in Stellung bringen und solide Befestigungen anlegen. Alleine schon um der Welt zu zeigen, dass sie eine erstzunehmende Macht sind.“

„Ja, wir werden mit heftigen Widerstand rechnen müssen, aber wir haben Manus und Futuna befreit, unsere Truppe hat sogar in Kasachstan gezeigt wozu sie fähig ist, also… werden sie mit diesem Piratenpack fertig, auch wenn es vorbereitet ist?“

Jektjor’far sah zu Jerome der bedächtig nickte und traf schließlich eine Entscheidung. „Wenn unser Außenteam auf der Halife handlungsfähig bleibt…ja!“

„Dann erweitere ich den Befehl der Regentin dahin, neben Tetepare anzugreifen, auch die Geiseln auf Mota zu befreien.“

**

Randy hatte still zugehört und seine Gedanken beherrschte nur eine Frage. Was, wenn doch unbewaffnete, oder gar Gefangene, in Tetepare sind? Er konnte vor seinen inneren Augen sehen, wir die Condors über den Hafen donnerten, ihre lasergesteuerten Bomben abwarfen und mit den Bordwaffen angriffen. Kein Pilot würde den Unterschied erkennen… und ein andres, viel schrecklicheres Szenario tat sich vor ihm auf… Mota!

Wenn die Überraschung nicht vorkommen war und selbst Ma’difgtma sagte immer, dass sich nur Idioten auf Glück verließen, dann würden die Piraten auf Mota, die Geiseln als menschliche Schutzschilde benutzen! Nein, nicht wenn! Die Piraten würden MIT SICHERHEIT die Geiseln als Schutzschild benutzen und bei einer Erstürmung das Lagers…nur allzu gut erinnerte sich Randy an die schweren Kämpfe auf Manus…

Während die anderen über die Maßnahmen diskutierten starrte Randy durch den Raum ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Ihm gegenüber standen Veronique und Jektjor’far an de Karte und besprachen ihr Vorgehen und immer wieder stellte sich Randy die gleiche Frage…Was unterscheidet einen Piraten von einer Geisel, aus einer Höhe von zweihundert Metern…

„HE! Ist mit dir alles in Ordnung?!“ stieß ihn Bernd an.

„Was?“

„Ich habe gefragt, ob mit dir alles in Ordnung ist.“
„Ja, alles in Ordnung. Ich habe‘ mich bloß gefragt…“ er brach ab und starrte Veronique und Jektjor’far an. Die Antwort stand direkt vor ihm!

„Bernd! Ich brauche das Tankkiller Zielgerät!“

„Das Zielgerät? Wofür?“

„Keine Zeit für Erklärungen! Wo ist das Teil?“

„Auf dem Stützpunt Julam’da.“

„Ruf dort an und sag ihnen, dass ich komme! Und gebt mir sofort Bescheid, wenn es eine Nachricht über Dana oder die anderen gibt!“ Er sprang auf und rannte aus dem Raum, während ihm alle anderen ihm nachsahen.

Jektjor’far sah zu Bernd und fragte was mit Randy los sei. „Stimmt bei dem was nicht?“

„Keine Sorge General, das ist ein völlig normales Verhalten bei diesen Nerds. Aber wenn es sie beruhigt, bei solchen Aktionen kommt immer etwas Gutes heraus.“

**

„Was meinst du damit, je schneller ich fahre, umso mehr Leue rette ich?“ fragte Lukas hinter dem Steuer eines Autos, das durch die Nacht raste. Randy war in die Wohnung gestürmt die Lukas mit seiner Familie im Palast bewohnte, hatte Lukas aus dem Bett geworfen und ihn mit den Worten, „Ich brauche den schnellsten Fahrer dieser Insel“, zum Fuhrpark des Palastes gescheucht.

Randy, der neben ihm saß und auf einen Laptop einhämmerte, sah gar nicht auf um zu antworten. „Das heißt genau das! In ein paar Stunden ist der Teufel los und ich habe‘ mir was einfallen lassen, aber dazu muss ich nach Julam’da und zwar so schnell es geht, also gib Gas!“

„Ich gebe ja Gas!“ brummte Lukas und jagte durch das nächtliche Soulebda. „Ich habe zwar keine Ahnung wo ich hinfahre, aber ich gebe Gas.“

**

Julam’da /Airfield
Da Bernd auf dem Stützpunkt angerufen hatte, stand das Tor schon offen, als die zwei auf dem ehemals kleinen Flugplatz ankamen. Vor dem neuen Tower standen schon Jim und Esrom, die auf Randy warteten.

„Bernd sagt, du hast einen deiner berüchtigten Geistesblitze.“ Begrüßte ihn Esrom.

„Ja! Habt ihr das Zielgerät der Tankkiller?“

„Liegt bereit. Da ich annehme, dass du etwas programmieren willst, habe ich das Gerät schon an den Hauptrechner angeschlossen.“ Esrom zeigte auf einen der Hangars.

„Spitze!“ Randy lief mit seinem Laptop in den Hangar und rief, „Ich brauche die Mannschaft einer C 130, einschließlich Bodenpersonal!“

Als Randy im Hangar verschwunden war, schüttelte Esrom den Kopf. „Manchmal habe ich Angst davor zu fragen, was in seinem Kopf vorgeht.“ Meinte Er und blickte Randy nach.

Jim sah ihn von der Seite an und grinste. „Wahrscheinlich würdest du es auch nicht verstehen.“

**

Acht Stunden später erschien Bernd in Julam’da. Hinter seinem Wagen folgte ein Mannschaftstransporter, der das Beobachtungsteam für Tetepare an Bord hatte. Das Team wurde angeführt von Sergeant Jorhu’Lar und dem Krieger Tars’fert. Dieses Team, welches schon auf Futuna hervorragend zusammenarbeitete, hatte bei der Befreiung der Santre’feraste außergewöhnliches geleistet und maßgeblich dazu beigetragen, die Söldner Trafalgars von der Insel zu jagen. Das Team, die Piloten, die Nachrichtenleute und die Stammeskrieger begaben sich in den Bereitschaftsraum um zu erfahren, was in den nächsten Stunden geschehen sollte.

„Hat Randy gesagt an was er arbeitet?“ wollte Bernd von seinem Copiloten wissen.

„Nein“, antwortete Esrom, „er hat sich, genau wie in Kasachstan, eine C 130 geschnappt und sitzt seitdem mit der Besatzung im Hangar. Aber frag mal Lukas, den hat Randy zu seinem persönlichen Google-Sklaven gemacht, der kommt alle Nase lang heraus, muss was am Hauptterminal Googlen und verschwindet wieder.

„Hier, das hat Lukas beim letzten Mal versehentlich doppelt gedruckt.“ Jim hielt Bernd eine Liste vor, die keinem etwas sagte.

Fidschi 1,74 1,62- Tonga 1,77 1,66 -Mikronesien 1,69 1,57 -Australien 1,79 1,65 -Neuseeland 1,78 1,65 –Niue 1,76 1,64 –Samoa 1,74 1,62 –Tuvalu 1,70 1,59 –Cook Inseln 1,78 1,64…

„Kannst du damit was anfangen?“ fragte Jim.

„Keinen blassen Schimmer.“ Gab Bernd zu als er die Zahlen sah. „Aber letztes Mal hat dieser Nerd mit seinen Basteleien ein ganzes Panzerbataillon zum Teufel gejagt, wir sollten ihn die Zeit geben, die er braucht.“

„Wie geht’s jetzt weiter?“ fragte Esrom.

„Wir fliegen das Beobachterteam nach Tetepare. Wir sichern den Luftraum, während du, Jim, wasserst und das Beobachterteam absetzt. Während du unten bist, überfliege ich den Hafen und mache Luftaufnahmen. Anschließend komme ich zu dir zurück, damit du unter der Radarglocke wieder unerkannt starten kannst.
Um 21 Uhr startet ein Tanker, der vorausfliegt. Wir starten um 22 Uhr, so dass wir gegen 04Uhr über Tetepare sind. Sind wir beide wieder in der Luft, drehen wir ein paar Runden und überfliegen den Hafen nach Sonnenaufgang erneut, um zusätzliche Bilder zu machen. Vor dem Landen und nach der Operation, fliegen wir den Tanker an, um genug Sprit zu haben.“

„Hört sich nach einem soliden Plan an.“

**

TETEPARE/ Salomonen
„OK, Radarstörer an, Entfernung zum Ziel, 5 Meilen“, teilte Esrom Jim über Funk mit, „Kommunikation ist noch offen. Du kannst mit dem Landeanflug beginnen.“

„Alles klar! Ich gehe runter!“ bestätigte Jim und ließ seine Blechgans in Richtung Meer fallen. Jim hatte sich für eine Landung im Blanche Channel entschlossen. Dort musste er zwar zwischen den Inseln landen, doch er konnte das Team an der Hafenabgewandten Inselseite absetzten.

„Da ist ein verdammt starkes Radarsignal, das ist neu…warte ich lokalisiere es. Es kommt von Vangunu.“

„Das sehen wir uns mal an!“ meinte Bernd und änderte den Kurs. „Nachtsicht!“

„Nachtsichtgeräte eingeschaltet.“ Bestätigte Esrom und Bernd überflog die Insel Vangunu. „Da unten!“ Auf der Bergspitze stand eine kleine, aber moderne Radaranlage, die allem Anschein unter Tarnnetzen versteckt war, aber das Nachtsichtgerät nicht täuschen konnte.

„Das könnte ein Problem werden. Verdammt! Da ist eine Batterie Luftabwehrraketen.“

„Ja ich sehe es, die Anlage muss eines der Primärziele sein.“

„Ich setze sie auf die Zielliste.“ Brummte Esrom und tippte auf sein Tablet ein. „Erledigt.“

„Ok, dann überfliegen wir mal Tetepare.“ Sagte Bernd und drehte zum Ziel ab.

„Shit! Siehst du das?“ fragte Esrom ungläubig, als er den Hafen sah. Der Verladehafen der Piraten war am Kupa Point, dem Südzipfel der Insel. Kupa Point hatte den Vorteil, dass durch seine, ins Meer hineinragende Form, mehrere große Schiffe dort gleichzeitig anlegen konnten. Etwas östlich von Kupa Point erstreckten sich Lagerhäuser, Schuppen und Barracken.

„Mann, die haben den ganzen Dschungel gerodet!“ stellte Esrom fest. „Das ist ja schon fast eine Kleinstadt.“

„Eine gut gesicherte Kleinstadt! Da! Dort unten ist sogar ein verdammter Flugplatz!“ Bernd zeigte noch Osten und Norden, wo neben einen kleinen Tower, mehrere Flugzeuge in einer Reihe standen, dann fielen ihm mehrere helle Lichter auf, welche in den Nachtsichtgeräten leuchteten. „Das sind Infrarotsuchgeräte. Warne das Beobachterteam!“

„Verstanden!“ Esrom schaltete auf Jims Kanal und rief ihn. „Jim, sind die Jungs noch an Bord?“

„Sie sind gerade dabei das Boot zu wassern.“

„Sag ihnen, dass an der Ostseite ein Flugplatz ist und dass die Ost- und Nordgrenze mit Infrarotüberwachungsgeräten gesichert ist.“

„Alles klar, ich richte es aus!“

Bernd schaltete sich dazu und rief Jorhu’Lar. „Sergeant, nach der Operation, gehen sie zum Flugplatz. Schalten sie ihre Sender ein und warten sie bis wir sie dort abholen.“

„Verstanden.“ Bestätigte der erfahrene Sergeant.

Esrom hob den Daumen und sagte dann zu Bernd, „Lass ums Mal ein paar Bilder machen.“

„Ok, dafür sind wir ja da.“ Bernd überflog den Hafen von Tetepare dreimal in großer Höhe und machte Aufnahmen des ganzen Gebietes.

„Achtung, das Team ist draußen und ich starte wieder.“ Meldete sich Jim.

„Bestätige. Bin in einer Minute über deiner Position.“ Antwortete Bernd und brachte seine Condor über den Blache Channel. „Du kannst starten, Radarstörer aktiv.“

Unter sich sah Bernd einen schmalen hellen Streifen der sich über das Meer zog, dann kam die Meldung von Jim, dass er wieder in der Luft sei.

„Zeit bis Sonnenaufgang?“ fragte Bernd.

„Acht Minuten.“

„Treibstoff?“

„Noch für siebenunddreißig Minuten. Flugzeit bis zum Tanker, elf Minuten.“

„Gut, dann lass und ein paar Meilen nach Süden fliegen, zwei Runden drehen und dann nach Sonnenaufgang noch einen Überflug über den Hafen machen.“

**

Noch während des Rückfluges wurden die Bilder und Daten zur Zentrale von GIPSY und den Palast gesendet, wo die Auswertung begann.

Momentan lagen vier große Schiffe am Kupa Point, zwischen denen ein reger Bootsverkehr herrschte.

„Das wird eine riesen Party.“ Meinte Dagan, als er die Bilder analysierte. Dann setzten sich Dagan, Jektjor’far und dessen Stab zusammen und erarbeiteten einen detaillierten Angriffsplan.

**

Leon Baldwerde, Kajats Planer und Strippenzieher war, im Gegensatz zu den meisten Piraten hier in Tetepare, ein Frühaufsteher. Er trieb Sport, hielt sich fit und achtete sehr auf seine Figur. Dazu gehörte auch jeden Morgen ein Lauf über den Strand. Noch bevor es hell wurde, startete Leon von seinem Haus und lief los. Nach etwa fünf Kilometern, unterbrach er seinen Lauf, um ein paar Dehnübungen zu machen, als er ein leises Brummen hörte und weit oben am Himmel zwei Flugzeuge bemerkte, die sich von Süden dem Hafen näherten. Zwar wurde Tetepare oft überflogen, doch diese zwei Flieger waren so tief, dass sie keine Kondensstreifen hinter sich herzogen, was in dieser Gegend eher unüblich war. Er sah den Flugzeugen noch kurz nach, dann waren die zwei Flieger aus seinem Sichtfeld verschwunden.

Nach einer Stunde Lauf und einer erfrischenden Dusche, betrat Leon sein Büro in dem sein „Stabschef“ Lin Pin Tao mit den neuesten Nachrichten erwartete. Als Leo dieses Büro zum ersten Mal betreten hatte, wunderte er sich über die „Normalität“ des Büros. Nichts in dem Raum deutete auch nur im Geringsten darauf hin, dass von hier aus die Geschäfte und Abläufe einer verbrecherischen Organisation geleitet wurden. Sein Büro lag in einem neu errichteten Gebäude, mit moderner Kommunikation, EDV und neuster Technik. Neben Kajats Organisation hatten noch drei weitere Piratengruppen ihr Büro in diesem Gebäude, denn von hier aus wurden die Waren auf Schiffe umgeladen, die dann zu ihren Zielhäfen geleitet wurden, es wurden neue Ziele ausgemacht und Pläne zu Raubzügen, bzw. Enterungen gemacht.

Auch war es keine Seltenheit, dass Waren von Kajats Schiffen, gleich in Tetepare den Besitzer wechselten. Im Grunde war Tetepare ein Hafen wie jeder andere auch, nur dass die Waren, welche hier gehandelt wurden, illegale Handelsware war.

Allerdings leitete Leon von hier nicht nur das Verladen und Verschiffen von Kajats Ware, Leon steuerte auch die Lager Ambrym, Mota und schließlich das neue Lager.

„Was für eine Scheiße ist das denn?“ fluchte Leon, als er den Bericht von Ambrym las. „Diese Verrückte!“ schimpfte er als las, wie Helena van Deubth das Problem der unprofitablen Geiseln gelöst hatte.

„Was hast du?“ wollte Lin Pin Tao von ihm wissen. „Sie hat nur Kajats Anweisungen umgesetzt, Geiseln los zu werden die keinen Gewinn einbringen.“ Lin nahm sich eine Tasse Kaffee und setzte sich lässig auf einen Stuhl.

„Kajat hat nie angeordnet die Aussortierten umzubringen! Es hätte gereicht, sie einfach auf der Insel zu lassen und abzuhauen.“

„Ist doch letztlich völlig egal. Hauptsache ist doch, dass Ambrym geräumt ist.“

„Es ist nicht egal! Wenn es jemand mitbekommt, gibt’s einen riesigen Krach, den wir nicht gebrauchen können.“

„Wie soll das denn jemand mitbekommen? Uns selbst, wenn, wer will uns denn in die Suppe spucken? Etwa die Chinesen? Die halten ihre Küste sauber, der Rest ist ihnen egal. Die Russen oder die Amis, das ich nicht lache! Komm schon, es interessiert doch keine Sau, was wir mit den Leuten machen, solange wir genug Schmiergeld zahlen.“

„Ich hoffe du hast Recht.“ Brummte Leon und widmete sich den Listen mit Waren, Verkäufen und Bestellungen. „Da ist eine Bestellung aus Zentralafrika. Ein Geschäftsmann will mehrere junge Frauen.“

„Ich habe es gelesen. Da will sich wohl jemand seinen eigenen Harem aufbauen.“

„Scheiß egal, was er will, er zahlt Spitzenpreise! Haben wir passende Ware?“

„Helena hat einige Weiber in der Ausbildung die wir verkaufen können. Außerdem ist eine Bootsladung auf dem Weg voller Weiber auf dem Weg in das neue Lager. Wenn die dort eintreffen, kann sich Helena mit ihnen beschäftigen und sie für den Verkauf vorbereiten.“

„Ok, sag Helena sie soll eine Fuhre bereitmachen, aber sie soll ihren Kettenhund Druuhf zurückhalten! Wenn sich die Weiber bei der ersten Gelegenheit selbst umbringen, kauft der Kunde nie wieder bei uns.“

„Ich werde es Helena ausrichten, aber du kennst sie ja, sie liebt ihren Job.“

„Ihr Job ist es für Kajat Gewinn zu machen und nicht ihren niederen Trieben nachzugehen. Dieses intrigante Mistweib! Allein in den letzten zwölf Monaten haben sich achtzehn Verkäufe umgebracht und das nur, weil Helena und Druuhf es übertreiben und die Gefangenen nicht als Ware sehen.“

„Ich gebe dir voll und ganz Recht, aber das wird sich nicht ändern, denn es ist aber nun mal so, dass Helena Marion Perling kontrolliert und solange Helena dafür sorgt, Marion Kajat morgens mit einem Blowjob weckt, wird sich Kajat nicht von Helena abwenden.“

Genau so war es! Wenn es nach Leon ginge, wäre Helena längst Geschichte! Aber solange Kajat sie nicht zum Abschuss freigab…

„Nun… ich hörte wie Kajat, nach Helenas Erfolg mit den Schönheitsköniginnen erwähnte, ihr die Leitung über die neue Station zu übertragen.“

„Das würde uns noch fehlen! Diese Frau ist Gift für das Geschäft! Was sagt denn Mersal Suluth dazu?“

Mersal Suluth, der Leiter des Lagers auf Mota, lieferte sich seit langem einen Machtkampf mit Helena, um die Vorherrschaft in der Führungsriege in Kajats Organisation. Allerdings war es so, wie Lin gesagt hatte. Helena kontrollierte Kajats Betthäschen und hatte damit einen großen Vorteil Mersal gegenüber. Auch wenn Mersal mit einigen finanziellen Erfolgen aufwarten konnte, lag er Helena gegenüber im Hintertreffen. Obwohl Mersal das Lager auf Mota mit eiserner Hand führte und die Selbstmordrate unter seinen Verkäufen weit unter dem Durchschnitt lag, von dem Durchschnitt Helenas ganz zu schweigen, genoss Helena Kajats Gunst und genau wie Leon und Lin, hegte auch Mersal den Verdacht, dass Helena Kajat dazu überredet hatte, die einzelnen Lager aufzulösen und alle Geiseln in einem neuen Lager zusammenzufassen. Angeblich um den Verkauf und Vertrieb der Ware besser und einfacher zu machen.

„Offiziell sagt Mersal dazu nichts.“

„Ok… ich werde in zwei Tagen nach Manado fliegen um mit Kajat zu reden. Du fliegst nach Mota. Offiziell um Mersal zu sagen, dass er das Lager auflösen soll, inoffiziell fragst du ihn, ob er eine Chance sieht, Helena abzusägen.“

„In Ordnung. Ich lasse für übermorgen zwei Maschinen startklar machen lassen.“ Nickte Lin.

„Apropos Flieger, gab es heute eine Landung hier?“

„Nicht das ich wüsste, warum?“

„Heute Morgen sind zwei Flugzeuge über den Hafen hinweggeflogen.“

„Moment…“ Lin kramte eine Liste unter den Papieren hervor in der die gemeldeten Starts und Landungen eingetragen waren. Zwar zahlten alle Parteien für den Betrieb des Flugplatzes auf Tetepare, doch Kajats Organisation leitete den Flugbetrieb. „Nein, es gab keine Starts oder Landungen.“

„Dann frag bei den Idioten am Radar nach. Ich will wissen woher die Flieger kamen und wo sie hingeflogen sind! Es waren Propellermaschinen, die müssen irgendwo hier von Vanuatu gestartet sein. Falls eine andere Geschäftspartei hinter dem Flug steckt, mach ihnen klar, dass das so nicht geht! Keine unangemeldeten Flüge mehr, sonst lasse ich den nächsten Flieger abschießen!“

**

Tars’fert war aus dem „Schatten“ herausgetreten und bewegte sich ganz offen zwischen den vielen Lagerhatten hinter dem Flugplatz Tetepares. Der Krieger war außerhalb der Infraroterfassungsbereiche in das Meer gestiegen und war dann hinter der Grenze der Geräte wieder an Land gegangen. Nach zehn Minuten war ihm klar, dass die beste Art sich zu verstecken die war, sich überhaupt nicht zu verstecken.

Ein Pirat mit einem Klemmbrett der an deinem Versteck vorbeikam, starb ohne zu wissen wie und nur Sekunden später hatte Tars’fert die Leiche sicher versteckt.

Nun ging er mit dem Klemmbrett in der Hand zwischen den Hallen durch, machte anscheinend Notizen und niemand interessierte sich für ihn. Schnell wurde klar, dass es in den Lagern und Verladeschuppen keine Geiseln gab, das sagten ihm die leichtbewaffneten Wachen an den Hallen. Es war die Körpersprache der Wachen, welche Tars’fert zeigte, dass sie Waren, aber keine Menschen bewachten. Zwischendurch nahm er immer wieder Kontakt zu den vier anderen Kriegern auf, die eine exakte Lagekarte des Hafens anfertigten.

Die ersten schwer bewaffneten Wachen fand Tars’fert an den Lagergrenzen, wo ein Zaun eine Grenze zum Dschungel zog, aber auch dort richtete man die Augen nach draußen und nicht nach innen. Schließlich gelangte Tars’fert in den Hafen selbst, der neben den eigentlichen Hafenanlagen auch die Verwaltungsgebäude beherbergte und konnte sich auch dort unerkannt zwischen hunderten Piraten bewegen.

Eintausend zweihundert Meter hinter Tars’fert, in den Hügeln nördlich des Hafens, hatten die Soldaten Soulebdas unter Sergeant Jorhu’Lar ihre Laserzielgeräte in Stellung gebracht, denn von dort oben hatten sie die Übersicht über den gesamten Hafen und waren in der Lage jedes einzelne Gebäude als Ziel für die Jagdbomber zu markieren.

Natürlich verließen sich die Piraten nicht nur auf einen Zaun, sondern schickten regelmäßig Hundeteams durch die Hügel, doch da bis jetzt nie etwas vorgekommen war, hielt sich die Wachsamkeit der Piraten in Grenzen, zumal sie im Glauben waren, mit der Radaranlage den Bereich um Tetepare mehrere Hundert Meilen überwachen zu können. Und sollte doch einmal ein Piratenteam den Soldaten zu nahe kommen…nun die Stammeskrieger um Tars’fert würden sich dem Problem annehmen.

**

SOULEBDA/ Palast
Im Besprechungsraum saß die von Heylah gegründete Sondergruppe Tetepare. Der gehörten neben Soleab und Veronique, ihr Mann Bernd, Jerome, General Jektjor’far, Dagan und Ma’Difgtma an, da auch die Stammeskrieger eine wichtige Rolle im Angriffsplan spielten.

Dagan berichtete gerade das neuste über den Kurs der „Halife“.

„Die Halife steuert ganz klar eine Insel bei Vanuatu und nicht Neukaledonien an. Ich würde sagen es ist einer der südlichen Inseln Vanuatus.“

„Wo ist Tamar?“ wollte Soleab wissen.

„Tamar ist nach Süden ausgewichen, da er zwischen den Inseln schlecht manövrieren kann. Er hat eine Position westlich der südlichen Vanuatu Inseln eingenommen. Sollte die Halife doch weiter nach Westen in Richtung Neukaledonien fahren, kann er sie von dort am besten abfangen und einholen. Außerdem hat er dort die perfekte Position, sollten wir innerhalb der nächsten Stunden losschlagen.“

„Wie weit sind die Vorbereitungen?“

„Die Vorbereitungen für Tetepare sind so gut wie abgeschlossen. Das eigentliche Problem ist Mota.“

„Wieso?“ wollte Soleab wissen.

General Jektjor’far gab die Frage an Jerome weiter. „Der dichte Bewuchs und die schroffen Hügel vereiteln jedes Luftlandeunternehmen in der Nähe des Lagers. Auch eine unerkannte Annäherung per Schiff ist nicht möglich. Wir können zwar das Radar blenden, doch unsere Schiffe sind nicht unsichtbar. Sobald sich ein Schiff Mota nähert, wissen die Piraten was los ist. Das Gute daran ist, dass sie die Geiseln ab diesem Moment nicht mehr umbringen werden, denn diese sind ihr letzter Schutz gegenüber einem Angriff.“

„Ich verstehe… Vorschläge?“

„Randy ist dabei eine… keine Ahnung was er bastelt, aber er sagt, dass er das Problem in den Griff bekommt. Sein Plan beruht genau auf dem Szenario, dass die Piraten die Geiseln als Schutzschild benutzen.“

„Das hört sich nicht gut an.“ Meinte Jektjor’far.

„Unterschätzen sie Randy nicht.“ Antwortete Bernd, „Wir werden es sehen, in vier Stunden will Randy seine Idee in Julam’da vorstellen.“

„Was konnte das Team in Tetepare feststellen?“ fragte Veronique. „Gibt es Geiseln dort?“

„Nun, unsere Soldaten haben Stellung nördlich des Hafens….“

„Die Krieger auf Tetepare rufen mich!“ unterbrach Ma’Difgtma die Sitzung und alle schwiegen, während Ma’Difgtma ihre Augen schloss.

Mehrere Minuten saß die oberste Kriegerin Soulebdas regungslos auf ihrem Platz, dann öffnete sie die Augen wieder und sah in die Runde.

„Die Krieger auf Tetepare sind sich sicher, dass keine Geiseln auf der Insel sind.“

Bernd konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als Veronique ihn siegessicher ansah und ihre Augen deutlich sprachen, „Jetzt werden wir dieses Packt zum Teufel jagen!“

„Dann schlage ich vor, dass wir uns in vier Stunden in Julam’da zur entscheiden Beratung treffen.“ Beendete Veronique die Besprechung.

Die Anwesenden standen auf um sich nach Julam’da begeben, als Veronique Bernd zu verstehen gab, sitzen zu bleiben.

„Danke, dass du mich vorgestern rechtzeitig gebremst hast.“ Sagte sie zu Bernd, als sie alleine waren.

„Ach Liebes, ich kenne dich eben. Deine Leidenschaft muss manchmal nur in die richtige Richtung geleitet werden.“

„Meine Leidenschaft?“

„Ja, jetzt zum Beispiel…ich weiß genau was du von mir, als Einsatzleiter Tetepare willst.“

„Und was sagt der Einsatzleiter Tetepare dazu?“

„Ich werde darüber nachdenken…“ Er unterbrach als sein Handy brummte. „Randy…“ brummte er und las die Nachricht. „Er fragt ob wir Caro’pe mitbringen können?!“

**

Julam’da/ Airfield
Alle starrten Randy an der zur Antwort ansetzte, die ihn viel Kraft kostete. Für jeden der Anwesenden war deutlich erkennbar, wie sehr Randy mitkämpfte. Schließlich presste er hervor: „Kein System ist vollkommen!“

Nun lag die Entscheidung bei Veronique. Nacheinander sah sie in jedes Gesicht ihrer Freunde und Mitstreiter und alle nickten ihr zu. „Jerome, wie schnell kannst du Mota erreichen?“

„Die Marine hat ihre schnellste Fregatte bereitgestellt, welche mit der zusätzlichen Besatzung und Ausrüstung an Bord vor acht Stunden ausgelaufen ist. Sie erreicht eine Position, fünfzig Meilen vor Mota, außerhalb des Piratenradars, in zwei Stunden. Sobald ich an Bord bin, erreicht sie Mota in weniger als drei Stunden.“

„Ist der zweite Radarstörer bereit?“

„Ja.“ bestätigte Jim. „Wir haben das zweite Gerät in meiner Blechgans installiert und können das Radar sowie jede Kommunikation in Mota blockieren.“

Veronique dachte noch einen Moment nach, dann nickte sie.

„Dann schlagen wir los!“ Sie blickte auf ihre Armbanduhr, „Der Angriff auf Mota beginnt um 04Uhr30, der Angriff auf Tetepare beginnt in achtzehn Stunden, 06Uhr Ortszeit!“

**

Tetepare/ Salomonen
05Uhr30

„Ich hasse es, um diese Zeit schon auf den Beinen zu sein.“ murrte Tao.

„Stell dich nicht so an.“ Tadelte ihn Leon. Sie gingen über die Landebahn des Flugplatzes Tetepares zu ihren Maschinen. „Je eher du mit Mersal gesprochen hast, umso schneller wissen wir, wie es auf Makira weiter geht.“

„Denkst du, das du kannst Kajat dazu bringen kannst, Helena nicht das Kommando über Makira zu geben?“

„Ich werde es zumindest versuchen.“

„Wenn alle Stricke reißen, kannst du Marion erschießen und Kajat selbst morgens einen blasen.“

„Weißt du… noch so ein Spruch und ich leg dich um!“ sagte Leon gefährlich leise.

„Schon gut!“ Lin hob beruhigend die Hände nach oben. „Wir sehen uns morgen Abend.“ Sagte Lin, und stieg in die Cessna die ihn nach Mota bringen sollte, während Leon in den Flieger kletterte der ihn zu Kajat nach Manado fliegen sollte.

**

Über der Südsee
05Uhr47

Einsam zog der Hexenbesen der Theobald seine Kreise über der Südsee.

-Noch neun Minuten- ging es Theresa durch den Kopf, dann würde ihre Ablösung von der Theobald starten… Für die Besatzung der E/2 ging eine lange und ereignislose Nacht zu Ende und alle Besatzungsmitglieder freuten sich auf ein paar Stunden Ruhe, vor dem nächsten Routineflug.

„Weißt du worauf ich mich wirklich freue?“ riss ihre Copilotin Fuller aus den Gedanken.

„Eine richtig heiße Dusche?“

„Ja, aber erst nach…“

„LENKWAFFENSTART!“ rief Harding die Radaroffizierin. „Startpunkt 19°52’03.3″S 168°02’20.9″E! Scheiße!!! Zweite Lenkwaffe startet… jetzt drei!“ Sofort rief die Besatzung des Hexenbesens alle Karten auf.

„Was ist da?“

„Nichts! Freier Ozean, das muss ein U-Boot…“

„Vierte Lenkwaffe startet… jetzt fünf Lenkwaffen! Mögliches Ziel Theobald!“

„Gib Alarm an die Theobald!“

**

USS Theobald
05Uhr49

Die Alarmsirenen dröhnten durch den Träger als Folkers in den Lage-Raum der Theobald kam. „Barris?!“

„Ein unbekanntes U-Boot hat vor zwei Minuten neun…“

„Jetzt Zwölf Lenkwaffen gestartet!“ rief der Mann am Radarpult.

„…Zwölf Lenkwaffen gestartet.“

„Welche Art von Lenkwaffen?“

„Keine ballistischen Raketen, dem Flugverhalten nach, taktische Lenkflugkörper.“

„Ziel?“

„Zieldatenanalyse liegt noch nicht vor.“

„Wir?“

„Nein, ersten Berechnungen nach, eher nicht.“

„Mögliches Ziel?“

„Wenn sich die Flugbahn nicht wesentlich ändert, Philippinen, China oder Zentralrussland!“

„Könnte es ein Test sein?“

„Niemand schießt als Test zwölf Raketen ab! Nicht mal unser Freund in Pjöngjang!“

„Zieldatenanalyse!“ rief der Radaroffizier. „Ziel… äh … Tetepare?!“ er las den Namen der Insel so, als ob er es selbst nicht glauben konnte.

Folkers und Barris wechselten einen verständnislosen Blick und sahen auf die elektronische Karte. „Eine Salomoneninsel?!“ fragte Folkers.

„Überprüfen sie die Daten!“ befahl Barris

„Habe ich schon…“

„Dann prüfen sie es eben nochmal!“ fuhr ihn Barris an.

„NORAD bestätigt Analyse der Zieldaten!“ rief der Offizier am Taktischen Computer. „Ziel Tetepare!“

„Was zum Teufel ist auf Tetepare?“ fragte Folkers Sanders, seinen Sicherheitsoffizier.

„Ich habe nicht die geringste Ahnung, Sir!“ Antwortete Sanders. „Das letzte was ich über Tetepare las, war die Meldung, dass sich dort ein kleines Schmugglerdorf befindet.“

„Achtung ein Flugkörper weicht vom Kurs ab. Wahrscheinliches Ziel… die Radaranlage auf Vangunu!“

**

Hexenbesen
05Uhr53

„Keine Kursabweichung. Ziele bleiben Tetepare und Vangunu! Keine weiteren Lenkwaffen gestartet.“ Fullers Radaroffizierin verfolgte den Kurs der Raketen auf ihrem Display und amtete etwas auf. Um die Theobald doch noch zu treffen, müssten die Raketen einen deutlichen Kurswechsel vornehmen. Dann wurde ihre Aufmerksamkeit auf ihr Bildschirm gelenkt.

„Verdammt! Skipper, zwei zivile Verkehrsmaschinen fliegen genau ins Gefahrengebiet!“ Harding sah auf ihrem Radar zwei Flugzeuge mit einem Kurs, der sie direkt über die Salomonen bringen würde. Eine der Maschinen kam aus Brisbane mit Kurs auf Hawaii und die andere Maschine flog von Soulebda nach Singapur.

„Homebase, haben sie mitgehört?“

„Bestätige.“ Kam die Meldung der Theobald. „Geben sie eine Luftwarnung heraus!“

„Verstanden!“ Fuller gab den Befehl an ihre Copilotin weiter. „Wir geben eine Luftwarnung aus!“

„Ok.“ Jill schaltete das Funkgerät auf den Notrufkanal und rief alle Flugzeuge im Südpazifik.

„An alle Flugzeuge im Südpazifik! Hier ist die USS Theobald! Akute Gefahrenlage! Akute Gefahrenlage! Meiden die die Salomonen! Achtung Flug SAL 239 und Flug SHL 53! Sie fliegen in ein Krisengebiet ein! Ändern sie ihren Kurs! Ich wiederhole! Krisensituation mit akuter Gefährdung für sie über den Salomonen! Umfliegen sie das Gebiet weiträumig!“

„Hier Flug SAL 239. Verstanden Theobald! Vielen Dank! Um welche Gefahrenlage handelt es sich?“

„Das wissen wir noch nicht genau. Nehmen sie einen Ausweichkus oder einen suchen sie einen Ausweichflugplatz.“

„Verstanden Theobald.“

„Flug SHL 53, haben sie die Warnung gehört? Akute Gefahrensituation über den Salomonen, Ändern sie Kurs, wenn möglich, nach Norden!“

„Hier Flug SHL 53.“ Meldete sich die Stimme einer Frau, „wir haben die Warnung gehört. Vielen Dank Theobald.“

Jill hob den Daumen und signalisierte, dass sie die Luftwarnung abgesetzt hatte.

„Radar, was ist mit den Lenkwaffen?“

„Halten weiter auf Tetepare und Vangunu zu, Einschlag in genau… fünf Minuten.“

„Was läuft hier bloß für eine Scheiße?“ fragte Jil.

„Keine Ahnung.“ Antwortete Theresa.

„Skipper!“ rief Harding

„Radar?“

„Die Linienmaschinen! Sie ändern ihren den Kurs nicht!“

„Verdammt! Jill ruf sie nochmal!“

„Flug SAL 239! Flug SHL 53! Ändern sie umgehend ihren Kurs! Akute Gefahrenlage über den Salomonen!“

„Hier Flug SHL 53. Vielen Dank Theobald.“

„Was stimmt mit denen nicht?“ fragte Fuller, die das Gespräch mitgehört hatte.

**

68 Meilen westlich der Salomonen
05Uhr56

Im Cockpit von „Flug SHL 53“ schaltete Veronique in ihrer F/16 auf einen verschlüsselten Kanal. „Condor eins an alle! Formation auflösen! Tanker bleiben unter Bewachung von Harpyie zurück. Condors nehmen Angriffsformation ein… Feindkennung einschalten!“

Alle Flugzeuge, die neben Veronique herflogen, bestätigten den Befehl und lösten ihre enge Formation auf und teilten sich auf.

125 Meilen Südöstlich taten die F/18 von „Flug SAL 233 dasselbe. Der Tanker, welcher jede der Formation begleitete blieb unter Bewachung zweier F/35 zurück und nahm eine Warteposition ein.

**

Hexenbesen
05Uhr56

„Skipper!“ rief Harding. „Gar nicht gut!“

Harding sah wie sich die Echos der Flüge SAL 239 und Flug SHL53 in mehrere einzelne Punkte auflösten. Aus den Zwei Echos wurden vierundzwanzig! Zuerst dachte Harding die Flugzeuge wären in der Luft auseinandergebrochen, doch die einzelnen Punkte nahmen eine exakte Formation ein. Jeweils ein größerer blieb hinter den anderen zurück, dann begannen zwei kleinere Punkte um den größeren herumzufliegen. Die übrigen achtzehn Echos bildeten zwei Ketten mit Kurs auf Tetepare, und wie auf Kommando leuchteten alle Punkte mit Feindkennung tief rot auf!

**

USS Theobald
05Uhr57

„Captain! Massiver Luftangriff auf Tetepare! Achtzehn Feindmaschinen im Anflug auf Tetepare!“

„Barris, was spielt sich hier ab?“ fragte Folkers.

„Ich weiß es nicht, aber zumindest wissen wir jetzt, dass es keine Atomsprengköpfe sind, sonst würde der, wer immer hinter dem Angriff steckt, nicht seine Jagdbomber hinterherschicken.“

„Keyhole ist ausgerichtet!“ rief jemand in der Zentrale und das Satellitenbild erschien auf den Monitoren des Lage-Raumes.

„Hier!“ Barris zeigte auf einen Bildabschnitt. „Was ist das? Zoomen sie das heran!“

Der Techniker vergrößerte das Bild und Kupa Point erschien mit all den Schiffen, Lagerhallen und Gebäuden.

„Das nennen sie ein kleines Schmugglerdorf?“ fragte Folkers Sanders. „Das ist eine verdammte Stadt!“

„Wer schlägt so gegen ein paar Schmuggler zu? Die Chinesen oder die Russen?“ fragte Folkers.

„Ich tippe auf die Chinesen! Das Ganze ist sicher eine Botschaft an uns!“

„Einschlag der Lenkwaffen in einer Minute!“ rief der Mann an der elektronischen Lagekarte.

**

Die Insel Mota
04Uhr18

„Commander n’Antakcket, alle Ziele sind erfasst!“ meldete Kapitän Kefar’ter Jerome, als die Fregatte nur noch 500 Meter vom Strand Motas entfernt war. Jerome stand auf der Brücke der Fregatte Novel’ult, dem neusten Schiff der Marine Soulebdas. Neben der Besatzung waren 50 Soldaten der Palastgarde an Bord, die den Strand und das Lager stürmen sollten sowie zwanzig Notärzte, Chirurgen und dutzende Sanitäter an Bord.

Die Novel’ult, eine in Deutschland gebaute Fregatte der Klasse 124, war vor zwei Stunden in den Erfassungsbereich des Piratenradars eingedrungen, welches auf dem größten Hügel Motas stand und das Mota vor einem Überraschungsangriff schützen sollte. Normalerweise würde das Radar die Piraten lange genug vorwarnen, so dass diese bei Gefahr, die Gefangenen töten und abhauen konnten, doch Jim kreiste mit dem Radarstörer seit zwei Stunden über der Fregatte, nachdem er um 02Uhr20 Kenta’Mariba und Trusg’jerset mit zwanzig Kriegern an der Nordküste Motas abgesetzt hatte.

Auf Mota gab es keine Infrarotgeräte, oder Hundestreifen. Alles auf Mota war darauf ausgelegt die Geiseln im Lager festzuhalten! Kein Pirat rechnete ernsthaft mit einem Angriff aus dem Dschungel heraus.

Das Lager auf Mota hatte man, wohl aus Gründen der Bequemlichkeit, in Sichtweite des Strandes an der Ostküste errichtet. Dort gab es auch eine alte Landebahn aus dem zweiten Weltkrieg, welche die Piraten wiederinstandgesetzt und in Gebrauch genommen hatten. Aufgereiht standen dort, ein Hubschrauber und zwei kleine Propellermaschinen. Zusätzlich hatte man am Strand ein kleines Holz Peer gebaut, an dem drei größere Boote und eine Yacht lagen.

Natürlich war der Abschnitt zwischen Lager und Strand sehr gut bewacht, doch um 04Uhr hatten die Krieger eine halbkreisförmige undurchdringliche Linie gebildet. Die Piraten waren eingeschlossen ohne es zu wissen. Im Osten das Meer, im Westen die Krieger!

**

04Uhr22
Ein erster grauer Streifen zeigte sich im Nordosten und kündigte den neuen Tag an, als Jerome den Kinnriemen seines Helms festzog und nach unten schaute. Im Boot unter ihm saßen die Soldaten der Garde, auf der anderen Seite der Fregatte, warteten die Ärzte und Sanitäter in mehreren Schnellbooten. Diese sollten ablegen, sobald das Lager unter Kontrolle war. Jerome nickte Kapitän Kefar’ter zu und stieg nach unten ins Boot. „Sobald wir am Strand sind, wecken sie die Piraten auf, Kapitän.“

„Kein Problem Commander, die werden schon von alleine aus dem Bett fallen.“ Versicherte ihm Kefar’ter.

Jerome nahm seinen Platz ein und rief dann. „Sender überprüfen!“ Alle Soldaten griffen an ein kleines Gerät an ihrer Uniform und überprüften die die Kontrollleuchte daran. „Anzeige grün!“ rief einer nach dem anderen und hob den Daumen, dann erst gab Jerome dem Bootsführer ein Zeichen und das Boot der Fregatte jagte zum Strand.

**

04Uhr24
20 Meilen östlich von Mota

Die Hercules C130 flog auf Mota zu, als der Pilot sich zu Randy umdrehte. „Unsere Soldaten erreichen den Strand!“

Randy überschlug die Zeit, welche die Piraten zum Reagieren brauchen würden und sagte dann, „Beziehen sie eine Position, von der wir in zwei Minuten das Lager erreichen können.“

„Verstanden!“ Der Pilot drehte nach Westen und begann in Sichtweite Motas zu kreisen, während Randy sein System scharf schaltete und dann die Augen schloss um sich auf seinen „Bruder“ Trusg’jerset zu konzentrieren.

-Lass mich bloß nicht hängen! – hoffte Randy.

-Ich kann dich hören! – Kam es von Trusg’jerset zurück.

-Sorry, Bruder…ich bin nervös, ich weiß nicht…so was hat noch nie jemand versucht…-

-Randy! Wir schaffen das! -…-So oder so
-Das habe ich jetzt gehört!!!-

**

Mota
04Uhr30

„Ziele erfassen…Feuer!“

Als die Novel’ult das Feuer eröffnete schaute Jerome, der mit seinen Soldaten ungestört den Strand erreichte, zur Fregatte, die im Zwielicht des anbrechenden Tages, ein beeindruckendes Bild bot. Das 76/62 Compact Schnellfeuergeschütz schoss als erstes und zerlegte das Radar und die Raketenstellung auf dem Hügel über dem Lager. Innerhalb einer halben Minute spie das Geschütz fünfzig Granaten aus, die das Radar ausschalteten und die Raketen daneben explodieren ließen. Zwei große und weithin sichtbare Explosionen, zeigten deutlich, dass die Garanten ihre Ziele gefunden hatten. Rauchschwaden schwebten über dem Gipfel.

Nur Sekunden später fiel die 27mm Maschinenkanone ein, welche die Flugzeuge und den Hubschrauber zerstörten. Ein heller Strahl tastete sich von einem Flugzeug zum anderen und zerstörte es. Zusätzlich feuerte der RIM-116 RAM Werfer vier Raketen ab, was zur Folge hatte, dass die vier Boote am Steg in Flammen aufgingen und der Holzsteg gleich mit abrannte.

Das alles hatte weniger als eine Minute gedauert, doch das reichte um den Piraten jede Fluchtmöglichkeit zu nehmen.

Das Fauchen und Bellen der Waffen lag noch in der Luft, als die ersten Schreie aus dem Lager kamen.

Jetzt waren garantiert alle Piraten wach.

**

Mersal Suluth sprang aus seinem Bett heraus und sah die Fregatte durch das Fenster und ihm war sofort klar, was hier geschah und er wusste was er zu tun hatte!

Als er aus seiner Hütte rannte prallte er mit seinem Stellvertreter Utara zusammen.

„Wir werden angegriffen!“ schrie dieser.

„Das weiß ich Idiot! Schaff die Geiseln her.“

„Wir sollten die Geiseln umlegen und verschwinden!“

„Und wohin du Idiot?! Die Flugzeuge sind zerstört und die Boote brennen! Die Geiseln sind unser einziges As! Los! Treib sie heraus und lass sie einen Kreis um die Mitte des Lagers bilden! Die werden uns nicht angreifen, solange die Geiseln zwischen uns und ihnen stehen!“

„Soldaten landen am Strand!“ rief einer der Männer gerade, als die ersten Geiseln aus ihren Verschlägen zwischen Strand und Lager getrieben wurden.

„Wie Viele?“

„Nicht viele… aber es sind Soulebdalesen!“

„Verdammt, das haben wir dieser Schlampe Helena und ihren Exzessen zu verdanken! Warum musste sie die Leute verbrennen?! Ich schöre dir, dafür leg ich dieses Scheißweib um! Was tun die Soldaten?“

„Nichts, sie warten am Strand!“

„Siehst du?“ wandte er sich an Utara. „Sie wollen nichts riskieren, jetzt können wir den Spieß umdrehen.“

Mersal überwachte wie Utara und seine Männer die Geiseln einen Kreis bilden ließ, in dessen Mitte Mersal und die Piraten waren. Zum Strand hin, standen die Geiseln dichter als zum Dschungel, wo Trusg’jerset im „Schatten“ stand. Nur dreißig Meter entfernt konnte er genau sehen, wie die Piraten die Geiseln zusammentrieben und sich hinter diesen verschanzten.

„Wieso stehen die nur am Strand rum?“ fragte Utara. Mittlerweile hatte sich die erste Aufregung etwas gelegt und leichte Zuversicht machte sich breit. Immerhin waren sie, die Piraten, zweiundsiebzig schwer bewaffnete Kämpfer, während dort unten an Strand gerade einmal fünfzig Soldaten standen, wenn auch mit einer beeindruckenden Fregatte hinter sich. Doch vom Schiff aus, konnten die Soulebdalesen das Lager nicht angreifen, ohne die Geiseln zu massakrieren.

„Was denkst du?“ wollte Utara wissen.

„Das wir schon gewonnen haben. Hätten sie das Lager gleich erstürmt, hätten sie uns vielleicht überrumpeln können.“

„Ich weiß nicht, über die Soulebdalesen gibt’s viele Gerüchte. Sie sollen sich unsichtbar machen können…“

„Rede keinen Scheiß!“ fuhr ihn Mersal an. „Das sind alles Märchen. Die Soulebdalesen kochen auch nur mit Wasser. Wir verhandeln und die werden uns geben was wir wollen.“

„Und was wollen wir?“

„Ein paar Transportflugzeuge.“

„Die geben sie uns! Warum auch nicht, die können sie leicht auf dem Radar verfolgen und sobald wir landen haben sie uns am Arsch.“

„Schwachkopf! Wenn wir erst einmal über dem Meer sind, werfen wir die Geiseln raus, übernehmen die Flieger und hauen unter dem Radar ab.“

„Das hört sich gut an, aber was macht dich so sicher, dass sie auf unsere Forderungen eingehen?“

„Die Soulebdalesen wollen doch immer die guten sein, glaub mir, wenn wir erst einmal vier, fünf Geiseln erschießen, wissen sie das wir es ernst meinen und einknicken.“

**

Jerome trat ein paar Schritte vor und wartete. Knappe fünfzig Meter vor ihm stand eine dichte Reihe Menschen, in deren Gesicherten deutlich Angst zu lesen war.

Er widerstand dem Drang sich umzudrehen und zu fragen, ob alle den Plan kannten, denn die Soldaten hinter ihm wussten genau, was sie zu tun hatten.

„Da passiert etwas.“ Stellte Major Hutlar’fer fest. „Ich wette die wollen verhandeln.“

„Verhandeln? Nein, die wollen uns erpressen!“

„Naja“, zum hundertsten Mal schaute der Major auf das grüne Licht an seiner Uniform, „Das ist ja Teil des Plans.“

**

„Du redest mit ihnen!“ befahl Mersal Utara.

„Wieso ich? geh doch selber!“

Ungehorsam, war das letzte was Mersal in dieser Situation gebrauchen konnte also spitzte Utaras Hirn aus seinem Schädel und viele Geiseln schrien voller Panik auf, als der Schuss aufknallte und auch am Stand zuckten alle zusammen, doch keine weiteren Schüsse fielen.

„Noch jemand hier, der meine Anweisungen in Frage stellt?“ wollte Mersal laut wissen.

Niemand meldete sich, bis schließlich ein Mann vortrat. „Ich mach das!“ Ginto, ein philippinischer Pirat, der kaum 1,6 Meter groß war und der mit zwei großen Pistolen im Gürtel beinahe komisch aussah, trat selbstbewusst vor Mersal. Pinto war wegen seiner Größe immer Ziel derber Späße gewesen und sah nun seine Chance kommen, sich, Mersal und besonders den anderen zu beweisen, was für ein harter Kerl er war.

„Gut! Sag ihnen sie haben fünf Minuten Zeit zum Schiff zurückzukehren und dass sie uns drei Transportmaschinen schicken müssen. Nach fünf Minuten knallen wir die ersten zwei Geiseln ab, dann alle fünf Minuten die nächsten, bis sie von der Insel sind! Wenn sie an Bord sind, will ich die Bestätigung, dass die Flugzeuge unterwegs sind, oder wir legen alle 30 Minuten eine Geisel um. Hast du das verstanden?“

„Geht Klar, Chef!“ Ginto zeigte auf zwei Frauen unter den Geiseln und winkte dann zwei Piraten, diese Geiseln nach vorne zu treiben.

Etwa zehn Meter vor den anderen stießen die Piraten die Frauen zu Boden und nahmen hinter ihnen Aufstellung, mit ihren Gewehren im Anschlag.

**

„Was ist das denn für eine Witzfigur?“ fragte Hutlar’fer, als Ginto auf sie zukam.

„Wahrscheinlich ihr Unterhändler.“

Der Major lachte trocken auf und grinste Jerome an. „Unterhändler… der war gut. Der gehört ihnen Commander.“

„Kein Problem. Macht euch bereit, wenn es losgeht, müssen wir so schnell rennen, wie Mualebda fliegt.“

„Ich hoffe dieser kleine Nerd weiß was er tut.“ Der Major drehte sich um und ging ein paar Schritte zurück um seien Kommandos zu geben.

**

Trusg’jerset sah wie die beiden Frauen nach vorne getrieben wurden, die Piraten sich hinter sie stellten und konzertierte sich.

**

10 Meilen östlich von Mota
-Randy! Es ist so weit! – Beinahe wäre Randy von seinem Sitz aufgesprungen, hätten ihn die Gurte nicht festgehalten.

„Es geht los!“ rief Randy zu der Flugzeugcrew. „Über das Lager!“

„Verstanden!“ bestätigte der Pilot der C130 „Kurs liegt an, Eintreffen in…120 Sekunden!“

„Alle Waffen überprüft, geladen und entsichert!“ teilte der Copilot mit.

„Zielgerät ein, Zielerfassung beginnt!“

**

Obwohl Ginto zwei Köpfe kleiner als Jerome war, blieb er mit einem selbstsicheren Grinsen vor diesem stehen.

„Hallo Dickerchen, hast du einen Namen?“

„Mein Name ist Commander Jerome n’Antakcket.“ Antwortete Jerome ohne sich eine Gefühlsregung anmerken zu lassen. „Ich mache es kurz! Ihr lasst die Geisel einfach stehen und haut in den Dschungel ab. Wir übernehmen die Geiseln und verschwinden. Dann geschieht keinem etwas!“

„Commander…Attacke? Ach was, ich bleibe bei Dickerchen, dass passt auch zu dir. Ich denke nicht, dass wir einfach weggehen. Um ehrlich zu sein, mir gefällt’s hier und ich überlege ernsthaft für immer hier zu bleiben.“

Jerome gab keine Antwort und starrte über Ginto hinweg zum Lager. Der fühlte sich nicht ernstgenommen und legte nach. „Was soll das? Leidest du unter Realitätsverlust, Dickerchen? Wir sind mehr als doppelt so viele wie ihr und dein tolles Boot da drüben nutzt dir gar nichts! Wir haben die Geiseln und wir werden nicht zögern die eine nach der anderen umzulegen. Also, du und der traurige Haufen hinter dir, verschwindet jetzt! Und dann schickt ihr uns Flugzeuge, mit denen wir und die Geiseln abhauen können!“

Als Jerome ihn immer noch keines Blickes würdigte und weiter schwieg, schäumte Ginto vor Wut.

„Also gut Dickerchen! Du willst es so! Ich werde dir zeigen, dass ich es ernst meine!“ Ginto drehte sich zum Lager zu und zeigte auf die zwei Frauen. „Sieh gut zu Dickerchen, die zwei hast du auf dem Ge…“ der Rest ging im Brummen der C130 unter, die direkt über sie hinwegflog. Hätte Ginto auf die Soldaten hinter Jerome geachtet, wäre er vorgewarnt gewesen, doch genau wie alle anderen schaute Ginto nach oben und sah einen Feuerschweif welcher von der Hercules nach unten raste und die Piraten hinter den Frauen buchstäblich zersägte. Dann, nur Sekundenbruchteile später, feuerten sechs Maschinenkanonen mitten in die Menge!

Gleichzeitig rannten die Soldaten schreiend so schnell sie konnten an ihm vorbei, nach vorne in das Lager und mitten in das Caos hinein.

Als Ginto sich wieder zu Jerome umdrehte, packte der ihn an der Kehle, hob ihn mühelos mit nur einer Hand hoch und drückte ihm die Luft ab.

Ginto zappelte heftig als Jerome ihm die Luft abdrückte und versuchte verzweifelt den stählernen Griff um seine Kehle zu lösen. „Das Dickerchen hat eine gute Nachricht für dich! Du wirst für immer hierbleiben!“ Jerome zerquetschte Gintos Kehle, ließ ihn fallen und rannte seinen Soldaten nach.

**

Tetepare
05Uhr 58

„Was soll der Scheiß!“ fluchte einer von Kajats Mitarbeitern. Er bearbeitete die Warenlieferungen, Bestellungen und Warenverteilung auf die einzelnen Schiffe, als mitten in der Datenübertragung, die Verbindung nach Manado abriss. „Mann! Sogar in Dschungel von Afrika, gibt’s besseres Internet als hier!“ Wütend griff er zum Telefon und rief bei der Technik an. „Das Internet ist schon wieder ausgefallen! Kümmert euch darum!“

Der Techniker überprüfte die Leitungen und kam zum Entschluss, dass wahrscheinlich die Satellitenschüssel beim letzten Sturm etwas verschoben war. Mit einem Signalfinder bewaffnet bestieg der Techniker das Dach und ging in Richtung Satellitenschüssel, als ihm ein blitzender Punkt am Himmel auffiel. Er schaute nach oben und sah eine zweimotorige Maschine über Tetepare und bevor er darüber nachdenken konnte, sah er ein seltsames Objekt genau auf sich zufliegen…

**

USS Theobald
05Uhr59

Auf dem Bild des Keyhole-Satelliten sah Folkers eine einsame Gestalt auf dem Dach eines Gebäudes.
–Du hast keine Ahnung was gleich geschieht- dachte sich Folkers.

Obwohl Folkers und die anderen wussten, dass die Marschflugkörper einschlagen würden, zuckten alle zusammen, als der erste Sprengkopf in Tetepare explodierte.

**

Über Tetepare
06Uhr00

Bernd überflog den Hafen und sah die Marschflugkörper auf Tetepare zuhalten. Kurz zuvor hatte ein Marschflugkörper seine Zusatztriebwerke gezündet und war nach Vangunu geflogen, wo er das dort stationierte Radar, nebst den in Stellung gebrachten Raketen in einem großen Feuerball verglühen ließ.

Nun schlug eine Popeye Turbo Rakete, nach der anderen in Kupa Point ein, welche Tamar vom Todesschatten aus abgeschossen hatte und die den ganzen Hafen sowie die dazugehörigen Lagerhallen zerstörten.

„Ok, ich zähle elf Einschläge, plus das Radar in Vangunu, das macht zwölf.“ Sagte Esrom. „Ich bestätige Tamar, dass alle Popeyes ins Ziel kamen.

„Geht klar“, brummte Bernd und sah unter sich das Caos, doch Mitleid hatte er mit den Piraten keines, er musste nur an die Bilder der Ambrym-Drohne denken! Dann leuchteten auf dem Display des Bordcomputers mehrere grüne Punkte auf. Sergeant Jorhu’Lar hatte die Laserzielgeräte eingeschaltet und markierte die noch unzerstörten Gebäude. Schnell hatte Esorm sein Tablet zur Hand, übernahm die markierten Ziele und wählte dann Jagdbomber sowie Waffen aus, die er dem Ziel zuordnete. „Es kann losgehen.“ Meinte er und hob den Daumen.

„Condor drei an Condor Staffel! Zielmarkierung aktiviert! Angriff einzeln, in Reihenfolge!“

„Condors haben verstanden:“ meldete sich Veronique. „Condor eins beginnt mit Anflug!“

Die Soulebdalesischen F/16 und F/18 Kampfflugzeuge hatten sich von Osten und Süden genähert und bildeten nun einem Kreis mit einem Durchmesser von zehn Meilen um Tetepare, das mit den vielen aufsteigenden Rauchwolken nicht zu verfehlen war. Veronique brach als erste aus dem Kreis aus und flog auf den Hafen zu.

„Alle Waffen scharf!“ meldete sie sich und begann ihren Anflug.

„Condor eins…Waffen frei!“

Per Knopfdruck warf Veronique vier ihrer acht modifizierten Mark 82 Bomben ab und drehte über das Meer ab, um sich wieder in das tödliche Karussell einzugliedern.

Die vier lasergesteuerten Bomben trafen auf den cm genau ihre markierten Ziele und kaum waren sie explodiert, schlugen auch schon die Bomben der folgenden Maschine ein.

Zwei Mal flog jeder Jagdbomber Tetepare an und warf seine Lenkbomben in das sich immer vergrößernde Caos hinein. Mittlerweile brannte die Stadt an allen Enden und kein Gebäude war unbeschädigt. Lagerhallen in denen Waffen und Munition gelagert waren, wurden in ihre Atome zerlegt, andere Hallen stürzten ein und Gebäude, wie Kajats Verwaltungssitz brannten lichterloh, als die letzte Bombe gefallen war.

„Ruf Jorhu’Lar und sag ihm, er soll mit seinem Team zu südlichen Ende der Landebahn kommen, wir holen ihn gleich ab.“

„Mach ich… LINKS WEG!“

Bernd riss die Condor nach links und sah eine Rauchspur weniger als einhundert Meter am ihnen vorbeifliegen. „Wo kommt die denn her?“

„DA!“ Esrom zeigte nach unten zur Landebahn, wo ein paar Piraten schon die nächste schultergestützte Flugabwehrrakete bereit machten.

„Kümmere dich mal darum!“

„Schon dabei.“ Esrom schaltete die Chain-Gun scharf und jagte eine Save 20mm Geschosse in die Gruppe. Die Rakete explodierte auf der Schulter des Piraten und zerriss alle Umstehenden Piraten.

„Achtung Condors“, rief Bernd die anderen Flugzeuge, „Die Piraten da unten haben noch nicht genug!“

„Verstanden!“ antwortete Veronique. „Condors, Paarweise Angriff mit Bordwaffen.“

Sie drehte ab und flog mit Condor vier den ersten Angriff. Inmitten der Stadt sah sie, wie ein paar Piraten die ein Maschinengewehr in Stellung brachten und nach oben in den Himmel schossen. Veronique visierte die Gruppe an und feuerte mit der Bordkanone hinein. Nachdem sie über dem Hafen abdrehte, erkannt sie, wie eines der Schiffe um Kupa Point Fahrt aufnahm.

„Da wollen ein paar abhauen! Condor neun und zehn, die Schiffe angreifen!“

Als die Condors bestätigten, stieß Esrom Bernd an. „Wenn wir die Schiffe hier versenken, gibt’s eine gewaltige Umweltkatastrophe!“

„Du hast Recht! Achtung Condors! Die Schiffe nicht versenken, nur auf die Aufbauten feuern!“

„Verstanden! Condor neun beginnt Anflug!“

Die Besatzungsmitglieder auf dem auslaufenden Schiff sahen zwei F/16 auf sich zu fliegen, dann tat sich die Hölle auf. Die Urankerngeschosse durchschlugen die Aufbauten, als ob diese aus Papier wären und verwandelten sich in Plasma, was keiner auf der Brücke überlebte.

Nach sechs Anflügen trieben die Schiffe fahrtenlos, aber intakt um Kupa Point.

Bernd rief seien Frau „Condor eins, wir gehen runter und holen das Bodenteam ab.“

„Verstanden, Condor eins und sechs geben Deckung.“

Bernd drehte eine kurze Schleife und landete, während Veronique mit ihrer Bordkanone auf den Tower und die Gebäude um die Landebahn feuerte. In der Zwischenzeit brachte Bernd die Condor zum Südende der Landebahn. Als die Maschine aufsetzte und über die Landebahn rollte, sah Esrom zwei noch nicht zerstörte Flugzeuge, die er sofort unter Beschuss nahm. Die Flugzeuge fingen sofort Feuer und einige der Piraten, welche mit damit abhauen wollten verbrannten mit den Maschinen.

Am Südende warteten schon Jorhu’Lar und Tars’fert mit ihrem Team. Ohne weitere Zwischenfälle stiegen die Soldaten und Krieger ein und Bernd hob wieder ab.

Als er wieder in der Luft war warf Bernd noch einen letzten Blick nach unten. „Condors, das war gute Arbeit, Abflug zu den Tankern.“

**

Julam’da Airfield
18 Stunden zuvor

„Jetzt bin ich aber gespannt!“ raunte Veronique ihrem Mann zu, als sich der Hangar öffnete, in dem sich Randy mit der Crew der C130 die letzten Stunden eingeschlossen hatte.

Der Pilot ließ die Hercules herausrollen und stellte sie dann vor dem Hangar ab.

„Ohhhhh RANDY!!!“ Bernd wollte seinen Augen nicht trauen. Randy und die Crew hatten sechs Maschinenkanonen, drei an jeder Seite, an der Unterseite der Hercules befestig.

„Verdammt Kaufmann! Sie haben das Ding in ein Gun-Ship verwandelt. Das hätten sie auch einfacher haben können!“ meinte General Jektjor’far.

Doch Bernd bemerkte das Tankkillerzielgerät an der Unterseite der Hercules. „Randy?“

„Ganz einfach!“ sagte Randy und stellte sich vor die Maschine. „Die Piraten werden die Geiseln als Schutzschild nutzen. Wir fliegen über sie und schalten die Piraten aus der Luft aus.“
„Ich will nicht an deinem Genie zweifeln“, meinte Bernd, „aber wenn wir mit sechs Kanonen in das Lager feuern, töten wir mehr Geiseln als Piraten.“

„Deswegen brauche ich das Zielgerät!“ erklärte Randy. „Also, was unterscheidet einen Piraten von einer Geisel?“

Für eine Sekunde hatte niemand eine Antwort, dann sagte Jerome, „Die Waffe!“

„Richtig!“ lobte Randy und wandte sich an Bernd.

„Geh vor der Maschine vorbei!“ Bernd sah sich um, zuckte mit der Schulter und ging vor der Maschine vorbei und nichts geschah, also drehte er sich um, und kam zurück.

„Gut!“ sagte Randy und drückte ihm ein Sturmgewehr in die Hand. „Jetzt nochmal!“

Bernd ging erneut an der Hercules vorbei, doch kaum betrat er den Erfassungsbereich des Zielgerätes, richteten sich die Läufe der Kanonen auf ihn.

„Jetzt mit einer Pistole!“

Das Ganze wiederholte sich, sobald Bernd in den Erfassungsbereich kam.

„Jetzt nimm eine Waffe und das da.“ Das da, war eine kleine Box, an der ein grünes Licht leuchtete. Diesmal bewegte sich nichts. „Das ist ein Sender, den unsere Soldaten tragen werden. Er signalisiert dem Computer, dass der Träger als Ziel ausscheidet.“

Auch als nun sechs Soldaten gleichzeitig vor die Hercules traten, richteten sich die Läufe nicht auf eine Person, sondern je ein Lauf auf alle sechs gleichzeitig. Das Zielgerät erkannte auch sofort, wenn eine der sechs Personen nicht bewaffnet war, oder zwar eine Waffe, aber auch einen Sender bei sich trug und schloss diese als Ziel aus.

„Was geschieht, wenn ein Pirat und eine Geisel dicht beieinanderstehen?“ wollte Veronique wissen.

„Das Gerät erkennt zwei Personen und wird nicht schießen, außer beide sind bewaffnet.“

Auch das Szenario demonstrierte Randy mit zwei Soldaten vor der Maschine.

„Wie weit muss der Pirat von Geisel wegstehen?“

„Zwei Meter.“

„Das ist ziemlich nahe. Raunte Veronique.

„Nun zu dir, kleine tapfere Lady“, Randy ging vor Caro’pe in die Hocke und nickte ihr anerkennend zu, „ich hörte, dass du im Palast tapfer gegen einen riesigen Palmendieb gekämpft hast.“

„Ach halb so wild“ tat Caro’pe das Abenteuer mit einer Handbewegung ab, „der war nur sooo groß.“ Sie hob die Arme auseinander und zeigte die tatsächliche Größe des Palmdiebes an.

„Kannst du mal vor dem Flugzeug vorbeilaufen?“

„Klar!“ ohne ihre Eltern um Erlaubnis zu fragen rannte Caro’pe vor der Hercules auf und ab, bis Randy sie wieder zu sich rief. Dann gab er ihr eine ungeladene Waffe und schickte sie erneut vor das Flugzeug. Veronique versteifte sich, doch nichts geschah! Kein Lauf bewegte sich!

„Ich habe die Durchschnittsgrößen aller Menschen im Südpazifik und den angrenzenden Gebieten genommen und dann das Gerät auf eine Mindesthöhe von 1,40 Meter eingestellt. Alles was kleiner ist, wird nicht als Ziel erkannt, bewaffnet oder nicht.“

„Kaufmann, das ist völlig irre!“ schüttelte Jektjor’far den Kopf. „Sobald sie das Feuer eröffnen, werden die Piraten zurückschießen und das ohne Rücksicht auf die Geiseln!“

„In ihrem Lagebericht steht, dass ca. achtzig Piraten auf Mota sind.“

„Korrekt!“

„Die Beste Art sich gegen einen Angriff zu verteidigen wird die sein, eine feste Verteidigungsstellung einzunehmen die Geiseln im Kreis davor zu stellen.“

„Das ist wahrscheinlich.“

„Was glauben sie, wie lange sechs computergesteuerte Kanonen brauchen, um achtzig Ziele auszuschalten, die sich nicht, oder nur wenig bewegen?“

„Aber was ist, wenn sich eine Geisel im Caos eine Waffe greift?“ fragte Bernd, der den Schwachpunkt in Randys System erkannt hatte.

Randy kämpfte lange mit sich und presste dann ein, „Kein System ist vollkommen“ hervor. Dann sah er zu Jerome „Jerome… ihr müsst unbedingt verhindern, dass das geschieht!“

**

Die Insel Mota
Das Caos nahm seinen Lauf!

Major Hutlar’fer und die Soldaten rannten so schnell sie konnten auf das Lager zu und brüllten die Geiseln in allen Sprachen an, sich auf den Boden zu werfen.

Den meisten musste man das nicht erst sagen und sie ließen sich fallen als die ersten Schüsse fielen, doch einige rannten in Panik los, doch zum Glück rannten diese nicht in die Mitte des Lagers, sondern zum Strand, oder in Richtung Dschungel. Wer den Soldaten entgegenkam wurde mit wenig Feingefühl zu Boden geworfen, doch noch lebten einige Piraten und begannen wild um sich zu schießen. Sie hatten überlebt, weil sie nahe an den Geiseln standen, oder einfach nur Glück hatten. Doch für eine wirkungsvolle Gegenwehr war es zu spät, die Soldaten waren schon zu nahe und ein wilder Nahkampf entbrannte. In dem entbrannten Kampf hatten die Piraten keine Chance gegen die Soldaten der Garde.

Etwa zwanzig Geiseln rannten in den Dschungel und wurden von zehn Piraten so dicht verfolgt, dass Randys System nicht das Feuer auf sie eröffnete, doch das war auch nicht nötig, denn hinter der Baumgrenze warteten die Stammeskrieger!

Kaum waren die Piraten im Dschungel, begann die Jagd der Krieger. Ein paar Schreie erklangen noch, dann wurde es gespenstisch ruhig im Dschungel.

Am Lagerrand sah Jerome, wie ein Pirat eine Frau griff und vor sich hielt, doch plötzlich drehte sich die Frau beherzt um, stieß dem Pirat einen Finger ins Auge und trat ihm gleichzeitig in die Eier. Als er zurücktaumelte, versuchte sie ihm die Pistole zu entreißen.

„NEIN!“ rief Jerome und spurtete los. Nun zeigte Jerome, dass er ein Schattenkrieger war! In unglaublicher Geschwindigkeit rannte er los, sprang die Frau an, riss sie mit der Waffe zu Boden und brachte seinen Sender im letzten Sekundenbruchteil in ihre Nähe, so dass sich der computergesteuerte Lauf ein anders Ziel suchte. Jerome war schon wieder auf den Beinen, nahm der Frau die Pistole ab und warf sie dem Piraten zu.

„Hier fang auf!“ Rief er dem Piraten zu und die Frau unter Jerome schrie auf, „Jetzt sterben wir beide!“

Der Pirat schaute ungläubig und fing die Pistole tatsächlich, was die letzte Bewegung in seinem Leben war, denn diesmal feuerte das System und traf den Piraten.

**

Mersal war nicht Chef, weil er nur brutal war und Befehle ausüben konnte. Mersal hatte die Situation schneller als alle anderen erkannt. Er warf sein Gewehr weg, zog seine Pistole und schnappte sich eine Frau mit langen Haaren. Die packte er und zog sie an den Haaren hinter sich her zum Dschungel hin. Durch den geringen Abstand wurde er als Ziel zwar erfasst, aber nicht beschossen. Sich immer wieder umblickend rannte er durch den Dschungel als er plötzlich gegen ein Hindernis prallte.

Er fuhr herum und sah Kenta’Mariba vor sich stehen.

-Wo kommt der denn so plötzlich her? – das war auch der letzte Gedanke des Piraten, dann hob Kenta’Mariba die immer noch schreiende Frau auf seine Schulter und trug sie zurück.

**

Noch immer fielen Schüsse im Lager, als die zweite Welle, in Form der Ärzte das Lager erreichte. Die waren, Befehl hin oder her, losgefahren noch bevor Randy das Randy das Feuer eröffnete.

„Sollten sie nicht warten, bis wir das Lager unter Kontrolle haben?“ wollte Jerome von einem der Ärzte wissen.

„Kontrolle ist eine Sache der Definition.“ Antwortete der und kümmerte sich schon um den ersten Verletzten.

Jerome schaute voller Achtung auf den Mann und seine Kollegen, die hier halfen, obwohl noch vereinzelt geschossen wurde.

**

Über Mota
Die Kanonen unter ihm schwiegen nun und Randy konnte aus dem Flugzeug heraus erkennen wie die Garde das Lager stürmte, konnte allerdings nicht feststellen, ob sich die Geiseln um das Lager sich nur zu Boden warfen, oder, ob das Schlimmste eingetreten war.

Die nächsten Minuten waren die längsten in seinem bisherigen Leben.

– Trusg’jerset! – rief er zum tausendsten Mal.

-Ich bin da.-

-Wie schlimm ist es? Wie viele Tote? –

-Tote? Hier liegt eine ganze Menge Tote herum! –

-Verdammt! Du weiß genau was ich meine! Wie viele tote Geiseln?!-

-Warte ich muss zählen… … … keine.-

Randy fing an zu heulen und schlug die Hände vors Gesicht. -Du… du blöder Arsch! Ich liebe dich! –

-Danke – Das sag ich Dana! Und…Ich liebe dich auch, Alter
**

Es geht zu ende
„Scheiße was ist das?“ fragte Lin und zeigte nach vorne, wo Rauchschwaden aufsteigen. Er war mit seinem Flugzeug im Anflug auf Mota als er die Feuer bemerkte. Da er sich dem Lager von Westen her näherte, sah er die Fregatte nicht, die vor dem Lager geankert hatte.

„Zieh hoch!“ Befahl er dem Piloten und der brach den Ladeanflug ab und überflog das Lager. Unter sich sah Lin, wie Soldaten durch das Lager liefen und die Geiseln zum Strand brachten wo sie in Booten zu einem Kriegsschiff gebracht wurden. Und noch etwas erkannte Lin… die Flagge am Mast der Fregatte, es war die Flagge Soulebdas.

„Verdammt! Soulebda. Lass uns bloß abhauen!“

Während der Pilot abdrehte griff Lin das Funkgerät und rief Baldwerde.

„Leon! Kannst du mich hören?“

„Was ist?“ kam Leons Antwort.

„Wir sind auf Mota!“

„Hast du mit Mersal geredet?“

„Verdammt Mersal ist tot! Alles sind tot!“

„Was?! Was ist passiert?“

„Vor dem Lager liegt ein soulebdalesisches Kriegsschiff!“

Am anderen Ende der Leitung gefror Leons Blut. Das hatte ihm noch gefehlt, ein Rückschlag im Kampf gegen Helena. Die würde nicht zögen Kajat dazu zu bringen, ihm die Schuld für die Katastrohe zu geben. „Was ist mit den Geiseln?“

„Die werden gerade auf das Schiff gebracht!“

„Verstanden! Ich gebe Kajat Bescheid. Sieh zu, dass du abhaust!“

„Bin schon dabei, ich fliege nach Tetepare zurück.“

**

Auf der Brücke der Novel’ult
„Was ist mit den Geiseln?“ Kam es aus dem Funkgerät.

„Die werden gerade auf das Schiff gebracht!“

„Verstanden! Ich gebe Kajat Bescheid. Sieh zu, dass du abhaust!“

„Bin schon dabei, ich fliege nach Tetepare zurück.“

Kapitän Kefar’ter hörte den Funk zwischen Lin und Baldwerde mit und nickte seinem AO zu. „Mehr Beweise brauche ich nicht! Feuererlaubnis erteilt! Holen sie den Mistkerl aus der Luft!“

Mit dem größten Vergnügen!“ brummte der AO und eine Sekunde später, zischte eine RIM-116 Rakete aus dem Starter, traf dessen Flieger und Lin Pin Tao verglühte über dem Dschungel Motas.

**

Ganz so optimistisch wie Trusg’jerset sahen die Ärzte die Situation nicht. Einige Geiseln hatte es schlimm erwischt. Sie wurden von Kugeln getroffen, als sie losrannten, doch die meisten Verletzungen waren eher leicht.

Durch Jeromes Voraussicht, genug Ärzte nach Mota mitzunehmen, zahlte sich aus und die kritischen Fälle konnten schnell und professionell behandelt werden. Vier sehr Schwerverletzte befanden sich im Kritischen Zustand und wurden mit dem Bordhubschrauber der Novel’ult sofort auf die Nachbarinsel Honorat, auf den Salomonen geflogen. Über Funk hatte man die Hubschrauber bereits angekündigt.

Unterwegs kämpfte ein Ärzteteam um jedes einzelne Leben und das erhoffte Wunder trat ein, keine der Geiseln war bei der Befreiung ums Leben gekommen.

Die Verletzten aus dem Unfallkrankenhaus auf Honorat wurden, nachdem sie transportfähig waren, umgehend nach Soulebda verlegt.

**

Soulebda/ Palast
05Uhr25

Heylah saß in ihrem Arbeitszimmer und nur Ma’Difgtma war bei ihr. Auch Heylah starb tausend Tode bis sie Ma‘Difgtma am Arm packte. „Jerome!“ sie schloss kurz die Augen und murmelte etwas Unverständliches, bevor sie Heylah ansah.

„Die Geiseln in Mota sind frei! Unter den Geiseln gab es keine Toten, nur Verletzte.“

„Und unsere Soldaten?“

„Keine Verluste, nur drei Verletzte, nichts Kritisches.“

„Mualebda sei Dank.“ Heylah sprang auf und umarmte Ma’Difgtma. „Und auch deinem Sohn Jerome sei Dank.“

„Ach, der macht nur seinen Job, Regentin. Jetzt tu du deinen Job!“

„Das werde ich!“ sie trat an das Telefon und rief Hafa’ler.

„An den Einsatzleiter Tetepare! Einsatzbefehl erteilt! Und das Kamerateam soll zu mir kommen!“

**

USS Theobald
06Uhr14

Auf dem Monitor sahen Folkers und Barris wie ein Flugzeug nach dem anderen über Kupa Point flog und den Hafen, die Lagerhallen und die Schiffe angriffen. Schließlich war Kupa Point nur noch ein rauchender Trümmerhaufen.

„Admiral.“ Jemand hielt Folkers ein Telefon hin, „Admirals Heykes!“

„Folkers! Was zum Teufel geht auf den Salomonen vor sich?!“ polterte Heykes los.

„Sir, um 06hundert haben unbekannte Flugzeuge Kupa Point auf Tetepare angegriffen, nachdem ein U-Boot ein Schmugglerdorf mit zwölf Lenkwaffen beschossen hat.“

„Ein Dorf? Das ist, nein das WAR eine ganze Stadt! Wer war das?“

„Wir gehen davon aus, dass es die Chinesen waren, auch um uns zu zeigen…“

„Admiral!“ Unterbrach Sanders ihn. „Das sollten sie sich ansehen!“

Sanders zeigte auf einen Bildschirm, auf dem Heylahs Bild erschien und schaltete das Telefon des Admirals dazu. „Diese Nachricht wird seit dem Angriff in Schleife ausgestrahlt.“

„Ruhe!“ rief Barris und sah auf den Monitor. Folkers, der Heylah schon getroffen hatte und als warmherzige und offene Person kannte, sah in ein Gesicht, in dem sich kalte Entschlossenheit zeigte.

„Ich bin Heylah ai Youhaahb, die Regentin Soulebdas!
Diese Nachricht ist an die Piraten gerichtet, die vor wenigen Tagen vierundachtzig unschuldige Menschen ermordet haben!
Mit dieser Tat habt Ihr den Zorn Mualebdas auf Euch gezogen und ich, als Regentin, überbringe Euch nun die Antwort Soulebdas!
Schaut nach Tetepare! Und schaut nach Mota!
Wisset! Wo immer Ihr euch auch verkriecht, der Zorn Soulebdas wird über Euch kommen!“

Dann wiederholte sich die Botschaft.

„Folkers! Haben sie das gesehen?“, wollte Heykes wissen.

„Ja Sir. Wir streichen die Chinesen gerade von der Liste der Verdächtigen.“

„Ich will einen genauen Bericht und ich will ihn GESTERN!“

„Ja Sir.“ Am anderen Ende legte Heykes auf und Folkers stieß hörbar einen Schwall Luft aus.

„Sanders!“

„Ja Sir?“

„Finden sie heraus was es mit den Morden auf sich hat, die Heylah ai Youhaahb da anspricht und ich will wissen was auf Mota passiert ist! Ich will Berichte, Aufzeichnungen und Analysen! Außerdem sollen sich die Aufklärer die Insel Tetepare ansehen, oder besser, das, was davon noch übrig ist.“

„Sofort Sir!“

Als Sanders unterwegs war, schaute Folkers auf das Standbild, das Heylah zeigte. „So habe ich Soulebdas Regentin noch nie erlebt.“

„Tja, wenn sie einen Rat von mir wollen Sir, wenn sie Heylah das nächste Mal treffen, machen sie keine Witze über Mualebda.“

„Das war nicht witzig! Barris!“

Barris schaffte es tatsächlich zu grinsen.

„Eines muss man der Frau lassen.“ Meinte er und zeigte auf den Bildschirm, auf dem Tetepare brannte. „Sie macht keine halben Sachen.“

**

Stechers Büro
Das Telefon klingelte Sturm und Theobald, der Stecher, Vogel griff zum Hörer. Eine aufgeregte Stimme ratterte los und der Stecher rief ihn zur Raison. „Halt, Stopp! Ich schalte auf Lautsprecher – jetzt tief Luft holen und nochmal!“

Der aufgeregte Informant des Stechers erzählte von den Angriffen, die ohne Vorwarnung kamen und den Luftangriffen. Wie alle Gebäude mit der wertvollen Piratenware in Rauch aufgingen und von der Abschlachtung der Piraten durch irgendeine neue Technik.

Er berichtete von 30-40 Bombern die angegriffen hatten und einer Armada an Angreifern, die alles und jeden auf der Pirateninsel abschlachteten.

Genauso blumig berichtete er von der Befreiung der Geiseln und dass die „Geisterflieger“, wie er sie nannte, keine Geiseln beschossen hatten, sondern nur die Piraten trafen.

Endlich war er am Ende seines Berichtes und an seinen Kräften.

„Danke, bring dich in Sicherheit, wir treffen uns am neuen Stützpunkt.“ Damit schaltete der Stecher das Telefon ab und schaute in die Runde, seiner Zuhörer.

„Wer war für die Luftüberwachung über Tetepare zuständig?“

„Berlinger, Maas und Sei-Fan, ich hatte sie genaustens instruiert, damit …“, begann einer seiner Offiziere und der Stecher schoss ihm direkt ins Gesicht. Zuckend blieb der Erschossene am Boden liegen.

„Du hast versagt und deine Leute nicht kontrolliert!“ Wieder schaute der Stecher in die Runde seiner Offiziere.

„Wieso wurde die Küstenverteidigung so schnell ausgeschaltet?“

„Die.. die haben die Radarstation übernommen und alles kurz und kleingeschossen, wir hatten überhaupt keine Zeit irgendetwas als Gegenmaßnahmen zu starten, die waren zu viele, die kamen mit Booten und Flugzeugen.“

„Lüg mich nicht an, die Bilder zeigen eine bombardierte Radarstation, das waren Bomben oder eine fette Rakete aber keine Truppen.“, die letzten Worte schrie der Stecher dem Offizier förmlich ins Gesicht

„… und von Booten war da auch keine Reede!“ Damit fing sich der zweite Offizier zwei Kugeln ein und ging zu Boden.

„Und ihr, ihr habt ihr alle nur zugeschaut? Wieso hat keiner mich alarmiert, als das da gesendet wurde?“

Damit schaltete der Stecher den Fernseher ein und die Ansage von Heylah lief vom Band ab.

Einige der Offiziere sahen diese Sendung offenbar zum ersten Mal und wechselten die Gesichtsfarbe. „Wir sollten von hier verschwinden und auf ein Schiff wechseln, außerhalb der Grenzen von Soulebda, Sir.“ Schlug einer der Chinesen vor.

„Klasse Idee und dann wohin fahren?“

„Natürlich auf Makira, nur dort sind wir stark genug und können uns verteil…“ In diesem Moment platzte der Kopf des kleinen Chinesen nach zwei Einschüssen.

„Und damit erstens zeigen, wer gerade flieht, zweitens, die Richtung klarmacht, wohin die Reise geht und drittens, die noch geheime Insel verrät, danke der Vorschlag ist hiermit abgelehnt!“

„Räumt mal wer diesen Biomüll hier weg, ich muss nachdenken. In einer Stunde Besprechung aller Offiziere der Region, Life oder zugeschaltet und jetzt macht den Müll hier weg!“

**

Eine Stunde später sah der Piraten Treffpunkt wie ein Stützpunkt der Armee aus. Die Zufahrten waren geschlossen und Streifen liefen auf und ab. Der Bereich des Hafens war eh eine abgelegene Privatanlage und so fiel nicht auf, dass hier plötzlich offen die Waffen getragen wurden.

Die verbliebenen Offiziere saßen etwas verstreut um die Tische und neben ihnen befanden sich mehrere Bildschirme, die die Abbilder anderer Führungsmitglieder der Piraten zeigten. Die schienen nicht sehr entspannt, denn hinter ihnen stand jeweils einer der Schergen des Stechers.
Unter jedem Bildschirm der Zugeschalteten leuchtete ein kleiner Kasten mit drei grünen Lichtern, die VPN-Verbindungen waren abgesichert.

Der Stecher trat ein, mit einigen Akten, einem Tablet und zwei seiner Leibwächter.

„Danke fürs kommen, lasst uns gleich anfangen, die Zeit eilt, wir müssen handeln!

Wir lösen die Station hier auf Soulebda auf, ehe sie gestürmt wird. Tant’Furt das übernehmt ihr. Bis in zwei Tagen ist hier alles weg. Ihr nehmt die Frachter mit und den Abschleppkahn.

Von Tetepare haben wir inzwischen die ersten Aufnahmen, der Standort ist Asche. Mehr muss ich da nicht sagen. Im Moment werden die Verantwortlichen bestraft.“

Der Stecher zeigte kurz auf die Bildschirme und alle Anwesende sahen, was er meinte mit „Bestraft.“

Aus den Hälsen von zweien der Offiziere ragten plötzlich Messer, dann wurde es blutig und die beiden Bildschirme wurden dunkel.

„Die Geisellager auf Maewo und Penama werden aufgelöst. Alles Unnötige wird auf die Frachter Tschulik II für Maewo und Nannola für Penama verladen. Es gibt kein Feuer, die beiden Frachter werden im Meer versenkt, das geht schnell und unauffällig.
Das erledigt ihr Lin Poh und Marduk, ihr schafft die Leute weg, die Ausknipser sind unserer beiden vietnamesischen Schlächter Poh Tai und Poh Tau.“

Der Stecher schaute zu Helena van Deubth und dann auf den Bildschirm zu Leon Baldwerde.

„Nun zu euch beiden. Leon und Helena. Ihr beide seid mir für Makira verantwortlich, schaut zu, dass dort alles läuft, wenn ich komme und Helena, schau dass du diesmal nicht wieder die Hälfte der Mädchen vorher umbringst. Die bringen Geld, Kohle, Asche und keine Orgasmen, verstanden? War das deutlich genug Helena?“.

Helena van Deubth, die „Herrin“, fühlte sich auf den Schlips getreten und nuschelte etwas in sich hinein.

„Ja, ich achte darauf, übrigens sind deine beiden Neuen bereits auf deiner Kammer und ins Bett gefesselt, die warten nur auf dich…“

„Lenk nicht ab Helena.
Mir wurde von verlässlicher Seite erzählt, dass der Transport der drei einzigen Augenzeugen auf die niederländische Fregatte heute starten wird.
Abfahrt mit der Prinzenyacht ist gegen 14:00 Uhr.
Da brauche ich die verbliebenen Leute, das muss sauber laufen. Wir werden die Yacht südwestlich von Soulebda kapern und übernehmen.

Vergesst eines nicht:

Ich brauche die drei lebendig, macht keinen Mist wer dort versagt, den knöpf ich mir persönlich vor und dann wirds rau! Ich muss unbedingt wissen, was die alles von Alofi wissen.“

„Mein Spezialist ist bereits unterwegs, der wird auf der Wudong sein und die Augenzeugen peinlich befragen, ich meine hochnotpeinlich.
Also nochmal die drei überleben unbeschadet, der Rest ist mir egal versenkt die Yacht, wenn sie nicht für uns taugt.“

„Dürfen wir mit den Dreien wenigstens etwas spielen?“

„Spielen ja, aber ich sag’s dir, wenn du die kaputtmachst dann lasse ich dich Kürschnern und das ist keine leere Drohung. Also Spielen ja, aber mehr nicht.“

Es wurden noch ein zwei Zwischenfragen gestellt, die schnell geklärt wurden und dann ging es in den Aufbruch.

„Ach ja, ehe ich es vergesse, wer war eigentlich für die Beschaffung der Wudong zuständig?“

„Das war Leon!“ Rief Helena, sie war sichtlich erregt, das sah man ihr an. „Leon hat das eingefädelt.“

Leon saß ertappt da und lief leicht rot an. Er wusste genau, wenn da etwas schief gelaufen wäre …

„Gut gemacht Leon, das war die beste Aktion, der letzten Jahre, solch ein Schiff haben wir gebraucht.“

Damit packte der Stecher seine Sachen zusammen. „Auf wartet ihr noch, wir haben was zu tun. Auf!“

Rasch liefen die Offiziere aus dem Raum, Leon und Helena hatten sich gegenseitig genau im Blick, das Vertrauen von einst war nicht mehr. Das konnte der Stecher genau erkennen und es freute ihn.

Interne Sticheleien sind fruchtbar, aber nur, solange man diese absolut kontrolliert, das wusste der Stecher.

**

Eine Woche vorher auf Soulebda
Im Tagungsraum des Palastes saßen Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, Soleab n’Amsala, der Parlamentspräsident, sowie der Gelehrte Kana’Fartu Yasomera. Außerdem waren anwesend Seraph Ma’Gus, Dagan Mayr und Viktor Kubaliborov, als Vertreter des Geheimdienstes und GIPSY. Dazu Madame Ma’Difgtma als oberste Kriegerin und ihr Sohn Jerome. Neben meinem Mann Peter, Clair und mir saßen die beiden Spezialisten Mike und Dave und Norman Kresser.

General Jektjor’far hatte seinen Vortrag gerade beendet und übergab an den Gelehrten Kana’Fartu Yasomera.

Leichtfüßig wie ein Dreißigjähriger sprang Yasomera auf und erklärte uns die folgenden Abläufe.

„Es ist so weit. Die Piraten haben ihre erste Schlappe erhalten und ihre Zentrale auf Tetepare verloren. Jetzt in diesen Minuten verlegen sie die Geiseln auf die neue Zentralinsel Makra. Die Piraten glauben, dass der Standort immer noch geheim ist. Das ist gut so und gehört zum Plan.

Als Nächstes muss ich euch dreien einen harten Einsatz abverlangen. Versteht mich nicht falsch, sollte dieser Einsatz schief gehen, so stehen die Leben vieler Hundert Geiseln auf der Kippe.
Clair Clament aus Paris, Caroline und Peter, ihr drei tapfere Krieger müsst euch von den Piraten gefangen nehmen lassen.

Ihr drei seid die letzten drei Augenzeugen, die den Stecher ans Messer liefern können. Aber ihr beide, Caroline und Peter, auf euch kommt eine Folter zu. Der Stecher wird versuchen aus euch herauszubekommen, was ihr über Alofi wisst.
Zu dem Zweck wird er einen Verhörspezialisten einsetzen, und wenn mich nicht alles täuscht wird das Oniagato Kikeraki sein.

Der Mann ist sehr gut, eine richtige Legende und er setzt eine Bio-Droge ein, die euren Geist öffnen soll und euch dazu bringen wird alles preiszugeben, was ihr wisst.

Nun, um es kurz zu machen, wir werden euch vorher eine andere Droge geben, die genau das zu verhindern hat. Diese Droge von uns muss allerdings von euch aktiviert werden, um wirken zu können.

Warum so kompliziert? Na ganz einfach, sollte ein anderer Spezialist euch verhören und ihr habt unsere Droge im Körper, könnte es sein, dass ihr letalen Schaden nehmt. Daher die Aktivierung durch euch.

Doch seid gewarnt, bis ihr auf dem Piratenschiff ankommt, auf dem der Spezialist sein wird, werden die Piraten vermutlich versuchen aus euch so alles herauszubekommen.

Wir wissen, dass es unter den Piraten Streitigkeiten gibt und es könnte gut sein, dass ihr denen gerade in die Queere kommt. Das könnte also übel enden.

Seid gewarnt und bereitet euch vor. Madame Ma’Difgtma wird euch noch instruieren. Das ist diesmal kein kleiner Streit, das kann garstig werden. Ich möchte nur, dass ihr das wisst.

Clair, meine Blume aus dem Lande der Franzosen. Du wirst mit der kleinsten Folter zu rechnen haben, dennoch solltest auch du dich vorbereiten.

Soweit meine Worte der Warnung. Nun zu dem Ablauf. Also ihr werdet mit der Yacht Nebukadnezar hinausgebracht. Angeblich sollt ihr südlich von Soulebda eine Fregatte der Niederländer treffen, die euch aufnehmen soll.

Die Piraten werden das verhindern und euch in der Nacht des ersten Tages fangen und vermutlich die Yacht versenken. Wir haben vorgesorgt, dass dem Kapitän und seiner Mannschaft nichts geschieht.

Ihr werdet euch gefangen nehmen lassen und auf das Piratenschiff, die Wudong, bringen lassen. Erst dort werden wir uns wieder einschalten, sobald wir alle Informationen haben. Vermutlich läuft die Wudong mit euch die neue Zentrale an und soll dort Hunderte Geiseln übernehmen. Wir werden über und unter euch sein, doch kämpfen müsst ihr erst einmal alleine. Ihr werdet erkennen, wann es soweit ist und wann ihr um Hilfe rufen solltet, schließlich seid ihr ausgebildete Krieger und mit der Stammessprache vertraut.

Ich gebe euch meinen Segen mit und reiche das Wort weiter.“

**

Bei Madame Ma’Difgtma
„Clair meine Liebste Clair und Caroline meine Süße, ihr beiden trinkt diesen Trunk hier, er schützt euch vor ungewollter Schwangerschaft und Krankheiten. Ja, ich gehe davon aus, dass sich einige Piraten an euch vergehen werden. Das wird hart ihr Lieben, passt also auf. Peter, du trinkst auch den Trunk und frag nicht, ob du geschwängert wirst, bei dir ist der Schutz vor Krankheiten sicherlich wichtiger.“

Während wir das Glas leerten und bis auf den letzten Tropfen austranken, sah mich Ma’Difgtma an. „Caroline, ich sehe deine Frage, wie lange der Schutz anhält. Ich rechne mit einem effektiven Schutz von bis zu drei Wochen. Aber so lange wird das nicht dauern, bis wir euch wiederhaben. Rechnet mit einigen Tagen. Aber das werden harte Tage und noch härtere Nächte werden.

Ich übergebe euch jetzt meinen hohen Priesterinnen. Die werden euch mental auf das was kommt vorbereiten und eure Seele stärken.“

Was dann folgte, war eine Vorbereitung, wie wir sie noch nie durchlaufen hatten. Wir lernten tatsächlich, wie wir unsere Schmerzen ertragen konnten. Die Kunst bestand darin, zu erkennen, was für ein Schmerz kommt und wir lernten rasch, aber unter höllischen Schmerzen.

Nach und nach wurden wir in die Lage versetzt, den Schmerz zu lokalisieren, ihn zu kanalisieren und ihn so zu ertragen. Aber bei jedem Fehler trafen uns die Qualen mit voller Kraft.

Endlich, am dritten Tag, erhielten wir die letzten Schulungen und Einweisungen durch Kana’Fartu Yasomera selbst. Am darauf folgenden Tag waren wir so weit, dass wir die Abschlussprüfungen ablegen konnten und Madame Ma’Difgtma war stolz auf uns.

Es folgte ein wenig leichteres Training, das uns wie eine Entspannung vorkam, doch schon am Abend wurden wir auf die Yacht gebracht.

Die Falle wird aufgestellt
Es war eine ältere, luxuriöse Yacht und die Mannschaft empfing uns mit einem gemischten Gefühl zwischen Ehrfurcht und Angst. Sie wussten genau, dass dies ein Spiel auf Leben und Tod war.

Endlich legten wir ab und fuhren auf die See vor Soulebda. Selten hatten wir den Himmel und die Sterne so klar und aufmerksam gesehen wie an diesem Tag.

Wir drei standen an der Bord Reling und hielten uns fest in den Händen. „Schatz, ich liebe dich, pass bitte auf dich auf und beschütze auch Clair.“ Damit küsste ich Peter und drückte ihn so fest, dass er um Atem rang.

Clair sah mich an, in ihren Augen war neben Angst auch die Sorge um das Ungewisse, was kommen mag und ob sie der Aufgabe gewachsen war.
„Ich liebe euch beide!“ Stellte sie fest und umarmte uns.

„Clair,“, begann Peter, „bitte achte auf dich, vermutlich werden sie uns beiden von dir trennen. Wenn alles drunter und drüber geht, denk an dich und kämpfe, gib niemals auf!“

„Madame Ma’Difgtma sagte, es würde eklig werden und die Piraten würden die Ehre der Frauen nicht achten. Meint ihr, dass die sich an uns… ich meine… werden sie sich an uns vergehen?“

Ich umarmte Clair und küsste sie auf die Stirn. „Ich weiß es nicht, aber möglich ist das. Ganz sicher ist allerdings, dass sie uns lebend brauchen.“

Peter umarmte mich und hatte Clair auch eingehakt. „Wir schaffen das, ich glaube an uns und ich glaube an das Gute und vor allem, ich glaube an Mualebda!“

Während wir uns noch drückten, rief der Kapitän uns unter Deck. „Dreimal im Jahr gibt es hier Regen und ausgerechnet heute ist es wieder soweit, ich kann die Hand fast vor den Augen nicht sehen. Wir reduzieren die Geschwindigkeit auf 12 Knoten, dann können wir reagieren.“

Das Meer war unruhiger geworden, noch herrschte kein Sturm, nur starker Regen prasselte gegen die Scheiben der Yacht und der Kapitän empfahl und etwas Ruhe. So verkrochen wir uns in die Kabinen und konnten tatsächlich, trotz des Seegangs einschlafen.

Gekapert
Die Yacht fuhr weiter nach Süden, in den Kabinen schliefen wir fest und bekamen nicht mit, wie sich das Wetter besserte und die See beruhigte. Tief in der Nacht wurden wir dann geweckt, als der Kapitän den Alarmknopf druckte und überall die Lichter angingen.

Die Piraten hatten zugeschlagen und die Yacht geentert. Die Mannschaft wurde zusammengetrieben und auf dem Vordeck versammelt.

Wir wurden nur mit den wenigen Kleidern am Leib auf eines von zwei großen und schweren Speed-Booten gebracht und unser Kapitän wurde mit der Mannschaft im Schiffsinneren eingesperrt.

Während wir drei geschubst, gezogen und von brutalen Händen auf das Schiff gezogen wurden, legte das Boot bereits ab und wir verloren die Yacht aus den Augen.

Peter ging es am schlechtesten. Die Piraten hatten ihn gefesselt und hatten ihn solange geschlagen, bis er auf einer Matte liegen blieb.

– Peter, melde dich. Bitte melde dich – Rief ich in der stummen Stammeskriegersprache und endlich antwortete er.

– Ich bin da, aber die schlagen höllisch fest zu. Ich versuche, Kraft zu sammeln. –

Nach einer gefühlten Stunde legte das zweite Speed-Boot neben uns an und Claire wurde auf das zweite Boot gebracht, dann fuhren wir im Abstand von gut 20 Meter nebeneinander her, weiter nach Süd- Südwest, in die sternenklare Nacht hinein.

Soweit konnte ich das an den Sternen erkennen, wohin aber genau, konnte ich nicht sagen, aber es war südwestlich.

Von dem Nachbarboot hörten wir leise das Geschrei von Claire, und ich hoffte, dass sie ihr nichts antaten. Doch ehe ich mich versehen konnte, trieb man mich in einen kleinen Raum unter Deck, mit Schnüren und Leinen von den Seiten und der Decke. Das schlimmste war, dass mich zwei der Piraten langsam auszogen. Dabei achteten sie darauf, dass meine Kleidung nicht zerriss, aber ihre schmierigen Finger begrabschten mich überall.

Mit wenigen Handgriffen fesselten mich die Piraten an Händen und Füßen auf ein Bett und machten etwas Platz. In der kleinen Kajüte war wenig Platz, aber diesen Spaß ließ sich keiner der Piraten entgehen. Die Türe ging auf, ein drahtiger Typ trat ein, er zog sich aus, goss sich einen Eimer Wasser über das Gesicht und lachte mich mit einem wirren Grinsen an, dann kam er auf mich zu …

Ich prägte mir die Gesichter ein. Eines nach dem anderen. Und ich spürte, wie Ma’Difgtma in Gedanken bei mir war und mir Kraft gab, als sich die Piraten, einer nach dem anderen an mir vergingen. Jedes Gesicht sah ich und ich würde sie wiederfinden.

Nebenan waren die Schreie bei Claire leiser geworden, die süße kleine Clair …

Dazwischen kamen die Gedanken von Peter, der mir all seine Kraft wünschte, um durchzuhalten, während diese Tiere über mich herfielen. Einer nach dem anderen.

**

Zwei lange Tage vergingen. Es roch unter Deck wie in einem Pantherkäfig. Überall war Dreck und Unrat. Die Lenzpumpen spülten das ganze Wasser aus dem Boot, das die Piraten über sich vergossen, ehe sie sich erneut über uns hermachten. Ab und an gossen sie auch einen Eimer Wasser über mich. Zumindest war das etwas erfrischend.

Endlich, am dritten Tag wurden sie zurückhaltender, sie ließen mich sogar an Deck hinauf. Gefesselt zwar, aber immerhin an die frische Luft. Auf dem Boot neben uns sah ich Clair, die ebenfalls nackt auf dem Deck war und sie sah selbst auf diese Entfernung schrecklich aus.

Unterbrochen wurde die Fahrt nur durch die Tankstopps. Die Piraten hatten 200 Liter Fässer mit Treibstoff an Bord und jedes leere Fass, wurde versenkt. Gegessen wurde während der Fahrt und wenn sich die Piraten nicht über uns hermachten, dann schienen sie Funkkontakt mit jemand zu halten.

Über Peter hatten sich zwei kräftige Kerle hergemacht, die Piraten hatten keinerlei Ehrgefühl. Erst schlugen sie meinen Schatz, dann entehrten sie ihn und gefesselt konnte sich Peter nicht wehren. Seine inneren Schreie vernahm ich aber laut und klar und ich schwor mir blutige Rache zu nehmen, sobald die Zeit gekommen war.

Endlich erreichte auch mich ein Gedanke, es strengte mich an und lauschte auf meine innere Ruhe, da spürte ich, wie Ma’Difgtma Kontakt aufnahm.

– Die Piraten haben die Yacht versenkt, wir konnten aber die komplette Mannschaft retten, sie sind alle wohlauf, haltet durch –

Erneut verprügelten zwei der Piraten Peter, die Schläge waren gezielt und sicherlich schmerzhaft, aber ich sah, dass sie versuchten, keine Rippen zu brechen oder innere Organe zu verletzen, aber mein Peter sah übel aus.

– Wenn ich die zu fassen kriege Schatz … – weiter kam Peter nicht, die Piraten prügelten weiter auf ihn ein.

Am Nachmittag des dritten Tages kam Unruhe auf, die Piraten suchten am Horizont etwas und endlich sahen sie ihr Ziel, einen Frachter, der auf sie zuhielt.

Drei Stunden später, kurz vor Sonnenuntergang legten wir an dem Frachter an. Offenbar wurden wir mit einem Kran aus dem Wasser gehoben, denn das Speed-Boot schwankte kaum noch.

Ein letzter Eimer Wasser wurde über uns geschüttet und man reichte uns unsere klammen Kleider, die wir schnell anzogen.

Endlich kam mit einem Ruck das Boot zur Ruhe und wir wurden nach oben gerufen.

**

Auf der Wudong
Wir wurden erst im Inneren der Wudong auf das Deck des Speed-Bootes gelassen. So konnten wir uns von dem Äußeren des Frachters keine Vorstellung machen und uns auch nicht orientieren.

Es musste ein mächtiges Schiff sein, denn unter Deck waren mehrere Buchten für Speed- und Schnellboote. Überall in dem Bereich, den wir einsehen konnten, standen geordnete Container und es liefen überall Bewaffnete umher. Es sah alles streng geordnet aus. Das Schiff selbst strahlte einen sehr gepflegten Eindruck aus. Hier wurde gereinigt und auf Sauberkeit geachtet und das bedeutete, es herrschte hier eine eiserne Disziplin.
„Raus aus dem Boot und da vorne antreten, warten bis der Einweiser kommt.“
Peter und ich stiegen aus. Peters Gesicht sah arg zerschlagen aus. Die Lippen hatten böse etwas abbekommen. Da brachte man Clair zu uns. Auch sie sah böse aus. Als ich sie umarmen wollte, schlug mir jemand seine Reitgerte auf den Rücken.

„Stehen bleiben, bis der Einweiser kommt, das gilt auch für dich Mädchen!“

Clair schaute mich dankbar an, sie hatte verstanden, was ich wollte und sie stellte sich brav in die Reihe.

Irgendjemand brüllte unverständliche Kommandos, das war kein Indonesisch, oder eine andere Sprache, die ich verstand.

Aus einer der Seitentüren kam ein Vier-Mann-Trupp heraus und stellte sich neben uns, zwei links, zwei rechts. Da erst erschien der Einweiser.

Irgendwie hatte der Typ zu viele billige Filme gesehen, er trug tatsächlich eine Lederpeitsche, einen Schlapphut und ein mäßig aussehendes Messer. Halbwegs trainiert und knapp 1,70m groß machte er mir keine Angst. Das war bestens ein „Indianer Jones“ für Arme.

Er blieb vor uns dreien stehen, betrachtete uns und bekam drei Karteikarten übergeben, zwei rote und eine blaue. Diese las er sich aufmerksam durch und zeigte auf Clair.

„Die da, waschen, untersuchen, ab in Block 4!“

Schon wurde Clair von uns entfernt und unsere Blicke verloren sich, als man sie um eine Ecke brachte.

„Aha“, stellte der Einweiser dann fest. „Ihr beiden werden auch gewaschen und untersucht, aber dann bekommt ihr eine Spezialbehandlung. Der Kerl kommt zu Daniel in den Trakt und die Rothaarige kommt in Trakt 2.“

Damit wurden auch wir getrennt und man brachte mich in einen kleinen Bereich, der mit Plastikzellen verkleidet war. Die nassen Kleider riss man jetzt achtlos von meinem Körper und warf sie einem Mann zu, der einen Wagen mit alten Kleidern schob.

Aus allen Ecken kam Geschrei von Mädchen, man konnte ab und an hören wie Menschen geschlagen werden. Bei aller Sauberkeit war dieses Schiff vor allem ein Gefangenenschiff.

Man band mich an Händen und Füßen an vorbereiteten Punkten an, dabei behielten uns immer zwei bewaffnete Wachen im Blick. Erst dann kam ein Mann in weißer Gummischürze und einem Wasserschlauch.

Der lauwarme Wasserstrahl war gerade noch erträglich. Dieser Mann in der Gummischürze versuchte mich nicht zu verletzen, änderte öfter von Düse auf Strahl und gab sich sichtlich Mühe mich zu reinigen.

Aus den Geräuschen um mich herum konnte ich schließen, dass hier noch mehr Menschen gereinigt wurden.

Ab und zu drangen leise Schreie durch irgendwelche Schächte und Fenster, aber ich konnte mich nicht orientieren.
Schließlich kam ein großer Mann mit einer Metallstange herbei, die Stange hatte an einem Ende einen Ring, den öffnete er und legte diesen um meinen Hals. Am anderen Ende waren Griffe, mit dieser Stange konnte man mich auf Abstand halten.

„Losmachen!“ Kam von irgendwoher eine Fistelstimme und zwei Typen in Blaumännern befreiten mich aus den Arm- und Fußfesseln. Meine Hände wurden mit hinter dem Rücken mit Handschellen gefesselt.

Eine Türe ging auf und der große Mann drängte mich durch die Türe nach draußen in einen Nebengang.

Hier standen in einem drei mal drei Meter großem Raum ein Edelstahlbarren, über den ich gelegt wurde, meine Füße wurden mir gefesselt und ich hing in dieser unbequemen Lage. Die Stange, mit der man mich hereingeführt hatte, wurde in der Decke irgendwo eingehängt und arretiert.

Eine Frau mit Gummischürze und Gummihandschuhen kam näher, und untersuchte mich sehr gründlich zwischen den Beinen, dass ja nichts unentdeckt blieb. Schließlich untersuchte sich mich auch im Leib und das tat sehr weh. „Verdammt das tut weh, gehts auch weniger schmerzhaft?“ Fragte ich und die Frau lachte nur und meinte „Entspann dich Püppchen, dann tut es nicht so weh!“

Schließlich ließ man mich aus der misslichen Lage und entfernte auch die Handschellen und deutete auf eine offene Duschkabine. Endlich konnte ich mich selbst waschen und tat dies sehr gründlich. Neben mir duschten zwei junge Schönheiten.

Schließlich wurden die beiden abgeholt und auch ich wurde von einem Mann im Gummianzug abgeholt und man brachte mich in einen anderen kleinen Raum. Dort lag ein Slip, ein orangenes Shirt, ein Paar Badeslipper und ein orangenfarbener Overall, der mir wenigstens passte.

„Anziehen!“ Kam aus dem Lautsprecher, doch da war ich bereits halb angezogen.
Eine andere Türe ging auf und zwei Leute, Mann und Frau schauten mich an. „Nee, die bekommt keinen Haarschnitt, die behält die Kuschellocken, schönen Tag noch Bunny!“ Rief der Mann in schlechten Englisch und warf die Türe wieder zu.

Jetzt wurde es endlich etwas ruhiger, ich konzentrierte mich auf Peter und versuchte, ihn zu rufen. Endlich gab er Antwort.

– Geht mir gut, ich wurde untersucht und überall gewaschen, ich fühle mich beschissen, aber ich bin wohlauf – und du Schatz? –

Gerade als ich meinen Status durchgab, erreichte uns starke Gedanken, wie wenn aus dem Nebenraum und einer etwas zuflüstern würde.

– Hallo Stammeskrieger, seid ihr endlich da? Dann kann die Sache ja steigen, ich habe zu Hause Bescheid gegeben, dass ihr hier seid. Heute geht es noch, aber morgen werdet ihr gefoltert und der Japaner – der Japaner ist hier, ihr wisst was das bedeutet! –

Das überraschte uns beide dann doch und wir beschlossen, den Tag ruhig zu Ende gehen zu lassen. Nach gut 15 Minuten, ich saß bereits auf einem einfachen Hocker, ging die Tür erneut auf und zwei Wachen kamen in den kleinen Raum, eine Frau folgte zusammen mit einem anderen, relativ kleinen Mann, eindeutig japanischer Herkunft.

Die Frau war offenbar medizinisch ausgebildet, sie nahm mir die Puls Werte, maß den Blutdruck und prüfte meine Pupillen, dann nickte sie und sah sich einige der blauen Flecken genauer an.

„Das vergeht Schätzchen, hast dich ja für dein Alter verdammt fit gehalten.“

„Ja, danke, ich treibe gerne Sport und schwimme gerne.“
Die Frau grinste wissend und sammelte ihre Sachen zusammen, dann stellte sie sich hinter den Japaner.

„Ich möchte mich ihnen vorstellen, ich bin Oniagato Kikeraki, ich freue mich, ihre Bekanntschaft zu machen Miss Caroline Miles. Mein guter Freund, der Stecher hat einige Fragen an sie und ihren Begleiter und ich bin mir sicher, wir werden die besten Freunde werden.“

Er drehte sich zu der Frau um und alle verließen den Raum, ich blieb zurück und setzte mich auf den Plastikhocker. Nun hieß es warten.

**

Eine oder zwei Stunden später wurde ich weggeführt und in eine Zelle gebracht. Hinter mir schloss sich eine schwere Metalltüre.
Mir gegenüber befand sich Clair und nebenan saß Peter ein. Die Zellen waren aus doppeltem Panzerglas und wir konnten einander nicht hören.

So war jede Kommunikation ausgeschlossen, dachten die Piraten.

– Oniagato Kikeraki ist hier auf dem Schiff. Wir müssen uns vorbereiten Schatz. Was werden die mit Clair machen? –

– Vermutlich werden sie Clair als Druckmittel einsetzen. Ich würde es so tun, wenn ich an die Informationen kommen müsste. –

– Caroline, du überraschst mich immer wieder. –

– Sie werden uns sicherlich Essen und Trinken geben das bereits mit der Droge versehen ist. Wir müssen uns JETZT startklar machen, die werden nicht lange fackeln Schatz! –

Damit setzte ich mich auf die Liege und schloss meine Augen. In Gedanken erschien neben mir Peter und wir reichten uns unsere Hände.
Vor uns erschien ein Nebel und aus diesem Nebel erschien das viel zu große Gesicht von Madame Ma’Difgtma und flüsterte zu uns.

– Macht euch bereit, ich müsst euch jetzt bereitmachen, in der Nacht werden sie euch beide herauszerren und beginnen zu foltern. Macht euch bereit, oh ihr tapferen Kinder Mualebdas –

Genau wie angenommen wurde uns dreien ein halbwegs leckeres Abendessen und je ein Glas Wasser serviert. Ich konnte nichts Verdächtiges riechen und war beeindruckt. Oniagato Kikeraki wusste, was er tat.
Als dann das Geschirr abgeräumt wurde, fragte uns die Frau, die das Geschirr einsammelte, mit Handzeichen, ob wir noch etwas Wasser wollten und wir nickten und erhielten je ein frisches Glas Wasser. Dieses Wasser schmeckte schön kalt und war kristallklar und als das Glas leer war, da begannen meine Beine zu zittern.
– Die Droge war offenbar in dem letzten Glas Wasser, Peter, die Drogen … wir müssen unsere Abwehr starten, ehe die Droge das verhindert –
– Abwehr starten – polterte Peter in meinen Gedanken, ich war überrascht, wie stark ich ihn hören konnte. – Abwehr starten! –
– Ja Schatz! Abwehr starten … – Und wir konzentrierten uns auf das, was man uns eingetrichtert hatte.
Plötzlich verformte sich unser Gefängnis, die Wände schienen enger und weit, weit höher zu werden und sie bewegten sich andauernd. Dazu kamen hunderte, ja Tausende Farben und langsam wurde es um mich dunkler. Aber unsere innere Abwehr war gestartet.

**

Das Verhör
Oniagato Kikeraki betrachtete die beiden nackten Körper, wie sie kopfüber gestreckt in zwei mächtigen, um die Längsachse drehbaren Metallrahmen steckten. An Händen und Füßen waren die beiden wie ein „X“ in je einem der Rahmen gefesselt.
Ihre Körper waren mit Klebesensoren übersät und an der Seite der beiden liefen Kabelbündel zusammen, die sich zwischen den beiden Gestellen in einem Metallkasten vereinten, auf dem ein Blitzsymbol in gelbschwarzer Farbe vor einer Berührung warnte.

Die beiden Gefesselten hatten eine Strumpfmaske über dem Kopf und einen Knebel im Mund. Zwischen den beiden Metallrahmen stand ein schmaler Tisch, auf dem zwei Messgeräte die Vitalwerte der beiden Menschen aufzeichneten.
Eine Frau im weißen Kittel saß vor den Geräten und spritzte den beiden Menschen Mittel in ihre Venen, dabei prüfte sie die Werte und stand schließlich auf, packte ihren kleinen Tisch und die Messgeräte und ging auf Oniagato Kikeraki zu.

„Die beiden sind jetzt soweit, die Drogen wirken, sie können loslegen, ich bin nebenan am Monitor und fahre die Systeme hoch.“
„Sehr schön.“ Nickte Oniagato Kikeraki und betrachtete sein Tablet, auf dem zwei Fenster Vitalkurven zeigten.

„Beginnen sie mit Stufe drei, die sind gut und stark, die vertragen einiges.“
Während sich die Kurven der Vitalwerte leicht veränderten, schienen sich die beiden Körper in regelmäßigen Abständen zu verkrampfen um sich dann wieder zu lösen. Die Atmung der beiden in den Folterrahmen ging schwer, offenbar litten sie heftige Qualen.
Oniagato Kikeraki sah die beiden zuckenden Körper und fragte mit lauter Stimme „Was ist auf Alofi passiert?“

**

Im Drogenrausch
— Feuer umfing meine Augen, ich stand in einem brennenden Haus und wurde von einem Mann in Feuerwehruniform herausgezogen. Der Mann war groß, seine Uniform war schmutzig und er trug schwere Handschuhe. Die Hitze in dem Zimmer verschmorte noch meine Haare und hinter mir schrie eine Frau „Lauf Caro, lauf!“ Vor mir sah ich den Himmel, ich musste nur durch die Türe gehen, durch die mich der Feuerwehrmann langsam zog. Da drehte er sich zu mir um und fragte mit lauter, klarer Stimme „Was ist auf Alofi passiert?“

Darauf durchlief mich ein Zucken und alles in mir verkrampfte sich. Es war, als würden mich Tausend Nadeln stechen. Kurz danach kam ein helles Licht und es summte um mich herum und ich konnte mich entspannen.

— Abraham, unser Hauslehrer stand an der Tafel und lehrte uns etwas aus der Geschichte. An der Tafel waren die Umrisse einer Insel zu sehen. Neben mir saßen meine Freunde Aaron, Adriana, Matouf und Hana. Wir mochten unseren Hauslehrer Abraham. Er lehrte uns im Kibbuz alles, was wir brauchten und wir Kinder achteten ihn. Neben mir hatte Yossef wieder Schweinereien gemacht und zog mich an meinen langen roten Haaren, bis ich schrie. Da fuhr mich Abraham an „Was ist auf Alofi passiert?“

Erneut bäumte ich mich auf, Schmerzen durchliefen meinen Körper und ich fühlte mich schwach. Irgendetwas oder irgendwer riss mich an Armen und Beinen und fügte mir Schmerzen zu. Wieder, und immer wieder durchliefen mich diese Nadelstiche und brachten mich fast um den Verstand, es schmerzte ja so furchtbar. Und immer wieder dieser eine Satz: „Was ist auf Alofi passiert?“

**

„Mister Kikeraki, die beiden sind stärker, als wir dachten, die halten nur mehr aus als die ganzen davor. Haben wir etwas verändert oder die Drogen zu schwach gemischt?“
„Unsinn, die habe ich selbst zubereitet, die Stimmen hundertprozentig, die sind nur gut trainiert, aber ich werde sie brechen, so wie ich alle Seelen gebrochen habe. Die beiden entgehen ihrem Schicksal nicht.

Erhöhen sie auf Stufe vier!“

Oniagato Kikeraki drehte die Rahmen, so dass die Köpfe nach oben kamen, jetzt hatte er die Rücken direkt vor sich. Blanke, nasse Haut. Kikeraki verzog erregt das Gesicht, ja genau das mochte er, Menschen quälen, ihnen Schmerzen zufügen und sie dann zerbrechen. Früher oder später würde er auch die beiden Brechen und ihre Geheimnisse erhalten. Das wusste er genau, denn er hatte noch nie versagt.

Auf einem der Tische in der Folterkammer nahm er eine grob gegerbte neunschwänzige Peitsche und wedelte mehrfach durch die Luft. Oh ja die pfiff gut.

Mit pfeifender Peitsche trat Oniagato Kikeraki hinter die beiden nackten Körper und peitschte mit Gewalt auf beide Rücken. Die Menschen in dem Folterrahmen stöhnten auf, aber konnten nicht schreien.

Nachdem er jedem der Körper zehn Peitschenschläge verabreicht hatte, betrachtete er sich die unzähligen roten Striemen auf der Haut der beiden und legte die Peitsche mit einem Lächeln weg. Mit einem Rollpinsel an einer Stange befestigt bestrich der Foltermeister die beiden Körper. Eine bläuliche Flüssigkeit wurde auf den roten Striemen verteilt. Die Striemen schäumten dabei leicht und die beiden Körper verkrampften sich.

„Ja, genau so, das ist die Hölle für die Nerven. Das muss jetzt einwirken, die beiden durchleben jetzt die Talsohle, dann werde ich sie auf die Gipfel der Schmerzen jagen!“

**

— Lautes Knallen schreckte mich auf. Eine Peitsche schlug mich und mein armer, geschundener Rücken musste Höllenqualen aushalten. Meine Hände waren mit Schwielen übersät und an den Handgelenken rissen die schweren Eisenfesseln, die an dem Ruder festgemacht waren.

„Rudert!“ Schrie ein brutaler Mensch hinter uns. Neben mir saßen andere Gefesselte, Menschen ohne Gesicht und mit gepeitschten, blutenden Rücken.

„Rudert – Sagte ich!“ Erneut ging die Peitsche auf mir hernieder und ich fing wie mechanisch an das Ruder anzuziehen.

„Eins und Zwei, Zwei und Drei, Eins und Zwei …“ Immer und immer wieder dieses Geschrei und die Peitsche. Ich musste seit Jahren in der Galeere leiden und wusste nicht, wie lange ich das noch ertragen würde. Immer und immer wieder dieses monotone Zählen und dazu die Peitsche.

Ein Eimer Wasser erfrischte mich und schon folgte die Peitsche. Wie ich das hasste. Da riss einer der Folterknechte mich an den Haaren zurück und schrie mich an

„Was ist auf Alofi passiert?“

Einem Gewitter gleich, durchliefen mich die Schmerzen und ich bäumte mich auf. Ich sah vor mir die Landkarte aus dem Kibbuz, sie schien vor mir großer und größer zu werden. Dazu immer wieder diese Schreie, die mir so weh taten

„Was ist auf Alofi passiert?“

— C A R O L I N E —
Knallhart und laut riss mich eine Stimme wieder ins Leben zurück. Die Karte von Alofi verschwand in einem düsteren Nebel. – CAROLINE – jetzt erst erkannte ich die Stimme, die mich rief.

Madame Ma’Difgtma erschien aus dem Nebel, indem eben die Karte verschwunden war.

– Caroline, erinnere dich an das Training, komm zurück, lass dich nicht verführen, du wirst belogen, du wirst gefoltert, du wirst von Oniagato Kikeraki gequält. Erinnere dich an unser Training. Peter ist schon länger wach, er hat mich gerufen, weil er nicht zu dir durchkam. Also, meine Tochter der Schmerzen, sammle dich und bedenke was du gelernt. Erinnere dich und wehre dich.

Oniagato Kikeraki will wissen, was ihr von Alofi wisst und ob ihr den Drahtzieher kennt, der hinter all dem steckt. Ihr müsst Kikeraki klarmachen, dass der Drahtzieher bei euch die Erinnerung an eine fette schwarze Spinne in einem großen weltumspannenden Netz auslöst.

Das ist wichtig.

Eine fette schwarze Spinne im Netz. Ist das klar Caroline meine tapfere Kriegerin … Spinne im Netz … und nun Wehr dich, es geht weiter, er wird euch mit Feuer quälen, aber das macht euch nichts aus, ihr seid aus Wasser, das Feuer kann euch nichts anhaben.

WEHRET EUCH!! –
– Endlich konnte ich einen klaren Gedanken fassen –

– Peter –
War mein erster Gedanke. – Endlich Schatz, ich habe dich schon eine Weile gerufen, wir müssen das tun, was Ma‘ sagte, die Spinne im Netz, die fette schwarze Spinne! –

– Die fette Spinne im Netz – ab da war uns klar, was wir denken mussten. Ab da waren wir beide wieder für uns da, wir konnten uns fühlen, zwar nicht sehen, aber wir fühlten und nebeneinander. Hin und wieder war offenbar Oniagato Kikeraki dabei uns zu schlagen.
Jetzt half mir auch die Ausbildung in meinen jungen Jahren weiter. Damals hatte man uns durch die Höllen der Verhöre geschickt damit wir erkannten, was die „Bösen“ machen konnten und wie das jeweils wirkt.

Der Mann da vor uns, musste ein Sadist sein, dem sein Job seine Offenbarung war. Wir mussten darunter leiden, aber plötzlich konnten wir uns wieder fühlen. Wir erinnerten uns, an das erlernte.

Wir sammelten Kraft und stellten uns jedes Mal, wenn Kikeraki fragte „Was ist auf Alofi passiert?“ Eine fette Spinne in einem Netz vor, wie sie darin thronte und ihre Fäden spann.

– Peter halte durch, das schaffen wir, halte durch – Rief ich in Gedanken immer wieder meinem Mann zu.

**

„Erhöhen sie auf Stufe sechs, die Stufe fünf überspringen wir. Ich will die brechen. Und ich fühle, wie ich näher an sie herankomme. Ich bin schon ganz nah!“

Aus dem Raum mit den Rechnern antwortete die Frau im weißen Kittel „Stufe fünf, Stufe sechs erreicht!“

„Fahren sie die Elektrostimulanzien aus der Datei Alofi ab, lassen sie die durchlaufen, eine nach der anderen, die müssen sich fühlen, als wenn ich sie in den glühend heißen Ofen schiebe.“

„Soll ich wirklich ALLE abspielen, wir wissen doch, was das letzte Mal passierte, als wir die 20 überschritten hatten.“

„Die beiden halten 30 aus, das kann ich fühlen, ich will alles, geben sie mir die ganze Datei, ich will alles haben, alles verstehen sie, ALLES!!“

Die Frau am Rechner markierte die ganze Datei, alle 45 Einzeldateien und startete die Übertragung. Vor ihr hingen die beiden Körper und wanden sich vor Schmerzen und der Zähler zeigte gerade die Date Nummer 5 an.

Aus der Hosentasche zog die Frau im weißen Kittel ein Smartphone und tippte unauffällig eine Nachricht an den Stecher hinein. Als vom Stecher ein „OK WEITER“ kam, steckte sie das Smartphone schnell wieder weg.

**

— Wir durchliefen gerade die Hölle. Wir fühlten uns beide gemeinsam auf einem Grill, Bauch an Bauch gefesselt und in einem Metallkäfig eng eingesperrt über einem heißen Feuer und wir drehten uns ganz langsam um unsere Längsachse. —

Oniagato Kikeraki tänzelte um uns beide herum und betrachtete das Display seines Tablets. Die Anzeigen liefen durch, inzwischen war die 21 auf dem Display und die beiden Opfer schienen sich synchron zuckend zu bewegen.

„Oh das hatten wir noch nicht, synchrones Nervenzucken ist neu, aber das ist ein gutes Zeichen. Kikeraki schien sich an dem Anblick der beiden Gefolterten zu ergötzen. Rasch steckte er sein Tablet ein und berührte die beiden Körper am Halse, schloss seine Augen und flüsterte leise „Zeigt mir, was ihr seht, zeigt es mir!“, und dann schrie er plötzlich

“Was ist auf Alofi passiert?“

„Jaaa …“ Schrie er, „es kommt, sie kommen, sie sind fast da, ich kann sie fast fühlen. Wo stehen wir?“
Die Schwester antwortete „Wir stehen bei 26!“

„Weiter, ich breche sie gerade auf, weiter!“ Schrie Oniagato Kikeraki und seine Hände umfasste die Hälse der Gefesselten in den Folterrahmen.

Die Beine von Oniagato Kikeraki begannen zu zittern und seine Hose färbte sich dunkel. „Jaaaaaaa gebt es mir, lasst es mich wissen, zeigt mir euer Geheimnis!“

Flehte Oniagato Kikeraki die geschundenen Körper an. „Neunundzwanzig!“ Rief die Frau im weißen Kittel. „Wir stehen bei Neunundzwanzig und jetzt bei dreißig!“

„Jaaaaaaa!“ Rief Oniagato Kikeraki sie kommen, jahhhh … sie kommen.

Die Frau im weißen Kittel murmelte ein verächtliches „Ich sehe genau, wer da gerade gekommen ist, du ekelhaftes Sadisten Schwein!“

**

Um uns herum schien sich die Welt zu drehen. Überraschenderweise fühlten wir etwas ganz anderes, als das, was wir erwarteten. Von einem Tonband lief ein Geräusch eines saftigen Hahns, der im Feuer brutzelte und wir, wir beide hatten dabei eine Gänsehaut. Innerlich froren wir.

Unsere Ausbildung machte sich gerade bezahlt. Wir widerstanden den Schmerzen und strahlten das Gefühl aus, als würden wir über uns eine fette, schwarze Spinne in ihrem Netz sehen, die da lauerte.

Um uns herum schlugen feurige Flammen auf, aber wir hatten kalt!

– Spinne, fette schwarze Spinne – Immer wieder dachten wir an das Gleiche und die Darstellung in unserem Geiste wurde immer klarer.

Zum ersten Mal bekamen wir mit, dass wir in einem Rahmen hingen und nackt waren, wir fühlten, dass da vor uns ein Mann stand, sonst fühlten wir nichts, außer der fetten, schwarzen Spinne über uns in dem Netz.

Jetzt sah ich wie aus einem Nebel herauskommend das Gesicht von Ma’Difgtma und sie lächelte uns zu.

– Geschafft, ihr habt es geschafft. Ihr habt dem japanischen Sadisten ein Bild gegeben, eines, worauf er gewartet hatte. Passt jetzt auf, er wird sich weiden an seinem Sieg über euch, vielleicht zeigt er euch auch sein wahres Gesicht, ihr wisst, was ihr dann zu tun habt. Möge Mualebda mit euch sein und euch Kraft geben –

**

„Ich hab’s, ich habe ihr Geheimnis. Sie wissen es, sie wissen es beide. Sie kennen den Mann im Hintergrund, sie kennen ihn beide …“

Oniagato Kikeraki riss uns die schwarzen Hauben vom Gesicht, in dem Dämmerlicht konnten wir sehr schnell wiedersehen und wir sahen unseren Peiniger genau. Dieses Gesicht prägten wir uns beide ein!

„Schalten sie herunter, lassen sie die Abklingprozedure laufen. Die wissen tatsächlich, was auf Alofi geschah! Ich bin auf der Brücke. Das muss ich melden. Lassen sie die beiden abklingen. Eine oder zwei Stunden müssten genügen.“

Damit war Oniagato Kikeraki durch eine der Metalltüren verschwunden und die Frau im weißen Kittel fuhr die Rechner herunter, dann lief sie zu uns beiden und löste die aufgeklebten Elektroden von unserer Haut.
„Ist ja gut, das wird gleich besser …“ Flüsterte die Frau leise vor sich hin. Vermutlich, um sich selber einzureden, dass ja nicht sie uns weh getan hatte, sondern der Japaner.

– Peter mach dich bereit, jetzt kommt unsere Chance freizukommen –

Als Nächstes legte die Frau die Rahmen mit uns nach hinten auf den Boden. Jetzt löste sie die Beinfesseln von Peter und danach meine. Als sie dann die Handfesseln von Peter löste, blieb er einfach saft- und kraftlos liegen und die Frau lag fast auf mir, als sie meine Handfesseln löste.

Während sie die zweite Handfessel löste, schaute ich sie an und wartete auf eine Reaktion. Die kam, als mich die Frau im weißen Kittel anschaute. Sie wirkte erschreckt und zuckte, lag sie doch auf einer nackten attraktiven Frau.

„Na Süße. Fühlt sich alles gut an, stimmts?“

Noch ehe die Frau reagieren konnte, hatte ich meine Beine um sie geschlungen und drehte ihren Kopf mit einer schnellen Bewegung seitlich weit nach hinten. Mit dem leisen Knacken sackte die Frau wie ein abgeschalteter Spielzeugroboter zusammen und ihre Augen sahen mich unendlich traurig an, ehe das Leuchten aus den Pupillen verschwand.

Peter stand bereits neben mir und umarmte mich. Zum ersten Mal tat seine Umarmung einfach nur gut, er wollte im Moment nicht mehr von mir und das, obwohl wir nackt voreinander standen.

„Was machen wir mit der Frau?“
„Ich würde sie in einen der Rahmen spannen, das erwartet man irgendwie und die Gesichter sind den meisten hier eh egal.“
„Gute Idee.“ So schnallten wir die Frau, die einen weißen Kittel getragen hatte nackt in den Rahmen ein. Irgendwie fad ich es auch schade, denn die Frau sah, genauer betrachtet sehr lecker aus.

„Unsere Sachen sind da drüben.“ Brachte mich Peter wieder mit den Gedanken zurück.

„Ja und dort drüben ziehen sich die Arbeiter um, deren Overalls sind grau, die der Gefangenen sind orange.“

„Lass uns verschwinden, wir müssen nach oben an die Luft, ich brauche Luft!“

Während Peter vor mir eine Leiter hinaufstieg, versuchte ich mich auf Ma’Difgtma zu konzentrieren und ich schrie innerlich immer und immer wieder – Wir sind frei –

**

– Schreit nicht so, ihr seid ja sowas von laut –
Überraschte mich die Stimme, die ich schon einmal vernommen hatte. Das musste der Kontaktmann sein.

– Wo bist du und wie finden wir dich –

– Ihr findet mich gar nicht, sonst bin ich tot. Geht ins Heck, unter dem hinteren Kran da steht ein gepanzerter blauer Container mit einem grünen Band. Passt auf, da stehen hunderte normale Container.

Dort ganz nahe am hinteren Kran steht der kleiner, blauer Container mit einem grünen Band, da könnt ihr euch aufs Erste verstecken und ihr müsst euch auch stärken.

Wir kümmern uns bereits um die Überraschung, haltet euch bereit, es geht bei Morgengrauen los –

– Wie sollen wir dich nennen, wie ist dein Name –

– Nennt mich Ismael –

Peter und ich schauten uns an und dachten das Gleiche. „Moby Dick?“

**

Sonnenaufgang, acht Stunden früher.
Das Meer war ruhig und es würde ein herrlicher Tag werden. Einige Fische spielten im Wasser und ein einsames Periskop schien im Wasser zu stehen.
„Kapitän, die Übertragung steht, der Palast sendet.“

Kapitän Tamar schaute seinen jungen Funker an und nickte beruhigend. „Sehr gut, der Funkoffizier soll es mir an meinen Platz legen.“
„Aye Sir.“ Schon war der junge Mann zur Funkkonsole verschwunden, um mit dem Funkoffizier die Daten bereitzumachen.
In der kleinen Offiziersmesse saßen Kapitän Tamar und sein Wachoffizier und sie betrachteten die Daten, die gerade auf dem Tablet eingingen.

„Morgen früh fangen wir die Wudong hier ab. Die dürfen keinen Funkspruch senden, wir brauchen also eine Silent Rakete, die denen die Flunkerei dicht macht.“

„Was ist mit den Marines?“
„Zwei Gruppen halten wir bereit, die müssen rasch zuschlagen können. Was haben wir um die Aufmerksamkeit der Wudong zu erhalten?“

„Wir könnten zwei alte Zodiac am Heck zusammenbinden und als Segelschiff ausgeben, aus denen machen wir die Kon-Tiki II, einen Mittelmast basteln wir zusammen, die werden kucken diese alten Piraten.“ Sagte Beredin, der dazugekommen war.

„Ihr jungen Leute seht zu viel Video, aber die Idee hat was, also dann lassen wir Thor Heyerdahl und die Wikinger auf sie los.“

„Gut, in sieben Stunden treffen wir hier auf die Wudong und die Fregatte Novel’ult trifft eine halbe Stunde später ein.

Morgen früh schnappt die Falle zu.“

**

Überfall
Die Nachtschicht hatte auf der Wudong noch nicht gegen die Tagschicht gewechselt. Der Tag würde diesig bleiben und die Sicht war nicht sehr gut, aber hier im Pazifik war Radarkontakt eh wichtiger als die Sicht auf diesige Objekte im Wasser. Die Sonne krabbelte gerade aus dem Meer, da rief Singerls, der Radarwache hatte, nach hinten zum Diensthabenden.

„Frederick, ich habe hier was auf dem Radar, da treibt was direkt auf uns zu.“
Frederick, der die Nachtschicht hatte, kam müde zur Radarkonsole der Wudong und schaute auf das große Display.

„Waas’n Loos?“ Fragte er mit seinem niederländischen Akzent.

„Hier, da ist ein Objekt, das ist ein größeres Boot oder ein kleines Schiff, klein aber direkt auf Kollisionskurs auf uns.“

Frederick schaute durch eines der starken Ferngläser und erschrak. Er hatte doch eben einen Mast und oben am Mast einen langen Wimpel oder Flagge gesehen, aber der Nebel hatte wieder alle geschluckt.

Beim nächsten Blick sah er einen hoch aufgerichteten Bug und ein einziges Segel, das erinnerte an ein Lang Boot der Wikinger.

„Scheibenkleister, ich sehe Wikinger. Kacke, in 20 Minuten wäre ich durch mit der Schicht. OK also dann mal los. Lichter an, könnt ihr das Ding schon sehen und ruf mal einer den Alten, der soll aufstehen und raufkommen.“

An Bord der Wudong ging der kleine Alarm hoch. Der „kleine Alarm“ betraf alles, was zur Seefahrt gehörte und nichts mit der Fracht und den Geiseln zu tun hatte. Folglich blieben die ganzen Wachmannschaften entspannt unter Deck.

Der Kapitän, der hundemüde aus seiner Kabine gerufen wurde, war ein harter Pirat, aber alles andere nur kein erfahrener Kapitän eines Dickschiffes wie der Wudong. Fluchend betrat er die Brücke.

Vorne, etwa eine halbe Meile, schälte sich langsam eine Art Wikinger Lang Boot aus dem Nebel. Bug und Heck waren hoch aufgerichtet und an der Seite waren runde Schilde zu sehen.

Das große Segel war gerissen. Offenbar war hier jemand in Seenot geraten, aber Wikinger in der Südsee?

„Maschinen haaaaalt“ Rief Frederick zum Steuermann und er drehte den Maschinentelegrafen auf Stopp. Die Wudong, die derzeit mit 12 Knoten lief, wurde langsamer und stoppte schließlich.

Inzwischen waren die Bereitschaftsmannschaften an Deck und ein Speed-Boot wurde bemannt. Jetzt würde man dem „Wikinger“ mal auf die Finger kucken.

Der Nebel schien wieder dichter zu werden, das „Wikingerboot“ wurde erneut eingehüllt und man konnte nur noch die Umrisse sehen. So, im Licht des Morgens, wirkte das „Wikingerboot“ tatsächlich wie ein richtiges Lang Boot. Die Nebelschwaden hatten aber das Boot schon wieder eingehüllt und man sah es nicht mehr.

„Da drüben auf 11 Uhr ist es!“ Rief einer der Wachen.
„Quatsch, das war doch eben genau auf 9 Uhr, sind das etwa mehrere Schiffe, Radar, wieviel Schiffe siehst du da draußen?“

„Da draußen ist nur ein Schiff und genau auf 10 Uhr.“

Aus dem Nebel kam ein tiefes Tröten, wie von einem schlecht gewarteten Horn und im gleichen Moment blitzte dort, wo die Beobachter das Wikingerboot vermuteten und das Beiboot der Wudong sein musste, ein grelles Licht auf.

Blitz und Donner grollten durch den Nebel und vom Beiboot kam kein Zeichen mehr zurück, kein Laut, das Beiboot war einfach verschwunden und die Acht Mann mit ihm.

„Verdammt, wo ist unser Beiboot?“ Grollte der Kapitän. Die Leute auf der Brücke suchten da draußen in dem dichten Nebel, aber alles was kam, war dieses tiefe Tröten, nur diesmal nicht aus 11 Uhr, sondern von 9 Uhr backbord.

Ein Zischen wurde hörbar, dann schlug oben zwischen den Aufbauten der Brücke, ein Feuerpilz ein und es schien Lametta zu regnen. Aus einigen der Antennenkästen, aus denen lange Antennen kamen, blitzte es merkwürdig. Die Radarantenne hing irgendwie schief auf dem Mast und die ballonartige Satellitenkuppel war abgerissen und trieb im Meer.

„Kapitän, das Wikingerboot hat uns eben beschossen!“ Schrie einer der aufgeregten Piraten und der 1. Offizier wies ihn schroff zurecht.

„Quatsch keinen Blödsinn, das kann uns nicht beschießen, da draußen ist noch etwas anderes und DAS beschießt uns. Gebt Alarm.“

Der Kapitän der Wudong war inzwischen von Frederick eingewiesen und er hatte wieder die Führung übernommen. „Was ist mit der Funkerei los, wieso hören wir nichts mehr?“

„Man hat uns da eine Rakete reingeschossen, ich glaube, die hat da oben alles gebraten, wir haben nur noch die Handgeräte.“

Draußen im dichten Nebel fuhr inzwischen ein weiteres der Beiboote in Richtung des vermeintlichen Wikingerbootes.

„Habt ihr was auf dem Radar, wir sehen überall nur funkelnde Sterne unser Radar ist hinüber.“

„Zuletzt war der Wikinger auf 11 Uhr da draußen vielleicht 4 oder 5 Meilen …“

„Da will uns einer veräppeln, das geht nicht mit rechten Dingen zu. Gebt Alarm, alle Mann an Deck, da will jemand mit uns spielen!“ Schrie der Kapitän.

Jetzt ging auf dem ganzen Schiff der Alarm hoch. Die Freiwachen und doppelten Wachmannschaften liefen zur Waffenkammer und dann nach oben an Deck, um ihr Schiff zu verteidigen. Zurück blieben vielleicht deutlich weniger Wachen, die auf die Mädchen und Geiseln aufpassen mussten.

„Peter, das ist unsere Chance, jetzt oder nie!“
„Da vorne ist einer der beiden Waffenkammern, mal sehen, ob die etwas für uns übrighaben, Schatz!“ Flüsterte Peter mir zu und wir liefen so gut geschützt durch den Trouble auf die Waffenkammer zu.

Drei Mann waren vor uns und wir standen verdeckt hinter einigen Fässern.

„Was?“ Polterte die Stimme aus der Waffenkammer.
„Zwei Pistolen und Muni,“ rief der erste und erhielt einen Gurt mit zwei Pistolen und einigen Magazinen. Schon rannte der Mann weg und der Nächste stellte sich an.
„Was?“ Polterte die Stimme aus der Waffenkammer erneut.
„Ne Flinte und ein Haumesser!“
„Willst wohl Nahkampf machen was?“
Schon stand der Dritte an der Ausgabe.
Erneut polterte die Stimme aus der Waffenkammer „Was?“
„Gib mir eines der Sturmgewehre und reichlich Munition, schnell.“

Während die Person, die immer so laut gepoltert hatte, zwischen irgendwelchen Regalen verschwand, hatte ich dem Piraten an der Ausgabe einen Klaps auf den Hintern gegeben, lachte kurz und schien wegzurennen. Der Pirat wechselte kurz den Blick von der Waffenausgabe zu mir und rannte mir hinterher, genau in Peters Faust, die ihn augenblicklich fällte.

Mit einem Sprung war ich über der kleinen Ausgabetheke und stieß den Piraten in der Waffenausgabe um. Das war mal ein dicker, runder, schmieriger Pirat. Ein dreckiges Oberhemd und eine alte Cordhose, dazu Sandalen. Hier passt rein gar nichts.
Aber der Mann hatte Kraft. Eine unbändige Kraft schleuderte mich in ein Regal und ich konnte mich gerade noch festhalten, sonst wäre ich weggerutscht. Peter Schlug einen Wascheimer aus Metall auf den Kopf des Dicken, das machte ihn aber nur wilder.
Mit einem schnellen Schlag hatte der Dicke das Brett, das den Ausgabetresen darstellte weggestoßen und griff sich Peter.

Von hinten schlug ich den Mann eine doppelläufige Flinte über den Kopf, das brachte ihn aber nur kurz ins Wanken und Peter kam frei. Zwei drei Schläge später rann das Blut vom Kopf des dicken Waffenmannes, aber das schien ihn nicht zu stoppen. Er drehte sich viel schneller, als man ihm zugetraut hatte um und wollte mich packen. Doch da schlug ihm Peter einen CO2 Feuerlöschen über den Schädel.

Das reichte aus dem Dicken und er fiel, wie eine gefällte deutsche Eiche um.

„Mann, haben die Popeye in der Waffenausgabe, was geben die denen zum beißen Spinat?“ Fragte Peter und wir mussten beide kurz lachen.

Rasch füllten wir je einen Eimer mit Pistolen, Munition und allerlei Nützlichem und schauten nochmals nach dem Dicken, ob er noch eine Behandlung bräuchte, aber die würde er nie mehr benötigen. Wir zogen die schwere Stahltür zu und verschlossen sie mit dem darin hängenden massiven Bügelschloss. Den Schlüssel behielt Peter mit den Worten „Man weiß nie, ob man nochmal was braucht!“ Dann rannten wir los, in einen Raum, von dem wir wussten, dass er derzeit leer war, und rüsteten uns aus.
„Was sind das für Schusswaffen, sind die für Frauenhände?“ Moserte Peter über die handlichen Pistolen.
„Jammer nicht, das sind gute Brünner M 75 Pistolen, du kennst sie auch als Ceska CZ75, die sind gut und haben genug Munition. Außerdem haben die einen coolen Gewindeaufsatz vorne.“
„Ja aber eine Glock oder meine geliebte SIG wären mir halt lieber gewesen, Gewinde oder nicht.“
Ich grinste ihn aus, gab ihm einen schnellen Kuss und meinte „Die waren aus.“
Mit dem angelegten Waffengurt, den Magazinen und je einem starken Tauchermesser bewaffnet, fühlten wir uns deutlich besser.

„Wir sollten hier unten einen Bereich klären und dann sehen wir… „In diesem Moment ging vor uns eine der Türen auf und zwei Wachen traten heraus. Oh die beiden kannten wir nur zu gut. Der linke hatte sich an Peter vergriffen und der rechte hatte mir wehgetan. Wir blickten uns kurz an, zogen unsere Messer und sprangen die Piraten an.

Jetzt sind Piraten nicht alle per se tollkühne Nahkämpfer, nur weil sie bereit sind jemanden umzubringen. Oft genug sind sie immer noch leicht zu überrumpeln und an uns hatten die beiden jetzt garantiert nicht gedacht. Schnell hatten wir sie überwältigt und wir versteckten die Erstochenen hinter Fässern und Kisten mit Kraftstoff-Filtern.

„Jetzt zeige ich dir mal, wozu diese Gewinde gut sind.“ Schon fischte ich zwei Kraftstoff-Filter aus den Pappkartons und warf Peter einen davon zu. „Aufschrauben“ grinste ich ihn an und ich schraubte den Filter auf meine Pistole.

„Nee, das ist aber jetzt nicht dein Ernst oder?“ Schaute mich Peter fragend an und ich hob die Waffe, umfasste sie mit der zweiten Hand und schoss einmal.

Es gab ein tiefes Pfeifen, mehr nicht, der typische Knall fehlte, dafür hatte der Filter vorne jetzt ein rundes Loch und der Wachmann, der auf der anderen Seite zusammengebrochen war bestimmt auch.

„Ich muss mir echt überlegen, ob ich dich das nächste Mal in den Handwerker Markt mitnehme, du baust doch nur Waffen und Sprengstoffe zusammen.“

„Los weiter, wir müssen die Lage da oben ausnutzen.“

Da oben waren inzwischen die Piraten in Verteidigungsstellung und hatten alle Posten und Scheinwerfer besetzt. Gut zehn starke Lichter versuchten Licht in die Sache zu bringen, aber irgendwie schien sich der Wettergott gegen die Wudong entschieden zu haben.

Dass mehrere Nebeltöpfe der israelischen Marines dabei auch eine Rolle spielten, hatten die Piraten noch nicht mitbekommen, nachdem auch deren zweites Boot plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war.

Immer wieder kam von vorne das Tröten und immer wieder hatten die Piraten die Richtung zu bestimmen. „10 Uhr“ „Quatsch aus drei Uhr“ „Nein aus 12 Uhr, genau 12 Uhr“ widersprachen sich die Leute an den Ferngläsern.

Dann begann der erste der Piraten zu schießen. „Ich glaube ich habe da vorne Backboard etwas gesehen!“

„Verdammt stellt das Feuer ein, wenn wir nichts sehen, ist schießen das letzte, das ich erlaube. Ist das klar?“ Plärrte der Kapitän über die Lautsprecher.

Tatsächlich schien das Tröten von Backboard zu kommen, aber in dem dichten Nebel Entfernungen und Richtungen abzuschätzen, das war ein Ding der Unmöglichkeit.

„Peter, da oben – Scharfschütze!“ Schon hatte Peter die ersten beiden Schüsse in das offene Fenster geschossen und der Lauf verschwand langsam im Inneren.

„Klasse Schalldämpfer.“ Grinste er.

„Bleib da, der kommt wieder, sobald der rauskommt, schieß, ich versuche, ihn zu stellen.“ Mit diesen Worten war ich in einer der Türen verschwunden.

Auf dem Weg nach oben rannte mich fast einer der Piraten um und zwei Schuss in die Brust regelten das.
Und dann war endlich diese Türe, hinter der Türe würde der Sniper sein, das nahm ich an. Auf dem Boden liegend, drückte ich langsam die Türe auf und schräg gegenüber hing der Sniper und suchte eine gute Schussposition.

Ein Blick in den kleinen Raum, keine Absicherung, kein zweiter Mann. Der Sniper war ein Anfänger. Ich kroch in den Raum und orientierte mich. Außer dem Sniper und mir war wirklich keiner da.

– Caroline, der legt auf die Geiseln an, jetzt oder nie – kam Peters Information, da sprang ich auf und schrie den Mann an und schoss zweimal. Der Schrei hatte sein Ziel verwackelt, und der Schuss pfiff hinaus auf das Meer, aber der Sniper lag sterbend am Boden.

Ein rascher Blick aus der Luke, es waren keine weiteren Schützen zu sehen. Oben an Deck herrschte immer noch Hektik, was auch immer die Leute sich einfallen gelassen hatten, es wirkte.
– Der Sniper ist erledigt, Treffen wir uns im Container, ich brauche Munition –

Wir fanden den kleinen Container, er war aus starkem Stahlblech und im inneren fanden wir frisches Trinkwasser, Vitamintränke, einige Energieriegel und drei Tüten mit harten Keksen. Für den Anfang reichte uns das, die anderen Kisten würden wir uns später ansehen.

Ich setzte mich hin und versuchte, mich etwas zu entspannen …

Und Peter übernahm …

**

Völlig fertig streckte ich mich in dem kleinen Container aus. Ich glaube, es gab keinen Muskeln oder Knochen, der mir nach der „Behandlung“ von Oniagato Kikeraki nicht wehtaten. Nun mussten wir nur noch auf das Enterkommando warten und nachdem Caroline und ich halbwegs „in Sicherheit“ waren, senkte sich der Adrenalinspiegel etwas und Erschöpfung machte sich bemerkbar. „Wie geht’s dir?“ fragte mich Caroline.
„Noch ein klein wenig besser und ich müsste bellen.“
„Mach dich nicht über mich lustig, ich meine es ernst.“ Tadelte sie mich.
„Ganz ehrlich? Mir geht’s beschissen! Ich weiß nicht, ob ich es geschafft hätte, die Zeit zu überstehen, wenn ich nicht in Kontakt mit dir gestanden hätte. Ich habe mir ununterbrochen Sorgen um dich gemacht.“
„Peter, ich wurde körperlich und mental auf solche Situationen vorbereitet, mir geht’s gut.“ Antwortete sie.
„Wer will jetzt hier WEM etwas vormachen?“ fragte ich und drückte sie an mich. So eng aneinander gekuschelt genossen wir einfach die Nähe des anderen. „Also gut, mir geht’s auch beschissen.“ Gab Caroline zu, doch sie konnte schon wieder ein Lächeln in ihrem zauberhaften Gesicht zeigen. „Ich schöre dir.“ Sagte ich zu ihr, „Ich habe mir die Gesichter der Mistkerle, die sich über mich her gemacht haben, sehr gut eingeprägt. Sobald wir das Schiff unter Kontrolle haben, gibt’s eine zweite Runde!“
„Peter, du kannst nicht alle umbringen.“ „Nein, alle nicht, aber die beiden schon.“
-Krieger! – ertönte die Stimme von Ismael. –Hört mich! – Damit war die Ruhepause wohl vorbei. -Wir hören dich.- antwortete Caroline. -Das Enterkommando kann nicht an Bord kommen. Man sucht euch überall und ist sehr wachsam. Bleibt in eurem Versteck, ich überlege mir eine Ablenkung.-

-Kannst du die Piraten ablenken, ohne deine Tarnung zu gefährden? –

-Ich weiß es nicht, falls nicht…wir sehen uns bei Mualebda.- Dann riss der Kontakt zu Ismael ab. Caroline versuchte ihn zu erreichen, doch Ismael meldete sich nicht mehr.

„Wir müssen etwas tun!“ sagte Caroline „Ich werde nicht zulassen, dass sich Ismael unsertwegen opfert.“

„Nein!“ antwortete ich und sah mich um. In dem kleinen Container hatte Ismael neben einigen Vorräten auch ein paar Decken hingelegt. Bei genauem Hinsehen, sah ich, dass etwas unter den Decken hervorschaute, also stand ich auf, hob die Decke an und sah neben zwei Pistolen und Messern, zwei soulebdalesische Kriegskeulen auf dem Boden liegen. Als ich mich bückte, um die Keulen aufzuheben, spürte ich, wie sich etwas in mir veränderte. Ich spürte eine Kraft… eine bösartige Kraft, mit der ich schon einmal kämpfen musste. Doch diesmal brach sie nicht unvermittelt über mich herein, sondern lauerte im Hintergrund auf die Gelegenheit Besitz von mir zu ergreifen.

„Warum nicht!“ flüsterte ich, als das Gefühl stärker wurde. Keine zwei Sekunden später hatte ich eine genaue Vorstellung von einer Ablenkung.
„Wer sagt’s denn, perfekt!“ Caroline drehte sich zu mir um und sah, wie ich die Keulen aufhob. „Was hast du vor?“
„Ich werde die Meute da draußen ablenken und etwas Spaß haben.“

„Spaß haben? Könntest du Spaß haben, ETWAS genauer definieren?“ fragte sie und sah mich zweifelnd an.

„Ich habe mit ein paar dieser Schweinebacken da draußen noch ein Hühnchen zu rupfen, das werde ich mir nicht entgehen lassen.“
„Wieso bin ich bloß der Meinung, dass das eine saublöde Idee ist?“
„Weil du mich kennst?“

Nach all den schrecklichen Stunden musste Caroline zum ersten Mal ehrlich und frei lachen. „Das stimmt! Also schön, was tun wir?“

„WIR tun gar nichts! Ich gehe da raus und sorge für die Ablenkung, du wartest, bis das Enterkommando an Bord kommt und führst sie in das Innere des Schiffs, um Claire zu befreien.“
„Ich sage es doch, das ist eine saublöde Idee! Du wirst auf keinen Fall alleine da raus gehen!“

„Schatz, du musst das Enterkommando führen!“
„Hast du eine Ahnung was die mit dir anstellen, wenn sie dich in die Finger kriegen?“
„Keine Sorge Schatz. Schon vergessen? Die dürfen uns nicht umlegen und ich muss nur solange für Ablenkung sorgen, bis das Enterkommando an Bord ist.“
Caroline kämpfte schwer mit ihrer Entscheidung, natürlich wollte sie an meiner Seite bleiben, doch sie wusste auch, dass es für das Enterkommando und besonders für Claire wichtig war, dass Schiff schnell unter Kontrolle zu bringen und sie kannte das Innere der Wudong.
„Na schön! Du lenkst sie etwas ab, aber versuch nicht den Helden zu spielen, ich meine nicht mehr als sonst.“

„Werde ich nicht, versprochen.“
„Peter! Ich meine das ernst! Du hast gerade etwas an dir, was mir nicht gefällt und das mir Angst macht! Hier geht es nicht um deine persönliche Rache!“
„He du kennst mich doch.“
„Deswegen sage ich es ja! Nur ablenken!“

**

Während ich mich bereit machte, den Container zu verlassen, spähte Caroline durch das Loch einer fehlenden Schraube und wartete, dann nickte sie und öffnete die Tür des Containers etwas. Ich gab ihr einen Kuss und schlüpfte durch die Öffnung nach draußen.

Möglichst normal und aufrecht ging ich zurück in Richtung Vorschiff. Tatsächlich wimmelte das Schiff von Piraten, die uns suchten, doch irgendwie schien mich keiner zu bemerken. Nach den letzten Tagen sah ich genauso zerzaust und unrasiert aus, wie die meisten an Bord, ich trug denselben Overall und die Keulen hatte ich unter den Overall verborgen. So gelangte ich auf das Vorschiff, wo hinter den Kränen zwei Container übereinanderstanden. Mein Verdacht bestätigte sich, als ich vor den Containern stand. Diese waren Attrappen, hinter denen sich sicher Waffen verbargen. Einer der Container war geöffnet und ich sah so etwas wie eine russische Zwillingsflak.

Nur eine Leiter führte auf die Container, doch als ich nach oben steigen wollte, legte sich eine Hand auf meine Schulter und jemand sprach mich an, was ich allerdings nicht verstand.

Einer der Piraten wollte mir wohl mitteilen, dass er da oben schon nachgesehen hatte und ich drehte mich um. Als der Pirat mich erkannte, weiteten sich seine Augen, doch bevor er Alarm schlagen, oder rufen konnte, hatte ich ihm einen Tritt in die Eier verpasst, ihn gepackt und ihm mit einem Ruck das Genick gebrochen. Schnell blickte ich mich um, doch niemand hatte den kurzen Kampf mitbekommen. „Vielen Dank für die Kanone.“ Brummte ich und zog dem Toten seine Waffe aus dem Gürtel, dann stieg ich auf die Container.
Von dort oben, in guten fünf Metern Höhe, hatte ich einen guten Überblick auf das gesamte Vorschiff. Dieser Platz war verdammt gut für mein Vorhaben. Er lag hoch genug, um mich nicht überraschen zu können und auf der Leiter konnte immer nur einer nach dem anderen hochsteigen.
Ich ging in die Hocke und sah mich um, überall suchten Piraten und es wurde Zeit sie auf mich aufmerksam zu machen, denn sonst würde es zu einem harten Kampf mit unserem Enterkommando kommen.

–Krieger, bist du auf dem Vorschiff? – rief ich Ma’Gus Mann.
-Nein, ich bin unter Deck…-

Das genügte mir, ich suchte mir zwei Piraten aus, die etwa fünfzehn Meter von mir entfernt standen und in einem abgedeckten Rettungsboot nach uns suchten, zielte mit der Pistole und schoss beide mit mehreren Schüssen nieder, bevor diese begriffen, was geschah.

„He ihr Arschlöcher?!“ rief ich laut und stellte mich aufrecht hin. „Sucht ihr mich?“ und tatsächlich hatte ich plötzlich alle Aufmerksamkeit auf mich gezogen. „Hier bin ich! Kommt und holt mich!“ mit diesen Worten, warf ich die Pistole sichtbar nach unten, zog die Keulen hervor und ließ sie in der Luft wirbeln.

Unter mit erhob sich einiges Geschrei und viele Finger zeigten auf mich. Vor den Aufbauten zur Brücke, sah ich, wie ein Pirat mit einem Gewehr auf mich zielte, doch bevor er abdrücken konnte, wurde er von einem anderen Piraten, offenbar einem Offizier, geschlagen und angeschrien.

Ob es der Kapitän der Wudong war, konnte ich nicht sagen, doch er schien weit oben auf der Kommandoleiter zu stehen, denn er gab Kommandos und die Piraten zuckten zusammen und parierten.

Der „Offizier“ zeigte auf einen Piraten, der nahe am Container Deckung gesucht hatte, rief ihm etwas zu und wies auf die Leiter, die nach oben führte. Nur zögerlich begab der Pirat sich zur Leiter und stieg nach oben. Die letzten Stufen versuchte er schnell zurückzulegen, doch kaum erschien sein Kopf über dem Rand, knallte ich ihm eine Keule darauf und er fiel rückwärts die Leiter herunter.

„Nur einer? Das ist eine Beleidigung! Los ihr drei Wichser! Ich lasse euch auch nach oben!“ rief ich laut und zeigte auf drei andere Piraten.
Demonstrativ trat ich von der Leiter weg und wartete. Der „Offizier“ brüllte herum und tatsächlich bewegten sich die drei zur Leiter. Anscheinend war er der Meinung, dass drei seiner Männer ausreichten, um mich zur Raison zu bringen. Langsam und vorsichtig kamen alle drei hintereinander die Leiter hoch, wobei mich der der erste sorgsam im Auge behielt, doch ich blieb ruhig am Rand des Containers stehen und wartete.

Vorsichtig stieg der erste Pirat auf das Containerdach, dann sicherte er die Leiter und wartete, bis auch die anderen Beiden auf dem Container standen, erst danach zogen zwei Knüppel aus ihren Gürteln und gingen vorsichtig auf mich zu.

Ich aber wirbelte mit den Keulen und trat ihnen entgegen. Unzählige Stunden hatte ich mit Decker, Iduna und den Stammeskriegern mit diesen Waffen geübt und es dauert nur Sekunden, dann hatte ich allen drei den Schädel eingeschlagen. Mit einem verächtlichen Lachen gab ich dem Piraten, der noch zuckte einen Tritt und beförderte ihn vom Containerdach, dann folgten die beiden anderen.

Als der dritte mit einem dumpfen „Plumps“ auf dem Deck aufschlug, sah ich mich um. Mittlerweile hatte sich das Deck gefüllt und ein großer Teil der Besatzung starrte mich an. Soweit schien mein Plan aufzugehen. Außerdem trugen zwar fast alle Piraten Waffen mit sich, doch die wenigsten davon waren Schusswaffen und die wenigen Schusswaffen waren gesichert, denn die Piraten hatten strikte Anweisung uns lebend zu fassen.

Da sah ich IHN! Einen der zwei „Freunde“ die sich über mich her gemacht hatten, als ich gefesselt im Boot lag. Gute 1,85 groß, breit und Oberarme, die größer waren als manches Bein.

„DU!“ ich zeigte auf ihn „ICH WILL DICH!“ Kaum ausgesprochen begann die Wut in mir immer größer zu werden. –Gut so! – sagte ich zu mir selber. Als der Pirat zögerte, legte ich nach. „Was ist du FEIGLING!? Hast du Angst vor mir, wenn ich nicht gefesselt bin?“ fragte ich verächtlich. Obwohl mich sicher keiner verstand, wussten doch alle, was ich meinte, als ich das Gegacker eines Huhns nachmachte und entsprechend die Arme bewegte.

Weiß vor Wut stürmte der Pirat auf den Container zu, als sich ihm ein „Offizier“ in den Weg stellte und ihn anschrie, doch der Riese schlug ihn einfach mit einem einzigen Schlag nieder, stürmte auf die Container zu und niemand wagte es, ihn aufzuhalten.

-Krieger! – erklang eine Stimme. –Sei gewarnt, Rasul ist ein Ringer! Er kämpft nicht wie du, er umklammert seine Gegner und zerdrückt sie!“

Warnte Ismael mich vor. -Kein Problem! – Ich blendete ihn aus, sah wie Rasul die Leiter erreichte und plötzlich fühlte ich dieses bekannte, dunkle Gefühl in mir aufsteigen.

-PETER! – rief mich plötzlich Ma‘Difgtma, -Peter NEIN! Ich weiß was du vorhast, aber man kann das nicht kontrollieren! –
Ich versuchte, nun auch Ma’Difgtma auszublenden, doch gegen sie hatte ich keine Chance. –Peter, wenn du von der Klippe springst, gibt es kein Zurück! –
-Doch es gibt ein Zurück! –
-Das war ein einmaliges…- weiter kam sie nicht mehr, denn Rasul hatte das Ende der Leiter erreicht. Wie ein wilder Stier stand er mir gegenüber und starrte mich an.

„Was ist“, fragte ich ihn leise, „willst du noch eine Runde spielen? Dann komm und hol mich!“
Das ließ sich Rasul nicht zweimal sagen. Vorsichtig aber furchtlos kam er auf mich zu. Ich ließ eine Keule fallen und konzentrierte mich auf meinen Gegner, ließ aber auch nicht die Leiter aus dem Auge. Doch kein anderer Pirat schien die Gelegenheit zu erkennen nach oben zu kommen, oder sie hatte Angst vor Rasul, letztlich war es egal.

Nun sprang Rasul auf mich zu, um mich zu umklammern. Da mich Ismael vorgewarnt hatte, wich ich rechtzeitig aus und hielt ihn mit mehreren Keulenschlägen und Stößen auf Abstand, während ich mit eiserner Disziplin meine Wut unter Kontrolle brachte. –Noch nicht! – befahl ich mir selber. –WARTE! – Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen, mich zu fassen, sah mich Rasul mit schmalen Augen an. Abwartend umkreiste er mich, während er mich lauernd im Auge behielt.

Anscheinend hatte er sich den Kampf auch einfacher vorgestellt, denn nach einigen Keulenstößen in sein Gesicht, blutete er aus der Nase und hatte mehrere harte Schläge am ganzen Körper eingesteckt, doch ich hatte ihm noch keine ernsthafte Verletzung beigebracht.

Ich lauschte in mein Inneres… ja, ich fühlte ihn… er kam… GUT SO schrie mein Inneres. Jetzt oder nie!

Mit einer scheinbaren Unachtsamkeit gab ich Rasul seine Gelegenheit. Ich schaute nach hinten zur Leiter und er sprang vor und umklammerte mich, jedoch ohne meine Arme zu umfassen. Wahrscheinlich brauchte er das sonst auch nicht, denn er drückte mörderisch zu, so dass mir fast augenblicklich die Luft wegblieb und ich die Keule fallen ließ.

Doch genau darauf hatte ich gewartet, denn mit dem Schmerz ließ ich meinem Hass freien Lauf und ergab ich mich meiner Wut! Wieder erlebte ich das Gleiche wie auf Futuna. Der rote Schleier kam und erfasste mich und meine Seele und somit hatte der Lauf zur Klippe begonnen!

Dieser rote Schleier hatte mich erfasst, als ich gegen Sinclair kämpfte und er hatte mich in einen Wahnsinn gerissen, einen Wahnsinn aus dem ich mich selbst nicht retten konnte. Caroline war damals in die Dunkelheit gesprungen, hatte mit ihren und meinen Geistern gekämpft und mich zurückgeholt und genau wie vor einem Jahr stand meine Seele an einer Klippe…

Doch jetzt war mir das alles egal! Jetzt war der Schleier mein Freund! Ein Freund der mich alle Schmerzen, alle Emotionen, alle Menschlichkeit verlieren ließ und der das Ungeheuer in mir entfesselte, das wohl in jedem Menschen steckte, doch bei den meisten niemals ausbrach.

Ich sah alles wie durch einen blutroten Filter, griff mit beiden Händen Rasuls Nacken, und ließ meine Stirn mit voller Wucht gegen seine Nase krachen und sofort erfolgte ein weiterer Stoß gegen sein linkes Auge. Das brachte ihn für Sekunden aus seinem Konzept und ich fasste nach hinten, packte Rasuls rechte Hand, bekam seinen Zeige- und Mittelfinger zu greifen und bog diese mit einer unbändigen Kraft nach hinten bis zum Handrücken. Mit einem lauten Schmerzensschrei lockerte Rasul seinen Griff und ich bekam das ganze Handgelenk zu packen.

Die mit Decker bis zum Umfallen geübten Bewegungen, lief wie ein Automatikprogramm. Daumen nach oben auf den Handrücken, Hebelwirkung über das Handgelenk auf den Arm und herumdrehen. Alle seine Stärke nutze Rasul nichts gegen die Kraft die mir der rote Schleier verlieh und gegen richtig angewandte Physik!

Rasul musste loslassen und wurde durch den Hebel nach unten gedrückt. Als er in der Hocke war und seinen Ellbogen nach oben streckte, ließ ich ihn mit der rechten Hand los und legte all mein Gewicht in einen Schlag gegen sein Ellbogengelenk, das krachend nachgab. Rasul schrie auf und taumelte zurück, war aber noch nicht geschlagen.

Nun verfiel auch Rasul in einen Gewaltrausch, doch er war angeschlagen und ich hatte nicht die Absicht ihm die Initiative zu überlassen. Jetzt, da er mich nicht mehr umklammern konnte, stand seine Kraft gegen meine Wut, die dank des Schleiers immer größer wurde. Ganz im Hintergrund hörte ich Ma’Difgtma verzweifelte Rufe, die ich ignorierte. Ich ergab mich dem Schleier und sprang das zweite Mal von der Klippe, doch anders als beim ersten Mal, tat ich es diesmal mit Absicht und in vollem Bewusstsein. Tiefe Schwärze umfing mich und meine Seele, fuhr durch mich hindurch und riss mich immer tiefer…

**

Caroline wurde völlig überrascht. Vor ihrem inneren Auge zeigte sich Ma’Difgtma und informierte Caroline. – Peter hat es getan, er hat den Schleier über sich kommen lassen und springt gleich in den Abgrund. –
Caroline blieb kurz stehen, der Marineleutnant an ihrer Seite sah ihre Tränen in den Augen und hörte, wie sie mit voller Inbrunst flüsterte: „Oh Mualebda bitte hilf ihm, er braucht dich jetzt, bitte hilf ihm!“

**

Diesmal gab es keine Caroline, die mir folgte um meine Seele zu retten und auch Ma’Difgtma Stimme wurde immer leiser, bis ich sie nicht mehr hören konnte. -Seltsam,- dachte ich noch, -fühlt sich gar nicht so schlimm an…- nun konnte mich nur noch einer retten… oder EINE! Und ich rief SIE!

**

Peters Ablenkung war perfekt. Jeder der Piraten schaute, oder lief nach vorne Richtung Bug, um sich das Schauspiel anzusehen. Ein einzelner Europäer forderte die gesamte Bruderschaft zum Zweikampf heraus. Der Europäer musste verrückt sein.

Leider durften die Piraten ihn nicht einfach so wegballern, wie sie es mit anderen Angebern getan hätten, aber der Stecher hatte ganz klare Anweisungen hinterlassen und diesen Anweisungen sollte man folgen, das wusste jeder Pirat auf der Wudong.

Da Peter vorne kämpfte, nutzte ich die Gelegenheit und lief zur hinteren Rampe. Rasch versteckte ich mich hinter einem Ölfass, als zwei Wachen aus den Seitenräumen kamen und ihre Augen nach vorne richteten.

Das war meine Möglichkeit. Blitzschnell sprang ich die beiden an, der Erste bekam mein Messer in den Nacken und fiel einfach um. Den zweiten Wächter warf es um, zwischen zwei andere Ölfässer. Sein Hals passte hindurch, aber sein Kopf blieb seltsam verrenkt hängen, er musste höllische Qualen leiden. Mit einem schnellen Stich mit seinem Messer erlöste ich den Leidenden und zog beide Messer aus den Körpern.

Da vorne das war die Schleuse und die musste ich öffnen, sonst hätte das Enterkommando Probleme.
Der Sicherungskasten war an der Seite der Wand montiert und die Beschriftung war erstklassig. Rasch hatte ich den Deckel abmontiert und suchte das Signalkabel zur Brücke, das jede Aktion der Bordwand anzeigen würde.

Eines der beiden Kabel riss ich heraus, so ging der Alarm nicht los, aber es konnte auch keine Meldung zur mehr gelangen. Nun musste ich die Hydraulik finden und die dazu nötige Bedienung.

Wieder einmal war es erstaunlich, wie Schifffahrtsingenieure denken. Kühl und logisch bauten sie die Hydrosteuerung nicht weit von der Elektroversorgung ein. Mit einem leisen Summen lief die Ölpumpe an und baute den Druck auf. Entriegeln und herunterfahren der Heckklappe war das leichteste. Draußen standen bereits die beiden Marine Kommandos und ich begrüßte sie kurz.

Jedes der Kommandos, bestand aus 10 Mann. Das zweite Kommando teilte sich auf und fünf der Soldaten kamen auf mich zu.
„Ich bin Leutnant Dschingel’fis das sind meine Männer. Wir helfen ihnen, Miss Miles, die vermisste Clair Clament zu finden und sofern möglich, weitere Geiseln zu befreien.“

„Danke, sind das da hinten ihre Rettungsboote?“
„Das sind die Boote der Fregatte, sie liegt hier ganz in der Nähe im Nebel versteckt.“
„Sehr schön Leutnant, folgen sie mir.“, und wir verschwanden in den seitlichen Kammern. Die Heckschleuse blieb offen, von einigen Ölfässern vor dem direkten Blick geschützt war die Wudong jetzt gut zu entern.

Ich konzentrierte mich auf Peter, um ihm mitzuteilen, dass die Enterung begann. Aber irgendwie kam ich nicht durch, ich wusste nicht, ob er mich verstand oder nicht. Durch das Fernglas eines Leutnants konnte ich auf den vorderen Container sehen, wo ein Berg von einem Mann mit Peter kämpfte …

„Oh Mualebda, bitte hilf ihm …“ flehte ich leise vor mich hin und schloss meine Augen …

**

Im Kopf hatte ich ein Rauschen, als wenn Caroline mir etwas mitteilen wollte, aber ich bekam das nicht mehr richtig mit und vor mir stand Rasul. Der rote Schleier hatte mich gepackt und allmählich bekam ich Angst, doch da kam meine Rettung.

Ich hörte ihren markanten Schrei, dann hatte mich Mualebda gepackt und riss mich aus der Dunkelheit des roten Schleiers. Die Schwärze wurde durchbrochen, als sie in Gestalt einer Harpyie mich auffing und ich mich an ihren Hals klammerte.

Um mich herum wurde es erst heller, dann gleißend hell. Ich stand wieder auf der Klippe, nachdem mich Mualebda ziemlich unsanft von sich herunter befördert hatte und neben mir stand plötzlich Caroline, während Mualebda vor uns schwebte. Wir standen da umgeben von einer weißen Wolke, sonst war kein Mensch zu sehen. Es war eine gespenstige Ruhe.

-Krieger und Beschützer meines Volkes! Achtet besser auf Euch! Ich brauche euch noch für wichtige Aufgaben! DU da – Kriegerin! – Mualebda sah mit ihren bernsteinfarbenen Augen Caroline vorwurfsvoll an. –Du bist diejenige von Euch mit Verstand! Achte darauf, dass er hier solche Dinge nicht zur Gewohnheit werden lässt! – Dann war sie und Caroline wieder verschwunden und die weiße Wolke löste sich auf.

Um mich herum schien der rötliche Schleier auch zu verschwinden.

Ich öffnete die Augen und stand noch immer auf dem Container und hielt einen toten Rasul umklammert, den ich offenbar mit bloßen Händen erwürgt hatte. Der rote Schleier war verschwunden und eine Seele sowie mein Verstand gehörten wieder mir.

Als ich Rasul losließ, fiel er die fünf Meter nach unten und schlug hart auf dem Boden auf. Alle an Deck starrten mich an. Betont lässig bewegte ich meinen Kopf nach rechts und links und suchte mir einen weiteren Piraten aus.

„Jetzt du!“ sagte ich und ich zeigte auf einen Piraten, der entsetzt zurückwich.

Keiner der Piraten sah zum Heck, wo die ersten schallgedämpften Schüsse fielen… Caroline stürmte an der Spitze der Soldaten zu den Aufbauten, während ein weiteres Team in zwei Gruppen an beiden Seiten des Schiffs zum Vorschiff stürmte.

**

Auf der Fregatte Novel’ult – vor einer Stunde
Fregattenkapitän Dursa’lan stand mit seinem 1. Offizier Carlim’ba, einem Major und dem Einsatzoffizier Godev’jet, einem lang gedienten Hauptmann, am digitalen Lagetisch und sie beratschlagten die Lage.

„Unser Ziel die Wudong befindet sich hier in einem Nebelgebiet. Eigentlich müssten die das wissen, dass das die Waschküche der Südsee ist. Hier ist immer dichter Nebel. Jedenfalls wenn sie diese See öfter befahren würden.“

„Wo ist der Todesschatten?“, fragte der 1. Offizier Carlim’ba.
„Der muss vor der Wudong liegen, die Israelis haben einige Nebeltöpfe ausgesetzt um denen so richtig die Sicht zu nehmen und dann die Bordelektronik mit einer dieser fiesen ECM Raketen ausgeschaltet, die Piraten bekommen nicht mal mehr Kurzwelle rein.“ Wusste der Einsatzoffizier Godev’jet zu berichten.

„OK wie haben die die Wudong verlangsamt, weiß man da Genaueres?“ Fragte Fregattenkapitän Dursa’lan.

„Angeblich haben die den Piraten weisgemacht, ein Wikinger Lang Boot läge da in Seenot.“ Dabei grinste Carlim’ba und zeigte seine weißen Zähne.

„Das ist jetzt nicht ihr Ernst, oder – ein Lang Boot? Die haben Ideen.“, grinste Dursa’lan.

„Ja vorhin kam auf dem codierten Kanal, dass sie das erste Speed-Boot der Piraten übernommen haben. Die machen da keine halben Sachen. Außerdem sind zwei Kommandos Marines bereits auf dem Weg um an Bord der Wudong zu gelangen.“ Berichtete Godev’jet.

„Na gut.“ Dursa’lan wurde wieder befehlerisch. „Geben sie Einsatzalarm. Wir schicken unsere Beiboote durch den Nebel an deren Heck, die gefangenen Mädchen und die anderen Geiseln haben Priorität. Unsere drei Leute haben sich bereits befreit und mischen mit. Jedenfalls sagte das unser Kontakt auf der Wudong.

Die Geschütze bemannen und vier Gruppen Sniper sollen sich bereit machen, ich will nachher saubere Schüsse durch den Nebel sehen.

Die Entermannschaft hat noch Zeit, wir werden erst dann diesen Kahn übernehmen, wenn die Zeit da ist. Wie hoch ist der Nebel und wie breit?“
„Gut 80 Meter hoch und immer noch 40 Meilen in der Ausdehnung, die Wudong ist mittendrin, Sir.“ Kam es aus der Navigation.

„Die sind blind wie die Maulwürfe und wissen nicht, wie ihnen geschieht.“ Sagte der junge Leutnant Jørgensen, ein Austauschoffizier aus Europa.

„Maulwürfe?“ Fragte Kapitän Dursa’lan. „Was habt ihr in Europa für komische Tiere.“
„Ja Kapitän, die sehen so aus wie eure Hunga Batas, diese Erdbuddler, die brauchen auch keine Augen.“

„Still jetzt, da drüben gehts los. Die Marines haben das Welldeck erreicht. Irgendein Problem scheint dort zu sein, die scheinen ordentlich beschäftigt zu sein, da, jetzt – jetzt legt das erste Boot ab, Kapitän das Boot sind voll mit Mädchen.“

Der Kapitän erhob seinen Kopf „Deckoffizier, klarmachen für Personenaufnahmen, es ist so weit. Es kommen ein paar Hundertschaften Mädchen!“

Während das erste Boot an der Novel’ult anlegte und mit dem Kran hochgehoben wurde, betrachten die Einsatzoffiziere an den Radarschirmen und Sichtgeräten das Geschehen vor ihnen im dichten Nebel.

„Da die Israelis haben tatsächlich zwei Boote als Wikingerboote ausgesetzt, die verwirren die Piraten total.“

Die Boote der Novel’ult fuhren erneut durch den dichten Nebel, geführt von den klaren Ansagen der Navigationsmannschaft.

Carlim’ba schaute Godev’jet an und wunderte sich. „Wieso haben die da drüben keine Nachtsichtgeräte, die den Nebel durchdringen?“

„Dafür haben die in der Regel ihr Radar, das durchdringt den Nebel und die Elektronik haben die vom Todesschatten garantiert schon ausgeschaltet.“

Die Scharfschützen hatten neben den starken Optiken auch Mikrowellenbeleuchter, mit denen sie den Nebel durchdringen konnten. Die Bilder in der Optik waren klar wie bei Restlichtverstärkern, allerdings nicht grün, sondern in einem grauen Farbton gehalten.

„Scharfschützen bereit Kapitän“ Kam die Meldung vom Kommandoführer der Scharfschützen.

Auf der Fregatte Novel’ult machte man sich für den Kampf bereit.

**

Während wir uns um die Mädchen kümmerten, ging oben an Deck der Kampf erst richtig los.

Die Marines beschossen die Piraten an Deck und trieben sie weiter in Richtung Bug, zu den Containern. Dort lag auch Peter auf dem Dach des Containers, von wo er seinen Ablenkungskampf gestartet hatte.

**

– Hörst du uns Ismael? – Riefen ich Ma’Gus Informanten – Die Fregatte ist angekommen, runter von der Brücke –

– Danke – Kam es kurz und knapp. Offenbar hatte Ismael andere Sorgen.

**

Auf der Brücke der Wudong war der Kapitän inzwischen äußerst unruhig und die Anweisungen des Stechers, die drei Geiseln lebendig zu überbringen, waren ihm schlichtweg egal.

„Die knallen uns hier ab wie die Tontauben, vergesst die Order des Stechers, die Gefangenen lebendig zu überbringen, legt den da vorne auf dem Container um, ich will da Sicherheit für meine Männer. Los zwei Mann mit Gewehren und haltet drauf!“

Zwei Piraten kamen angerannt, sie hielten Gewehre mit langen Zielfernrohren in ihren Händen und liefen direkt auf den Kapitän zu. Jeden Moment würden sie Peter auf dem vordersten Container unter Feuer nehmen.

**

„Kapitän, die Brückenbesetzung kommt mit Gewehren, die wollen mit Sicherheit auf den Mann auf dem Container schießen, um Platz für ihre eigenen Leute zu machen.“

„Sind unsere Scharfschützen bereit?“

„Aye Kapitän, bereit.“ Antwortete der Kommandoführer Schiffssicherung.

„Sie haben Feuererlaubnis.“

Der Kommandoführer sprach leise in das Sprechgerät und auf der Wudong brachen einige Sekunden später die beiden Gewehrschützen vor dem Kapitän mit Löchern in Brust und Rücken zusammen.

„Scheiße, bringt mit die doppelläufige Elefantenbüchse, den da vorne putze ich selber weg!“ Rief der Kapitän der Wudong.

Noch während die unförmige, lange Elefantenbüchse aus der Brücke bugsiert wurde, um sie auf die Reling zu legen, zuckte es eine halbe Meile an Steuerboard im Nebel kurz auf und einen Moment später pfiff eine Granate über die Brücke und detonierte. Der Kapitän, zwei seiner Mannschaften starben auf der Stelle und die halbe Brückenverkleidung ging zu Bruch.

Spätestens jetzt war allen an Bord der Wudong klar, die Fregatte war hier und griff in den Kampf ein.

Aus dem Nebel dröhnte die Sirene der Fregatte. Dieses Relikt aus dem letzten Krieg hatte man auf der Fregatte beibehalten und die Sirene erwies sich jetzt als sehr praktisch.

Der Vertreter des Kapitäns gab Angriffsbefehl für die Speed-Boot Besatzungen und die Geschützmannschaften.

Jetzt war das Oberdeck halbwegs frei und Peter sprang auf und spurtete von Container zu Container in Richtung Brücke, um schließlich im Schiffsinnere zu verschwinden.

– Schatz ich komme von Backbord über die Treppe auf euch zu, wo finde ich euch? –

– Du kommst an der Sanitätsstation vorbei, dort gehts über eine Treppe in das Unterdeck, wir sind bei Q-23, das ist recht weit achtern, winke wenn du kommst, die Marines sind nervös mit den Fingern. –

Wenige Minuten war Peter bei mir und wir schlossen uns endlich wieder in die Arme.

**

Die Fregatte Novel’ult lag etwa eine halbe Meile an Steuerbord und die angreifenden Speed-Boote der Wudong wurden mit wenigen gezielten Schüssen aus der 27mm Bordkanone regelrecht zerlegt. Die Air Burst Munition zerriss die Speed-Boote mit den Angreifern förmlich in tausend Stücke.

Auf der Wudong versuchten die Piraten einen letzten Angriff und ließen die schweren Klappen der seitlichen Bordwände herab. Dahinter befanden sich 3,7 cm Zwillings Flak Kanonen und mit denen würden sich die Piraten den Weg freischießen.

Auf der Steuerbordseite befanden sich zwei dieser 3,7 cm Zwillings Flak Kanonen und die Mannschaften richteten diese auf die Fregatte aus. Viel zu früh begannen die Piraten wild zu schießen. Die ersten Garben gingen viel zu hoch, die nächsten gingen viel zu tief, aber so langsam wussten die Mannschaften der Geschütze, wie man die Kanonen auf solch ein nahes See Ziel ausrichtete. Mit etwas Glück würden sie die Fregatte jetzt durchsieben und in ein feuriges Grab verwandeln. Zumindest war das der Plan der Piraten.

Doch das Glück war den Piraten nicht hold.

Die schwere Bugkanone der Fregatte schoss mehrmals in die herunter gelassenen Container-Abdeckungen der Wudong. Bereits nach wenigen Schuss stieg dort nur noch weißer Rauch auf. Geschütze und Mannschaft waren ausgeschaltet, die Container sahen aus, wie geborstene Getränkedosen.
Ein einzelnes Speed-Boot raste auf die Fregatte zu. Das Boot war mit Sprengstoff beladen und die Fregatte war ein nicht zu übersehendes Ziel.

„Jaaa kreischten einige der Piraten“, offenbar waren sie so mit Drogen und Alkohol befüllt, dass ihnen alles egal war. „Machen wir es wie mit der USS Cole, blasen wir das verdammte Ding aus dem Wasser!“

Der Schütze am Richtvisier der Maschinenkanone an Bord der Fregatte schaute verbissen und murmelte nur ein leises „Der 8. August 2000 wiederholt sich bei uns nicht, sagt Adieu ihr Deppen!“

Mit einer Salve der Maschinenkanone beendete er den Spuk und das Speed Boot detonierte und flog mit einer gewaltigen Wasserfontäne in die Luft.

**

Auf der Wudong
Der junge Leutnant, der Peter und mich begleitete sah uns an. „Ich muss zum Trupp, bleibt in Deckung, wir kommen gleich zurück, bleibt in Deckung.“ Schon war der Soldat verschwunden.

Einen Moment später schauten Peter und ich uns an. „Diese Schreie kommen aus dem Raum vor uns!“ Flüsterte Peter und öffnete eine der Türen im unteren Bereich.

Vor uns stand Oniagato Kikeraki mit einem Katana, einem Samurai Schwert, und hieb im wilden Wahn auf junge Frauen ein, am Boden knieten und schrien. Blut spritzte und Oniagato Kikeraki schlug weiter auf die Mädchen ein. Er war dabei die unschuldigen Mädchen abzuschlachten. Wir mussten sofort handeln.

„Hey du Leuteschinder!“ Riefen Peter und ich zugleich und Oniagato Kikeraki drehte sich langsam zu uns um. Seine Augen waren geweitet und uns wurde sofort klar, dass der Wahnsinn ihn gepackt hatte.

Erst jetzt sahen wir das Grauen, das er verursacht hatte. Am Boden lagen sieben oder acht erschlagene Mädchen mit tiefen Wunden. Einige Gliedmaßen lagen abseits. Kikeraki hatte hier gemetzelt.

Aber als die Mädchen uns sahen, wurde uns klar, weshalb die nichts rufen oder gar schreien konnten. Die Mädchen waren fast alle geknebelt. Nur eines der Mädchen hatte den Knebel lösen und schreien können. Peter schon diesem Mädchen ein Messer zu, damit die Mädchen sich befreien konnten.

„Weg mit dem Schwert – SOFORT!“ Rief ich Kikeraki zu und er lief schreiend auf uns zu. Hinter ihm, die noch lebenden Mädchen, so konnten wir nicht schießen, ohne sie zu gefährden. Ich musste ihn aus der Schussbahn bringen, damit zumindest Peter schießen konnte.

Also rannte ich mit meinem Messer in der einen Hand und der Pistole in der anderen Hand auf Kikeraki los und er hob sein Schwert.

– Der ist schnell, Schatz pass auf – Kam von Peter und ich wusste, dass er Recht hatte. Der durchgedrehte Japaner war flink und schnell wie ein Wiesel, also musste ich noch schneller sein.

In dem beengten Raum huschte ich unter seinen Beinen durch, sein Schwertschlag kam und schnitt mir ein paar meiner roten Locken, doch ich konnte in die Innenseite seines Oberschenkels die Schlagader treffen und seine Hose färbte sich schnell dunkel.

Jetzt war ich hinter ihm.

– Achtung Peter ich schieße –

Peter, ganz der Straßenkämpfer warf einiges Zeugs in Richtung Kikeraki und dieser Moment nutzte ich auch und schoss diesen Schlächter nieder.

Doch der kleine Japaner war zäher als gedacht, noch lebte er und wollte erneut angreifen, doch da schlug ihm Peter mit einem Rohr das Katana aus der Hand. Noch während Kikeraki verwundert zu Peter und mir schaute, fielen bereits die Mädchen über ihn her und warfen ihn zu Boden.

Jetzt konnten wir nicht mehr schießen.

Mit einem lauten Geschrei fielen die inzwischen befreiten Mädchen über den doch recht kleinen Japaner her und rissen ihn in die Zelle, in der die Leichenteile ihrer Mitgefangenen lagen. Eine Meute von gut dreißig wilden Frauen riss den Folterer förmlich auseinander.

Woher das Messer kam, sah ich nicht, wir sahen nur noch ein paar Teile umherfliegen und hörten einen kurzen halberstickten Schrei, dann sahen wir das Knäuel der Mädchen, die Kikeraki zerrissen. Ein markerschütternder Schrei kam auf und dann herrschte Ruhe.

Eines der Mädchen hielt etwas Blutiges, abgeschnittenes und wir wollten nicht wissen, was das einmal war.

Von Oniagato Kikeraki ging jedenfalls keine Gefahr mehr aus. Die Mädchen im hinteren Teil des Raumes erhoben sich und endlich sahen wir auch Clair.

Sie lag gefesselt und geknebelt, aber sie war ansonsten heil und in einem Stück. Wir befreiten die restlichen Mädchen und baten sie, noch hierzubleiben. Clair fiel uns beiden in die Arme und begann zu weinen.

„Endlich seid ihr da, ich habe so darum gebetet, dass ihr mich findet.“ Ihre Augen waren aufgerissen, sie musste Schreckliches erlebt haben. Jetzt aber schlossen wir sie in unsere Arme.

Der junge Leutnant kam mit seiner Mannschaft hinzu und selbst diese hartgesottenen Soldaten erschraken, als sie das Massaker sahen, das Kikeraki hier veranstaltet hatte.

„Wer braucht sofortige Erste Hilfe?“ Ein Mädchen mit blutigem Unterarm kam auf die Sanitäter zu.

„Die Fregatte liegt längsseits, es ist gleich vorbei, wir bringen euch ans Heck zu den Booten.“

„Leutnant, ihr bringt die Mädchen in Sicherheit, wir müssen noch einmal hinauf auf die Brücke, Beweise sichern, gebt uns bitte zwei Soldaten mit.“

Während die restlichen Mädchen in die Beiboote gebracht wurden, schlichen wir durch einen Gang und trafen nur auf zwei Piraten, die von unseren Begleitern augenblicklich erschossen wurden.

Auf der letzten Treppe vor der Kommandobrücke verließ uns unser Glück. Der vorausgehende Soldat wurde von einer Flinte getroffen und schwer verletzt.
Wir zogen den blutenden Mann zu uns in Sicherheit.
„Der muss dort in dem Gang hinter der Deckung sein, da kommen wir nicht hin.“ Flüsterte der zweite Soldat.
„Bring deinen Mann in Sicherheit wir machen das.“
„Aber ihr seid keine Soldaten, ihr lauft in euer Verderben, wartet, ich rufe Verstärkung!“
„Bring deinen Kameraden in Sicherheit, rette sein Leben, weißt du nicht wer die Frau da ist?“, flüsterte Peter und der Mann sah mich verständnislos an.
„Nein, wie denn…“
„Pass auf und lerne und dann rette deinen Kameraden.“ Sagte ich lächelnd zu dem Soldaten.

**
Hinter der Deckung aus massivem Stahl lag der Pirat mit einer doppelläufigen Flinte. Direkt über ihm flackerte eine einsame Neonleuchte. Mit einer Doublette schoss ich die Halterung der Leuchte entzwei und sie raste, am Stromkabel hängend, direkt auf die Deckung des Piraten zu und traf ihn.

Noch während der Soldat schrie, sprang ich auf und bekam den Piraten in mein Schussfeld. Zwei Schuss später ging er zu Boden, doch ehe ich weitergehen konnte, schoss ich erneut auf etwas, das sich hinter dem Piraten bewegt hatte.

Ein Aufschrei erfolgte und ein grimmiger Pirat hielt sich die Hände vor sein blutendes Gesicht. So torkelte er vor und ich beendete sein Leiden.

In Deckung kniend zielte ich auf einen Feuerlöscher und schoss diesen entzwei. Wie eine kleine Bombe zerriss es den Löscher und zwei weitere Piraten rannten in Panik ins Freie, wo wir sie erschossen. Jetzt herrschte endlich Ruhe. Inzwischen brachte der Soldat seinen verletzten Kameraden zurück, über Funk kam bereits die Verstärkung.

„Miss Miles, die Verstärkung ist da, danke auch, mein Kamerad ist verletzt aber er kommt wieder auf die Beine.“

Wir drangen weiter vor zur Kommandobrücke.

**

Ismael
Die Brücke war kaum beleuchtet, hier und da flackerten einige Lichter und von der Decke knisterten Kurzschlüsse und versprühten Funken.
Die Instrumente und der komplette Fahrstand sahen noch gut aus, wir erkannten keine ausfällt, wenn man von dem fehlenden Radar einmal absah.

Zwei tote Piraten lagen am Boden, sie wurden offenbar von der Granate erwischt, die vorhin die Scharfschützen erledigt hatte.

„Da vorne ist noch wer.“ Peter deutete in Richtung eines dunklen Bereichs.

– Ismael, wo bist du, hörst du uns –

– Jetzt nicht, da dringen Piraten auf die Brücke vor, die suchen mich –

– Halt, die Leute auf der Brücke sind wir, nicht schießen, ich schalte eine Taschenlampe ein, Ismael –

Als sich Ismael erhob und auf uns beide zukam, sprang einer der Piraten aus einem anderen Gang auf und feuerte mit einer Maschinenpistole einen langen Feuerstoß auf Ismael, der sogleich zusammenbrach.

„Verdammter Verräter habe ich dich doch noch erwischt!“
Peter schoss den Piraten zusammen und er ging zu Boden, die Maschinenpistole flog weg. Ismael aber lag am Boden mit aufgerissenen Augen. Wir hatten unseren ersten Toten.
„Ihr werdet alle draufgehen, wenn der Stecher davon Wind bekommt.“, hustete der am Boden liegende Pirat.

„Peter, schau, was du auf der Brücke an Material findest, Karte mit Kursangaben, Handys, Tablets, einfach alles, was da so herumliegt, ich frage unseren Gast mal nach dem rechten Kurs.“

Peter sah sich sorgfältig um. Einen Rucksack aus modernem Stoff hing an der Wand und Peter leerte ihn aus, da waren nur Getränkedosen ein paar Pornohefte und reichlich Schnupftabak. In diesen Rucksack stopfte Peter alles, was interessant aussah.

„Und nun zu uns beiden, ehe ich dich aufschneide, hast du die Gelegenheit, freiwillig zu erzählen wohin die Reise gehen sollte. Was war das Ziel?“
„Elende Bitch, dich soll der Stecher ganz langsam zu Tode vögeln und dann …“

Weiter ließ ich den Mann nicht kommen, Mein Messer schnitt in seinen Oberarm ein und ich drückte die Klinge weiter und tiefer…

Peter fand tatsächlich einiges an Material, in der Fahrkarte war ein Kurs eingezeichnet, der in Richtung Vanuatu zeigte. Im Hintergrund hörte er den Piraten aufschreien, bis endlich ein „Aufhören, ich sage alles!“, aus seinem Mund kam.

„Verdammtes Weibsstück, wie weit hättest du mich gequält?“
„Du hättest geredet, vertrau mir. Aber jetzt ersparst du dir unnötige Schmerzen. Also, wohin ging die Reise, was war euer Ziel?“

„Makira, wir waren unterwegs nach Makira, vorbei am Orientierungspunkt Ulava. Dort sollten wir mit den anderen zusammentreffen.“

„Das ist also der neue Stützpunkt. Im Norden oder im Süden der Insel, wo seid ihr dort versteckt?“

Plötzlich zog der am Boden liegende Pirat einen feinen Dolch und stach nach mir, aber er war zu langsam. Den Dolch hatte ich schnell aus seiner Hand und stach ihn dem Piraten bis zum Anschlag in die Schulter.

Mit einem lauten Aufschrei ergab sich der Pirat endgültig. „Norden, wir haben den Norden für uns. Nicht mehr weh tun, bitte nicht mehr.“

„Ich kenne Ulava diese Insel mit dem zentralen hohen Berg, was habt ihr dort zum Schutz und lüg nicht, du hast noch eine zweite Schulter. Dabei hob ich mein Messer in das Sichtfeld des Piraten.

Peter hatte inzwischen die Brücke abgesucht und reichlich Material eingesammelt.

„Schatz, ich habe alles beisammen, können wir?“

Während ich mich umdrehte, riss sich der Pirat den Dolch aus der Wunde und wollte mich damit angreifen. Aber die Brücke der Wudong hatte spiegelnde, polierte Edelstahlbleche und ich erkannte den Angriff.
Den Dolch aus des Piraten Hand reißend, stach ich in durch seine Hand und nagelte sie so in den Teakholzboden.
Während der Pirat erneut aufschrie, packte ich ihn an der anderen Schulter und drückte fest in die Schnittwunde.

„Was habt ihr auf Ulava zum Schutz der Inseln aufgebaut?“
„Radar und Raketenwerfer, bitte Aufhören.“, schrie der Pirat.
„Das ist nicht alles, ich kenne die Gewässer, da gibts noch mehr, sag an oder ich Filettiere dich!“
Dabei zog ich ihm mein Messer über den Oberschenkel und das war dann endlich genug für den Piraten, sein Wille war gebrochen und er berichtete von einem Sonarposten unter Wasser mit Torpedobewaffnung. Jedes Schiff, das den Kurs nicht einhielt, wurde als Feind angesehen und versenkt.

Es gab keine Funkzeichen, die Besatzung hatte das Flaggensignal „V-T-A-H“ zu setzen und genau den Kurs einzuhalten. Weiterhin berichtete der Pirat von leichter Kanonenbewaffnung im Norden. Dort waren auch die neuen Stützpunkte aufgebaut, während der Süden der Insel nicht genutzt wurde. Dort hatte es wiederholt Probleme mit der Inselbevölkerung gegeben und das endete mit Toten auf beiden Seiten. Also blieben die Piraten in Norden und der Süden war tabu. Mehr wusste der Pirat aber nicht und wir überließen ihn den inzwischen eingetroffenen Sanitätern. Der Kommandoführer des Marinetrupps kam zu uns und legte mir seine Hand auf die Schulter. „Wenn ihr mal wieder Langeweile habt, oder einen anderen Job sucht, Leute eures Schlages können wir immer gebrauchen!“ Dabei lächelte er uns zu. Inzwischen war die Wudong gesäubert. Wir hatten einen Toten und drei verletzte Soldaten zu beklagen, wie viele Mädchen verletzt oder gestorben waren wussten wir noch nicht, die Piraten hatten gut ein Drittel ihrer Leute verloren und weitere dreißig waren leicht verletzt.

Jetzt hatte man die Piraten an einer langen Kette gefesselt und die Kette an einem Gabelstapler auf Rollen befestigt, den zog so schnell keiner weg. Als Letzter wurde unser Mann von der Brücke angekettet und saß auf einer Kiste.

„Durchzählen!“ Befahl ein Oberst der Fregatte schroff und die Piraten zählten bis 78.

„Bringt sie auf die Fregatte und versorgt ihre Wunden, wir vernehmen sie später.“

Wir standen neben dem Oberst und erzählten von dem neuen Ziel, der Insel Makira. Da sprang Frederick, der Vertreter des Piratenkapitäns auf und schrie den Verräter von der Brücke an.

„Du dummes Verräter Schein, du hast uns alle dem Untergang geweiht, der Stecher wird jetzt jeden einzeln suchen und uns alle der Reihe nach umbringen, es wäre besser, wir wären bereits alle tot!“
Einige der Wachen waren abgelenkt und der Mann, dessen Fesseln an dem Gabelstapler angebracht waren, schaute Frederick an und pfiff kurz. Frederick nickte und der Mann hieb auf einen Hebel.
Der schwere Gabelstapler, der nahe am Heck stand, machte einen Satz nach vorne und fiel vom Deck ins Wasser. Die gefesselten Piraten schrien entsetzt auf, wussten sie doch, dass ihr Ende gekommen war, als einer nach dem anderen brutal von der Kette in das Meer gerissen wurde und verschwand.

Der Oberst neben mir reagierte blitzschnell und riss eine der Feueräxte aus der Halterung und hieb mit voller Wucht auf die Kette am Boden, die die letzten Piraten in das kalte Nass reißen wollte. Mit einem harten Schlag hatte er die Kette durchtrennt, aber auch den Oberarm eines der Piraten, der als letzter in die Fluten gerissen wurde.

Zurückblieben drei der Piraten und ein zuckender Oberarm.

Unser Informant aber war bei den an Bord gebliebenen. Er schaute uns mit großen Augen an „Vielleicht wäre es besser gewesen, ich wäre auch dabei, dann hätte ich es hinter mir. Der Stecher ist gnadenlos!“

Die drei Piraten wurden auf das Beiboot gebracht und fuhren bereits auf die Fregatte, ein anderes Beiboot mit voller Besatzung legte indes an der Wudong an.

Der Oberst von vorhin begann zu lächeln. „Ah da ist ja die neue Mannschaft für das Kaperschiff. Alles Herhören, Ihre Aufgabe ist es, das Schiff wieder einsatzklar zu machen, wir werden mit dem Kaperfrachter die Pirateninsel anlaufen, nachdem wir unterwegs Truppen aufgenommen haben.“

Damit übernahm die neue Mannschaft die Wudong. Ein Oberleutnant kam zusammen mit einem Major zu dem Oberst und stellten sich vor.
„Ich bin Major Andre’jat und das ist mein leitender Ingenieur Orga’kat, wir sind abkommandiert die Wudong zu übernehmen.“

„Verstanden, so lauten auch meine Informationen, machen sie den Kahn flott, ich will baldmöglichst aus dem Nebelgebiet heraus, man sieht ja die Hand nicht vor seinen eigenen Augen.“

„Oh das können wir relativ einfach lösen.“ Lächelte der Major und sprach in ein Funkgerät. Wenig später schien es, als würde der Nebel deutlich weniger werden.

„Herr Oberst, die Männer des Nachtschattens haben ihre Nebeltöpfe abgeschaltet, bald wird es klarer.“

„Klasse, Sie übernehmen hier, wir gehen auf die Fregatte zurück und ihr beide kommt mit mir.“ Dabei zeigte der Oberst auf Peter und mich.

**

Auf der Fregatte, sieben Stunden später
Auf der Fregatte Novel’ult saßen wir sieben Stunden später, frisch geduscht, gestärkt und neu eingekleidet, im großen Besprechungsraum. Über die großen Bildschirme waren dazugeschaltet: Heylah ai Youhaahb, die Regentin von Soulebda, mit ihrem Führungsstab und aus Jakarta Wodo Jikodas, der Präsident von Indonesien mit seinem Führungsstab.

Kapitän Dursa’lan hatte seinen Bericht gerade beendet, da meldete sich der stellvertretende Verteidigungsminister von Indonesien, Jaxo Dingslan, zu Wort.

„Vielen Dank Kapitän für die ausführlichen Informationen, sind sie sicher, dass diese beiden Inseln, Makira und Ulava gemeint sind, das sind zwei unbedeutende Inseln und Ulava ist gerade einmal ein Eiland. Da gibt es viele besser geeignete Insel.“

Kapitän Dursa’lan ging an die Lagekarte, das Bild konnte man auch Soulebda und Jakarta sehen.

„Folgendes,“ begann Kapitän Dursa’lan. „Die Hauptverkehrsknoten laufen hier zwischen Guadalcanal und Makira und hier oberhalb von Makira vorbei.“ Von dem Berg hier auf Makira kann man die ganze Region mit Radar weitreichend überwachen und die Aktivitäten im Wasser ebenfalls. Der Hauptpunkt ist aber, wir haben Kartenmaterial an Bord der Wudong gefunden und wir haben lebende glaubhafte Augenzeugen, ich denke, das ist ausreichend.“

Der Minister ließ nicht locker. „Selbstverständlich hat ihnen der Informant das alles freiwillig gesagt, oder und sie haben alles geglaubt, der Mann würde seine eigene Mutter verkaufen.“

Heylah flüsterte etwas zu Ma’Difgtma und diese lächelte ein wenig und schloss ihre Augen. Einen Moment später beugte sich der Berater aus Soulebda zu Präsident Jikodas und flüsterte ihn etwas ins Ohr. Jikodas überlegte kurz und nickte dann unmerklich in die Kamera.

„Danke Minister Dingslan. Wo ist übrigens der Verteidigungsminister, ich hatte ihn doch extra eingeladen?“

„Er fühlte sich unpässlich und bat mich, ihn zu vertreten, Herr Präsident. Wenn ich nochmals auf die Inseln…“

Da klopfte es an den Türen in Jakarta und an beiden Seiten öffneten sich Türen. Mehrere Männer mit Knopf im Ohr traten ein und gingen auf den großen Tisch zu, dann kam noch ein älterer Herr, in Begleitung zweier Leibwächter hinzu.

„Entschuldigen sie Herr Präsident, Regentin, meine Herren. Ich konnte nicht früher kommen.“

Präsident Wodo Jikodas schaute sichtlich verwirrt. „Herr Verteidigungsminister, sie sind so schnell wieder genesen?“

Noch während die beiden sprachen, stand der stellvertretende Verteidigungsminister auf, als wolle er seinen Platz räumen, doch da nahmen ihn zwei der großen Männer mit Knopf im Ohr an den Seiten fest.

„Dieser Mann hier hat versucht, mit auszuschalten, nur durch meine Leibwächter bin ich noch am Leben, es hatte aber gedauert, bis ich wieder laufen konnte. Inzwischen weiß ich, dass der Mann hier auf der Lohnliste eines der übelsten Auftragsmörder steht.“

Jetzt versuchte sich der Festgenommene zu befreien, „Der Stecher wird euch alle einzeln fertig machen, das garantiere ich euch, ihr seid alle längst tot, tot, tot!“

„Bringen sie den Mann weg, sie wissen wohin!“ Ordnete der Präsident an und verbeugte sich kurz. „Bitte entschuldigen sie die Unterbrechung, nehmen sie bitte Platz Herr Minister.“, und der Verteidigungsminister nahm Platz.

Heylah räusperte sich und sprach. „Nun, da wir wieder unter uns sind, könnten sie, Herr Präsident, unseren Aufklärungsfliegern das Landerecht auf Guadalcanal besorgen?“

„Selbstverständlich Regentin, ihr beiden Flieger können auf Moniara landen, man wird einen eigenen Hangar zur Verfügung stellen, das wird die Stehzeiten im Raum erheblich verlängern, denke ich. Gleichzeitig erwarten wir ihr Personal für die Betreuung und Wartungen.“

Kapitän Dursa’lan meldete sich wieder zu Wort. „Nachdem das geklärt ist, möchte ich noch einen weiteren Gast begrüßen, bitte entschuldigen sie die schlechte Verbindung. Kapitän Tamar, hören sie uns …?“

Es klickte und prasselte, dann gab es ein kurzes leises pfeifen, dann stand die Verbindung.

„Hallo, die Verständigung ist gut. Bitte entschuldigen sie, wir laufen seit sieben Stunden, mit voller Fahrt, in das Einsatzgebiet. Nach dem Gespräch tauchen wir wieder, dann sind wir fast doppelt so schnell. Binnen der nächsten Stunde erreichen wir das Seegebiet vor Makira und beginnen mit der Suche nach den Unterwasserpositionen und wenn die Wudong dann hier in das Gebiet einläuft, dann sind wir abfangbereit, falls doch noch eine Überraschung existiert, von der wir noch nichts wissen.“

„Gut, gibt es hier noch Fragen an Kapitän Tamar? Nein, dann wünschen wir alle ihnen eine gute Fahrt.“

Mit einem kleinen „Pling“ war die Verbindung zum Todesschatten weg.

„Gut kommen wir nun zur Feinplanung.“ Damit übergab Kapitän Dursa’lan an die Regentin.

**

Ruhe vor dem Sturm
Nun gerieten einige Dinge in Bewegung. Auf Lungga, am Honoria international Airport wurde ein fast fertiggestellter neuer Hangar von allen Baumaschinen geräumt. Wenige Stunden später landete eine seltsam aussehende, scheinbar ältere Transportmaschine und mehrere Personen stiegen aus.

„Das ist also erstmal unsere neue Basis. Na, schön groß und ruhig ist es ja hier.“, sagte Esrom zu Bernd, als er aus Condor drei stieg und eine Boeing 777 gerade abhob und im Himmel verschwand.

„Ja, zumindest ist der Hangar abgelegen, komm lass mal den armen Kerls helfen, sonst kriegen die ihre Modellflieger nicht rechtzeitig runter.“

In der Dämmerung flogen zwei soulebdalesische Aufklärer an und landeten problemlos auf der langen Landebahn 24. Zum Abschluss des Tages landete dann noch eine Hercules, die Personal und Material brachte. Der vorgezogene Stützpunkt „Ironduke“ wurde aufgebaut. Neben dem Hangar wuchsen noch zwei stabile Industriezelte in die Höhe und aus der Hercules luden die eifrigen Helferlein zwei Container aus. An einem der Container wuchs eine moderne Antennenanlage und der Fernmeldeoffozier des Flughafens schaute neidisch auf die Anlagen, die da aufgebaut wurden. Neben ihm stand ein Techniker von Soulebda und die beiden unterhielten sich sehr freundlich, beides waren technikbegeisterte Funker.

„Nenn mich Solomon’Ella, was hattet ihr mit dem Hagar vor, der ist ja riesig?“
„Ich bin Airs Carem, der Funkoffizier hier am Platz. Da werden wir im kommenden Jahr Wartungen an Boeing 777 durchführen und da passen zwei nebeneinander rein, das bringt Geld. Was macht ihr so, das ist ja alles topmodern?“

„Unsere beiden Länder machen ein gemeinsames Manöver, da spielen noch andere mit und ich bin gespannt, wie das alles ausgeht, es ist das erste Mal, dass ich hier bin.“

„Gut, komm, ich zeige dir das Offiziers Casino. Offiziell ist das hier immer noch ein militärischer Flughafen.“ Damit entschwanden die beiden und liefen an Bernd und Esrom vorbei.

„Hast du gesehen, die beiden Funker, die verstehen sich immer am besten.“, grinste Bernd.

„Ja, habe ich, Salmonelle und Eiscreme, passende Namen.“ Prompt fing er sich einen Rempler von Bernd ein. „Das sind unsere neuen Verbündeten, hör auf mit so ‘nem Mist.“ Und beide grinsten sich an.
„Komm der Hauptmann ruft uns, die brauchen Hilfe …“

**

Soulebda Zentralkrankenhaus
„Was habt ihr mit den beiden gemacht, habt ihr die …“, fragte der Geheimdienstoffizier die Stationssicherheit.

„Entspann dich, einer der beiden lebt ja noch. Aber wir haben die beobachtet, wie sie sich auf die Zimmer unserer beiden Ehrengäste schleichen wollten und sind ihnen dann gefolgt. Der da, mit dem gebrochenen Arm, wollte die Frau umbringen und der andere Kerl hatte versucht, dem Mann da Gift zu injizieren. Ich glaube, er war überrascht, als Schwester Kawin’Bai ihn überwältigte. In dem anschließenden Kampf hat sie dem Kerl seine eigene Spritze verabreicht. Das Zeugs war sowas von letal, der Kerl war sofort hin.“

„Schwester Kawin’Bai, war die nicht bei den Stammeskriegern und macht hier die zweite Ausbildung durch?“

„Doch, die Luschen haben aber nicht mit Gegenwehr gerechnet. Oder nicht mit einer funktionierenden Überwachung und einer erfolgreichen Gegenwehr.“

„Sehr gut Ma’Gus wird begeistert sein. Ihr zwei da tütet den da vorne ein und bringt ihn zu Ma’Gus und dieses Häufchen Elend in die Gerichtsmedizin. Vielleicht steckt ja noch eine Überraschung in ihm.“

Als der Geheimdienstoffizier in den Patientenraum ging, humpelte Frank unruhig umher und Jessika versuchte ihn gerade, zu beruhigen. Sie saß auf ihrem Bett und hatte die Beine im Schneidersitz, während Frank auf sie zuging.

„Wie ich sehe, geht es unseren beiden Ehrengästen wieder deutlich besser. Das freut mich und natürlich auch unsere Regentin.“

„Wenn ihr hier keinen anderen Kalender habt, dann sind wir inzwischen fast ein viertel Jahr hier, kann das sein?“

„Sie beide waren sehr verletzt, ich rufe jetzt einmal den zuständigen Mediziner her, Moment bitte“, der Geheimdienstmann drückte einen Knopf auf einem kleinen Gerät und zwei Minuten später öffnete sich die Tür und zwei Mediziner traten ein, eine Frau und ein Mann.

„Das sind die Ärzte Prof. Dr. Drung’tahis und Dr. Dr. Tahis’drung.“, stellte der Geheimdienstoffizier die beiden vor.

„Oh angenehm, gehen einem hier auf Soulebda langsam die Namen aus oder wie?“ Dabei lächelte Frank sein gewinnendes Lächeln.

Die Frau sah ihren Kollegen an. „Europäer, sag ich doch immer wieder, nur die können unsere wunderschönen Namen so missverstehen, dass sie glauben sie seien verdreht. Am liebsten würde ich sie beide heimschicken, was meinen sie Herr Kollege?“

„Nun Frau Professor, vielleicht wäre das das Beste. Ehe die hier noch anfangen zu nörgeln!“

„Nun gut, wie fühlen sie sich. Dass sie beide wirklich unerhörtes Glück und den Schutz von Mualebda hatten, brauche ich ihnen nicht zu erzählen. Wir haben aus ihren beiden Körpern genug Metall herausgeholt, dass die Schrotthändler jeden Tag nach ihrer Entlassung fragen.“

Dabei zog Tahis’drung zwei Gläser mit Splittern aus dem nahen Schrank und gab sie an Prof. Drung’tahis. Sie prüfte kurz die Gläser und reichte diese an die beiden Patienten weiter.

„Nicht viele mit so viel Metall im Leib überleben. Mein Kind bei ihnen hatten wir hart um ihr Leben gekämpft, eines der Teile steckte im Herzmantel, das war äußerst knapp. Sie hatte viele Schutzgötter, oder wie nennt man das in Deutschland?“

„Danke Frau Professor, wir sagen dazu Schutzengel und danke nochmal für unsere Rettung.“

Die Ärztin gab das zweite Glas an Frank weiter und lächelte ihn süffisant an.

„Müssen ihre Kollegen immer für sie alles machen, ihr Leben riskieren, für sie antworten, was würden sie ohne diese Frau eigentlich anfangen?“ Doch Frank erkannte an dem Lächeln im Gesicht der Professorin, dass sie keineswegs auf Streit aus war, sondern beide testete.

„Ohne Jessika wäre ich schlicht verloren und das in jeder Hinsicht.“ Frank schaute Jessika dabei dankbar an, lächelte sie dabei an und Jessika lächelte zurück.

„Wie weit sind wir Frau Professor?“, fragte Frank. „Bei uns daheim drehen sicherlich schon alle durch, weil wir beide so lange schon fehlen. Wir müssen heim, je eher, desto besser und das, obwohl ich diese wunderbare Insel so sehr mag.“

„Also gut, ich gebe sie beide frei. Aber sie fliegen erst in einer Woche heim. Heute machen sie sich bereit für die Entlassungsuntersuchungen. Bei ihnen Jessika, sehe ich keine Probleme, sie haben sich wie ein junger Fisch im Wasser erholt.
Bei dem alten Brummbären hier müssen wir aber vermutlich nochmal ran. Wenn wir den Splitter im Oberschenkelhals herausbekommen gehen sie ohne Schmerzen heim, wenn nicht, dann gehen sie zwar auch, aber sie werden hinken.
Na was denken sie, kriege ich sie noch für eine Woche?“

„Oberschenkelhals, das ist doch da.“ Und Frank zeigte auf die Stelle, an der er noch Schmerzen hatte.
„Genau. Der Punkt ist, ich brauche dazu meine beste Heilschamanin, nur sie kann in den Knochen rein und den Splitter herausziehen.“

„Ich weiß, dass unsere Ärzte da nicht mithalten können und danken ihnen für all das, was sie uns beiden geholfen haben. Vielleicht kann ich mich ja mal revanchieren.“

Jetzt lachte die Ärztin hart auf. „Sie machen jetzt aber Witze wie? Wir begleichen eine Schuld, sie und ihre Leute haben uns bereits mehrmals geholfen, da ist alles gesagt. Bleiben sie uns einfach gut erhalten und sorgen sie dafür, dass Caroline mit ihrem Peter gesund zurückkommen.“

„Wo treiben sich die beiden denn jetzt schon wieder herum?“

„Eigentlich sind es die drei, diese Französin, Claire ist mit dabei und all das was sie jetzt noch wissen müssen, sagt ihnen jemand, den sie sicherlich noch gut kennen.“

Die Türe ging auf und Dagan kam in Begleitung von Viktor herein. In der Hand einen wunderschönen Blumenstrauß.

„Sie sollen doch nicht immer die ganzen Wälder plündern, nur weil da ein paar Deutsche liegen!“ Schimpfte die Professorin gespielt und ging durch die Türe hinaus.

„Na ihr beiden Helden, wenn ihr euch das nächste Mal als Ziel für Sprengfallen anbietet, dann sagt vorher Bescheid, dann schick ich euch was zum Anziehen, dann tuts nicht so lange weh.“

„Dagan und Viktor, ihr treibt euch immer noch hier herum?“

Viktor bat Frank sich hinzusetzen. „Frank das dauert länger, wenn Dagan anfängt zu erzählen. Bitteschön Dagan, alter Freund.“

Und Dagan brachte Frank und Jessika auf den neusten Stand.

**

Makira, die neue Piratenzentrale
Achtzehn Monate vorher
„Quartiermeister zu mir!“ Brüllte der oberste Pirat in die Runde und ein grober Muskelberg drehte sich um „Ja Sir?“
Die Unterkünfte für die Stammbesatzungen kommen dorthin, habe ich gesagt und nicht an den Strand, verdammt nochmal. Dort hat man keinerlei Deckung. Außerdem arbeiten die Sklaven zu langsam. Macht denen Dampf und gebt ihnen die Peitsche, wenn da ein paar bei draufgehen ist mir das egal, aber ich will diese Zentrale fertig haben, bevor diese geile Schlampe wieder alles an sich ziehen will.“
„Aye das machen wir, ich treibe sie bis sie niederbrechen. Wie viele willst du zurückgeben von den nichtsnutzigen Sklaven?“
„Keinen Einzigen, die verheizen wir und wenn sie alle und kaputt sind, dann könnt ihr sie als Haifischfutter verstreuen. Mich interessieren tote Sklaven nicht, ich will Ergebnisse, egal wie viel Material dafür verschlissen wird.“

Innerhalb der nächsten neun Monate trieben die Piraten die Sklaven Handwerker mit unglaublicher Gewalt an und im Norden der Insel Makira entstanden nacheinander vier Gefangenen-Camps für jeweils knapp 600 Menschen, dazu das Hauptcamp für die Piraten und ein Piraten-Camp für die Soldatentruppe der Piraten. Hier hatten noch einmal gut 300 Piraten Platz.

Nachdem die Lager gebaut waren gut 200 Sklaven „verschlissen“ waren und als Fischfutter bei den Haien gelandet waren, ging man an die Errichtung der „Capital“. Das sollte dann einmal die neue Zentrale der Piraten werden. Alleine dafür wurden weitere sechs Monate gebraucht.

Gespannt warteten die Piraten auf den Mann, der jetzt alles abnehmen sollte. Kein geringerer als Theobald, der Stecher, Vogel kam mit einem Hubschrauber angeflogen. Er stieg mit drei seiner Schergen aus.

Obwohl sie in der Zeit lagen, änderte sich auf einmal alles. Theobald, der Stecher, Vogel hatte die neue Insel und den Radarposten besucht und gnadenlos alles und jeden umgebracht, der nicht seinen Anweisungen nachkam. Die Blutspur, die der Stecher hinterließ, war sehr breit. Dafür war er erfolgreich. Keiner widersprach ihm und jeder konnte sich lediglich einen Fehler erlauben, wenn überhaupt.

Die letzten Wochen und Monate gingen dann für die Vollendung der riesigen Anlage drauf. Die Verlegung der Signalleitungen, Aufbau der Verteidigungsstellungen und nicht zuletzt die Abstimmung mit der Radarstation auf der Nachbarinsel dauerten länger als gedacht.

Endlich war es Zeit für die „End-Abnahme“ der Einrichtungen. Von den Sklaven waren nur noch einhundert übrig und die waren am Ende ihrer Kräfte.

Nachdem der Stecher alles abgenommen hatte, mussten die übrigen Sklaven am nördlichen Steilufer antreten und in Dreierreihen stehenbleiben, bis der Stecher kam. Aber anstatt sie zu loben, kam der Stecher mit drei seiner Schergen und sie nahmen Maschinenpistolen und schossen die Einhundert Sklaven vom Steilufer hinunter in die tosende See.

Jene, die bereits erschossen auf den Felsen aufschlugen, bekamen nicht mehr mit, wie ihre Körper zerplatzten. Die anderen, mit weniger Glück, schlugen hart auf und wurden danach ein Raub der Wellen. Es blieben keine Reste zurück. Das Steilufer mit dem Namen Skull Island hatte seinem Namen alle Ehre gemacht.

**

Theobald, der Stecher, Vogel saß am Kopfende eines Tisches und hinter ihm zwei seiner Leibwächter. Seitlich neben ihm die Kommandoführer der anderen Inseln, die ihre Lager entweder schon geräumt hatten, oder wie im Fall von Helena van Deubth gerade dabei waren.

„Bis Monatsende sind alle anderen, ich wiederhole ALLE anderen Lager aufgelöst und hierher verlegt. Helena, du bist die langsamste, du verzögerst das Unternehmen. Das ist nicht gut. Halt dich ran, oder trage die Konsequenzen.“

„Leon hat den alten Zeitplan auch nicht einhalten müssen.“
„Er hat den neuen Plan aber eingehalten. Versuch keine Spielchen mit mir.“

„Ja, ich werde fertig sein. Ganz sicher. Meine Leute sind schon länger dran und brauchen noch vier Stunden zum Abschluss.“

**

Vor den Inseln Malaupaina, Malaulalo und Aliite
in 110 Meter Wassertiefe
„Kapitän zum Sonar, wir haben Kontakt!“ Rief der Sonaroffizier des Todesschatten und Kapitän Tamar kam auf die Station.

„Was haben wir denn Schönes gefunden?“

„Wir lassen gerade einen Krebsscan laufen. Das dauert noch drei Minuten Kapitän.“

Beredin, sein erster Offizier nahm Tamar zur Seite. „Die fertigen Daten kann ich ihnen schon mal zeigen, das ist hochinteressant.“

Die beiden nahmen am Lagetisch Platz. Hier konnte das Bild auf dem großen Tisch eingespielt werden.

„Beredin, was genau ist dieser Krebsscan nochmal?“
„Im Grunde ein normaler Abtastvorgang, aber ohne die störenden lauten Sonargeräusche, da wir ja die Abstände zum Ziel grob kennen, deswegen können wir deutlich leiser aber durchgehend abtasten, eben wie ein Krebs mit seinen Tastern.“
„Wer hat sich denn das wieder einfallen lassen? “
„Natürlich die Deutschen, wer kommt sonst noch auf solche Dinge.“

„OK die Abtastung ist fertig, hier sehen sie, die haben hier drei Unterwasser Stationen mit Abschlussbehältnissen. Das sieht aus wie Torpedobehälter.“

„Damit bestreichen sie den gesamten Schiffsweg und pusten alles aus dem Wasser, was denen nicht gefällt und von oben auf der Nachbarinsel hat das Radar alles im Blick. Das nenne ich sehr gut gelöst.“

„OK macht die Seehunde fertig, ich will Aufnahmen von der Gegend, die Abschussbehältnissen da und ich vermute, dass die hier sogar eine richtige Unterwasserwasser Station haben.“

Zehn Minuten später verließen zwei Unterwasserroboter vom Typ P-176 Seehund den Todesschatten. Die Seehunde waren im Grunde kurze Torpedos, um beweglicher zu sein. Sie hatten Sensoren an Bord zur Aufzeichnung im Infrarot- und Schwarzlichtbereich und konnten sehr nahe an die Ziele herangehen und mittels Mikrowellen arbeiten. Gesteuert wurden die Seehunde über je eine Glasfaser.

Da die Seehunde sobald sie näher ans das Ziel kamen, langsamer wurden, waren sie auch deutlich leiser und kaum zu orten.

Weitere drei Stunden später erfolgte die Besprechung. Basis waren die Aufnahmen der beiden Seehunde und die Bilder, die die Maschinen lieferten, sahen aus, als wenn Hollywood eine Unterwasserlandschaft gebaut hätte. Gestochen scharfe und erstklassige Bilder, von denen man die Abmessungen der Behälter errechnen konnte.

Am interessantesten aber war die Fensterreihe, die im Feld angebracht war. Tatsächlich hatten die Piraten dort unten eine bemannte Station und genauso tatsächlich zeigten die Aufnahmen, dass die Mannschaft betrunken in den Betten lag. Piraten blieben eben doch Piraten und sie liebten ihren Rum.

„Sehr schön, auf Seerohr-tiefe gehen, das melden wir und dann verminen wir hier unten alles. Wenn wir fertig sind, muss das wie eine präzise Operation ablaufen. Ein Versagen ist nicht vorgesehen!“

**

Soulebda Zentralkrankenhaus
Frank Brauer lag im Operationstank und bewegte sich gleichmäßig. Die Messgeräte zeichneten jede seiner Regungen auf. Neben der Anästhesistin, waren auch die beiden behandeln Ärzte versammelt. Prof. Dr. Drung’tahis und Dr. Dr. Tahis’drung. Im Wasserbad stand noch eine weitere Person mit Mundschutz. Madame Nu’menta, die beste Schamanin mit Knochenkenntnissen. Ihre Augen waren seltsam wach und sie hatte ihre Instrumente auf einem Schwimmtablett bereitliegen.
Die Frau mit den wachen Augen sah die beiden Ärzte an und stellte fest: „Wenn wir fertig sind, muss das wie eine präzise Operation ablaufen. Ein Versagen ist nicht vorgesehen!“

„Der Splitter ist von vorne in den Knochen eingedrungen und hat sich nach hier festgesetzt. Von da aus reizt er den Cellum femoris, den Oberschenkelhals.“ Madame Nu’menta hielt einen mobilen Sensor auf die Stelle und durchleuchtete Gewebe und Knochen. Auf den beiden an der Wand befindlichen Monitoren zeigte sich ein dunkler Gegenstand.
„Das ist der Splitter. Ein bisschen tiefer und der Knochen wäre unheilbar verloren gewesen, etwas weniger und man hätte den Splitter erst erkannt, nachdem alles vergiftet wäre. Im Knochen bleiben kann er nicht, da er ausgiftet. Sind alle an ihren Plätzen?“

„Ja Madame Nu’menta, wir sind bereit diesen Mann hier zu retten.“

„Gut lasset uns beginnen, ich muss den Knochen in die passenden Schwingungen versetzen, damit der Splitter nicht alles zerstört.“
Mit ihren Händen drückte sie etwas, das wie ein Stein aussah auf die Stelle und sie schloss ihre Augen. Schweiß trat ihr allmählich auf die Stirn und eine Schwester tupfte ab. Im Wasserbad sah man seltsame kleine Wellen, die sich ringförmig um Franks Becken ausbreiteten, die Wellen wurden kleiner und schwächer und schließlich gab es irgendwo eine Resonanzschwingung, denn in dem Becken hörte man einen leisen monotonen Ton.

„Es geht los, ich habe ihn. Ich löse ihn jetzt.“ Der Ton wurde intensiver und die Wellen wurden wieder etwas höher im Wasserbad.
Nach langen Minuten nickte Madame Nu’menta nur und flüsterte „Ich habe ihn gelöst, jetzt können wir ihn herausoperieren, das wird jetzt einfacher.“

**

Zwei Tage später erhielt Frank Besuch von den Ärzten. Sie zeigten ihm einige Aufnahmen, die den Splitter im Knochen zeigten und dann die drei Aufnahmen, die das Entfernen zeigten. Da wurde der Splitter wie von Geisterhand zurück in den Knochen gedrückt und dann endgültig entfernt.

„Wie fühlen sie sich?“ Fragte Prof. Dr. Drung’tahis und Frank schaute sie mit einem Lächeln an. „Die Schmerzen sind weg, mein Gelenk ist wieder schmerzfrei. Die Narben sind noch da und die blöden Blutegel sabbern da immer noch herum, aber ansonsten, geht es mir echt gut.“

„Wunderbar, darf ich zum Abschluss der Behandlung Madame Frau Dr. Nu’menta vorstellen, unsere beste Schamanin für Knochenarbeiten. Sie hat den Splitter aus dem Knochen entfernt.“

„Madame Nu’menta, ich bedanke mich und verneige mich vor ihrer Heilkunst. Die Ärzte hier sagte mir schon, dass unsere Ärzte in Europa hier aufgegeben hätten. Nochmals besten Dank.“

Madame Nu’menta lächelte Frank und Jessica an. „Danken sie Caroline. Sie hat während des Aufstandes meiner Schwester und ihren Kindern das Leben gerettet, als der Präsident am Vulkan sie mit der Machete erschlagen wollte. Ja genau, das war meine Schwester und ihre Caroline hat dies verhindert. Sie sehen, jede gute Tat wird eines Tages belohnt aber oftmals anders, als wir alle denken. Möge ihre Wunde ruhen und heilen, Mualebda hat ihnen geholfen.“

„Ich werde es ihr ausrichten, nochmals allerbesten Dank. Wann können wir beide jetzt nach Deutschland zurück?“

Madame Nu’menta lachte einmal laut auf. „Sie ungeduldiger, lieber Mann. Glauben sie wirklich, dass ihre Leute in Mainstadt ohne sie nicht zurechtkommen?“

„Wir sind schon recht lange hier und …“
„… und wir sollten daher schnellstens zurück, um die Leute dort zu nerven. Ja, ich habe verstanden. Wenn ich mich nicht irre, hat die Regentin ohnehin einen Flieger bereitgestellt?“

„Sie meinen, die Regentin wusste, dass ihre Operation erfolgreich war? Und hat einen Flieger bereitgestellt?“ Das nenne ich ein starkes Vertrauen in ihre Heilkunst.

Professor Drung’tahis lächelte kurz und sagte dann: „Die Regentin wusste, dass das gutgehen würde, aber bei dem Flieger mussten wir auf ein Ersatzteil warten, deswegen verzögert sich der Start unserer Diplomaten nach Europa, aber Morgen geht es für sie beide zurück nach Deutschland. Das hat die Regentin schon so eingerichtet.“

Frank und Jessika sahen sich beide freudestrahlend an und die Ärzte und Madame Nu’menta verabschiedeten sich. Kurz darauf betraten zwei Schwestern und ein Geheimdienstoffizier das Zimmer. Der Oberleutnant lächelte und meinte nur „Dann wollen wir einmal das Entlass Management anheizen. Es geht für Sie nach Hause. Europa ruft.“

**

Lungga, international Airport
Auf Lungga, am Honoria international Airport bahnte sich ein Problem an, dass keiner kommen sah. Es begann mit der Notlandung einer Boeing 777, die infolge Vogelschlags landen musste. Zu diesem Zeitpunkt war einer der Aufklärer, Harpyie 01, bereits im Landeanflug und noch 8 Kilometer von der Landebahn entfernt.

Was keiner sah, waren die Wirbelschleppen der riesigen Boeing 777, die über dem Flughafen wie ein Damoklesschwert hingen und nur auf ein Opfer zu warten schienen. Dieses Opfer war der kleine Aufklärer Grob G 520E Experimental aus Soulebda mit seinen schier riesigen Tragflächen.

Im Grunde war die Grob 520E mit ihren 33m Spannweite so breit wie eine Boeing 737, sie wog allerdings nur etwa 5 Tonnen, während eine 737 mit über 52 Tonnen gute zehnmal mehr wog. Die Folge war, dass die Grob viel empfindlicher auf die Wirbelschleppen reagierte und einfach nicht landen wollte. Es war, als wollte ein Segelflugzeug bei starken Winden landen, das konnte nicht gutgehen.
Die Grob G 520E Experimental setzte nicht richtig auf, hatte erhebliche Probleme beim Abbremsen und schließlich war die Landebahn zu Ende. Die ferngesteuerte Maschine hatte glücklicherweise auf der Landebahn 24 aufgesetzt, einer Landebahn mit einer besseren Wiese als Auslauf am Ende. Über diesen Auslauf rumpelte die Maschine. Dabei beschädigte der zierliche Aufklärer das Hauptfahrwerk und kam mit der Steuerbord Tragfläche auf der Wiese auf.

Bei der anschließenden Untersuchung stellten die Ingenieure Beschädigungen an Harpyie 01 fest, die diese Maschine für gut zwei Wochen aus dem Verkehr zog. So musste die zweite Aufklärungs-Maschine alle Flüge erledigen.

„Wir haben 50% der Flugzeit verloren, wir müssen Prioritäten setzen, was wichtig ist und was warten kann. Das Wichtigere wird zuerst abgeflogen, erst dann kommt das weniger wichtige dran!“, beschloss der Kommandoführer vor Ort und die Techniker machten sich über die beiden Maschinen her. Harpyie 01 kam in den hinteren Teil des Hangars und Harpyie 02 nach vorne, um startklar gemacht zu werden.

**

Die Insel Soulebda
Hauptquartier von G.I.P.S.Y.

Der Ausfall einer der beiden Aufklärer schlug bei G.I.P.S.Y. ein, wie eine Bombe. Hier hatten die Planer eine Masterkarte angelegt, welche Gebiete wann von welchem Aufklärer ausgekundschaftet werden sollten und nun das.

Viktor Kubaliborov war gar nicht gut aufgelegt, wusste er doch nur zu genau, wie wichtig Aufklärung war. Doch er konnte dem Piloten, der die Harpyie 01 gelandet hatte, keinen haltbaren Vorwurf machen.
„Die Manager haben an dem Flughafen keine Radaranlagen für Scherwinde oder Wirbelschleppen und die Notlandung der 777 hatten wir nicht eingeplant, das fällt einem bei Notlandungen generell schwer!“
„Und wenn sie die Sicherheitszeiten eingehalten hätten, wie lange hätten sie da noch warten müssen?“
„Wenn wir uns an die Vorschriften gehalten hätten, dann würde der Aufklärer noch eine halbe Stunde geflogen sein und hätte erst dann die Landung einleiten können.“

„Wo ist das Problem?“

„Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang. Dort unten wird es in 10 Minuten stockdunkel und eine Drohne dieser Größe sollten sie besser bei Licht landen, sie können die Abstände im Dunkeln nicht abschätzen, Sir“.

„Dobr’Jaum, sie haben Recht, das wäre einem Totalverlust nahe gekommen, so haben wir den Flieger in ein paar Tagen wieder im Rennen. Also, sie haben richtig entschieden, ich beiße ihnen nichts ab, aber bitte sehen sie zu, dass die Maschine zügig wieder fliegt.“

Dagan schaute Viktor von der Seite an, nachdem der Hauptmann gegangen war. „So handzahm habe ich dich schon lange nicht mehr gesehen Viktor.“

„Soll ich dem Mann den Kopf abreißen, er hat gezaubert. Dass da so wenig geschehen ist, grenzt fast schon an ein Wunder. Wenn ich mich an meine Zeit erinnere, da hatten wir den Amerikanern einen Aufklärer abgeluchst und hätten den fast zu Klump geflogen, weil die Landung kaum machbar war, ich weiß also nur zu gut, was unser Mann da unten durchgemacht hat.“

„Ja, ok. Lass uns besser überlegen, welche Bereiche wir erst später überfliegen werden.“

Zusammen beratschlagten die beiden mit einigen Erkundungs-Offizieren, was in der Prioritätenliste wandern sollte. Darunter war auch der Westteil der Insel Makira. Der Ost- und Südteil, sowie der Norden versprachen deutlich bessere Ziele und so wanderte der Westen auf die Warteliste.

**

Der Tag der Entlassung war endlich da. Jessica und Frank hatten sich von dem Moment an erholt und 150% Kraft geschöpft, als es hieß, es geht nach Hause.

Am Zentralflughafen von Soulebda hatte man den großen Shelter für Regierungsflugzeuge aufgeräumt und sogar die Regentin hatte Zeit gefunden, sich kurz von den beiden Gästen zu verabschieden.

„Jessika und Frank, ihr wart unsere Gäste und ihr könnt endlich geheilt und vollständig genesen in eure Heimat aufbrechen. Ich wünsche euch eine gute Heimreise, ihr werden von zwei meiner Diplomaten begleitet.“

„Eurocontrol hat dem Flieger einen Slot zugeteilt, der direkt nach Mainstadt führt. Sonst wäre Frankfurt euer Ziel gewesen.“, erklärte der begleitende Geheimdienstoffizier und verwies auf zwei ihnen entgegenkommende Herren.
„Die beiden wollen sich noch verabschieden, ich wünsche einen guten Flug und mögen wir uns in sicheren Zeiten sehen, so Mualebda es will.“

Die beiden Männer hatten noch eine Weile mit den Diplomaten gesprochen, die Fransiska und Frank begleiten würden, dann kamen sie. Die Regentin fuhr bereits wieder zum nächsten Termin und winkte aus dem Auto freundlich zu.

„Viktor und Dagan, das ist schön, dass ihr uns verabschieden kommt.“ Lachte Frank die beiden Männer an. Dagan machte es sehr kurz, denn sein Telefon rief zu einem wichtigen Termin, so blieb Viktor Kubaliborov noch eine Weile stehen und man unterhielt sich über das, was war und das, was kommen würde.

„Dagan hat noch ein Wunder zu leisten, eines unserer Aufklärungsflugzeuge aus Deutschland ist beschädigt und muss am Boden bleiben, jetzt knobelt er mit dem Team die neue Prioritätenliste für die Kontrollflüge aus. Wer hätte auch gedacht, dass wir einmal Jagd auf Piraten und Menschenhändler machen müssen.“

„Ja, das hätten wir uns wohl alle nicht gedacht. Ich bin gespannt, was sich bei uns in Mainstadt alles getan hat.“

„Deine Leute haben das gut geregelt, wie man mir sagte. In ein paar Wochen komme ich nach, ich habe da noch etwas in Berlin zu regeln. Jetzt aber los, die Diplomaten sind bereits eingestiegen und die Triebwerke fahren gerade hoch, also habt einen guten Flug und lasst euch nicht abschießen, heute rechne ich mit allem!“

„Eine Frage noch Viktor, was sind das für komische Radoms an der Maschine, so etwas kenne ich nur von elektromagnetischen Störern?“

„Nun der Stingray hat ein, zwei Extras eingebaut, der fliegt ja auch keine einfachen Urlauber, sondern euch und meine Diplomaten. Jetzt auf und guten Flug, meldet euch, wenn es passt, und grüßt mir Randy und Dana, die haben noch etwas gut bei mir.“

**

Der lange Flug einmal um die halbe Welt dauerte bereits Stunden. Glücklicherweise musste Maschine nur einmal in Goa zwischenlanden und flog dann direkt weiter.

Mit den beiden Diplomaten unterhielten sie sich Jessica und Frank blendend, als der Copilot sich über Lautsprecher dazu schaltete.

„Werte Fluggäste, wir überqueren gerade Italien. Auf der Backbordseite können sie die Küstenlinie sehen. Wir werden in 90 Minuten in Mainstadt landen, genießen sie den restlichen Flug.“

**

Flugplatz Udine-Campoformido
In einem der kleineren Shelter auf dem ehemaligen Militärflughafen Flugplatz Udine-Campoformido wurden ein älterer Learjet startklar gemacht. Die Maschine sah verbraucht aus und einem geübten Beobachter wäre sicherlich aufgefallen, dass unter jeder Tragfläche eine Rakete hing.

Der Pilot hob seine Hand zum Gruß und einige Techniker lösten die letzten Kabel und Schläuche von der alten Maschine.
Die beiden Turbinen liefen an und schließlich rollte die kleine Maschine zur Startbahn.

Da auf Udine-Campoformido seit Jahren nur noch ziviler Flugverkehr stattfand, gab es auch kein Militär, das den Start noch verhindert hätte. Der einzige Fluglotse lag mit einem blutenden Loch in der Stirn neben der Flutleitkonsole.

Ein einsames gelbes Telefon schrillte, aber der Mann im edlen Zwirn und der rauchenden Pistole sprach ganz ruhig in sein Funkgerät.

„Alles frei guten Flug!“

Der Learjet beschleunigte und hob schließlich in den diesigen Himmel ab, drehte hinaus auf das Meer und flog dann gen Süden. Das Ziel war klar, eine Maschine die gerade aus Soulebda kam.

**

An Bord der Diplomatenmaschine schrillten die Alarmglocken und der Pilot rief durch das Interkom: „Wir haben eine Gefahrensituation, bitte alle sofort hinsetzen und sich anschnallen. Ziehen sie die Gurte straff an, das ist keine Übung!“

Während Frank bei Fransiska prüfte ob der Gurt festsaß, hatten sich die Diplomaten bereits angeschnallt. Einen Moment später zog die Maschine seitlich weg und die ersten Broschüren flogen durch die Maschine.

Vorne in der Maschine zeigte der Pilot, dass er in der Luftwaffe sein Handwerk gelernt hatte und forderte von der schnittigen Maschine alles ab. Dass im Passagierraum einige Magazine und Hefte umherflogen, war unwichtig, hier ging es gerade um das Überleben.

Draußen zog der Learjet vorbei und die zwei Passagiermaschinen versuchten sich gegenseitig auszutricksen. Währenddessen funkte der Co-Pilot die Leitstelle an und berichtete von dem Angriff und auch, dass sie zwei Diplomaten an Bord hatten.

Wenig später meldete sich eine starke Stimme im Funk und stellte sich als Militär vor.

„Soulebda 234, hier spricht Oberst Fittipaldi von der Italienischen Luftwaffe, wir haben die unbekannte Maschine auf dem Radar und verfolgen sie. Die Abfangjäger sind bereits in der Luft und fliegen mit Überschall auf sie zu. In zwei Minuten 30 werden sie eintreffen. Können sie solange aushalten und womöglich über dem Meer bleiben?“

Jetzt schaltete sich der Pilot dazu. „Oberst Fittipaldi, hier spricht Colonel Morat’luf von der Airforce Soulebda. Ich versuche dem Angreifer das Leben so schwer zu machen, wie ich kann. Seine Maschine ist aber kleiner und weniger, Kommen.“

Noch während sie sprachen, schrillten an Bord der Diplomatenmaschine die Warnsirenen und ein Warnsignal zeigte, dass sie gerade angepeilt wurden.

„Oh Mualebda, steh uns bei!“ Rief der Co-Pilot, als der Kapitän die Maschine in einen steilen Sturzflug brachte. „Gegenmaßnahmen!“ Sagte er zu seinem Co-Piloten und dieser drückte auf einigen Schaltern herum.

Nach einem Moment zog der Kapitän die Maschine wieder hoch und er versuchte dabei, die G-Kräfte beherrschbar zu halten. Aus dem jaulenden Pfeifton wurde ein schriller Ton, der den Abschuss der Rakete ankündigte. Im gleichen Moment zog der Kapitän seine Maschine seitlich weg und man sah aus dem Seitenfenster einige helle Magnesiumfackeln wie sie leuchtend wie kleine Sterne in den blauen Himmel flogen. Einen Moment später hing ein kleiner Feuerpilz in der Luft. Die erste Rakete war explodiert.

„Oberst Fittipaldi, der Angreifer setzt Infrarot Raketen ein, wir brauchen ihre Hilfe.“

„Colonel Morat’luf“, kam es zurück, die Alarmrotte ist da, drehen sie nach 040 ab, wir übernehmen jetzt!“

Erneut schlug die Diplomatenmaschine einen Haken und aus der Sonne kamen zwei schnelle Eurofighter angerast und einen Moment später stand ein weiterer Feuerpilz in der Luft. Rauchend und brennend stürzte ein brennender Learjet hinunter auf das Meer zu.

Die beiden Jäger setzten sich seitlich neben die Diplomatenmaschine und zusammen flogen sie in Formation bis an die italienische Grenze. Dort verabschiedeten sich die Abfangjäger und drehten ab.

Eine F/A-18C der Schweizer Luftwaffe begleitete die Maschine nun bis über den Bodensee und übergab die Maschine an die Eurofighter der Luftwaffe.

Der Pilot der Diplomatenmaschine bedankte sich bei allen Parteien für die Hilfe und Unterstützung. Endlich kam der Flughafen von Mainstadt in Sicht und die Maschine setzte weich auf. Geleitet von dem Follow-Me-Car wurde die Maschine zum Terminal geleitet.

Bei der Verabschiedung grinste der Pilot Jessica an „Ich hoffe, sie konnten ihren Drink noch genießen, das war ein 12 Jahre alter schottischer Scotch.“

Mit ihrem entwaffnenden Augenaufschlag lächelte sie den Piloten an und nickte. „Oh ja, es wäre schade um den guten Tropfen gewesen. Danke, sie beide haben uns das Leben gerettet.“

„Hey, das ist eigentlich mein Spruch!“, grinste Frank und alle mussten sie lachen. Man verabschiedete sich von den beiden Diplomaten, die noch weiterfliegen würden und schließlich verließen die beiden die Maschine, die ihnen gerade das Leben gerettet hatte. Frank tätschelte beim Verlassen auf die Außenhaut und murmelte ein „Braves Mädchen!“.

Im Terminal wurden die beiden von Decker, Johann und Dana begrüßt. Dana stürzte Frank fast um den Hals, bremste sich aber gerade noch.

„Seid ihr das Empfangskomitee für uns?“
Decker murmelte sein „Ja, Randy ist noch am Arbeiten, er ist auf etwas Interessantes gestoßen, glaube ich, aber das sollen die euch morgen erzählen. Wir bringen euch beide jetzt erst einmal nach Hause. Natürlich haben wir Personenschutz für euch angefordert. Wie war der Flug und woher hast du diese Beule?“

Erst jetzt realisierte Frank, dass er an der Stirn eine kleine Beule hatte und lächelte. „Der Flug war besser als damals im Iran, aber man wollte uns töten. Vielleicht uns, vielleicht unsere Begleiter, zwei Diplomaten aus Soulebda.“

„Euch kann man auch nicht einen Moment alleine lassen. Entweder zerlegt ihr unser Gefängnis, oder ihr spielt mit bösen Buben Hasch-Misch!“

„Ja, was hat sich denn bei euch so getan?“

„Ich sagte MORGEN – heute ist noch Ruhetag. Morgen kannst du deine Fragen stellen, daheim wartet deine Frau auf dich und auf dich,“ dabei lächelte Decker Jessica freundlich an, „auf dich wartet ein ungeduldiger Liebhaber, glaube ich.“

Lächelnd fuhren sie los, gefolgt vom Dienstwagen der Personenschützer. Sie waren wieder daheim. Daheim in Deutschland.

**

Planungen
Makira
Sam Whitinghouse sah sich die Pläne an, welche vor ihm lagen und die Leon Baldwerde ihm überreicht hatte.
Sam war nach einer längeren Odyssee, die ihn von Deutschland, quer durch Europa, Südamerika und Australien geführt hatte, schließlich in der Südsee angekommen und hatte sich bei dem Stecher zurückgemeldet.

Seine Flucht glich schon einem kleinen Wunder, denn bei zehn Millionen Euro Kopfgeld wurden einige „Freunde“ des Stechers schwach und Sam konnte zweimal nur mit viel Glück einer Festnahme entgehen.

Vogel bedankte sich bei denen, die Sam an die Behörden verkaufen wollten, auf seine bekannte Art und schickte ihnen mehrere Killer auf den Hals. So tobte ein kurzer aber heftiger Krieg in der Unterwelt den Vogel klar für sich entscheiden konnte und der einige Unterweltgrößen, die mit der Belohnung liebäugelten, schnell wieder „auf Kurs“ brachte.

Nun war Vogel froh, endlich wieder einen ausgebildeten Militär an seiner Seite, hier in der Südsee zu haben.

Leon und Helena arbeiteten zwar fleißig, wenn auch nur deswegen um den jeweils anderen auszustechen, doch sie waren schlichtweg Zivilisten, die keine Ahnung hatten, wo welche Waffen am besten zum Einsatz kommen mussten, um das beste Ergebnis zu erzielen.
Nachdem der Stecher Sam das Kommando über Makira übertragen hatte und nach Manado zurückgekehrt war, begann Whitinghouse sofort, die offensichtlichen Schwachstellen in der Verteidigung zu beseitigen. Seine erste Maßnahme bestand darin, sich aus den Warenbeständen weitere Waffen zu besorgen.

Leon legte bei Kajat Protest ein, mit der Begründung, dass die Waffen bestellte Waren darstellten, doch Kajat entschied zu Whitinghouses Gunsten. Nachdem was auf Tetepare geschehen war, hatte ihm Vogel klar gemacht, dass es nur einen Sieger in der Südsee geben konnte…

Er, Kajat, oder Heylah ai Youhaahb, die Regentin Soulebdas!

Kajat und Vogel hielten es für besser ein paar Termingeschäfte mit Waffen platzen zu lassen und die Auftraggeber dafür finanziell großzügig zu entschädigen, dafür aber die militärische Überlegenheit zu behalten, denn Tetepare oder Mota durfte sich nicht wiederholen, das hatte ihnen der Financier klar gemacht!

Das neue Piratenlager
Die aufteilung und Verteidigung des neuen Lagers

Die Aufteilung und Verteidigung des neuen Lagers
Die zweite Maßnahme bestand darin, sich „richtiges“ Personal zu besorgen, das diese Waffe auch bedienen konnte. Weder Whitinghouse noch Vogel machten sich große Illusionen, was die Kampfkraft der Piraten anging. Zugegeben, es gab auch einige gute Kämpfer unter ihnen, doch die meisten waren schlichtweg einfache Verbrecher, keine Soldaten.

„Wo sind die Beobachtungsposten?“ wollte Sam von Leon wissen.
„Welche Beobachtungsposten?“
„Posten, die mit Ferngläsern Ausschau halten.“
„Wir haben hier eine der modernsten Radaranlagen der Welt! Von der nördlichen Insel aus, können wir den Luftraum auf 500 Seemeilen und den Schiffsverkehr auf 270 Seemeilen weit überwachen. Ich wüsste nicht, wie da ein paar Leute mit Ferngläsern, da hilfreich sein könnten.“

„Sie wissen es nicht…“ schüttelte Sam den Kopf, schwieg kurz und schrie Leon dann an. „Natürlich wissen sie es nicht!“ Er stand auf und trat einen Schritt auf Leon zu. „Genau das ist hier das Problem! Sie haben keine Ahnung!
Sie hatten auch ein tolles Radar auf Mota und ein noch besseres Radar auf Vangunu um ihren schönen Hafen Tetepare zu schützen. Und… hat es etwas genützt? NEIN! Mota und Tetepare wurden angegriffen und zerstört. Auf Mota konnte sich sogar eine 143 Meter große Fregatte dem Strand nähern, ohne dass diese von ihrem ach so tollen Radar erfasst wurde. Was sagt ihnen das?“ Sam stieß Leon vor die Brust und Helena konnte sich ein hämisches Grinsen nicht verkneifen.

„Mir sagt das, dass die Soulebdalesen einen Weg gefunden haben das Radar zu täuschen. Hätten in paar Männer mit Ferngläsern die Bucht beobachtet, wäre die Fregatte niemals unentdeckt geblieben und alles wäre anders verlaufen.“
Sam setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und fuhr fort. „Also, ich will eine lückenlose Beobachterkette rund um die Insel. Alle Posten werden doppelt besetzt und mit Funkgeräten sowie Handys ausgestattet. Richten sie Gruppen ein, in denen kommuniziert wird, wann welcher Posten sich zu melden hat und dulden sie ja keine Nachlässigkeit! Außerdem will ich, dass die Geschützmannschaften mehr üben! Im Falle eines Angriffs muss alles reibungslos klappen.

Schärfen sie den Leuten ein, sich nicht nur auf die Technik zu verlassen. Wie wir gesehen haben, kann diese ausgetrickst werden.“

„Wir üben ja.“ Brummte Leon.
„Der Schlüssel zum Erfolg ist Disziplin!“ mahnte Sam ihn. „Disziplin und nochmal Disziplin. Machen sie den Leuten klar, dass das hier keine Urlaubsinsel ist! Jeder einzelne Mann und jede einzelne Frau muss ihre Aufgabe kennen und diese blind beherrschen. Testen sie die Leute immer wieder und wer versagt, muss mit einer empfindlichen Strafe rechnen! Haben sie das verstanden?“

„Ja!“ antwortete Leon, der Helenas hämisches Grinsen in seinem Rücken spüren konnte.
Doch das währte nur kurz, denn nun knöpfte sich Sam Helena vor.
„Sie können ihr dreckiges Grinsen einstellen! Für sie habe ich auch ein paar warme Worte!“
Zwar ließ es sich Leon nicht anmerken, doch nun grinste er innerlich von einem Ohr zum anderen und trat zur Seite, damit sich Helena nicht hinter seinem Rücken verstecken konnte. „Ihre Abteilung ist ein Sauhaufen! Vogel und Kajat hatten sich doch unmissverständlich ausgedrückt, was die Behandlung der weiblichen Gefangenen angeht!

Keine weiteren Misshandlungen und Vergewaltigungen der A Ware! Doch was sehe ich gestern bei einem Rundgang? Ihre Leute scheren sich einen Dreck um ihre Anweisungen!“ Nun fixierte Sam Helena mit seinem Blick. „Sie haben die Anweisungen von Vogel doch an ihre Leute weitergegeben, oder?“ fragte er leise.

„Natürlich!“ beeilte sich Helena zu sagen, dachte aber –Leck mich du Arsch! –

„Die Frauen sind eine wertvolle Einnahmequelle und bringen viel Geld! Sorgen sie dafür, dass ihre Leute die Hände und viel wichtiger, die Schwänze von den Frauen lassen! Sonst werde ich dafür sorgen!“
-Und ich werde dafür sorgen, dass du ein Gespräch mit Marion bekommst! – schwor sich Helena und malte sich aus, wie Marion Whitinghouses ein Messer in die Rippen rammte.
„So!“ riss Sam sie wieder in die Wirklichkeit zurück. „Jetzt herkommen und zusehen und zuhören!“ Er winkte Helena und Leon zu sich und zeigte auf eine Karte Makiras.
„Wir brauchen ein zweites Radar.“ Sein Finger zeigte auf Ulava. „Da dieses Radar in Betrieb ist, wird es im Falle eines Angriffs auch das erste Ziel sein. Wir brauchen also eine Ausweichstation. Die stellen wir hier auf!“ Er zeigte auf einen Punkt fünf Kilometer hinter dem Lager, wo sich der Berg Huro über die Maro’u Bay erhob. „Dieses Radar bleibt ausgeschaltet und wird erst aktiv, wenn wir zurückschlagen.“

„Zurückschlagen?“

„Ja, dazu werden wir eine Batterie Luftabwehr und Antischiffsraketen aufstellen und zwar NICHT in der Nähe des Radars!
Die Luftabwehrraketen werden wir in der Ebene von Tawaiabu weit verteilt aufstellen.“ Mit einem Stift kreiste Sam die Stelle in die Karte ein. „Sorgen sie dafür, dass die Stellungen gut getarnt sind. Das gilt auch für die Stellungen der Antischiffsraketen! Von denen werden wir zwei Stellungen einrichten. Einmal bei Ubuna und eine Weitere bei Ha’atee’a. Auch diese werden nicht in eine Reihe nebeneinandergestellt und es ist mir egal, wie viel Arbeit es ist, die Dinger zu tarnen. Tut es einfach!“

„Was ist mit dem Süden?“ fragte Helena.
„Was soll damit sein?“
„Was ist, wenn die Schweine aus dem Süden kommen? Ohne Schiff oder Flugzeuge?“
„In dem Fall müssten sie sich durch den Dschungel bis zu uns vorkämpfen, was erstes viel Zeit kostet und zweitens niemals unbemerkt bleibt. Soulebda will die Geiseln retten, also werden sie auf Überraschung setzten. Das klappt niemals von Süden aus!“

Leon nickte und auch Helena unterließ jeden Kommentar. „Jetzt macht euch an die Arbeit!“ scheuchte Sam die beiden Kontrahenten aus seinem Büro.

Draußen gingen Helena und Leon getrennte Wege, ohne sich eines Blickes zu würdigen, doch während Leon sich überlegte, wie er Sam zu seinem Freund machen konnte, hegte Helena ganz andere Gedanken…

Mordgedanken!

Verdammt irgendwie musste sie ihrem Ärger Luft machen, doch wie… Sie dachte noch darüber nach, als der Schrei einer Frau sie aus ihren Gedanken riss. Der Schrei kam aus einer der Baracken, in denen die Frauen der „B Ware“, also Frauen, die man noch zum Verkauf „vorbereiten musste“ untergebracht waren und welche dann als Sklavinnen verkauft werden sollten. Sie stürmte in die Baracke und sah, wie eine der Wachen sich an einer der Geiseln verging, während zwei andere Wachen zuschauten und sie gar nicht bemerkten.

Sie unterdrückte ihre erste Wut, ging wieder aus der Baracke heraus und griff ihr Handy.
„Ja Herrin?“ meldete sich Druuhf.
„Komm sofort zu Baracke 5! Und bring meine Peitsche mit!“
„Sofort Herrin!“

-Genießt euren Spaß Jungs, solange bis Druuhf hier ist- dacht Helena und hatte ein Ventil für ihre Wut gefunden!

**

Unterdessen beschäftigte sich Sam Whitinghouses weiter mit der Karte Makiras. Sorgsam zeichnete er das neue Radar ein, sowie die neuen Stellungen der Luftabwehr und Antischiffsraketen ein. Anschließend suchte er die Schwachstelle in der Verteidigung der Insel.
Er saß auf Tarosi, dem Nordzipfel von Makira… Östlich gab es eine Meeresenge die von den Inseln Makira, Ulava, Maramasike und Guadacanal eingrenzt wurde. Zwischen der Südspitze Guadalcanals, Marapa Island, der Su’uqeine Bay und Poi Island hatte Sam mehrere Sonarposten installiert, die mit akustischen Torpedos versehen waren und die nur einen Knopfduck brauchten, um jedes Schiff zu versenken, das sich Tarosi näherte.
Eine weitere Sperre gab es zwischen Sukiki und Bellona Island, womit die Insel von See her halbkreisförmig abgeriegelt war. Um das Lager Tarosi selbst waren mehrere Gatling Geschütze in Stellung gegangen, welche zusammen mit den Luftabwehrraketen den Luftraum über der Maro’u Bay sicherstellen sollten. Whitinghouse hatte die Angriffe auf Mota und besonders den auf Tetepare genau studiert. An beiden Standorten hatte das Radar nichts genützt! Irgendwie hatten es die Soulebdalesen geschafft unentdeckt zu bleiben, bis es zu spät war. Dennoch waren die Soulebdalesen auf Nummer sicher gegangen und hatten die Radaranlagen zu Beginn ihrer Angriffe zerstört.

Auf Grund dieser Analyse hatte Whitinghouses die akustischen Sperren gelegt. Soulebda konnte vielleicht seine Schiffe für das Radar unsichtbar machen, aber sie konnten sie nicht geräuschlos machen!

Auch was Luftstreitkräfte anging, hatte Sam seine Schlüsse gezogen. Sollten die Soulebdalesen ruhig das Radar auf Uki’ni angreifen, er würde dort keine Raketen aufstellen, die von Heylahs Jagdbombern zerstört wurden. Sams Plan war, die Flugzeuge in Reichweite des zweiten ausgeschalteten Radars zu locken, dieses dann erst einzuschalten und dann mit einem massiven Gegenschlag die Flugzeuge Soulebdas zu vernichten.
Waren diese erst einmal neutralisiert, konnte er die Schiffe mit den akustischen Torpedos angreifen und seine Antischiffsraketen starten.

Sam wollte sich gerade der nächsten Aufgabe zuwenden, als ihm ein Gedanke kam… ein kleines Wort kam ihm in den Sinn…Mobilität!
Er brauchte, neben dem zweiten festen Radar und den aufgestellten Abwehrraketen mobile Einheiten! Um die Verteidigung sicher zu stellen, musste er mobile Radaranlagen und mobile Abschussbasen aufstellen. Nur Sekunden später schaute sich Sam die Bestände der Waren an und sah, dass ein Schiff Kajats, die Hung Lie, genau das an Bord hatte, was er brauchte. Das Schiff war unter anderem mit Schweizer TAFLIER Geräten sowie der ebenfalls aus der Schweiz kommenden, modernisierten, kleineren Version der Bloodhound Mk.4 beladen und war vor vier Tagen aus Sydney mit dem Ziel Mindanao ausgelaufen, um dort die Waffen an philippinischen Rebellen zu verkaufen. Also beschloss Sam Leon anzurufen und das Schiff umzudirigieren.

Wie erwartet wollte Leon davon nichts wissen, doch Sam musste nur fragen, ob der Stecher sich darum kümmern sollte und Leon willigte ein. Die Aufständischen in Mindanao, mussten eben noch etwas länger auf ihre Waffen warten!
„Noch was Leon!“ sagte Sam zu Baldwerde. „Das hier ist die entscheidende Runde! Wenn wir es schaffen den Soulebdalesen eine Tracht Prügel zu verabreichen, sind wir die Marktführer und können daran denken zu expandieren. Dazu braucht Kajat kluge Köpfe, keine triebgesteuerten Furien. Ich nehme an, du weißt, wie ich das meine.“

Oh ja, das wusste Leon nur allzu genau.

„Aber bevor wir daran denken können, müssen wir diese Runde gewinnen. Also zurück zu den mobilen Einheiten. Soulebda wird versuchen uns vor einem Angriff auszuspionieren. Verschlüsseln sie den Funk! Es darf keinen unverschlüsselten Funkverkehr geben. Stell sicher, dass jeder Idiot die Codes kennt und nicht aus Nachlässigkeit unverschlüsselt sendet!

Und viel wichtiger! Kein einziges Wort über die mobilen Einheiten.
Falls es Heylah doch gelingen sollte uns abzuhören, darf sie NICHTS über die Radar- und Raketeneinheiten erfahren. Hast du das verstanden?“

„Ja, aber unsere Verschlüsselung…“
„NEIN! Kein ABER! Ich weiß, dass es unwahrscheinlich ist, den Code zu knacken, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht. Kein Wort über die mobilen Einheiten über Funk!“

„Verstanden. Ich kümmere mich persönlich darum.“
Als Whitinghouse wieder alleine war, ließ er sich noch einmal Helenas Einwurf durch den Kopf gehen, was den Süden der Insel anging, doch er verwarf den Gedanken schnell wieder. Auf der ganzen Insel lagen Posten, selbst wenn sich ein Angreifer an den ersten Posten vorbeischmuggeln konnte, er würde es niemals schaffen alle Posten zu umgehen und ungesehen an das Lager in Tarosi heranzukommen.

Wenn die Soulebdalesen wirklich ohne Luftunterstützung über Land angriffen, würden sie eine böse Überraschung erleben. Das hier war der Spielplatz von Sam Whitinghouse!

Und der war nach ein paar Wochen intensiver Arbeit ein gut gesicherter Spielplatz. Zweihundert Piraten die das Lager beschützen und zweihundert erfahrene Söldner, welche die mobilen Abwehranlagen, das Ersatzradar, und die Geschütze bedienten. Zufrieden legte sich Whitinghouse zurück, Heylah und ihre Armee können ruhig kommen, er würde ihnen einen heißen Empfang bereiten!

**

Auf der Wudong
Major Andre’jat, Ingenieur Orga’kat und das Expeditionsteam hatte die Wudong wieder in einen fahrbereiten Zustand gebracht. Da auf der Brücke sehr viele Systeme zerschossen waren, konnten lediglich die externen Fahrstände noch zum Steuern genutzt werden.
Mit dem Not Radar war die Wudong zumindest imstande den Kurs zu halten und auf Gegenverkehr zu achten. Die Funkerei war notdürftig mit funktionstüchtigen Geräten ausgestattet, aber die Satellitenanlage bleib irreparabel beschädigt.

„Das ist jetzt wieder wie früher.“ Flunkerte Major Andre’jat zu Ingenieur Orga’kat und dieser nickte. „Ja, ganz ohne Autopilot, Computer und dem ganzen elektronischen Gerümpel und es geht auch.“ Dabei lachten beide kurz auf und betrachteten die Mannschaft, wie sie mit Hilfe der Kräne an Deck die unnötigen Container über Bord warfen, wo sie dank der offenen Türen schnell versanken.

„Die Container sind keine Gefahr mehr für die Seefahrt und wir sind den Mist los. In zwei Stunden ist Rendezvous mit dem Truppentransporter aus Indonesien.“

„Wen nehmen sie dann alles an Bord?“, wollte Peter wissen. „Da bekommen wir Verstärkung von unseren indonesischen Verbündeten. Da kommen die 8. 9. und 11. Expeditionskompanie zu uns und bringen ihre leichten Panzer mit. Die sollten genug Krach machen, um die Bösen von uns abzulenken.“
„Drei ganze Kompanien, nur um eine Ablenkung glaubhaft werden zu lassen?“
„Ja klar,“ bestätigte der Major. „Klotzen, nicht kleckern.“
„Ihr beide werdet aber bereits vorher abgeholt. Euch bringt ein Spezialhubschrauber an einen anderen Ort. Auf euch wartet etwas anderes, sagte man uns.“

Peter schaute mich an und grinste. „Ich bin mal gespannt, was ich diesmal kaputtmachen soll …“

Major Andre’jat und Ingenieur Orga’kat sahen sich an und lachten laut.

**

Südlicher Lagerteil, Baracken der „A-Ware“
Die Besatzung der Halife war noch immer zusammen. Die Baracken in denen man die Geiseln untergebracht hatte, waren in mehrere getrennte Zellenblöcke unterteilt. Jeweils sechs Doppelzellen bildeten eine Einheit in einem Raum, der 10X8 Meter maß. Drei Zellen auf jeder Seite, wurden durch einen zwei Meter breiten Mittelgang getrennt.

Da die Zelleneinheit Ma’Fretama und den andren, der erste in der langgezogenen Baracke war, maß dieser einige Meter mehr, da es hier noch einen kleinen Aufenthaltsraum für die Wachen gab. Während sich Iduna und Ma’fretama eine Zelle teilen mussten, waren neben ihnen Hyla’hars und Lerf’tarste in einer Zelle sowie Dana und Fabienne.

Gegenüber saßen Vera und Sarah in einer Zelle und eine Zelle weiter, Finja und eine der Schönheitsköniginnen. Doch anders als bei den Kriegerinnen war deren Agonie nicht gespielt. Da meist eine Wache anwesend war, und die Zellen ausschließlich aus Gittern bestanden, war es für die Frauen schwer, sich untereinander zu verständigen, doch mittlerweile konnten sich die Freundinnen mit einem Blick verständigen.
Mit einer Handbewegung teilte Ma’fretama den anderen mit, dass Ma’Difgtma sie rief und sie setzte sich in eine Ecke ihrer Zelle und konzentrierte sich, was für die Wache so aussah, als ob sich Ma’Feratama still vor sich hinbrüten würde. Als das Gespräch beendet war, teilte sie ihren Kriegerschwestern mit, was Ma’Difgtma ihr mitgeteilt hatte.

-Die Planungen für einen Angriff haben begonnen. Wir brauchen einen genauen Überblick über das Lager und die Verteidigungsanlagen.-
-Dazu brauchen wir Augen und Ohren draußen.- meinte Hyla’hars.
-Wir können in den Schatten treten und niemand wir uns sehen.-
-Dazu müssten wir aber erst heraus und an ihm vorbei- warf Lerf’tarste ein.-
-Wartet mal…ich habe eine Idee! Wir müssen sicherstellen, dass wir die Zellen zu jedem Zeitpunkt verlassen können, wir brauchen also die Schlüssel von diesem Kres‘tu!- sagte Ma’fretama.
-Und wie wollen wir das anstellen? –
-Nichts leichter als das! – antwortete Ma’Fretama gab Iduna einen Wink, trat an die Gittertür und rüttelte daran.
Die Wache, welche ihr den Rücken zugedreht hatte und in einem Schmuddel Heftchen las, wurde aufmerksam und schaute nach, wer an der Tür rüttelte. Er stand auf und trat an die Tür heran, wo ihm Ma’Fretama ansah.
„Lass das, sonst gibt’s eine Tracht Prügel!“ warnte er sie.

Ma’fretama sah ihn kurz an, dann spuckte sie ihm mitten ins Gesicht! „Kres’tu“ zischte sie und erhielt genau die Wirkung, die sie wollte. Die Wache, die sich über Helena ärgerte, da er sich nicht mehr an den Frauen vergreifen durfte, wurde weiß vor Zorn, riss ihren Knüppel aus dem Gürtel, zog den Zellenschlüssel hervor und schloss die Tür zu ihrer Zelle auf. Iduna tat so, als ob sie sich ängstlich in die Ecke drängte und wartete.

„Du Scheißweib!“ fluchte die Wache, trat in die Zelle und stieß mit dem Knüppel nach Ma’fretama, „Das wird dir leidtun!“
Kaum war die Wache aber in der Zelle, sprang Iduna auf, schloss die Tür, während Ma’fretama sich um die Wache kümmerte. Das geschah so schnell, dass die Wache überhaupt nicht wusste, wie ihr geschah.

Mit dem linken Arm klemmte sie den Arm mit dem Knüppel in den Gittern fest, während sie mit der rechten Hand gegen einen Nervenpunkt auf die Brust schlug. Zwei schnelle Schläge später konnte die Wache nicht mehr atmen, geschweige denn nach Hilfe rufen. Fast lautlos erstickte der Mann, während Iduna ihn schon filzte. Der Mann hatte ein Handy und ein Funkgerät das Iduna schnell durch die Gitter an Dana weiterreichte, die sich sofort darüber her machte.
„Was jetzt?“ fragte Fabienne.
„Ich trete draußen in den Schatten und sehe mich um.“
„Aber was ist mit ihm?“ wollte Finja wissen und zeigte auf die tote Wache. „Sie werden ihn irgendwann vermissen und suchen.“
„Ja, das werden sie, aber sie werden kaum uns in Verdacht haben, nicht solange wir hier eingesperrt sind!“ antwortet Sarah, die den Plan Ma’Fretama verstanden hatte. Sie waren in ihren Zellen… die Türen waren abgeschlossen und somit würde niemand auf die Idee kommen, sie könnten mit dem Verschwinden der Wache etwas zu tun haben.
Schnell hatte Ma’fretama die Zelle ihrer Kriegerschwestern aufgeschlossen und ließ die alle aus ihren Zellen.
Dana hatte inzwischen erste Daten aus dem Handy gesichert.
„Leute, das wird der Armee und GIPSY nicht gefallen.“ Meinte sie. „Da gibt es eine Kommunikationsgruppe –Wachposten Inselgrenze-. Da sind mindestens vierzig verschiedene Wachposten registriert.“
„Das heißt, dass sie aus den Angriffen auf Mota und Tetepare gelernt haben. Sie wissen, dass wir das Radar stören können und haben Posten aufgestellt.“
„Wenn sie das tun, weil sie ihre Lehre gezogen haben, dann werden sie auch andere Vorsichtsmaßnahmen treffen.“ Stellte Fabienne fest.
„Ja, diese Daten müssen unbedingt nach Soulebda!“
Vorsichtig schaute Lerf’tarste aus dem Fenster und sah nur wenige Meter weiter den dichten Dschungel. Die Tür lag auf der gegenüberliegenden Seite der Baracke, wo Hyla’hars erst lauschte und dann die Tür einen kleinen Spalt öffnete. Dort lag dein Platz in der Mitte des Lagers, allem Anschein bildete ihre Baracke den Außenbereich des Lagers.
Iduna, die Ma’fretama gefolgt war, suchte sofort einen Plan auf dem Computer und wurde schnell fündig. Eine elektronische Karte zeigt, dass ihre Baracke die südliche Grenze bildete. „Wie sieht es aus?“ fragte Fabienne.
„Der Computer hat kein Passwort, ich komme sofort rein.“
„Warte, gib mir mal das Handy.“ Antwortete sie, holte von Dana das Handy, machte eine Aufnahme von dem Plan und gab Dana zurück.
„Ich sehe die Gebäude des Lagers, aber nicht die Verteidigung.“ Stellte Dana fest.
„Nein, wahrscheinlich hat der Computer deswegen kein Passwort, es sind keine sensiblen Daten darauf.“
„Aber er ist an das gesamte Netz angeschlossen, also bekommen wir Zugang zum System.“
„Ja, das schon, aber wir sollten uns nicht zu sehr darauf verlassen und die Verteidigungsstellungen selbst erkunden.“
„HHMM, lass mich mal an den Computer.“ Forderte Dana Iduna auf, welche sofort Danas Aufforderung nachkam. Dana drückte Iduna das Funkgerät in die Hand und sagte, „Kannst du irgendwo die digitale Frequenz sehen?“
Iduna sah nach, während Dana sich umsah, ein USB Ladekabel erblickte und das Handy an den Computer anschloss.
„Ja, hier im Akkudeckel sind die Frequenzen und die Verschlüsselung aufgeschrieben.“
„Die Codes?! Zeig her!“ Dana nahm das Handy und machte ein Bild von dem Schild und begann dann eine Zifferfolge in das Handy einzugeben. „Ok, erledigt. Typisch, man macht es uns ziemlich einfach, meinst du nicht auch?“
„Denkst du, die wollen uns reinlegen?“
„Nein, die sind nur zu bequem allen die Verschlüsselungscodes beizubringen, also schreiben sie sie auf. Du weiß schon, Idiotensicher…“ antwortete sie und schaute sich um, dann steckte sie das USB Kabel in eine Schnittstelle auf der Rückseite des Computers, und versteckte das Handy daran unter der Schreibtischplatte, so dass man es nicht sehen konnte. Fabienne durchsuchte die Wache noch einmal gründlich, doch die einzige Waffe die diese trug war der Knüppel. Diesen und das Funkgerät legte sie sorgfältig neben den Computer und das Schmuddel Heftchen und arrangierte alles so, als ob die Wache jeden Moment zurückkommen würde.
„Was machen wir mit ihm?“ wollte Sarah wissen und zeigte auf die Leiche.
Ma’fretama schaute kurz aus dem Fenster um festzustellen, ob die Luft rein war, dann winkte sie Hyla´hars und Lerf´tarste zu sich und zu dritt stiegen sie aus dem Fenster. Iduna half ihnen, den Toten aus dem Fenster zu hieven und Minuten später war die Leiche der Wache zehn Meter neben der Baracke vergraben.

Schell kletterten Hyla‘hars und Lerf’tarste zurück in die Baracke, während Ma’fretama in den Schatten trat.

Im Inneren der Baracke gingen die Frauen in ihre Zellen zurück und Iduna verschloss die Türen wieder, wobei sie den Schlüssel natürlich behielt und dann eine Decke zusammenrollte, sodass es von draußen so aussah, als ob Ma’fretama auf der Pritsche lag.
„Ich hoffe sie erwischen Ma’fretama nicht.“
„Keine Sorge“; beruhigte sie Hyla’hars, „Niemand erwischt eine Kriegerin, die im Schatten wandelt.“

**

Soulebda/ Im Palast
Ein Piepen erregte Ralf Hauers Aufmerksamkeit, der sich einem anderen Bildschirm zugewandt hatte. Ralf drehte sich um und schaute zum Monitor des Hauptrechners, wo eine Ziffernkombination erschien.
„Ach du meine Güte!“ flüsterte er, stürmte zum Flur und rief laut, „RANDY! ES IST DANA!“, dann lief er zum Rechner zurück. Kaum hatte er Platz genommen, da stürmte Randy zur Tür herein.

Zusammen starrten sie auf die Daten, die angezeigt wurden, während Hauers Hände über die Tastatur flogen.
„Sie hat ein Handy an einen PC im Lager angeschlossen.“ Stellte Hauer fest.
„Kannst du dich einhacken?“
„HMMM, die Firewall des Handys und dem Computer daran, ist ein Witz. Warte einen Moment.“ und schon war Hauer im Menu des Computers. „So wie es aussieht, gibt es ein Zweikreislaufsystem… der Computer am Handy mit einer niedrigen Sicherheitsstufe und einen zweiten mit einer weitaus höheren Stufe. Unser PC gehört zur niedrigen Stufe, da er keinen Zugriff auf sensible Daten hat.“
„Und, kannst du dich in den anderen Kreislauf hacken?“
„Kann ein Fisch schwimmen? Klar kann ich das, dauert nur etwas.“
„Was ist das da?“ fragte Randy und zeigte auf eine JPEG Datei.
Hauer öffnete die Datei und pfiff anerkennend. „Das sind Funkfrequenzen. Digitale Funkfrequenzen… mit den dazugehörigen Verschlüsselungscodes! Ich liebe deine Freundin… keine Sorge… ich meine, ach du weißt genau, was ich meine.“
„Schon ok, ich weiß, was du meinst. Kann ich Ma’Gus und Dagan sagen, dass wir Kontakt haben?“
„Ja, wenn es sich nicht vermeiden lässt, den fiesen Geheimdienst einzubinden.“
„Nein, das lässt sich nicht vermeiden!“

**

Zwei Stunden nachdem Ma’Gus die Frequenzen und Codes erhalten hatte, sollte eine Stealth Drohne von Julam’da Airfield starten, die allerdings einen spektakulären Crash hinlegte.
„Verdammt!“ fluchte Ma’Gus. „Was jetzt?“
Dagan überlegte kurz und meinte dann, „Ich rufe unsere amerikanischen Freunde an, vielleicht haben die einen Ersatz auf Guam herumstehen.“
Nein, die Amerikaner hatten keinen Ersatz, aber ein paar Anrufe und eingeforderte Gefallen später, hatte Dagan eine Northrop Grumman E-8c aus Guam, die ohnehin morgen nach Canberra für eine Übung abkommandiert war, erhalten. Die Maschine kreiste einige Stunden weit außerhalb der Radar-Erfassungsbereiche der Insel und sammelte alles ein, was es im elektromagnetischen Spektrum aus Makira gab und übertrug es nach Soulebda.

Und im Funk, da war einiges zu hören…

**

Makira
Eine halbe Stunde nachdem alle wieder in ihren Zellen warteten, kam eine weitere Wache in die Baracke. Diese war wohl die Ablösung des Toten und wunderte sich, dass keine Wache anwesend war.
„Jakar?“ rief die Wache, doch niemand antwortete. „JAKAR?!“ Da es immer noch keine Antwort gab, sah sich der Mann um, da aber alle Zellen verschlossen waren und augenscheinlich alle Gefangenen in ihren Zellen saßen, ging die neue Wache davon aus, dass der fehlende Mann wohl einen Kontrollgang machte.

Erst, als nach über einer halben Stunde niemand kam, begann er nach Jakar zu suchen. Die Wache durchsuchte erst die Baracke und fragte dann bei den benachbarten Baracken, ob jemand Jakar gesehen hätte. Da ihn niemand gesehen hatte, rief der Mann schließlich Helena über sein Handy.
„Was gibt’s?“ fragte sie unwirsch.
„Jakar ist verschwunden.“
„Was heißt verschwunden?“
„Ich sollte ihn ablösen, aber er ist nicht da.“
„Was ist mit den Gefangenen?“
„Die sind alle in ihren Zellen.“ Antwortete er, nachdem er einen Rundblick in den Raum geworfen hatte.
„Ich komme zu dir!“ beendete Helena das Gespräch und erschien kurze Zeit später mit Druuhf in ihrer Begleitung in der Baracke.
„Wann hast du Jakar abgelöst?“
„Ich kam vor vierzig Minuten, doch Jakar war nicht hier.“
„Und da wartest du so lange?!“
„Ich dachte, er macht einen Rundgang.“ Entschuldigte sich die Wache.
Wütend sah sich Helena um und starrte dann auf Idunas Zelle. Die hatte mittlerweile die Decke ausgerollt, da die Tarnung niemals einem genauen Blick standgehalten hätte.
„Wo ist die andere?!“ herrschte Helena die Ablösung an. „Sagtest du nicht, es sind alle Gefangenen in ihren Zellen?“
Der Mann starrte verwirrt auf die aufgerollte Decke und antwortete dann „Ich dachte, ich habe nicht…“ der Rest ging in einer schallenden Ohrfeige unter, die Helena ihm verpasste. Helena trat an Idunas Zelle heran und fragte dann drohend auf Englisch, „Wo ist sie?“
„Die Wache hat sie mitgenommen.“ Stammelte Iduna scheinbar ängstlich.

Wütend schlug Helena gegen das Gitter und Iduna verkroch sich in die Ecke, um keinen Verdacht zu erregen.

„Druuhf! Du stellst sofort eine Suchmannschaft zusammen und bringst mir diesen Schwachkopf! Jakar wird irgendwo seinen Spaß mit der Frau haben. Such ihn und bring ihn mir, aber lebend! Wenn ich meinen Spaß schon nicht mehr mit der Ware haben darf, dann wenigstens mit diesem Mistkerl!“

„Ja Herrin.“

**

„Habt ihr Jakar gefunden?“ wollte Helena von Druuhf wissen, als dieser nach Sonnenuntergang in das Lager zurückgekehrt war.
„Nein Herrin, wir konnten ihn nicht finden.“
„Und wieso bist du dann hier?“ herrschte sie ihn an.
„Da draußen ist es dunkel! Wir könnten einen Meter neben ihm vorbeilaufen und ihn nicht sehen!“

„Idiot!“ zischte Helena. „Jakar hat die Frau mitgenommen. Er wird sie kaum im offenen Gelände verstecken. Sucht in den Hügeln!“
„Er könnte sie auch vergewaltigt und umgebracht haben.“
Helena, die wusste, wie groß der Verdruss über ihren Befehl, die Hände von den Frauen zu lassen war, überlegte kurz. „Das glaube ich nicht. Nein, Jakar hat sich die Tussi geschnappt und versteckt sie irgendwo, um seinen Spaß haben zu können, wenn immer er will. Scheuch deine Leute wieder raus und such bei den Hügeln!“
„Sofort Herrin.“
Erneut scheuchte Druuhf die Piraten aus dem Lager, diesmal um sie in Dreimannteams die Umgebung östlich der Bucht absuchen zu lassen. Irgendwo musste sich der Mistkerl mit der Frau verstecken…

**

Vor der Landung

Das Landungsschiff LPD Baruu Talki lag längsseits der Wudong und die Umlade Arbeiten waren voll im Gange. Jetzt zeigten sich die Vorteile, wenn man ein großes Welldeck hatte und gleichzeitig starke Kräne zur Verfügung hatte.
„Was sind das denn für komische Schwimmpanzer, sind die aus Plastik?“ Peter hatte sich einen der modernen Composite Panzerungen angesehen und staunte über das Material.
„Das ist wie guter Stahl aus deiner Heimat, hart wie Kruppstahl, so sagt man doch in Deutschland, oder?“
„Ja, aber das ist doch kein Panzerstahl, ist das wirklich modern und taugt das echt etwas?“
Zusammen mit einem Oberleutnant kam ich dazu und wir folgten dem „Fachgespräch“.
„Peter, ich glaube, die Leute hier wissen ganz gut, was ihre Panzerungen aushalten müssen und können. Außerdem glaube ich nicht, dass wir hier mit echten Panzerbrechern rechnen müssen und dann ist das hier bestimmt mehr als ausreichend.“
Peter schaute mich grinsend an. „Fühl doch mal, das fühlt sich an, wie … Plastikmetall.“
„Das ist der letzte Sir“, rief einer der Soldaten, als man gerade das Vorzeigefahrzeug anhob und auf die Wudong verlud.
Der Oberleutnant schaute Peter an und lächelte ihm zu.
„Das sind spezielle aufgeschäumte Hartpanzerlegierungen mit Composite-Zusatzpanzerungen. Das Zeug hält mindestens so gut wie 35 mm Panzerstahl, dabei wiegt es nicht mehr wie 12mm Stahlbleche. Unsere Marines vertrauen der Panzerung ihr Leben an.“

„Der Major sucht sie beide, es geht um die Abholung mit dem Hubschrauber, bitte folgen sie mir.“ Hatte sich ein junger Oberfeldwebel vorgedrängt und nahm uns mit zur Brücke.

Wir sahen die Brücke das erste Mal nach den Kämpfen und waren erstaunt, wie einfach die Steuerung dieses riesigen Schiffes bewerkstelligt wurde.

„Ah da sind sie ja“, begann Major Andre’jat. „Folgendes: Wir fahren jetzt noch drei Stunden nach Nord-Nordwest. Dann erreichen wir die Ostküste der Zielinsel. Ab da werdet ihr beide von einem Sikorsky Hubschrauber abgeholt, der umfliegt die Küstenregion südlich und setzt euch bei Te Te Re ab. Ab da werdet ihr von einem einheimischen Forscherteam mit einer uralten Mil Mi-8 übernommen, der bringt euch in dem Seelenverkäufer bis nach Di’una, das ist mitten im Dschungel, aber außerhalb der Piratengebiete. Das Forscherteam kennt man dort, die werden in Ruhe gelassen, also haltet euch zurück und beginnt keinen Krieg, verstanden?“
Dabei schaute der Major Peter sehr eindringlich an, bis Peter nickte.
„Gut ihr versteckt euch und werdet dann in der folgenden Nacht von eueren Kriegern eingesammelt. Noch Fragen?“

**

„Schaut mal dort unter dem Felsvorsprung nach“, Befahl der Anführer einen der Teams und leuchtete mit seiner Taschenlampe in gegen eine drei Meter hohe Felswand, die sich hinter einer kleinen Lichtung erhob, „ich glaube da ist etwas.
Die beiden anderen Piraten nahmen ihre Waffen von den Schultern und bewegten sich von zwei Seiten auf die Stelle zu, die der Truppführer anleuchtete.

„Achtet auf eure Kanonen!“ warnte der die zwei. „Druuhf will Jakar und die Frau lebend haben, damit sich Helena an ihnen austoben kann.“
Langsam näherten sie sich der beleuchteten Stelle, dann blieben sie stehen und einer bückte sich, um etwas aufzuheben.

„Was ist das?“ fragte der Truppführer.
„So wie es aussieht, hatte Jakar hier wirklich hier seinen Spaß.“ Sagte er und hob einen Schlüpfer in das Licht der Taschenlampe.
„Dieses Arschloch. Ich will auch meinen Spaß haben…“ meinte der zweite, als ein leises Geräusch ihn aufmerksam werden ließ.

„Leuchte mal nach rechts.“ Sagte er zu dem Truppführer, der mit der Taschenlampe auf ihn zukam und ihm direkt in das Gesicht leuchtete.
„He was soll das? Ich sagte…“

Weiter kam er nicht, denn hinter dem Licht der Taschenlampe zuckte eine Klinge hervor, die ihm über die Kehle fuhr. Nun bemerkte der Pirat, der noch immer das Höschen in der Hand hielt, dass etwas nicht stimmte, doch viel zu spät, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben.

Gnadenlos schlug Ma’fretama zu und tötete auch den dritten Mann des Teams um dann wieder ihren Slip anzuziehen.

**

Nachdem Ma’fretama in den Schatten getreten war, begann sie die Umgebung des Lagers zu erkunden. Schnell hatte sie sich die Umrisse des Lagers eingeprägt und Ma’Difgtma unterrichtet. Diese teilte Ma’fretama mit, dass Dana eine Möglichkeit gefunden hatte, die Pläne des Lagers zu übermitteln, dennoch sei es wichtig, alles „mit dem eigenen Auge“ zu sehen.

-Tochter, wir planen einen Angriff, doch wir befürchten, dass die Geiseln wieder als Schutzschild herhalten müssen.-
-Ich konnte mir bisher nur einen kurzen Überblick verschaffen, zögert den Angriff heraus! Ich habe eine Idee.-
-Was hast du vor? –

-Ich suche mir einen Platz, der sich gut verteidigen lässt, dann besorge ich meinen Kriegerschwestern Waffen und befreie die Geiseln, mit denen ich mich an dort verschanze. Die Piraten werden alles tun, um uns wieder einzufangen und werden abgelenkt sein.-
-Wieviel Zeit braucht du? –
-Gebt mir drei Tage.-
-Gut, meine Tochter ich werde mit den anderen deinen Plan beraten.“

**

Nun hatte Ma’fretama zwei Typ 95 Sturmgewehre, eine AK 110 mit der dazugehörigen Munition sowie eine Pistole. Bis zum Ende der Nacht kam noch ein Typ 95, drei M16 zwei AK47 und zwei weitere Pistolen dazu.

**

In ihrer Zelle lächelte Hyla’hars still vor sich hin und immer, wenn die Wache ihnen den Rücken zudrehte, teilte sie den anderen die Neuigkeiten mit. Neun Sturmgewehre und drei Pistolen, nicht schlecht für eine Nacht!

**

„Was soll das heißen, es fehlen Männer?“ fragte Sam Whitinghouse am nächsten Morgen.
Nachdem einer der zurückkehrenden Piraten mit Leon geredet hatte, konnte Helena die Sache nicht mehr geheim halten und musste Sam eingestehen, dass sie nicht nur Jakar nicht gefunden hatten, sondern dass auch neun der Piraten fehlten, die nach ihm gesucht hatten.
„Es kamen nicht alle Teams zurück, aber das muss nichts heißen, vielleicht sind sie auf eine Spur gestoßen und folgen ihr noch.“

„Diesen Scheiß glaubt ihr doch selbst nicht!“
„Ich wüsste nicht…“
„Aber ich weiß es!“ fiel ihr Leon ins Wort.
„Was fällt dir ein, mich zu unter…“ schrie Helena Leon an.

„Sprechen sie!“ wurde Helena nun von Whitinghouse unterbrochen, was Helena vor Zorn beben ließ.

„Machen wir uns nichts vor, diese Männer hier sind keine Soldaten, sie sind Piraten und Gangster. Der Befehl von Vogel, keine Frauen mehr anzufassen, hat zu sehr viel Unmut geführt. Jakar hat sich eine der Frauen geschnappt und versteckt sich mit ihr. Ich vermute, dass die anderen sie gefunden haben und Jakar die Frau mit ihnen teilt. Natürlich wissen sie, dass wir sie suchen, deswegen haben sie alle Handys und Funkgeräte ausgeschaltet, so dass wir sie nicht orten können. Um dem vorzubeugen, schlage ich vor, dass wir die Anweisungen von Vogel etwas überarbeiten.“
„Und wie soll das gehen?“ fragte Helena.
„Wir geben den Männern, was sie wollen. Einmal pro Woche überlassen wir ihnen eine der Frauen. Auch wenn uns das Frau im Monat kostet, wir bekommen genug Nachschub um den Verlust auszugleichen und so verhindern wir weitere Desertationen.“

„HHMMM.“ Sam ließ sich Leons Argument durch den Kopf gehen und bemerkte sehr wohl das wütende Gesicht von Helena. Mit dieser Rivalität ließen sich die zwei gut unter Kontrolle halten, doch es wurde Zeit auch Helena wieder ein Stück Zucker zu geben.
„In Ordnung Leon, ich kläre das mit Kajat.“ Und zeigte dann mit dem Kopf auf die Ausgangstür.
Leon nickte und verließ den Raum.
„Der Vorschlag hat etwas, findest du nicht auch?“
Helena blitze ihn wütend an, schwieg aber.
„Also, wir sitzen hier und warten darauf, dass uns die Soulebdalesen angreifen, ich kann mir es nicht erlauben, dass hier jeder macht, was er will. Du wirst mir die zehn Kerle herschaffen, die abgehauen sind, damit du an ihnen, hier vor den Augen aller, ein Exempel statuieren kannst. Wenn ich damit zufrieden bin, opfere ich gerne zwei Frauen im Monat. Eine für die Männer, eine für dich! Sind wir uns einig?“

Nein, Helena war nicht zufrieden, sie wollte jede Frau haben, die ihr gefiel, hütete sich aber, dies zu zeigen. „Ja, wir sind und einig.“ Antwortete sie stattdessen.

**

Soulebda/ Planungsraum von GIPSY

General Jektjor’far, Jerome, Veronique, Bernd, und Ma’Difgtma schauten sich jeden cm² Boden hinter der Mao’u Bay genau an.
„Wir brauchen unbedingt ein paar eigenen Keyhole Satelliten!“ brummte der General. Zwar hatten ihre amerikanischen Freunde eine Northrop Grumman E-8c aus Guam in die Region entsandt, welcher auch regen Funkverkehr auffing, den man dank der Codes entschlüsseln konnte, doch detailgenaue Bilder konnte die Maschine nicht machen und Jektjor’far wollte es auch nicht riskieren eine andere Drohne, als eine Stealth Drohen zu starten, denn das Radar auf Uki’ni würde diese mit Sicherheit entdecken und damit die Piraten vorwarnen. Die Northrop Grumman E-8c aus Guam war zum Glück viel zu hoch und viel zu weit weg, um Verdacht zu erregen.

Die einzige Alternative war die zweite Grob Drohne, Harpyie 2, die bestand weitestgehend aus Kunststoffen, aber die Drohne wurde gerade auf dem Flughafen Lungga umgerüstet. In drei Stunden würde sie frühestens startbereit sein.

Also hatte Bernd heute Morgen Makira zweimal in großer Höhe überflogen und Aufnahmen vom Nordteil der Insel gemacht, doch getarnte Stellungen waren so nicht zu erkennen. Der Flug fand als angemeldeter Transportflug statt und blieb so unauffällig. Immerhin führte eine Transportroute über die Insel.

-So ein Scheiß- fluchte der General. –Auch die Bösen lernen dazu! – Doch durch Ma’fretama wusste man schon von mehreren Gatlings und kannte in etwa die Mannschaftstärke der Piraten.

Doch hier und jetzt, ging es darum, einen guten Platz zu finden, den Ma’fretama und ihre Kriegerinnen verteidigen konnten, bis ihre Truppen auf Makira landen konnten.

„Ich schlage diesen Ort vor.“ Sagte Jerome schließlich und zeigte auf ein paar verlassene Hütten etwa 2,5 Kilometer westlich von Tawaiabu. Diese waren in einem Karee aufgestellt, doch wichtiger war, dass gute fünfhundert Meter vor dem verlassenen Dorf, der Boden nur leicht bewachsen war, da früher vor dem Dorf sicher nur Felder gelegen hatten. Niemand konnte sich dort anschleichen, ohne dass er entdeckt wurde, zumindest nicht von einer Kriegerin!

„Unsere westlichen Kriegerinnen können dort mit den erbeuteten Waffen wirksamen Wiederstand leisten, bis wir gelandet sind.“
Jektjor’far sah sich das Gelände genauer an und nickte dann. „Ja… gut, wir schicken ihnen die Novel’ult zur Verstärkung. Mit ihren Geschützen wird sie das Gelände östlich der Ortschaft beherrschen. Was mir Sorge bereitet ist die Möglichkeit, dass die Piraten sie nördlich umgehen und sich durch den Dschungel dem Dorf nähern. Jerome, dein Auftrag wir es sein, das zu verhindern. Du fährst mit der Novel’ult und wirst mit einer Kompanie der Garde landen und zu Ma’fretama zu stoßen um die Geiseln zu schützen, bis wir die Lage unter Kontrolle haben.
„Verstanden!“
„Ma’Difgtma, teile deiner Tochter unseren Plan mit.“
„Das werde ich sofort tun.“ Antwortete sie und zog sich ein paar Meter zurück, um sich zu konzentrieren.
„Wichtig ist“, fuhr Jektjor’far fort, „dass wir die Antischiffsraketen gleich zu Anfang des Angriffs ausschalten, sonst wird die Novel’ult zur Zielscheibe. Schubert?“
Bernd trat vor und zeigte auf das Radar auf Uki’ni. „Die Aufnahmen zeigen, dass es neben dem Radar auf Uki’ni keine Luftabwehrraketen stehen. Das heißt, die Piraten haben gelernt, dass wir zuerst das Radar angreifen. Ich würde sagen, da sie damit rechnen, dass wir das Radar angreifen und haben irgendwo ein zweites Radar stehen, das aber ausgeschaltet ist, damit wir es nicht entdecken. Das Problem ist, das wir weder den Standort dieses Radars kennen, noch sehen, wo die Piraten ihre Raketen aufgestellt haben. „
„Erzählen sie mir etwas, das ich nicht weiß.“
„Diesmal werden wir es nicht so einfach haben wie über Tetepare.“
„Nein, werden wir nicht!“ sagte Dagan, der gerade den Raum betrat. „Hauer hat eine Mitteilung des Australian Secret Intelligence Service abgefangen, die an die Philippinische Polizei gerichtet war. Darin heißt es, dass ein Schiff, welches mit Waffen beladen ist, in Richtung Mindanao unterwegs ist, um diese den Rebellen zu verkaufen. Beim letzten Satellitenüberflug, war die Hung Lie aber nicht mehr zu sehen. Sie hat ihren Kurs geändert und da das Schiff zu Kajats Organisation gehört, vermute ich, dass die Hung Lie auf Makira einen Zwischenstopp eingelegt hat.“
„Welche Art von Waffen?“ wollte Veronique wissen.
„Erprobte, aber ältere mobile Radar und Raketensysteme, Schweizer Bauart.“
„Verdammt! Das sind Rapier Systeme wie sie die Schweizer und Briten hatten.“ fluchte Bernd. „Wir können zwar das Radar blenden, aber nur in einem Umkreis von drei Meilen um meine Condor. Selbst wenn Jim ebenfalls seinen Radarstörer zum Einsatz bringt, müssen die Piraten ihr Radar bloß außerhalb unserer Reichweite einschalten und schon können ihre Boden-Luft Raketen unsere Jagdbomber angreifen.“
„Wissen wir denn tatsächlich exakt, was für Flugabwehr-Systeme das sind?“
„Ist das so wichtig?“
„Ja überlebenswichtig. Die alten Rapier Systeme sind radargelenkt und unterstützt vom Richtschützen, die können also getäuscht werden, bei den neueren Starstreak High Velocity Missile sieht das ganz anders aus. Die werden mittels zweier Laserstrahlen gelenkt und die Dinger sind verflixt schnell.“
„Gibts da auch etwas Positives zu berichten?“
„Ja die haben keinen Annäherungszünder. Vorbeigeschossen ist dann vorbeigeschossen. Das ist deine einzige Chance.“
„Klingt ja einfacher als gedacht.“
„Denkst du, Starstreak hat drei Projektile, die wie Darts auf dich zu fliegen…“
„Oh Mist, drei statt einem Projektil.“
„Ja und die drei Darts sind sehr schnell und tragen Sprengstoff mit sich. Wehe dem, der denen zu nahekommt.“

**

Makira

„Hat einer von euch Sandro gesehen?“ wollte einer der Piraten wissen, welche den Dschungel Makiras in Zwanzigergruppen nach Jakar und den anderen Deserteuren absuchten und nun eine Pause machten. Die Gruppe suchte südöstlich des Lagers „Ich habe ihm meine Kippen gegeben.“

Die angesprochenen Piraten der Gruppe sahen sich um und zuckten mit der Schuler. „Wahrscheinlich ist er mal pissen.“

**

Sandro war tatsächlich Wasser lassen. Zehn Meter neben den anderen griff er in seine Hose, und holte sein bestes Stück heraus.
„HHMMM.“ Stöhnte er erleichtert aus, als zu der Erleichterung ein völlig anderes Gefühl hinzukam. Ein glühender Schmerz durchzuckte ihn, ein Schmerz der so groß war, dass er keinen Laut von sich geben konnte und das letzte was Sandro sah, war ein Gesicht, mit glühenden Augen…

**

„SANDRO!“

„Was brüllst du hier rum?“ wollte Kamil, der Anführer der Gruppe wissen.
„Ich habe Sandro meine Kippen gegeben und jetzt ist er weg.“
Die Augen des Gruppenführers wanderten über die Gruppe. Tatsächlich… Kamil zählte erneut und kam auf neunzehn Mann. „Er kann ja nicht weit sein… He Herhören! Wo ist Sandro?“
Alle sahen sich um, zuckten mit der Schulter, oder schüttelten den Kopf.
„Sucht ihn gefälligst!“ befahl der Anführer und die Piraten begannen die Umgebung abzusuchen.
Ein Pirat, der suchte, sah seinen Schatten an den Bäumen, blickte sich suchend um und als er wieder zu den Bäumen sah, entdeckte er, direkt hinter sich, einen zweien Schatten…

**

Nach einer halben Stunde hatte Ma’fretama weitere sieben Sturmgewehre, eine Menge Munition und sechs Pistolen erbeutet.

**

„Hier stimmt was nicht!“ fluchte Kamil, der Gruppenführer und rief Whitinghouse mit dem Funkgerät.
„Hier ist was faul, ich verliere immer mehr Männer!“
„Geht das etwas genauer?!“ fragte der unwirsch nach.
„NEIN! Verfluchte Scheiße. Da ist etwas im Dschungel und es schnappt sich einen nach dem anderen! Zehn Mann von meiner Gruppe sind verschwunden…“

„Sandro, ich habe Sandro gefunden!“ rief einer der Männer.

Sofort liefen alle Piraten zu dem Mann, der gerufen hatte. Fassungslos starrten sie auf die Leiche des Piraten, der mit aufgeschnittener Brust und ohne Schwanz am Boden lag.

„Sehen sie DAS?!“ fragte der Truppführer und hielt die Kamera des Handys so, dass Sam den verstümmelten Toten sehen konnte.
„Schalte dein GPS ein.“ Befahl Whitinghouse und Kamil tat, was Sam verlangte.
„Gut, ich habe eure Position. Bleit zusammen und wartet. Ich schicke euch eine weitere Gruppe.“

**

Da sich Ma‘fretama „unsichtbar“ machen musste, konnte sie nicht alle Waffen auf einmal zu dem Platz transportieren, den sich Ma’Difgtma und General Jektjor’far ausgesucht hatten und an dem sie auf die Landung der Armee warten sollten, also legte sie sorgsam getarnte Depots an und begann die Waffen in mehreren Gängen in das zukünftige Versteck zu schaffen.
-Ma’fretama! – erreichte sie der Ruf von Hyla’hars als sie gerade das letzte M16 versteckt hatte.
-Du bist sehr erfolgreich Schwester, hier ist der Teufel los. Doch sei vorsichtig, sie schicken jetzt große Trupps mit Hunden.-
-Die Hunde machen mir keine Sorgen, aber etwas anderes! Hört mir zu Schwestern! –

**

Leon und Sam starrten auf das Bild des Toten Sandro.
„Was ist das?“ wollte Sam wissen.
„Ein toter Pirat.“ Antwortete Helena teilnahmslos.
„Nein, das was ihr hier seht, ist mehr viel mehr! Es ist ein Problem! Die Neun Männer die Jakar gesucht haben, sind nicht abgehauen! Die sind genauso tot wie der Kerl hier!“
„Du glaubst, dass Jakar sie alle umgebracht hat?“
„Hast du eine bessere Erklärung?“
„Aber warum? Warum sollte er das tun?“ fragte Leon. „Wenn er sich absetzten wollte, warum tut er dann so etwas? Wieso bringt er die Männer um, statt sich mit der Frau einfach in den Süden der Insel abzusetzen?“
„Vielleicht hat die Frau ihn dazu gebracht. Wer weiß, was die Frau ihm versprochen hat.“ Warf Helena ein.
Sam, der Gedanken schon beiseite wischen wollte, hielt inne, als seine inneren Sinne Alarm schlugen.

DIE FRAU!

„Die Frau! Wer ist sie? Wo kommt sie her?“

„Sie gehört zu einer Bootsbesatzung, die Touristenfahrten unternehmen.“ Erklärte ihm Helena. „Wir haben ihr Boot vor circa zwei Wochen gekapert. Hier auf Makira ist sie nun acht Tage.“
„Wo wurde das Boot gekapert?“
„Ungefähr zwanzig Meilen vor Soulebda.“
„Soulebda?!“
„Ja, Margarethe gab uns den Tipp. Sie sagte, es wäre eine todsichere Sache. Neun junge Frauen auf einen Partyboot. Daraufhin hat die Wudong ihren Kurs geändert, ein Enterkommando ausgebracht, die Yacht aufgebracht und die Frauen, zusammen mit der Yacht hierhergebracht. Die Yacht wurde natürlich zehn Meilen vor Makira versenkt.“
Sams Gedanken begannen zu rasen, als sich in seinem Kopf ein schreckliches Szenario bildete. „Habt ihr Kontakt zur Wudong?“
„Nein, aber wir haben es auch nicht versucht.“

„Leon! Versuche sofort die Wudong zu erreichen! JETZT!“

„Sofort!“ so stürmte Leon aus dem Büro und lief zum Kommunikationsraum.
„Helena! Ruf alle Suchtrupps zurück!“
„Könntest du mir erklären warum?“
„Jakar ist TOT! Er ist nicht abgehauen, seine Leiche liegt irgendwo in der Nähe! Das Ganze war eine Falle! Wo sind die anderen acht Frauen der Yacht?“
„In ihren Zellen…“
„Schaff sie her! ALLE!“

**

Hubschrauberflug

Der Flug mit dem Sikorsky war eine Wohltat gewesen, verglichen mit dem Geratter in dem alten Mil Mi-8. Es zog überall und es war deutlich lauter, als in dem Gegenstück. Dafür würde man beim Anblick dieses fliegenden Stadtbusses nicht nervöse werden. Die uralte Kaffeemühle gehörte schließlich den allseits bekannten Wissenschaftlern Emmanuel und Gesine Schlotterblech. Die Schlotterblechs zogen seit über 20 Jahren von Insel zu Insel und erkundeten die Spuren uralter Völker.
Dabei galten die Schlotterblechs als neutral und sie hatten sich bisher in keinerlei Machenschaft oder Rivalität eingemischt. Sie hatten sich aber auch nicht vor irgendeinen anderen Karren spannen lassen.

Als der Hubschrauber in Di’una gelandet war, halfen wir den beiden noch beim auftanken und versteckten uns danach im nahen Dschungel. Aus der kleinen Siedlung kamen drei Piraten und wollten wissen, ob sie Hilfe brauchen oder etwas zum Trinken dabeihätten. Schnell war den Piraten aber klar geworden, wer das war und dass man von denen nie etwas erbetteln konnte.
Enttäuscht liefen die Piraten in die Siedlung zurück und hofften noch einen Drink zu bekommen.

Wir machten uns in der Zwischenzeit im Dschungel unsichtbar und versuchten, mit dem Landungstrupp in Kontakt zu treten.

**

Lungga, international Airport

Die verbliebene Aufklärungsdrohne Harpyie 2 war gestartet und stieg steil auf ihre Dienstgipfelhöhe hinauf. In 15 Kilometer Höhe war nicht nur die Erdoberfläche deutlich gewölbt, die Chance von einem Radargerät als Ziel ausgemacht zu werden, war für dieses kleine Flugzeug eher unwahrscheinlich. Zudem bestand die Maschine größtenteils aus Compositbaustoffen, also aus Kunststoffen. Da durch die Schattenkrieger die Region bekannt war, in der man suchen musste, waren alle anderen Flüge gestrichen. Nur den Nordbereich von Makira war noch relevant.

In dem Hochleistungsaufklärer befanden sich Kameras für das sichtbare und für das unsichtbare Infrarotlicht. Die elektromagnetischen Sensoren indes waren abgestimmt auch die schwächsten Funksignale zu finden und auszuwerten.

Bereits aus 50 Kilometer Entfernung begannen die elektromagnetischen Sensoren Signale einzufangen, aber das waren bisher noch Fischer, die mit ihren UKW Funkgeräten unterwegs waren. Je näher man der Insel kam, desto häufiger wurden auch andere Strahlungen und die waren interessant.

Sprichwörtlich alles, was die Grob Drohne aufzeichnete, wurde in das Auswertezentrum auf Soulebda übertragen uns in die dortigen Rechner eingelesen. Die Technik bei GIPSY war auf dem neusten Stand der Technik.

Ralf Hauer und Randy Kaufmann saßen an den Rechnern und betrachteten die Ergebnisse. Ralf Hauer schüttelte enttäuscht den Kopf.
„Die Piraten haben ihre Hausaufgaben gemacht. Ich messe keine aktiven Radarsignale aus dem Landesinneren, aber von drei Standorten kommen Signale, als würden dort Selbsttest mit Rapier Systemen laufen, ich kann sogar sehen, dass das die älteren Radargelenkten Rapier-Systeme sind.“

„Dana hat vor einigen Jahren so ein Szenario lösen müssen und hat einen Lockvogel entwickelt, der für moderne Luftabwehrsysteme ein unglaublich reizvolles Ziel dargeboten hatte.“
„Aber so einen Lockvogel haben wir natürlich nicht zur Verfügung, oder?“
„Natürlich nicht, wir sind ja nicht in Tel Aviv.“
„Ja, das wäre ja auch zu schön gewesen.“
„Wir sind nicht in Tel Aviv, wir sind hier auf Soulebda und da gibt es manchmal Dinge, die du nicht einmal träumen magst.“
„Du sprichst wie in Rätseln, ich glaube, du warst zu oft bei Ma’Gus am Schreibtisch gestanden.“
„OK ich mach’s dir einfacher, sobald die Fregatte in Reichweite ist, wird sie unseren Lockvogel losschicken, mal sehen, was dann passiert.“

**

Soulebda/ Palast

„Es gibt eine Planänderung.“ Verkündete Ma’difgtma als sie den Planungsraum betrat.
General Jektjor’far und Veronique blickten auf und forderten die oberste Kriegerin Soulebdas auf zu sprechen.
„Meine Tochter hat einen großen Teil der Piraten aus dem Lager gescheucht. Doch sie befürchtet, dass man nun den Zusammenhang zwischen ihr und der Halife erkennt und somit die anderen Teammitglieder in großer Gefahr sind. Der Angriff muss morgen erfolgen!“
„Morgen?!“ fragte Jektjor’far „Verdammt, das wird eine knappe Sache werden! Jerome, unterrichte die Regentin, ich brauche ihren Einsatzbefehl in der nächsten Stunde!“

**

Makira

Nur wenige Minuten später stürmten Helena, Druuhf und zehn Piraten die Baracke und fanden alle Zellen leer vor. Lediglich die Wache saß tot, mit einem völlig überraschten Gesichtsausdruck, an ihrem Platz.
Mit einem Wutschrei schlug Helena dem Toten so heftig in das Gesicht, dass die Leiche vom Stuhl kippte. Als sie sich zu Druuhf umdrehen wollte, fiel ihr ein Zettel auf, der mit einem Stück Klebeband am Monitor befestigt war. Helena riss den Zettel ab und las ihn.

„Der Zorn Soulebdas wird über Euch kommen!“

**

Drei Kilometer südwestlich bewegten sich die Kriegerinnen durch den Dschungel in Richtung des verlassenen Dorfes. Nun, da drei Schattenkriegerinnen sie begleiteten, machte sich niemand Sorgen, dass man ihre Spur finden konnte. Als die Gruppe dann das Dorf erreichte, staunten Fabienne und die anderen nicht schlecht über das Arsenal, das Ma’fretama angesammelt hatte. „Das reicht für einen mittleren Krieg.“ Kommentierte Finja die Waffensammlung.
„Wie gehen wir jetzt weiter vor?“ wollte Vera wissen.

„Wir zwei“, Hyla’hars zeiget auf sich und Lerf’tarste, „wir werden die Piraten beschäftigen und sie zum anderen Ende der Bay locken. Ihr geht mit Ma’fretama und befreit die Geiseln.“

„Meine Mutter ruft mich!“ rief Ma’fretama und starrte kurz durch alle hindurch, dann hob sie den Kopf und teilte den anderen mit, „Der Angriff beginnt morgen. Wir müssen handeln.“

**

Als südlichen Lagerrand -21 Uhr

Die Dunkelheit der Nacht hatte sich über das Lager gelegt und sogar bis hier her waren die Schreie und Schüsse zu hören, welche zwei Kilometer östlich des Lagers abgefeuert wurden. Hyla‘hars und Lerf’tarste schlugen zu und griffen die Piraten an.
Nachdem die erste Suchgruppe gemeldet hatte, dass sie östlich des Lagers angegriffen wurden, schickte Sam jeden Piraten den er entbehren konnte auf die Suche nach den Frauen.
Mittlerweile war er sicher, dass diese sich mit Absicht entführen ließen, um die Insel Makira vor einem Angriff auszuspionieren.
„Wir müssen sie schnappen. Diese Weiber dürfen auf keinen Fall die Standorte der Abschussbasen finden und schon gar nicht dürfen sie die mobilen Radare und Raketen sehen.“
„Warum der Stress?“ fragte Baldwerde. „Das ist eine Insel. Die können weder entkommen noch Kontakt mit anderen aufnehmen.
„So, können sie nicht…“ Sam winkte Leon und Helena zu sich, drehte seinen Laptop etwas. „Kennt ihr die hier?“ fragte er und zeigte auf das Bild einer Frau.
„Das ist eine von den Touristinnen.“
„Falsch! Das ist Dana Stern! Stern ist ein Technik und Kommunikationsgenie, welches für den Mossad arbeitet. Kommunikation! Klingelt da was?“
„Du meinst, sie macht ein Lagerfeuer und gibt Rauchzeichen?“
Sam ignorierte Helenas Provokation und wandte sich an Leon, der langsam verstand, auf was Whitinghouse hinauswollte. „Habt ihr alle Funkgeräte und Handys der Toten gefunden?“
„Aber sicher! Wir vermissen kein…“
„WAS?!“
„Jakar! Sein Funkgerät lag in der Baracke, aber das Handy fehlte!“
„Hast du versucht, es zu orten?“
„Selbstverständlich! Direkt als wir nach Jakar gesucht haben, aber das GPS war ausgeschaltet.
„Ihr werdet sofort mit allen Leuten daraus gehen und die Frauen und besonders dieses Handy suchen! Der Angriff Soulebdas steht unmittelbar bevor und Stern darf auf keinen Fall etwas über unsere Verteidigungspläne erfahren.
„Wir suchen ja schon mit allem was wir haben.“
„Zieht die Hälfte der Wachen aus den Baracken ab.“
„Wir haben für die zehn Baracken sowieso nur noch zwölf Leute, Wenn wir die Hälfte abziehen, könnte das gefährlich werden.
„NEIN! Gefährlich wird es, wenn die Soulebdalesen kommen und die Verteidigung kennen! Der Akku des Handys braucht Strom! Also sucht an Orten, wo es eine Stromversorgung gibt.“

**

Ma’fretama hob die Hand und dirigierte Iduna etwas nach rechts. Vor ihr huschten mehrere Piraten an den Baracken vorbei und sie wartete bis die Luft rein war. Sie und Iduna schlichen an die letzte Baracke des Lagers, während sich Fabienne und Finja an die Baracke daneben pirschten. Die wenigen noch anwesenden Wachen gingen durch die Zellenräume und waren froh, dass sie nicht durch den Dschungel laufen mussten, denn die Nachrichten und Funksprüche boten ein Szenario des Schreckens.
Wer immer ihre Kameraden angriff, es schienen Geister zu sein. Sie erschienen aus dem Nichts, schlugen zu, töteten und verschwanden in der Nacht.
Zwischen den Baracken hatte Iduna ihr AK 110 zurückgelassen und lauert auf ihre Chance die sie bekam, als eine der Wachen an ihr vorbeikam. Mit einem Tritt gegen seinen Kopf stoppte sie den Mann und brach im in einer gekonnten Bewegung das Genick. Sie nahm der Wache die Schlüssel ab und sprang dann in die Baracke hinein. Da aber fast alle Piraten auf der Suche nach ihnen waren, war keine Wache im Inneren der Baracke.
Nun schlich Iduna wieder nach draußen, wartete ab, bis Finja die Wache der zweiten Baracke ausgeschaltet hatte und schlich dann mit Fabienne weiter zu der Nächsten. Ma’fretama sicherte die gesäuberten Gebäude und nach zehn Minuten hatten die Kriegerinnen alle Wachen bei den Baracken ausgeschaltet.
Doch nun begann der schwierige Teil des Unternehmens. Schon als Dana die erste Zelle aufschloss, begannen die befreiten Geiseln laut zu werden. Mit Händen und Füßen versuchten Dana und Vera den Frauen klar zu machen, leise zu sein, doch eine ließ sich einfach nicht beruhigen und wurde immer lauter, bis Sarah ihr eine heftige Ohrfeige verpasste. Tatsächlich schwieg die Frau jetzt und auch alle anderen schwiegen nun angstvoll. Mit einem Schlag wurde Vera klar, dass die meisten Frauen hier traumatisiert waren und alles viel schwieriger war, als sie geglaubt hatte.
„Raus jetzt!“ zischte Sarah und zeigte auf die Tür und nur langsam begannen die Geiseln zu verstehen, was hier vor sich ging.
Unterdessen hatten Iduna, Finja und Fabienne angefangen die Geiseln aus den Baracken am anderen Ende zu befreien, so dass Sarah und Vera anfingen die befreiten Frauen in einer Gruppe zu sammeln.
Als die letzte Baracke leer war, berieten sich die Kriegerinnen, wie es weiter gehen sollte.
„Was ist mit den anderen Geiseln?“ fragte Sarah.
„Wir können unmöglich alle befreien und abhauen.“ Antwortete Fabienne.
„Stimmt! Wir haben noch höchstens fünf Minuten, denn werden sie merken, was hier los ist. Die anderen müssen warten, bis die morgen die Armee kommt.“ Stellte Iduna klar. „Sarah, Vera, und Dana, ihr bringt die Leute zum Dorf. „Ma’fretama, du passt auf, dass ihnen niemand über die Füße läuft.“
„Und ihr?“ wollte Vera wissen.
„Wir lenken sie etwas ab.“
„Wartet!“ sagte Ma’fretama und konzertierte sich. „Hyla‘hars und Lerf‘tarste werden zu euch kommen, damit ihr im Dschungel verschwinden könnt.“
„Gut, wir können jede Hilfe gebrauchen. Bis gleich!“
Sarah nickte und übernahm das Kommando über die sechsundneunzig Frauen. „Los! Folgt mir und seid leise!“

**

„Und jetzt?“ wollte Finja wissen, als der Trupp im Dschungel verschwunden war.
„Holt die Gewehre, wir bereiten unseren Gastgebern mal etwas Kopfschmerzen.“
Nur Sekunden später bewegten sich die drei Nichten durch das Lager und schlüpften unter einen Schuppen. Links vor ihnen erschien ein Suchtrupp, der zu einem anderen Schuppen lief und die Umgebung dort auf den Kopf stellte.
„Die suchen nach mehr als nach uns.“ Stellte Fabienne fest.
„Ja, was immer das ist, sie bewegen sich auf die Baracken zu.“ Antwortete Iduna, entsicherte das Gewehr und zeigte dann nach vorne. „Zeit etwas kaputt zu machen. Finja, du nimmst dir die Hütte mit der Satellitenschüssel vor, ich die Hütte daneben. Fabienne…“
„Ich bin schon dabei!“ sagte Fabienne, stellte ihr Gewehr auf Einzelfeuer, griff ein Stück herumliegendes Stück Bauholz und legte das fest auf zusammengerafften Sand. So hatte sie sich eine gute Unterlage geschaffen um gezielte Schüsse abzugeben.
„Maximal drei Schuss nach dem Caos, dann müssen wir die Stellung wechseln.“ Iduna wies auf eine der leeren Barracken. „Wir gehen dorthin zurück, schießen nochmal und hauen nach Süden ab, in den Dschungel. Anschließend nur einzelne Schüsse. Schießen, abhauen, schießen.“
Fabienne die sich die Umgebung eingeprägt hatte, nickte. Sarah und die anderen bewegten sich nach Westen, also würden sie so sicher die Verfolger auf die falsche Spur lenken.
„Alles klar.“
„Ok, drei, zwei, eines…“

**

Unterdessen verfolgte Sam Whitinghouse die Jagd nach den Ausbrecherinnen auf der Karte mit. Verdammt, er hatte über einhundertfünfzig Männer da draußen, dazu noch über fünfzig hier im Lager… Zusätzlich verfügte Sam noch über einhundertachtzig Mann, welche die Bedienungen der Geschütze, Raketen und den anderen Verteidigungsanlagen stellten, welcher er aber nicht an der Jagd beteiligen wollte, da er sich sicher war, dass Soulebda einen Angriff vorbereitete.
Innerlich fluchte Whitinghouse! Zweihundert Piraten gegen ACHT Frauen, und er schien den Kürzeren zu ziehen!
Es war zum Haare raufen, diese Soulebdalesischen Kriegerinnen waren einfach nicht zu fassen. Das Schießen bei den östlichen Hügeln war der beste Beweis dafür, denn es hielt noch immer an.
SSSMMMM SSSMMMM brummte sein Handy und Sam schaute auf das Display. „Vogel“ stand darauf und Sam seufzte. Er hatte gehofft, dass er die Ausbrecherinnen schnappen konnte, bevor der Stecher Wind davon bekam.
„Was ist bei euch los?!“ fragte der Stecher ohne Umschweife.
„Wir suchen ein paar Ausbrecherinnen.“ Antwortete Whitinghouse, ohne zu erwähnen, dass die Frauen aus Soulebda kamen.
„Bist du wahnsinnig?“ brüllte Vogel, „Soulebda kann jeden Moment angreifen und du lässt deine Leute durch den Dschungel rennen?“
„Ich habe nur Männer aus dem Lager an der Suche beteiligt, nicht die Männer an den Abschussbasen.“
„Sam, ich rieche es, wenn mir einer Bullshit erzählt! Und du erzählst mir gerade Bullshit! Also was ist wirklich bei euch los?!“
Whitinghouse seufzte erneut, trat ans Fenster und schaute hinaus, wo ein Suchtrupp die Schuppen kontrollierte.
„Wir…“ Der jahrelange militärische Drill rettete ihm das Leben. Ein Aufblitzen unter einer der Baracken ließ ihn zu Boden springen und schon durchschlugen Kugeln die Hütte und verwüsteten den Raum. Der Schreibtisch, Computer und Karten wurden getroffen und durch den Raum geschleudert, während er auf dem Boden robbend in Deckung kroch. Doch genau so schnell wie der Spuk begonnen hatte, so schnell war er auch wieder vorbei. Doch die einige Kugeln hatten ihr Ziel gefunden. Die Satellitenschüssel und die Kommunikationsanlagen waren zerstört.
-Wenigstens bin ich den Stecher los.- dachte Sam und warf das nutzlose Handy weg, als er zur Tür kroch.
Draußen, suchte er sich eine gute Deckung und verschaffte sich einen Überblick. Einer der Piraten des Suchtrupps wurde gerade von einer einzelnen Kugel getroffen, dann herrschte Ruhe. Angestrengt schaute Sam hinter seiner Deckung zu der Baracke, von der aus die Schüsse gekommen waren, doch er konnte nicht das Geringste sehen. Dann wurde ein weiterer Suchtrupp unter Feuer genommen, doch diesmal aus einer anderen Hütte heraus.
„HE DU!“ rief der einen der Piraten herbei. „Funkgerät!“
Der Mann kroch zu ihm und reichte ihm das Gerät.
„Hier ist Whitinghouse! Achtung mehrere bewaffnete Angreifer am südlichen Lagerrand.“
„Wir sehen sie!“ bestätigte Helena „Gegenüber der Kommunikationshütte sind ebenfalls Angreifer. Die schnappen wir zuerst.“
Sam, dem klar war, dass die Ausbrecherinnen die Angreifer sein mussten, schüttelte den Kopf. –Scheiß Amateure! – Acht Frauen waren ausgebrochen, zwei oder mehr griffen Baldwerde Suchtrupps an, also gab es nur eine Gruppe Angreifer!
„NEIN! Es sind keine zwei Gruppen Angreifer, die haben nur die Stellung gewechselt! Geht von zwei Seiten an sie heran! Belegt die Hütte mit Dauerfeuer!“
„Was ist mit der Ware in der Hütte?“
„Ich scheiß auf die Ware! Räuchert sie aus!“
„Verstanden!“ bestätigte Helena und stieß Druuhf an. „Besorg mir ein Maschinengewehr.“

**

Retourkutsche

Theobald, der Stecher, Vogel hielt das rauschende Handy noch in der Hand. Auf dem Display stand „Signal lost“ zu lesen. Er konnte zwei und zwei zusammenzählen und griff erneut zum Telefon. Er wusste genau, dass seine Leute angegriffen wurden und er wusste auch genau, dass Soulebda dahintersteckte. Er musste also diese selbstbesessene Regentin ablenken und beschäftigen.

Das Telefon läutete.

Diesmal meldete sich ein Mann mit tiefer sonorer Stimme. „Kommandant der Maru Gassen, hallo Herr Vogel… “

„Wie weit stehen sie vor Soulebda entfernt und wie schnell können sie im Süden der Insel sein?“

„Wir sind 80 Km südwestlich, Kurs Vanuatu Sir.“

„Drehen sie auf der Stelle um, ich schicke ihnen Verstärkung. Sie greifen mit der Maru Gassen Soulebda an und schießen den Palast in Stücke. Ich schicke die Koordinaten in drei Minuten durch. Ist das klar, Volle Fahrt auf Soulebda zu und den Palast vernichten!“
„Verstanden, wir drehen, wann kommt die Verstärkung und wen schicken sie?“
„Das sehen sie dann, wenn es soweit ist, Los Volldampf!“
Der Kommandant legte auf und drückte den Alarmknopf.
Auf der 140 Meter langen Superyacht wurde es hektisch. Von überall her kamen Piraten und gelaufen, teils bewaffnet, teils im Sportdress und wollten wissen, was los ist.

„Theobald, der Stecher, Vogel hat gerade eben angerufen und uns einen Kampfauftrag erteilt. Wir werden das verweichlichte Soulebda angreifen und den Kristallpalast dieser Regentin dem Erdboden gleich machen.
Der Befehl lautet: Alles klar machen zum Gefecht, Kanonen bestücken, Testschüsse, Munition bereitlegen und das gilt auch für die großen Klötze da hinten am Heck.
Wir bekommen vor Soulebda Unterstützung, müssen aber schnellstmöglich dort hinlaufen. Also Maschine, wie schauts aus?“

„Gut Kommandant 95% sind möglich.“
„Weshalb nicht 105%?“
„Weil uns dann die Maschinen den Sprit schneller saufen wie wir nachkippen können. Außerdem fahren wir dann die Diesel sauer. Kommandant, ich rate zu 95%“
„Gut gehen wir auf 95% Power. Alles festmachen und macht die Urlaubsfotos weg, wir fahren jetzt in den Krieg ihr Ratten!“
Die mächtige Maru Gassen schwenkte und fuhr mit einer breiten Welle durch die herrliche blaue Region der Südsee. Dass die Yacht vorher einmal Isokanto hieß und brutal geräubert wurde, interessierte hier an Bord niemand mehr.
Im Maschinenraum dröhnten die drei schweren Diesel mit einem Höllenlärm und die beiden Techniker versuchten, die Temperaturen im Griff zu halten.

Mit 35 Knoten rauschte die Yacht durch das Meer. Am Buggeschütz machten sich die Kanoniere bereit und luden die Explosivgeschosse in die Kanone und den Vorratsbunker. Dann nahmen sie eine herrliche Segelyacht als Ziel, deren Mannschaft freundlich an Bord winkte.

„Drei Schuss Schnellfeuer!“ Bellte es aus dem Lautsprecher und das Buggeschütz spie den Tod auf das Segelschiff. Die Urlauber verstanden nicht, was die kleinen Dampfwolken am Bug sollten, da wurden sie auch schon zerrissen…

„Kommandant, Buggeschütz geprüft, arbeitet fabelhaft.“
Während die Yacht an den Resten vorbeirauschte eröffneten die Maschinengewehre an Bord der Maru Gassen das Feuer und durchlöcherten alles, was von dem Segler noch übrig war. Eine Rettungsinsel zerplatze und blähte sich kurz auf, ehe sie versank und ein Jugendlicher in Schwimmweste wurde mehrfach in die Brust getroffen und förmlich auseinandergerissen.
„Klasse, die 50’er sind immer noch die besten, wo die Treffen wächst nichts nach.“

Was den Piraten entgangen war, versank mit den Resten im Meer. Die amerikanische Flagge.

Das Segelschiff war die Privatyacht von Alex Durnreither dem III. Alex Durnreither war der Chef eines Rüstungskonzerns und verbrachte seinen Sommerurlaub mit seiner zweiten Frau und seinen beiden Kindern in der herrlichen Südsee.

Als das „Alive“ Signal der Yacht und Alex Durnreither dem III ausblieben, zeigten die Durnreither eigenen Satelliten die Positionen der letzten Meldung und eine schwere Yacht, die sich von diesem Ort aus mit Höchstfahrt entfernte. Jetzt klingelten bei der Sicherheitsabteilung die Alarmsirenen.

**

Acht Piraten von Baldwerde Suchtrupps waren mittlerweile tot, doch nur drei gingen auf das Konto von Hyla‘hars und Lerf’tarste. Die fünf anderen wurden von den eigenen Leuten erschossen, die nervös auf alles feuerten, was ihnen vor die Läufe kam. Doch nun war sich Leon sicher, dass sie einen Ring um die Ausbrecherinnen gelegt hatten und er ließ die Schlinge enger ziehen.
Tatsächlich aber waren die Kriegerinnen längst auf dem Weg nach Westen um zu Iduna und den anderen zu stoßen.

**

„Eine wildgewordene Horde Elefanten ist leiser!“ schimpfte Ma’fretama vor sich hin, als sie die Kolonne nach Westen zum Dorf hinbewegte. Dana, die die befreiten Geiseln anführte, versuchte erst gar nicht sich lautlos zu bewegen, nur leise sollten alle sein und das gelang ihr mehr oder weniger. Sie lief, so schnell es ging, den ehemaligen Weg voraus und die Frauen folgten. Dana war klar, dass sie sich jetzt keinen Kampf leisten konnten. Entweder war der Weg frei, oder sie hatten ein riesiges Problem. Doch bis jetzt schienen sie Glück zu haben, die Schüsse und Schreie östlich von ihnen wurden leiser.
Vera folgte am Ende der Kolonne und trieb die Leute schonungslos an. Wer nicht schnell genug laufen konnte, wurde getragen, doch da es sich bei den Frauen um „A Ware“ handelte, waren alle mehr oder weniger jung, gesund und physisch in einem guten Zustand.
Dennoch forderten die letzten Wochen ihren Tribut und dazu kamen noch die psychischen Auswirkungen. Doch auf diese konnte Vera jetzt keine Rücksicht nehmen, auch ihr war klar, dass die Menschen vor ihr, so schnell wie möglich ins Dorf mussten, wo sie sich bis zum Eintreffen der Armee verteidigen konnten.
Plötzlich blieb Ma`fretama, stehen und lauschte. Sie hatten gerade Tawaiabu hinter sich gelassen, als etwas ihre Aufmerksamkeit erregte. Um sicher zu gehen, begab sie sich vom Weg ab, in Richtung Norden. Kein Zweifel! Irgendjemand rauchte Zigaretten.
Sie folgte der „Rauchspur“ und stand plötzlich ein paar Meter vor einem stählernen Ungetüm. Tatsächlich standen dort mehrere Männer und rauchten Zigaretten, doch diese Männer schienen keine Piraten zu sein.
Diese Männer strahlten etwas aus, das den Piraten fehlte… Disziplin Kompetenz. Ma’fretama lauschte und hörte die anderen laut und deutlich, doch sie war auch eine Schattenkriegerin, die Männer hier, schienen die Fliehenden nicht zu hören. Schnell ging sie zurück, rief Sarah und berichtete ihr von ihrem Fund.
„Das muss Dana sehen. Ich löse sie ab und schicke sie zu dir.“ Sagte sie und lief nach vorne.
„Dana! Ma’fretama hat ein wohl zweihundert Meter von hier, ein Waffensystem gefunden. Sieh dir das mal an.“
„Bin Unterwegs.“ Sie überließ Sarah die Führung der Kolonne und suchte Ma’fretama. Die winkte ihr zu und zu zweit schlichen sie zurück. „Scheiße!“ fluchte Dana, als sie die Waffensysteme erkannte.
„Das sind Schweizer Bloodhound Mk.4“
„Und was ist das?“
„Boden-Luft Raketen. Damit schießt man Flugzeuge ab.“
„Soll ich das Ding kaputt machen?“ wollte Ma’fretama wissen.
„Nein, das würde nichts nützen. Wo das Ding steht, stehen sicher noch andere. Wir verraten uns damit bloß.
Außerdem glaube ich nicht, dass diese Männer Piraten sind, das hier sind Söldner, die wissen, was sie tun. Wichtiger ist, dass wir unsere Truppen warnen!“

**

„Leon, bewegt eure Ärsche sofort hier her!“ rief Sam in das Funkgerät, als zwanzig Meter neben ihm Helena anfing, mit einem Maschinengewehr die Baracke in Stücke zu schießen.
Als diese auch nach fünfhundert Schuss keine Anstalten machte das Feuer einzustellen, sprang Sam auf und lief zu ihr. „DAS REICHT!“ rief er, doch Helena feuerte noch über Hundert Schuss nach, dann herrschte gespenstige Ruhe, Whitinghouse pfiff und zeigte auf drei Piraten, die rechts neben ihnen lagen. „Los!“ sagte e zu Druuhf.
„Seht nach!“
Druuhf schaute seine Herrin Helena an, die kaum sichtbar nickte, dann liefen Druuhf und die Piraten mit den Waffen im Anschlag zur Baracke.
Drinnen herrschte ein völliges Durcheinander, aber Tote waren keine zu sehen. Die Hütte war leer!
Als Druuhf die Hütte verließ, schüttelte er den Kopf als ein einzelner Schuss peitschte und der Mann direkt neben ihm von den Beinen gerissen wurde.
Sofort sprangen alle wieder in Deckung, doch weitere Schüsse fielen nicht.
„Wo kam das her?“ fragte Sam.
„Sie sind zwischen den Bäumen!“ rief Druuhf
„Verdammt!“ fluchte Whitinghouse und griff das Funkgerät. „Leon, kommt zum südlichen Lagerrand! Wir treiben sie euch in die Arme.“
„Alles klar.“ Antwortete Baldwerde und dirigierte seine Männer zurück in Richtung Lager.
Whitinghouse brachte die Piraten bei sich dazu, sich wie eine disziplinierte Truppe zu benehmen und ließ sie eine Kette bilden, die Leons Trupps entgegenkam.
Während Sam den Leuten Anweisungen gab, fiel Helena etwas auf… es war verdammt ruhig diesem Teil des Lagers. Aus den anderen Teilen des Lagers kamen Schreie, doch obwohl hier wild geschossen wurde, schrie keine der Geißeln auf, oder machte in der Hoffnung auf eine Befreiungsaktion auf sich aufmerksam!
„Komm mit!“ befahl sie Druuhf und lief zur nächsten Baracke der „A Ware“. Dort fand sie alle Zellen leer vor und schrie aus Wut laut auf. „Die wollen uns ablenken!“ rief sie draußen und rannte zu Whitinghouse. „Das war alles nur eine Ablenkung sie haben die Gefangenen befreit! Die ganze A Ware ist weg!“

**

Selbst die erfahrene Iduna erschrak als plötzlich Hyla‘hars und Lerf’tarste vor ihr standen.
„Die Piraten gehen zum Lager zurück. Andere kommen ihnen entgegen. Wir sollten zu den anderen gehen!“ stellte Lerf’tarste fest.
„Meine Schwester hat Recht“, sagte Hyla’hars, „mittlerweile werden sie wissen, dass wir die Geiseln befreit haben. Sie werden sich nicht länger von uns ablenken lassen.“
„Dann zum Dorf.“ Nickte Iduna und folgte den Kriegerinnen. Noch vor Tawaiabu stießen sie auf den Pfad den Dana, Vera und Sahra genommen hatten. Ma’fretama hatte zwar getan was sie konnte, um die Spur zu verbergen, doch die Fährte von zweihundert Füßen, ließen sich schlecht verstecken, doch Iduna hoffte, dass sie sich damit genug Zeit erkauft hatten.

**

Als die befreiten Geiseln im dem ehemaligen Dorf angekommen waren, erlaubte sich Dana ein vorsichtiges Aufatmen. Nun war es mitten in der Nacht und sie mussten nur noch warten, bis die Armee kam. Dennoch war es Dana klar, dass sie nicht einfach nichts tun konnten. Das Dorf musste verteidigt werden und sie als Angehörige der Armee war fest entschlossen das zu tun.
Während sich Vera und Sarah um die Frauen kümmerte, verschaffte sich Dana einen ersten Überblick. Als erstes nahm sie sich vor, den erbeuteten Waffen die passende Munition zuzuteilen. Mit den M16 und den Typ 95 hatte Dana keine Schwierigkeiten, lediglich ein AK 110 hatte sie noch nie abgefeuert. Sie warf das Magazin aus, und untersuchte die Waffe. Als sie die Waffe wieder geladen hatte und spannte, sprach sie eine der Frauen an. „Haben sie auch so eine für mich?“
Dana drehte sich um und sah eine junge Frau, die etwa Ende zwanzig war. „Sie kennen sich damit aus?“
„Ja, ich bin Oberleutnant der russischen Armee, ich kenne mich damit aus!“
„Wie heißen sie?“
„Oksana Kalinova. Wer bist du?“
„Dana Stern, also Oksana Kalinova, willkommen in meiner Armee.“ Sie reichte das Ak110 Oksana, welche ihr mit wenigen Handgriffen klar macht, dass sie tatsächlich wusste, wie man mit einem russischen Sturmgewehr umgehen musste.
„Wie sieht der Plan aus?“
„Das Dorf verteidigen bis Hilfe kommt.“
„Kommt denn Hilfe?“
„Ja, morgen!“
„Und nur wir zwei?“
„Nein, mit dir sind wir nun zehn Verteidiger.“
„Nicht gerade viel“, meinte Oksana, „Aber vielleicht gibt’s noch mehr unter uns.“
„Verdammt!“ schüttelte Dana den Kopf und fragte sich, warum sie nicht selbst auf die Idee gekommen war. Unter den über neunzig Geiseln gab es sicher noch mehr Frauen wie Oksana! „Gute Idee!“
Mit Oksana ging sie zu der größten Gruppe Frauen, bei der auch Vera und Sarah sich aufhielten.
„Hallo, bitte alle einmal herhören!“ rief Dana. „Morgen wird Soulebda die Piraten angreifen und auf der Insel landen um uns zu alle zu befreien. Doch bis wir Hilfe bekommen, müssen wir uns selbst verteidigen. Wer kann mit einer Waffe umgehen?“
Als erste meldete sich eine der Schönheitsköniginnen. Sie hatte lange schwarze Haare und war Vera schon zu Beginn der Befreiung aufgefallen, denn sie hatte angepackt, beim Tragen geholfen und die anderen motiviert, wo sie nur konnte und auch jetzt half sie bei der Betreuung der Frauen.
„Ich! Ich kämpfe mit!“
„Wer bist du?“ wollte Dana wissen.
„Rafaela Mao, von der brasilianischen Polizei.“
Am Ende der „Rekrutierung“ hatte Dana neben Oksana und Rafaela noch eine Japanerin, eine Jordanierin und eine US-Amerikanerin, die sich an der Verteidigung beteiligten. Dana verteilte die Waffen und Munition und wartete dann auf die Rückkehr von Iduna und den anderen.
„Von welcher Armee bist du eigentlich?“ wollte Oksana von Dana wissen.
„Israelische Armee.“
Rana, die Jordanierin, lachte trocken auf, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte. „Du und ich in derselben Armee, das glaubt uns zu Hause keiner!“
„Dann lass uns dafür sorgen, dass wir das zu Hause erzählen können.“ Mit einem Lächeln im Gesicht nickte Rana Dana zu. „Sehr gute Idee.“

**

Im Lager -03Uhr20

„Wir haben ihre Spur gefunden!“ meldete sich Leon bei Sam.
„Wo seid ihr?“
„An der Wegkreuzung östlich von Tawaiabu. Soll ich sie verfolgen?“
„Nein, warte auf mich. Ich komme sofort zu dir.“ Wies Whitinghouse ihn an und winkte dann Helena zu sich. „Du bringst wieder Ordnung in das Lager. Ich rechne mit einem Angriff Soulebdas in den nächsten zwölf Stunden.
Vergewissere dich, dass alle Beobachter auf ihren Posten sind und scharf Ausschau halten. Lass dir von jedem Posten, von jeder Raketenstation und jedem Geschütz eine Bestätigung schicken. Ich kümmere mich um die Ausbrecherinnen und komme dann zu dir zurück.“
„Wenn du Recht hast, was dem Angriff angeht, wäre es dann nicht besser, Leon und seine Männer zurückzurufen?“
„Nein, die Frauen sind das beste Schutzschild, das wir haben. Wir brauchen lebende Schutzschilde.“
„Die haben Mersal auf Mota auch nichts genützt.“
„Tu was ich sage!“

**

Eineinhalb Kilometer südlich an der Weggabelung Tawaiabu traf Whitinghouse auf die Suchtrupps von Baldwerde.
„Hier sind sie entlanggelaufen.“ Einer von Leons Männern zeigte ihm die Spur, die er entdeckt hatte. „Anscheinend haben sie versucht ihre Spur zu verdecken, aber ich bin sicher, dass sie hier entlanggelaufen sind.“
„Was macht dich da so sicher?“ wollte Sam wissen und sah sich dem Mann genauer an. Der war eindeutig Asiate, sprach aber perfektes Englisch. „Ich war mal bei den Chinesischen Grenztruppen im Himalaya, da lernt man, Spuren zu lesen, zumindest dann, wenn du was Anständiges und nicht nur den Armeefraß essen willst.“
„Woher kannst du so gut Englisch?“
„Oh, ich wurde gut ausgebildet. Ich war für die „ausländischen Beobachter zuständig und hatte dafür zu sorgen, dass diese auch nur das zu sehen bekamen, was sie sehen sollten, dann haben sie mich ersetzt.“
Sam konnte sein Glück kaum fassen. Dieser Mann war zehnmal besser zur Jagd auf die Ausbrecherinnen geeignet als Leon!
„Wie heiß du?“
„Aang.“
„Sehr gut, Aang. Leon! Karte!“
Leon brachte Sam eine Karte Makiras und sam breitete sie aus. „Aang, was denkst du, wo die Ausbrecherinnen sich verkriechen?“
Aang studierte die Karte und zeigte dann nach Westen. Die Spuren führen in diese Richtung, ich nehme an, sie sind in dem verlassenen Dorf.“
„Was macht dich da so sicher?“
„Sieh die das Gelände an. Kaum hoher Bewuchs, etwas höher gelegen und leicht zu verteidigen, außer…“
„Ja“, bestätigte Whitinghouse, „außer man kommt von hinten durch den Dschungel.“
Aang nickte und Sam traf einen Entschluss. „Leon, ich denke, dass Soulebda uns heute angreift. Du gehst mit der Hälfte der Männer in das Lager zurück und bringst Helena auf Trapp, dann schnappst du dir einen Wagen und überprüfst jede einzeln unsere Stellungen östlich des Lagers. Ich überprüfe alle Stellungen Westlich. Verstanden?!“
„Verstanden!“
Dann wandte sich Sam an Aang. „Du nimmst die andere Hälfte der Männer und bringst die Frauen zurück. Wenn Soulebda angreift, sollen sie wissen, dass sie ein Blutbad anrichten.“
„Kein Problem. Ich schicke zur Ablenkung vierzig Mann direkt in Richtung Dorf und umgehe mit den anderen sechzig das Dorf, um es von hinten anzugreifen. Bis um acht Uhr bin ich mit den Frauen im Lager zurück.“

**

Im Dorf – 04Uhr15

„Ich höre sie kommen.“ Sagte Ma’fretama und starrte in die weichende Dunkelheit.
„Wie kann sie sie hören?“ fragte Oksana Dana, die neben ihr stand.
„Sie ist eine Schattenkriegerin.“ Antwortete Dana. „Ich kann es dir nicht erklären, aber wenn Ma’fretama sagt, sie kommen, dann kommen sie auch.“
„Schattenkriegerin… das habe ich doch schon einmal gehört… damals in BAIKONUR!“
„Ja, in Baikonur waren auch Schattenkrieger.“
„Ich habe es nur hinter vorgehaltener Hand gehört… das muss ja eine sehr haarige Angelegenheit gewesen sein.“
Dana, die mit ihren Gedanken schon weiter war, nickte nur und murmelte, „Ja, das war damals wirklich verdammt knapp.“
„Warte mal! Du warst dabei?!“
Jetzt wurde Dana bewusst, dass sie laut gedacht hatte, doch bevor sie etwas sagen konnte, erschien Hyla’hars. „Sie umgehen uns nördlich und kommen durch den Dschungel.“
„Verdammt!“, fluchte Dana und lief zu Iduna. „Sie kommen von zwei Seiten.“
Oksana schaute Dana nur kurz an und sagte zu ihr: „Darüber müssen wir nachher nochmal in Ruhe reden.“
„Ich weiß. Ok, wir kümmern uns um die Typen die durch das Feld kommen, Ma’fretama, Hyla‘hars und Lerf’tarste verschaffen uns Zeit indem sie die Piraten angreifen, die durch den Dschungel kommen.“
Ma’fretama nahm eines der erbeuteten Messer und sah Hyla’hars an. „Muss ich mich immer noch zurückhalten, Schwester?“
„Nein Schwester! Es wird Zeit den Bösen zu zeigen, mit wem sie es zu tun haben. Mit Kriegerinnen Soulebdas! Keine Zurückhaltung mehr!“
Die drei Kriegerinnen sahen sich verschwörerisch an und traten in den Schatten als sie die Baumgrenze erreicht hatten.
„Wo sind sie hin?!“ fragte Rafaela.
„Sie sind im Schatten.“ Antwortete Iduna, ohne weiter darauf einzugehen. Dann erklärte sie jeder Einzelnen ihre Aufgabe.
Dana packte ihr M16 und suchte sich eine gute Stellung. Als sie sich hinlegte, überschlugen sich ihre Gedanken. Wann würde die Armee kommen? Würde sie rechtzeitig kommen? Würde, würde, würde… Ach Randy! Seufzte sie, als plötzlich…
-DANA!-
-Randy! Wo seid ihr? Wo bist du? –
-Dana mein Schatz, ich bin auf dem Weg zu dir! Nur noch ein paar Meilen! Du musst etwas für uns tun! –

**

Im Todesschatten auf der Lauer

An Bord des Todesschatten standen Miriam Yael, der 1. Offizier und Kapitän Tamar nebeneinander und begutachteten den Waffenmeister Adaddon, wie er zusammen mit dem leitenden Ingenieur, Jaakov einen der neuen Abfänger Torpedos einsatzklar machte.

„Wie haben sich das die Jungs von der Waffenabteilung denn nun vorgestellt, wie funktionieren diese kleinen Abfänger?“

Der Leitende Ingenieur (LI) rückte seine Brille zurecht. „Also Folgendes: Diese Abfänger sind kleiner, wendiger und schneller als die Standard Torpedos. Nur mit den Superkavikationstorpedos können die nicht mithalten. Aber die Standard Torpedos laufen zwischen 40 und 80 Knoten Geschwindigkeit, vielleicht ein wenig mehr. Die hier laufen 120 Knoten Spitze und suchen den Kopf des fremden Torpedos. Die sind dafür ausgelegt, dass sie den Torpedo auf der Höhe der Steuereinheit treffen.“

„Ah und dann zerstören sie den anderen?“

„Nein, das war früher mal der Fall. Die neuen Abfänger schicken eine massive Störladung in die fremde Elektronik hinein und der Torpedo schaltet sich dann ab.

Das war es im Grunde.

Was nämlich viele nicht wussten, ist, dass die Torpedos eine Sicherheitsschaltung haben, die bei gefährlichen Spannungen die Elektronik abschalten, den Torpedo also quasi nullen.“

„Die gehen nicht einfach hoch, die schalten tatsächlich ab?“

„Ja, oder willst du einen heißen Torpedo haben, der bei Gewitter und Blitzschlag ins Wasser hochgeht?“

„Nee, stimmt schon, daran hatte ich nicht gedacht. Was passiert dann mit dem abgefangenen Torpedo? Wird der einfach fallengelassen oder neutralisiert?“

„In der Regel ziehen wir den Abfänger zurück und haben dann einen feindlichen Torpedo mit allem, was man braucht. Ich sag dir, wir haben schon Aale gefangen …“

„Verdammt LI, das ist geheim. Hilf mir lieber bei der Phasenanpassung.“

Kapitän Tamar schubste Miriam Yael an, „komm lass die beiden spielen, die sind beschäftigt. Lass uns nochmal die Karten und die Bilder ansehen. Ich habe das Gefühl, wir übersehen etwas. Kommunikation, wann hatten wir zuletzt Kontakt mit Soulebda?“

„Vor vier Stunden Kapitän.“
„Das ist eine Ewigkeit, wir gehen auf Seerohrtiefe.“

„Anblasen, auf Seerohrtiefe gehen!“ Gab der 1. Offizier durch und die Mannschaft wiederholte gleichzeitig ihr „Annnn-blasen…“

**

Lautlos schob sich ein stählernes Rohr aus dem Wasser. Ein zweites Rohr mit merkwürdigem Aufsatz folgte und weit unterhalb der Wasseroberfläche liefen die Empfänger im U-Boot an.

„Kommunikation an Kapitän, es liegen Nachrichten aus Soulebda vor, die Regentin und GIPSY haben einen Auftrag für uns.“

„Miriam, kommen sie mit mir, mal sehen was die Regentin und Dagan ausgeknobelt haben.“

**

Auf dem Todesschatten

„Wir befinden uns derzeit an diesem Punkt. 9°58’18.67″S 161°45’17.72″E. Das ist genau zwischen dem Erfassungsbereich auf Ulava und wie wir vermuten dem Not Radar, also dem Backupsystem. Von hier aus können wir die Unterwassertopogafie ausnutzen und uns durch die Gräben schleichen. Was für aufgaben erhalten wir?“

Heylah begann mit der Einweisung. „Die indonesische Regierung hat eine See Übung gestartet. In dessen Verlauf wird Greenwich Island als feindliches Ziel angenommen und angegriffen.

Zwei Seeaufklärer sind bereits gestartet und kreisen in dem Dreieck Makira, Greenwich Island und Guadalcanal.

Im Verlauf der Übung werden drei Raketen verlorengehen, die durch Steuerungsfehler über Makira fliegen werden und das russische Forschungsschiff Akademik Mstislaw Keldysch versehentlich angreifen werden.

Die Akademik Mstislaw Keldysch forscht hier in der Tiefseeregion nach Manganknollen.
Dagan, bitte sehr.“

„Danke. Wie ihr euch vorstellen könnt würden die Russen sehr merkwürdig reagieren, wenn eines ihrer Forschungsschiffen von Raketen angegriffen wird.

Das wissen auch die Piraten. Wenn sie durch das Abfangen der Raketen mittels ihrer Rapier Systeme die Raketen erlegen, bekommen sie unglaublichen Rückhalt. Der zählt derzeit mehr als alles Gold der Welt. Bei dem Überflug werden die Raketen zwei und drei Sensoren an Bord haben, die alles aufzeichnen und an Harpyie 02 senden.

Ihre Aufgabe ist es, die Sensordaten ebenfalls aufzuzeichnen, falls es ein Problem mit Harpyie 02 gibt. Außerdem könnte es wichtig sein, dass wir früher als gedacht Raketen auf die Radaranlagen einsetzen müssen.

Ach ja und noch eine Information. Das russische U-Boot Samarkand, ein Sierra III Jäger ist ebenfalls in der Region. Sollte etwas gewaltig schief gehen, würde die Samarkand ganz gewiss reagieren. Gehen sie also davon aus, dass es dort einen zweiten Jäger gibt.“

Anschließend sprach Seraph Ma’Gus. „Die Geheimdienstberichte weisen uns auf erhebliche Unterwasseraktivitäten hin. Was konnten sie da bereits auskundschaften?“

„Also die Piraten haben die drei Inseln zwischen Ulava und Makira als Torpedo Abschussbasen ausgebaut. Vor der kleinen nördlichen Insel Aliite haben sie eine bemannte Unterwasserbasis die reicht bis auf 150 Meter Wassertiefe. Die Basis wird durch ein Schienensystem in einem Tunnel versorgt. Wir haben die Basis von außen her ausgekundschaftet und zwei Signalgeber außen angebracht. Damit können wir die Basis mit Torpedos ausschalten. Nördlich von Bio haben wir ebenfalls eine Torpedostation entdeckt und wir rechnen damit, dass es hier noch mehrere davon gibt. Die nächste Station ist im Nordwesten von Makira. Wir rechnen damit, dass es auf Ubana eine Kontrollstation zur Schiffsabwehr gibt.“

„Die Bastarde haben das ganze Meer mit Torpedos bestückt, die können jedes Schiff aus dem Wasser pusten, wenn sie es wollen.“

„Und wir wissen nicht, ob da nicht noch viel mehr auf die Schifffahrt wartet. Von Minen haben wir noch nichts gehört, aber das muss nichts heißen.“

Dagan betrachtete sein Tablet und fragte dann nach. „Kapitän Tamar, wie viel von den Super kavitierenden Unterwasserlaufkörpern führen sie derzeit mit?“

„Genau 22 haben wir an Bord, das sind die neuen, kürzeren Versionen, nicht so wie die Shkval aus den 80’er Jahren. Diese sind sogar lenkbar und das ist, wie sie wissen immer das Problem gewesen, dass die Torpedos schnell, aber nicht zu lenken waren…“

„Gut, nur für den Fall, dass wir schnell reagieren müssen. Und für den Fall der Fälle haben unsere Freunde aus Indonesien die Korvette Lambunger Mangertkurat zwischen Greenwich Island und Beagle Island. Diese Korvette hat auch eine Langwellensendeanlage an Bord. Damit kann sie verschlüsselte Nachrichten in die Region senden und sie auf jeden Fall erreichen. Sie erhalten die genauen Spezifikationen als Mail.“

Jetzt meldete sich wieder die Regentin zu Wort. „Kapitän, es ist für sie wichtig zu wissen, dass ich vor vierzehn Tagen den Einsatz des vierten Garde-Bataillons befohlen habe. Im vierten Bataillon, das auch das kleinste meiner Garderegimenter ist, stehen 80 Kriegerinnen und Krieger mit Stammeskriegerausbildung. Deswegen trägt es auch den Ehrentitel „Die Schatten“. Ein Versorger, der drei Hafengebiete auf Makira angelaufen ist, Te Te Re, Oneiba und Yanuta, fährt um die Nordwestspitze um dann nach Guadalcanal zu laufen. Mein Gardebataillon wird nachts vor einem ehemaligen Versorgungsgebiet landen und sich in den Urwald schlagen. Das ist unsere Rückendeckung.“
**

Landung

Die MS Manua Patapite, ein modernes Fracht- und Postschiff der Araniu 3 Klasse, hatte am Abend den dritten Hafen im Süden von Makira passiert. Sie war auf der südlichen Umrundung mit Kurs auf Honoria auf Guadalcanal. Im Nordwesten der Insel Makira, die an eine liegende Katze erinnerte, lief die Manua Patapite mit Minimalbeleuchtung und 13 Knoten Geschwindigkeit langsam vor sich hin, doch dann wurde sie noch langsamer und fuhr gerade noch drei Knoten.

In dieser Mond- und sternenlosen Nacht schienen sich die Wettergötter gegen alle und jeden verschworen zu haben. Es regnete wie Bindfäden und jedermann versuchte, seinen Unterstand zu erreichen.

Lediglich auf der Manua Patapite war noch kein Feierabend. Über die Leeseite wurden vier riesige Schlauchboote zu Wasser gelassen und ein starkes Speed Boot dazu. Schließlich fuhr das seltsame Gespann, zwei Schlauchboote hintereinander und das Speed Boot ganz vorne, los.

Gute zehn Meter von der Böschung entfernt stoppte das ziehende Speed Boot und das Gardebataillon IV, die Schatten sprangen von Bord und verschwanden im nahen Urwald. Auf den Schlauchbooten verblieben je ein Mann der Manua Patapite und das Speed Boot zog die Schlauchboote wieder zurück zum Frachter. Das alles hatte nicht einmal 30 Minuten gedauert und verlief in aller Ruhe. Nur der gedämpfte leise Diesel des Speed Bootes hätte man hören können, wenn es nicht so laut geregnet hätte. Als die Schlauchboote und das Speed Boot wieder verstaut waren, beschleunigte die MS Manua Patapite auf 18 Knoten und verschwand im Dunkel der Nacht.

Die Schatten waren gelandet und huschten bereits durch den Dschungel.

**

Mitten im dichten Dschungel standen vor einer mächtigen Schlucht Major Malif’Grat und sein Sergeant Major Drum’beiz.
Dazu Master Sergeant Vait’nagu und die Sergeant Nantu’zaleb, Mont‘zuma, Kalin’kay und Uhur’surl.

„Alles vollzählig Sir.“, sagte der Master Sergeant leise und der Major nickte langsam.

„Gut, dann wollen wir mal, Aufteilung wie besprochen. Soualebda weiß Bescheid, sie übermitteln gerade an die Gefangenen Mädchen, dass wir von Süden aus kommen. Ich will nichts hören, das uns verrät. Noch wissen die nicht, dass wir da sind und so sollte es auch bleiben. Irgendwelche Fragen?“

„Was tun wir, wenn wir auf feindliche Soldaten treffen?“
„Unsere Feinde sterben sofort. Wir sind die der Zorn Mualebdas!“

Die Sergeanten nickten nur kurz. „Der Flughafen ist das erste Ziel, den sichern wir mit einem Dutzend. Wir teilen uns in Fünfergruppen auf und schwärmen aus. Ich will, dass wir den Südbereich bis in einer Stunde verlassen haben. Vergesst nicht, hier kämpfen neben Piraten auch echte Soldaten, wir werden es also nicht leicht haben, aber Moualebda wird uns beistehen, wenn wir die Menschen retten, die hier gefangen sind.“
„Was ist mit den gefangenen Piraten?“
„Befreit sie von ihrer Last, seid schnell und gründlich, aber seid gnädig, keine Schmerzen.“

Der Master Sergeant übernahm wieder. „Funkfrequenz mit den Außenstehenden ist Kanal 22, Backup ist 31. Das Kennwort für den heutigen Tag ist „Heylah ruft“ und die Antwort ist „Moualebda“. Vergewissert euch, dass die kleinen Sender funktionieren, falls die Condore angreifen.“
„Fragen? Keine? Dann auf und weg!“

Einen Moment später standen Major Malif’Grat und sein Sergeant Major Drum’beiz alleine in der Schlucht.

Die Schatten waren angekommen, die Jagd begann.

„Major, wir werden gerufen, Madame Ma’Difgtma ruft uns.“, sagte sein Sergeant-Major zu ihm. „Oh, Danke ich war in Gedanken.“ Beide konzentrierten sich auf Ma’Difgtma.

– Ich grüße euch ihr Krieger Mualebdas. In diesen Minuten landet ein alter Mil Mi-8 Hubschrauber im Landesinneren. Die bringen gute Freunde mit, Caroline Miles und Peter Stein, zwei erprobte Krieger. Ich möchte, dass ihr die in Di’una abholt. Dann könnt ihr am Flughafen starten, wie wir besprochen haben. –

– Madame, wenn die beiden jetzt hier sind, dann muss die Wudong ja bereits in die Todeszone der Piraten eingetaucht sein. –

– Das ist richtig, aber sie kennen die geheimen Zeichen und sollten dort weit genug kommen, ehe sie Verdacht erregen. –

– Gut, wir sammeln die beiden ein, Ma. –

Die beiden Soldaten wirkten wieder etwas entspannter. „Na mit den beiden werden wir vermutlich unsere Freude haben Sergeant-Major. Haben sie die beiden einmal im Einsatz erlebt?“

„Ja, habe ich und ich kann sie beruhigen, die beiden sind wirklich eine Bereicherung.“

**

Soulebda, Zentrale von GIPSY

Die Alarmklingel schrillte noch und die Bereitschaft spurtete zu Dagan, mit einer neuen Meldung. „Gerade hat Harpyie 02 einige Aufnahmen von einem der Piraten Frachter gemacht, der auf den Hafen von Etamarorai zuläuft. Das ist einer der wenigen Häfen, der auch für Frachter mit Tiefgang ausgelegt sind. Und an Bord ist man dabei Boden Luft Raketen bereitzumachen zum entladen. Das wesentliche ist aber diese Raketen sind keine alten Rapier Systeme, wie sie bereits angelandet sind. Das hier sind hochmoderne Starstreak Systeme auf Land Rover montiert.“

„Hier, sehen sie. Die haben ein Landungsboot ausgesetzt, das den Hafen für die Entladung bereitmachen muss. Im Hafen sind bereits die Piraten dabei ein Pier zu verstärken, die werden hier landen, Sir!“

Dagan bekam einen Schrecken, wusste er doch genau, was Starstreak Raketensysteme mit Flugzeugen und Bodentruppen machen können. In dem Moment ging die Türe auf und die Regentin betrat das GIPSY Hauptquartier und fragte nach dem Grund für den Alarm.

Dagan schaute sie genau an und begann mit einer Kurzeinweisung. „Regentin, wir haben Bildmaterial unserer Drohne, das beweist, dass ein Piratenfrachter unmittelbar vor der Landung auf Makira steht und topaktuelle Boden-Luft Raketen an Bord hat.“ Dagan ließ die Bilder am Beamer einblenden und man sah deutlich die Raketenwerfer. Auf einigen Transportcontainern stand sogar noch Starstreak und die Modellbezeichnung.
„Sind das diese Raketen mit drei Projektilen, die mittels Laser ins Ziel gesteuert werden?“
„Ja Regentin, gegen diese Raketen können wir uns nicht wehren, die …“
„Moment bitte. Ist das ein Zivilschiff oder ein Piratenschiff?“
„Das ist die gekaperte MS Hazilova III, vor drei Jahren von den Piraten entführt und sie fährt seither Piraten und deren Material umher.“
„Danke, das ist also ein reines Piratenschiff. Dagan, bitte verbinden sie mich mit Kapitän Tamar. Dieses Schiff muss er unschädlich machen, je schneller, desto besser.“

**

An Bord des Todesschatten

„Kapitän, ein Z-Spruch aus Soulebda!“ Rief der Funker und Kapitän Tamar schaute Miriam Yael seine erste Offizierin an und murmelte. „Nanu, einen Z-Spruch aus Soulebda gab es noch nie.“ Darauf nahm er den Zettel mit dem Funkspruch, las ihn durch und gab ihn an Miriam weiter. Während sie noch am Lesen war, rief er bereits nach Abaddon, seinem Waffenmeister.

„Kapitän, sie haben gerufen?“ Fragte der Waffenmeister und schaute den Kapitän fragend an. Normalerweise erhielt er seine Befehle über das bordeigene Mailsystem, aber diesmal wurde er in die große Messe gerufen. Da war etwas im Busch, das wusste er und alle anderen in der Messe bekamen es jetzt auch mit.

Tamar schaute seinen Waffenmeister an und sprach dann so, dass es von allen anderen auch verstanden werden konnte.

„Die MS Hazilova III, ein mit Boden-Luft-Raketen beladenes Piratenschiff, ist gerade dabei, Kriegswaffen im Tiefseehafen von Hafen von Etamarorai anzulanden. Die ersten Landungsmaßnahmen laufen bereits. Wir wurden von der Regentin selbst ermächtigt Gewaltmaßnahmen einzusetzen, um das Anlanden zu verhindern.

Waffenmeister, können wir mit einer Rakete den Frachter so beschädigen, dass es unmöglich wird zu landen?“

„Nein Kapitän, unsere kleinste Rakete würde den Frachter in Stücke reißen, außerdem wird er weitere Munition geladen haben. Das wichtigste aber, wir würden unsere Position preisgeben.“

„Wie sieht die Alternative aus?“

„Schießen wir zwei der Sukaulak, der super kavitierenden Unterwasserlaufkörper auf den Frachter ab, einen in den Maschinenraum und eine in den Bugbereich erstes Drittel. Das wird das Schiff auf einen Schlag stilllegen und langsam sinken lassen. Die Mannschaft wird sich wohl retten können, aber da bringt dann keiner mehr etwas von der Ladung an Bord.“

„Der Frachter ist aber 23 Seemeilen von uns entfernt. Ist das nicht zu weit?“

„23 Meilen, dann ist die Fisch gerade erst warmgelaufen. Die Grenze liegt bei …“
„Ja. Ok, aber wie schaut es mit der Treffergenauigkeit aus?“

„Ich brauche ein klares Signal vom Sonar und wenn ich mich nicht irre, dann haben wir hier das heißeste Sonarsystem an Bord. Kapitän, ich erwische den Frachter, vertrauen sie mir.“

„Kapitän, Funkspruch aus Tel Aviv, dringend.“

Wieder las der Kapitän den Funkspruch durch und reichte ihn an den 1. Offizier weiter. „Die Zentrale bestätigt, dass wir nach Soulebda abgestellt sind und der Befehlsgewalt der Regentin in diesem Falle unterstehen. Die geben uns grünes Licht. Allerdings möchten die, dass wir den Frachter nicht unschädlich machen, sondern zerstören.“

„Abaddon, Feuerbereitschaft für zwei Sukaulak herstellen, Ziel ist der Frachter. Beredin, ich brauche den genauen Standort des Frachters. Wir gehen auf Seerohrtiefe. Wir versenken den Frachter.“

„Kapitän, ich habe den Standort des Frachters schon längst festgestellt. Der alte Pott ist nicht nur hässlich, sondern auch extrem laut. Die Daten kommen jetzt.“

Jetzt herrschte zum ersten Mal so etwas wie Anspannung auf dem Todesschatten. Bisher hatten sie mit Torpedos und Raketen ihre Ziele bekämpft, aber diesmal waren diese neuen Sukaulak dran.

Einer der jungen Unteroffiziere der Waffenabteilung schaute seinen Feldwebel an. „Wie ist das mit den Superkata… superkavikierend, ich meine ..“
„Passen sie auf Menachem. Der Sukaulak wird ausgestoßen und von einem ersten Treibsatz auf Tempo gebracht. Das Problem bei dieser Kavitation ist nämlich, dass die erst bei höherer Geschwindigkeit beginnt. Dann aber legt sich eine Gas Blase um den Sukaulak und fortan hat der so gut wie keinen Wasserwiderstand mehr. Alles klar?“

„Wir blasen da Luft aus und erzeugen unsere eigene Luftblase?“

„Genau, allerdings ist das keine Luft, sondern ein kleiner Teil des verbrannten Antriebsgases.“

„Aha und das Ding ist schnell?“

„Jupp viel schneller, so schnell wie der Blitz.“

„Und wenn da etwas in die Queere kommt bei dem Tempo?“

„Dann ist für beide das Ende, der Fisch und der Sukaulak werden in kleinste Teile zerlegt. Jetzt aber Ruhe, es geht los! Der Kapitän hat den Angriffsbefehl erteilt“

Menachem versuchte genau zu hören, was da abgeht, aber es war eine Enttäuschung. Kein Gurgeln irgendwelcher Torpedorohre, lediglich zwei kleine summende Geräusche und dann leuchteten zwei Kontrollleuchten 10 Sekunden nacheinander auf.

**

Auf einem einsamen Fischerboot

Der Fischer Apanoliu stand am Heck seines altersschwachen Fischerbootes und rauchte sein Pfeifchen. In einer halben Stunde würde er zurück nach Ugi fahren und seiner Familie stolz seinen Fang präsentieren. Es waren wenige, aber dafür wohlschmeckende Fische dabei. Darunter waren auch zwei große Fische, die er gut verkaufen konnte.

Wie immer schaute er dabei auf das Meer hinaus, um das Wetter zu lesen und nach Fischen Ausschau zu halten. Da sah er für einen Sekundenbruchteil ein helles Licht unter Wasser, das auf das ferne Ufer zuraste, mit einer Geschwindigkeit, die er noch nie gesehen hatte. Noch ehe er sich umdrehen konnte raste bereits ein zweiter Unterwasserblitz vor seinem kleinen Fischerboot vorbei und verschwand ebenfalls in der Ferne.
Alles, was der Fischer sehen konnte, war ein mächtiger Feuerpilz, der sich am fernen Horizont aufblähte. Aber kein Lärm kam zu ihm und seinem kleinen Boot.

Während der Feuerpilz sich langsam wieder senkte, startete Fischer Apanoliu seinen alten Glühklopfmotor und tuckerte langsam in Richtung Heimat. Dabei spuckte er in die See und murmelte ein leisen „Aliens, Unterwasseraliens greifen uns an, sie kommen, wir sind verloren…“

**

Sie kamen tatsächlich.

Zwei super kavitierende Unterwasserlaufkörper rasten mit unfassbaren 320 Meilen in der Stunde auf den Piratenfrachter zu. Der erste riss ein mächtiges Loch in die Bugsektion und riss den Frachter vom Anker los. Der Frachter machte einen mächtigen Satz nach achtern, als hätte jemand das Schiff von einem Gummiseil gelassen. Es knirschte und Stahl verbog sich im ganzen Schiff.

10 Sekunden später traf der zweite Sukaulak das Schiff etwas weiter in der Mitte, wie ursprünglich vorgesehen.

Er brachte die Ladung in dem Frachtraum zur Detonation. An Bord hatten sich nicht nur die Raketensysteme, jede Menge Munition und Treibstoff befunden, es befanden sich auch 45 Ankertauminen an Bord und eine davon erhielt einen Volltreffer. Die anschließende Detonation zerriss das gesamte Schiff mitsamt der noch an Bord befindlichen Piraten Besatzung.

Der Detonationsblitz war im Periskop deutlich am Horizont zu erkennen und über das Sonar liefen die Geräusche der Vernichtung, bis Kapitän den Befehl gab abzuschalten.

„Kommunikation, Funkspruch an die Regentin auf Soulebda. Ziel versenkt.“

**

Der Funkspruch traf im Hauptquartier des GIPSY zusammen mit den Bildern der Drohne ein. Ein leuchtender Feuerpilz stand am Himmel, der sich dann wieder auflöste. Die starken Teleskoplinsen zeigten kein Schiff mehr, nur noch einige stählerne Überreste. Der Frachter war nicht mehr, von den Piraten fehlte auch jede Spur. Nur an Land hatten einige wenige Glück gehabt. Sie glaubten aber an ein Unglück und nicht an einen Angriff. Schließlich hatten sie nichts gesehen oder gehört.

**

Inzwischen war die Drohne Harpyie 02 frisch betankt und erneut in den Luftraum über Makira unterwegs. In 15.000 Metern konnte sie erstklassige Bilder liefern und inzwischen auch die gängigsten Funkbänder überwachen. Seit der Versenkung des Frachters war das Funkaufkommen deutlich gestiegen. Offenbar wurden Statusmeldungen eingefordert.
Alles, auch die unnötigsten Fischermeldungen wurden genau wie die anderen an Land vollautomatisch nach Soulebda übertragen und im GIPSY Hauptquartier eingetragen. Die Signal-Auswerter waren sich einig. Die Piraten waren alarmiert und dachten, dass der Angriff unmittelbar bevorsteht.

**

Krieg

Auf Soulebda war der Alarmstatus auf *Status 3* erhöht worden, das bedeutete, dass die Sicherheitskräfte alarmiert wurden und Kontrollen durchgeführt werden konnten.

Im Palast war der Kriegsrat zusammengekommen. Heylah ai Youhaahb und Veronique Schubert saßen zusammen mit Madame Ma‘ Difgtma und General Jektjor’far der oberste Militär von Soulebda, Oberst Vaktor’fal, dem Chef der Marine, sowie Colonel Norman Kresser als Berater.

Ihnen gegenüber waren über Visa Phon zugeschaltet:

Der Krisenstab von Indonesien mit dem Präsidenten und dem Kriegsminister, sowie Dagan und seinem Interventionsteam GIPSY und Seraph Ma’Gus vom Geheimdienst.
Außerdem waren per Visa Phon zugeschaltet Admiral Vladimir Ilgorowitsch von der russischen Föderation und Generaloberst Panakow, verantwortlich für diese Seeregion.
Hinter Madame Ma‘ Difgtma saßen acht Kriegerinnen, die unschwer Stammeskrieger waren. Sie waren mit ihren Stammeskriegern vor Ort in Kontakt und konnten die aktuellen Meldungen ausgeben oder einbringen.
An einem der riesigen Bildschirme sah man die Aufnahmen der Drohne und konnte die Bilder heranzoomen lassen. Das erledigten die fleißigen Helferlein aus dem Backoffice.

Obwohl es im Grunde hektisch war, strahlte Heylah die Ruhe selbst aus. Ihre innere Kraft wirkte auf alle Anwesenden beruhigend, als sie begann:

„Also meine Freunde, wo stehen wir?“

Der indonesische Präsident begann. „Der Raketenkreuzer Talanupe ist am vereinbarten Punkt und startet die beiden Raketen wie befohlen. 5 Sekunden nach dem Start wird allgemeiner Luftalarm für die ganze Region aufgrund eines Fehlläufers ausgelöst.
Beide Raketen fliegen über Makira und halten auf den russischen Forschungskreuzer zu. 20 Sekunden später wird der Forschungskreuzer Akademik Mstislaw Keldysch direkt gewarnt, mit der Info, dass zwei Fehlläufer aus sie zufliegen und alle Kräfte gebeten werden diese Fehlläufer abzufangen.“

„Werden die Piraten auf so etwas eingehen?“ Fragte einer der Generäle. „Wenn die Piraten clever sind dann ja, wenn sie blöde sind, oder das gar nicht mitbekommen, nein. Egal wie, wir haben Informationen über die Piraten. Entweder sind sie auf den offiziellen Kanälen taub oder blind.“

„Wie stehen unsere Freunde von der russischen Föderation zu der Sache?“, fragte Heylah.
Admiral Vladimir Ilgorowitsch meldete sich. „Die Akademik Mstislaw Keldysch ist ein Forschungsschiff und kein Kreuzer, dennoch sind wir selbstverständlich imstande die beiden anfliegenden Raketen zu bekämpfen, schließlich haben wir ihnen diese ja verkauft.“ Dabei grinste er ganz kurz und war sofort wieder sachlich.

„Gut, Aufklärung, wie weit sind wir?“

Seraph Ma’Gus begann. „Unsere Interventionskräfte sind bereits gelandet und haben Positionen bezogen, und zwar an dieser gelben Linie, an den gelben Punkten und genau hier.“ Die jeweiligen Punkte waren an einem zweiten riesigen Bildschirm zu sehen. Der hatte das statische Display der Insel abgebildet.

„Außerdem wissen wir, dass die Führung gerade die letzten Inspektionen macht und der Anführer vor Ort auf dem Weg zum Flughafen ist, dort greifen wir zuerst an. Danach gehen wir nach Norden vor, erst dann ins Landesinnere. Unsere Kräfte versuchen, wie immer unsichtbar zu bleiben.
Die nördliche Insel ist zumindest mit kleinkalibrigen Gatling Kettenkanonen geschützt. Uber andere Rohrwaffen haben wir keine Informationen. Die älteren Rapier Systeme sind bereit und bilden eine klare Gefahr. Die versenkten neuen Systeme spielen keine Rolle mehr.

Unter Wasser gibt es Aktivitäten. Offenbar läuft die Samarkand, ein Sierra III Jäger, dass die Akademik Mstislaw Keldysch, die im Süden steht, beschützen sollte. im Norden der Inselgruppe umher. Bitte beachten sie, meine Herren von der russischen Föderation, dass nördlich der Inselgruppe Torpedoabschussbasen ausgemacht wurden. Wir wissen nicht, wer sie aktiviert, aber sie stellen eine reale Gefahr da.“

„GIPSY was gibt es an der elektronischen Front?“
Dagan begann seinen Bericht. „Die Radaranlage auf Ulava hat die Frequenzbereiche gewechselt, sie senden jetzt in einem höheren Radarband aus. Außerdem strahlen sie jetzt auch IFF Kennungen mit aus.
Das Alternativradar auf Makira ist noch passiv, wir haben aber eine klare Vorstellung, wo es zu finden ist, aber da ist noch etwas. Uns liegen Informationen über drei mobile Nahbereichs-Radargeräte vor. Die Reichweite dürfte nicht mehr als 15 Km sein.
In der Luft gibt es keine Aktivitäten. Die Piraten verfügen derzeit offenbar über keine nennenswerte Luftwaffe. Danke.“

„Was melden unsere Interventionskräfte auf der Insel?“

Madame Ma’Difgtma konzentrierte sich kurz und nickte dann ein paar Mal vor sich hin.
„Der Flughafen wurde vor 15 Minuten vom Kommandoführer vor Ort überprüft und abgenommen. Der Checker fährt nach Norden weiter. Die Rapier Geräte sind bemannt aber noch nicht eingeschaltet. Zwei mobile Geräte sind bereits aktiv, die tragen offenbar auch Radargeräte, das kann ich nicht sehen. Das Dritte fehlt jedenfalls. An der Küste verzeichnen unsere Aufklärer Aktivitäten, dort werden offenbar Raketen vorbereitet, um das Meer zu überwachen.“

„Marine, wie ist die Situation?“
Oberst Vaktor’fal begann. „Die Fregatten Novel’ult und Nebenmann kreuzen bereits in den nördlichen Gewässern. Die Novel’ult im Nordwesten und den Nebenmann im östlichen Bereich. Den Heimatschutz übernimmt für diese Zeit die „Noven’prim“ unser Geschenk aus den arabischen Landen. Außerdem sind die Seenotkreuzer auf munitioniert worden und auch die Küstenwache hat die Bordwaffen montiert.
Unser Küstenschutz ist aktiviert und die Systeme scharf.
Von dem Todesschatten weiß ich nur, dass er im nördlichen Einsatzgebiet unterwegs ist, mehr nicht.“

„Verstanden und die Luftwaffe bitte.“

Veronique Soolef´ta Schubert begann.
„Unsere Langstrecken Abfangjäger sind bewaffnet und bereit, die Kurzstreckenjäger ebenso, die Signalaufklärung ist bereits in der Luft. Die Transporter und Versorger stehen abflugbereit da und die Condore eins bis vier sind bereits in der Luft.“

„Danke für die Einweisung. Gibt es bisher Fragen?“

Admiral Vladimir Ilgorowitsch meldete sich zu Wort. „Verzeihen sie ehrenwerte Regentin. Wo sind eigentlich diese beiden komischen Helden, die bisher immer ins Feuer sprangen, wenn es irgendwo auf der Welt brannte, ich meine Caroline Miles und Peter Stein. Nehmen die nicht an der Operation teil?“

Die Regentin lächelte ein freundliches, entwaffnendes Lächeln. „Admiral Vladimir Ilgorowitsch, Caroline Miles und Peter Stein bilden die Speerspitze, sie sind bereits seit Tagen vor Ort.“

Der Admiral schaute fragend zu seinem Partner und fragte leise „Ohjejj Ohjejj, das wird krachen. Wo die auftreten rummst es wirklich, was machen die beiden jetzt wieder kaputt?“

Heylah ai Youhaahb stand auf und nickte kurz den Anwesenden zu.

„Dann startet jetzt die Operation „MUALEBDA’s REVENGE“
Madame Ma’Difgtma schaute zur Regentin und nickte leicht, dann flüsterte sie ihr zu:

„Caroline und Peter sind jetzt bei unserem Team auf der Insel, bereit loszuschlagen.“

Die Regentin nickte leicht, aber ihr Blick blieb hart.

**

Übungsraketen

Der Raketenkreuzer Talanupe der indonesischen Marine lag bereit und die Kamerasysteme der TV Sender waren auf das Schiff gerichtet. Vor wenigen Tagen wurde angekündigt, dass zwei der neusten Versuchsraketen, im Rahmen des Manövers abgeschossen würden.

Der Marinesprecher hatte diesen Versucht lange und breit angekündigt.
Nun war es soweit und der große Moment war da. Als der erste Start sich verzögerte, wurden die TV Stationen bereits nervös, doch dann schossen die beiden Raketen doch senkrecht in den Himmel und alle jubelten.

Zumindest am Anfang. Doch dann schrillten die Alarmglocken. Irgendetwas war an der Kurssteuerung nicht richtig und beide Raketen flogen nicht nach Norden, in das Testgebiet, sondern nach Süden.

Es verlief so, wie am Planungstisch lange und ausgiebig besprochen. Zuerst versagten die Selbstzerstörungen für die beiden Raketen. Dann erging der Hilferuf an die befreundeten Regierungen und zuletzt an alle Stationen, die beiden Fehlläufer abzufangen.

Die TV Sender fuhren voll auf das Thema ab. Zwei Abfangstaffeln versuchten die Raketen noch zu erreichen und mit Bordwaffen zu treffen, aber das misslang. Nun steuerten die Raketen auf die nördliche Spitze von Makira zu und das Ziel war klar. Auf dem russischen Forschungskreuzer wurde Alarm gegeben, aber bis die Motoren warm waren, würde es zu lange dauern. Das war allen klar.

Doch leider lief es dann nicht so ab, wie geplant. Die Piraten reagierten nicht, und keines der Raketensysteme wurde aktiviert. Aber dafür hatten die Piraten die Radarsysteme eingeschaltet, auch das Ausweichradar, um die Raketen zu verfolgen.

Damit war das Ziel erreicht, die Positionen der Radarstationen und des Ausweichradars wurden bekannt.

Wie ein Wunder flogen die beiden Raketen über den Forschungskreuzer und stellten doch keine Gefahr dar. 40 Kilometer weiter südlich fielen die Raketen schließlich in das Meer und versanken. Sie hatten ihre Aufgaben erfüllt und während des Fluges alles aufgezeichnet und weitergeleitet.

Der Reporter, der nahe dem Raketenkreuzer auf einem der Beobachtungsschiffe war, wusste dann auch, dass die Steuerungselektronik einen Fehler hatte und dass deswegen keine weitere Rakete getestet würde. Stunden später sprach keiner mehr von den beiden Raketen, sondern von einem Vulkanausbruch 1000 Kilometer entfernt und von einer Kindesentführung.

In den Zentralen der indonesischen Streitkräfte und bei GIPSY wurden indes die Daten der Raketen ausgewertet und die Daten waren erstklassig.

**

Der Angriff auf Soulebda

An Bord der Noven’prim, der umgebauten Luxusyacht trainierten die beiden Gruppen der Boarding Crew den Ernstfall. Während die acht Mann Nahkampf, Mann gegen Mann auf dem Achterdeck übte, verfolgte der Signalmeister die Funkgespräche aus dem Palast.

„Die machen Ernst, die Regentin hat den roten Knopf gedrückt.“
„Mann, jetzt heißt es aufpassen. Zum Glück befahren wir ja nur unsere Heimatgewässer, was soll da schon passieren.“, entgegnete der Deckoffizier.

„Na zum Beispiel Erhöhung der Alarmstufe, ab sofort müssen wir die Kanonen, Geschütze und Raketenwerfer bereitmachen und auch bereithalten, falls uns ein böser Fischer angreift.“
„Du schon wieder.“
„Nix da, du schon wieder, das kommt von der Zentrale, also los jetzt, der Spaß ist vorbei, wir sind wieder Krieger!“ Damit drückte der Wachoffizier den Alarmknopf und wenig später stand die Mannschaft bereit, mit Ausnahme der Bereitschaftswachen.
Der Kapitän kam dazu und las den Funkspruch durch und nickte.

„Also gut, ab sofort herrscht wieder Militärbetrieb. Wir haben Bereitschaftsmodus *2*, alle Waffen überprüfen und laden, Reservemunition bereitmachen, das ganze packet, und jetzt Bewegung, Bewegung!“

„Neuer Kurs Kapitän?“ Fragte der junge Steuermann.
„Jawohl, Kurs 270 an Poa’holh vorbei Richtung Hauptstadthafen.“
Die Noven’prim drehte und fuhr mit 20 Knoten in südlicher Richtung an Soulebda vorbei. Nach dem Hafenbesuch und dem Nachtanken ging es weiter gen Süden. Unterhalb des neuen Vulkanes Novel’ult kreuzte sie und überprüfte die Radar- und Funkanlagen. Danach drehte sie wieder und führ in Richtung Hauptstadt zurück ihrer Patrouillenroute nach.

Zwei Stunden Patrouillenfahrt später kam ein Warnruf des Wachtzeppelins Aasuun, der hoch über der Hauptstadt hing und weitreichende Sensoren hatte.

„Aasuun an Noven’prim, wir registrieren ein sich schnell näherndes mittelgroßes Schiff, vermutlich Riesenyacht. Sie kommt aus Richtung 220 auf euch zu. Geschwindigkeit über 32 Knoten, wir korrigieren, die fährt 35 Knoten.“

„Kapitän, wir registrieren Signalpeilung, die versuchen uns hier oben anzupeilen. Das ist ein Angriff, Sir das sind Militärfrequenzen. ALARM!“

„Alle Mann auf Gefechtsstation. Meldung an den Palast und GIPSY, wir werden von einem vermutlich feindlichen Schiff angegriffen.“

Über die Köpfe der Noven’prim rauschten zwei F-16 der Alarmstaffel hinweg in gut dreitausend Meter und näherten sich der unbekannten Yacht. Sie flogen weit voraus und hatten sich der unbekannten Yacht genährt. Ausgerechnet jetzt kam der dichte Nebel des neuen Vulkans und störte die Sichtverbindung zum Angreifer.

„Die greifen uns an Soulebda die …“ Dann rauschte es im Funk und eine helle Wolke stand irgendwo in der nebligen Höhe. „Die haben meinen Flügelmann abgeschossen. Erbitte Waffenfreigabe.“

Ein starker Sender meldete sich „Hier Control, nicht feuern, finden sie heraus, wer der potentielle Feind ist, bleiben sie auf Abstand.“
„Roger Control“

Noch immer fuhr die Noven’prim durch die niedrige dampfbehangene See.
„Kapitän, wir können Zielpeilung aufnehmen.“
„Nein, wir haben noch keinen Befehl, sind alle Mann auf ihren Stationen und alle Geschütze bemannt?“
„Ja. Wir sind feuerbereit Kapitän, wir warten auf den Befehl.“

Aus der Ferne kam ein verrauschter Funkspruch. „Die haben mich beschossen, mein Funk setzt aus. Keine Landeskennung ich wiederhole, keine Landeskenn…“ Es rauschte kurz, dann knackte einmal im Funk …

Eine kleines gelbliches Licht schien da am Horizont zu sein, wo der zweite Abfangjäger vermutet wurde, dann verschwand das Licht allmählich im Meer.

**

Der Kapitän der Noven’prim erstattete Bericht und gab den Befehl auf aktive Peilungen zu gehen. Jetzt strahlte die Noven’prim, sie erhielt aber auch genaue Zieldaten.

„Der dreht ab, der will um Ka’Ihlih fahren. Der versucht, uns abzuhängen.“

„Soulebda wo bleibt die Luftunterstützung?“ Fragte der Wachoffizier nach.
„Die Bereitschaftsmaschinen sind unterwegs weiter nördlich, die brauchen eine halbe Stunde, wenn nicht mehr.“
„Was macht die Bereitschaft soweit nördlich?“
„Wir wurden offenbar getäuscht und weggelockt. Hallo Noven’prim kommt ihr alleine klar, hier tummeln sich Feindmaschinen in der Luft.“

„Hallo Aasuun haben sie noch weitere Kontakte?“
„Nein, nur die Flieger nördlich, auf 320 Entfernung 800 Kilometer. Das war eine Falle.“

„Hier Control, Noven’prim suchen und vernichten sie das angreifende Boot, bevor die noch mehr Schaden anrichten.“

„Verstanden Control, angreifen und vernichten! Over.“

Die Signale auf dem Radar deuteten an, dass der Angreifer südlich um Ka’Ihlih fährt und die Noven’prim fuhr ihm mit voller Fahrt entgegen.

„Radar, wo ist das Schiff, ich sehe sie nicht.“ Die Noven’prim befand sich gerade südwestlich unterhalb von Ka’Ihlih, als von der Aasuun die Meldung kam:
„Noven’prim, Noven’prim, der Feind hat euch getäuscht, die fahren mit voller Fahrt nördlich der Insel und halten auf den Hafen zu, ich wiederhole…“

„Verflixt nochmal, klassisch ausgetrickst. Achtung Maschine wir gehen auf volle Fahrt. Wirf die Turbine an, wir brauchen die volle Power.“

Die Noven’prim nahm Fahrt auf. Die Turbine brachte nochmal gut 40% Power auf den Antrieb, aber die Turbine war auch durstig. Jetzt wurde es an Bord unangenehm. Mit 39 Knoten pflügte die Noven’prim durch die See, dem Angreifer hinterher.

**

„Die verdammten Inselaffen kommen näher, was haben die im Tank? Vitaminpillen??“
„Maschine gehen sie auf 105!“
„Kommandant, wir sind schon auf 105, die Diesel werden überhitzen.“
„Werden sie nicht!“
„Doch du Volltrottel, die haben höchstens noch 8 Minuten!“
Der Kommandant nahm seine Pistole und rannte hinunter zur Maschine. „Du gibst mir jetzt volle Power oder du frisst hier und jetzt Blei!“
„Verstehst du Idiot das nicht, das hier ist Vollgas, ich bin am Anschlag, ich…“
Drei Schüsse aus der Kommandantenpistole streckten den Ingenieur nieder.
„Stellvertreter – an die Maschinen und sie geben mir jetzt Vollgas, verstanden?“
„Jawohl Kommandant, Vollgas…“ Dabei schaute er auf seinen toten ehemaligen Vorgesetzten und auf die weit am roten Anschlag zitternden Anzeigen. Nach und nach hupten es und immer mehr Lichter zeigten Rotlicht. Die Diesel liefen weit jenseits der Lastgrenze und würden jeden Moment die Schmierung verlieren.

Mit all seinem Mut rief der Stellvertreter nach oben zum Kapitän: „Kapitän, ich muss langsamer machen, die Maschinen, sie beginnen festzufressen.“

„Wenn du auch nur einen Schlag reduzierst knall ich dich ab du Versager, wir bleiben bei Volllast, ist das klar?“

**

„Die werden langsamer, Kapitän die fahren ihre Maschinen sauer. Jetzt kriegen wir sie.“
„Hoffentlich schießen die nicht auf die Stadt, die kommen jetzt in Reichweite.
„Ansage Treffermöglichkeit Feindschiff“ bellte der Kapitän und der Mann am Radar rechnete.
„24 Sekunden, dann können wir schießen.“
„Bordgeschütz, Achtung, wir schießen auf große Entfernung Schnellfeuer!“
„Verstanden.“
Das 35mm Bordgeschütz konnte während es schoss die Munition von hochexplosiv HE) auf Air Burst Munition (ABM) umschalten.
„12 Sekunden bis Schussentfernung.“

„Kapitän, die schießen auf die Stadt!“
Aus dem Buggeschütz der Piratenyacht wurde geschossen. Granate um Granate. Aber sie schossen kein Schnellfeuer. Dort wo sich die Stadt befinden musste, stieg Rauch auf. Die Piraten trafen also irgendwas.

„Wieso können die kein Schnellfeuer schießen?“
„6 Sekunden bis Schussentfernung.“
„Keine Ahnung WO, vielleicht hat ihnen das keiner gesagt oder die haben ein Problem.
„3 Sekunden bis Schussentfernung.“
„Da, Kapitän, Feuer aus dem Schornstein, es raucht und Funken kommen hoch, die Maschine geht hoch.“

Dann kam worauf alle gewartet hatten…

„Schussentfernung!“, und der Kapitän rief laut „Feuer!“
Die Noven’prim feuerte in kurzen Feuerstößen zu 5 Schuss. Die ersten Einschläge lagen zu weit achtern, dann etwas zu weit vorne und wieder auf der falschen Seite. Aber dann saßen die Granaten, die Kanone schoss nun Schnellfeuer und verrichteten auf dem Piratenschiff ihr Zerstörungswerk. Bereits mit der zweiten Serie explodierte etwas im Buggeschütz und etwas wurde aus der Verankerung gerissen, nach der nächsten Serie schwieg das Geschütz. Der Rauch aus dem Schornstein war nun rabenschwarz und das Schiff wurde langsamer und langsamer.

„Kapitän, wenn die Raketen an Bord haben …“

„Weiterfeuern, nehmen sie ABM und HE, wir schießen mit allem, was wir haben.“ Die Noven’prim fuhr jetzt leicht seitlich an dem Piratenschiff vorbei und die 27mm Zwillingsbordkanone konnte auf das Piratenschiff ausgerichtet werden. Treffer um Treffer rissen inzwischen Teile aus dem Schiff.
Gerade, als aus dem Heck die erste Rakete in Richtung Soulebda starten wollte, traf eine weitere Salve das Buggeschütz den Piraten und es zerriss die schwere Bugkanone vollständig. Offensichtlich hatte die Bereitschaftsmunition in dem Geschütz einen Treffer erhalten. Weiter und weiter trafen die Granaten der Noven’prim und schließlich zerriss es das Piratenschiff von innen heraus.

An Bord der Noven’prim fuhr die Turbine herunter und die Diesel trieben das Schiff weiter voran.

„Alles absuchen, vielleicht gibt es ja noch Überlebende.“ Sagte der Kapitän, dabei schaute er auf die See und hatte Zweifel, ob da draußen noch irgendetwas leben würde.

Als die Noven’prim ankam, war das Piratenschiff bereits gesunken. Ein einziger Überlebender klammerte sich an ein paar Bretter.

„Auf gehts, Boarding Team, macht euren Job.“

Der Kapitän drehte sich um und schaute in Richtung der Hauptstadt. Ganz in der Nähe des Palastes schien es Einschläge gegeben zu haben und in der Altstadt brannte es.
„Kapitän, der Überlebende ist der Funker.“
„Sehr gut.“

Der Kapitän der Noven’prim erstattete einen klaren Bericht und er berichtete auch von dem überlebenden Funker.

**

Hoch über Soulebda flog eine kleine Frachtmaschine und machte Bilder von der Hauptstadt. So spektakulär sah das nicht aus, man hätte es auch für das Abbrennen von Gestrüpp halten können. Aber es gab da einen schwarzen Fleck am Palast. Zumindest eine Granate hatte den Nymphen Bereich getroffen. Darin wohnten und lebten die zierlichen Palastnymphen. Der Volltreffer hatte den Wohnbereich getroffen und die beiden Nymphen getötet.

Die Treffer in der Altstadt hatten einige Häuser zerstört und einen Teil der dort lebenden Menschen getötet. Insgesamt kamen bei dem Angriff 18 Menschen ums Leben.

Die Entwarnung für Soulebda kam und alles, was alarmiert war, fuhr wieder herunter auf den Ausgangszustand. Nach der anfänglichen Hektik kehrte allmählich etwas Ruhe ein.

Soulebda hatte die ersten Toten in dem gerade erst begonnen Krieg zu vermelden.

**

 

Als die Rakete in den Palast einschlug, zeigte Caro’pe Marie gerade ihren Lieblingsort im Palast. Es war die Kriegergalerie, in der Nachbildungen von Kriegerinnen und Kriegern der letzten fünfhundert Jahre standen. Diese lebensechten Gestalten trugen die dazugehörigen Trachten sowie ihre Waffen und ähnelten Galerien in Ritterburgen, wo eine Ritterrüstung neben der anderen stand. Dann erschütterte eine gewaltige Explosion den Raum und die Mädchen schrien auf.

Sofort lief die „diensthabende“ Gardisten, welche immer ein Auge auf die Kinder warf, zu ihnen.
Als sie die Tür aufriss trat ihr Caro’pe schon mit einem Speer entgegen, welchen sie einer der Kriegernachbildung entrissen hatte, während Marie einer anderen Figur den Speer entwand.
„Was tut ihr?“ wollte die Gardistin wissen.
„Wir verteidigen den Palast!“ rief Caro’pe und hatte Mühe den Speer hoch zu halten.
Trotz der ernsten Situation musste die Gardistin lächeln. Die beiden Mädchen hatten wirklich die Herzen echter Kriegerinnen. „Dann kommt mit, ich zeige euch den Abschnitt, den ihr verteidigen müsst.“ Rief sie und lief voran, während ihr die Mädchen mit den Speeren folgten.
Die Gardistin, die mittlerweile über Funkmeldungen erfahren hatte, welcher Bereich des Palastes getroffen wurde und woher der Angriff kam, brachte die Kinder über Umwege zum Gästetrakts des Palastes. Unterwegs kamen ihnen Soldaten, Gardisten und Rettungsmannschaften entgegen, welche zu ihren Posten rannte. Ein ungeübtes Auge würde nur Caos vermuten, doch jeder Einzelne wusste, was er zu tun hatte und wo sein Platz war. Durch dieses Gewühl führte die Gardistin die Kinder zu Janette, die schon voller Angst auf Nachrichten von Marie wartete. Als Marie dann zu ihr gebracht wurde, nahm sie ihre Tochter dankbar in die Arme.
„Was ist passiert?“ wollte Lukas wissen.

„Die Piraten haben die Stadt beschossen und unter anderem den Palast angegriffen.“ Antwortete die Gardistin. „Eine Rakete hat die Unterkunft der Nymphen getroffen.“
„Sind wir in Gefahr?“
„Nein, der Angriff ist vorbei, die Marine hat das angreifende Schiff versenkt. Wartet hier, hier seid ihr sicher.“

Als die Gardistin gehen wollte trat ihr Caro’pe in den Weg. „He! Du wolltest uns zeigen, wo wir den Palast verteidigen sollen!“
„Kriegerin!“ Die Gardistin beugte sich zu Caro’pe herunter, „Diese Menschen sind Ehrengäste der Regentin! Was wäre wichtiger als sie zu verteidigen?!“
Caro’pe packte den Speer und wuchs mindestens drei cm. „An mir kommt niemand vorbei!“ schwor sie.

**

„WOWOWOW!“ rief Hauer, als er die Tür zum Gästetrakt öffnete und einen Speer vor dem Gesicht hatte.
„Stehenbleiben!“ befahl ihm Caro’pe.

„Was soll das?!“ fragte Hauer. „Leg das Ding weg, Kleine!“
„Ich bin nicht klein! Ich werde fünf!“ antwortete Caro’pe selbstbewusst.
„Also gut GROSSE, ich muss mit Lukas reden!“
„Ich kenne dich! Du bist der Computermann, Ma’Gus sagt immer, dass du ein Quertreiber bist, aber einer von der guten Sorte.“

„Ich bin… Ich bin was?! Das hat Ma’Gus zu DIR gesagt?!“
„Nein, zu mir nicht, aber ich verstecke mich oft im Palast und da höre ich so einiges.“
„Typisch… LUKAS!“ rief Hauer und Lukas kam zur Tür.
„Ich muss sofort zum Binnenhafen! Hier spielen gerade alle verrückt und sind beschäftigt, du bist momentan der einzige Fahrer, der verfügbar ist und JA es geht um Leben und Tod!“

Lukas sah zu Janette die ihm zunickte. „Na los, ab mit dir! Ich werde hier gut bewacht.“

**

„Was genau ist passiert?“ fragte Lukas während er von Ralf durch die Stadt zum Binnenhafen gelotst wurde. Durch den Beschuss der Stadt waren mehrere Brände ausgebrochen, was zu Straßensperrungen und Umleitungen führte. „Die Piraten haben es geschafft ein Schiff in die Nähe der Küste zu bekommen und sie konnten mehrere Raketen abschießen, bevor die Marine sie versenken konnte.“
Lukas schüttelte den Kopf, „Gibt’s denn auf der Insel keine Luftabwehr?“

„Bis jetzt gab es keinen Grund diese zu installieren, jetzt wird es sicher eine geben.“
„Und was machen wir im Binnenhafen?“
„Dort ist die Polizei im Einsatz und ich muss mit ihnen reden!“
„Kannst du nicht einfach das Handy benutzen?“
„Nein! Der Angriff hat den Server lahmgelegt, der für die sichere Kommunikation zuständig ist. Auch etwas, das ich verbessern werde! Jedenfalls würde ich niemals eine ungesicherte Leitung für diese sensiblen Informationen benutzen. Scharf rechts!“
Lukas riss das Lenkrad herum und bretterte durch ein paar enge Gassen. „Was ist das eigentlich für eine Karre?“ wollte Lukas wissen. Das Auto in dem sie saßen, war recht neu, hatte Signallichter und Sirenen, war technisch auf dem neusten Stand und glich dennoch mehr einem Sportwagen. Doch das wichtigste war, wenn ein Soldat den Wagen auch nur sah, wurden alle Sperren weggeräumt und sie wurden überall durchgewunken.

„Das ist der Wagen vom Geheimdienstchef.“ Antwortete Hauer. „Der ist gerade beschäftigt und braucht ihn nicht! Jetzt Links!“
„Weiß der Geheimdienstchef, dass wir sein Auto haben?“
„Nö! Quertreiber Fragen nicht um Erlaubnis!“
„Was?!“

**

Am der Einfahrt zum Binnenhafens wurden die Zwei schließlich an einer Straßensperre aufgehalten.
Hauer sprang aus dem Wagen und lief auf die Polizisten zu. „Ich muss sofort mit dem Einsatzleiter reden!“ teilte er den Polizisten mit und zeigte ihnen seinen Sonderausweis, den Ma’Gus ihm ausgestellt hatte.

Der Leiter überlegte nicht lange und befahl einem Polizisten in das Auto einzusteigen und die Beiden zu Martin zu begleiten.
Keine fünfhundert Meter weiter am Verlade Peer der Erzschiffe fanden sie Shea, die gerade dabei war die einzelnen Meldungen der Straßensperren entgegenzunehmen.
„Sind sie die Einsatzleiterin?!“ fragte Hauer, als er vor Martin stand.

„Ja, bin ich und wer sind sie?“
„Ralf Hauer, ich leite die Computerabteilung des Palastes, ich habe eine wichtige Botschaft, die ich nur persönlich weitergeben kann.“
„Sie kommen vom Palast?! Was ist passiert? Gibt es Verletzte?“
„Eine Rakete hat den Palast getroffen… Zwei Nymphen sind bei dem Beschuss ums Leben gekommen, über weitere Verletzte oder Tote weiß ich noch nichts, aber der Regentin ist nichts passiert.“
„Ausgerechnet Nymphen…“ flüsterte Shea, die das Durchschnittsalter der Mädchen kannte, „Gut Herr Hauer, jetzt stehen sie persönlich vor mir! Schießen sie los!“

„Es geht um das Handy, welches die Piraten nutzten um das Fake Profil aufzurufen, es wurde wieder aktiviert! Ich konnte das Gespräch mitschneiden!“
Ralf hielt ihr sein eigenes Handy entgegen und startete die Aufnahme.
„Hier Whitinghouse! Wir werden auf Makira angegriffen!“ teilte eine Stimme mit. „Haut ab und kommt zum Treffpunkt.“
„Ich weiß,“ antwortete eine weibliche Stimme, die Shea bekannt vorkam, „ich habe Lastre’lar, den obersten Schnüffler hier geschnappt, und ihn unter Drogen gesetzt, wir sind so gut wie unterwegs.“
Sheas Herz setzte aus als sie Lastre’lar Name hörte.
„Wurdet ihr entdeckt?“
„Nein, der Schnüffler ist wohl auf eigene Faust hier aufgetaucht. Ich habe ihn in eine Falle gelockt.“
„Passt auf, vor der Küste liegt eine Fregatte.“
„Die ist kein Problem, die putze ich mit meinen Raketen weg!“
„Was machst du mit dem Bullen?“
„Den werfe ich mit einem Kettenhemd über Bord, sobald ich den Hafen verlassen habe, bis dahin ist er mein Faustpfand.“

„Ok! Ich muss Schluss machen! “
Damit war das Gespräch beendet.
„Sie haben Lastre’lar! Woher kam der Anruf?“
„Ich konnte das Handy auf der Moana orten.“

„MARGARETE! Ich wusste, dass der Kahn stinkt! Haben sie versucht den Hafenmeister von Nih’tan zu erreichen?“

„Natürlich, doch weder Kama’lar, noch sonst jemand ist zu erreichen, sie sind alle im Einsatz.“
„Ich muss sofort nach Nih’tan!“ sagte Shea.
„Was ist mit dem Einsatz hier?“ wollte einer der Beamten wissen, die das Gespräch mitgehört hatten.
„Den leiten SIE jetzt!“
„Die Fahrt nach Nih’tan dauert über eine Stunde, bis sie dort sind, hat das Schiff schon längst abgelegt!“
„Dann muss ich eben schneller sein!“
„Vielleicht kann ich da helfen.“ Meinte Lukas und trat vor.

**

Vier Stunden zuvor saß Lastre’lar noch immer über der Frage, welches Schiff die Piraten als Basis benutzten und was er übersah, als jemand an die Tür klopfte.
„Herr Inspektor“, meldete sich einer der Polizisten, „da ist einer der Taucher von neulich, der mit ihnen sprechen will.“
„Danke, schicken sie ihn zu mir.“
Kurz darauf erschien ein junger Mann, den Lastre’lar vom Einsatz der Taucher her kannte. „Was kann ich für die tun?“ wollte Lastre’lar von dem Taucher wissen.
„Ich bin Taucher und habe im Hafen unter den Schiffen, Sender für sie angebracht.“
„Ja, ich erinnere mich.“

„Als ich unter einem der Schiffe war um den Sender anzubringen, ist mir bei einem der Schiffe etwas aufgefallen. Es waren seltsame Klappen am Rumpf, doch ich hatte keine Vorstellung was diese Klappen bedeuten. Doch gestern, habe ich einen Kurs an der Marineschule besucht, wo es unter anderem um neuartige Antriebe geht. Bei diesem Antrieb wird, nicht wie bei den meisten Schiffen, eine Welle mit Schraube benutzt, sondern mehrere Strahltriebwerke, ähnlich wie ein Düsentriebwerk unter Wasser. Diese Strahltriebwerke sind in Gondeln unter dem Rumpf angebracht und diese lassen das Schiff auf kleinstem Raum manövrieren und viel schnellere Fahrt machen, als mit einem herkömmlichen Antrieb.

Da fielen mir die Klappen wieder ein und ich fragte den Ausbilder, ob diese Gondeln auch versenkbar sind. Er meinte ja, das wäre sogar in vielen Fällen so, damit die Gondeln im Hafen nicht beschädigt würden.“
„Das heißt also, ein Schiff mit diesem Antrieb bräuchte gar keine Welle oder Schraube?“
„Nein, es fährt ohne Schraube.“

Lastre’lar spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. „Welches Schiff hatte diese Klappen, die Alberto Ruiz?“

„Nein, die Moana.“

**

Berlin Köpenick

In dem hergerichteten alten Hofgut, am Rande der Stadt las Theobald, der Stecher, Vogel, die Nachrichten und betrachtete die Luftaufnahmen, die vor wenigen Minuten als Mail eingegangen waren.

„Schade, dass die Jungs da nicht mehr zusammengeschossen haben, ein paar Minuten mehr und die hätten den Palast in Schutt und Asche gelegt.“

Neben ihm am Frühstückstisch saß in einem hauchdünnen Negligé Isabelle Glacier, eine waschechte Pariserin mit einem Modellgesicht und einer gut ausgestatteten Oberweite. Sie arbeitete als Gestalterin und Designerin bei einer großen Pariser Tageszeitung mit großen Buchstaben und sorgte dafür, dass Unfälle wie Katastrophen aussahen. Oftmals half sie dabei am PC nach.

„Sieht aus, als hätten die über die kleinen Berge am Hafen geschossen. Für so eine Blindleistung haben sich deine Leute gut geschlagen. Den Rest kriege ich mit Photoshop retuschiert, das wird ein richtiger fieser Aufmacher in den Abendzeitungen.

Ich sehe schon das Titelbild: Südsee Hauptstadt brennt.“
„Ja aber der Kapitän hat meine Yacht zu Schrott gefahren. Wenn der nicht schon tot wäre, würde ich ihn zu einem Besuch bitten.“
„Ich habe dir schon einmal gesagt, suche dir die besten Leute aus und bilde sie weiter, auch wenn das Geld kostet. Es ist doch nur Geld. Dafür hast du dann richtige Profis, denen das da sicherlich nicht widerfahren wäre.
Wenn ich das von deinem Beobachterflugzeug richtig lese, dann hat der Kapitän sogar die Marine in die Irre geführt und sich einen Vorsprung herausgefahren. Aber dann muss er etwas falsch gemacht haben, denn der Abstand zum Verfolger wurde kleiner und schließlich haben sie ihn erwischt. Dein Kapitän ist also langsamer geworden.“

„Oder der Verfolger wurde schneller.“
„Das glaubst du doch selber nicht. Oder haben die von der Marine plötzlich Vitaminpillen in den Tank gekippt?“

„Darf ich mal sehen, was der Beobachter gesendet hat?“ Isabelle glacier nahm sich das Notebook und startete den Player. Man sah, wie der Angreifer schwarzen Rauch auszudampfen und kurz danach, wie auf dem Marineschiff der dunkle Rauch mit weißen vermischt und deutlich weniger wurde. Daraufhin wurden die Abstände kleiner.

„Interessant. Dein Kapitän hat die Diesel sauer gefahren, die spucken Rauch und Feuer, das sehe ich hier ganz deutlich und diese Marineaffen aus Soulebda hatten einen Joker, die haben etwas gestartet, das mehr Leistung bringt und weniger raucht, das kann nur eine Turbine.“

„Hmm dann waren es zwei Umstände. Gut. Jetzt zieh dich aus, jetzt bist du dran.“

„Oh Jaaa, mach mir den Stecher, rrrrrrrrrrrrrrr.“ Rollte Isabell und ging langsam zu Bett. Dabei ließ sie erst den zarten Umhang und dann ihren BH fallen.

Der Stecher folgte ihr und freute sich auf das kommende.

„Wenigstens hat keiner der Versager überlebt …“

**

Im Palast/Vierzehn Stunden später!

„So eine Kacke!“ fluchte Hauer und schob einen Feuerwehrmann zur Seite, der ihn aufhalten wollte.
„Sie können da nicht…“ den Rest hörte Hauer nicht mehr, er sprang einfach über Trümmer und kleine Brände hinweg und rannte weiter zum Gästetrakt des Palastes.

**

Als die Rakete in den Palast einschlug, zeigte Caro’pe Marie gerade ihren Lieblingsort im Palast. Es war die Kriegergalerie, in der Nachbildungen von Kriegerinnen und Kriegern der letzten fünfhundert Jahre standen. Diese lebensechten Gestalten trugen die dazugehörigen Trachten sowie ihre Waffen und ähnelten Galerien in Ritterburgen, wo eine Ritterrüstung neben der anderen stand. Dann erschütterte eine Explosion den Raum und die Mädchen schrien auf.
Sofort lief die „diensthabende“ Gardisten, welche immer ein Auge auf die Kinder warf, zu ihnen.
Als sie die Tür aufriss, trat ihr Caro’pe schon mit einem Speer entgegen, welchen sie eine der Kriegernachbildung entrissen hatte, während Marie einer anderen Figur den Speer entwand.
„Was tut ihr?“ wollte die Gardistin wissen.
„Wir verteidigen den Palast!“ rief Caro’pe und hatte Mühe den Speer hochzuhalten.
Trotz der ernsten Situation musste die Gardistin lächeln. Die beiden Mädchen hatten wirklich die Herzen echter Kriegerinnen. „Dann kommt mit, ich zeige euch den Abschnitt, den ihr verteidigen müsst.“ Rief sie und lief voran, während ihr die Mädchen mit den Speeren folgten.
Die Gardistin, die mittlerweile über Funkmeldungen erfahren hatte, welcher Bereich des Palastes getroffen wurde und woher der Angriff kam, brachte die Kinder über Umwege zum Gästetrakt des Palastes, wo Janette schon voller Angst auf Nachrichten wartete. Als Marie dann zu ihr gebracht wurde, nahm sie ihre Tochter dankbar in ihre Arme.

„Was ist passiert?“ wollte Lukas wissen.
„Die Piraten haben den Palast angegriffen.“ Antwortete die Gardistin. Eine Rakete hat die Unterkunft der Nymphen getroffen.“
„Und?“
„Volltreffer, die Nymphen sind unter den Opfern.“
„Sind wir in Gefahr?“
„Nein, der Angriff ist vorbei, die Marine hat das angreifende Schiff versenkt. Wartet hier, hier seid ihr sicher.“
Als die Gardistin gehen wollte, trat ihr Caro’pe in den Weg. „He! Du wolltest uns zeigen, wo wir den Palast verteidigen sollen!“
„Kriegerin!“ Die Gardistin beugte sich zu Caro’pe herunter, ein leichtes Schmunzeln wich schnell aus ihrem Gesicht. „Diese Menschen sind Ehrengäste der Regentin! Was wäre wichtiger zu verteidigen als diese Ehrengäste?!“
Caro’pe packte den Speer und wuchs mindestens drei cm. „An mir kommt niemand vorbei!“ schwor sie.

**

„WOWOWOW!“ rief Hauer, als er die Tür zum Gästetrakt öffnete und einen Speer vor dem Gesicht hatte.
„Stehenbleiben!“ befahl ihm Caro’pe.
„Was soll das?!“ fragte Hauer. „Leg das Ding weg, Kleine!“
„Ich bin nicht klein! Ich werde fünf!“ antwortete Caro’pe selbstbewusst.
„Also gut GROSSE, ich muss mit Lukas reden!“
„Ich kenne dich! Du bist der Computermann, Ma’Gus sagt immer, dass du ein Quertreiber der guten Sorte bist.“
„Ich bin… Ich bin was?! Das hat Ma’Gus zu DIR gesagt?!“
„Nein, zu mir nicht, aber ich verstecke mich oft im Palast und da höre ich fast alles.“
„Typisch… LUKAS!“ rief Hauer und Lukas kam zur Tür.
„Ich muss sofort zum Binnenhafen! Hier spielen gerade alle verrückt und sind beschäftigt, du bist momentan der einzige Fahrer, der verfügbar ist und JA es geht um Leben und Tod!“

Lukas sah zu Janette an, die ihm zunickte. „Na los! Ich werde hier gut bewacht.“

**

Soulebda Zentralkrankenhaus

John Malone, der Funker der zerstörten Angriffsyacht, erwachte aus seinem Schlaf und schaute sich um. Er trug keine Handschellen und kratzte sich am Kopf. Einige Verbände trug er dann doch. Nach und nach erkannte Malone, dass er mehrere Wunden hatte und Verbände trug.

Er erhob sich aus seinem Krankenbett und erst da merkte er, dass er gar nicht alleine in dem kleinen Zimmer lag. An der einzigen Tür saß eine junge Frau, vielleicht zwanzig Jahre alt und sie war noch nicht sehr gut entwickelt.

Kein Hintern, keine Tittchen, sieht aus wie Schneewittchen, dachte er sich und richtete sich in seinem Krankenbett auf. Seine Kleider hingen an Bügeln John Malone begann sich anzuziehen.

„Sie können nicht gehen, sie bleiben hier!“ Zwitscherte die kleine Frau am Eingang und Malone lachte innerlich über das Stimmchen.

„Ich muss aber mal ganz dringen pinkeln, also muss ich doch mal raus.“
Malone prüfte seine Gelenke, Arme und Beine, da war alles ok nichts gebrochen, nur einige Pflaster, das Mädchen an der Tür würde keine Gefahr darstellen, das war ihm klar.

„Sie haben in dem Zimmer eine Toilette, bitte sehr da hinten.“
„Ich will aber die große im Flur nehmen.“ Brummte Malone und ging auf die Tür zu, da stand das kleine Mädchen zwischen ihm und der Tür.

„Ich habe gesagt, sie können nicht gehen. Sie werden hier im Zimmer bleiben, bis sie entlassen werden.“
„Verschwinde du kleine Schulmääää…“ Weiter kam Malone nicht, da wirbelte er bereits durch die Luft und blieb auf dem Boden liegen.

„Ausgerutscht.“ Zischte er verächtlich zu sich selber und drehte sich auf den Rücken, um aufzustehen. Das kleine Mädchen stand immer noch vor der Tür.

Malone schaute sich in dem kleinen Zimmer um. Auf dem kleinen Nachttisch neben seinem Krankenbett stand eine Steinfigur irgendeiner Gottheit. Er griff sich die massive Figur und schlug sie dem Mädchen über den Kopf. Zumindest war dort, wohin er schlug gerade noch der Kopf gewesen. Er spürte ein Brennen in der rechten Schulter und das Mädchen hatte ihm die Figur abgenommen und in ihrer Hand.

Seine ganze rechte Hand bis zur Schulter schien taub zu werden und das Mädchen hatte die Stimmlage geändert. Ihre Stimme schien jetzt dunkler zu werden und gleichzeitig wurden ihre Augen rot und ein Feuer schien in der Kleinen zu brennen. Die Taubheit lief über die andere Schulter hinab zu seinen Beinen.

„Sie bleiben hier in ihrem Zimmer!“ Dröhnte es jetzt aus dem Mund der kleinen Furie und das letzte, was Malone noch sah, ehe seine Sinne schwanden, war, wie die kleine Furie ihn auf das Krankenbett warf. Dann schwanden ihm die Sinne und blaue Funken stoben vor seinen Augen auf.

Das Mädchen an seiner Seite griff in ihre Tasche und nahm ein kleines Funkgerät. „Hier Wächterin Helenk’Ana, der Patient ist erwacht.“

„Verstanden, wir kommen!“, war die Antwort. Kurz danach ging die Tür auf und drei großgewachsene Frauen mit Kriegerinnensymbolen in ihren Gesichtern packten John Malone und wuchteten ihn auf eine fahrbare Liege. Schnell war der Mann verpackt wie eine Mumie und ein Tuch wurde über ihn gezogen. Beim Hinausfahren sagte die letzte Kriegerin zur Wächterin „Danke Wächterin, wir sehen und bei Madame Ma’Difgtma.“

**

Das kleine Mädchen lächelte wieder, wie ein unschuldiges Schulmädchen. Beim genauer hinsehen hätte man aber das lodernde Feuer in ihren Augen gesehen.

**

Hochnotpeinliche Befragung

Das Gepolter weckte John Malone. Für ihn ging die Fahrt noch eine Weile weiter. Da er nichts sehen konnte, versuchte er sich auf den Weg, die Abbiegungen und vor allem die Geräusche zu konzentrieren. Aber diese drei Wallküren stießen mit dem Transportwagen sooft an Wände und Ecken, dass er völlig aus dem Konzept kam. Schließlich schoben die drei Walküren den Rollwagen in einen Lieferwagen und fuhren rumpelnd los, hinaus aus der Stadt in den dichten Urwald.

**

Mit einem heftigen Gepolter setzte man John Malone ab. Die Abdeckungen wurden entfernt, die seinen Blick nach draußen versperrt hatten und die ersten Bandagen wurden ebenfalls entfernt. Noch immer konnte er sich nicht bewegen. Da kam eine dunkelfarbige ältere Frau auf ihn zu und in ihren Augen lag etwas, das Malone nicht einordnen konnte. Außerdem stank es hier wie in einem Pantherkäfig. Äh war das alles unbequem und noch immer gehorchten seine Gelenke nicht seinem Willen.

„Nicht fressen!“ Rief die schwarze Frau und John Malone sah sie beleidigt an. „Redet ihr so mit eueren Patienten?“

Die Frau ging auf ihn zu, lächelte mit ihren weißen Zähnen und zeigte hinter sich. „Ich sprach nicht mit dir, John Malone, ich sprach mit ihr.“
Sie drehte den Kopf von John ein wenig und da lag, kaum einen Meter neben ihr eine schwarze Pantherkatze. Gut zwei Meter lang und bestimmt gefräßig. Zumindest schleckte sich das Tier das Maul.

„Ich… ich sage nichts, ich weiß nicht und ich sage nichts.“

„Interessiert mich nicht, mach das mit ihr aus, sie hat einen frischen Wurf und will bestimmt ihre Jungen versorgen. Ich hingegen brauche am Ende nur dein Herz. Alles andere von dir ist Pantherfutter.“ Die ältere Frau gab einige Anweisungen und die drei Wallküren rissen die Kleider von Malones Körper, dann banden sie ihn nackt auf dem Gestell fest, auf dem er lag.

Er lag jetzt nackt vor der Pantherin und diese schwarze, stinkende Raubkatze kam näher auf ihn zu und begann seine Füße abzulecken.

John Malone hatte Angst, die Pantherin leckte die Unterschenkel und den linken Oberschenkel, dann kam die Zunge höher. Näher an sein Gemächt.
„Nein lieber Gott, bitte nicht …“
„Lass deinen Gott hier heraus, du hast ihn vor Jahren verlassen, also rufe ihn besser nicht an.“

„Nein, bitte nicht fressen, ich … ich … rede ja, aber nicht weitermachen.“

„Wie ich sagte, ich brauche von dir nur dein Herz, ob die Pantherin dich vorher frisst oder nicht ist dabei unerheblich.“

„Aufhören ich sage alles, ich sage wirklich alles, Bitte aufhören …“
Die Frau in schwarz schaute John Malone in die Augen. „Nein, das ist nicht aufrecht, du versuchst zu lügen.“

Jetzt hatte die Pantherin mit beiden Pfoten auf Bauch und Brust von John Malone ihren Platz und grollte in den Nachthimmel hinaus. Von draußen kam die Antwort von einigen jungen Pantherstimmen.

„Das waren die Jungtiere. Sie haben Hunger. Jetzt ist es bald soweit. Das gefressen werden selbst, ist ja nicht das Schlimmste, aber wenn sie dir das Fleisch lebend vom Knochen abziehen, das tut dann doch schon verdammt weh.“

Jetzt schleckte die Pantherin John Malones Kopf ab und man konnte erkennen, wie seine Nerven am Limit waren.

Ein letztes Gebrüll, ein Tatzen Hieb auf John’s Brust und da war es vorbei. John Malone wässerte sich ein. Sein Wille war gebrochen. Er begann laut zu weinen, hoffnungslos zu weinen.
„Na willst du deine Seele jetzt erleichtern und alles Erzählen, das du weißt. Dann sprich jetzt, oder es ist vorbei mit dir.“

**

John Malone plauderte und plauderte. Er hatte seine Angst vor dem Stecher verloren, denn diese Gefahr hier war viel näher und realer. Madame Ma’Difgtma staunte nicht schlecht, was John Malone alles wusste. Er war offenbar nicht nur ein einfacher Funker und das zeichnete sich jetzt aus. Die beiden Aufzeichnungsgeräte im Hintergrund nahmen alles auf, was Malone wusste und er wusste einiges.

**

Schließlich war es vorbei. John Malone hatte sich erleichtert und erkannte nun, dass sein Leben keinen Pfifferling mehr wert war. Wenn die Pantherin ihn nicht fraß, so würde ihn der Stecher auf grauenhafte Art und Weise quälen, bis er ihm die Gnade eines qualvollen Todes gönnte. Das wusste er ganz genau.

John schaute Ma’Difgtma mit seinen tränenunterlaufenen Augen an. „Ich habe meinen Frieden gemacht. Jetzt ist alles andere egal. Kann ich noch zu irgendetwas nützlich sein?“

„Ja sicherlich, wir brauchen immer Pflegepersonal für unsere Alten und Kranken, wenn du wirklich im Reinen bist, könntest du …“
„Ja bitte, ich möchte dienen. Endlich wieder Gutes tun.“

Ma’Difgtma schaute ihn an und lächelte. Offenbar las sie in John Malone, wie in einem offenen Buch.

„Wie du willst.“ Damit öffnete Ma’Difgtma die Fesseln von John und ging langsam zum großen Tisch gegenüber.

„Danke.“ Sagte Malone leise und Ma’Difgtma nickte leicht. John stand auf, sammelte sich kurz und sah auf dem Tisch gegenüber ein breites Messer liegen. Bis zum Messer war ein Meter bis zu der Frau nochmals ein Meter. Er machte sich klar, dass er sein Schicksal jetzt ändern würde, und griff nach dem Messer, um Ma’Difgtma zu töten. Doch ehe er zustoßen konnte, drehte sich Ma’Difgtma um und schaute ihn mitleidig an. „Wirklich?“ Erschrocken stoppte Malone ganz kurz. „Glaubst du wirklich, dass mich meine Lieblinge ungeschützt dir überlassen. Die hatten dich jede Sekunde genau im Auge und nun wissen sie, dass du ein Lump bist.“ Malone presste die Zähne zusammen und holte mit dem Messer aus. Und im Moment des Zustoßens kam der tödliche Genickbiss der Pantherin. Ein einziger kurzer Schrei, brechende Nackenwirbel, das Fallen des Messers und das Grollen der Pantherin waren die letzten Geräusche, die John Malone in diesem Leben hörte.

**

Im Palast

Zwei Stunden später liefen die Aufzeichnungen von Malones Geständnis im kleinen Konferenzsaal vor der Regentin, Seraph Ma’Gus und Dagan.

„Das war einiges, der war nicht nur ein kleiner Funker.“, erkannte Seraph Ma’Gus.

„Wo ist der Pirat jetzt?“, wollte die Regentin wissen.
„Er hat sich selbst der Nahrungskette zur Verfügung gestellt, meine Panther waren sehr dankbar.“
„Oh, na dann.“ Nickte Heylah kurz und schaute in die Runde. Ein Wink zu einer der Gardistinnen und sie huschte weg. Kurz danach betraten vier weitere Mitglieder der Stadtverwaltung und der militärischen Führung den kleinen Saal und nahmen Platz. Während die Fenster verdunkelt wurden fuhren die beiden großen Bildschirme hoch und es erleuchtete auf dem rechten das Logo von Soualebda, auf dem zweiten die Insel selbst in der Draufsicht.

„Der Angriff der Piratenyacht hat einen schweren Fehler in der Verteidigung unserer Hauptstadt offengelegt. Der Feind hatte über den Berg, der den Hafen vom Meer abgrenzt geschossen und offensichtlich unseren Zeppelin als Hilfsziel genommen. Der Zeppelin steht ja direkt über der Stadt. Mit dem Zeppelin als Ziel, war es den Piraten möglich, der Stadt und dem Palast wesentlichen Schaden zuzuführen. Das darf sich nicht wiederholen.“

General Jektjor’far stand auf und nahm seinen Laserpointer. „Ich würde die Aasuun, unseren Aufklärungszeppelin, verlegen, und zwar nördlich von Po ‘Tau. Dort haben wir eine kleine Kaserne mit genug Platz. Und wir haben dennoch das fliegende Auge sehr nahe der Hauptstadt.“

Da alle Beteiligten zustimmend nickten, war das schnell erledigt.

„Gut, kommen wir nun zum Schutz unserer geliebten Hauptstadt. Wie wir schmerzhaft erfahren mussten, hatten die Angreifer landeinwärts über den Schutzwall geschossen und darauf vertraut, dass dahinter ihr Ziel lag. Damit haben sie bewiesen, dass unser Schutz nicht funktioniert. Bisher gingen wir davon aus, dass etwaige Angreifer den Fluss zum Zentralhafen hinaufkommen und hatten die Abwehr darauf ausgerichtet. Die Raketen konnten nicht feuern, weil das Ziel nicht zu sehen war. Das darf nicht wieder vorkommen. Ich will Soulebda wieder sicherer machen, beraten sie sich, ich komme ich einer Stunde wieder. Ich habe noch etwas mit der Luftwaffe zu klären, weshalb sie so einfach abzulenken war.“

Während die Regentin den Raum verließ, erhob sich Dagan und kam auf die Baumeister und General Jektjor’far zu.

„Meine Herren, darf ich bitten …“ Und Dagan nahm sich den Laser Pointer und wies auf die kleinen Inseln vor der Hauptstadt, zwischen Ka’Ihlih, Novel’ult und Poa’holh.
„Diese kleinen Inseln sind zwar unbewohnt, aber dennoch groß genug für mindestens je einen Abwehrturm. Ich würde, wenn ich etwas zu sagen hätte, auf diesen vier Punkten und an der Mündung nach Po ‘Tau ein automatisiertes Marinegeschütz installieren.

Diese Geschütze, im Kaliber 127 mm sind auf den modernen Kriegsschiffen erprobt und zuverlässig. Die heutigen arbeiten komplett unbemannt und über Sicherheitsprotokolle gesteuert direkt aus der Zentrale. Sie könnten verschiedene Munitionssorten vorhalten, denn die Kanonen können bei Bedarf automatisch wechseln und weiterfeuern.

Dazu kommt, wenn alle Stricke reißen, könnten vor Ort die Bedienermannschaft immer noch optisch richten und schießen, sie sehen auch für den ungewöhnlichsten Fall wäre dies eine Lösung.“

Die Baumeister schauten skeptisch. Kanonen waren nicht so sehr ihr Ding. Der General schaute Dagan an. „Gibt es so etwas schon im Einsatz und wie hat es sich bewährt?“

Dagan begann zu lächeln. „Tatsächlich schützen wir in meiner Heimat drei Insel auf diese Weise. Die Schweden haben ein solches System, um im hohen Norden ihre Küstenverteidigung zu sichern. Die haben dort 120 Systeme. Sie sehen, das ist eine bewährte Technik. Die haben diese Systeme an den Flüssen aufgestellt und erreichen dort gut 30 Km Reichweite. Wir hätten hier erhöhte Punkte und erreichen hier zwischen 45 und 50 Km Reichweite, ich würde aber zur Sicherheit mit 30 Km rechnen.“

„Was meinen sie Herr General, uns als Baumeister scheint das machbar. Können die Geschütze denn zerlegt und dort, vor Ort in Einzelteilen wieder montiert werden. Was für Energie brauchen sie dort?“

„Nun, die Geschütze sind auseinandernehmbar und damit sogar Luftverlastbar. Drei Teile sind ein Geschütz. Das schaffen unsere Transporthubschrauber. Und die Energieversorgung müssten wir vor Ort installieren, die Hauptenergie können ihre Leute mit der Sonne speisen und die 400 Volt erhalten sie mit Generatoren.“

„Genau Herr General und ja meine Herren, sie müssten dann die restliche Infrastruktur errichten, aber das ist ja keine unbekannte Lösung, so etwas gibt es ja bereits.“

Als die Regentin schließlich wiederkam, präsentierte General Jektjor’far die ausgearbeitete Lösung und die Regentin gab ihren Segen dazu. Noch am selben Abend rief Dagan in Rom an und ließ sich zu seinem Freund bei „Da Vinci“ durchstellen.

„Hallo Dagan, dich habe ich ja seit einem guten Jahr nicht mehr gesehen, wie geht es dem Retter meiner jüngsten Tochter?“
„Danke, mir geht es sehr gut und ich vermute, deine Simone ist wieder einmal unterwegs um die Welt zu retten?“
„Ja dieses Mal sind die Wale in Florida dran. Was kann ich für dich tun mein Freund.?“

„Wie schnell schaffst du es in der Südsee, genauer vor Soulebda, fünf deiner weitreichenden Marineleichtgeschütze 127/64 in Kasematten auf vorgezogenen Inseln, zu installieren. Ich müsste in meiner neuen Heimat die Hauptstadt schützen?“

„Oh, das klingt interessant. Ich war noch nie auf Soulebda.“

**

Im Hafenbereich von Soulebda

„Verdammt!“ fluchte Lastre’lar. Er saß in seinem Wagen und fuhr nach Nih’tan. Kama’lar Büro hatte gerade mitgeteilt, dass der Hafenmeister sich gerade mit Vertretern der Marie traf, um die Noven’prim vor dem Hafen zu platzieren, und nicht zu sprechen war. Auch Her‘jare war auf See und platzierte seine Flotte Küstenwacheschiffe und leichte Marineeinheiten vor Poh ’tau und Shea… Shea riegelte gerade den Binnenhafen ab. Hier im Hauptquartier der Polizei war nur noch eine kleine Einheit, welche den Funkverkehr und die Kommunikation zwischen den Einheiten aufrecht hielt. Er konnte jetzt nicht mehr den ganzen Plan umwerfen und gefährden, nur weil er ein Gefühl hatte…allerdings konnte er auch nicht einfach nichts tun, also fuhr er alleine nach Nih’tan.

**

Im Hafen angekommen versteckte Lastre’lar sein Auto zwischen einer Reihe Container und schlich zum Peer, wo die Moana lag. Etwa zweihundert Meter vom Schiff entfernt, beobachtete der Chefermittler, wie ein Lieferwagen am Schiff entladen wurde. Nachdem er nähergeschlichen war, erkannte Lastre’lar, dass Lebensmittel an Bord geliefert wurden. Doch die Menge an Lebensmittel ließ ihn misstrauisch werden und so fing er an die Besatzungsmitglieder zu zählen, welche er sah.

-Diese Schlampe hat mich belogen! – fuhr es Lastre’lar durch den Kopf. Margarete hatte ihm gesagt, dass lediglich sechs Besatzungsmitglieder auf der Moana waren, doch mindestens acht waren zu sehen!
Er schlich zurück und zog sich so weit zurück, dass die Moana außer Sichtweite war. Dann wartete er, bis sich der Lieferwagen näherte. Lastre’lar zückte seine Marke und stoppte den Transporter.
„Polizei! Schalten sie den Motor aus!“

„Was ist denn? Habe ich was verbrochen?“ wollte der Fahrer wissen und war kaum zu verstehen, so laut dröhnte die Musik aus dem Radio.

„Nein! Ich möchte die Lieferpapiere sehen, welche die Moana betreffen und machen sie den Krach leiser!“
Mürrisch drehte der Fahrer die Musik etwas leiser, dann übergab er Lastre’lar die Papiere.
Der las sich die Bestell und Lieferlisten durch und traute seinen Augen nicht. Der Einfachhalber hatte man die Bestelllisten der letzten Wochen einfach wiederholt und die Lebensmittel reichten immer nur für vier Wochen, doch die Menge wies auf mindestens zwanzig Mäuler hin, die gestopft werden mussten.
„Wie oft liefert ihre Firma Lebensmittel an die Moana?“

„Keine Ahnung, ich fahre heute das erste Mal diese Tour.“
Lastre’lar nahm sein Handy heraus und fotografierte die Listen ab, bevor er diese dem Fahrer zurückgab.
„Ok, vielen Dank.“ Er reichte hielt dem Fahrer die Papiere hin, doch der ignorierte ihn völlig und starrte stattdessen das Radio an.
„Das gibt’s nicht! Dieses Dreckspack!“ fluchte der Fahrer und drehte die Lautstärke voll auf.
„Was ist?“ wollte Lastre’lar wissen.
„Die Piraten! Sie haben die Hauptstadt mit Raketen beschossen! Der Palast wurde getroffen!“
**
Torsons Handy vibrierte du er nahm den Anruf an.
„Hier ist Hung’perf. Ich soll doch anrufen, wenn ich was Verdächtiges sehe.“
Torson brauchte eine paar Sekunden, um dem Namen ein Gesicht und dessen Aufgabe zuzuteilen. Warum mussten die Menschen hier, nur so seltsame Namen haben?! Schließlich wusste er, wer am anderen Ende der Leitung war, Hung’perf arbeitete bei den Verladekränen am Ende des Peers.
„Was gibt’s?“

„Ich sitze gerade im Kran und unter mir hat ein Bulle den Lieferwagen angehalten, der euch das Essen gebracht hat. Er überprüft anscheinend die Papiere.“

„Wie viele Polizisten siehst du?“
„Sonst keine, er ist wohl alleine unterwegs.“
„Verstanden. Halt die Augen weiter auf, und melde sofort, wenn sich irgendetwas tut, dann bekommst du auch einen fetten Bonus.“ Torson beendete das Gespräch und ging zu Margarete.
„Die Polizei scheint sich für unsere Lieferung zu interessieren. Da kam ein Anruf von den Verladekränen. Ein Bulle hat den Lieferwagen angehalten.“

„Verdammt!“ fluchte Margarete. „Wie viele Bullen sind am Peer?“
„Unser Mann sagt, nur einer.“ Antwortete Torsion und sah, wie Margarete still fluchte. „Was ist, das waren doch nur Lebensmittel.“

„Wenn der Bulle nicht blöd ist, wird er an den Mengen erkennen, dass weit mehr als sechs Personen an Bord sind.“ Dieses Geheimnis konnte Margarete bis jetzt gut hüten. Tatsächlich waren zu Zeit vierundzwanzig Männer auf der Moana, dazu hatte sie einige der Container an Bord zu Wohncontainern umgebaut, die mit Luftzufuhr und Tageslicht ausgestattet waren und nur über versteckte Zugänge erreichbar waren. Immer wenn Jemand an Bord kam, hatten sich alle dort zu verstecken. „Wenn er tatsächlich alleine ist, hat er nur einen Verdacht. Wir müssen ihn schnappen bevor er die anderen Bullen ruft.“

**

„Da ist er.“ Brummte Torson. Er stand mit Margarete auf der Brücke und suchte den Peer mit seinem Fernglas ab. „Zweihundert Meter links, zwischen dem roten und blauen Container.“

„Ich sehe ihn. So wie es aussieht ist er tatsächlich alleine. Ok, krallen wir ihn uns.“
„Und wie?“

„Er ist doch eine Bulle. Bullen sind von Natur aus sehr neugierig.“

**

Im Wald auf der Pirsch

Peter und ich wir hatten einen sehr guten Punkt als Versteck ausgemacht und warteten auf das Eintreffen der Landungstruppen.
– Schatz, wenn die Truppen da sind, müssen wir ihnen mitteilen, wo wir uns befinden, sonst vergessen die uns –
– Peter, du glaubst doch nicht, dass Ma’Difgtma das übersehen hat, ich bin mir sich, sie hat die Leute genaustens instruiert –

– Davon könnt ihr ausgehen, dass ich das den Truppen gesagt habe! – Drang der starke Gedanke von Ma’Difgtma in unsere Gedanken und wir lächelten uns an.

– Ma, wann treffen die ein, wir sind jetzt seit vier Stunden in unserem Versteck, sollen wir uns bemerkbar machen? –

– Untersteht euch. Ich sehe euch genau vor mir. Die Truppen sind bereits gelandet und das Empfangsteam kommt genau auf euch zu, ihr seid so gut getarnt, euch kann man gar nicht übersehen, hat mir der junge Leutnant gesagt, er kommt JETZT zu euch –

Peter schaute mich fragend an und ich lächelte mein fröhlichstes Lächeln.

– Was grinst du wie ein Honigkuchenpferd? –
– Dreh dich mal um wir sind nicht mehr alleine –
Hinter einem der Bäume trat ein junger Leutnant im Kampfanzug aus dem Schatten und lächelte sein erfrischendes Lächeln.

„Na, dann kommt, wir sind schon versammelt und wollen nach Norden zum Flughafen.“

Wir waren nördlich von Di’una nahe der Weggabelung, die nach Westen zum Flugplatz führte und geradeaus zum erwarteten Ausweichradar, von dem wir aber immer noch nichts Genaues wussten.

„Ein Trupp ist unterwegs in Richtung Huro und die haben eines der Gefangenenlager direkt vor uns ausgemacht, das ist aber geräumt. In diesem unteren Lager waren die gefangenen Mädchen und unsere Schwestern.“

„Wo sind die Mädchen und deine Schwestern jetzt?“
„Weiter im Norden nahe einem alten verlassenen Dorf, das kann man besser verteidigen.“
„Habt ihr denen auch schon Verstärkung geschickt?“
„Oh ja, und ich glaube, die Piraten werden sich da umsehen, die rechnen nicht mit so viel Verstärkung.“

Vor uns bekamen wir das Zeichen uns still zu verhalten und wir machten uns klein und versteckten uns. Zwei der Stammeskrieger hatten den Bereich des Flugplatzes bereits erkundet und wiesen uns jetzt ein.

„Im Süden und Norden des Platzes haben sie jeweils zwei Raketenwerfer stehen zur Fliegerabwehr, dann rings um den Platz das scheinen leichte Maschinengewehre zu sein. Die rechnen wohl mit einem Angriff aus der Luft, denn da unten im Süden ist noch etwas anderes, einer der Krieger erkundet das noch, aber es scheinen Raketen zu sein, deutlich größere.“

Inzwischen waren wir bei den beiden Kriegern und hatten einen recht guten Blick auf den Flugplatz. Das war nur eine bessere Startbahn, knappe anderthalb Kilometer lang und an beiden Enden gab es eine Wendemöglichkeit. Die Startbahn war gerade so in den Urwald gehäckselt worden. Allzu große Flugzeuge konnten wegen der Spannweite sicherlich nicht starten. Eine einzige schmale Zufahrtsstraße führte von der Piste in den nahen Dschungel und über diese Straße brauste ein kleiner Jeep herbei. An der unteren Wendemöglichkeit drehte das Fahrzeug und ein hagerer Mann stieg aus. So wie der Mann sein Gewehr trug, war das kein Profi, aber er war offenbar so hoch in der Hackordnung, dass man ihn Standorte kontrollieren ließ. Ein zweiter Jeep stellte sich neben den ersten und eine fesche Blondine stieg aus. Dass diese Frau wusste, wie man mit Waffen umgeht, sahen wir auf den ersten Blick. Sie instruierte den hageren Mann und fuhr wieder fort.

Obwohl wir mit unserem kleinen Trupp im dichten Dschungel lagen, waren wir bestenfalls 15 Meter von dem Mann entfernt. Der Dschungel war so dicht, dass man uns nicht sehen konnte, versicherte uns der Krieger.

„Wo sind die Geiseln geblieben, ihr solltest sie doch suchen. Muss ich immer alles alleine machen?“ Schrie der hagere Mann die Piraten an, die den Flugplatz kontrollierten.

„Verdammt, alle Mann antreten, ich will euch alle sehen, macht schon!“ Der Hagere plärrte umher, wir erkannten aber seine Unsicherheit, der war kein Anführer, der war nicht mal ein guter Soldat. Schließlich kamen knappe 30 Leute angerannt und versuchten eine gerade Linie zu bilden.

Der Hagere hieß Leon, das hatten wir inzwischen erfahren. Er fauchte die beiden Anführer vor Ort an, sie sollen die Leute gefälligst im nahen Urwald suchen lassen, weit wären die Mädchen ja sicherlich nicht.
Die beiden Anführer versuchten noch zu beschwichtigen, aber Leon ließ den Chef heraushängen und drohte mit einem anderen Mann, er drohte mit dem Stecher. Das half. Auch hier kannten die Piraten Theobald, den Stecher, Vogel und wussten offenbar, dass er keine halben Sachen machte.

„Wir fangen die Piraten ab, das sind nicht einmal 30 Leute, die fangen wir und dann haben wir die Startbahn im Handstreich genommen.“
Schon waren unsere Krieger im Wald verschwunden und als die Piraten in den Dschungel kamen, da verschwanden sie so schnell, wie gekommen waren. Kein Laut, kein Schrei und erst recht kein einziger Schuss, waren gefallen.

„Miss Caroline, wir haben alle. Jetzt können sie mit den Dreien da verhandeln.“ Sagte der junge Oberleutnant und nickte Peter und mir zu. Peters Gesicht fing an zu leuchten, „komm Schatz, mal sehen, ob die bösen Jungs verstehen, wann sie verloren haben.“
Ein letzter Blick zu dem Oberleutnant. „Wieviel Gefangene habt ihr?“ Der lächelte nur und schüttelte den Kopf, „Wir sollten ihrem Leiden ein Ende machen, das taten wir.“

Ich lud meine Beretta durch und wir liefen aus dem Dschungel, direkt auf die drei Piraten zu.
„Hey ihr da, erhebt euch!“ Rief ich den Dreien zu. Der Hagere war überrascht, das merkte man sofort. Die beiden kleinen Anführer aber waren bestenfalls genervt und der erste zog seinen Revolver, einen wunderbaren Colt Python und wollte auf mich anlegen.

Zwei Schuss später fiel den Mann wie ein gefällter Baum einfach um. „Ich sagte doch, ihr sollt euch ergeben, dachtet ihr etwa, ich spiele?“ Diesmal versuchte der zweite der kleinen Anführer sein Glück, aber Peter schoss ihm in die Schulter und seine Waffe flog aus der Hand.

„Habt ihr jetzt verstanden, es ist aus. Ergebt euch. Das ist die letzte Warnung!“
Nun hatte sich Leon aber gefangen und begann wie vorhin schon wild und laut herumpoltern.
„Was fällt euch ein, ihr seid meine Gefangenen, ich habe hier 30 Mann im Feld, die haben euch umzingelt, jetzt ergebt ihr euch, und zwar pronto, ist das klar?“

„Sind hier noch irgendwelche Piraten, die mit uns kämpfen wollen?“ Rief ich lautstark in den Urwald. Die beiden noch lebenden Piraten lachten bereits, als sie es im nahen Urwald rascheln hörten. „Jetzt kommen unsere Männer, ihr seid jetzt dran. Hände hoch!“

„Alles herbei!“ Rief ich und von rings um uns flogen die Köpfe der Piraten auf uns zu. Sie schlugen am Boden auf, einige hüpften ein zweimal und rollten alle auf die Mitte zu, wo die beiden Anführer standen.

Der Anblick der beiden Anführer war einmalig. So große Augen hatte ich selten gesehen. „Aber die hatten eben noch gelebt …“ Peter sah die beiden an und meinte in seinem sarkastischen Ton, „ja, eben lebten sie noch, und schon sind sie einen Kopf kürzer.“

Wenn knapp 30 abgeschlagene Köpfe auf dich zugerollt kommen, dann denkst du nicht mehr an das Siegen. Du erkennst, dass da gerade etwas mächtig schief gegangen ist.
Diese Erkenntnis hatten jetzt auch die beiden Piraten und der Kommandoführer, Leon, ließ die Waffe einfach fallen, er hatte erkannt, dass es aus war.

Der andere, war noch am Kämpfen mit sich selber, aber ein Spruch von Peter änderte seine Überlegung sofort. „Brauchst du deinen Kopf noch oder willst du mit deinen Kumpels hier mitspielen?“ Dabei zeigte er auf die 30 abgeschlagenen Köpfe am Boden.

Jetzt war das dann doch zu viel. Seine Waffe flog weg und seine Hände gingen nach oben. „Nicht schießen, bitte nicht schießen!“

Jetzt kamen auch unsere Leute aus dem Dschungel und umstellten die Piraten.

„Wer war die Frau, die vorhin mit dir hergefahren kam?“ Leon sah mich an und antwortete. „Das war Helena van Deubth, eine der Anführerinnen und die wird es euch nicht so leicht machen wie ich. Mit der ist nicht gut Kirschen essen. Sie hat mit dem Gewürm von unnötigen Geiseln kurzen Prozess gemacht und sie in ihren Zelten verbrannt.“

„Das war also ihr Werk, die Verbrennung der Menschen?“
„Ja, ich mag die nicht, aber ich achte sie als Anführerin, sie kennt keine Gefühle und gibt kein Pardon.“
„Oberleutnant, bringen sie die beiden Überlebenden weg, und sorgen sie dafür, dass hier aufgeräumt wird, wir nehmen den kleinen Jeep an der Hütte und fahren nach Norden, geben sie uns zwei Soldaten mit.“

Wenig später kam uns bereits der Jeep entgegen mit zwei der Soldaten und wir fuhren weiter. „Was machen die jetzt mit den beiden?“
„Wir haben klare Anweisungen deren Leid nicht zu verlängern!“, sagte der Fahrer, ein junger Feldwebel. „Die treten gleich vor Mualebda.“

Unser Jeep war mit Kabine, so würde man nicht sofort erkennen, wer da gefahren kommt.
Als wir an einer Lichtung anhielten, sah der Feldwebel, dass sich oben auf einer Lichtung mehrere Soldaten aufhielten und dass sie an einem der mobilen Radargeräte hantierten.
„Die sollten wir etwas genauer ansehen.“ Bemerkte der Feldwebel und Peter gab ihm recht.
„OK ich schau mir hier unten das andere Gebäude an und nehme den zweiten Soldaten mit.“ So trennten wir uns auf. Peter fuhr mit dem Feldwebel in den dichten Wald, ich schlich mit dem zweiten Soldaten, einen jungen Sergeanten in den gegenüberliegenden Waldbereich.

**

„Wie ist dein Name Feldwebel?“ Und der junge Soldat lächelte Peter an, „Nenn mich Ohl’Tool, der andere Soldat ist mein jüngerer Bruder, Nahl’Tool, ich denke, dass er auf deine Caroline aufpasst und dein Name ist Peter, richtig?“
Peter lächelte, „Ich denke, dass Caroline auf sich aufpassen kann und dass sie auf deinen jüngeren Bruder aufpassen wird.“

„Das ist richtig, die haben da ein mobiles Radar, lass uns sehen, ob da noch mehr dazugehört. Normalerweise brauchen die mindestens Strom und sicherlich auch Raketen oder so.“

Kaum hatten die beiden ihren Wagen versteckt und waren im Dickicht nach oben an die Hochfläche geklettert, da sahen sie einen Jeep mit der Frau, auf die Caroline wartete, wegfahren.

„Jetzt wissen wir zumindest, dass deine Frau gleich Besuch bekommt.“
Auf der Anhöhe sahen Peter und Ohl’Tool, wie sie das kleine Radargerät versuchten, an einen Jeep anzuhängen. Aber irgendetwas ging nicht so einfach, wie gedacht. So näherten sich Peter und Ohl’Tool dem kleinen Trupp und sie würden ihn überrumpeln.

**

Im Hafen von Soulebda

Kurze Zeit später sah Lastre’lar wie ein Pickup am Fallreep hielt und zwei von Männer ein seltsamer Gegenstand auf die Ladefläche geworfen wurde. Ein Gegenstand der wie eine eingewickelte Leiche aussah! Dann beobachtete er, wie einer der Männer, welche den Gegenstand auf die Ladefläche geworfen hatte, dem Fahrer ein dickes Bündel Geld in die Hand drückte. Erneut zog sich Lastre’lar etwas zurück, wartete bis der Wagen auf ihn zukam und stoppte ihn, doch diesmal nicht mit seiner Marke, sondern mit der Waffe im Anschlag.

„STOPP!“ rief er und richtete die Waffe auf den Fahrer. „Raus! Und die Hände schön nach oben!“
Der Fahrer trat auf die Bremse, stieg langsam und vorsichtig aus und hob, wie aufgefordert die Hände sichtbar über dem Kopf. „Da hinknien!“ Lastre’lar dirigierte den Fahrer neben den Pickup und ließ ihn zwei Meter neben dem Pickup knien, während er auf die Ladefläche sprang, die Waffe noch immer auf den Fahrer gerichtet. Als er auf der Ladefläche stand, sah Lastre’lar einen Sack mit Reißverschluss darauf liegen, dessen Umrisse genau die eines Menschen hatten. „Wer ist das?!“ wollte er von dem Fahrer wissen.
„Keine Ahnung! Ich soll ihn im Hafen versenken, mehr weiß ich nicht.“

Während Lastre’lar mit der rechten Hand weiter die Waffe auf den Fahrer richtete, zog er mit der linken Hand den Reißverschluss auf. Da er seine Hauptaufmerksamkeit auf den Fahrer richtete, sah er die Bewegung einen Sekundenbruchteil zu spät. Die „Leiche“ sprühte ihm Pfefferspray in das Gesicht und reflexartig zuckte Lastre’lar zurück. Blind versuchte er Abstand zu gewinnen, doch der Fahrer war schon aufgesprungen und hatte ihm einen Knüppel über den Kopf geschlagen.
„Gut gemacht.“ lobte Torson, stieg aus dem Sack heraus und nahm Lastre’lar die Waffe aus den Händen. Dann sprang der Fahrer ins Führerhaus zurück und raste zur Moana. Dort warteten schon zwei kräftige Männer, welche Lastre’lar an Bord brachten.

**

„So ein Mist!“ fluchte die sonst unerschrockene Margarete. Von Lastre’lar hatte sie erfahren, dass Soulebda gerade dabei war Whitinghouse anzugreifen und das die Marien und die Polizei Vorbereitungen traf, alle Häfen zu schließen umso ihre Flucht zu verhindern. Natürlich hatte Lastre’lar diese Informationen nicht freiwillig herausgerückt! Dafür Folter keine Zeit war, hatten sie den Ermittler unter Drogen gesetzt. Ob dieser die hohe Dosis überleben würde, wusste derzeit niemand, doch das war für Margarete auch zweitranig. Die wichtigste Information bestand darin, dass zumindest momentan, tatsächlich niemand außer Lastre’lar Verdacht gegen sie hegte.

„Was tun wir jetzt?“ wollte Torson wissen, als Margaretes Handy klingelte. Sie hob die Hand, um Torson zu sagen, er solle einen Moment warten und nahm das Gespräch mit dem Hinweis „Whitinghouse“ an.
„Ja?!“
„Hier Whitinghouse! Wir werden auf Makira angegriffen!“ teilte eine Stimme mit. „Haut ab und kommt zum Treffpunkt.“

„Ich weiß, ich habe Lastre’lar, den obersten Schnüffler hier geschnappt, und ihn unter Drogen gesetzt, wir sind so gut wie unterwegs.“
„Wurdet ihr entdeckt?“

„Nein, der Schnüffler ist wohl auf eigene Faust hier aufgetaucht. Ich habe ihn in eine Falle gelockt.“
„Passt auf, vor der Küste liegt eine Fregatte.“
„Die ist kein Problem, die putze ich mit meinen Raketen weg!“
„Was machst du mit dem Bullen?“

„Den werfe ich mit einem Kettenhemd über Bord, sobald ich den Hafen verlassen habe, bis dahin ist er mein Faustpfand.“
„Ok! Ich muss Schluss machen! “
Margarete beendete das Gespräch und sah Torson an. „Du hast es gehört. Mach alles klar zum Auslaufen und komm dann zur Brücke!“
**
Zehn Minuten Später erschien Torson auf der Brücke. „Wir können los!“
„Wir warten noch! Die Fregatte ist gerade mit einem von Whitinghouses Schiffen beschäftigt, es lockt die Soulebdalesen von der Hafeneinfahrt weg.“
„Aber was ist mit den Bullen?“
„Die Bullen? Die haben gerade ganz andere Probleme.“ Antwortete Margarete und zeigte auf den Fernseher, welcher stumm im Hintergrund stand. Dort waren überall Bilder zu sehen, welche an ein Kriegsgebiet erinnerten. „Die Soulebdalesen greifen Makira an und Whitinghouse hat Soulebda Stadt mit Raketen beschießen lassen. Glaub mir, die Bullen haben keine Zeit für uns und falls uns einer aufhalten will…“ Margarete schwieg vieldeutig und Torson verstand. Einige der Container an Bord waren nur Attrappen, hinter denen sich Automatische Geschütze und Raketen verbargen.
„Ich schätze die Fregatte wird in zwanzig Minuten weit genug weg sein, solange nehmen wir noch die beiden Container an Bord.“

„Du willst noch Container laden? Bist du verrückt?“
„Glaubst du, ich lasse zwei Container mit Waffen einfach stehen?“ Was die Container anging hatte sie Lastre’lar und Kama’lar die Wahrheit gesagt. Es wurden Container auf der Moana zwischengelagert, doch diese enthielten oft Waffen und Schmugglergut. Ganz heiße Ware nahm Margarete natürlich nicht auf das Schiff selbst, sondern ließ sie neben dem Schiff lagern. So konnte sie im Notfall immer noch die Unwissende spielen. „Wir müssen die zwanzig Minuten so oder so abwarten, wenn wir uns kein Gefecht mit der Fregatte liefern wollen, also können wir solange auch die Container an Bord holen!“

**

Noch nie hatte Shea Martin solche Angst wie auf der Fahrt nach Nih’tan. Lukas flog über die Insel! Nachdem er es geschafft hatte das Navigationssystem in Ma’Gus teurem Wagen zu starten, trat dieser das Gaspedal bis zum Boden durch, während Shea zum tausensten Mal Kama’lar anrief. Schließlich, kurz bevor sie nach nur vierzig Minuten die Stadtgrenze von Nih’tan erreichten meldete dieser sich.

„Ja?!“
„KAMA’LAR! Hier ist Shea! Sie haben Lastre’lar!“
„Wer hat Lastre’lar?“

„Die Piraten! Sie sind auf der Moana!“
„Die Moana! Margarete! Dieses Miststück!“
„Ich bin auf dem Weg zum Hafen! Bring alle Einheiten zum Peer!“
„Tja… die sind alle beschäftigt. Ich lasse mir was einfallen! Bis gleich!“

**

„Ok, stopp!“ Martin ließ Lukas anhalten und sprang aus dem Wagen. Lukas war für einen Moment unentschlossen, dann lief er Shea nach, die sich zwischen Containern dem Peer näherte.
Bei den letzten Containern blieb sie stehen und spähte um die Ecke. „Welches Schiff ist das Piratenschiff?“ wollte Lukas wissen.
„Das da!“ Martin zeigte auf die Moana.
„Die wollen abhauen.“ Brummte plötzlich eine tiefe Stimme hinter ihnen. Als beide herumfuhren stand Kama’lar hinter ihnen.

„Verdammt, ich hätte sie beinahe erschossen!“ schimpfte Shea, die ihre Waffe schon gezogen hatte.
„Wieso haben sie Lastre’lar? Und wieso ist der überhaupt alleine unterwegs?“
„Ich weiß es nicht! Wo ist die Verstärkung?“

„Verstärkung? Haben sie keine Nachrichten gehört. Soulebda Stadt wurde beschossen. Alle Einheiten, die noch nicht im Einsatz stehen wurden in Hauptstadt gerufen! So eine Scheiße! Sehen sie die beiden Container am Bug? Da ist gerade einer hineingegangen! Ich wette das das Attrappen, die mit Waffen bestückt sind! Was tun die da?“ fragte er, als er sah, wie der Kran der Moana sich einem Container näherte.
„Die wollen anscheinend diese beiden Container an Bord holen.“ Stellte Lukas fest.
„Junge… du bist auf der Flucht und willst abhauen, wieso bleibst du hier und verlädst Container, was Zeit in Anspruch nimmt?“

„Weil etwas sehr Wertvolles oder wichtiges drinnen ist?“
„He, der Junge ist gut! Wo haben sie den her?“ wollet Kama’lar von Martin wissen. Ich tippe auf Waffen!“
„Wo ich den herhabe? Lange Geschichte, aber er ist ein Wahnsinnsfahrer. „Was machen wir jetzt? Wir müssen sie aufhalten! Wo ist die Marine?“

„Tja, die Noven’prim hat die Piraten versenkt, jetzt haben sie aber Probleme mit dem Antrieb.“
„Dann ruf deinen Schwager! Er kann sie abfangen!“
„Shea!“ sagte Kama’lar und schüttelte traurig den Kopf. „Her‘jare hat ein paar leichtbewaffnete Schiffe. Was glaubst du, was die Piraten mit den Kutten machen?“
„Margarete sagt, dass Lastre’lar stirbt, sobald sie den Hafen verlassen hat!“
„Dann müssen wir eben verhindern, dass die Moana ausläuft.“
„Und wie wollen wir das alleine verhindern?“
„Oh“, nun grinste Kama’lar, „wir sind nicht allein!“

**

Torson kontrollierte gerade die Maschinen und sah dann zum Peer, wo der Kran der Moana, welcher gerade über dem zweiten Container hing und dieser daran befestigt wurde, als er ein Auto mit Signallichtern sah, welches neben der Moana hielt.
„Wer ist das?“ fragte Margarete als eine Frau mit ihrem Fahrer ausstieg und ihnen zuwinkte.
„Das ist eine Schnüfflerin. Die war mit dem Bullen, den wir geschnappt haben zusammen hier an Bord! Die Gondeln sind ausgefahren, wir können sofort los!“

„Nein, bemannt die Geschütze. Sobald der Container am Haken ist, holst du ihn an Deck, dann legen wir ab!“
„Was mache wir mit ihr?“ fragte Torson und zeigte auf Martin.
„Sie möchte offensichtlich an Bord, also lassen wir sie! Sorg für ein Empfangskomitee!“

**

Der Container schwebte über Sheas und Lukas Köpfe, als sie die Gangway hinaufgingen. An de Rehling angekommen, warteten schon der erste Offizier Torson und drei weitere Männer, um sie in Empfang zu nehmen.

„Was kann ich für sie tun, Frau Inspektorin?“ wollte Torson von Shea wissen und lächelte freundlich
„Das wissen sie genau! Ich will Lastre’lar!“ antwortete Martin.
Torson nickte leicht und sah zum Heck des Schiffs, wo gerade die Leinen in das Hafenwasser fielen. Dann gab er ein Zeichen zur Brücke und das Schiff fing an zu vibrieren. Shea musste aufpassen um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und als sie sich wieder gefangen hatte, standen alle vier Männer mit gezogenen Waffen vor ihr und Lukas. Als Shea zur Gangway schaute fiel auch diese herunter und schon war die Moana fünf Meter vom Peer entfernt. Selbst wenn sie es gewollt hätte, wäre der Abstand zum Springen viel mittlerweile zu groß. Dann hörte sie wie der Container auf das Deck gestellt wurde und hoffte, dass dies Torsons Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, doch der ließ sie nicht aus den Augen.
„Ihre Waffe!“ forderte Torson Shea auf. „Ganz langsam!“

Martin zog ihre Pistole langsam aus ihrem Holster und Torson zeigte zur Rehling. „Über Bord damit!“
Gehorsam warf Shea ihre Waffe über Bord, dann stieß einer der Männer Lukas an. „Ich trage keine Waffe.“ Sagte dieser.

„Filz ihn!“ befahl Torson und der Pirat durchsuchte Lukas, fand aber keine Waffe und schüttelte den Kopf. „Sauber!“

Mittlerweile lagen zwischen dem Peer und der Moana gute Zehn Meter, als Margarete mit zwei Männern kam, die den halb besinnungslosen Lastre’lar hinter sich herzogen. Bei Shea angekommen, ließen sie Lastre’lar einfach fallen und Shea sprang auf ihn zu. Als einer der Piraten sie aufhalten wollte, hielt Margarete ihn mit einer Handbewegung zurück. „Lass sie!“
Als Lastre’lar Shea erkannte versuchte er sie zu packen. „Hau ab!“ befahl er ihr.

„Nicht ohne dich!“ gab Shea zurück.
„Ach wie romantisch! Ich dachte immer so etwas gibt’s nur im Fernsehen.“ Lachte Margarete. „Ihr Fünf!“ Margarete blickte die Piraten um sich herum an, „Holt Ketten für die drei blinden Passagiere!“
Die Piraten liefen los zu den Aufbauten und zurück blieben nur Margarete, Torson und der Pirat, der Lukas durchsucht hatte.

Mit der Waffe dirigierte Torson Lukas zu Shea und Lastre’lar, damit er alle zusammen im Auge hatte, dann klingelte sein Handy.
„Hier ist Hung’perf. Die Bullen kommen in Scharen zum Hafen! Ich haue ab.“
Torson antwortete nicht und steckte sein Handy weg. „Die Bullen stürmen den Hafen.“
„Oh, etwas spät.“ Grinste Margarete, die bemerkte wie Shea aufstand und zum Peer schaute. „Ich habe genug Feuerkraft um die Stadt in Schutt und Asche zu legen, die paar Bullen werden weder mich aufhalten, noch können sie euch retten.“

„Weißt du, was ich nicht verstehe?“ fuhr Margarete fort, als Shea keine Antwort gab. „Wieso? Wieso seid ihr an Bord gekommen?“

„Weil ich meinen Partner nicht im Stich lasse!“ antwortete Shea, die sich nun Margarete zuwandte. „Und es gibt noch einen Grund!“ sie griff in ihre Tasche und hob beschwichtigend die Hand, als Torson seien Pistole anhob. Langsam zog Shea das Bild der jungen Chinesin und dem Baby hervor, welches sie in der Pathologie gefunden hatte.

„Der Name des Ehemannes und Vaters war Sung Chu! Er fuhr auf der Bell Star und wurde ohne Lebensmittel einfach ausgesetzt. Er wurde von euch Piratenpack ermordet! Deswegen bin ich hier! Ihr seid alle verhaftet!

Selbst Margarete war für einen Moment sprachlos. „Was?!“ fragte sie dann ungläubig.
„Ihr seid verhaftet! Bring das Schiff zum Peer zurück!“
Jetzt lachte Margarete laut los. „Und wenn nicht?“
„Dann werde ich es selbst tun!“

„Dazu hätte ich eine kleine Frage… Wie gedenkst du das Schiff zu übernehmen?“
Erneut hob Shea beschwichtigend die Hand und zog an einer Kette, die sie um den Hals trug und an die eine metallene Trillerpfeife befestigt war hervor. „Hiermit!“

Bei Torson schrillten alle Alarmglocken! Sheas Gesicht hatte sich verändert! Zwar war sie von Beginn an nicht eingeschüchtert, doch jetzt lag Entschlossenheit in ihren Augen. Diese Frau hatte keine Angst! Sie wusste genau was sie tat! Doch bevor Torson etwas sagen oder unternehmen konnte, hatte Shea die Pfeife zwischen den Lippen und ein Ohrenbetäubender Pfiff schrillte über das Deck.

Margarete, die gerade fragen wollte was das soll, hörte einen lauten Knall, dann flogen die Türen des zweiten Containers auf und eine Horde wilder und laut schreiender Männer ergoss sich über das Deck, die mit Knüppeln, Messern, oder Brecheisen bewaffnet, alles niedermachten, was sich ihnen in den Weg stellte! Als Torson seine Waffe auf Shea anlegte, trat ihm Lastre’lar von unten in die Kniekehlen und er verlor seinen Stand.

Der andere Pirat fuhr herum, doch bevor er schießen konnte, rammte ihm Lukas ein Messer in den Arm, dass dieser wie aus Zauberhand in den Händen hielt. „Nah am Sack ist eine gute Stelle um etwas zu verstecken, Arschloch!“ Dann schlug er ihm mit voller Wucht gegen den Kiefer des Mannes, der bewusstlos zusammenbrach.

Das alles sah Margarete nicht mehr, sie war sofort zu den Aufbauten gerannt, ohne sich um Torson zu kümmern. Als der sich wieder gefangen hatte, und seine Pistole auf Lastre’lar richteten wollte, wurde er erneut herumgerissen. Das letzte was Torson in seinem Leben sah, war eine riesige Faust mit einem Montageeisen, das auf seinen Schädel knallte.
„Gut gemacht Europäerin!“ lobte Karet’johar der Verlademeister. „Kümmere dich um ihn“, Karet’johar zeiget auf Lastre’lar, „den Rest erledigen wir!“ Damit stürmte er die andere Werft und Hafenarbeitern nach, die in das Innere der Moana eindrangen.
Die Piraten, sonst gewöhnt Angst und Schrecken zu verbreiten, sahen sich jetzt selbst einem schrecklichen und gnadenlosen Gegner gegenüber. Auf Deck und im Inneren des Schiffs nutzen ihnen ihre Geschütze und Raketen nichts! In den Gängen und engen Räumen des Schiffs wurden sie überrannt und ohne Pardon gejagt. Jeder der „Enterer“ hatte Freunde oder gar Verwandte bei Angriffen der Piraten verloren und nun nahmen die Männer um Karet’johar blutige Rache. Dazu kam, dass sich alle diese Männer mit Schiffen auskannten und wussten, welche Bereiche sie besetzen mussten.

Und so hatte Karet’johar nach nur zehn Minuten die Moana unter seiner Kontrolle. Einige Piraten, die sich in die „Fake Container“ retten konnten und wurden dort drinnen eingeschlossen. Auch Margarete hatte sich in einer dieser geschützten Kammern in Sicherheit gebracht.
„Kommt nur herein!“ Rief sie und schoss durch die Tür. „Ich habe genug Munition für alle von Euch!“
„Was machen wir mit ihr?“ wollte Lukas wissen.

„Wir warten bis die Moana wieder am Peer liegt.“ Antwortete Shea. Karet’johar hatte mittlerweile die Brücke besetzt und anscheinend traute sich jemand zu, das Schiff zurück an den Peer zu fahren, denn die kam langsam wieder näher und mit einem leichten Stoß legte das Schiff schließlich wieder an. Die Hafenarbeiter warfen Taue und Seile und eine ganze Mannschaft stand am Peer bereit um die Moana erneut festzumachen. Kaum lag die Gangway an, stürmten Kama’lar auf das Schiff.

Nun trafen auch die Polizeieinheiten ein, welche die wenigen gefangenen Piraten in Empfang nahmen.
„Ich bin immer noch völlig Down!“ brummte Lastre’lar. „Wie sieht’s aus?“ Von Shea und Kama’lar gestützt versuchte sich Lastre’lar einen Überblick zu verschaffen.
„Das Schiff liegt wieder fest.“ Antwortete Kama’lar.

„Haben wir die Piraten alle erwischt?“
„Da kommt Karet’johar, er wird es uns sagen.“

„Ein paar dieser Schurken haben sich in diese umgebauten Container geflüchtet und verschanzen sich. Ich wäre dafür, die Dinger einfach zu verschweißen!“
„Gute Idee!“ Meinte Kama’lar.
„Nein, ich find die Idee zwar auch toll, aber das kann ich leider nicht zulassen.“ Antwortete Shea.
„Du bist zu weichherzig, Europäerin. Erinnere dich an das, was diese Mörder mit der Besatzung der Bell Star gemacht haben.“

„Ich habe es nicht vergessen! Doch wir können sie nicht einfach umbringen! Wir sind die Guten.“
„Ich habe da eine Idee!“ warf Kama’lar ein. „Die kommen freiwillig raus!“

**

„Weiter…Noch ein Stück!“ dirigierte Karet’johar den Kranführer. Der hatte einen Container mit Piraten darinnen am Haken und der Container schwebte circa zwei Meter über dem Deck der Moana, so dass die Öffnung des Containers über der Bordwand und somit gute zehn Meter über dem Hafenwasser schwebte.
„STOPP!“ rief Karet’johar und mit einem Ruck, blieb der Container in dieser Position schweben und Karet’johar wandte sich an Shea. „Dein Auftritt Europäerin.“

Die nahm eine lange Holzlatte und schlug gegen den Container. „POLIZEI! Die Waffen aus dem Container werfen und rauskommen!“

Die Antwort waren mehrere Kugeln, welche die Piraten durch das Blech des Containers schossen. Alle an Deck sprangen in Deckung und Shea musste sich eingestehen, dass Karet’johar Recht hatte. Die Piraten würden sich nicht freiwillig ergeben, also nickte sie Kama’lar zu und ein kleiner Gabelstapler fuhr unter den Container und stellte ein großes gasbetriebenes Heizgebläse unter dem Container ab. Dann stieg der Fahrer aus, drückte den Startknopf und eine zwei Meter lange Flamme stieg hoch und traf die Unterseite des Containers.

„Ich gebe ihnen fünf Minuten.“ Meinte Kama’lar. Damit lag er eine Minute und zehn Sekunden ÜBER der Zeit. Die Piraten rissen den Container auf und sprangen heraus. Zwar trugen sie ihre Waffen bei sich, doch nach dem Fall aus zehn Meter Höhe ins Hafenbecken verloren sie diese. Unten im Wasser, warteten schon Lastre’lar und ein Dutzend Polizisten in Booten auf sie und die Piraten wurden aus dem Wasser gezogen und ohne weiteren Widerstand dingfest gemacht.

„Ok, der nächste Container!“ rief Karet’johar und schon schwenkte der Kran erneut aus.
Schließlich hing der Container mit Margarete über den Flammen. Auch sie hatte alle Aufforderungen sich zu ergeben mit einer wüsten Salve aus einer automatischen Waffe beantwortet. Nun hing sie seit drei Minuten über dem Feuer und sie schoss noch immer um sich.

„Wie viel Munition hat die bloß?“ fragte Kama’lar.
Dann wurden ihre Schreie immer lauter und verzweifelter, doch sie kam nicht heraus! Dann, nach sechs Minuten herrschte gespenstige Ruhe.

Kama’lar trat vor und winkte dem Kranführer zu, den Container abzusetzen, während Karet’johar, das Gasgebläse ausschaltete. Als Shea und Lukas an den Container kamen, hatte Kama’lar diesen schon geöffnet. Mit weit aufgerissenen Augen und mit Brandblasen übersäht lag Margarete tot auf dem heißen Boden und es roch nach verbranntem Fleisch.

„Diese Verrückte!“ schüttelte Shea den Kopf. „Warum hat sie nicht aufgegeben?!“
„Manche Menschen gehen eben lieber in den Tod.“ Antwortete der Hafenmeister und Shea ging zur Rehling um Lastre’lar zu sagen, dass der Einsatz beendet war.

„Gut, nun lasst uns den Rest der Insel aufräumen.“ Sagte Martin und ging mit Lukas zur Gangway.
Ein paar Schritte hinter ihr, folgten Kama’lar und Karet’johar.

Als Kama’lar sich sicher war, dass Shea ihn nicht hörte, zog er ein Montageeisen aus seiner Tasche und gab es Karet’johar. „Das hat den Verschluss des Containers blockiert. Margarete konnte den Container nicht öffnen! Hast du eine Ahnung wem das Eisen gehört?“

„Oh, das ist meines. Ich muss es irgendwann verloren haben und hab es schon überall gesucht, so ein tragischer Zufall, dass es gerade an diesem Container hängen blieb…“

„Ja, sehr tragisch…“, antwortete Kama’lar und zuckte mit den Schultern, „aber nicht mehr zu ändern.“

**

Helena van Deubth

Vor uns lag eine Waldkreuzung. Auf der einen Seite waren ein Steilhang und auf der anderen Seite bereits der dichte Urwald. Der Steilhang hatte überall kleine Öffnungen und Höhlen, der Boden war alles andere als sehr stabil und es gab überall Löcher, durch die man fallen konnte. „Wir brauchen unbedingt Informationen. Hier liegen Kabel im Boden und hier…“ Sagte Nahl’Tool zu mir, da traf ihn ein Schuss und riss ihn um. Mit einem Schrei fiel er in eines der Löcher und ich hechtete ihn nach, um seine Hand zu greifen. Gerade noch so bekam ich ihn zu fassen. Nahl’Tool drohte in eine der vielen Höhle abzurutschen und ich musste mich entscheiden, meine Waffe fallenlassen oder ihn. Also griff ich fester nach Nahl’Tool und sah dafür meine Pistole im Dunkel der Höhle verschwinden.

Ich zog Nahl’Tool heran zu mir und wir waren am Eingang einer der unzähligen Höhlen. Rasch untersuchte ich die Wunde an Nahl’Tool Schulter. Sie war hoffentlich nicht lebensgefährlich aber musste bestimmt höllisch schmerzen.

Vor uns am gegenüber liegenden Höhleneingang stand plötzlich diese Frau, aus dem Jeep, die mit Leon angefahren kam und mir damals bereits aufgefallen war. Das war also diese Helena van Deubth. Die Frau, die die Geiseln einfach bei lebendigem Leib verbrennen ließ. Wir suchten beide etwas Deckung. „Schlampe, zeig dich, dann mach ich dich so alle, wie deinen Begleiter.“, rief mir die Frau zu. Ob sie uns beide sehen konnte, war mehr als fraglich, aber sie war bewaffnet und wir hatten unsere Schusswaffen verloren. Doch sie kam auf uns zu, folglich hatte sie uns doch gesehen. „Ich komme euch jetzt holen!“ Schrie sie in unsere Richtung.

„Wir müssen hier raus, das ist eine Todesfalle.“ Flüsterte ich zu meinem verletzten Begleiter und er nickte. Da bemerkte ich erst die Schwere seiner Verletzung. Nahl’Tool wusste schwerer verletzt sein, als es den Eindruck gemacht hatte. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. „Ich bring dich hier raus und dann schnapp ich mir diese Frau.“, versprach ich Nahl’Tool in die Hand und er lächelte mich an.

„Aufpassen, diese Frau ist gefährlich, das spüre ich, Caroline, passen sie auf. Nicht vergessen, wir brauchen Informationen.“

Ich war über den jungen Mann mehr als erstaunt. Obwohl schwer verletzt, ging es ihm immer noch vorrangig um den Einsatz und um die Informationen, die wir suchten.

„Kommt raus, habe ich gesagt.“ Und schon schoss Helena erneut in unsere Richtung. Sie konnte uns also doch nicht genau sehen, dennoch spritzten die Querschläger umher und früher oder später würde sie uns treffen.

„Ich kann hier noch stundenlang spielen, könnt ihr solange warten, ich habe doch mindestens einen von euch getroffen.“

„Lass mich erst einmal den Jungen retten, dann können wir gerne nachher eine Runde spielen.“ Rief ich zurück.

„Oh, du weißt, wie man spielt, na, das will ich sehen, bring deinen kleinen Lover an das Licht, ich verschone dich auch, denn ich will ja mit dir spielen!“

Nahl’Tool, schüttelte den Kopf, „Lassen sie mich, ich komme schon zurecht, schnappen sie die Schlampe.“ Doch da hatte ich den Jungen bereits geschultert, und kam an das Tageslicht.

Jetzt sah ich erstmals diese Frau in Blond. Sie sah sehr gut aus und hatte die besten Proportionen, stand breitbeinig mit beiden Händen an der Pistole da, aber ihr Lachen war falsch. Ich kletterte den kurzen Vorsprung hoch und hatte Nahl’Tool über dem Rücken hängen, er hielt sich fest und zitterte bereits vor Schmerz. Lange würde er sich nicht mehr halten können. Gerade war ich oben angekommen und zog ihn zu mir, da schoss Helena auf Nahl’Tool.

Mit vier Schuss bedeckte sie ihn und diesmal waren die Schüsse tödlich. „Ich sagte dir ja, ich verschone dich. Von dem Soldaten da, war aber keine Rede. Ich gab nur dir die Versicherung.“ Mit diesen Worten steckte Helena van Deubth ihre Waffe ein, sie wusste ja, dass ich keine Schusswaffe mehr trug.

Ich rollte zur Seite und hatte mein Kampfmesser gezückt. „Du hast einen jungen Mann getötet, dem ich meinen Schutz versprochen hatte. Dafür wirst du jetzt bestraft.“

Helena lachte laut und zückte ihr Kampfmesser. „Na, das will ich ja mal sehen, ich habe schon mehr Leute geschlachtet, wie du dir vorstellst und du machst mir keine Angst, obwohl es bei dir eine echte Vergeudung ist, du siehst nämlich echt lecker aus Täubchen. Dich würde ich gerne vernaschen und so richtig hart hernehmen.“

Super, eine Kampflesbe hatte Nahl’Tool erschossen und machte mir nun klare Angebote und von dieser Frau hatte ich mir Informationen erhofft. Also stellte ich mich breitbeiniger auf, und schaute, dass ich meine Wirkung als Frau auch gut rüberbrachte. Meine roten Haare hatte ich kurz aufgeschüttelt und meine Brüste kamen in dem knappen Shirt sehr gut zur Geltung. Jedenfalls schaute Helena mich sehr genau an und musterte mich genüsslich.

„Süße, lass uns spielen. Ich würde dich ja viel lieber zu mir ins Bettchen zerren, denn du schaust mir erregt und interessiert aus, du mit deinen schönen roten Haaren. Sind deine Brüste aufgespritzt oder Natur?“

Jetzt erst bemerkte ich, dass mein Shirt aufgerissen war und Helena gut auf meinen Busen sehen konnte. Nun wurde mir auch klar, was sie gerade so anmachte. Ich reckte mich ein- zweimal passend und sie schaute ganz klar auf meine Brüste. Oh ja Helena war scharf auf mich, das sah ich, sie war sogar rattenscharf. Vielleicht kam ich doch noch zu meinen Informationen.

„Die beiden sind 100% Natur und sportlich gestählt.“ Dabei schüttelte ich mich, als würde ich Schmutz abwerfen. Das Schütteln verfehlte die Wirkung nicht. „Oh durchaus, das sehe ich, wenn der Rest auch stimmt, dann ist der Abend gerettet und wir könnten eine schöne Unterhaltung haben, wie schauts aus, bist du eigentlich glattrasiert?“

Ich war geplättet, eben noch hatte sie meinen jungen Begleiter kaltblütig erschossen und schon war sie Feuer und Flamme um mich ins Bett zu bekommen und dann diese intimen Fragen. Ich musste mitspielen.

Na gut, zum ersten Mal dachte ich an Peter und wie er sich in solch einer Situation opfern würde. Wenn du willst, eine Weile spiele ich mit, wer weiß, was ich aus dir herausbekommen kann.

„So glatt wie ein Kinderpopo sag ich dir, na ist das etwas für dich oder hast du etwa gar keine Möglichkeit hier für eine scharfe Nummer?“

„Ha – zufällig ist das hier mein Revier, ich habe hier in jeder zweiten Hütte ein Federbett zu stehen.“ Sie steckte ihr Messer ein und öffnete ihre Jacke. Ich konnte ihre sportliche Figur gut sehen und ihre Brüste waren eindeutig erregt, das sah ich jetzt bis hierher.

Jetzt steckte ich auch mein Messer ein, wenn es eng würde, dann gab es mehr als genügend Möglichkeiten sie zu besiegen. Tatsächlich hatte sie mich auch etwas angemacht und die latente Möglichkeit etwas Wichtiges zu erfahren, indem ich sie durch das Bett zog, das erregte mich eindeutig und das konnte sie auch sehen. Immerhin war es noch möglich an Informationen zu kommen, ich musste es nur geschickt angehen.

„Komm, ich zeig dir etwas, da vorne ist ein Lagerhaus mit einem Bett unterm Dach, dort ist eines meiner privaten Gemächer und da will ich dich prüfen, ob du mir etwas vorspielst, oder ob du echtes Interesse an mir hast. Wenn du mir etwas vorspielst dann häute ich dich, aber wenn du wirklich so geil bist, wie du aussiehst, dann wirst du deinen Spaß bekommen.“

**

Eine Stunde später lagen wir unter dem Dach in einem sehr bequemen Lager, in einem großen Raum, mit sehr viel Spielzeug und Möglichkeiten einen Menschen anzubinden.
Bondage war ihr also durchaus geläufig und nach den ersten sexuellen Ringkämpfen kamen wir beide so richtig in Fahrt. Jetzt erkannte sie, dass ich durchaus in den Armen einer Frau auf Touren kam und dass ich es sehr wohl verstand sie dabei mitzunehmen.

Wir trieben es so richtig hart und schmutzig und schossen uns dabei mehrfach ab. Helena hatte keine Hemmungen und schrie ihre Lust laut heraus. Sie ließ ihrem Körper freien Lauf und liebte mich hemmungslos. Nach und nach öffnete sie sich mir gegenüber mehr und ich drang immer mehr zu ihr durch.

Irgendwann hatte sie ein herrliches Seil in ihren Händen und wir spielten abwechselnd damit. Immer im Bewusstsein, dass die andere auch ihr Leben nehmen könnte. Wie zwei Schwarze Witwen spielten wir miteinander und blieben dennoch sehr vorsichtig.

„Das glaub ich jetzt nicht, du gehst ja wirklich ab wie eine Rakete und öffnest dich dabei völlig.“ Stellte sie fest, als sie mich packte, aussaugte und ich dabei laut kam. Als Belohnung schoss ich sie danach ab und wir beide verausgabten uns und lagen dann schweißgebadet eng aneinander.

„Wo sind deine Leute?“ Fragte sie mich. „Noch weit weg, ich bin die Erkunderin und ich erkunde dich gerade.“
„Ja, ich weiß, dass ihr die Mädchen sucht, meine Mädchen. Aber ich bin nicht bereit, sie gehen zu lassen.“
„Sind bei deinen Mädchen auch so geile dabei, oder sind sie noch zu jung und unerforscht.“
„Oh da sind einige recht fesche dabei, mit denen werde ich sicherlich meinen Spaß haben und sie werden uns genügend Geld einspielen.“
„Na die, die ich bisher sah, die sahen nicht nach Supersexy Mädels aus.“
Während wir redeten, verwöhnte ich Helena und erntete meinen Erfolg, nach und nach erfuhr ich mehr von ihren Lagern, dass es davon drei gab und dass wir das im Süden mit den A- und B- Ware gefunden hatten.

„Oh ja, das ist gut, genau da und jetzt fester, jaaaaaaaa … „Ich trieb sie weiter und sie kam erneut in meinen Händen. Nach und nach schmolz sie dahin.
„Die jungen Dinger müssen doch von euch ausgebildet werden, von alleine kommen die doch niemals auf so etwas…“ und ich fingerte Helena, bis sie schreiend auf mich hüpfte und mich tief und innig küsste.

„Nein, du bist ein Naturtalent, wieso habe ich dich nicht früher gefunden.“ Ich liebkoste ihre Brüste, „Na, weil ich normalerweise weit weg von hier bin.“

„Ja Soulebda, ich hab’s gehört, das muss ja eine geile Insel sein, vielleicht komme ich da mal vorbei mich mit neuen Sklavinnen eindecken.“

„Na wir können aber auch spröde sein und dann wird das sehr schnell hart.“ Flüsterte ich und sie legte ihren Kopf nach hinten, während ich mit meiner Hand tiefer in ihrer Scham eintauchte. „Das kann dann schnell… „Doch da hatte ich ihren Punkt getroffen.

„Ja, ja, ja, genau da und jetzt fester, so fest wie du kannst, jaaaaaa!“ Jetzt schrie Helena und war nicht mehr zu bremsen. Sie zuckte und ihre multiplen Orgasmen durchliefen sie.

„Gut so, genau do nehme ich an Schatz…“ forschte ich nach. „Oder möchtest du mich in deiner Zentrale spüren, da hast du doch bestimmt auch ein herrliches Bettchen.“

„Scheiße habe ich da. Da laufen zu viel andere rum, oh jaaaaaaa und jetzt genau daaaaa …“ Ich ließ ihr wieder etwas Zeit sich zu sammeln und trieb sie dann wieder weiter voran.

„Berberich versteht das nicht, der ist nur am Gewinn orientiert und der Oberschlächter Theobald, der Stecher sowieso nicht.“

„Halt still und lass dich stechen, ich will dich jetzt haben.“ Trieb ich sie weiter an und sie wälzte sich über mich und ihre Finger begannen ein heftiges Spiel.

„Theobald kenne ich nicht, nie gehört, ist auch egal, komm.“ Erneut zog ich sie zu mir in meine Arme und ich begann an ihren Nippeln zu saugen, während die andere Hand noch immer tiefer lag und Helena immer und immer wieder anfeuerte.

„Das ist ein ganz fieser, trau dem nie. Wenn ich irgendwie kann, dann leg ich die Ratte um, aber das ist nicht einfach, der ist der Beste im …. mmmmhhhhhh …. jaaaa.“ Ich musste Helena auf Drehzahl halten, gerade lief es recht gut und das was sie sagte klang ehrlich. Ich war endlich am Ziel und bekam meine Informationen nach und nach aus Helena heraus.

**

Da klopfte es an der Tür und zwei jüngere Männer schauten herein. „Hey Helena, Herrin, so spät noch bei der Arbeit, dürfen wir der Herrin etwas Unterstützung anbieten?“ Sofort war Helena begeistert, ich schüttelte aber den Kopf und verneinte rasch.
Doch jetzt zeigte sich Helenas wares Wesen. Sie war es gewohnt immer ihren Willen durchsetzen zu können und versuchte dies auch jetzt bei mir.
„Kommt herein und macht euch bereit zum Mitspielen, die Frau ist einsame Spitze!“
„Helena, ich sagte nein!“ Doch das wollte sie nicht akzeptieren, und sprang mich mit dem Strick in den Händen an.
„Verdammt, ich will dich aber spüren, lass mich, komm, spiel mit.“ Dabei versuchte sie mir eine Schlaufe um den Hals zu legen.

Jetzt war das Spiel endgültig vorbei!
Jetzt kam auch die andere Seite in mir zum Vorschein und ich war nicht bereit, mich hier einfach von den Dreien vernaschen und aufhängen zu lassen. Die beiden Jünglinge hatten ihre Hemden bereits abgelegt und während der eine noch an der Hose nestelte, hatte ich den zweiten bereits angesprungen und trieb ihm mein Knie ins Genick.
Mit einem leisen Knacken brach sein Genick und sein Blick wurde plötzlich starr.

Kraftlos glitt er zu Boden, und da Helena noch dabei war, das Seil herzurichten, waren wir jetzt nur noch zu dritt. Der starre Blick des einen Mannes war das Signal für den zweiten, mich anzugreifen.
Helena und ich waren aber noch sehr verschwitzt und für den Angreifer schlecht zu fassen, das galt aber nur für uns beide.

Ein harter Schlag auf die Testikel des Angreifers und ein Schlag in Richtung seines Kehlkopfes beendete die Sache ein für alle Mal. Noch während der Mann röchelnd zu Boden sackte, sprang mich Helena an und war bereit alles zu geben.

Wie zwei Spinnen umgriffen wir uns und jetzt war es kein Sport mehr auf der Suche nach dem nächsten Orgasmus. Jetzt ging es um das reine Überleben. Helena war gut. Sie kämpfte mit fiesen schnellen Attacken und ich musste alles geben, um nicht plötzlich gefesselt von der Decke zu baumeln. Die beiden Jungs waren zwar ausgeschaltet, aber ihre Körper lagen noch herum und ich nutzte die Beine von einem um einen Block zu bilden.
Gegen diesen schlug ich Helenas Rücken und sie musste tief durchatmen, um wieder Kraft zu tanken. Das war der Moment, den ich ausnutzen konnte.
Gewandt wie eine Gazelle sprang ich über ihre Schulter und zog ihr dabei das edle Seil um den Hals fest zu. Den toten Körper des einen Mannes als Block nutzend, sog ich das Seil fester und fester.
Helenas Fingernägel krallten sich in die Haut des toten Mannes und riss dabei tiefe Striemen aus dessen Haut heraus.
Schnell lief jetzt ihr Gesicht blau an, das war das Zeichen den Zug am Seil nicht nachzulassen. Mit einem schnellen Handkantenschlag raubte ich ihr einen Moment die Sinne und zog das Seil nochmals fester zu. Jetzt wusste ich, dass ich gewinnen würde, sie war an dem Punkt, an dem es für sie keinen Weg mehr zurückgab.

Ihr Körper suchte den Sauerstoff, aber bekam ihn nicht mehr und die Muskeln, die ohnehin schon versauerten, raubten ihr den letzten Blutsauerstoff aus dem geschundenen Körper. Während ihr Bewusstsein bereits schwand, fesselte ich ihre Hände auf den Rücken und zog das Seil um ihren Hals noch einmal fester und fester.
Eines der Hängeseile, die von der Decke hingen, nahm ich und legte es ihr um den hübschen Hals. Ich spannte das Henkerseil, dann ging es für Helena ein letztes Mal aufwärts. Erst als sie da frei baumelte und sich ihre Blase entleerte, wusste ich, dass sie nicht mehr zurückkam.

Mein Wunsch, von Helena noch etwas Geheimes zu erfahren, wurde so allerdings zerschlagen. Da hing sie jetzt still und sie sah dabei immer noch sehr sexy aus. Verflixt, sie würde nichts mehr sagen können.

Helena van Deubth, die Herrin, hing vor mir tot am Seil und drehte sich langsam um sich selbst. Die verbrannten Geiseln und Nahl’Tool waren gerächt.

Ich machte mich gerade auf den Weg die Treppe hinunter, da polterte es im unteren Teil des Lagers und ein Koloss von einem Mann kam hochgestampft. Breitschultrig und mit einem Stiernacken glich der Mann eher einem Ringer, als einem Soldaten. Druuhf, der Peiniger Oblath kam die Treppe herauf und rief säuselnd nach seiner Helena.
„Helena, Täubchen, bist du oben in deinem Bett … Helena ich komme jetzt zu dir rauf?“

Dieser Mann konnte mir gefährlich werden, ich hatte keine Schusswaffe dabei und nur mit meinen Händen würde das eine harte Arbeit werden.
„Helena, wo treibst du dich herum, ich will dich und ich brauche dich, also komm heraus, wo auch immer du steckst.“
Ich stöberte in dem Lager herum, was sich alles als Waffe verwenden konnte schaute ich mir an und ließ gleich darauf ab davon, es taugte nicht, aber dann sah ich endlich die Lösung …
Druuhf, der Peiniger Oblath, hatte inzwischen begriffen, dass hier etwas nicht stimmte, und suchte Raum für Raum nach Helena ab und ganz oben in ihrem Schlafzimmer hing sie im Seil und drehte sich langsam um sich selbst.

„Ahhhrgh Verdammt Schlampe, ich finde dich und ich mach dich platt!“

Der Schrei, der dann durch das Haus dröhnte, war so unbändig laut und voller Hass, dass es einen erschrecken konnte. Druuhf wusste, dass noch jemand im Haus war und so suchte er mich, bereit den umzubringen, der ihm seine Liebste genommen hatte.
„Komm heraus und stell dich, was hast du mit meinem Schatz gemacht, komm her, ich zerreiß dich in der Luft.“ Jetzt machte sich Druuhf keine Mühe mehr die einzelnen Türen zu öffnen, er trat sie einfach ein. Mit unbändigem Zorn und einer unglaublichen Kraft trampelte er durch das Haus und durchsuchte Zimmer für Zimmer. Jetzt kam er auf mein Zimmer zu, indem ich mich versteckt hatte. Mit einem lauten Knall flog die Tür aus den Angeln und da stand er im Türrahmen und schaute mich an.
So in etwa stellte ich mir den Minotaurus vor aus der griechischen Sage und genauso voller Kraft und Zorn stand er vor mir, fing an zu schreien und rannte auf mich los.
Wie zum Schutz hob ich meine Hände und Druuhf, der Peiniger Oblath rannte auf mich zu. Er würde mich einfach zerstampfen, so sah es jedenfalls aus.
Ich wich langsam zurück und Druuhf rannte voller Zorn und Wut auf mich zu. Doch ich hatte einen blauen Marlin gefunden und hatte dessen spitzes Schwert zwischen meinen Arm und Brust gelegt.
In vollem Tempo rannte Druuhf, der Peiniger Oblath in dieses spitze, von vorne kaum zu sehende Schwert und spießte sich dabei selbst auf. Kurz vor meinem Körper kam er zitternd zum Stehen und ein Zucken durchlief seinen massigen Körper. Blut spuckend sahen mich seine ungläubigen Augen hasserfüllt an. Kein Zweifel, er hatte sich sein Herz glatt durchstoßen, ich musste nur noch warten, bis er endlich zusammenbrach. Mit einem letzten Schnaufer brach er endlich zusammen und dieser Bulle von einem Kerl lag gefällt zu meinen Füßen.

Mit starrem Blick lag Druuhf, der Peiniger Oblath am Boden und blickte in das Gesicht von einem ebenso starren Marlin. Seitlich am Holz, an dem der edle Fisch befestigt war, prangte noch ein Metallschild.
„Gefangen vor Soulebda im Mai 2002“.

Als ich nach einer halben Stunde mit dem Jeep zu meinen Leuten kam, wartete Peter bereits mit einer Überraschung. Er hatte mit den Kriegern einen ganzen Radar Zug erbeutet, bestehend aus der kleinen mobilen Radaranlage, Stromgeneratoren, dem Funk- und Fernmeldefahrzeug und einer Raketenstation. Jetzt konnten wir erstmals solche Geräte untersuchen, die Frequenzen ermitteln und uns auf die Suche nach Schwachstellen machen. Wichtiger aber, wir hatten eine ganze Raketenbatterie bestehend aus drei Land Rover mit Abschuss Geräten und den dazu passenden Offizieren.

Ein gutes Dutzend gefangene Offiziere hatten die Krieger versammelt und als ich dazukam, zog mich Peter natürlich auf.

„Während du dich mit einem blonden Herzensbrecher verlustiert hast, haben wir hier das alles erwischt und sichergestellt. Die Offiziere hier haben uns aber schon mit der unbändigen Rache ihrer Anführerin gedroht, einer gewissen Helena van Deubth, der Frau, die alle nur ehrfürchtig „die Herrin“ nennen.

„So, tatsächlich, wer ist denn der Dienstgradhöchste hier, wer hat denn bei denen hier das sagen?“
„Das ist dieser Major hier.“
„Soso, also mein lieber Major, ich fürchte, eure Herrin kommt nicht mehr wieder, ich habe sie besiegt und aufgehängt. Das hier trug sie um ihren süßen Hals!“ Damit zeigte ich ihm einen Anhänger aus purem Gold, das einen kunstvollen Thor Hammer zeigte und der die Initialen von HvD trug.
„Wie hast du Druuhf, der Peiniger Oblath überlebt, der ist immer um seine Lady herum?“
„Den habe ich zum Fischen mitgenommen und ein herrlicher Marlin hat ihn aufgespießt.“

Peter sah an den Reaktionen der Offiziere, dass dies eine Reaktion auslöste. Die ach so siegessicheren Offiziere ergaben sich jetzt endlich ihrem Schicksal.

Peter schaute auf die Kette und lächelte mich an „Wie war der Kampf mit Helena?“
„Sie war gut. Schnell und brutal, aber am Ende hing sie im Seil und nicht ich. Ihre beiden Kerle, die sie dabeihatte, haben das auch nicht überlebt. Aber das waren auch nur zwei einfache Soldaten.“
„So, demnach hattest du also deinen Spaß.“
„Ja sicherlich, aber ich habe meinen Job gemacht, genau wie ihr hier, und das, was ihr hier geschaffen habt, ist sehr gut!“

**

Sie kommen…aus dem Süden!
Guadalcanal

Alles war schiefgelaufen und einmal mehr in seinem Leben, war Sam Whitinghouse auf der Flucht.
Als der Angriff Soulebdas begann, schien noch alles nach Plan zu laufen. Die Flugzeuge und Schiffe Heylahs waren genau dort, wo Sam sie haben wollte, sein Backup-Radar war unerkannt geblieben, seine Rapier-Raketen startklar und ein Teil der Antischiffsraketen hatte den ersten Schlag der Jagdbomber überstanden. Doch dann kam alles ganz anders! Als Whitinghouse seinen Gegenschlag starten wollte, stellte er fest, dass das Unmögliche eingetreten war. Soulebda hatte unerkannt Truppen angelandet… und diese kamen aus dem Süden!

**

Makira/ Im Dorf

„Kannst du erkennen, wie viele es sind?“ fragte Dana Iduna.
„Nein, aber ich würde sagen… etwa fünfzig.“
„Ma’fretama schätzt die Stärke der Piraten nördlich von uns ebenfalls auf fünfzig.“
„Wow“, meinte Oksana, „einhundert Piraten gegen uns elf. Wann kommt die Armee?“
„Die Novel’ult nähert sich mit voller Kraft und wir sind in einer halben Stunde in Reichweite ihrer Geschütze.“
„Das heißt, wir müssen eine halbe Stunde überstehen, und zwar so, dass wir die Piraten auf Abstand halten, denn wenn die Piraten zu nah sind, kann die Novel’ult nicht feuern.“ Stellte Fabienne fest.
Oksana schaute sich das Gelände vor dem Dorf genau an und zeigte, dass sie eine echte Offizierin der russischen Armee ist, „Wenn wir sie auf Abstand halten müssen, sollten wir dafür sorgen, dass sie nicht umgehen können. Wir sollten eine halbmondförmige Verteidigungslinie bilden, indem wir rechts und links, seitlich des Dorfes je eine Stellung errichten. Auf diese Art haben wir unmittelbar vor dem Dorf eine richtige Todeszone und wir können uns gegenseitig Deckung geben.“
Fabienne, Iduna und Dana erkannten sofort, dass Oksana Recht hatte und Iduna setzte deren Vorschlag sofort in Befehle um.

„Oksana hat Recht, noch sind wir im Vorteil. Wir liegen noch im Dunkeln und sie haben den hellen Hintergrund, wenn wir schnell sind können wir die Stellung errichten, bevor sie uns sehen. Fabienne, du gehst mit Finja fünfzig Meter vor und haltet euch rechts des Dorfrandes. Oksana, du gehst mit Rafaela, am linken Dorfrand ebenfalls fünfzig Meter vor.“

„Wir sind schon unterwegs.“ Fabienne schnappte sich ihre Waffe und rannte mit Finja los, zu der Stelle die Iduna ihr gezeigt hatte. Dort zwischen den Resten einer alten Hütte, hatte sie eine gute Stellung, die ihr und Finja eine gute Sicht auf das Gelände vor dem Dorf, aber auch Schutz vor Kugeln gab.

Gegenüber, hinter einem umgestürzten Baum, legten sich Oksana und Rafaela auf die Lauer. Ihr Platz war sogar noch besser, da der große Durchmesser des Baumes, eine erhöhte Stellung bot.
In der Mitte des Dorfrandes verteilte Iduna die restlichen Verteidigerinnen. Sie selbst bezog ganz links Stellung, mit Mandy, der US-Amerikanerin, neben sich, Dana ganz rechts, mit Rana an ihrer Seite und schließlich Sakura, die Japanerin in der Mitte.
Sarah und Vera hatten sich ebenfalls bewaffnet und sollten hinter den Fünf bleiben, um dort einzugreifen, wo es brannte.
„Sieh dir das an!“ flüsterte Vera ihrer großen Liebe zu. „Japaner, Russen, Amerikaner, Israelis, Jordanier und wir Deutsche, und alle kämpfen zusammen… von uns könnten die Männer noch was lernen.“
Sarah blickte sie an und nickte, „Unsere Männer nicht, aber die meisten anderen schon.“

**

Währenddessen zwischen Ulava und Makira

Das Rotlicht war direkt nach dem Alarm gekommen und jetzt waren alle an Bord extrem leise.
„Miriam, es geht los, wir haben den Angriffsbefehl. Sonar, nennen sie die Unterwasserkontakte um uns herum.“
„Aye Kapitän,
Kurs 220, Entfernung 18, Frachter mit Laufrichtung 310.
Kurs 320, Entfernung 17, Fähre mit voller Beladung, Laufrichtung 290.
Kurs 010, Entfernung 10, Piratenschifflaufrichtung 180 näherkommend.
Kurs 100, Entfernung 34, russischer Hunterjäger, er entfernt sich.
Ende der Kontakte Kapitän.“

„Gut, neuer Kurs 210, tauchen auf 230 und gehen dann zurück auf 150. Beredin, ich will wissen, ob sich der Russe uns nährt und ob die Piraten alarmiert sind.“

Leise verschwand der Todesschatten unter den Salzwasser-Sperrschichten die hier bei 120 Meter lagen. Darunter konnten sie fahren, ohne Gefahr zu laufen, zufällig entdeckt zu werden.
Der russische Jäger entfernte sich weiter und lief dann nach Südosten, Richtung Südküste.

Eine halbe Stunde später hatte sich der Todesschatten an die Unterwasserzentrale herangeschlichen.
„Waffenstatus Abaddon.“
„Rohr eins und zwei geladen und bereit mit Schwergewichtstorpedos. Rohr drei bis sechs geladen mit Sukaulak und Rohr sieben und acht geladen mit Abfängern, Kapitän.“

„Sehr schön, wir schießen die beiden Schwergewichtstorpedos aus großer Tiefe, das dürfte die Flachwassermikrofone nicht interessieren und zwei Sekunden vor dem Einschlagen setzen wir die Sukaulaks frei, die müssen die bekannten Torpedostationen zerstören.“

„Aye Kapitän. Sie wissen, dass wir nicht alle Unterwasserstationen der Torpedostände kennen?“

„Teufel nochmal, ja aber auf was soll ich feuern lassen, wenn ich es nicht orten kann.“

„Alle Stationen melden einsatzbereit!“ Gab Miriam ihrem Kapitän weiter und er nickte nur leicht.

„Rohr eins und zwei – los!“

Es gab kein lästiges öffnen der Mündungsklappen oder ein geblubbert durch das herausschießen mit Pressluft. Die schweren Torpedos wurden mechanisch herausgedrückt und starteten erst im Wasser ihre Motoren. Immer schneller werdend sausten sie tief im Wasser los, um dann auf Höhe zu gehen und die tiefe Schlucht zu verlassen, in der der Todesschatten lag.

„Rohr eins und zwei nachladen, Rohr drei bis sechs Abschuss bereit!“ Meldete Abaddon, der Waffenmeister.
„Torpedo eins bereit für Signal!“
„Signal freigeben.“

Die beiden schweren Torpedos waren aktive Waffen. Im Normalfall würden sie das feindliche Schiff unterlaufen, das würden sie ein bis zweimal wiederholen, ehe die Waffe unter dem Schiffsschwerpunkt detonierte und dem Ziel das Rückgrat brechen würde.

Hier aber war es anders. Die Kampftaucher des Todesschatten hatten bereits vor wenigen Tagen zwei Sonar Zielpeiler auf der Höhe der Unterwasserfenster montiert und die wurden jetzt durch ein Sonar-Signal aus dem Führungstorpedo aktiviert.

**

In der Zentrale der Unterwasserstation schallte der Alarm und die Leute rannten verwirrt umher. Einige starrten mit großen Augen umher und wussten nicht, was los war.

Der diensthabende Piratenoffizier schrie schließlich laut und die Leute wurden ruhiger.

„Verdammt nochmal, was ist das für eine Musik und wo kommt die her?“
„Das ist Hymn to Red October, also Jagd auf Roter Oktober und das schallt von draußen, das kommt von draußen rein, wir sind anpeilbar!“

Die Hymn to red October dröhnte durch das Panzergras in die Kommandozentrale und schien überall gehört zu werden.

„Schießt das Ding ab.“ Brüllte der Offizier. „Wie denn wir haben da draußen nicht, wir sind in 85 Meter Wassertiefe.“
„Scheiße schnelle Schraubengeräusche, da kommen zwei Torpedos direkt auf uns zu.“

Der Offizier sprang auf und schrie „Tut was, irgendwas …“ Und alle Piraten an den Konsolen schaute zu ihrem Offizier, wie er vor Angst zitterte. Da durchbrach der erste Torpedo das linke Fenster und schoss, zusammen mit einem mächtigen Wasserstrahl, in die Kommandozentrale. Einen winzigen Moment später krachte auf der rechten Seite der zweite Schwergewichtstorpedo durch das Panzerglas.

**

Von außen betrachtet sah die Piraten Unterwasserzentrale aus wie eine riesige überwucherte Kuppel mit einigen grünlichen Fenstern. Als die beiden Torpedos einschlugen, sah das aus, als würden zwei längliche Körper in die Kuppel einschlagen und aus der Kuppel sah man zuerst nur die Lichter der Detonationen. Aus etlichen Fenstern und Versorgungsschächten schossen weiße Blasen, nur um einen Moment wieder in die Kuppel zurückgesaugt zu werden. Dann zerriss der Druck die mächtige Kuppel.
In der großen Unterwasserkuppel waren alle Lichter erloschen und es traten aus hunderten Stellen Luftblasen nach außen. Die Station war nicht mehr.
Einer Fontäne gleich schoss ein Wasserstrahl durch den Versorgungstunnel an die Oberfläche und durchbrach die Schotte im Nu. Viel mehr sah man von der Überwasserstation aus nicht. Der diensthabende Leiter riss das Telefon an sich und machte Meldung. „Sir, wir haben die Unterwasserzentrale verloren. Zweifellos ein Angriff.“

**

„Unterwasserstation zerstört, die ersten Torpedoshelter auch, Kapitän“
„Sehr gut weitermachen, wir müssen so viel Torpedos abfangen wie nur möglich.“

**

Soulebda / Planungsraum -20 Stunden zuvor

„Singapur, Akaba, Tripolis…Die Menschen lernen eben nichts aus der Geschichte.“ Meinte General Jektjor’far und zeigte auf die Karte Makiras. „Akustische Torpedos, Raketen und jede Menge Geschütze, die uns das Leben schwer machen werden und doch ist die Schwachstelle der ganzen Verteidigung offensichtlich. Die Landseite der Festung, hier auf Makira, also der Süden der Insel, ist nur mit einer Menge Posten besetzt. Die Piraten glauben, dass uns der Dschungel dermaßen verlangsamt, dass sie Gelegenheit haben entweder zu verschwinden, oder Gegenmaßnahmen zu ergreifen.“

„In diesem Fall haben sie allerdings Recht in ihrer Annahme.“ Stellte Veronique fest und zeigte auf das Netzwerk der Posten. „Wenn wir die Geiseln retten wollen, müssen wir schnell sein. Wenn wir aus dem Süden kommen, brauchen wir Zeit, die wir nicht haben.“
„Ja.“ Antwortete Dagan. „Zeit ist ein wesentlicher Faktor, doch diesmal arbeitet die Zeit gegen beide Parteien gleichzeitig. Sobald wir angreifen werden die Piraten ihre Geiseln als Schutzschild benutzen. Die Piraten werden abgelenkt sein und mit allem gegen unsere Truppen zurückschlagen was sie haben, aber das wird sie von unseren Truppen an Land ablenken.“
„Ich weiß ja, dass unsere Krieger gut sind“, warf Bernd ein, „aber nur ein einzelner Posten, der Alarm schlägt, und das Überraschungsmoment ist dahin.“
„Dieses Problem habe ich gelöst.“ Antwortete Ma’Gus. „Wenn auch mit Hilfe einer… zwielichtigen Person.“ Er nickte seinem Adjutanten zu, der die Tür öffnete und ein keineswegs eingeschüchterter Ralf Hauer trat ein.
„Das mit der zwielichtigen Person habe ich gehört und überhört, Mister Oberspion. Wieso bitte, gilt man gleich als zwielichtig, bloß wenn man für das Gute in der Welt kämpft.“
„Weil sich ihre Methoden, kein bisschen von denen der Kriminellen unterscheiden.“
„Oh, das sehe ich ganz anders…“
„Können wir jetzt auf unser Problem zurückkommen?!“ unterbrach Jektjor’far das Streitgespräch. „Wie weit sind sie mit dem Hacken der Computer auf Makira?“
„Ja, auf einmal soll ich kriminell sein…“ schüttelte Hauer den Kopf. „Auf Makira gibt es zwei Netzwerke. Eines habe ich problemlos übernommen, allerdings sind auf diesem Netzwerk keine Daten, was die Verteidigung des Lagers betrifft. Entgegen meiner ersten Annahme ist das zweite Netzwerk sehr gut geschützt, so dass ich bis jetzt noch nicht eindringen konnte. Sobald ich das geschafft habe, kann ich Detreptis 2.0 einschleusen und alle Raketen und Geschütze ausschalten.“
„Wann wird es voraussichtlich soweit sein?“
„Der Schleitz hat sich durch fünf Verschlüsselungsebenen gefressen, meiner Meinung nach, knacke ich die Firewall in den nächsten… 20 Stunden.“
„Das ist zu spät!“ stellte Veronique fest. „Die Marine muss in spätestens zwölf Stunden die Truppen landen und die Novel’ult muss bei Sonnenaufgang an der Westküste Makiras sein, um unsere Kriegerinnen zu unterstützen, bis die Garde das Dorf unter Kontrolle hat.“
„Ich arbeite ja daran! Aber jeder Angriff oder Versuch sich der Westküste zu nähern, bevor wir Detreptis installiert haben, wird in einem Desaster enden.“
„Was ist jetzt mit den Schiffen im Süden der Insel?“ wollte Jektjor’far nun wissen.
„Da der Süden der Insel nicht durch von Torpedos gesichert ist, können die Schiffe die Truppen anlanden, und zwar genau hier!“ Hauer zeigte auf den Ort Onehatare am der Südküste Makiras.
„Warum dort?“
Hauer zeigte auf Uki’ni und legte dann eine Lienal auf die Karte, so dass der Standort der bekannten Radaranlage und die Bucht von Onehatare eine Linie bildeten. „An dieser Stelle liegen die höchsten Hügel Makiras genau zwischen den Schiffen und dem Radar. „Wir können das Radar zwar täuschen, aber auch die Bösen Buben lernen dazu. Sobald sie bemerken, dass wir das Radar blenden, werden sie die Frequenz wechseln. Das können wir zwar kompensieren, doch für einen kurzen Moment haben die Piraten ein Radarbild.

Also, wir blenden das Radar, wenn sich die Schiffe der Küste nähern, dann wenn die Piraten die Frequenz wechseln, werden die Schiffe im Radarschatten der Hügel sein und sie werden auf den Radarbildschirmen nicht auftauchen.“

„Hauer, ich bin beeindruckt!“ nickte ihm Jektjor’far zu.
„Ja, ich auch“, meinte Veronique, „aber das löst nicht das Problem mit den Posten.“

„Nun, dank Dana wissen wir, dass die Posten neben digitalem Funk auch Handys benutzen, um miteinander zu kommunizieren. Sie melden sich an, wenn sie ihren Posten erreichen und melden sich ab, wenn sie abgelöst werden. Dazwischen wird alle fünfzehn Minuten Meldung erstattet. Allem Anschein nach, gibt es Anweisungen, nicht einfach den Text zu kopieren, denn jede Meldung muss neu verfasst werden, um sicher zu gehen, dass ein Posten nicht einfach schläft und automatisch alle 15 Minuten dieselbe Meldung schickt.“

„Und wie hilft uns das?“
„Nun, durch die regelmäßigen Aktivitäten konnten wir die genauen Standorte der Posten lokalisieren. Hier bitte schön!“ Hauer tippte etwas auf sein Handy ein und schon erschienen die exakten Standorte der Posten auf der elektronischen Karte.
„Also sind alle Posten aktiv?“ fragte Bernd und zeigte dann auf die Karte. „Hier bei Onehatare sind drei Posten in Sichtweite der Küste. Von denen muss nur einer Alarm schlagen.“ Er schaute Ma’Gus an und hakte dann nach, „Sagten sie nicht, sie hätten das Problem gelöst?“
„Ja, das hat unser Robin Hood des Cyberzeitalters.“
„Oh danke, auch wenn mir bewusst ist, dass der echte Robin Hood lediglich ein gewöhnlicher Krimineller war.“ kommentierte Hauer Ma’Gus bissige Bemerkung. „Also, das Problem mit den Posten war relativ einfach zu lösen. Piraten arbeiten Gewinnorientiert, das gilt auch für laufende Kosten des Geschäfts, wie zum Beispiel Kommunikationskosten. Alle Handys auf Makira gehören zu einem Vertrag, den eine Firma Kajats aus Manado, mit einer indonesischen Kommunikationsfirma, ebenfalls eine Firma Kajats, abgeschlossen hat. Ich musste mich nur bei der Telekommunikationsfirma einhacken und kann so die Meldungen der Posten abfangen und durch eigene Meldungen ersetzen.“
„Und was ist mit dem Funk?“

„Da die Piraten so nett waren ihre Verschlüsselungscodes aufzuschreiben, können wir wahlweise den Funk lahmlegen, oder eben auch fingierte Meldungen absetzten.“
„Aber wird man nicht die falschen Stimmen erkennen?“
„Wir haben jeden Funkspruch aufgefangen, aufgezeichnet und durch einen Stimmenrecorder gejagt. So können wir mit einem Sprachcomputer die echten Stimmen nachahmen, ohne Verdacht zu erregen.“
„Vielen Dank Herr Hauer!“ sagte Jektjor’far und Hauer verstand den Wink. „Ich werde mal sehen, wie weit der Schleitz ist.“ Sagte er, stand auf und ging zur Tür.

„Hauer“, sagte Ma’Gus bevor dieser die Tür erreicht, „ich erinnere mich an jedes einzelne Gespräch, das ich geführt habe, also versuchen sie es erst gar nicht.“
Hauer gab keine Antwort, rollte mit den Augen und verließ wortlos den Raum.
„Manchmal machen mir die Möglichkeiten dieser Nerds Angst.“ Murmelte Jektjor’far, als Hauer die Tür geschlossen hatte.
„Nicht nur ihnen.“ Stimmte Bernd ihm bei.

„Ach was, ich mag den Kerl.“ Sagte Ma’Gus schaute auf die Karte, bis ihm das Schweigen um ihn herum auffiel. „Was?“ fragte er, als ihn alle verwundert ansahen. „Ich mag ihn wirklich.“

**

Novel’ult

„Was zum Teufel ist los?!“ Randy stürmte auf die Brücke der Novel’ult und sah Kapitän Dursa’lan fragend uns strafen zugleich an. Randy hatte gerade mit Dana „geredet“ die verzweifelt um Hilfe rief. Die Piraten belegten ihre Stellungen mit Dauerfeuer und rückten immer näher an sie heran, während sich der zweite Trupp Piraten sich näher und näher durch den Dschungel kämpfte, auch wenn die Truppe immer weiter durch Ma’fretama und ihre Kriegerschwestern dezimiert wurde.
Dennoch näherten sich die Piraten immer weiter dem Dorf! Und nun hatte die Fregatte ihre Maschinen gestoppt!

„Dana ruft um Hilfe! Sie können sich im Dorf nur noch kurz halten, dann ist alles vorbei! Wieso stoppen sie die Maschinen?!“
„GIPSY hat eine Warnung gesendet. Ihr Freund Hauer kann die Torpedos vor uns nicht deaktivieren! Wir treiben gerade in eine echte Todeszone. Laut Hauer liegen mindestens sechs akustische Torpedos zwischen uns und der Position, von der wir unsere Geschütze einsetzten könne, vom Absetzen der Garde ganz zu schweigen.“
„WAS?! Das darf wahr nicht sein! Verbinden sie mich mit dem Palast! Ich muss mit Hauer reden!“

Dursa’lan nickte dem Funkoffizier zu und dieser stellte eine Verbindung zu GIPSY her.
„Randy…“ meldete sich Hauer, am anderen Ende.
„RALF, WAS IST LOS?!“
„Ich kann die Torpedos nicht ausschalten! Als in das Netzwerk der Mistkerle gekommen bin, sah ich, dass die Piraten in eurem Gebiet, Kolibris benutzen!“

Randy hatte das Gefühl einen Schlag in den Magen zu bekommen. Kolibris!!! Der Kolibri-Torpedo war eine Weiterentwicklung des Zaunkönigs, eines Torpedos, den die Deutschen im zweiten Weltkrieg benutzt hatten und dessen Nachfolger die Nato bis Ende der Siebziger eingesetzt hatte. Diese Torpedos waren einfache „dumme“, aber wirkungsvolle Waffen, die keine moderne Technik hatten, welche Hauer mit einem Computervirus beeinflussen konnte. Sobald der Torpedo scharf war und eine Geräuschquelle hatte, würde er angreifen, ohne dass man es verhindern konnte! Wieso mussten diese Scheißpiraten ausgerechnet hier sparen?!

„Ralf! Dana wird in wenigen Minuten überrannt, lass dir was einfallen!“
„Ich arbeite daran!“
Wütend schlug Randy mit der Faust so fest auf die Funkkonsole, dass sich die Abdeckung des Lautsprechers löst und herunterfiel. Dursa’lan wollte ihn schon zurechtweisen, als Jerome diesem, hinter Randys Rücken zu verstehen gab, ihn einfach in Ruhe zu lassen.
Dursa’lan nickte und Jerome legte Randy die Hand auf die Schulter. Randy ergriff die Hand und drückte dankbar zu, denn er wusste, dass Jerome alleine, Torpedos hin oder her, sofort zur Küste fahren würde. Aber auch Jerome würde, ohne Aussicht auf Erfolg, weder die Novel’ult, noch seine Kompanie Gardisten einfach in den Untergang schicken.

„Können wir zur Küste rudern?“ wollte Jerome von Dursa’lan wissen.“
„Grundsätzlich schon…“
Randy, der mit einem Ohr die Diskussion verfolgte überschlug in Gedanken, wie lange Jerome und die Gardisten wohl brauchen würden um die Küste zu erreichen, wenn sie Ruder, statt Motoren benutzen und kam auf eine viel zu lange Zeit! Bis dahin wären Dana und die anderen entweder tot, oder wieder in der in der Hand der Piraten.

„Lenkwaffenstart! Kapitän! Die Noven‘man wird mit Raketen angegriffen!“ rief der Radaroffizier und sofort stürzten alle zur Radarkonsole und sahen wie vier Raketen von Makira aus, auf ihr Schwesterschiff zuhielten. Die Noven’man ging auf volle Kraft, drehte ab um ihre ganze Breitseite einsetzen zu können und eröffnete mit allen Abwehrwaffen das Feuer. Doch mitten im Flug änderten drei Vampire ihren Kurs und drehten auf das offene Meer, während die vierte Rakete von der Nahverteidigung der Noven’man abgeschossen wurde.
-Wenigstens das konnte Hauer in den Griff bekommen.- dachte Randy und sah, wie Kapitän Dursa’lan das Mikrofon der Bordsprechanlage ergriff und der Besatzung den Ausgang des Angriffs mitteilte.
„Die Noven’man wurde von den Piraten mit vier Raketen beschossen und konnte den Angriff ohne Treffer abschlagen.“

Verhaltener Jubel erklang, den Randy nicht wahrnahm… er starrte den Lautsprecher der Brücke an, dann wanderte der Blick zu dem Lautsprecher, dessen Abdeckung heruntergefallen war. „Leck mich am…“ Randy sprang auf, rannte zum Lautsprecher und versuchte diesen von der Wand zu reißen „Jerome! Werkzeug! Ich brauche den Lautsprecher!“
Während Jerome, ohne Fragen zu stellen, losrannte um passendes Werkzeug zu besorgen, fragte Dursa’lan scharf, „Kaufmann! Was soll das?!“
„Ich rette das Leben meiner Freundin! Und ganz nebenbei auch unseres!“

**

Todesschatten

„Das ging gerade noch einmal gut.“ Brummte Tamar erleichtert. Auch er und die gesamte Besatzung des Todesschatten hatten den Angriff auf die Noven’man mitverfolgt. Nachdem das U-Boot die Unterwasserstation der Piraten zerstört hatte, warf es sich nun in den Kampf um die Küste.
„Kapitän, Soulebda fragt an, ob wir der Novel’ult helfen können.“ Rief Miriam Yael aus der Zentrale.

„Adaddon!“ rief Tamar. „Bericht!“
„Unsere Abfänger haben bis jetzt acht Torpedos abgefangen und auch der Noven’man den Arsch gerettet, aber das waren neue MU90-Torpedos. Laut GIPSY liegen vor der Westküste alte Kolibris auf der Lauer.

Die alten Dinger können wir vielleicht mit einem Sukaulak abfangen, aber wenn der Torpedo zu nah an der Novel’ult aktiviert wird und wir zusätzlich einen Sukaulak abschießen… dann vergrößern wir den Schaden allenfalls.“

„Ok! Adaddon! Rohre eins bis drei mit Sukaulaks laden, vier und fünf mit Abfängern! Yael, Kurs auf die Novel’ult! Sagen sie ihr, sie soll liegen bleiben bis wir da sind!“
„Kapitän!“ rief Beredin aus dem Sonarraum. „Die Novel’ult nimmt Fahrt auf!“
„Yael, Klarspruch an Novel’ult! Stoppen sie die Maschinen, bis wir bei ihnen sind!“
„Zu spät!“ rief Beredin. „Torpedo im Wasser! Ziel Novel’ult, Einschlag in zwei Minuten!“
„Adaddon, können wir einen Sukaulak abfeuern?!“
„Nein! Wir sind zu weit entfernt und der Kolibri ist zu nah!“

**

Todesschatten

„Einschlag auf der Novel’ult in fünfzig Sekunden!“
„Adaddon, können wir feuern?!“
„Nein, wir sind noch zu…“
„AAHH, Hölle noch mal!“ Beredin riss sich den Kopfhörer herunter, schaltete auf Lautsprecher und ein Orgelspiel, das aus der Hölle selbst zu kommen schien, erfüllte den Sonarraum.

„Beredin! WAS IST DAS?!“ brüllte Tamar.
„Das ist Mr. Crowley von Ozzy Osbourne!”
“Ich weiß, dass das Ozzy Osbourne ist! Was macht der fucking Prince of fucking Darkness hier in der Südsee?!“
Gerade als Beredin antworten wollte, erschütterte eine Explosion den Todesschatten und das Orgelspiel verstummte so schnell, wie es erklungen war.
Während sich Beredin die Kopfhörer wieder aufsetzte, sahen alle betroffen und voller Sorge zu ihm.
„Beredin?“ fragte Tamar leise.

„Das gibt’s nicht…“ murmelte der und drehte an einem der Regler. „Die Novel’ult! Sie läuft weiter volle Kraft! Die Piraten haben sie verfehlt und Ozzy Osbourne versenkt!“

**

Novel’ult

Achtzig Meter steuerbords der Fregatte stieg eine gewaltige Wassersäule empor.
„Mein schöner neuer IPod.“ Trauerte der junge Leutnant Jørgensen seinem Gerät nach, welches gerade in seine Atome zerlegt wurde.
„Mein Sohn, wenn wir diesen Wahnsinn überleben, kaufe ich ihnen den neusten und besten IPod, den es auf der Welt gibt.“ Sagte Dursa’lan, der nicht glauben konnte, dass Randys Plan tatsächlich funktionierte.
„Torpedo im Wasser!“ rief der Sonaroffizier der Fregatte. „Entfernung einundzwanzig Hundert von Backbord! Einschlag in zwei Minuten, zwölf Sekunden!“

Dursa’lan trat auf die Offen Brücke und sah zum hinteren Teil des Schiffes wo Randy, sein erster Offizier Carlim’ba, der Waffenspezialist Godev’jet und ein Teil der Mannschaft dabei waren einen der ferngesteuerten Tauchroboter auszusetzen.
„KAUFMANN! ZWEI MINUTEN! ER KOMMT VON BACKBORD!“ rief er ihnen zu.
Randy nickte ohne aufzublicken und verband das Handy des ersten Offiziers mit dem Lautsprecher der Messe.
„Sind sie sicher, dass das klappt?“ fragte Carlim’ba.
„Mit dem IPod hat’s auch geklappt. Einpacken!“
Sofort sprang Godev’jet hinzu und stülpte eine Plastiktüte um die Konstruktion. „Das wird nicht lange halten!“ meinte er.
„Wenn es eine Minute hält reicht das!“ kommentierte Carlim’ba trocken, denn von den zwei Minuten war eine schon um.
„LOS!“
Gemeinsam mit Godev’jet hob Carlim’ba den Tauchroboter an und warf ihn kurzerhand über die linke Bordwand.
„Wieviel dieser Dinger haben sie“ fragte Jerome auf der Brücke Kapitän Dursa’lan, während sie zusahen, wie der Mienensucher sich von der Novel’ult wegbewegte.
„Das ist Nummer zwei von vier!“ antwortete der Kapitän und sah wie Randy und seine Mannschaft schon den dritten Tauchroboter mit einem Lautsprecher versahen.

**

Todesschatten

„Treffer auf der Novel’ult in fünfundvierzig Sekunden!“
Tamar sah seinen Waffenoffizier an, der den Kopf schüttelte und biss die Zähne zusammen.
„Da ist es wieder!“ rief Beredin, schaltete auf Lautsprecher und erneut erklang laute Musik in der Zentrale. Gerade einmal sechsunddreißig Sekunden schmetterte Alice Cooper „Poison“, dann brachte ihn eine Detonation zum Schweigen.
„Ich werde noch Rock-Fan, die Novel’ult fährt weiter!“ Beredin hob den Daumen um zu zeigen, dass die Fregatte auch diesen Angriff überstanden hatte.

**

Novel’ult

„Schadensmeldung!“ rief Dursa’lan.
Der Torpedo war weniger als fünfzig Meter rechts der Fregatte explodiert und hatte das Schiff gewaltig durchgeschüttet.
Nach und nach kamen die Meldungen der einzelnen Stationen und der Kapitän konnte sich ein erstes Bild vom Schaden machen.
„Wir haben ein paar Verletzte zu beklagen, hauptsächlich Knochenbrüche.“ Meldete Jørgensen. „Am Schiff bislang keine gravierenden Schäden.“
Dursa’lan blickte zum Heck wo Randy und sein Team weiterarbeiteten, nachdem es durch die Explosion über das Deck gewirbelt wurde.
„Verdammt 1O, sie haben sich den Arm gebrochen!“ stellte Godev’jet fest, als sie wieder am Mienensucher arbeiteten. „Los wir tauschen! Sie übernehmen das eintüten, ich das Schrauben!“

„Normalerweise gebe ich hier die Befehle!“ antwortete Carlim’ba.
„Normalerweise lassen wir uns auch den Arsch von irgendwelchen Rockstars retten! Fertig!“ Godev’jet verband mit einem Lautsprecherkabel sein eigenes Handy mit dem Bluetooth Lautsprecher der Unteroffiziersmesse und Carlim’ba stülpte trotz eines abenteuerlich abgewinkelten Arms eine Plastiktüte über die Konstruktion, die Randy mit einem Kabelbinder verschloss, als die Schiffsirene losheulte.

Bevor Randy sich fragen konnte, was geschah, drehte die Fregatte scharf nach Steuerbord und alle Geschütze spien Feuer.
„Raketenangriff!“ reif Carlim’ba, als der RIM-116 und die MLG 27 Maschinenkanonen die anfliegenden Raketen unter Beschuss nahmen.
Doch dieses Mal hatte niemand am Heck der Novel’ult Zeit zu sehen, ob die Abwehr Erfolg hatte, denn der vierte Tauchroboter musste zum Einsatz vorbereitet werden.
Die erste Rakete wurde schon zu Beginn der Abwehr von einer Rakete des RIM-116 getroffen, dann schlugen die 30mm Geschosse der Maschinenkanone in die Nase einer anfliegenden Antischiffrakete, die ins Meer stürzte. Die beiden verbliebenden Raketen hielten weiter auf die Fregatte zu, dann hatte Hauer die Sache im Griff und Detreptis ließ die Raketen abdrehen.

Der ganze Angriff hatte nur Sekunden gedauert, doch der Kurswechsel hatte die Novel’ult in den Bereich eines weiteren Torpedos gebracht.
„Torpedo im Wasser!“ wurde Dursa’lan gemeldet.

**

Todesschatten

„Diesmal zerlegt es Iron Maiden.“ sagte Beredin, als „Run to the Hills“ ertönte.
„Zumindest haben unsere Freunde einen guten Musikgeschmack.“ Kommentierte Yael das Geschehen.

**

Novel’ult

Da die Novel’ult diesmal ein paar Sekunden mehr Zeit gehabt hatte, traf der Torpedo den Tauchroboter gute einhundert Meter vom Schiff entfernt. Erneut wuchs eine gewaltige Wassersäule in die Luft und die Erschütterung ließ alle erzittern, doch gegenüber dem letzten Torpedo, war die Explosion harmlos.

„Wir haben nur noch einen Mienensucher und laut GIPSY sind noch drei Torpedos in unserer Nähe!“ teilte Jørgensen Dursa’lan mit.
„Gehen sie zu Carlim’ba, wir setzen bei den nächsten Angriffen zwei Rettungsinseln aus!“
Während der junge Austauschoffizier zum Heck der Fregatte lief hoffte Dursa’lan innständig, dass ihre Glückssträhne weiter anhielt.

**

Todesschatten

„Beredin, was war das für eine grauenvolle Musik?“ fragte Tamar, als der Vierte Torpedo explodierte und die Novel’ult noch immer volle Fahrt machte.

„Keine Ahnung Kapitän, die gehört nicht zu meinen Favoriten.“
„Das war Justin Bieber“ meldete sich eines der jüngeren Besatzungsmitglieder in der Zentrale.

„Ok“, brummte Tamar, „den hätte ich auch versenkt.“

Beredin sah wie Miriam sich auf die Lippen biss und sich abdrehte damit sie niemand in dieser ernsten Situation lachen sah und nicht wenige Besatzungsmitglieder in Tamars Nähe pressten die Kiefer fest zusammen.

**

Novel’ult

„Kapitän, wann ist das Dorf in Reichweite?“ wollte Jerome wissen.
„In drei Meilen ist es soweit, aber um präzise Feuern zu können, müssen wir noch zwei Meilen weiterfahren, bevor wir schießen. Wir wollen doch nicht unsere eigenen Leute treffen. Commander, ich schlage vor, sie bereiten ihre Soldaten auf das Ausbooten vor.“

Als Jerome die Brücke verließ, überschlugen sich die Ereignisse.
„Torpedo im Wasser! Entfernung achtzehnhundert! Nähert sich von Steuerbord!“

„Ruder hart Backbord!“ befahl Dursa’lan und die Fregatte änderte ihren Kurs nach links, als der Sonaroffizier einen zweiten Torpedo meldete.
„Zweiter Torpedo! Entfernung vierundzwanzighundert an Backbord!“
„Verdammt!“ fluchte Dursa’lan, denn Fregatte hielt nun direkt auf den zweiten Torpedo zu.
„Zehn Strich Steuerbord! Maschine, volle Kraft und scheiß auf alle roten Anzeigen!“

Während im Maschinenraum alle Zeiger in den tiefroten Bereich wanderten, warfen Randy und Godev’jet und der „einarmige“ Carlim’ba eine Rettungsinsel über Bord. An der Seite der Rettungsinsel, war mit einem Tau ein Beutel befestig, der einen Satz PC Lautsprecher, eine Batterie, und Godev’jet Handy beinhaltete.
„Das ist unser letztes As!“ rief Randy, und stemmte mit dem Technikspezialisten die zweite Rettungsinsel über die Reling die Dursa’lan Laptop davontragen würde.
Kaum war die erste Insel von der Fregatte frei, ließ Dursa’lan den Kurs erneut ändern und schlug einen weiteren Haken, doch insgeheim wusste er, dass sie das Glück diesmal verlassen hatte.

**

Die beiden Rettungsinseln waren weniger als einhundert Meter voneinander entfernt, als der erste Torpedo AC/DC zum Schweigen brachte, doch die Schockwelle ließ den Laptop am zweiten Köder für einen kurzen Augenblick verstummen. Diese Zeit reichte dem letzten Torpedo aus, die Schrauben der Novel’ult anzuvisieren. Er zischte an der Rettungsinsel vorbei und hielt auf das Heck der Fregatte zu. Ohnmächtig standen Randy, Godev’jet und Carlim’ba am Heck und sahen die Torpedospur auf sich zukommen, als ein Blitz durch das Wasser raste und den Torpedo vierzig Meter vor der Novel’ult traf. Eine gigantische Wasserwand erhob sich und ergoss sich über den hinteren Teil der Fregatte, die hin und her geschleudert wurde und spülte die drei gegen die Aufbauten.

„Bist du Ok?!“ schrie Godev’jet Randy an.
Der nickte nur und gemeinsam hasteten sie zu Carlim’ba, der halb besinnungslos auf dem Bauch dalag. Godev’jet drehte ihn herum und der erste Offizier der Novel’ult öffnete die Augen.

„Geht’s ihnen gut?!“
Carlim’ba nickte halb betäubt und sah auf seien Arme, die nun beide seltsam abstanden.

„So eine Scheiße“, fluchte der Seemann, „Das hat mir noch gefehlt! Haben sie schon einmal versucht, mit zwei gebrochenen Armen zu pinkeln?!“

**

Todesschatten

„Adaddon, das war ein verdammt guter Schuss!“ lobte Tamar seinen Waffenoffizier. „Yael, sagen sie der Novel’ult, dass wir ab jetzt übernehmen und sie keine weiteren Musikköder auslegen müssen.“
„Verstanden Kapitän, wobei… der hier passt.“

„Ach ja? Beredin, was tönt der Lautsprecher da über uns?“
„Deep Purple, Kapitän, Smoke on the Water.“

**

Nördlich des Dorfes

„Verdammt! Hört mit der Schießerei auf!“ schrie Aang. „Schießt nur, dann, wenn ihr sicher seid!“
Von sechzig Piraten waren noch fünfundvierzig übrig. Die anderen fünfzehn lagen tot hinter ihnen. Aang, der nicht verstehen konnte, dass es Leon Baldwerde nicht geschafft hatte die Angreifer zu stellen, wurde schnell eines Besseren belehrt. Durchschnittlich kostete ihn jeder Abschnitt von 80 Meter, einen seiner Männer. Bis zum Dorf waren es noch zwei Kilometer und wenn die Angriffe anhielten, würde von seinem Trupp dann nicht mehr viel übrig sein!

Dabei hatten sie ihre Gegner nur ein einziges Mal gesehen… drei Frauen stellten sich ihnen entgegen…drei gegen sechzig, und er verlor! Doch das schlimme dabei war der Spott, mit denen die drei ihn und seine Männer verhöhnten, sie spielten mit ihnen!

Als Aang mit seinem Trupp aufbrach, standen die drei Frauen plötzlich vor ihnen. Selbst Aang war so überrascht, dass er nicht sofort schoss.

„Dreht um und lauft um euer Leben!“ hatte ihn die mittlere Frau gewarnt. „Einen Schritt weiter und ihr werdet alle sterben.“

Jetzt da der erste Schock überwunden war, grinsten Aang und die anderen Piraten noch. „Und wer will uns aufhalten?“ fragte einer aus der Truppe.

„Wir werden euch aufhalten!“
„Und wer seid ihr?“ wollte der Mann spöttisch wissen.

„Wir? Wir sind der Zorn Soulebdas!“ und genau so plötzlich wie die Frauen aufgetaucht waren, so plötzlich waren sie verschwunden und das Grauen nahm seinen Lauf.

**

Vorsichtig bewegten sich die Piraten mit Aang an der Spitze durch den Dschungel und jeder erwartete einen Angriff. Der kam auch, doch nicht vorne an der Spitze der Kolonne, sondern am Ende. Mit Leichtigkeit hätten Ma’fretama, Hyla‘hars und Lerf’tarste die Piraten dezimieren können, doch vielleicht würden sie die Piraten, welche das Dorf durch die Felder angriffen, um Hilfe rufen und so Iduna und die anderen entlasten. Also griffen sie das Ende der Kolonne an.

Den ersten Piraten griff sich Ma’Feratama. Er ging am Ende der Kolonne und konzentrierte ich voll auf das, was vor ihm und seitlich von ihm war, doch nach hinten achtete er nicht und so hatte Ma’fretama leichtes Spiel.

Ohne, dass der vorausgehende Pirat etwas bemerkte, sankt sein Hintermann mit einer Klinge zwischen den Rippen zu Boden. Ma’fretama zog dem Piraten die Pistole aus dem Hosenbund und warf sie Hyla’hars zu. Der Pirat, der nun ohne es zu wissen am Ende der Kolonne ging, sah einen Pistolenlauf vor seinen Augen auftauchen, dann knallte es.

Am Ender der ersten Attacke lag ein dritter Pirat tot da, der von einem andren versehentlich erschossen wurde.
„Aufhören! Hört auf zu schießen!“ befahl Aang. „Bildet einen Kreis!“
Schnell kamen die Piraten seinen Anweisungen nach, doch einen Kreis mitten im Dschungel zu bilden, erwies sich als schwer.

„Bleibt eng zusammen und achtet auf das, was vor euch ist!“
Nun bewegten sich die Männer wie eine Schildkröte durch den Dschungel, was den Kriegerinnen das Angreifen zwar schwerer macht, doch nicht unmöglich.
„Du blutest!“ stellte Lerf’tarste fest und zeigte auf Ma’Fretama Hüfte.
„Einer der Kres’tu hat den Baum neben mir getroffen und ein Splitter hat mich erwischt. Aber keine Sorge, das ist nicht weiter schlimm.“
„Sie ändern ihre Taktik!“ stellte Hyla’hars fest.
„Wenn ich mir den Anführer schnappe, laufen sie wie die Hasen.“ Meinte Ma’fretama.
„Nein, den brauchen wir noch, er soll entweder um Hilfe rufen, oder diese armseligen Gestalten auf die freien Felder führen, dann haben unsere Freunde den Rücken frei.“ Antwortete sie.
„Na schön, dann schnappe ich mir immer den, welcher gerade neben ihm steht. Mal sehen, wie ihm das Spiel gefällt.“

**

Der Mann links neben Aang achtete genau und angestrengt auf das Gelände vor sich, schließlich konnte hinter jedem Baum oder Gestrüpp der Tod lauern… und der kam gnadenlos. Aang hörte ein Röcheln, dann brach der Mann links neben ihm mit einem spitzen Ast im Hals zusammen. Das herumspritzende Blut tat sein Übriges und schon eröffneten alle Piraten das Feuer auf den unsichtbaren Feind.

Nur drei Meter über Aang schüttelte Ma’fretama den Kopf. Sie wusste, dass die meisten Menschen, welche ihre Umgebung beobachten, selten direkt nach oben schauten. Verschmolzen mit den Ästen des Baumes sah sie, wie ihre Schwestern hinter dicken Stämmen warteten, bis die Piraten das Feuer einstellten.

**

So ging es immer weiter, Hyla‘hars und Lerf’tarste schlugen zu. Jedes Mal, wenn die Piraten wild um sich schossen, tötete Ma’fretama den Mann neben Aang. Der wusste, spätestens als der dritte Mann neben ihm starb, dass die Soulebdalesen mit ihm spielten.

„Ihr Scheißweiber!“ brüllte er voller Wut und versuchte angestrengt eine der Furien auszumachen, doch alles was er hörte, war ein höhnisches Lachen, welches aus allen Richtungen zu kommen schien.

„Ihr geht in die falsche Richtung, Kres’tu. Wenn ihr schnell genug zurückrennt, entkommt der eine oder andere vielleicht.“
Aang sah die Furcht in den Gesichtern der Männer um sich herum und wusste, dass die Gruppe nicht mehr weit von einer Panik entfernt war.
Das schlimme war, dass die Männer, immer wenn die Kriegerinnen zuschlugen, alle wild umher schossen und somit ihre Munition verschwendeten, das musste aufhören! Sie waren noch über einen Kilometer vom Dorf entfernt, als auch schon der erste Mann rief, dass er keine Munition mehr hatte.

„Gib mir ein Magazin.“ Forderte der Mann den Piraten neben sich auf.
„Leck mich!“ antwortete dieser und dachte nicht daran, seine wertvollen Kugeln herzugeben, solange sie von diesen Furien angegriffen wurden.
Das brachte das Fass zum überlaufen. Der Pirat ohne Munition hob sein AK47 und schlug seinem Nebenmann von hinten den Schädel mit dem Gewehrkolben ein. „So du Arschloch!“ brummte er und bückte sich, um das Gewehr und die Munition aufzuheben, als der Tumult ausbrach. Jeder wollte ein paar Kugeln haben und stürzten auf den Toten, oder die Männer versuchten, sich gegenseitig Munition abzunehmen.

„Diese Spielverderber!“ schimpfte Lerf’tarste zu ihrer Schwester Hyla’hars. „Das ist unser Job!“
Aang schoss dem Mann, welcher den Streit angefangen hatte, mit seiner Pistole in den Kopf und schrie alle anderen an.
„Schluss jetzt! Ihr Idioten! Seht ihr denn nicht, was hier geschieht?!

Statt diese Weiber zu töten, bringen wir uns gegenseitig um! Ihr werdet euch jetzt zusammenreißen und der erste der aus der Reihe tanzt, lege ich persönlich um! Wir teilen jetzt die Munition auf und jeder bekommt dieselbe Anzahl Kugel! Derjenige, der schießt, ohne dass er eines der Weiber sieht, stirbt! Verstanden?!“

„Der Witz war gut, Kres’tu!“ kam eine Stimme aus dem Dschungel, „uns sehen! Keiner von euch jämmerlichen Gestalten sieht uns!“
„Hört nicht auf sie!“ schrie Aang. „Wir gehen weiter und jeder achtet auf seinen Nebenmann!“

Niemand wagte Einspruch zu erheben und Aang überwachte das Aufteilen der Munition, als er leise Schüsse links von sich hörte. Die anderen griffen das Dorf an, während er sich hier durch den Dschungel quälte. „Verdammt, die greifen viel zu früh an!“ fluchte er und überschlug seine Optionen.

Knapp die Hälfte des Weges hatte eine Stunde Zeit und ein Drittel der Männer; sowie ein Großteil der Munition gekostet. Selbst wenn er es mit einem kleinen Rest der Männer bis zum Dorf schaffen würde, hätten die keine Kugeln mehr und da machte sich Aang nichts vor, sobald die Munition verschossen war, würden diese Weiber über sie herfallen! Er musste das hier beenden!
„Wir gehen zu den Feldern! Dort können sie uns nicht überraschen!“

**

„Sie gehen zu den Feldern.“ Stellte Lerf’tarste fest.

„Gut sagte Hyla’hars. „Ma’fretama, jetzt gehört der Anführer dir.“
„Danke Schwester. Dann wollen wir mal sehen, wie schnell die Kres’tus rennen können!“

**

Nun änderten die Kriegerinnen ihre Angriffe.
Sie schlugen nicht mehr aus dem Schatten zu, sie zeigten sich! Hyla’hars tauchte aus dem Nichts auf, ließ zwei Klingen wirbeln, tötete einen Piraten und schrie wie eine Furie, dann war sie verschwunden. Noch während alle erschrocken schauten, woher der Angriff kam, stürzte sich Lerf’tarste zwischen die Piraten, nur um direkt wieder um den Schatten zu treten.

Viele Piraten begannen, Angs Befehle hin oder her, wild um sich zu schießen und schon schlugen die Kriegerinnen erneut zu, als die Panik siegte. Der erste Pirat lief los und weitere folgten.

Damit war das Caos perfekt. Die übriggebliebenen achtunddreißig Piraten rannten um ihr Leben in Richtung der Felder.

Als Aang klar wurde, dass er die Panik nicht aufhalten konnte, nahm er die Beine in die Hand und rannte seinen Männern hinterher. Schüsse und Todesschreie folgte den Piraten, die immer weniger wurden. Nur knapp die Hälfte der Männer erreichte den Rand des Dschungels und das nur, um vom Regen in die Traufe zu kommen.

Aang sah schon die Felder, als er einen heißen Schmerz am Bein spürte und stolperte. Noch im Fallen versuchte er, seine Waffe auf seinen Angreifer zu richten, doch Ma’fretama war schneller. Als Aang versuchte, sich aufzurichten, kam ein weiterer grausamer Schmerz hinzu. Er sah auf die Klinge in seinem Bauch und folgte mit seinem Blick der Hand daran, dem Arm bis zum Gesicht Ma’Fretama und deren glühenden Augen.

„Wer zum Teufel bist du verfluchtes Miststück?!“ fragte er Blut hustend.

„Ich bin der Zorn Soulebdas – und jetzt stirb!“
Mit einem kräftigen Stoß trieb Ma’Fretama Aang ihr Messer durch die Brust in sein Herz.

**

Die Piraten der ersten Gruppe hatten sich auf zweihundert Meter dem Dorf genähert, als Iduna den Ersten mit einem gezielten Schuss ausschaltete. Normalerweise hätte sie gewartet, bis alle Piraten in Reichweite ihrer Waffen waren, doch Iduna wollte die Piraten solange wie möglich auf Abstand halten. Ihr Plan ging auf, denn als der erste Pirat umfiel, krochen die anderen nur langsam weiter.

„Hört mal!“ sagte Iduna, als rechts von ihnen Schüsse zu hören waren. Immer wieder bellte eine Vielzahl von Gewehren auf, um dann zu verstummen. Dann nach einigen Minuten wiederholte sich das Ganze.
Dennoch die Schüsse kamen immer näher…

„Wenn die so weitermachen“, meinte Oksana zu Rafaela, „werden sie bald keine Munition mehr haben.“
„Ich hoffe die Typen vor uns, sind auch solche Amateure.“ Antwortete die brasilianische Schönheitskönigin.
Auf der anderen Seite des Dorfes sah Fabienne wie sich zwei Piraten auf dem Boden kriechend näherschoben.

„Den erwische ich.“ flüsterte Finja und legte ihr Gewehr an. Sie ließ sich viel Zeit und als Fabienne schon fragen wollte, ob sie das Ziel verloren hatte, peitschte ein Schuss auf und ein Schrei tönte über die Felder.

„Guter Schuss.“ Lobte Fabienne ihre „Schwester“.
„Ich bin eben eine echte Steppennomadin.“ Grinste Finja.
Doch nun begannen die Piraten das Feuer zu erwidern. Irgendeiner von ihnen musst so etwas wie militärische Erfahrung haben, denn etwa die Hälfte schoss, während die anderen vorwärts krochen. Dann feuerten diese und die erste Hälfte kroch näher. Dazu kam, dass auf der Gegenseite ein MG anfing, Feuer zu spucken.

Die Barrikaden am Dorfrand wurden mit Kugeln eingedeckt und die Verteidigerinnen zogen die Köpfe ein.
„Dana! Wo bleibt die Novel’ult?“ rief Iduna.

Dana versank kurz in Gedanken, dann rief sie zurück. „Sie werden von Torpedos aufgehalten!“

Nach zehn Minuten, hatten sich die Piraten auf einhundert Meter genähert und ihr Feuer lag präziser. Doch auch Fabienne und Finja, sowie Oksana und Rafaela konnten mit ihrem Feuer von der Seite her, einen weiteren Vormarsch zwar nicht verhindern, aber verlangsamen.

Anders als die Piraten, mussten die Kriegerinnen mit ihrer Munition haushalten, da sie nur die Menge an Munition hatten, welche Ma’fretama erbeutet hatte, dafür hatten die Verteidigerinnen fast alle militärische Erfahrung und erzielten mit kurzen Feuerstößen eine gute Wirkung.

Dennoch kamen die Piraten immer näher, doch fünfzig Meter vor dem Dorf war Schluss. Hier begann die Todeszone, wo sich die Feuerbereiche der Kriegerinnen überlappten.
Iduna lud gerade ihr Type95 nach, als mehrere heftige Explosionen zu hören waren und die Erde zu beben schien.

Der Angriff Soulebdas begann! Am Horizont sah sie die Jagdbomber und Jäger über die Insel fliegen. Raketen stiegen auf und mehrere Jagdbomber warfen Gegenmittel ab, um die Raketen abzulenken. Da das Dorf etwas erhöht lag, bot sich den Verteidigerinnen ein beeindruckendes Bild, als überall auf den Hügeln und dem Urwald Explosionen aufstiegen.

Dann sahen sie, wie sich große Raketen aus dem Urwald erhoben und auf das Meer zuflogen und dort wo das Hauptlager der Piraten lag, erklang heftiger Kampflärm. Nun wusste alle, die Hilfe kam!

Doch das erkannten auch die Piraten, die wussten, dass sie nur noch ein Ass im Ärmel hatten, die Geiseln! Und diese mussten sie so schnell wie möglich in ihre Gewalt bringen! Und so bekam der Angriff der Piraten neuen Schwung, der noch von den Piraten unterstützt wurden, welche sich aus dem Dschungel zu den Feldern gerettet hatten.

Oksana hatte einen erhöhten Platz und konnte den Bereich vor dem Dorf gut bestreichen, doch zwei Piraten hatten es geschafft sich in den toten Winkel unterhalb ihrer Stellung zu kommen, als das MG ihre Stellung mit Kugeln eindeckte und sie den Kopf einziehen musste. Fabienne und Finja, die ebenfalls alle Hände voll zu tun hatten, bemerkten die beiden Kerle nicht, doch als die beiden zum Sprung ansetzten, erschienen plötzlich drei Gestalten aus dem Nichts und töteten sie mit ihren Messern.

„Da vorne kriecht noch einer.“ Sagte Ma’fretama. „den hole ich mir!“
Hyla‘hars und Lerf’tarste schnappten sich der Waffen der Toten und griffen nun in den Kampf am Dorfrand ein.
„VERA!“ rief Sarah als sie sah, wie Sakura von der Barrikade nach hinten geschleudert wurde. Sie packte ihre Waffe und rannte mit Vera zu der Japanerin, die regungslos dalag. Während Vera sich auf Sakura stürzte, sah Sarah, wie ein Kopf sich über die Barrikade hob und schleuderte ihr Messer mitten in das Gesicht, dann hatte Sarah Sakuras Platz eingenommen und feuerte auf die Piraten, welche sich wenige Meter vor dem Dorf befanden.

„Vera?!“
„Sie hat‘s böse erwischt. „Halt mir die Kerle vom Leib, dann schafft sie es vielleicht!“

„An mir soll’s nicht liegen!“ antwortete sie und schoss weiter. „Aber ein kleines Wunder wäre nicht schlecht.“ Ergänzte sie, als sie sah, wie die Piraten, welche Ma’fretama und die anderen aus dem Dschungel gejagt hatten, nun auch in Richtung Dorfrand rannten und nur noch einhundert Meter entfernt waren.

**

Das Wunder kam! Ein neues Geräusch erklang. Ein Reißen sauste durch die Luft, dann stieg kurz hinter den Piraten eine Erdfontäne in die Höhe. Die Novel’ult war da!
Dann folgte eine zweite Granate, diesmal zwischen den beiden Gruppen. Sarah blickte kurz zu Dana, die wie erstarrt auf das Vorfeld des Dorfes starrte und wusste nun, wie das Feuer der Novel’ult geleitet wurde.

**

Novel’ult

Auf der Brücke der Fregatte stand Randy mit geschlossenen Augen da und nickte leicht.
„Dreißig Meter vor… zwanzig Meter nach rechts.“
Der Artillerieoffizier der Novel’ult führte Randys Anweisungen aus und korrigierte die Ausrichtung der Kanone, während das Geschütz eine weitere Granate verschoss.

„Wie funktioniert das?“ wollte Leutnant Jørgensen wissen.
„Das werdet ihr modernen Europäer nie verstehen.“

Antwortete Kapitän Dursa’lan, dann rief Randy. „Wie liegen deckend!“

„AO! Schnellfeuer!“ befahl Dursa’lan und das 76/62 Compact Geschütz spie Feuer und Verderben.

**

Sechzig Meter vor dem Dorf erhob sich eine Wand aus Feuer vor den Piraten, die niemand durchdringen konnte. Doch nun verstand auch der letzte Pirat, dass es nur eine Richtung gab… Wenn sie überleben wollten mussten sie ins Dorf!

**

Novel’ult.

„Wir haben die Lage vor dem Dorf unter Kontrolle, aber direkt vor dem Dorf liegen noch etwa dreißig Piraten.“ Teilte Randy mit dem Kapitän und schaute durch ein großes Fernglas zur Küste, wo Jerome mit den Soldaten den Hang hinaufstürmte um zum Dorf zu kommen.

„Wir können das Feuer nicht weiter nach hinten verlegen, ohne Gefahr zu laufen die Geiseln zu treffen.“ Antwortete Dursa’lan. „Wir können nur verhindern, dass niemand den Piraten zu Hilfe kommt. Sagen sie ihrer Freundin, dass die Garde in zehn Minuten bei ihnen ist.“
„Gibt es denn nichts, was wir sonst tun könnten?!“

„Fragen sie bei den Condors an!“ wies Dursa’lan den Funkoffizier an und drehte sich dann zu Godev’jet „Nehmen sie den Hubschrauber und zehn Marineinfanteristen!“
Godev’jet bestätigte den Befehl und rannte los als Dursa’lan sich Randy zuwandte. „Was stehen sie da noch rum? Schnappen sie sich eine Waffe und ab in den Hubschrauber!“

**

Über Makira

„Condor drei an Condor sieben! Status!“
„Hier Condor sieben.“ Bestätigte Ferh’larh, die Pilotin einer F/16 Falcon, welche die mobilen Radargeräte angegriffen hatte und über den Westteil Makiras flog. „Bin auf Rendezvouskurs mit Tanker.“
„Wie viel Flugzeit haben sie noch?“
„Sieben Minuten.“
„Drehen sie eine Schleife nach Westen und melden sie die Lage der eigenen Kräfte dort!“
„Verstanden!“ Ferh’larh änderte den Kurs und flog über Tawaiabu weiter nach Westen, wo das Feuer der Novel’ult deutlich zeigte, wo die eigenen Kräfte am Boden kämpften. Als Ferh’larh das Dorf überflog brannte Jubel unter den befreiten Geiseln auf, obwohl ihnen Die Kugeln um die Ohren pfiffen.
„Hier Condor sieben, Lage ernst! Feindliche Kräfte unmittelbar am Dorfrand!“

„Sehen sie eigene Landungskräfte?“
„Warten sie!“ Ferh’larh stieg etwas höher und sah wie Jerome und die Garde auf das Dorf vorrückten, doch noch mehrere Hundert Meter entfernt waren und sie sah den Hubschrauber der Fregatte, welcher sich der Küste näherte.

„Ja, doch die werden nicht rechtzeitig eintreffen.“
„Wie ist ihr Waffenstatus?“
„Ich habe verschossen!“ Antwortete Ferh’larh, die ihre Bomben alle auf die von Esrom markierten Ziele abgeworfen hatte. Zwar hatte sie noch einhundertdreißig Schuss in ihrer Bordkanone, doch die Piraten waren viel zu nah am Dorf um diese einsetzen zu können.
„Verdammt!“ fluchte Bernd in seiner Condor. „Verstanden. Gehen sie Rendezvous mit dem Tanker.“

„Verstanden.“ Bestätigte Ferh’larh wollte abdrehen, doch sie konnte nicht! „Achtung! Condor sieben bleibt vor Ort!“ Wenn sie schon nicht angreifen konnte, würde sie wenigstens ihre Kriegerinnen unterstützen! Nur ein paar Momente Zeit herausschlagen… Zeit bis die Soldaten das Dorf erreichen würden…Ferh’larh drehte ihre Falcon um und flog zum Dorf zurück, dort ging sie tiefer und überflog die Piraten in geringer Höhe, die tatsächlich den Kopf einzogen, doch schon schnell mitbekamen, dass ihnen die F/16 nichts anhaben konnte.

**

200 Meilen südöstlich der Salomonen

Zweihundert Meilen südöstlich der Salomonen zeichnete der Hexenbesen den gesamten Angriff auf und leitete die Daten in Echtzeit an die USS Theobald weiter.

Dort, im Lage-Raum des Flugzeugträgers, saßen Folkers und Barris und verfolgten den Angriff Soulebdas auf die Piratenhochburg mit, welcher ein Keyhole live übertrug. Als sich der Angriff Soulebdas abzeichnete, richteten sich alle Augen der Amerikaner und sicher auch die Augen der Russen und Chinesen auf die Insel Makira. Und allen wurde sie Zeuge, dass Soulebda wusste, wie sie es seine Armee einzusetzen wusste!
„Captain“, meldete sich der CAC, der ebenfalls in der Zentrale der Theobald anwesend war, zu Wort, „erbitte Erlaubnis Condor sieben einen Vorschlag zu machen!“
Barris blickte zu Folkers, der kaum sichtbar nickte, und antwortete, „Erlaubnis erteilt!“

**

Über dem Dorf

„Homebase an Condor sieben!“ kam eine unbekannte Stimme über den Funk. „Bitte bestätigen sie.“
„Hier Condor sieben, ich höre, Homebase.“ Antwortete Ferh’larh verwirrt, denn sie wusste, das Homebase der Rufname der USS Theobald war.
„Condor sieben, wir empfehlen ihnen folgendes Flugmanöver…“

**

„Meinen sie das im ernst?!“ wollte Ferh’larh von dem CAC wissen.
Diese Manöver, hatte sich ein US Pilot ausgedacht, welcher sich, während der Operation Dessert Storm, in einer ähnlichen ausweglosen Situation befand und während der CAC Ferh’larh das Manöver in allen Einzelheiten erklärte, schüttelte nicht nur Ferh’larh ungläubig den Kopf.
„Das ist völlig verrückt!“, kommentierte Esrom.
„Das würde nicht mal ich wagen.“ Stimmte Bernd seinem Copiloten zu.
„Homebase“, rief Ferh’larh die Theobald, „Wie oft wurde das Manöver ausgeführt?“
„Bis jetzt… einmal!“ antwortete der CAC wahrheitsgemäß.
Ferh’larh schloss kurz ihre Augen, dann traf sie ihre Entscheidung und riss die Falcon nach oben.
„Mualebda, steh mir bei!“
Bernd, der wusste, dass Condor sieben, ganz gleich was er befehlen würde, dieses verrückte Flugmanöver ausüben würde, gab ihr seinen Segen. „Condor sieben, sie haben grünes Licht!“
„Danke Condor drei!“
Ferh’larh stieg höher und höher, bis sie weit über Marika stand, dann ließ sie die Falcon über die rechte Tragfläche nach unten kippen und ging in einen Sturzflug über. Als die Nase dem Boden entgegenraste, zündete Ferh’larh den Nachbrenner!

**

Randy, der gerade aus dem Hubschrauber der Novel’ult sprang, sah wie die Falcon dem Boden entgegenraste. Er und die Marineinfanteristen waren gerade gelandet und stürmten in Richtung Dorf, als ein immer lauter werdendes Donnern erklang.
„Was zur Teufel…“ fragte er sich, als sich die Nase der F/16 durch die entstehende Schallmauer drückte.

**

Im Cockpit der Falcon schrien alle Systeme und besonders der Höhenmesser Alarm, als Ferh’larh, noch immer im Sturzflug die Schallmauer durchbrach!

Im allerletzten Sekundenbruchteil riss Ferh’larh die Falcon nach oben und die Piloten des Hubschraubers, die gebannt auf die F/16 starrten, schworen später, dass die Falcon Büsche aus der Erde riss, so dicht flog sie über den Boden hinweg. Mit 9 G zog Ferh’larh die F/16 in die Waagerechte und konnte kurz danach wieder durchatmen.

Doch während die Falcon im Tiefflug davonschoss, raste der Überschalldruck geradewegs nach unten und traf alle im Dorf wie ein Keulenschlag! Die Wirkung glich einem ganzen Dutzend Blendgranaten, die gleichzeitig explodierten und welcher die Piraten, aber auch die Verteidigerinnen lähmte.

**

Sarah taumelte noch als Ma’Fretama sie an der Hand packte und mitriss. Sie, Hyla‘hars und Lerf’tarste hatten sich schon wieder unter Kontrolle und sprangen über die Barrikaden zwischen die betäubten Piraten griffen an.

Dann hatte sich auch Sarah halbwegs von dem Schock erholt und kämpfte mit Ma’fretama Rücken an Rücken. Das hatte eine Signalwirkung! Fabienne, Finja, Oksana und Rafaela stürmten aus ihren Stellungen und zerstörten den Glauben der Piraten:

Frauen wären keine einfachen Gegner. Sie waren tödliche Gegner!
Als Dana sich aufrappelte, stand einer der Piraten schon da, wollte seine Waffe auf sie richten, als Rana ihn ansprang und einen harten Schlag versetzte. Doch so leicht ließ der Mann sich nicht bezwingen und er schlug Rana nieder. Wild schreiend warf sich Dana auf den Mann, doch bevor er sich der neuen Angreiferin stellen konnte, wurde er von einer Salve Kugeln getroffen.
Dana, die Rana erreicht hatte, blickte auf und sah, wie Randy schießend mit einer Handvoll Soldaten, auf sie zu rannte.
Auch Vera, die noch immer um Sakuras Leben kämpfte schaute auf, als Angstschreie laut wurden, doch bevor sie realisierte, dass Jerome das Dorf erreicht hatte, ließ sich schon zwei Sanitäter neben sie fallen.
Während ihr einer half die Blutung zu stoppen, bereitete der zweite schon eine Infusion vor.

Jerome hatte Iduna erreicht und gemeinsam sprangen sie mit den Soldaten über die Barrikaden und zusammen mit Godev’jet Marineinfanteristen machten sie dem Spuk endgültig ein Ende!

**

Über dem Dorf sah Ferh’larh wir die Soldaten der Garde durch das Dorf liefen und sich in die Piraten im Nahkampf erledigten, während die Marineinfanteristen ihnen entgegenkamen. Dann forderte ein „PEEP PEEP“ ihre Aufmerksamkeit.
„Condor sieben an Condor drei, Lage unter Kontrolle, ich wiederhole, Lage unter Kontrolle.“

„Verstanden, Condor sieben. Wie ist ihr Staus?“
„Die Fliegerkombi muss in die Wäscherei, sonst alles in Ordnung. Flugzeit noch zwei Minuten… Ich werde es nicht mehr bis zum Tanker schaffen.“
Bernd biss die Zähne zusammen und wollte Ferh’larh gerade anweisen in der Nähe der Novel’ult mit dem Schleudersitz auszusteigen, als eine neue Stimme erklang.
„Hier spricht die Regentin!“ sagte Heylah. „Condor Sieben, fliegen sie nach Lungga! Ich habe die Behörden dort selbst unterrichtet. Wir holen sie dort ab. Und Ferh’larh … danke Kriegerin!“

„Wow! Kriegerin“, brummte Esrom. „Das größte Lob von Heylah selbst… den Anschiss kannst du dir abschminken.“

„Anschiss…Als ob ich das jemals vorgehabt hätte.“ Grinste Bernd.
„Ferh’larh, schaffen sie es bis Lungga?“

„Mit etwas Rückenwind und genug heißer Luft im Tank bestimmt.“
„Dann ab mit ihnen, Kriegerin.“

**

Im Dorf herrschte eine gespenstige Stille. Während die ersten befreiten Geiseln von den Marineinfanteristen zur Küste gebracht wurden, um zur Novel’ult überzusetzten, trieben ein paar Gardesoldaten die wenigen überlebenden Piraten zusammen und führten sie zu einer Sammelstelle, wo auch andere gefangene Piraten der Insel bewacht wurden.

Dana nahm Randy an die Hand und führte ihn zu Rana, die etwas abseits auf einem Stein saß. „Rana, das ist mein Verlobter Randy. Randy, das ist meine Freundin Rana.“
Randy reichte Rana die Hand und die musterte ihn kritisch, nachdem er freundlich Hallo gesagt hatte.
„Du bist aber kein Israeli.“ Stellte die Jordanierin fest.
„Ähm, nein, ich bin Deutscher.“

Rana grinste von einem Ohr zum andern, „Dana, meine Freundin aus Israel…du hast einen sehr seltsamen Freundeskreis!“

„Rana, meine Liebe, warte erst einmal ab, bis du meine anderen Freunde noch kennenlernst. Ich bin ja so froh, sie meine Freunde zu nennen.“

Sakura wurde in den Hubschrauber der Novel’ult gebracht und zusammen mit Vera und einigen anderen Verletzten hob der ab, um ebenfalls nach Lungga zu fliegen, wo schon Notärzte der Hauptstadt Guadalcanals bereitstanden.

„Hier“, Ma’fretama reichte Sarah ihr Messer zurück, „das habe ich aus einem der Kres’tus gezogen. Es ist eine gute Klinge.“ Sagte sie und ließ die Klinge in ihrer Hand wirbeln, bevor sie Sarah das Messer in die Hand gab.

„Behalte sie.“ Antwortete Sarah und gab Ma’fretama das Messer zurück. „Nimm es als Geschenk, als Erinnerung an unseren gemeinsamen Kampf, Schwester.“ Ma‘fretama sah Sarah überrascht an, zog ihr eigenes Messer aus ihrem Gürtel und hielt es Sarah entgegen.
„Sarah, du bist in der Tat eine tapfere Kriegerin und ich bin stolz, dich als meine Kriegerschwester zu kennen.“ Dann, nach dem Austausch der Messer umarmte Ma’fretama erstmals eine Europäerin!

„Siehst du das auch?“ fragte Hyla’hars.
„Ja,“ antwortete Lerf’tarste, „und wenn ich es nicht selbst sehen würde…“

Fabienne, Finja und Iduna beratschlagten ihr weiteres Vorgehen mit Jerome und Godev’jet, dem Waffenspezialisten der Novel’ult, als Oksana und Rafaela zu ihnen kamen.
Iduna stellte den beiden Jerome und Godev’jet vor und selbst Jerome musste bei dem Anblick der brasilianischen Schönheitskönigin, welche auch noch mit einem Gewehr umgehen konnte schlucken.

„Ich will ehrlich sein!“ sagte Oksana. „Ich habe eine Scheißwut auf diese Schweinebande, also wenn ihr nichts dagegen habt, würde ich gerne mit euch weitermachen, bis dieses ganze Gesindel in der Hölle schmort!“

„Dasselbe gilt für mich!“ stellte Rafaela klar. „Ich bin Polizisten und das hier ist zwar nicht mein Revier, aber ich will dieses Pack ausrotten!“

Jerome sah in die Runde und niemand erhob Einspruch.

„Meine Damen“, grinste Jerome und seine Augen hingen an Rafaela, „es ist mir eine Ehre, sie an meiner Seite zu haben.“ Dass seine Dienstgradabzeichen nicht zu sehen waren, machte Jerome nicht das geringste aus.

Rafaela sah Jerome an und ihre Augen wanderten langsam an Jerome herab bis zu den Stiefeln und wieder zurück, dann lächelte sie ihn an „und wer genau sind sie, dass sie uns einladen mit ihnen zu kämpfen?“

Oksana schaute Rafaela an und stellte fachmännisch fest: „Das ist mindestens ein Oberst, ein Colonel und wenn ich mich nicht irre, mit einiges an Kampferfahrung, oder?“

Jerome wollte sich gerade vorstellen, da sagten Ma’fretama und Sarah gleichzeitig zu den beiden Mädchen. „Das ist Jerome n’Antakcket, erster Kriegerführer, Colonel und Chef der Palastgarde.“ Noch während Oksana und Rafaela Jerome und dann sich ansahen, meinte Sarah nur „… und glaubt mir, die Palastgarde, das sind keine Wochenendsoldaten, das sind alles Einzelkämpferinnen und -kämpfer.“

Oksana und Rafaela schauten Jerome mit noch mehr Achtung an und während Rafaela an den Augen von Jerome hing, flüsterte Ma’fretama zu Sarah „zwischen den beiden hat es doch gefunkt, oder täusche ich mich?“ Sarah lächelte Ma’fretama an und nickte, während sie flüsterte „aber so richtig heftig und ich dachte schon, Jerome findet keine mehr. Wie gut, dass ich mich da getäuscht habe.“

Aber Jerome war nicht nur von Rafaela beeindruckt und hatte sich augenblicklich in sie verliebt, er war auch ganz der Profi.
„OK wir haben die ersten Teile erledigt. Ich will eine Kurzübersicht, was wir haben, was noch fehlt und ich will sie in 15 Minuten!“

15 Minuten späten waren die Kämpferinnen versammelt und gaben Jerome ihren Bericht ab. „Unser Platz hier liegt zwischen Twaiabu und Huro. Da drüben liegt Ha’atee’a und wir vermuten die Zentrale der Piraten genau in der Mitte, da hat es genügend Möglichkeiten eine ganze Armee zu verstecken.“

„Wir haben von Peter und Caroline die Informationen, dass das Landefeld bei Tawaraha in unseren Händen ist und die Raketenstellungen längs der Küste auch bis hier herauf nach Ubuna.“

„Ja aber im Nordosten und Südosten liegen noch zwei Lager, die müssen wir übernehmen, ehe die Piraten dort doch noch etwas veranstalten wollen. Die Radaranlage des Ausweichradars haben wir lokalisiert, die liegt genau da zwischen der Zentrale und den beiden östlichen Lagern.“

„Was haben die Geschütze der Novel’ult für eine Reichweite?“ Wollte Jerome wissen, „muss ich noch mit 35 km rechnen?“

„Nein Jerome, rechne mit 55 Kilometer, wir decken von hier jetzt die ganze Insel im Norden ab und unser Schwesterschiff, die Noven’man, sorgt im Süden dafür, dass keiner kommen oder fliehen kann. Zusammen können wir jetzt die ganze Insel mit Wirkungsfeuer belegen.“

Ein Melder kam zu Jerome gerannt. „Colonel, eine Meldung der Regentin für Sie.“ Jerome meldete sich über die verschlüsselte Verbindung und wenig später informierte er seine Krieger.

„Zunächst das gute, alle unsere Verletzten haben überlebt, zwei sind noch auf intensiv, aber die werden diese Tage in das Zentralkrankenhaus überführt, sobald sie transportfähig sind. Unsere Heldin, Ferh’larh, hat es gerade noch zum Flughafen geschafft und ist inzwischen im Lager bei den anderen, für den zweiten Angriff.

Soweit das, unsere Verbündeten aus Indonesien schicken eine Hubschrauberabteilung, die 8. Air Kavallerie, das bedeutet, die werden hier alles plattmachen, was nicht gut Freund ist. Die Regentin vermutet, dass es denen um die Angriffsraketen und das Ausweichradar geht, wir sollen sie aber gewähren lassen. Daraus folgert unser Befehl: Wir greifen das südöstliche Lager an und befreien die Geiseln, im Norden erfolgt zeitgleich der Angriff durch das Nordkontingent, da sind Caroline und Peter dabei. Anschließend Abmarsch nach Norden nach Ubuna und Einschiffung für den Rücktransport. Fragen bis hierher?“

„Nein, gut. Gruppenführer, übernehmen sie und vergessen sie unsere neuen Helden hier nicht.“

**

Durch einen schmalen Pfad im Urwald raste indes ein kleiner Jeep mit Sam Whitinghouse davon. Er wusste, wann es Zeit wird, sich abzusetzen. Dazu war er lange genug beim Militär gewesen, um das zu erkennen.
„Diese Dilettanten …“ Brummelte er vor sich hin „keinen Plan von militärischem Vorgehen und dazu ebenso wenig Drill, Zucht und Ordnung.“ Noch ehe er die Anhöhe verließ um hinunter zur Nordküste zu fahren, sah er wie ein Schwarm Angriffshubschrauber wie wild gewordene Wespen herumschwirrten und alles zusammenschossen, was sie für lohnenswert hielten. Allerdings hielten sie sich von den beiden östlichen Gefangenenlagern fern.

Sam Whitinghouse sah aber auch, dass die beiden Fregatten, eine im Norden und eine im Süden anfingen landeinwärts zu schießen. Irgendwie mussten die Zieleinweisungen erhalten, denn nach wenigen Schüssen lagen die Granaten im Ziel und die Raketenstellungen vergingen in Feuer und Flammen.

„Unglaubliche Versager, ich wette, da oben hängt eine Drohne außerhalb der Reichweite des Reserveradars und markiert die Ziele und weil die Deppen nur Tiefflieger angenommen haben, können sie keine See Ziele anpeilen und Luftziele in großer Höhe erreichen sie auch nicht.“
Gerade als er wieder anfahren wollte, schaute er noch einmal durch sein Fernglas und er war sich sicher, ein Blitzen in der Höhe gesehen zu haben. Beim starten des Motors schrillte eines seiner Warngeräte auf „IR Detektion“. Rasch zog er die Infrarotbrille über und entdeckte an seinem Jeep ein etwa 5 cm dicken grünlich-gelben zitternden Fleck.
Er gab Gas und trieb den kleinen Jeep über die Fläche den Hang hinunter, hinein in das Dorf am Meer. Hinter ihm hörte er noch das Pfeifen einer Granate, die ganz in der Nähe seines letzten Standortes einschlug.
„Verdammt nochmal, wenigstens sind die Soulebdalesen Profis, die fackeln nicht lange …“ Er brauste in das Dorf, und am Kai lagen einige Holztransporter, er würde also von der Insel kommen.

**

Das große Reinemachen

Kapitän Tamar war mit seinem U-Boot der „Hebron“ bereits auf dem Rückmarsch. Sie liefen noch einmal nah dem russischen Jagd U-Boot vorbei, ohne jedoch bemerkt zu werden, und machten sich auf die gut 1000 Kilometer lange Heimreise. In 32 Stunden war geplant im Hafen von Soulebda einzulaufen.

**

Auf der USS Theobald befanden sich Admiral Folkers mit Kapitän Barris und seinem Stab in einer Einsatzbesprechung. Der Commander Air Group, kurz CAG genannt, hatte seinen Bericht gerade fertig, da erhob sich Admiral Folkers.

„Zur Lage, Soulebda hat die Piraten auf Makira vernichtend geschlagen. Der Krieg dort ist aus.
Sie haben alle das vorbildliche Zusammenspiel der kombinierten Kräfte gesehen. In Washington hat man jetzt den Entschluss gefasst, alle noch verbliebenen Piratenkräfte auf Makira restlos zu vernichten und den Piraten in der Südsee somit ein klares Zeichen zu geben, sich hier nie mehr blicken zu lassen. Kapitän Barris, bitte.“

„Danke Admiral. Seit drei Stunden kreist ein Global Hawk über Makira und zeigt uns in Echtzeit, was sich dort unten alles abspielt. Soulebda hat ganze Arbeit geleistet. Nahe der Küste ist nichts mehr, das Schaden erzeugen kann, aber in der Mitte der Insel ist noch immer ein Radargerät und wir vermuten, dass das auf einer großen Bunkeranlage steht. Jedenfalls sind dort größere Personenzahlen gezählt worden. Unsere Aufgabe ist es dort aufzuräumen, ich meine endgültig. Wir haben den Auftrag den Bunker aufzubrechen und alles andere auszuradieren. Unsere Aufklärer melden, dass die Urbevölkerung bereits seit einer Woche die Region verlassen hat, folglich ist alles, was dort läuft als feindlich anzusehen.

Wir greifen in zwei Stunden mit unseren Staffeln an und machen klaren Tisch. Die beiden EA-18G Growler sorgen für Ruhe im Funk, die Squadron „Tally Blue“, „Red Dragon“, „Thunderbirds“ bilden die Spitze, dann folgen die „Dambusters“, „Gladiators“ und die „Krestels“, ihr bombt da unten alles weg, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, den Abschluß bilden die „Skulls“, gefolgt von den „Bulls“ und den „Iron Fist“. Ihr putzt schließlich die Piraten aus den Bäumen.

„Nightdipper“ und „Seawatch“ ihr seid Stand-by und die „Tigercats“ fliegen diesmal die Spritkutscher. Start ist um 03hundert, also los. Lasst uns die Piraten in den Sack hauen.“

**

Die große Radarstation auf Ulava ging beim ersten Angriff verloren und die Ausweichradarstation wurde bisher nicht hochgefahren. Da Soulebda die Insel verlassen hatte, dachten die restlichen Piraten, dass sie nun aufatmen könnten, und versammelten sich weisungsgemäß am zentralen Sammelpunkt, eben am Hauptbunker, nahe der Ausweichradaranlage.

Noch immer trafen weitere verstreute Piraten ein und deckten sich mit Nahrung und Verbandmaterial ein. Die meisten waren schlichtweg erschöpft und wollten nur ihre Ruhe.

Als der Alarm hochging, reagierten kaum noch Piraten auf das Geschrei, wussten sie doch, dass sie geschlagen und Soulebda bereits weg war. Oben aber auf der Bunkerseite hatten einige Beobachter die Menge an Flugzeuge gesehen, die in Angriffsformation, einem Dreieck gleich näher und immer näherkamen.

„Das ist Militär, die fliegen zu, oder kommen von einer Übung, mehr nicht.“ Wusste einer der jüngeren Piraten zu berichten. Doch dann löste sich der erste Schwarm auf und ging in den Angriffsflug über.
Das erneute Geläute der Alarmglocken wurden von einigen Schreien „Macht endlich den Scheiß Lärm aus!“, beantwortet, da pfiffen die ersten schweren Bunker Buster heran und durchschlugen die schweren Bunkerdecken.

Ab da tat sich für die Piraten die Hölle auf.

Kapitän Barris und Admiral Folkers sahen am großen Lagebildschirm wie die Flugzeuge herumhuschten und anscheinend überall zugleich rote Flammenpunkte aufleuchteten. In der Mitte, dort wo das Ausweichradar und die Bunkeranlage einmal gestanden hatte, dort war nur noch ein brodelnder Flammenkessel.

Eine Stunde zwölf Minuten später sammelten sich die Flieger für den Heimflug und Admiral Folkers machte endlich einen Strich unter die Pirateninsel Makira. Im hohen Norden, wo sich die Piraten eingenistet hatten, gab es sie nicht mehr. Die Insel war endlich wieder befreit.

**

Jetzt schlug auch die Stunde des russischen U-Boots Samarkand. Im Norden und Nordosten vor Makira waren noch vier Piratenschiffe ausgemacht, die versuchten sich in Sicherheit zu bringen. Leider hatten die Besatzungen nicht die kleinste Ahnung, was ein Schwergewichtstorpedo mit einem mehrere tausend Tonnen schweren Frachtschiff machte. Die Samarkand hatte klare Signale gegeben und nachdem sich keiner der Piraten ergab, wurden sie als „Feindliche Kämpfer und Piraten“ eingestuft und angegriffen.

Die Besatzung bekam zum ersten Mal im Einsatz mit, wie einem schweren Schiff das Rückgrat gebrochen, und das Schiff dann auseinandergerissen wurde. Die U-Boot Fahrer waren überrascht, dass es keine Überlebende gab. Erst bei den späteren Erklärungen erfuhren sie, dass die meisten der Piraten innerhalb der ersten Sekunde gestorben waren. Die unglaublichen Beschleunigungskräfte rissen Stahl genauso entzwei, wie menschliche Organe.

Nach diesen letzten Piratenschiffen war die Region tatsächlich frei von Piraten. Wie ein Lauffeuer gingen die Nachrichten durch alle Nachrichtenkanäle und ab diesem Zeitpunkt wurde diese Pazifik Region von den Piraten gemieden.

So, wie bereits Jahre vorher, als die Chinesen in ihren Meergebieten mit harter Hand aufgeräumt hatten, so wurde jetzt auch hier im Pazifik gesäubert.

**

Auf Soulebda waren die letzten Piraten im Aufbruch. Schlechte Nachrichten verbreiteten sich immer noch am schnellsten und die verbliebenen Piraten wussten, dass ihre Zeit abläuft.
Die Ermittler bei Polizei und der Küstenwache hatten jetzt ein leichteres Spiel, da die Flucht den Piraten wichtiger erschien, als Geheimnisse zu bewahren. Knapp einhundert Piraten hatten sich in einem alten Lagerhaus versammelt und planten ihre Flucht.

Doch auch die Piraten wurden belauscht. So drang die Kunde, dass die Männer, die O Connel und seine Leute auf dem Gewissen hatten, hier in der Lagerhalle warteten, auch zur Küstenwache und zur Polizei.

Martin und Shea trafen sich mit zwei Einsatztrupps nahe der Kneipe und Karte’johar kam auf sie zu.
„Ich habe euch gesagt, wenn ihr Hilfe braucht, die Schweine zu fangen und zu verjagen, dann meldet euch. Danke, dass ihr das nicht vergessen habt. Hier stehen die Besatzungen von dreizehn Schiffen und gut drei Dutzend meiner Männer bereit. Wir können jederzeit zuschlagen!“

Shea schaute kurz zu Martin und beide nickten Karte’johar an. „Packen wir‘s an!“

Was dann folgte, sollte in den Annalen von Soulebda als das „Große Piraten kloppen“ eingehen. Das Lagerhaus war rasch umstellt und als die 25 Polizisten eindrangen, dachten die Piraten noch an einen Sieg. Doch dann gingen die restlichen Türen auf und Hunderte anderer Männer drangen ein. Alle mit einem gelben Tuch um die Hüfte und um die Ellbogen gewickelt. So waren sie leicht von den Piraten zu unterscheiden.

Die Sonderkommandos hatten mehr Mühe darauf zu achten, dass die Piraten nicht kastriert wurden, als dass sie getötet wurden. Die Männer von Karte’johar verpassten den Piraten aber eine gehörige Abreibung.

Allerdings entging den Polizisten, dass die Piraten, nachdem sie aus dem Gebäude getrieben waren, erneut eingefangen wurden und ein jeder mit einem heißen Brenneisen ein „P“ auf die Stirn gedrückt bekam. Die letzten beiden Anführer wurden gerade so gezeichnet, da sahen zwei Polizisten das und forderten die Seeleute auf, dies sofort zu lassen.

Mit einem breiten Grinsen im Gesicht akzeptierten sie das, schließlich waren alle anderen Piraten bereits gezeichnet.

Wie geprügelte Hunde schleppten sich die fliehenden Piraten zu einem alten Frachter am Pier, enterten den alten Seelenverkäufer und verließen schnellstens diese Insel, auf der die Bevölkerung mit der Exekutive so gut zusammenarbeitete.

Mit einer rabenschwarzen Rauchfahne fuhr der altersschwache Frachter, so schnell es ging, aus dem Hafen und kämpfte sich gegen die aufbrandenden Wellen.

Martin und Shea standen bei Karte’johar, als dessen Bootsmann kam und meldete, dass jetzt alle Piraten die Insel verlassen hätten. Dabei hielt er noch ein dampfendes Brenneisen in seiner Hand.

„Was haben sie mit dem Brandeisen vor?“ Fragte Shea und der Bootsmann grinste nur. Karte’johar antwortete für ihn. „Die haben, glaube ich, 200 Rindviecher gezeichnet.“

„Lasst gut sein, und dir Karte’johar danken wir, ich bin mir sicher, dass sich kein Pirat hier mehr sehen lässt. Diese Schmach hat sich ihnen bestimmt eingebrannt.“

„Oh ja Europäerin, das hat sie sich denen wirklich, eingebrannt!“

**

Unterdessen in Berlin

Nahe dem ehemaligen NSA Lauschposten am Teufelsberg, der heute nur noch ein jämmerliches Dasein fristet, verläuft ein schmaler Weg durch den dortigen Forst nach Westen. Wenn man diesem Weg gut einen Kilometer folgt, dann kommt man zu einem alten eingezäunten Fabrikgelände. Zaun und Eingangstür sind neuwertig und gut geölt. Die meisten Berliner denken, dass sich dort eine der vielen Energieschaltzentralen und Stromerzeugerstationen befindet.

Dies trifft aber für die Anlage heute nicht mehr zu.

Am hinteren Ende der Anlage, aus der direkten Sichtlinien heraus standen zwei Container eng nebeneinander und sie waren an einen dritten Container angedockt. Strom- und Datenkabel liefen in einen massiven Schaltkasten an der Wand des einen Gebäudes.

Aus diesem dritten Container ragten gute 19 Meter hohe unscheinbare Masten mit zahlreichen Anbauteilen und Antennen.

Da sich an den Masten nichts drehte und keine auffallenden Lampen zu sehen war, interessierte sich auch keiner der Waldspaziergänge für diese Anlage. Die zwei Mitarbeiter einer Wartungsfirma, die einmal in Monat die Anlage warteten, benahmen sich so unauffällig, wie Techniker es tun, wenn sie etwas warten müssen. Nach anderthalb Stunden fuhren sie wieder weg, nachdem sie wieder allen schön verschlossen hatten.
An ihrem Bus prangte ein unauffälliges „Service“ Schild und die beiden Techniker, ein Mann und eine Frau, benahmen sich unauffällig und professionell.

Die Serviceleute, die die eigentliche Anlage warteten, wussten nur, dass sie von den Containern die Finger zu lassen hatten und dass da irgendwie der Geheimdienst etwas mit zu tun hatte. Das reichte den Leuten und sie wussten, was ihnen lieber war, die Neugierde oder ein Kündigungsschreiben. Die Anlage war halt da und damit basta.

In Mainstadt schauten Fjodor Kaputnikow auf die Monitore und stellte zufrieden fest, dass ihre Lauschstation am Teufelsberg bestens lief und dass die Daten durchaus aussagekräftig waren. Als er dann das Tagesprotokoll der letzten Nacht auswertete, wurde er deutlich unruhiger und ging vom Erfassungsraum in die kleine Messe, wo die anderen saßen und gerade frühstückten.

„Habt ihr noch einen heißen Kaffee für mich?“
„Ja klar Fjodor, wie immer heiß, und vier Stück Zucker?“
„Genau, so mag ich ihn, danke Mira.“

Viktor Kubaliborov schaute zu Fjodor und spürte dessen Unruhe. „Was hast du Fjodor, ist es schlimm oder nur interessant?“

„Der Stecher ist hier angekommen, er scheint draußen im Mühlenacker das ganze Gästehaus angemietet zu haben, das ist groß, weit von der Straße und verfügt über drei Zufahrten. Das ist ideal für ihn.“

„Deswegen verziehst du aber nicht das Gesicht, was ist los?“

„Er redet über eine gesicherte Leitung mit einer Nummer in Berlin Steglitz und ich denke, dass hinter dieser Relay Rufnummer wohl der eigentliche Auftraggeber steckt…“

Er trank seinen Kaffee, während Viktor wartete, er wusste genau, dass da noch etwas kommt.

„Unsere Station in Berlin hat die Leitung angezapft. Sie führt über zwei weitere Relaisstellen hin zu einem Telekommunikationsknoten. Ab da wird es dünn mit dem weiterkommen. Wir wissen aber, auf welche Adresse einer der Knoten angemeldet ist.“

„Weiter Fjodor.“, ermutigte Viktor.

„Also das gehört alles einem Mann aus dem Geldadel, die Koordinaten weisen auf ein edles Büro in Berlin Steglitz.“

„Der wohnt in Steglitz? Das ist doch mitten in der Stadt, ich dachte, er hat irgendwo außerhalb sein Anwesen.“

Planung der neuen Küsten Artillerie

„Hat er auch, in Steglitz hat er nur sein Büro. Sein Anwesen, wie du es so schön nennst, ist tatsächlich deutlich mächtiger. Nördlich von Berlin Heiligensee steht eine ehemalige russische Anlage in allerbestem Zustand. Die war noch bis vor vierzehn Jahren aktiv und wurden dann an eine Stiftung verkauft, die sich „Ostmetall“ nennt. Aus den Satellitenbildern ist zu sehen, dass das eine moderne Anlage ist, mit wenig Deckungsmöglichkeit für Angreifer und sie ist offensichtlich gut zu verteidigen.“

Viktor Kubaliborov schaute Fjodor eine Weile an, dann rief er alle zusammen.

„Das Anwesen hier will ich aufgeklärt haben. Besorgt mir alle Daten, einfach alles. Ich will alles wissen, wer ein- und ausgeht, die Versorger, was wann, von wem geliefert wird, das volle Programm. So wie früher beim KGB einmal die „große Selektion“. Wir haben vermutlich unser Ziel gefunden. Jetzt gilt es Klarheit zu schaffen.“

**

Die Aufklärung

In den folgenden Tagen verlegte die Hälfte von Viktors Team nach Berlin und begann dort mit der Arbeit. Währenddessen machte sich Egon Terschanobilia die Vorteile der modernen Vernetzung zu nutzen und grub sich durch die Verwaltungsdatenbanken in Berlin und Umgebung. Seine Kontakte von früher waren wieder einmal Gold wert.

Über eine der gesicherten Leitungen war er mit einem modernen Schaltzentrum der Telekom verbunden und gelanget durch die richtigen Fragen schnell zu seinem Kontaktmann.

„Grüß dich Gerhard, hier spricht Egon der Tiger, du weißt schon, der Tiger, der dir und deiner süßen Helga in den 90’ern zu Hilfe war. Die Leitung ist, nebenbei bemerkt sicher.“

„Egon …“ Gerhand musste kurz laut auflachen, „…, dass ich dich nochmal lebend treffe, hätte ich mir vor Jahren nicht träumen lassen. Bist du immer noch bei irgendwelchen Geheimdiensten oder hast du endlich was gefunden, wo du Geld verdienen kannst?“

„Ja, die Zeit beim KGB ist endgültig vorbei, ich bin seit längerem bei einer Sicherheitsorganisation in Lohn und Brot und dort sind noch mehr Freunde, aus der alten Zeit. Ich soll dich von Ekaterina schön grüßen. Sie ist auch bei uns und wir sind einer großen Sache auf der Spur, da kommst du dann wieder ins Spiel.“

„Die liebe Ekaterina, meine Frau und sie hatten eine innige Verbindung zueinander, das weißt du sicherlich. Wenn ich ihr sage, dass sie noch lebt und erreichbar ist, wird sie mir ewig dankbar sein. Was kann ich also für dich tun mein guter Freund?“

Einige Stunden später hatte Egon Terschanobilia die Daten, die er gesucht hatte und noch zwei weitere Kontakte, die mehr zu den alten Militärleitungen wussten.

Zwei weitere Stunden später hatte Egon auch diese Daten und langsam formte sich ein genaueres Bild von dem ausgeklügelten Leitungsnetz des Gesuchten. Eines wurde auf den ersten Blick klar, die Realisierung solch einer Schaltung erforderte richtig viel Geld.

So standen an den Anwesen noch die alten Führungsleitungen der Armee zur Verfügung und einige wurden offenbar wieder genutzt. Die Stromversorgung erfolgte auch dezentral über zwei Anschlüsse.

**

Daria Konstantina war vor Ort in Berlin und traf sich mit ihrer alten Freundin Iwanka Pestalozzi, die eine gutgehende Personalagentur für Sicherheitsaufgaben unterhielt. Im Raum Berlin gab es mehr als genug besondere Fälle, wo einfache Sicherheitsleute bei weitem nicht ausreichten und da war Iwanka genau richtig. Sie besorgte die Profis, die wussten, was man tut.

Daria hatte ganz neutral einen Termin mit Iwanka ersucht und mit zwei Schlüsselwörtern klar gemacht, wer sie war, der Termin wurde umgehend bestätigt. So trafen sich die beiden in der modern eingerichteten Firmenzentrale. Die Mitarbeiterinnen trugen eine Art weißer Uniform und erschienen alle sehr gut instruiert und ausgebildet. Hier spürte man überall, dass Bildung und Wissen Macht bedeuten konnte. Daria wurde in einen modernen, kleinen Konferenzraum geleitet, dessen Fenster einen elektronischen Sichtschutz hatten. Kaffee und Gebäck wurde gereicht, dafür wurde ihr Handy in eine Metallbox verschlossen und kurz danach kam Iwanka Pestalozzi. Der Raum wurde geschlossen, die Fensterscheiben wurden von klar auf weiß geschaltet und an der Tür wechselte ein rotes Signal auf Grün.

„Grüß dich Daria, ich habe dich ja schon lange nicht mehr gesehen, wie du angekündigt hast, bist du heute ja dienstlich hier. Verzeih bitte das mit dem Handy, aber wir stellen hier grundsätzlich den elektronischen Vollschutz sicher. Wir haben viele Kunden mit hohen Ansprüchen, wenn du verstehst.“

„Ja natürlich, deswegen kommen die Leute ja zu euch und nicht zu den anderen.“

„Genau, also was kann ich für eine Mitarbeiterin von GIPSY tun?“

„Wie immer, hast du deine Hausaufgaben gemacht, Viktor spricht heute noch in den höchsten Tönen von dir und Dagan lächelt, wenn ich deinen Namen sage.“

„Sag den beiden bitte die besten Grüße und ich freue mich jederzeit über einen Besuch.“

„Gut, zur Arbeit, ich suche alle Informationen über den Besitzer und Eigentümer dieses Anwesens hier in Berlin.“, und Daria legte einige Bildauszüge auf den Tisch. Iwanka lächelte Daria und erklärte: Das wäre einer unserer besten Kunden geworden, aber er wünschte ein eigenes Sicherheitsteam um sich und vor Ort, das auch für private Dinge zur Verfügung steht. Da trennten sich dann unsere Interessen. Wir machen so etwas nicht, daher kann ich dir weiterhelfen, es ist ja kein Kunde von uns.
Und wenn GIPSY sich für ihn interessiert, hat er Dreck am Stecken, das war mir schon früher klar. Aber bedenke der Mann ist eiskalt, unglaublich reich und unterhält sein eigenes Sicherheitsteam, du weißt, was das bedeutet, der ist wirklich gefährlich.“ Iwanka nahm ein Tablett und tippte ein paar Daten ein. Während sie sich weiter unterhielten, klopfte es an der Glastür und eine junge Dame reichte einen Umschlag an Daria.

„Na dann wollen wir mal sehen. Der Umschlag ist für dich meine Liebe und natürlich hast du den niemals erhalten.“ Sie öffnete den Umschlag und entnahm den Inhalt.
Einige Porträtaufnahmen aus unterschiedlichen Positionen, tabellarische Aufstellungen und mehrere Seiten Papier, dazu die Aufnahmen des großen Anwesens mit einigen neuralgischen Punkten.

„Also dein Gesuchter heißt mit vollem Namen Freiherr Justus Querentinus Alexander de la Monet und er wird Alexander gerufen. Er ist der Universalerbe zweier Geldhäuser und man kennt keine genauen Zahlen, aber er liegt irgendwo jenseits der 21 Mrd. Euro Vermögen in Europa, wieviel dann in Amerika platziert sind, darüber haben wir keine Kenntnisse. Mit seinem Weggang nach Europa hat er seinen alten Namen abgelegt und nennt sich seither Dr. Magnus Berberich.

Der hat seine Leute fürs Grobe und angeblich hat er einen der besten Killer der Welt in Lohn und Brot. Der Mann nennt sich Don Aluego, der Stecher.“

Nach einer weiteren guten halben Stunde verabschiedeten sich die beiden Frauen und man versprach sich, irgendwann wiederzutreffen.

Immerhin hatte Iwanka jetzt den Namen des Financiers, Alexander de la Monet.

**

Fjodor Kaputnikow heuerte einfach für einen vier Wochen Job bei dem örtlichen Fortbetrieb an und überzeugte den Leiter, dass er ein einmaliger Fang sei. Seine Papiere waren sehr gut, nicht zu übertrieben, aber gerade passend für den geplanten Zweck.

Mit dem Leiter vor Ort hatte man sehr schnell einen Termin ausgemacht und Fjodor konnte zeigen, dass er tatsächlich mit einem Harvester umgehen konnte.

Seine Fähigkeiten mit einem Harvester umzugehen und dabei schnell die geforderten Festmeter zu schaffen waren schon exzellent, aber dabei auch auf den Boden und die Umwelt zu achten und nur geringe Spuren zu hinterlassen, das hatte der Leiter nicht oft gesehen.
Schon morgen würde er also in dem Forstbereich anfangen und nahe am Objekt sein.

**

Die Zwillinge Mira Jemeljanenko und Kira Jemeljanenko machten in der Berliner Kante ihre Kontakte von früher auf und fanden schnell wieder Verbindungen, die auch in das gesuchte Objekt führten.

Sie erkannten aber auch, dass genau beobachtet wurde, wer sich dem Anwesen näherte und absolut jede Person wurde dann untersucht. Folglich schufen sie über ihre Zentrale sich einen einwandfreien Leumund und glaubwürdige Zeugen, die wussten, wer sie waren, woher sie kamen und vieles mehr.

Schließlich war das schon früher ihre Aufgabe und da hatten sie deutlich schlechtere EDV zur Verfügung als heute.

Über die Stadtverwaltung und die Versorgungsbetriebe erfuhren sie nach und nach, wie das Anwesen angeschlossen war, welcher Dienstleister was wann lieferte und vieles mehr. Das war gute alte Arbeit und sie brachte immer noch die besten Ergebnisse.

Doch leider erkannten die Zwillinge in der zweiten Woche, dass man routinemäßig auch sie sehr intensiv überprüft hatte und einer der Detektive wollte noch mehr wissen. Die Zeugnisse und Bestätigungen sahen ihm wohl einfach zu gut aus und nur eine einzige schlechte Beurteilung fand er für zu wenig.
So rief der Detektiv bei dem letzten Arbeitgeber, der auch die schlechte Beurteilung ausgestellt hatte an, oder zumindest bei der dort hinterlegten Telefonnummer, denn er landete bei Viktors Truppe und wurde genauso empfangen, wie man es von einem mittelgroßen Betrieb erwartet hatte.
Der „Personalverantwortliche“ berichtete zuerst etwas zurückhaltend, dann aber nach und nach doch recht freizügig, dass sich die beiden jungen Frauen nicht so bereitwillig den gestellten Aufgaben gestellt hatten, wie er es von ihnen gefordert hatte und das betraf natürlich die Aktivitäten nach Dienst. Ansonsten verhielt sich der „Personaler“ nach kurzer Zeit wieder professioneller und gab weniger Informationen heraus. Aber der Detektiv hatte genau das erfahren, was er wollte, die Mädels waren gut, aber nur schwer zu erobern. Damit passten sie genau in sein Beuteschema.

So folgte er Mira und sie führte ihn in ein modernes Steakhaus. Dort saß Mira in einer etwas abgeschiedenen Ecke und der Detektiv ließ sich für ein paar Extra Scheine an den Nebentisch platzieren und kam mit Mira ins Gespräch, während Mira den Stadtplan von Berlin studierte.

„Verzeihung, suchen Sie etwas Bestimmtes in unserer schönen Stadt und kann ich Ihnen weiterhelfen?“
„Ja, ich suche hier in der Nähe eine Unterkunft für meine Schwester und mich, aber ich kenne mich hier ja gar nicht aus.
Der Detektiv setzte gleich nach. „Gute, bezahlbare Unterkünfte finden Sie eher im Norden in Reinickendorf oder Pankow. Hier in der Mitte sind die Preise allesamt sehr hoch.“

Noch während sie beratschlagten, was denn die interessanten Wohngegenden wären und was man alles besichtigen könnte, stand plötzlich Kira in der Dienstkleidung des Steakhauses neben den beiden und nahm die Getränkebestellung auf. Der Detektiv hatte keine Augen für Kira und umgarnte weiter Mira.

Als die Getränke kamen, war der Detektiv schon so weit, dass er Mira morgen die Stadt zeigen würde. Zufrieden nahm er sein Glas Bier und trank daraus, da wurde er ganz still und seine Bewegungen schienen einzuschlafen. Kira nahm ihm sein Glas ab und zog die Brieftasche aus der Innenseite der Jacke, legte einen passenden Schein zu den Getränken und zusammen mit dem „Betrunkenen“ Gast verließen sie leise und schnell das Steakhaus.

**

Einen Tag später fand man die stark alkoholisierte Leiche des Detektivs nahe dem Bahnhof. Dort, wo sich auch die Dealer herumtrieben. Hier hatten sich bereits einige Drogensüchtige den goldenen Schuss gegeben. Die Polizei schlussfolgerte, dass es eine Tat aus dem Rauschgift-Milieu war, zumal der Detektiv hier schon mehrmals ermittelt hatte.

**

Fjodor Kaputnikow erlebte an seinem ersten Arbeitstag eine Überraschung. Mit seinem Zug Harvester fuhr er nahe an das Objekt, als sein Vorarbeiter ihn stoppte.
„Fjodor, du darfst hier die Harvester Fernbedienung nicht einschalten. Da drüben haben die irgendwelche Störungen auf dem Gelände, da spinnt sonst dein Vollernter.“
„Wie macht ihr das?“
„Wir rufen in der Firma an, der Chef ruft dann hier an und die schalten dann irgendwas ab, dann klappt das wieder. Du musst aber unbedingt vorher anrufen.“

Um zu zeigen, dass das passte, rief der Vorarbeiter in der Firma an und kurze Zeit später erlosch auf dem Objektgelände eine Reihe roter Signalleuchten um den Zaun. Jetzt klappte auch die Harvester Fernbedienung wieder.

Von den Forstmännern merkte keiner, dass Fjodor in seiner Pausentasche einen Scanner laufen ließ, der das Funkspektrum eifrig abklapperte und auf genau solche Spielerein wartete.

**

Bei Viktor Kubaliborov liefen alle Informationen zusammen, er sortierte, ordnete ein und wählte aus. Oleg Popow, sein Chefstratege, machte sich hin und wieder kleine Notizen. Schließlich beim Abend Tee saßen sie zusammen und resümierten mit Ekaterina und Egon. Die Zwillinge Daylo und Kyrylo liefen draußen ein paar Kilometer und spulten ihr Programm ab.

„Also das Anwesen gehört tatsächlich einem hohen Tier aus dem Geldadel, Alexander de la Monet, so der Name von dem Typen.
Das Anwesen ist eine Festung. Außerhalb haben sie eine Funksperre, die allerdings über einen Funk Sicherheitscode ausgeschaltet werden kann. Wer bitte schaltet denn so einen Blödsinn zusammen?“

„Kein vernünftiger Mensch, deswegen passt das nicht, ich vermute, das ist nur das Backup System, rechnet mit einer Kabellösung.“

„Die Stromversorgung ist über zwei Anbieter gelöst. Neben den örtlichen Stadtwerken mit ihrer Trafostation hier im Westen,“ Oleg zeigte das Bild der Trafostation, „gibt es einen weiteren Zulieferer, und zwar, von hier oben.“ Wieder war das Bild einer Trafo Station zu sehen.
„Dann haben die neben einer Ölheizung auch einen oder mehrere Dieselgeneratoren, die betankt werden müssen. Vor zwei Tagen fuhr ein Laster mit 1202 Kennung, also Dieselöl in die Anlage und lud 6.000 Liter schwefelarmen Diesel ab. Der Spritkutscher sagte aus, dass er vier Wochen vorher über 15.000 Liter leichtes Heizöl eingefüllt hat und dass dies gerademal für ein halbes Jahr reicht.“

„Was treiben die da in dem Anwesen. Heizen die sich einen ab?“
„Nein.“ Warf Ekaterina ein. „Nach dem, was ich hier lese und das sind die Müllreste und die gelber Sack Auflistungen der letzten Wochen, leben in dem Anwesen noch mindestens zwei Frauen und zwei Kinder. Wenn ihr mich also fragt, dann frisst dort in der Anlage ein beheizter Pool einiges an Heizwärme auf.“

„Also die Frau mit zwei Kindern. Ist die andere Frau eine Tochter oder was?“

„Viktor, willkommen im dritten Jahrtausend. Heute hältst du keine pubertierenden Mädchen einfach zu Hause, sei sie auch noch so weit weg. Das ist seine Köchin oder das Dienstmädchen.“

„Wie kommst du darauf?“
„Die Joghurtbecher sind wie ausgekratzt. Die Kartoffelschalen sind hauchdünn geschnitten und die Knochen wie abgeschabt. Diese Karrottenreste sind wie nach dem Krieg geschnitten, kein Gramm verschenkt. Das macht jemand, der weiß, wie es früher mal war. Ich nehme an, die haben eine ältere polnische Hauswirtschaftlerin, die sehr gut kocht.“

Egon lachte kurz auf und lächelte in die Runde, als er seine Aufzeichnungen im Rechner las.
„Sehr gut Ekaterina. Das Hausmädchen heißt Wieslawa und telefoniert jede Woche einmal mit der Heimat. Dafür nutzt sie ein Billighandy mit einer aufladbaren Karte. Die Bezahlung dürfte daher auch nicht die beste sein, sonst hätte sie bereits ein Smartphone, so aber hat sie nur ein uraltes Nokia.“
„Weiter, was haben wir noch?“ Trieb Viktor sein Team an.

„Mira und Kira sind mit einem Detektiv zusammengetroffen, habe die Lage aber final geklärt. Die Überwachung aller, die sich in der Nähe des Anwesens aufhalten, ist also sehr gut.“

„War die letale Lösung nötig?“
„Ja.“
„OK. Weiter.“

„Das Objekt verfügt über zwei Zufahrten, eine über den süd-östlichen Ring, das ist die Hauptstrecke, die zu einem motorgetriebenen Tor führt. Der Zugangscode lautet 78963214. Sehr einfallsreich, einmal um den Nummernblock.
Die Alternativroute führt über einen Autobahnzubringer direkt im Osten und ist als Privatstraße gekennzeichnet.
Dazu gibt es noch vier Fluchtwege, die mehr oder weniger gut zu sichern sind. Um die ganze Anlage führt ein Streifenweg, der täglich mehrmals von mehreren Läufern abgegangen wird.“

„Weiter wie sieht die Sicherung aus?“

„Die Sicherungskräfte bestehen aus zwei Privatfirmen, einer Standard Variante, die machen wohl die Routinen Gänge und einem extrateuren Service, die Leute sind gut trainiert und wissen was sie tun. Bei denen sollten wir aufpassen. Die Routineläufer stellen keine Gefahr da.“

„Zu welchen Zeiten kommt die Zielperson?“

„Morgens um halb neun kommt der Hubschrauber einer teuren Charterlinie und holt die Zielperson ab. In der Regel kommt sie gegen 18:30 wieder zurück, aber mit einer anderen Charterlinie. Ab und an ist er auch länger weg, die Daten kommen noch.“

„Haben wir noch etwas?“

„Derzeit nicht, einige Daten laufen erst in den nächsten Tagen ein.
Die Zielperson hat aber hier Beziehungen in die höchsten Regierungskreise. Vermutlich hat er diese auch in den anderen Ländern. Aber da fehlen uns noch die Bestätigungen. Wir erwarten in den beiden kommenden Tagen die Auswertungen unserer Freunde aus Spanien, Frankreich und Übersee.“

„Gut, ich werde mich mit General Lem beraten, mal sehen, was David dazu sagen kann. Wir bleiben dran und ab heute nennen wir die Zielperson nur noch „Den Finanzier“ wie es ausschaut, ist das unser Mann, er hat Zugang zum großen Geld.
Ich rufe nachher bei Dagan an, wir brauchen seinen Zahlenfresser, Samuel Balsac. Er soll sich bitte mal bei mir melden, ich möchte, dass der Mann finanziell mal vom Besten der Besten abgeklopft wird.“ Tags darauf meldete sich Samuel Balsac bei Viktor Kubaliborov. Nach einem dreistündigen Gespräch verabschiedeten sich die beiden und alle Unterlagen, die das Einsatzteam unter Viktor bisher gewonnen hatte, gingen als Copy zu Samuel. Er hatte sich eine Woche Zeit gewünscht, die ihm Viktor gerne ließ.
Ekaterina schaute Viktor fragend an, „Ist dieser Samuel wirklich so gut, wie man sagt?“
„Der Mann ist sogar noch besser. Er hat seinen Ruf eine Zahlenlegende zu sein nicht ohne Grund, komm, ich erzähl dir mal eine seiner Geschichten …“

**

Samuel Balsac war ein Gentleman, das sah man ihm sofort an. Eigentlich hieß er Maurice de la Plata. Er war als studiertes Finanzgenie eigentlich für die allerbesten Banken auserkoren, hatte bereits sehr gute Bücher geschrieben und sich auch in Hong-Kong bereits im Finanzwesen einen Namen gemacht. Aber die US Mafia hatte sich ihn als den zukünftigen Geldbeschaffer ausgesucht und entführen lassen.

Samuel konnte noch eine Nachricht absenden lassen, die Dagan Mayr erreichte. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde Samuel von einem Einsatz-Team unter Dagans Leitung befreit und nach Israel geschafft. Dort tauchte Maurice de la Plata unter und verschwand für immer. Dafür tauchte Samuel Balsac auf und arbeitete nun für den israelischen Geheimdienst und die Organisation GIPSY.

**
Eine Woche später war Samuel Balsac mit den Ergebnissen zurück.

**

Soulebda Regierungspalast

Heylah ai Youhaahb, die oberste Priesterin Xialorenga und Penelope ai Youhaahb standen vor einem ernsten Problem. Die Palastnymphen, kürzlich erst in einer herrlichen Zeremonie gekürt und geweiht waren bei dem Angriff auf Soulebda Stadt ums Leben gekommen.

Da diese einzigartige Zeremonie nur alle vier Jahre, zu einer ganz speziellen Mondstellung, abgehalten werden konnte, standen sie jetzt vor einem Problem. Der Mond stand nicht passend, daher würden die zukünftigen Palastnymphen nicht von der geheimnisvollen Kraft umhüllt und mit der Kraft die man suchte gesegnet werden können.

Die Palastnymphen waren ja nicht irgendwelche jungen Frauen im heiratsfähigen Alter, die allerdings aus der Fortpflanzung herausgenommen waren. Sie hatten eine wichtige Aufgabe bei Empfängen.

Es gab immer wieder Besucher und Gäste, die aus hormonstrotzenden Männern bestanden, die gerne den Macho heraushängen ließen. Genau da aber kamen die Palastnymphen ins Spiel.
Jeder der Machos wurde bisher handzahm, wenn eine Nymphe neben ihm stand oder bei ihm saß. Und bei den ganz harten Kerlen verbrachten die Nymphen die Nacht bei ihnen. Da schmolzen auch die härtesten Kerle dahin und konnten sich so am anderen Tag auf das eigentliche Ziel ihres Besuches konzentrieren.“

Dieser strategische Verhandlungsvorteil fehlte nun für mehrere Jahre und weder die hohe Priesterin, noch Heylah kannten einen Weg, dies zu umgehen. Schließlich war es Penelope ai Youhaahb, die Tochter der Regentin, die den richtigen Stein ins Rollen brachte.

„Lasst und Madame Ma’Difgtma fragen, ihre Schamanenkunde kennt vielleicht noch einen Ausweg.“ Die beiden anderen Frauen schauten erfreut, das könnte eine Lösung sein, die sie noch nicht berücksichtigt hatten.

Und so rief man nach Madam Ma’Difgtma.

„Erhabene Regentin, ehrenwerte hohe Priesterin und nicht zuletzt oh du gescheites Kind deiner Mutter, wieso kamt ihr noch nicht früher mit dem Anliegen zu mir?

Es gibt noch eine allerletzte Möglichkeit, wie wir die Fähigkeiten des heiligen Brunnenwassers auf unsere neuen Nymphen übertragen könnten, aber die Chance ist sehr klein.“

„Es gibt noch eine Chance, Ma’Difgtma, das könnte für uns alle sehr wichtig sein, was brauchst du dafür?“

„Zunächst einmal die Nymphen Novizinnen. Ich weiß, dass immer ein halbes Dutzend in der Ausbildung stehen, die müsste ich vorhersehen.“

„Es soll geschehen.“, ordnete die oberste Priesterin als die zuständige an und schon verschwanden zwei Gardistinnen, um die Novizinnen herzuholen.

Ma’Difgtma erklärte indessen ihre Vorgehensweise. „Wurden die beiden Palastnymphen von all der Kraft des Brunnens erfüllt, oder musste der Brunnen danach noch gereinigt werden?“

„Die Nymphen waren so schnell und vollkommen von der Macht des Brunnenwassers erfasst, dass wir dachten, Mualebda hätte sie persönlich ausgebildet.“

„Die Reinigung, musste gereinigt werden?“

„Aber ja.“ Meldete sich Penelope zu Wort. Clair und Caroline wurden diesmal zu den Reinigerinnen ernannt und sie hatten eine Menge zu reinigen, sie haben die halbe Nacht im Brunnen zugebracht, bis die Kraft endlich aufgebraucht war.“

„Dann habt ihr eine gute Chance, ich brauche jetzt Caroline und Claire aus Frankreich, sie tragen die noch nicht verwerteten Kräfte des Brunnens in sich. Bringt sie und wir sollten in die Opferkammer der obersten Priesterin gehen, nur dort können wir die Kräfte transferieren.“

„Was hast du vor, oh Ma’Difgtma?“ Fragte nun Xialorenga, die oberste Priesterin. „Ich beabsichtige, das Pal’Tschau’Rin, den Übergang zu vollziehen. Dieser Übergang wurde zuletzt von meiner Großmutter ausgeführt, als wir einem Angriff ausgesetzt waren und ebenfalls unsere Nymphen verloren.“

„Aber das war vor über 210 Jahren!“ Erschrak Xialorenga.
„Ja mein Stamm ist sehr reich an Jahren gesegnet. Allerdings ging das damals nicht ohne Verluste von sich. Die oberste Priesterin verlor damals ihr Leben, indem sie sich opferte. Ich frage dich also, Xialorenga, bist du bereit auch ein Opfer zu bringen, sollte es nötig sein?“

Heylah reichte Xialorenga ihre Hand und die oberste Priesterin sprach mit gefassten Worten.
„Meine Nachfolgerin und die beiden hohen Priesterinnen sind voll ausgebildet, deren Nachfolgerinnen auch, ich kann also ohne ein Loch im Hier und Jetzt vor Mualebda treten, so sie mich ruft. Ich bin bereit und ich weiß auch, dass deine Großmutter damals die oberste Priesterin – na sagen wir – überredet hatte.“

„Meine Großmutter hatte sie nicht überredet, die oberste Priesterin hatte gezögert und damit alles gefährdet. Sie musste handeln und sie hat gehandelt.“

„Ja, aber ich weiß nicht, ob das seinerzeit richtig war, ich war nicht dabei und ihr Schamanen gebt euer Wissen konzentrierter weiter, als wie wir Priesterinnen.“

Heylah meldete sich jetzt wieder zu Wort und bestimmte:

„Der Übergang wird vollzogen, es ist zu wichtig, hier sollte uns allen klar sein, um was es geht. Persönliche Überlegungen haben hier hintanzustehen, ich denke, das ist allen klar!“

Alle Anwesenden sahen Heylah an und nickten einstimmig. Heylah erkannte aber auch zum ersten Mal ein leichtes Zögern ihrer obersten Priesterin. So etwas hatte es bisher noch nie gegeben.

**

Clair, lief zusammen mit vier Gardistinnen und mir durch den Laufparcours, als die führende Gardistin ihre Hand hob und wir alle stoppten.

„Man ruft uns, gerade eben kam der Funkspruch und sie schicken einen Wagen. Der Parcours wird ohne Clair und Caroline weitergeführt, wir warten hier, bis der Wagen den Parcours verlassen hat, ah da kommt er bereits.“

Zwei Wagen der Palastgarde kamen angebraust und Jerome stieg aus dem ersten aus und rief uns zu sich.
„Wir müssen sofort zur obersten Priesterin, da warten bereits Heylah und Ma‘, es ist etwas Wichtiges geschehen und da seid ihr beide betroffen, einsteigen!“
Kaum saßen wir, da brauste Jerome bereits los und der Verfolgerwagen musste sich anstrengen mitzuhalten. Jerome galt immer noch als der schnellste Fahrer im Dschungel und allzu gern bewies er das.

**

Im Empfangsraum der obersten Priesterin wurden wir angehalten und konnten uns duschen, im Vorraum hatten die Priesterinnen bereits weiße Kleider für uns bereitgelegt, diese war sehr dünn und luftig.

In den neuen Kleidern wurden wir vor die anwesenden geführt und Heylah erklärte uns, um was es geht. Clair erkannt auf der Stelle, dass das wichtig war und erklärte sich bereit, da führte Heylah ihre Rede fort.

„… Bitte bedenkt, ihr tragt noch die Kraft des Nymphen Brunnens in euch, wenn wir euch diese Kraft entziehen, dann kann das immense Folgen für euch haben, Folgen, die nicht wieder gutzumachen sind.“

„Und wenn wir uns weigern, dann habt ihr für vier Jahre keine Nymphen die euch bei Beratungen zur Seite stehen können. Ich denke, genau wie Clair, dass das das Risiko wert ist.“

„Clair, erklärst du dich auch für bereit das Risiko zu tragen?“ Fragte Heylah und schaute Clair eindringlich an. Doch sie bestätigte erneut.
„So soll es geschehen. Lasst uns das Pal’Tschau’Rin, den Übergang vollziehen.“ Während die Priesterinnen die oberste Priesterin salbten, gaben sie ihr eine gelbliche Flüssigkeit zu trinken, die würde ihre Seele kräftigen und die Kräfte bündeln.

„Heylah, ich werde Peter noch informieren, er ist noch im Hauptquartier der GIPSY und sollte sich nicht wundern, wenn es bei mir länger dauert.“

„Selbstverständlich, hast du ein Handy dabei, ansonsten nimm den Apparat hier.“

„Pass bloß auf, dass die nicht alles aus dir aussaugen Schatz.“ Kam aus dem Telefon und mit einem Lachen und lieben Grüßen verabschiedeten wir uns. Heute Abend war eine gemütliche Runde bei Freunden geplant.

Danach wurden wir in einen Nebenraum geführt, dessen Zentrum von einem großen Tisch mit vier kleinen und einer zentralen großen Kugel ausgefüllt war. Mehrere Bänke und zwei Polstersessel standen am Kopfende. Die Kugeln bildeten ein „X“, wobei sich die große Kugel in der Mitte befand. Die Verbindung der kleinen Kugeln sah aus, wie ein etwa 20 cm dickes Rohr.

Auf zwei der dünneren Kugeln saßen bereits die ausgewählten Novizinnen und wirkten auf uns, als seien sie in Trance.

„Ihr müsst auf diesen beiden kleinen Kugeln Platz nehmen.“ Wiesen uns die Priesterinnen an, das Platznehmen auf den freihängenden Kugeln war alles andere als einfach, die Kugeln waren glatt und hatten keine Halterungen.
Penelope kam zu uns beiden, ehe wir die Kugeln besteigen konnten. „Hat man euch die Scham eingesalbt oder wurde das vergessen?“

„Wir haben keine Salbe erhalten, um was gehts Penelope?“, fragte ich mit einem fragenden Blick.
„Also im Zenit der Kugel kommt ein rundlicher Dorn, der sich bei euch einführt, über den erhaltet ihr den fehlenden Halt und über den werden alle Kräfte abgeleitet. Hier reibt euch rasch mit der Salbe ein, die oberste Priesterin hat das offenbar vergessen und es soll euch ja nicht weh tun.“

Da wir von Priesterinnen umgeben waren, fiel das Einsalben nicht weiter auf, zu viel Stoff, Licht und die huschenden Priesterinnen störten das Bild. Clair schaute mich an und rieb sich dann auch ein.

Die oberste Priesterin wurde von vier ihrer Priesterinnen auf die zentrale Kugel geführt und setzte sich auf den langsam ausfahrenden Dorn. Ihr Gesicht war ausdruckslos und ohne Gefühl, anscheinend war sie voll konzentriert.
Nun mussten wir uns auf unsere Kugel setzen und auch wir nahmen den Dorn auf. Ein leichtes Vibrieren ging von dem Dorn aus, dann hatte ich das Gefühl, als weite sich der Dorn, bis er den maximalen Halt bieten konnte. Clairs Augen starrten mich fragend an. „Lass es geschehen Liebes, es ist gut, so wie es ist.“, versuchte ich sie, zu beruhigen.

Schließlich hatten alle Platz genommen und ihre Position gefunden und das Gestell erhob sich langsam vom Boden und begann langsam zu kreisen. Mich erfasste ein Kribbeln und fesselte mich fest auf die Kugel. Von dem Dorn spürte ich schon gar nichts mehr, aber die Drehung schien immer schneller zu werden, da wurde der Blick milchig und ich schien in der Luft zu kreisen und zu schweben. Clair schien mir so, als sei sie neben mir und die beiden Novizinnen sahen uns an und wir gaben uns die Hände.
Die hohe Priesterin in der Mitte hatte sich in ein merkwürdiges Leuchten verwandelt, jedenfalls sah sie eher wie eine kleine Sonne aus, als wie ein Mensch.

Aus der Ferne hörten wir die kraftvolle Stimme von Madame Ma’Difgtma, wie sie uns alle anfeuerte und wir drehten uns immer schneller. Von den anderen Menschen sahen wir nichts mehr, ich sah nur die anderen drei und die hohe Priesterin als kleine Sonne, die vor sich hin strahlte.

Das nächste, was ich an mir erkannte, war, dass sich ein Kribbeln in meinem Körper bildete und meine Haut anfing, wie von 1000 Diamanten überfüllt zu leuchten.

Auch Clair leuchtete wie von einer Unmenge kleiner Sterne übergossen. Das Leuchten wurde intensiver und endlich schoss es aus uns heraus in die mittlere, kleine Sonne hinein, die dann heller und größer wurde.

Wir beide aber, Clair uns ich, wir kreisten weiter und es kam mir so vor, als würde das Leuchten aus unseren Körpern weichen.

„Gib die Kraft ab!“ Hörten wir Ma’Difgtma aus der Ferne rufen aber die kleine Sonne in der Mitte lachte nur noch. Die oberste Priesterin schrie wie irre „Nein, diese herrliche Kraft ist jetzt in mir, ich gebe sie nie mehr ab, sie ist so herrlich.“

„Diese Kraft gehört nicht dir, die ist von Mualebda gegeben für die beiden Novizinnen, gib sie weiter. Mach nicht den gleichen Fehler wie damals deine Vorgängerin.

GIB DIE KRAFT AB!“
Clair uns ich begannen uns vor Schmerzen zu verkrampfen und sahen nach oben. Weit über uns schien irgendetwas über uns zu kreisen, aber ich konnte es nicht genau erkennen. Eines aber ahnte ich durchaus, es war der Schatten einer riesigen Harpyie.

Während die Schmerzen anstiegen, stöhnten Clair und ich und die hohe Priesterin lachte grell und irgendwie verrückt. In meinem Unterleib hatte ich das Gefühl, als würde dort ein Feuer anfangen zu brennen.

Da zuckte aus den Augen des Schattens über uns ein kleiner Funke und brachte die hohe Priesterin zum Leuchten. Ab da war das brennen in meinem Unterleib endlich weg.

Wir sahen nur noch, wie zwei helle Lichter zu den Novizinnen trieben und diese erleuchteten, da wurde das Kreisen des Gestells, auf dem wir saßen bereits langsamer und es wurde um uns dunkler und dunkler …

**

Das Unglück

Als ich meine Augen öffnete, lag ich im Palast in einem weichen Bett und neben mir schlummerte Clair. Vor mir saß Penelope und tupfte die feuchte Stirn ab. Hinter ihr erkannte ich Heylah und sie sah nicht froh aus, neben ihr stand Ma’Difgtma mit einem ernsten Gesicht, die hohe Priesterin aber konnte ich nicht sehen.

„War alles gut, hat es geklappt?“ Flüsterte ich zu Penelope und sie küsste mich zart.

„Ja ihr beide habt es geschafft, ihr habt den Übergang vollzogen. Die in euch gespeicherte Kraft des Mondlichtes wurde erfolgreich auf die Nymphen übertragen und die neuen Palastnymphen sind bereits im Nymphen Trakt. Dort werden sie jetzt vorbereitet und ich denke, dass Heylah nachher noch einige Fragen an euch hat.“

„Was ist passiert, wo ist die hohe Priesterin?“

„Ja, deswegen wird sich Heylah mit euch unterhalten, die hohe Priesterin ist nicht mehr unter uns …“

Während im großen Festsaal die neuen Palastnymphen präsentiert wurden, massierten viele Hände Clair und mich und unsere Schmerzen schwanden nach und nach.

Penelope stand zwischen uns beiden und betrachtete unsere nackten Körper.

„Die Wunden sind fast schon alle verheilt, ihr hattet Verbrennungen innerlich und äußerlich. Keine Angst, auch wenn der Dorn in euch steckte, er hat euch nicht geschädigt, sondern allen Schaden von euch gehalten, er hat euch geerdet, wie Ma‘ Difgtma so schön sagte. Und du liebste Clair, mach dir keine Sorgen, du kannst weiterhin Kinder empfangen. Dabei lächelte Penelope Clair an und ihr Lächeln wurde von Clair erwidert.

Als Penelope mich dann ansah, da war etwas anders. Ich spürte, dass bei mir offenbar etwas anders abgelaufen war, denn Penelope begann zu weinen. Trotz all ihrer Beherrschung lief eine große Träne über ihre Wange. Sie stand auf und weinte “verzeih mir meine geliebte Nun’tschula, diese Last wollte ich dir niemals aufbürden, bitte verzeih mir.” Damit verschwand sie irgendwo hinter mir, wo ich sie nicht mehr sehen konnte.

Heylahs Blick, der mir ihr verweintes Gesicht zeigte, sprach Bände. Etwas Unfassbares war geschehen und ich brachte dies mit dem Fehlen der obersten Priesterin in Verbindung. Ermüdet schlief ich ein.

**

Als ich erneut erwachte, standen Penelope, Heylah, Ma’Difgtma, die beiden oberen Priesterinnen und weitere Leute um mich herum, die ich aber durch das Gegenlicht nicht richtig erkennen konnte.
Penelope wischte mir den kalten Schweiß von der Stirn ab und küsste mich.

„Hallo meine geliebte Nun’tschula, endlich bist wieder zurück, wir haben uns alle Angst um dich gemacht.“ Erst jetzt erkannte ich eine weitere Person, es war Clair, sie stand vor mir. „Hallo Caroline, du warst zwei volle Tage weg. Du warst wie tot, nicht ansprechbar, so, als wenn du nicht auf dieser Welt gewesen wärst.“

„Was ist denn geschehen, Penelope, wieso hattest du Tränen im Gesicht, als du mich angesehen hattest und wo ist Peter?“ Penelope setzte gerade an, da kam ihr Heylah zuvor.
„Peter kommt gleich, er spricht gerade mit unseren Ärzten?“

Penelope setzte gerade an, da kam ihr Heylah zuvor.
„Das werde ich aufklären, danke meine liebe Tochter, dass du die Aufgabe übernehmen wolltest.“

Ich setzte mich in dem Bett auf und Heylah lächelte mich an, es war aber ein strenges Lächeln.

„Ihr beiden Mädchen habt Unglaubliches geleistet, ihr habt gelitten, wie noch nie eine junge Frau zuvor gelitten haben mag. Clair hat offenbar weniger Schaden genommen, aber du Caroline, dich hat es so richtig erwischt.

Du musst wissen, die oberste Priesterin hat sich während des Übergangs selbst verloren. Durch sie lief die ganze Energie des Übergangs und sie hatte versucht, diesen zu kanalisieren. Dabei stellte sich heraus, dass ihr beiden zu viel Energie innehattet. Mehr als sie kanalisieren konnte und so zerbrach sie an der Macht, die plötzlich in ihr war.

Tatsächlich wollte sie diese riesige Energie aufnehmen, aber ihr beiden seid einzigartige Menschen, die eine schier unglaubliche Energie gesammelt hattet. Dadurch, dass die vorigen Nymphen nur so wenig von dieser mächtigen Energie brauchten, ist auch die Erklärung, weshalb so viel dieser mächtigen Energie im Pool verblieb und ihr reinigen musstet.

Im Normalfall ist das, was übrigbleibt etwa ein Hundertstel.

Leider hat keiner erkannt, was da geschehen ist und wir werden zukünftig Vorkehrungen treffen, damit das nie wieder passiert.

Ihr müsst euch vorstellen, das ist wie ein Ritt auf Messers Schneide, nur einen kleinen Moment in die falsche Richtung und alles zerbricht.

Nun aber zu dir Caroline, du hast viel mehr Schaden erhalten, als Claire. Unsere besten Ärzte sind der einhelligen Meinung, dass du leider keine Kinder empfangen kannst, du bist jetzt leider sterilisiert.“

Heylah traten die Tränen ins Gesicht, als sie mir dies verkündete, da ich offenbar meine Gesichtsfarbe gewechselt hatte. Peter und ich hatten den Kinderwunsch zwar bereits geäußert, aber wir waren einfach noch nicht dazu gekommen.

Diese Entscheidung war uns jetzt genommen, es gab keinen biologischen Weg zurück.

In den Augen von Heylah und Penelope las ich die Sorge, dass unsere innige Freundschaft daran zerbrechen könnte und ich konnte bei Penelope erkennen, da sie bereits am Arm zitterte.

„Bitte kommt zu mir ihr beiden, lasst euch umarmen. Ich weiß, was das für euch bedeutet und ich bin gespannt, was Peter dazu sagen wird. Eines muss uns aber klar sein: Auch wenn die ganze Welt zerbricht, unsere Freundschaft kann und darf niemals zerbrechen, auch nicht durch solch einen Unfall.“

Heylah traten die Tränen in die Augen und meine geliebte Penelope lag mir schluchzend und weinend in den Armen bis ich sie aufrichtete. “Liebste Penelope, wir sind, waren und bleiben für immer die besten Freundinnen. Was auch war, ich liebe dich, wie am ersten Tag!”

Penelope fasste sich und stand wieder auf, sie kämpfte um die Fassung, das sah ich ihr an. Aber sie wusste auch, dass sie ihre Haltung bewahren musste und Heylah umarmte sie und nickte mir zu.

**

Neben Peter standen Soleab, Dagan und Bernd. Die Freunde erkannten genau, was für Kämpfe gerade in Peter anliefen.

„Und das ist ganz sicher, ich meine auch die soulebdanische Heilkünste können da nichts mehr machen?“

„Peter, du starker Krieger. Du musst jetzt zusammen mit deiner Frau Caroline stark sein. Auch unsere Kräfte sind hier am Ende und wir können dir nur immer wieder sagen, dass es uns allen entsetzlich leid tut. Auch unsere Priesterinnen haben zu Moualebda gebetet und gehofft, aber auch die Priester erfuhren keine Lösung.“

„Wie weit ist Caroline, wie hat sie das alles aufgenommen. Ich konnte bisher noch nicht mit ihr sprechen.“

Dagan mischte sich ein. „Wir können jetzt zu ihr gehen, sie ist wach und wird uns gerne empfangen.“

„Dagan, hast du jetzt auch die Stammessprache erlernt?“ Fragte Bernd und Dagan lachte nur. „Nein, ich bin verkabelt und trage einen Knopf im Ohr. Wollen wir gehen?“

Zehn Minuten später traten die vier Freunde in das Zimmer und fanden viel mehr Menschen vor, als sie geahnt hatten. Caroline hatte das Bett verlassen und war angekleidet worden. In der Frühstücksrobe sah sie verführerisch aus.

„Peter, mein geliebter Peter, komm …“
„Schatz, lass dich umarmen. Darf ich das, oder ist noch etwas anderes kaputt?“

Dafür erhielt Peter von mir einen Rippen Rempler. „Hey, auch wenn ich für ein paar Tage weg war, ich bin kein Auto, ich gehe nicht mal eben kaputt.“

Bernd musste laut lachen und die Freunde schmunzelten oder lachten mit. Die angespannte Stimmung löste sich ein wenig und Heylah kam mit Penelope zu uns.
Im Gesicht von Heylah standen Tausend Fragen.
„Verzeih Heylah, verzeiht uns alle bitte, wir möchten erst einmal alleine sein und uns dann morgen gerne mit euch treffen und darüber sprechen, ist das für euch in Ordnung?“

Heylah’s Gesichtszüge entspannten sich deutlich und sie versuchte ein Lächeln.

„Ich lasse euch gerne morgen Nachmittag abholen, ihr seid natürlich eingeladen.“

Penelope umarmte mich und ich bat sie uns zu begleiten. So fuhren wir nach Hause in mein Haus.

„Ich sollte euch nun besser alleine lassen, es sei denn, ihr wünscht meine Anwesenheit.“

Peter schaute mich fragend an und überließ mir die Entscheidung, ich merkte, dass er kein Problem hatte, wenn Penelope dableiben würde und so bat ich sie hier bei uns zu bleiben.

Peter der alte Schwerenöter nutzte wieder die Gunst der Stunde und meinte nur „Ich geh schon mal in den Pool, diesen Schrecken muss ich mir abwaschen, kommt ihr auch?“

Anfangs zögerte Penelope, jedoch als ich mich entkleidete und in das Wasser einstieg, da legte sie auch ihre Kleider ab.

Jetzt erst sahen wir einen Klebeverband, der quer über ihren Bauch lief und wir erschraken.
„Schatz, was ist denn mit dir geschehen?“

„Das war, als ich dich vom Sockel riss, um dein Leben zu retten, da erhielt ich eine Entladung, aber die ist bereits fast verheilt.“

„Penelope, Süße, du hättest sterben können …“

„Für seine Nun’tschula muss man einstehen, vergiss nicht, der Schwur, den wir ablegten, der gilt für beide. Abgesehen davon würde ich dich niemals auf den Kugeln sterben lassen.“

„Jetzt erzählt mir aber mal genau, was da geschehen ist, mich hat keiner eingewiesen oder hat mir etwas gesagt, es hieß nur, dass Caroline ein Unglück geschehen ist. Also bitte, klärt mich mal auf.“

Und Penelope klärte Peter auf, sie erzählte ihm alles, von den fehlenden Palast Nymphen über die seltsame Maschinenanordnung und all das, was dann geschah.

Peter schaute mit großen Augen zu und fragte dann „Und all das nur für die beiden Palastnymphen, sind sie wirklich so einzigartig und wichtig?“

„Das mein lieber Peter, wirst du erfahren, sobald ihr beide euch ausgesprochen habt. Aber sei dir bewusst, du wirst es erfahren.“

**

Unsere Aussprache dauerte ganze vier Stunden. Peter und ich sprachen über unerfüllte Kinderwünsche, ob wir jemals Kinder gehabt hätten, wie wir unser Leben hätten ändern müssen und vieles mehr.

Schließlich erzählte ich Peter alle Vorteile, die eine Schwangerschaft und ein eigenes Kind gehabt hätte, mit allen möglichen Facetten des Lebens, bis hin zum Erwachsenenalter.

Wir lächelten uns beide an und küssten uns dann innig. Doch dann schaute mich Peter nochmals an und das Lächeln war aus seinem Gesicht gewichen.

„Und wenn du oder wir in einem Auftrag unterwegs gewesen wären, wenn einer der Bösen unser Kind als Geisel genommen hätte. Was glaubst du hättest du getan?“

„Hättest du jemals einen Auftrag konzentriert und professionell erledigen können, oder hättest du jeden Tag Angst um unser Kind gehabt?“

„Jeden Tag?“ Ich schaute ihn an und die Tränen liefen mir über das Gesicht. Penelope begann mit mir zu weinen und wir hielten uns beide eng umschlungen.
„Jede einzelne Stunde hätte ich mir Gedanken gemacht und ich hätte unprofessionell gearbeitet, vielleicht wären die Falschen dabei umgekommen und all das, nur weil ich in Gedanken war?“

„Oh Peter, wie gerne wäre ich für dich da gewesen und hätte unser Kind ausgetragen, aber wenn ich mich ganz ehrlich frage, dann wäre es niemals zu einer Schwangerschaft gekommen, dazu denke ich zu logisch, zu klar, zu radikal. Verzeih mir Liebling, aber ein Kind geht gar nicht. Ich hätte niemals ein Kind austragen können.“

Peter sah mich mit eisigem Gesicht an. Dann langsam, ganz langsam lösten sich bei ihm die ersten Tränen und er umklammerte mich und dann auch Penelope.

„Ja, sicherlich, das ist richtig. Keiner von uns hätte ein junges Leben gefährdet. Die Folge wäre ein Schwangerschaftsabbruch. Und um ehrlich zu sein, ich habe bereits nachgedacht, mich sterilisieren zu lassen, um das Problem ein für alle Mal zu beseitigen.“

„Peter, … du ? …“ Ich war sprachlos.

„Glaubst du denn im Ernst,“ führte er weiter fort, „dass sich unser Leben geändert hätte? Wir hätten weiterhin die Bösen dieser Welt gejagt und unser Kind wäre uns entfremdet, im Laufe der Jahre. Nein, so ist es besser. Das ist meine feste Meinung.“

„Ich liebe dich so sehr mein ein und alles. Du glaubst gar nicht, wie sehr ich dich dafür liebe, dass du so sachlich und eiskalt berechnend wie ich die Sache angehst.

Auch ich habe mich bereits untersuchen lassen und ich habe höchst wahrscheinlich eine Eileiter Verkrümmung. Wäre ich schwanger geworden, hätte ich dies unterbrechen müssen. In Deutschland müsste der Befund in der Post liegen.“

Nachdem wir uns wieder gelöst und unsere Tränen getrocknet hatten, schauten wir die überraschte Penelope an, die am Telefonieren war und sie schaute erleichtert uns an.

„Penelope, wir sind uns einig. Wir beide, also Peter und ich, wir wären auch kinderlos geblieben. Das Unglück hat nur alles beschleunigt, aber die Entscheidungen waren bei uns in den Köpfen bereits gefallen. Würdest du das bitte an Heylah weiterleiten.“

„Sie weiß es bereits und sie hat eben die beiden Palastnymphen zu uns geschickt. Peter, das bedeutet für dich, du wirst heute die Fähigkeiten der beiden Nymphen kennenlernen.“

Wir trockneten uns ab und legten leichte Umhänge an, wie sie hier auf Soulebda gerne getragen wurden, daraufhin setzten wir uns an den Tisch, als es läutete und Ma’Difgtma öffnete.

In Begleitung von vier Palastwachen traten die beiden Neuerkorenen Palastnymphen ein.

Die Mädchen waren sehr schlank, hochgewachsen und mit allem ausgestattet, was eine Traumfrau ausmachte. Ihre Haare waren behandelt, vollkommen entfärbt und anschließend mit der Farbe der Mondschnecke eingefärbt worden.

Dies sorgte für eine immerwährende Wasserstoffblondierung, die ein Sternenfunkeln erahnen ließ. Mit ihren feinen Gesichtszügen wirkten die Palastnymphen nahezu mädchenhaft und ein Alter konnte man schwer raten.

Die Mädchen kamen auf Penelope zu und verbeugten sich vor ihr und mir, anschließend nahmen sie Peter in ihre Mitte und entschwanden mit ihm im Schlafgemach.

„Ich glaube, um Peter müssen wir uns heute nicht mehr kümmern und morgen früh weiß er genau um die Fähigkeiten der Palastnymphen,“ feixte Penelope und ich musste lächeln.

„Na, dann wollen wir doch die Zeit auch nutzen, oder hast du noch etwas anderes vor?“

**

Alofi/Futuna

Norman bestieg das Podest mit dem Rednerpult darauf und ging in Gedanken die heutige Pressemitteilung noch einmal durch.
Pünktlich um 15 Uhr, hielt Kresser eine Pressekonferenz ab, deren Inhalt sich im Wesentlichen seit der ersten Pressekonferenz nicht verändert hatte. Darin teilte er den Journalisten mit, welche gefährlichen Stoffe bisher entdeckt wurden und das man dabei sei, deren Herkunft zu herauszufinden. Weiter Ausführungen könne er, im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen, noch nicht geben.

Seit Bekanntwerden der illegalen Deponie herrschte auf Futuna der Ausnahmezustand. Nicht dass es zu Unruhen gekommen wäre, nein Ausnahmezustand herrschte, da täglich zig Journalisten in Vele landeten. Einige Tage später folgten dann die Politiker… Natürlich nicht die Politiker, welche für die illegale Mülldeponie verantwortlich waren… Die meisten der Politiker wollten das Aufsehen lediglich für ihren eigenen Aufstieg nutzen. Nur wenige Politiker wollten sich wirklich ein Bild von der Deponie machen und noch weniger davon wollten König Sewate ihre Hilfe anbieten. Doch eines musste Norman König Sewate lassen, er hatte einen guten Menschenverstand und fand unter den wenigen Volksvertretern dieser Art die richtigen heraus. Alle anderen, besonders die Populisten, bissen sich die Zähne daran aus, eine Audienz zu bekommen. Ein paar Rabiate versuchten sich mit List, Drohungen oder Schmeicheleien Zugang zum König zu verschaffen, doch dessen Leibwache unter dem Befehl des Kriegers Senatra‘ ters, brachte sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück.

Ganz anders sahen das die Besitzer der wenigen Hotels und Pensionen auf der Insel, welche sich schnell der neuen Situation angepasst hatten und so schossen die Preise (für die „Europäer“) explosionsartig in die Höhe, dennoch waren die Unterkünfte völlig ausgebucht und das Geschäft brummte…
Um den Tumult einigermaßen in den Griff zu bekommen, entschieden König Sewate und Norman täglich eine Pressekonferenz abzuhalten und den Aufenthalt der meisten Journalisten auf drei Tage zu begrenzen.
Diese Maßnahme hatte allerdings noch einen anderen Grund…

**

Als die Planungen für den Angriff auf die Piraten auf Makira begannen, saß Norman als erfahrener Offizier selbstverständlich mit am Planungstisch. Als Einsatzleiter hatte Norman mehrfach bewiesen, wozu er fähig war. So hatte er mit zusammengewürfelten Einheiten der Polizei Futunas, Kriegern Soulebdas und Einheimischen während der Kämpfe um Futuna den Hafen der Stadt Leava verteidigt und es so den Truppen Soulebdas ermöglicht, die Söldner Trafalgars von der Insel zu verjagen. Weder GIPSY noch General Jektjor’far konnten oder wollten auf Norman verzichten.

Dann brachte ein Bote des Palastes Norman eine handgeschriebene Einladung, die Norman sofort als von Heylah selbst geschrieben erkannte. Bei seinem Eintreffen im Palast wurde Kresser dann auch sofort zu Heylah in deren Arbeitszimmer gebracht, wo die Regentin schon auf ihn wartete. Kresser wusste, dass Heylah Verbeugungen und andere Demuths Bezeichnungen nicht mochte und diese nur ertrug, da sie wusste, dass es ihrem Volk wichtig war ihr zu huldigen und so fand er, als galanter Gentleman, immerhin war Norman gebürtiger Brite, eine elegante Lösung, um seine Hochachtung gegenüber dieser Frau zu auszudrücken. Er begrüßte die Regentin mit einem perfekten Handkuss.

Heylah, welche das natürlich durchschaute, lächelte ihn dafür dankbar an. „Nimm Platz, mein Freund.“ Forderte Heylah ihn auf und zeigte auf einen bequemen Sessel.

„Wie weit sind die Pläne für unseren Angriff auf die Piraten?“ fragte sie, als Norman ihr gegenüber Platz genommen hatte.
„Nun, ein paar Einzelheiten müssen noch erarbeitet werden, doch alles in allem, würde ich sagen, wir haben gute Chancen dieses Pack mit heruntergelassenen Hosen zu erwischen.“
„Nun, dann will ich deine kostbare Zeit nicht mit belanglosen Dingen vergeuden, ich brauche dich auf Alofi.“

„Alofi?!“

„Ja, ich hatte gestern eine Unterredung mit Ma’Gus und General Lem. Unsere Freunde in Deutschland haben, natürlich in Absprache mit General Lem und Dagan, die Existenz der Deponie öffentlich gemacht und nebenbei für den geheimen Hintermann, also den Financier eine falsche Fährte ausgelegt. Frau Haufberger und Frau Gardner sind in die Offensive gegangen und haben einen Sturm entfacht, der nach und nach ganz Europa und Nordamerika ergreift. In Israel hat es schon eine Regierundkrise gegeben, welche der Premier nur knapp überstanden hat.“

„Ich nehme an, dass Lem an dessen politischem Überleben nicht ganz unbeteiligt war.“ Grinste Norman.
„Nun, jedenfalls konnte Lem einige der Verantwortlichen überführen. Doch unser Problem ist, dass, momentan viele Regierungen nun mit sich selbst beschäftigt sind. Lem und Ma’Gus glauben, dass der sowohl der Financier, als auch der Stecher die Situation ausnutzen werden, um Beweise zu vernichten.“

„Ein Anschlag auf die Deponie?“
„Das wäre eine logische Schlussfolgerung.“

Norman brauchte ein paar Sekunden, dann hatte sein Gehirn die Fakten sortiert, ein konkretes Szenario erstellt und eine Analyse erarbeitet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass dieses Szenario eintrat. Und das Ergebnis machte Kresser Angst! Heylah hatte absolut Recht!!!

Ein Anschlag auf die Deponie war eine logische Schlussfolgerung! Wenn eine Bombe in den Mienen Alofis explodierte würde die Insel die nächsten zehntausend Jahre, eine „strahlende Zukunft“ haben! Alle Arbeiten müssten eingestellt und die Insel müsste evakuiert werden. Als Folge würde man, zumindest die nächsten Jahre, keine weiteren Untersuchungen durchführen können, um herauszufinden, woher der ganze hochgefährliche Atom und Giftmüll stammte.

„Ich sehe, du teilst meine Befürchtungen. Deine Aufgabe wird es sein, diesen Anschlag zu verhindern und König Sewate zur Seite zu stehen.“
„Wie immer ist mir dein Wunsch Befehl, doch dazu brauche ich etwas Unterstützung.“
„Dagan und Lem stellen dir die Majore Meresch und Menachem zur Verfügung und General Jektjor’far einen Zug Soldaten. Außerdem wird Lem aus Israel eine weitere Abteilung Soldaten einfliegen lassen und mehrere Krieger Futunas werden unter deinem Kommando stehen.“

Kresser, der mit seinen Gedanken schon auf Alofi war, überschlug die Kräfte mit der gestellten Aufgabe und nickte dann.
„Ich werde mein Bestes tun, Regentin.“

Heylah zog die Augenbrauen zusammen und Norman korrigierte sich, „Liebste Freundin.“ und Heylah lächelte ihn an.

**

Zehn Stunden später landeten Norman, Meresch und Menachem mit ihrer Einheit in Vele, wo sie eine Abordnung Königs Sewate empfing, um Norman in den Palast einzuladen.
„Viel Spaß beim steifen Teil.“ Grinste Menachem. „Wir kümmern uns um die Ausrüstung, während du freundlich lächeln darfst.“

„Nur kein Neid.“ Antwortete Norman gelassen. „König Sewate ist ziemlich locker drauf.“
„Locker?“ fragte Meresch nach.
„Ja, locker. Wusstet ihr, dass der König ein paar bildhübsche Masseurinnen hat, die auch Gäste beanspruchen können? Mal sehen, wenn ich im Anschluss noch Zeit habe…“ grinste er die Beiden an, ließ sie auf dem Rollfeld stehen und folgte der Abordnung.
Im Palast von Maopo‘opo wurde Kresser mit herzlicher Freude begrüßt, denn immerhin hatte Norman mit Iduna und Penelope den Palast und somit auch den König, gegen die Angriffe Nguyens Helferin Hu’tars verteidigt.

Nach der Begrüßung und der ersten Besprechung über die Lage auf Futuna versprach König Sewate Norman volle Unterstützung. Egal was Kresser benötige, sollte bereitgestellt werden. Außerdem bekam Norman die direkte Durchwahl zu Königs Sewates Handy.

Beim Verlassen des Palastes wartete schon der Chef der Israelis, Hauptmann Ing. Kaminski auf ihn.
Kaminski kam von den Pionieren und war Ingenieur der Armee, der als Ersatz für Tamars ersten Ingenieurs nach Alofi beordert wurde, als dieser wieder auf dem Todesschatten gebraucht wurde.
„Setzten sie mich mal ins Bild.“ Forderte ihn Kresser auf dem Weg von Maopo‘opo zu Alofitai, der Anlegestelle Alofis, gegenüber von Vele auf.

„Seit ihre Freunde die Deponie entdeckt haben, ist Alofi Sperrgebiet und etwa einhundert Bewohner mussten zur Hauptinsel Futuna übersiedeln. In den Mienen selbst sieht es nicht so gut aus.“
„Warum? Gibt es Strahlung oder Verseuchungen?“
„Nein, glücklicherweise wurde die Deponie früh entdeckt, die Fässer und Behälter sind noch mehr oder weniger neu und dicht, aber denjenigen, welche die Behälter eingelagert haben, war es mehr oder weniger egal, was in den Behältern ist und haben einfach alles zusammen eingelagert. Wir wissen also nicht, was in den Behältern ist, da die gefundenen Unterlagen nicht immer dem wirklichen Inhalt entsprechen. Ausnahme sind natürlich die Atommüllbehälter, die lassen sich auf Grund ihrer Strahlung recht einfach bestimmen.“

„Verstehe, sie können nicht einfach ein Fass aufmachen und nachsehen was darinnen ist.“
„Sie haben es erfasst. Momentan sind wir dabei drei Bereiche einzurichten. Bereich eins, Atommüll der sich ebenfalls in drei Bereiche unterteilt. Schwach strahlend, mittlere Strahlung und hochstrahlend. Bereich zwei, Giftmüll den wir schon katalogisiert haben und der sich in zwei Bereiche unterteilt. Das sind Chemische Giftstoffe und Biologische Giftstoffe. Und schließlich Bereich drei, er alles umfasst, was noch nicht untersucht werden konnte.“

„Wie sieht es ausrüstungsmäßig aus?“
„Freundlicherweise haben die Vorbesitzer der Miene, als sie abgehauen sind, alles stehen und liegen lassen, also sind wir technisch gut ausgerüstet, nur personell stehen wir nicht ganz so gut da. Wir haben zwar jede Menge Soldaten, aber ein paar Spezialisten zusätzlich wären nicht schlecht.“
„Haben sie denn kein Personal angefordert?“

„Natürlich habe ich das. Heylah ai Youhaahb hat uns jeden Mann und jede Frau geschickt den sie entbehren konnte, doch da es in Soulebda weder Atomkraftwerke, noch Atomwaffen gibt, sind Nuklearexperten dort eher selten.“
„Was ist mit Europa oder den Staaten?“

„Die sind zurzeit alle mit sich selbst beschäftigt und keiner will mit der Deponie etwas zu tun haben, aber zwei Spezialisten haben wir schließlich doch bekommen.“
Mittlerweile hatte die Fähre in Alofitai angelegt und Norman sah ihre Ausrüstung gestapelt am Strand liegen, wo Menachem einen großen Mienen-LKW einwies der die Ausrüstung zu den Mienen bringen sollte.

„Sie haben auch schwere LKW hier?“ wollte Norman von Kaminski wissen, als Kaminski auf einen Geländewagen zeigte.
„Ja, Nguyens Leute waren wenig zimperlich, was das Anlegen von befahrbaren Wegen durch den Urwald angeht.“
Beim Eingang der Mienen angekommen, hörte Norman als erstes einen handfesten Streit zwischen Meresch und einen zwei Meter großen Riesen mit Vollbart und wirren Haaren, der mit deutlich russischem Akzent den Major anbrüllte. „NJIET! Das Zeug kommt hier nicht rein, bevor ich nicht jedes einzelne Teil untersucht habe!“

Meresch, einen halben Kopf kleiner schien sich nicht einschüchtern zu lassen und widersprach energisch.
„Wer ist das?“ fragte Norman seinen Begleiter.
„Das ist Igor der Schreckliche.“
„Hieß der nicht Iwan?“

„Das Original schon, aber das ist Igor der Schreckliche, Professor Doktor Igor Jamilowitsch. Einer der beiden Spezialisten, die ich bekommen habe.“
„Und wieso nun –der Schreckliche-?“
„Weil Igor einen mit seiner Klugscheißerei schrecklich auf die Nerven gehen kann, aber wir brauchen ihn, denn er ist WIRKLICH gut. Er ist Russe und für die technische Sicherheit innerhalb der Mienen zuständig.“
„Ein Russe? Wo zum Teufel haben sie denn den her?“
„Er gehört zu einer Umweltorganisation und arbeitet freiwillig hier.“
„HHMM Umweltorganisation und Russe… Vertrauen sie ihm?“
„Mal ehrlich…“ Kaminski wies in Richtung der Mienen, „von den Russen liegt hier nichts rum! Man könnte sich jetzt fragen, ob die Russen die einzigen Anständigen sind, oder ob sie einfach cleverer sind als die andern… jedenfalls traue ich Igor mehr als den „Beratern“ die mir die Amis oder die Europäer aufs Auge drücken wollen. „Berater“ bekäme ich nämlich wie Sand am Meer. Mich würde es auch nicht wundern, wenn uns gerade mehrere Satellitenkameras beobachten würden, von den täglichen Überflügen ganz abgesehen.“

Norman nickte und trat zwischen Meresch und Igor. „Wo, Gentleman, liegt das Problem?“
„Der Typ will meine Kommunikationsausrüstung nicht in die Miene lassen.“
„Der Typ ist Professor Doktor Jamilowitsch.“ Warf Kaminski ein und bat diesen mit einer Handbewegung sich etwas zurückzuhalten.

„Ich verstehe“, begann Kresser, „Professor Doktor Jamilo…“
„Igor.“ Unterbrach ihn Jamilowitsch. „Nennen sie mich Igor, das tun hier alle.“
„Ja.“ Warf Kaminski ein. „Wir legen hier wenig Wert auf Titel, oder militärische Ränge.“
Norman nickte und wandte sich dann an Jamilowitsch. „Gut, also Igor, ich bin Norman und das ist Meresch von der Armee Soulebdas, wo liegt nun das Problem mit der Ausrüstung?“
„Wir haben hier einige sehr empfindliche Messinstrumente. Einige davon könnten durch Nebenstrahlung ihrer Ausrüstung, ungenaue Messwerte anzeigen.“
Norman warf Kaminski einen Blick aus den Augenwinkeln zu und sah, wie dieser nickte.
„Gut, Meresch wird ihnen seine Geräte zeigen und sie entscheiden dann, ob diese geeignet sind um in den Mienen in Betrieb genommen zu werden, oder welche Alternative es dazu gibt.“
Jamilowitsch schaute genau so überrascht wie Meresch, denn anscheinend hatte Igor sich schon auf eine längere Auseinandersetzung eingestellt. Doch dann wurde seine Miene viel freundlicher, während Meresch skeptisch blieb, doch Normans Anweisungen umsetzte.

„Kommen sie, ich führe sie mal rund.“ Sagte Kaminski und führte Norman zum Eingang der Mienen. Im Inneren der Mienen wurde Kresser schnell klar, wieso man hier keinen Wert auf Titel legte. Alle denen sie begegneten trugen Schutzanzüge oder robuste Arbeitskleidung. Lediglich die die Angehörigen der Armee erkannte man an ihren Uniformen. Saubere weiße Kittel suchte man hier vergebens. Obwohl Norman die Deponie von Bildern her kannte, war er doch über deren Größe überrascht, wenn man diese mit der Größe der Insel verglich.

Kaminski zeigte Kresser jeden Bereich und erklärte ihm die Maßnahmen, welche er und sein Vorgänger ergriffen hatten.
Als sie in der Zentrale ankamen, sah Norman eine Brünette mittleren Alters, welche sich mit einer jüngeren Frau beratschlagte. Die jüngere Frau hatte schwarze Haare und ein hübsches Gesicht mit Augen die eine große Kompetenz ausstrahlte. Die brünette Frau, rieb sich resigniert die Augen und konzertierte sich dann wieder auf die Unterlagen vor sich. „Also gut Jenna“, sagte sie zu der Jüngeren, „wir lagern die Behälter aus dem W-Stollen in der Kaverne darunter, bis wir wissen wohin damit.“
„Okay.“ Antwortete die Schwarzhaarige und nahm die Unterlagen an sich.
„Meine Damen.“ Sagte Kaminski und trat mit Norman näher, „darf ich Vorstellen, Frau Doktor Dorothea Naumann“, Kaminski wies erst in Richtung der Brünetten, dann zu der jüngeren Frau, „und Frau Doktor Jenna Lane. Das ist Colonel Norman Kresser, von der Armee Soulebdas. Er soll uns vor unliebsamen Überraschungen schützen.“

„Überraschungen?“ fragte Naumann, „Überraschungen welcher Art?“
„Nun“, antwortete Norman, „Überraschungen jeder Art.“
Naumann schaute Kresser zweifelnd an und fragte dann, „Sie habe nicht zufällig Kernphysik oder etwas Ähnliches studiert?“
„Leider nein, ich bin nur ein bescheidener Angehöriger der Streitkräfte. Es tut mir leid, wenn ich sie da enttäuschen muss.“ Während Naumann enttäuscht schaute wandte sich Jenna an ihn. „Norman Kresser?“ fragte sie neugierig, „Ich dachte die Menschen auf Soulebda haben alle so unaussprechliche Namen.“
Norman lachte auf, „Ja, die meisten schon, doch ich bin…wie sagt man… Soulebdalesen mit Migrationshintergrund.“
Darüber musste sogar Naumann lachen und Lane nahm ihre Unterlagen. „Ich kümmere mich um den W-Stollen. Wir sehen uns“ sagte sie zu Norman und lächelte ihn noch einmal an bevor sie die Zentrale verließ.

Als Lane gegangen war sagte Kaminski zu Norman, „Frau Doktor Naumann ist die zweite Expertin, die ich bekommen habe. Doro, am besten erklären sie ihre Aufgabe selbst.“
Die nickte und plötzlich hatte sie eine ganz andere Körperhaltung. „Ich komme vom deutschen BND, gehöre zur Task Force Mohrle und wurde von Innenminister Nehren persönlich beauftragt hier auf Alofi Beweise zu sichern, solange sie noch da sind. Natürlich in Absprache mit König Sewate.“
„Oh, ich dachte sie wären Physikerin, oder Ingenieurin.“
„Ich bin Physikerin und tatsächlich eine echte Frau Doktor, deswegen wurde ich ja hier herbeordert.“
Norman, der seinen Fauxpas erkannte, riss das Ruder herum und lächelte charmant, „Oh, ich wollte ihr Fachwissen nicht in Frage stellen, Frau Doktor Naumann, ich konnte mir nur nicht vorstellen, dass eine so junge Frau wie sie, schon zwei Jobs haben kann.“
„OHHHH! Lassen sie das!“ Forderte Naumann ihn auf und verzog das Gesicht, konnte aber nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel verräterisch zuckten. „Doro.“ Sagte sie und hielt Norman erneut die Hand hin, die Norman galant ergriff.
„Sie sollen also Beweise sichern, solange sie noch da sind?“ fragte Norman nach, „demnach rechnen sie ebenfalls mit einem Anschlag hier?“
„Mich würde es nicht wundern, wenn die Vorbereitungen dazu nicht schon voll im Gange wären.“

**

Was Dr. Naumann nicht wusste war, wie Recht sie mit ihrer Vermutung hatte…

**

Port Moresby/ Papua-Neuguinea

In einem der größeren Hotels der Hafenstadt betraten eine Frau und ein Mann ein Zimmer im siebten Stock, welches einen wundervollen Überblick über die Stadt bot, für das allerdings niemand im Zimmer Muse hatte. Beim Betreten des Zimmers zählte der Mann die anwesenden Köpfe, kam auf acht und schloss dann die Tür.
„Wie ich sehe, sind alle da.“ sagte er und nahm einen Platz am Fenster ein, so, dass er die anwesenden acht Männer alle im Blick hatte, während sich die Frau ohne Kommentar an die Wand gegenübersetzte.
Fünf von den Männern vor ihm kannte der Mann aus früheren Tagen und die anderen drei machten einen brauchbaren Eindruck.
„Für die drei, die mich nicht kennen. Mein Name ist Nigel Glenn. Früher war ich beim ASAS, jetzt arbeite ich als Selbständiger Unternehmer mit meiner Partnerin Milli Bindt, der Dame gegenüber.“ Glenn zeigte auf die Frau an der Wand. „Mein, und damit auch ihr, jetziger Arbeitgeber ist jemand den sie alle kennen, Theobald, der Stecher, Vogel.“
Ein Blick in die Gesichter und Nigel wusste, dass er Recht hatte. Alle kannten den Stecher und alle wussten, wie der Stecher auf Misserfolge reagierte. „Wenn nun jemand aussteigen möchte, dann jetzt!“
Als nach einer Minute immer noch niemand den Raum verlassen hatte, nickte Nigel zufrieden. „Gut meine Herren. Dann zu unserem Auftrag!“

**

Nachdem das Zimmer abgedunkelt war, lieferte ein Beamer die passenden Bilder. Die drei neuen erkannten das Ziel sofort. Es war die Insel Alofi!
„Sie haben Recht, meine Herren, das Ziel ist Alofi und die Insel ist der Grund warum ich auf Sie zurückgekommen bin. Sie standen alle bei Trafalgar unter Vertrag und kennen die Insel. Ziel dieser Mission ist, die Zerstörung der Deponie innerhalb der Mienen, welche ihr früherer Arbeitgeber dort anlegen ließ.“

Eine Hand hob sich und Nigel nickte dem Mann zu. „Mr. Hoult?“
„Als wir die Insel räumen mussten…“
„Du meinst, als ihr von ein paar Inselaffen davongejagt wurdet.“ Warf einer der Männer ein, die Nigel von Früher kannte und der Neue drehte sich zu diesem wütend um.
„Mr. John!“ warf Nigel dazwischen. „Da sie nicht an diesem Einsatz beteiligt waren, steht es ihnen nicht zu darüber zu urteilen! Fahren sie fort, Mr. Hoult.“
Hoult warf John noch einen kalten Blick zu, und wandte sich dann wieder an Nigel. „Nachdem wir die Insel verlassen haben, hat die Armee Soulebdas die Minen übernommen, welche mit israelischen Sondereinheiten zusammenarbeitet. Wir können also nicht einfach hineinspazieren.“
„Das ist mir bewusst, deswegen sitzen wir hier am Tisch. Wie hoch schätzen sie die Kampfkraft der Truppe auf Alofi ein?“

„Nun, da sind einerseits die Israelis. Neben dem wissenschaftlichem Personal haben die Israelis schätzungsweise dreißig Soldaten auf der Insel stationiert, deren Kampfkraft sehr hoch ist.“
Ein anderes ehemaliges Mitglied Trafalgars bestätigte das und ergänzte dann, „Dazu haben die Soulebdalesen mindestens einen weiteren Zug Soldaten nach Alofi geschickt.“
„Ein Zug? Das sollte kein Problem sein, da machen mir die dreißig Israelis schon mehr Sorgen.“ Meinte John.
„Sie begehen denselben Fehler wie Nguyen und Sinclair.“ Warf schließlich der dritte Neuling der Runde, Calvin, ein. „Für die beiden waren die Soulebdalesen auch nur Inselaffen. Wie Nguyen starb weiß ich nicht, aber ich habe Sinclairs Leiche gesehen… Scheiße!“ Er schüttelte den Kopf und sah Sinclairs geschundene Leiche vor seinem inneren Auge. „Die Soulebdalesen kämpfen nicht wie wir. Wir sind es gewohnt uns auf Technik und Hardware zu verlassen und darin liegt unsere Schwäche. Exakt diese Schwäche nutzen die Soulebdalesen gnadenlos aus. Bei den Soulebdalesen gibt es das Problem Geld oder Beschaffungssorgen nicht. Ihre Streitkräfte gliedern sich in zwei Bereiche. Einen überlegenen militärisch- technischen Bereich, mit modernen Flugzeugen, Schiffen, sowie moderner Infanterie mit neuen Handfeuerwaffen und anderem neustem Gerät. Der zweite Bereich umfasst ihre Krieger, welche wie vor über hundert Jahren kämpfen. Diese Krieger greifen nicht mit Hurragebrüll an und laufen euch vor die Gewehre, nein sie kundschaften euch aus, sie beobachten euch, sie mitten unter euch… und dann…, wenn ihr nicht damit rechnet, dann schlagen sie zu mit ihrer überlegenen Technik und ihren hochmotivierten Truppen gnadenlos zu.“

„Das hört sich so an, als ob du Angst vor ihnen hast.“ Stellte John trocken fest.
„Nein, keine Angst, nur Respekt. Wenn wir also Erfolg haben wollen, müssen wir unsere Kampfweise umstellen.“
Nigel nickte bedächtig und sagte dann, „Wie schon gesagt Gentleman, deswegen sind sie hier.“

**

Alofi

„Was macht dein neuer Freund, Igor?“ wollte Norman von Meresch wissen, als sie gemeinsam mit Menachem auf dem Weg zu einer großen Besprechung waren.
„Man glaubt es zwar kaum, aber dieser wirre Russe hat es echt drauf. Wenn er nicht klugscheißt, und das geschieht nur selten, ist er sogar ziemlich gut zu ertragen. Was die Messinstrumente angeht hat er mich tatsächlich überzeugt. Wir mussten ein paar Sendeanlagen isolieren um den Betrieb hier nicht zu beeinträchtigen, aber er hat mit angepackt und mir sogar noch das ein oder andere beibringen können.“
„Kaminski sagt, er traut ihm, da hier von den Russen nichts herumliegt, wie siehst du das?“
„Ach ich weiß nicht…Russe hin oder her… ich traue lieber keinem, egal woher er kommt. Fakt ist das Igor ein brillanter Kopf ist. Doch wo großes Genie ist…“
„Da ist der Wahnsinn nicht weit weg … Ich weiß. Aber Genies laufen hier eine ganze Menge herum.“
„Ich wette Igor kennt eine Formel, welche die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass ein Wahnsinniger unter ihnen ist. Soll ich ihn nach dem Ergebnis fragen?“

„Nein, das lassen wie lieber.“ Lachte Kresser. „Wie sieht es außerhalb der Mienen aus?“ wandte sich Norman an Menachem.
„Soweit ist alles gut.“ Antwortete der. In den letzten zwei Tagen hatte sich Menachem ein genaues Bild von der Insel gemacht. Zusammen mit Sarist ‘teras, einem Krieger Futunas unterstanden ihm nun dreißig Israelis, vierundzwanzig Soulebdalesen und fünfzehn Krieger Futunas. Als Major der israelischen Armee kannte Menachem den Ausbildungsstand und die Kampfkraft der Israelis genau, dem die Soldaten Soulebdas in keiner Weise nachstanden und da die Krieger Futunas von Soulebdalesischen Kriegern „betreut“ wurden, konnte Menachem mit seiner Truppe sehr zufrieden sein. Sein größtes As aber waren zwei Black Hawk Kampfhubschrauber, die auf Vele standen.
„Nun, das hier ist eine Insel, das heißt ein Angreifer muss erst einmal unerkannt herkommen. Nach dem Wiederaufbau des Radars auf dem Hügel haben wir eine gute Chance eventuelle Angreifer frühzeitig zu erkennen. Doch da wir alle wissen, dass Radar nicht unfehlbar ist, hat Sarist ‘teras seine Krieger auf der Insel verteilt, die untereinander Kontakt halten. Ich denke nicht, dass wir überrascht werden.“
„Was ist mit einem Luftlandunternehmen?“

„Das halte ich für eher unwahrscheinlich. Der Bewuchs der Insel, sowie die scharfen Klippen und Felsen lässt eine Landung im unmittelbaren Bereich der Mienen nicht zu. Mögliche Landepunkte gibt es nur an der Südküste und damit genau gegenüber des Flugplatzes Vele. Von dort müsste sich ein Angreifer dann quer durch den Dschungel kämpfen… eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen.“
„Hat Naumann denn schon einen Verdacht, wie ein möglicher Anschlag aussehen könnte?“ fragte Meresch.
„Nein, aber sie geht davon aus, dass der Anschlag im Lagerraum des Atommülls am wahrscheinlichsten ist.“
„Dann sollten wir die Sicherheitsvorkehrungen in diesem Bereich verstärken.“
„Genau das ist Gegenstand der Besprechung, zu der wir gerade gehen, nur dass das Wort Anschlag nicht fallen wird, also haltet euch zurück.“

**

In der großen Kantine der Anlage trafen Norman und die Anderen zum ersten Mal die gesamte Mannschaft, mit Ausnahme der diensthabenden Wachen. Die Kantine hatte man in den Räumen untergebracht, in dem früher die Gefangenen festgehalten wurden und somit als einiger Raum genug Platz bot. Dazu hatte man sich auch entschieden, da der Raum recht zentral lag und alle Bereiche der Miene schnell zu erreichen waren.

Norman zählte etwa einhundert Angehörige verschiedener Armeen und circa genauso viele Zivilisten. Das Hauptkontingent stellten die Israelis, dazu kamen dann Amerikaner, Deutsche, Franzosen, Soulebdalesen und schließlich Igor, der auf Grund seiner Größe aus der Menge herausragte. Alle hier waren vor ihrem Eintreffen auf Alofi von Lem, bzw. Mikes ehemaligem Arbeitgeber durchleuchtet worden und galten nicht nur als Experten, sondern auch als „sauber“, allerdings wies Mike darauf hin, dass die Überprüfung wegen dem Zeitdruck nicht „wasserdicht“ war.
Beim Eintreten stand Dr. Naumann vor einer Leinwand, die einen Querschnitt der Mienen zeigte und zeigte gerade auf einen Bereich im Südosten der Mienen. „Also wie gesagt, hat Jenna ausnahmsweise ein paar nicht so schlechte Nachrichten für uns.“ Sagte Naumann und forderte Lane auf, nach vorne zu kommen.

„Danke.“ Antwortete die, als sie vor der Leinwand stand. „Im W-Stollen konnten wir bis jetzt keine hochgiftigen Stoffe feststellen. Alles was wir bis jetzt gefunden haben, ist eine große Menge mit Schwermetallen verseuchter Boden. Solange wir das Zeug nicht essen, bringt es uns auch nicht um.
„Mahlzeit.“ Rief jemand dazwischen und Lane grinste leicht.
„Die gefundenen Unterlagen stimmten in diesem Fall mit dem Inhalt der Fässer überein. Wir können den W-Stollen also relativ schnell räumen und so Platz schaffen und dort die Fässer mit dem hochstrahlenden Atommüll unterzubringen. Der W-Stollen ist im Gegensatz zu den meisten Stollen hier kaum aus Lavagestein und somit luftdicht.“
„Und wohin mit den Fässern verseuchten Erdreichs?“ wollte einer der Militärs wissen?
„Ich schlage vor, dass wir diese in der Kaverne im Südbereich unterbringen.“
„Das wäre unter dem hochstrahlenden Atommüll.“ Stellte Kaminski fest.
„Das ist korrekt.“
„Warum dieses hin und her?“ fragte Norman dazwischen.
Naumann drehte sich zu ihm um und übernahm die Erklärung. „Der Momentane Standort des Atommülls ist sehr nahe an der Geothermischen Energieversorgung, die wie wir alle wissen, aus der Vulkantätigkeit gewonnen wird. Von der Mitte der Energieversorgung aus führt eine Bohrung bis weit unter die Erde und ein Loch in der Erde ist immer ein Risiko, besonders wenn es auf dem pazifischen Feuerring liegt.“
Das leuchtete Norman ein, zumal Lanes Schritt wohl mit Naumann abgesprochen war.
„Weitere Fragen?“ wollte Naumann wissen.
„Was macht das zusätzliche Militär hier?“ fragte eine der Zivilisten.
„Sie erhöhen unsere Sicherheit.“
„Sie sollten ihre Kollegen nicht für dumm verkaufen.“ Rief Igor in den Raum und bekam dafür einen finsteren Blick zugeworfen, den Igor ignorierte und aufstand. „Der einzige plausible Grund für noch mehr Militär ist eine Gefahr von außerhalb. Habe ich Recht Dr. Naumann?!“
„Wie immer hat unser geschätzter Kollege Jamilowitsch die Situation richtig erfasst.“ Räumte Naumann ein. „Es könnte sein, dass jemand versucht, unsere Arbeit hier zu gefährden. Doch sowohl Colonel Kresser, als auch Hauptmann Kaminski haben mir versichert, dass wir hier absolut sicher sind.“
„Kein Platz dieser Welt ist absolut sicher.“ Warf Igor ein. „Wenn jemand einen Angriff auf uns plant, dann wird er ihn auch durchführen!“
Darüber erhitzte sich eine laute Diskussion unter den Zivilisten, während die Militärs leise untereinander beratschlagten.

„Hallo…HALLO!“ rief Lane laut dazwischen und wartete, bis es nach und nach ruhig wurde. „Darf ich einen Vorschlag machen?“

Naumann nickte ihr zu und Lane stellte sich Igor gegenüber. „Wir alle wussten, worauf wir uns einlassen. Ich meine diejenigen von uns, welche nicht vom Militär her befohlen wurden. Da die Deponie von Gangstern angelegt wurde, war uns doch allen klar, dass das hier keine Bildungsreise ist.“
Norman sah, wie die meisten Zivilisten leicht nickten und auch in Igors Gesicht konnte Kresser sehen, dass Lane Recht hatte.
„Also, zu meinem Vorschlag! Ein Anschlag würde nur ein Ziel kennen, den hochstrahlenden Atommüll! Bei einem Austreten von Chemischen oder biologischen Giftstoffen könnten wir Schutzkleidung weiterarbeiten, es wäre zwar schwerer, aber machbar. Wer unsere Arbeit also verhindern will, wird den Atommüll in die Luft jagen.“ Lane trat an die Projektion der Mine heran und zeigte dann auf den W-Stollen. „Der Zugang zum W-Stollen ist länger als die anderen Stollen. Wenn wir den Atommüll erst einmal dort untergebracht haben, könnten wir den Zugang zum W-Stollen verminen. Sollte uns tatsächlich jemand angreifen, könnten wir den Zugang mit einer gezielten Sprengung versperren.“
„Sie wollen den Zugang zum Atommüll in die Luft jagen?!“ fragte Igor ungläubig.
„Die Kaverne am Ende des W-Stollens ist stabil genug um eine so kleine Sprengung unbeschadet zu überstehen. Wir haben genug schweres Gerät hier um nach dem Angriff den Zugang wieder frei zu räumen.“
„Das ist völliger Schwachsinn!“ meinte Igor dazu, während Naumann einige der Militärs zu sich winkte, um den Vorschlag zu besprechen.
„Die Idee von Lane ist nicht schlecht.“ Flüsterte Menachem.
„Klar, wenn es darum geht, etwas in die Luft zu jagen bist du immer Feuer und Flamme.“ Grinste Norman. „Hängt euch mal in den Kreis, der darüber berät, ich rede mit Kaminski.“

**

Port Moresby

„Unser Ziel sind die Behälter, welche hochstrahlenden Atommüll beinhalten.“ Teilte Nigel Glenn seinem Team in einer Eisatzbesprechung mit.
Auch er stand einer Projektion, welche die Mienen von Alofi zeigte sowie den Lagerplatz des gefährlichen Atommülls.
„Um dieses Ziel zu erreichen werden wir zwei getrennte Aktionen starten. Zuerst wird Mrs. Bindt“, Glenn wies auf seine Partnerin, „gemeinsam mit mir als Reporter nach Futuna reisen. Wir werden uns dort etwas umsehen und einen Vorposten bilden und dann Teil eins des Planes, das erste Ablenkungsmanöver starten. Wichtig ist es, die Kräfte welche auf Futuna stationiert sind daran zu hindern unseren Angriff auf Alofi zu unterbinden. Ist dieses Ziel erreicht, werden wir die Mienen angreifen. Das geschieht in zwei getrennten Aktionen. Mr. John, Mr. Kuster, Mr. Mikel und Mr. Calvin, ein Schiff von Sam Whitinghouse wird sie fünf Meilen vor der Insel abgesetzten. Sie führen ein Kommando von etwa einhundert Piraten an den Strand von Ganiu.

Mr. Hoult, sowie Mr. Safar werden mit zehn Männern Whitinghouse über Alofi abspringen und südlich von Alofitai, etwa 1000 Meter unterhalb der Chapelle d’Alofi mit dem Fallschirm landen. Zuvor werden Junaut, Facht, Bindt und ich mit zwölf ausgewählten Männern von Whitinghouse als Reporterteam auf Futuna landen. Bei Beginn der Aktion werden Junaut und Facht dann mit den zwölf Piraten von der Hauptinsel übersetzen, um sich mit ihnen vereinigen, während Mrs. Bindt und ich in Vele ein Flugzeug kapern. Von Alofitai aus werden sie sich dann zu den Mienen bewegen.“
„Wir sind bloß ein Köder?“ fragte John erstaunt. Er hatte erkannt, dass der Strand von Ganiu weniger als achthundert Meter vom nördlichen Eingang der Mienen entfernt lag und dennoch sollten Hoult und Safar sich zu den Mienen begeben. „Mit einhundert Mann putzen wir die Israelis und Soulebdalesen weg, egal wie gut sie sind.“
„Mr. John, die Männer welche Whitinghouse uns zur Verfügung stellt sind keine Soldaten, es sind Piraten. Gangster mit großen Knarren und einem noch größeren Ego, deren wahrer Kampfwert eher gering ist. Ihre Aufgabe ist es die Piraten, in dem Glauben sie wären in der Lage die Israelis und Soulebdalesen wegzuputzen, an den Strand zu bringen und diese somit zu beschäftigen. Ist diese Aufgabe erfüllt, schnappen sie sich eines der Boote, fahren nach Vele und begeben sich zu und Mrs. Bindt und mir. Sehen sie also zu, dass sie sich rechtzeitig absetzen können. Die Piraten am Strand von Ganiu sind ersetzbar und für uns nur Mittel zum Zweck.

Glenn wandte sich nun an Hoult und die anderen, welche sich von Alofitai zu den Mienen gelangen sollten. „Das Gleiche gilt für sie! Nachdem Junaut und Facht mit den Piraten zu ihnen gestoßen sind, werden auch sie einen Vorstoß zu den Mienen lediglich vortäuschen. Ihre Hauptaufgabe ist es diese ominösen Krieger zu beschäftigen. Sie verwickeln die Sicherungskräfte mit den Piraten in einen Kampf, ziehen sich dann, wenn die Piraten von den Kriegern gejagt werden, zurück und setzen wieder nach Vele über, wo sie zu den anderen in das Flugzeug steigen. Soweit Fragen zu dem Plan?“
Alle außer Glenn und Bindt sahen sich fragend an, schließlich fragte John dann, „Und was ist mit den Mienen? Ich dachte, wir sollen die Mienen in die Luft jagen?“
„Oh, das werden wir auch tun.“
„Und wie?“
„Die Antwort liegt doch auf der Hand.“ Meldete sich zum ersten Mal Mrs. Bindt zu Wort und sah etwas verächtlich in die Runde, was einige wütende Blicke hervorrief. „Sie alle lenken nur die Wachen und die Belegschaft der Mienen nur ab. Unser Kontakt, welcher die Mienen sprengen wird, ist längst in den Mienen von Alofi.“

**

Futuna

„Wir müssen etwas gegen die Flut von Reporten unternehmen.“ Stellte Norman bei einer Besprechung mit König Sewate fest. „Futuna platzt aus allen Nähten, doch das eigentliche Problem bei der Vielzahl der Reporter ist, dass wir den Überblick verlieren, wer sich alles auf Futuna aufhält. Wenn ein Vorauskommando unserer Gegner hier ankommt, dann als Reporter getarnt.“
„Das leuchtet ein.“ Antwortete König Sewate. „Was schlagen sie vor?“
„Wir sollten den Aufenthalt der Reporter zeitlich begrenzen. Das könnten wir mit den mangelnden Kapazitäten an Unterkünften begründen, da auch andere Reporter das Recht haben sich hier vor Ort zu informieren. Ich schlage eine Begrenzung von drei Tagen vor.“
„Gut, ich werde die entsprechende Anweisung erteilen.“ Versprach Sewate.
„Zweitens sollten wir täglich eine Pressekonferenz geben. Wer als Reporter hier herkommt um sich zu informieren, würde Verdacht auf sich ziehen, wenn er an dieser Pressekonferenz nicht teilnimmt. Deswegen sollten wir diese Konferenzen mit Videokameras überwachen. Unser Computergenie Hauer kann dann mit einer entsprechenden Software vielleicht das ein oder andere bekannte Gesicht erkennen, dass sein Geld sonst auf andere Art und Weise verdient.“
„Auch da stimme ich ihnen zu. Mir ist diese Überwachung zwar ein Dorn im Auge, doch das Risiko ist einfach zu hoch.“
„Ich schlage auch vor. In Vele sowie in Leava Kameras zu installieren, welche die Neuankömmlinge auf dem Flugplatz, sowie dem Hafen überwacht.“
„Gut. Ich verlasse mich aber darauf, dass diese Daten nicht aus dem Palast von Soulebda herausdringen.“
„Ich bin sicher, dass Hauer keinen Unfug mit den Daten treibt.“ Beruhigte Norman den König.
„Dann bin ich damit einverstanden.“ Stimmte Sewate Normans Vorschlag zu.

**

Nur zwei Stunden später machte sich Hauer an die Arbeit und spielte die entsprechenden Programme auf, während Meresch begann Kameras aufzustellen, welche dann von Hauer nach und nach erfasst wurden.
„Blöde Geheimdienstscheiße!“ kommentierte Hauer, als er Kresser eine Mail schickte, dass alles bereit wäre.

**

Zur selben Zeit landeten Nigel Glenn und Milli Bindt in Vele in einem Flugzeug, das außer den beiden noch weitere fünfzehn Reporter an Bord hatte. In dem kleinen Gebäude, in dem sich die Neuankömmlinge anmelden mussten, wurde den Reportern erklärt, dass Alofi Sperrgebiet sei und dass ihr Aufenthalt, auch Journalisten, auf Alofi untersagt war. Für Glenn war das eine unangenehme Überraschung, er hatte gehofft einen Blick in die Mienen werfen zu können, doch er ließ sich nichts anmerken und bedankte sich freundlich für den Hinweis, dass es morgen um fünfzehn Uhr eine Presseerklärung, bezüglich der Lage auf Alofi geben würde.

„Wir sind sozusagen ein Vorauskommando des Berron-Nachrichtensenders, dass ein ganzes Kamera und Set-Team erwartet.“ Erklärte Glenn dem Beamten, der ihm gegenüberstand. „Gibt es die Möglichkeit Alofi zu betreten?“
„Sie können hier einen entsprechenden Antrag stellen.“ Der Beamte schob ihm ein Formular zu und ergänzte dann, „Die Entscheidung darüber wird ihnen dann in den nächsten Stunden zugestellt. In welchem Hotel kann man sie erreichen?“
„Wir haben ein Zimmer im „Bur’lah’nu“ in Leava.“
„Sobald sie den Antrag gestellt haben, wird in wenigen Stunden darüber entschieden, Mr. Glenn.“
Glenn bedankte sich freundlich und verließ still fluchend das Büro.
„Verdammt.“ Fluchte er leise, während er mit Bindt auf ein Taxi zuging, welches ihn zu seinem Hotel in Leava bringen sollte.

„Falls sie den Antrag ablehnen, haben wir Zeit genug. Ein paar Tage sind völlig ausreichend.“ Stellte Bindt fest. „Bis dahin haben wir alles, was wir brauchen.“
„Ich hoffe es! Jedenfalls müssen wir morgen auf diese Pressekonferenz.“
„Keine gute Idee.“ Meinte Bindt. „Hast du gesehen, die bauen überall Kameras auf. Ich wette die Pressekonferenz wird auch übererwacht.“
„Wenn wir nicht hingehen, ziehen wir unnötige Aufmerksamkeit auf uns. Außerdem sind wir clean, niemand sucht nach uns.“
„Ich würde den Besuch dieser Pressekonferenz trotzdem solange hinauszögern, wie möglich.“
In ihrem Hotel angekommen suchten sie als erstes den Kontakt zu dem Besitzer. Das Hotel war mit fünf Stockwerken eines der größten Gebäude der Stadt und lag mitten in der Stadt. Am Anleger daneben dümpelten mehrere Boote und warteten darauf, die Gäste des Hotels zu einer Rundfahrt aufzunehmen. Viele Gäste wollten auch eine Rundfahrt, doch die sollte nicht um Futuna führen, sondern um Alofi herum, was den Bootsführern völlig egal war, solange die Fahrt bezahlt wurde.
„Mr. Glenn?“ fragte eine Stimme und Glenn sah den Besitzer des Hotels auf sich zukommen. „Mein Name ist Ohm Lumade, womit kann ich ihnen dienen?“

„Mr. Lumade, darf ich ihnen Mrs. Bindt vorstellen.“ Fragte Glenn und Lumade nickte Bindt freundlich zu. „Wir leiten die Redaktionsabteilung des Australischen Berron-Nachrichtensenders und wir würden auf der Insel gerne eine Reportage über Futuna und besonders über Alofi drehen. Zu diesem Zweck suchen wir ein Hotel in dem wir unser gesamtes Team unterbringen können, wenn möglich alle auf einem Stockwerk um die Laufwege kurz zu halten.“
„Ich verstehe, um wie viele Personen handelt es sich?“
„Das ganze Team umfasst sechzehn Personen.“
„Bitte warten sie einen Moment, ich prüfe die vorliegenden Anmeldungen.“ Sagte Lumade und ließ die beiden stehen, um hinter seiner Rezeption zu verschwinden, wo er in einem großen Terminkalender anfing zu blättern.
„Was denkst du?“ wollte Glenn von Bindt wissen, die sich scheinbar interessiert umsah.
„Perfekt! Überall Holz, viele Vorhänge und Deko, der Laden brennt wie eine Fackel. Auch die anstehenden Gebäude sind alle gutes Futter für die Flammen. Wichtig ist, dass das Feuer auf der ganzen Etage gleichzeitig ausbricht.“
„Und, bekommst du das hin?“
„Kann ein Fisch schwimmen? Aber ich brauche den ersten Stock, damit die Feuerwehr nicht einfach von außen löscht…“ Sie brach ab, als Lumade zurückkam. „Mr. Glenn, ich könnte ihnen leider erst in fünf Tagen den gewünschten Platz anbieten.“
„Hervorragend! Wir müssen sowieso zuvor noch die nötigen Genehmigungen anfordern. Mr. Lumade… wäre es möglich, dass wir das erste Stockwerk bekommen? Ich könnte mir vorstellen, dass unser Team auch nachts viel zu tun hat und wir so die anderen Mieter ihres schönen Hotels weniger stören.“
Lumade überlegte einen Moment, dann nickte er freundlich und sagte, „Aber selbstverständlich Mr. Glenn.“

**

Vier Tage später

„Was macht die Arbeit im W-Stollen?“ fragte Norman Jenna Lane als er sie unterwegs auf dem Weg zur Zentrale traf.
„Ausnahmsweise läuft es einmal etwas rund. Dadurch, dass die dort gelagerten Fässer „nur““, Lane hob die Finger und deutete Satzzeichen an, „mit Schwermetall versuchten Boden enthalten, konnten wir den Stollen relativ schnell räumen.“
„Wie lange brauchen wir dann um den Atommüll dort unterzubringen?“
„Ich schätze einmal eine Woche. Solange müssen sie uns die Bösen vom Leib halten.“
Norman lächelte leicht und versprach, „Oh, ich werde mein Bestes geben. Ihre Idee den Eingang zu verminen war genial, Dr. Lane. Bemerkenswerterweise ist keiner ihrer militärischen Kollegen auf diese Idee gekommen.“
„Tja, manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
„Das stimmt.“ Gab Norman zu, der sich mit Kaminski beraten hatte, der schon Berechnungen angestellt hatte, die Lanes Vermutung, dass die Kaverne am Ende des W-Stollens eine Sprengung unbeschadet überstehen würde, als richtig einschätzte.
„Ok Norman, ich muss zu meinem Erdreich.“ Verabschiedete sich Lane und winkte ihm zu, als sich ihre Wege trennten.
In der Zentrale angekommen traf Norman dort auf Naumann, die über Unterlagen brütete.
„Dr. Naumann…“ fragte Norman, der erkannt hatte, dass Doro sein Eintreten nicht bemerkt hatte. Sie schrak kurz zusammen, dann entspannte sie sich. „Oh, sie sind es.“
„Sie waren gerade sehr vertieft.“
„Ja, ich bin auf etwas Interessantes gestoßen.“
„Auf was genau?“
„Bevor ich dazu etwas sagen kann, muss ich es erst überprüfen, aber sie erfahren es als erster. Was gibt es?“
Norman schloss die Tür hinter sich ab und wandte sich dann an Doro. „Morgen wird Soulebda die Piratenhochburg auf Makira angreifen. Das heißt, dass alle Schiffe und Flugzeuge unserer Streitkräfte beschäftigt sein werden. Falls ich also hier einen Anschlag durchführen würde, dann morgen, wenn die ganze Welt nach Makira schaut.“

**

Nigel sah das Gesicht des Stechers auf seinem Bildschirm, der ihn kalt ansah.
„Sie haben es also geschafft auf Futuna zu bleiben?“
„Ja, unsere Geschichte war wasserdicht und das zuständige Büro hat den Antrag genehmigt.“
„Wie weit sind sie mit ihren Vorbereitungen?“
„Morgen landet unser Team auf Futuna. Das eigentliche Unternehmen wird dann sechsunddreißig Stunden später beginnen.“
„Nein! Sie müssen das ganze um vierundzwanzig Stunden vorverlegen!“ antwortete der Stecher. „Es gibt Anzeichen, dass Soulebda Makira in wenigen Stunden angreifen wird. Eine bessere Ablenkung wird es nicht geben.“
Glenn überschlug die Zeiten mit den geforderten Aufgaben und sagte dann, „In diesem Fall müssen wir sofort mit den letzten Vorbereitungen beginnen. Das Schiff mit unseren Piraten muss den Kurs ändern und Futuna direkt anlaufen, das wird möglicherweise Verdacht erregen.“
„Sobald die Soulebdalesen auf Makira losschlagen, wird sich deren Aufmerksamkeit dorthin verlagern, also sputen sie sich! Aber zuvor will ich einen Überblick über den Einsatz!“
Glenn nickte und erklärte dem Stecher den Einsatzplan. „Soweit bin ich einverstanden, allerdings fehlt mir noch eine Information. Sie sagen, dass niemand die Mienen erreichen soll, sondern lediglich alle Kräfte innerhalb und außerhalb der Miene, von ihrem Kontakt innerhalb der Anlage ablenken soll.“
„Das ist korrekt. Während sich alle um die Piraten kümmern, wird er den Atommüll sprengen.“
„Wie? Ich nehme kaum an, dass ihr Kontakt ein Kopfkissen aus C4 hat.“
„Das braucht er nicht.“ Meldete sich Bindt zu Wort und trat in den Erfassungsbereich der Webcam. „In den Mienen lagern viele verschiedene Chemikalien. In der richtigen Mixtur, liegt dort genug Zeug herum, das nur darauf wartet zu explodieren. Man muss es nur lassen… und zwar damit!“ Bindt griff in ihre Innentasche und zog einen harmlosen Kugelschreiber heraus.

**

Soulebda/Palast

Völlig fertig ließ sich Hauer nach seiner Rückkehr vom Binnenhafen in seinen Stuhl fallen. Nachdem er mit Lukas durch die Stadt gerast war um Shea zu warnen, hatte es über eine Stunde gedauert bis Hauer wieder den Palast erreichte. Noch immer kämpften sich Such und Rettungstrupps durch die Trümmer des getroffenen Palastteiles, die glücklicherweise keine weiteren Opfer fanden.
Kurz vor seinem Eintreffen erhielt er über Funk die Nachricht, dass Lukas und Shea die Moana unter Kontrolle gebracht hatten und Inspektor Lastre’lar gerettet war. Natürlich überbrachte Hauer diese Nachricht sofort Janette, wobei er sich erneut Caro’pe stellen musste. Als Janette die Neuigkeiten erfuhr, atmete sie erleichtert auf.
Dann ging er in sein Reich zurück und ließ sich in den Stuhl fallen. Jetzt nachdem das Adrenalin abgebaut war hämmerte sein Kopf vor Schmerzen und Hauer rieb sich die Schläfen, als er ein PEP PEP hörte. Ralf schaute zum Monitor, öffnete das Programm, welches seine Aufmerksamkeit forderte und starrte auf das Bild das angezeigt wurde.
„Scheiße!“ fluchte er und rief Ma’Gus.

**

Alofi
15UhrO8

Alle starrten in der Kantine oder der Zentrale auf die Fernseher, welche das brennende Soulebda zeigten. Viele der auf Alofi stationierten Soulebdalesen hatten eine unglaubliche Wut oder waren bestürzt, dass sogar der Palast getroffen wurde, dass es Opfer gegeben hatte und nicht wenige wünschten sich insgeheim, dass der Angriff der Piraten, auf die Mienen heute erfolgte…

**

15Uhr36

Glenn, holte sein „Kamerateam“ in Vele mit einem Kleinbus ab und wurde unangenehm überrascht, als man ihnen mitteilte, dass der Aufenthalt auf drei Tage begrenzt war. –Scheiß drauf- war sein einziger, gedachter, Kommentar, als er seine Leute zum Kleinbus brachte und sie nach Leava zum Hotel fuhr. Um keine Zuhörer zu haben, hatte er auf einen Fahrer verzichtet, instruierte seine Männer während der Fahrt und ließ sich von jedem einzelnen Mann bestätigen, dass er den Plan verstanden hatte, wobei er gegenüber den Piraten den Teil wegließ, der sie als „Futter“ für die Krieger vorsah.

**

16Uhr26

„Achtung!“ rief Norman, der zu Meresch und Menachem kam. „Hauer hat einen Treffer gelandet. Bei der heutigen Pressekonferenz war eine von der Polizei gesuchte Frau. Ihr Name ist Danny Nell und wird von der Polizei Neu Zeeland, wegen Brandstiftung gesucht. Da in Vele keine Danny Nell ankam, muss sie unter falschem Namen eingereist sein.“
„Eine Brandstifterin? Wissen wir, wo sie untergekommen ist?“
„Nein, da die Kameras in Vele erst vor zwei Tagen eingerichtet wurden, wissen wir nicht, wann sie hier eintraf und wo sie jetzt ist.“
„Im Fernsehen, würdest du jetzt auf ein paar Tasten deines Computers drücken und wir wüssten es sofort.“ Meinte Meresch missmutig.
„Ja, leider sind wir nicht im Fernsehen.“ Antwortete Kresser. „Also müssen wir auf die herkömmliche Weise erfahren, wo sie ist und was sie vorhat.“
„Denkst du sie wollen hier ein Feuer legen?“

„Ich weiß es nicht, wohl kaum… aber ich glaube nicht an Zufälle… Ich habe mit dem Palast in Maopo’opo telefoniert“, teilte Norman Meresch und Menachem mit, „Nell wird mit Hochdruck gesucht, aber wenn sie irgendwo im Hotel sitzt… bis die Polizei alle Hotels abgeklappert hat, wird Tage dauern, deswegen gilt ab sofort erhöhte Alarmbereitschaft. Was sagt das Radar, gibt es was Verdächtiges?“
„Nein“, antwortete Menachem, „allerdings meiden viele Schiff jetzt die Salomonen und weichen nach Osten aus und kommen somit zwangsläufig näher an Alofi heran, außerdem liegt Samoa sozusagen nebenan und gerade amerikanische Schiffe nehmen lieber einen Umweg über Samoa in Kauf, da sie wissen, dass dort die US Navy das sagen hat.“
„Wie lange ist unsere Vorwarnzeit, bei einem Angriff von See her?“
„Je nachdem wie nah das Schiff herankommt und wie schnell die Boote sind… etwa sieben Minuten, das reicht aus, um ihnen mit unseren beiden Kampfhubschraubern aus Vele einen heißen Empfang zu bereiten.“

„Ein Angriff von See her würde nur von Osten ober Norden Sinn machen.“ Warf Meresch ein. „Aus allen anderen Richtungen hätten wir ausreichend Zeit unsere Kräfte zu bündeln.“
„Meresch hat Recht.“ Stimmte Menachem zu. „Wenn sie kommen, dann landen sie entweder in Ganiu oder bei Pointe Sauma. Meiner Meinung nach landen sie bei Ganiu.
„Ich weiß nicht…“ brummte Meresch. „Das sind Piraten, keine Selbstmörder, sie werden vermuten, dass wir sie dort erwarten, mein Tipp ist Pointe Sauma.“
„Ich denke, gerade weil es Piraten sind, landen sie bei Ganiu. Ein militärisch geführtes Unternehmen würde anders vorgehen.“ Hielt Menachem ihm entgegen.
„Wir sollten beide Optionen in Erwägung ziehen.“ Meinte Norman. „Ich schlage vor, den größten Teil unserer Truppen zwischen Ganiu und dem Strand zu positionieren und uns so die Möglichkeit offen halten schnell regieren zu können. Menachem, die Israelis werden sich um Ganiu kümmern und die Soulebdalesen um Pointe Sauma. So können sich beide Gruppen gegenseitig unterstützen.“
„Was ist mit den Kriegern von Sarist ‘teras?“ wollte Menachem wissen.
„Die sollen sich westlich und südlich der Mienen halten, für alle Fälle. Und noch etwas, erhöht die Sicherheitszone um die Kampfhubschrauber, falls die über diese Bescheid wissen, werden sie vielleicht versuchen die Hubschrauber außer Gefecht zu setzen.“

**

18Uhr13
Kaperschiff „Isokanto“ – 75 Meilen südwestlich von Wallis

„Wie bekommen kein Signal mehr, weder von Makira, noch von einem der anderen Schiffe.“ Teilte der erste Offizier seinem Kapitän mit. „Das letzte SOS kam von der „Gash Ho“, das war vor sechs Stunden. Seitdem nichts mehr.“
„Aber…Die „Gash Ho“ war unser am stärksten bewaffnetes Schiff!“ antwortete der Kapitän entsetzt.
„Tja, jetzt sind wir das stärkste bewaffnete Schiff unserer Flotte, denn wir sind die einzigen, die noch schwimmen. Dieser Job hier, hat unseren Arsch gerettet. Wenn sie meine Meinung hören wollen, nehmen wir Kurs auf Südamerika und verschwinden und zwar sofort!“
„Wenn wir das tun, werden uns die Männer, die für den Stecher arbeiten, Ärger bereiten.“
„Was wollen sie denn tun, wir sind über Hundert.“
„Nein…“ überlegte der Kapitän. Er hatte genug über den Stecher gehört, so dass er kein Interesse hatte dessen Zorn auf sich zu ziehen. „Wir lassen seine Männer mit der Mannschaft von Bord, und hauen dann ab. Berechnen sie schon einmal einen Kurs nach Manila, dort kann man sicher ein Schiff wie unseres gebrauchen. Sobald die Kerle weg sind, gehen sie auf volle Kraft.“
Als die sich die Tür öffnete sahen die Beiden John eintreten. „Wie liegen wir im Zeitplan?“ wollte John wissen.
Die zwei Offiziere wechselten einen kurzen Blick, dann sagte der Kapitän, „Wir liegen genau in der Zeit. Sie können sich langsam auf Ausbooten vorbereiten. In knapp vier Stunden sind wir auf Position.“
John nickte und verließ wieder die Brücke, um Glenn mitzuteilen, dass alles nach Plan lief.

**

18Uhr21

„John und die anderen sind im Zeitplan. Sie erreichen ihre Position genau zur richtigen Zeit.“ Teilte Glenn Bindt mit. „Hoult und seine Männer starten in zwei Stunden, dann werden sie pünktlich über Alofi sein. Wie weit bist du?“
Bindt die an einem großen Tisch saß, auf dem eine Menge Flaschen standen, darunter viele handelsübliche Reiniger oder andere brennbare Flüssigkeiten, die man überall erhalten konnte.
„Ich bin so gut wie fertig. Hast du den Idioten erklärt wie das Ding funktioniert?“ fragte sie und zeigte auf die Zünder, die neben den Flaschen lagen.
„Ja, da sie nur einen Knopf drücken müssen, denke ich sie haben es kapiert. Wird deine Suppe auch das gewünschte Resultat liefern?“
„Du glaubst gar nicht, was eine gute Chemikerin mit ein paar Dingen, die es überall zu kaufen gibt, für tolle Sachen machen kann.“ Antwortete Bindt und füllte einen Liter ihrer „Suppe“ in einen flexiblen Kanister, den sie mit einem der Zünder versah.

**

Port Moresby
20Uhr39

Die Embraer KC-390 mit Hoult, Safar und zehn Piraten hob ab und nahm Kurs auf die Fidschi-Inseln. Erst 150 Meilen vor Labasa würde die Maschine ihren Kurs ändern und dann Alofi überfliegen.
Anders als die Piraten an Bord der Isokanto waren die Piraten an Bord des Flugzeuges erfahrener und disziplinierter, genau wie die Piraten, welche mit Glenn auf Futuna waren und da die Piraten bei Glenn keine Waffen bei sich trugen, musste Hoults Truppe diese mitführen.
„Die Zeit läuft!“ teilte der Pilot Hoult mit. „Zeit bis zum Absprung zwei Stunden neun Minuten.“
**

Alofi
20Uhr47

„Hoult ist in der Luft und das Schiff mit John dreht in einer viertel Stunde nach Alofi. Wie weit bist du?“ wollte Nigel von Bindt wissen.
„Fertig.“ Antwortete Bindt und versah den letzten Kanister mit einem Zünder.
„Gut, dann überwache ich das Verteilen und du kümmerst dich mit Junaut und Facht um die Boote.“

**

21Uhr51

Am Bootsanleger wo tagsüber vier Boote auf Besucher warteten herrschte um diese Zeit Ruhe, als Bindt, Junaut und Facht über den Steg gingen.
„Tut mir leid.“ Erklang eine Stimme von einem der Boote zu ihnen herüber. „Heute Abend gibt es keine Rundfahrten mehr.“ Einer der Bootsführer kam von seinem Boot herunter und trat auf den Steg.
„Oh“, antwortete Bindt, „wir wollten noch eine kleine Hafenrundfahrt machen um die Lichter der Stadt zu bewundern.“
„Sie wollen nicht nach Alofi?“ fragte der Bootsführer skeptisch nach, „Sonst wollen alle nach Einbruch der Nacht nach Alofi.“
„Nein. Wir haben den Antrag auf eine Genehmigung gestellt, der würde sicher abgelehnt werden, wenn wir so etwas versuchen würden.“
Der Bootsführer kämpfte noch mit sich, als Junaut, der sich scheinbar das Boot anschaute hinter ihn trat, ihm die Hand über den Mund legte und dem Mann von hinten ein Messer zwischen die Schulterblätter trieb. Als der Bootsführer leblos zu Boden fiel, hoben Facht und Junaut ihn auf und ließen ihn unter die Pier gleiten.
„Ok“, sagte Bindt als Junaut ein Boot bestieg und Facht in ein anderes, „wartet bis das Feuer ausbricht, dann wird sicher niemand auf die Boote achten.“

**

21Uhr56

Nacheinander verließ ein Mann von Glen nach dem anderen das Hotel, er selbst verließ das Hotel als letzter, und grüßte Lumade, welcher gerade an der Rezeption stand freundlich.
„Mr. Glenn“, rief Lumade und hielt einen Umschlag hoch, „ein Bote des Palastes brachte diese Nachricht am vorhin.“
„Oh.“ Glenn nahm den Umschlag, öffnete ihn und lächelte enttäuscht. „Unser Antrag auf Alofi zu drehen wurde leider abgelehnt.“
„Das tut mir leid.“ Antwortete Lumade.
„Das macht nichts, dann drehen wir unsere Reportage eben von hier aus. Jetzt muss es nur noch meinem Team sagen.“
„Viele Mitglieder ihres Teams haben das Hotel heute Abend verlassen.“ Wies Lumade Glenn hin.
„Ich weiß, die Jungs wollen eine Kneipentour machen, ich treffe sie nachher in der Stadt.“
„Dann wünsche ich ihnen viel Spaß heute Abend, Mr. Glenn.
„Den wünsche ich ihnen auch.“ Gab Glenn zurück und dachte, -den wirst du sicher haben.-

**

22Uhr11

Bindt hatte nicht weniger als achtunddreißig flexible Kanister mit ihrer hergestellten „Suppe“ befüllt, von denen Glenn sechsundzwanzig auf dem gesamten ersten Stockwerk des Hotels verteilt hatte. Die zwölf übriggeblieben Kanister hatten seine Leute beim Verlassen um das Hotel in Rucksäcken oder Taschen, herum verteilt. Jeder dieser Kanister fasste je fünf Liter der hochbrennbaren Flüssigkeit, besaß einen zeitgesteuerten Zünder und war an einer Stelle platziert, welche Bindt selbst ausgesucht hatte und so sicherstellte, dass er auch den größtmöglichen Schaden anrichte. Drinnen waren die wichtigsten Punkte diejenigen, welche die Flucht und Rettungswege unpassierbar machten, damit die Feuerwehr keine Möglichkeit hatte an die eigentlichen Brandherde heranzukommen, draußen hatte Bindt den Männern eingeschärft sich dichtstehende Bäume, Holzfassaden anderer Häuser und Autos auszusuchen, damit sich das Feuer auch außerhalb des Hotels schnell ausbreitete.
Bindt, alias Nell, hatte sich im Internet und im Darknet über die Kapazitäten der Feuerwehr Futunas informiert und wusste, dass der von ihr beabsichtigte Brand diese sehr schnell an ihre Grenze führen würde. Wenn die Behörden ein weiteres Ausbreiten des Feuers verhindern wollten, dann mussten sie alle Kräfte der Polizei, und hier stationierten Einheiten der Armee Soulebdas zur Brandbekämpfung einsetzen.

**

Die Zünder hatten einen Gasvorrat, welche wie ein Bunsenbrenner pünktlich auf die Sekunde, die dünnen Wände der flexiblen Kanister durchbrannten, die Flüssigkeit darin entzündeten und auslaufen ließ. Innerhalb von zwanzig Sekunden brannte der gesamte erste Stock des Hotels von einem Ende bis zum anderen während gleichzeitig draußen, um das Hotel herum, überall Brände ausbrachen.

**

22Uhr12

Entsetzt sah Lumade wie eine brennende Flüssigkeit die letzten sechs Stufen der Treppe herunterlief und diese in Brand setzte. Als er zur Treppe rannte sah er, dass über ihm, das ganze Treppenhaus in Flammen stand. Ohne an die Gefahr für sich zu denken rannte er nach oben um seine Frau und seine zwei Kinder zu retten, welche eine kleine Wohnung im obersten Stock des Hotels bewohnten.
Ohm Lumade erreichte nicht einmal das zweite Stockwerk und starb, bevor er die Feuerwehr rufen konnte und kostbare Zeit ging verloren…

**

22 Uhr35

Nachdem um 22Uhr16 der erste Notruf einging, erreichten erste Einheiten der Feuerwehr das Hotel.
Voller Schrecken sah sich Dane’fahe, der Einsatzleiter der Feuerwehr Futunas, mit einer völlig neuen Situation konfrontiert. So einen Brand hatte noch niemand auf der Insel erlebt! Das Hotel brannte nun schon auf zwei Stockwerken und die Hitze war so groß, dass das Feuer schon auf die nahstehenden Gebäude und Palmen übergriff, die wie riesige Fackeln in den Himmel ragten und zu allem Übel begann auch noch der Wind stärker zu werden.
Ohne zu zögern griff sich der Einsatzleiter den nächsten Polizisten. „Rufen sie sofort im Palast an! Wir brauchen jeden Mann und jede Frau oder die ganze Stadt geht in Flammen auf!“
Keiner achtete auf die beiden Boote, welche sich langsam aus dem Feuerschein entfernten…

**

22Uhr45

Alle vier Stockwerke standen in Flammen! Das Feuer war im Hotel nun völlig außer Kontrolle und jeder Versuch hineinzugehen um die verzweifelten Menschen zu retten die um Hilfe riefen, war unmöglich geworden und nun sprangen die Flammen von einer Palme zur anderen und entzündeten so immer weitere Nachbargebäude, ohne das die Feuerwehr es verhindern konnte, als Kart’lure, der Polizeichef Futunas eintraf und zu Dane’fahe rannte.
„Wie zum Teufel konnte das geschehen?“ fragte er den Feuerwehrchef.
„Ich weiß es nicht! Aber das ist eine Katastrophe! Wir…“ er brach ab, als irgendwo in den Flammen der Benzintank eines Autos explodierte.
Dann erreichte eine erste Einheit der Armee Soulebdas, die aus dem Hafen hergeeilt war den Brandherd und Dane’fahe hatte direkt eine Aufgabe für sie. „Fällen sie sofort alle Palmen westlich des Hotels! Wenn wir Glück haben, können wir das Feuer so an der nächsten Straße stoppen!“ wies er den Sergeanten an, der die Anweisung bestätigte und losrannte.
Nach und nach trafen nun Einheiten aus Futatoga und Maopo’opo ein und immer mehr Hilfe wurde selbst organisiert. Auf einmal erschienen Arbeiter mit einem LKW, der einen aufmontierten Kran besaß, an dessen Ende jemand lange Ketten und Haltestangen befestigt hatte. Der Fahrer fuhr so nahe an das Hotel heran wie er konnte und die Männer schwenkten mit dem Kran zu den Fenstern des dritten und vierten Stockwerks an denen Leute um Hilfe riefen. Die ergriffen die Chance klammerten sich an den Ketten fest, während die Feuerwehrmänner alles taten um die Flammen von den Leuten fernzuhalten. Doch nach einigen Minuten erschienen keine Menschen mehr an den Fenstern.
„Bei Mualebda! Da sind Leute auf dem Dach!“ rief einer der Polizisten und zeigte nach oben.
Dane’fahe schaute nach oben und konnte hinter den Flammen Umrisse von Menschen mehr erahnen als sehen. „Wir müssen die Leute vom Dach holen!“ rief jemand und Dane’fahe sah sich verzweifelt um. Das Hotel war eines der größten Gebäude in Leava und die Nachbargebäude standen schon in Flammen…Es gab nur einen Weg! „Wir brauchen Hubschrauber!“
„Hubschrauber?“ fragte Kart’lure nach, „Wir haben keine Hubschrauber!“
„Die Israelis in Vele haben welche! Wir brauchen sie sofort! Ruft sie!“
„Die Hubschrauber werden das Feuer erst so richtig anfachen!“ hielt Kart’lure entgegen, als plötzlich Senatra ‘ters bei ihnen stand. „König Sewate schickt uns“, sagte er und wies zur Straße, wo alle Männer und Frauen standen, die sich zum Zeitpunkt des Alarms im Palast aufgehalten hatten. Es waren Krieger der Leibwache, Verwaltungsangestellte, Köche und sogar eine von Sewates Masseurinnen war darunter. „König Sewate gibt ihnen völlig freie Hand! Was sollen wir tun?“
„Räumt alle Gebäude westlich und nördlich des Hotels bis zur nächsten Straße! Alles was dazwischen steht und brennt muss entfernt werden! Schafft insbesondere die Autos da weg!“
„Dane’fahe!“ rief Kart’lure, „HIER!“ Er brachte einen Mann zu ihm, der direkt zur Sache kam. „Ich habe zwei Planierraupen in meiner Firma, können sie die gebrauchen?“
„Bei Mualebda Ja! Helfen sie den Leuten aus dem Palast! Die Autos müssen weg und machen sie die Sträucher und Hecken platt, bevor sie brennen! Die Männer mit dem Kran sollen ihnen helfen!“
Als der Mann losrannte fragte Kart’lure, „Was ist jetzt mit den Hubschraubern?“
„Ruft sie!“

**

22Uhr48
In Vele rannten die Israelis zu ihren Black Hawks und die Piloten warfen die Turbinen an. Da die Besatzungen in Alarmbereitschaft waren, dauerte der Start nur Sekunden, dann hoben die Hubschrauber ab.

**

Alofi
22Uhr 49

Norman erreichte seinen Gefechtsstand, wo Meresch schon dabei war die israelischen und soulebdalesischen Soldaten einzuweisen. Sofort als der Brand in Leava gemeldet wurde, hatte Kresser Alarm geben lassen.
„Vier Boote nähern sich von Norden her! Entfernung sieben Meilen.“ meldete die Besatzung des Radars an Norman.
„Verdammt! Ich wusste es! Wo werden sie an Land gehen?“
„Ganiu… Achtung! Ein Flugzeug nähert sich! Es überliegt uns in vier Minuten!“
„Woher kommt das Flugzeug?“
„Angeblich ein Frachtflug von Tokelau nach Labasa.“
„Luftlandetruppen!“ stellte Menachem fest, der Norman erreicht hatte.
„Achtung zwei Boote nähern sich von Vele.“
Nun stand Norman vor einer schweren Entscheidung. Die beiden Kampfhubschrauber konnten den Rettungseinsatz fliegen, oder die Boote angreifen… Ein Blick in die Gesichter der Soulebdalesen genügte Norman, um seine Entscheidung zu fällen.
„Die Hubschrauber sollen nach Leava fliegen, mit diesem Pack werden wir auch so fertig! Den Alarmplan der Miene umsetzen!“

**

Leava
22Uhr52

Die beiden Black Hawk Hubschrauber näherten sich Leava und schon von weitem war die immer größer werdende Feuersbrunst zu sehen.
Dane’fahe hörte das Brummen der Rotoren und sah wie sich die Hubschrauber näherten.
„Kart’lure!“ rief er dem Polizeichef zu, der ein paar Meter neben ihm stand und versuchte sich aus den Funksprüchen seiner Leute ein Bild von der Lage zu machen, „Die Hubschrauber sollen das Hotel von der Seeseite her anfliegen!“
„Das wird das Feuer nach Norden treiben! Bist du verrückt?“
„Nein! Wir geben die Häuser nördlich des Hotels bis zur Straße auf!“
„Aber…Zwischen den Häusern steht ein siebenhundert Jahre alter Schrein Mualebdas!“
„Mualebda werden die Menschen auf dem Dach wichtiger sein als sein verstaubter Schrein!“ entschied Dane’fahe und winkte den Hubschrauberpiloten die Anflug Richtung zu.

**

„Ach du…was für eine Scheiße! Siehst du das, Omer?“ rief Adam, der Pilot des ersten Hubschraubers den zweiten Piloten, als sie sich dem Feuer näherten.
„Ist kaum zu übersehen.“
„Siehst du die Leute?“
„Warte ich gehe höher!“ Antwortete Omer und stieg höher. „JA! Ich schätze zwanzig Personen am Südrand des Daches! Sie sind von den Flammen eigeschlossen!“
Adam wusste was das hieß! Ein Hubschrauber konnte die Menschen nicht alle aufnehmen. Sie mussten beide heruntergehen!
„Verdammt, das Dach hält uns niemals aus! Hör zu Omer, du drückst mit dem Rotorwind die Flammen am Südrand nach unten, ich gehe runter, nehme so viele Leute auf, wie ich kann, dann wechseln wir die Position!“
„Das Dach wird einbrechen, sobald du aufsetzt!“
„Ich bleibe in der Luft!“ Adam drehte sich zu Noam, dem Bordschützen um. „Ich kann nicht landen, sondern werde in der Luft bleiben! EINE MINUTE!“
Noam verstand sofort, was das hieß! „Alles klar!“ rief er und macht sich bereit.
„Ich helfe ihm!“ Uri, der Copilot öffnete seine Gurte und sprang nach hinten zu Noam. Auch in Omers Black Hawk stieg der Kopilot nach hinten und macht sich zusammen mit dem Bordschützen bereit, um die Menschen an Bord zu holen.

**

Alofi
22Uhr54

Die vier Boote der Isokanto rasten dem Strand von Ganiu entgegen. John, Kuster, Mikel und Calvin führten je ein Boot, in dem je fünfundzwanzig Piraten saßen. John hatte sehr wohl mitbekommen, dass der Kapitän der Isokanto seinen Leuten das Debakel von Makira verschwiegen hatte und froh war, sie und die restlichen Piraten los zu werden. Außerdem war sich John ziemlich sicher, dass der Kapitän keine Pläne hatte seine Leute wieder an Bord zu nehmen, sondern dass er jetzt schon mit voller Kraft das Weite suchte. Die Piraten selbst waren von ihrem Erfolg überzeugt, denn sie alle hatten sich ausgiebig an Khat berauscht und konnten es kaum erwarten an den Strand zu springen. Gleichzeitig sprangen über Alofitai Hoult und Safar mit ihren zehn Piraten mit Fallschirmen ab. „Ihre“ Piraten hatten kein Khat gekaut, doch auch sie wussten nichts von Makira. Sie landeten exakt am breitesten Stand von Alofi und gerade als sie herunterkamen trafen Facht, Junaut und die zwölf Piraten aus Futuna ein.
Die Piraten aus Leava hatten sich dem Verlassen des Hotels an einem Steg vierhundert Meter vom Hotel entfernt getroffen und waren dort in die Boote gestiegen die Bindt und Facht gekapert hatten. Von dort waren sie dann dicht unter der Küste bis kurz vor Vele gefahren, hatten Glenn und Bindt abgesetzt, welche sich um das Fluchtflugzeug kümmern würden und waren anschließend nach Alofitai übergesetzt, ohne dass sie von den Black Hawks angegriffen wurden…
Glenns Plan lief wie am Schnürchen!

**

22Uhr55

Lumades Frau Kele‘a konnte sich und die Kinder auf das Dach retten, da sie einen eigenen Zugang von ihrer Wohnung zum Dach hatten. Als die Menschen aus dem dritten und vierten Stock merkten, dass sie in der Falle saßen brach eine Panik aus, als Kele’a die letzte Fluchtmöglichkeit ergriff und die Menschen durch ihre Wohnung auf das Dach brachte. Von dort hatten sie verzweifelt vom Dachrand aus um Hilfe gerufen, wussten aber nicht ob man ihre Rufe gehört hatte, oder ob die Feuerwehr sie überhaupt retten konnte. Dann trieben die Flammen sie vom Rand des Daches weg und Kele‘a verlor die Hoffnung, dass man ihre Kinder und sie retten würde. Als sie den Entschluss fasste, ein Sprung vom Dach einem lebendigen Verbrennen vorzuziehen, war es schon zu spät, denn der Teil des Daches zwischen ihnen und dem Rand stürzte ein und plötzlich legte sich ihre Panik. Sie und die Kinder würden zu Mualebda gehen… Sie hob ihre Kinder auf den Arm, als ein Schemen durch die Flammen auf sie zuflog.
„Kinder! Mualebda kommt zu uns!“ rief sie, dann wurde sie ohnmächtig. Doch es war nicht Mualebda der sich durch die Flammen schob, es war Omer der mit seinen Black Hawk zum Dachrand flog und den Hubschrauber mit der Nase aufrichtete und so die Flammen kurzzeitig nach unten drückte.
Adam flog dicht an ihm vorbei und schwebte langsam auf Kele’a, die bewusstlos am Boden lag und die anderen Leute zu. Etwa einen Meter über dem Dach stoppte er und Noam sowie Uri sprangen aus der Luke auf das Dach.
„LOS! LOS!“ brüllte Noam und scheuchte die Menschen zum Hubschrauber, während sich Uri eines der Kinder Kele’as schnappte und in den Hubschrauber warf. Fünfzehn der einundzwanzig Menschen waren nun an Bord und damit war der Hubschrauber voll. Statt selber wieder einzusteigen hatten Noam und Uri zwei der Eingeschlossenen in den Black Hawk gesetzt. „STOPP!“ rief Noam und winkte Adam zu loszufliegen. Als der Aufstieg gab es tatsächlich keine Panik und die Zurückgeblieben blieben ruhig und gefasst.
Adam flog den Black Hawk rückwärts und nahm Omers Position ein, der noch immer die Flammen mit dem Rotor von den Leuten fernhielt. Wie bei einem tödlichen Ballett umkreisten sich die Hubschrauber, wechselten ihre Position, bis Omer über dem Dach schwebte. Noam scheute die restlichen Leute in Omers Black Hawk, wo ihnen Omers Bordschütze und sein Copilot beim Einsteigen half. Dann hatte Noam Kele’as anderes Kind aus ihren Armen geholt, reichte es an Uri weiter, der es ebenfalls in den Hubschrauber schob. Als das Kind an Bord war, hoben sie schließlich Kele‘a auf und trugen sie zur Luke. Uri der zuerst einstieg zog die Frau in den Black Hawk herein und gerade als Noam einsteigen wollte, gab das Dach unter ihm nach. Uri sprang vor und erwischte Noam im letzten Augenblick noch am Kragen seines Fliegerkombis.
„Halt dich fest!“ schrie Uri und zerrte Noam mit Hilfe von Omers Copiloten so weit nach oben, bis dieser Halt fand und sich in den Hubschrauber zog.
„Weg hier!“ rief Uri Omer zu und der zog den Black Hawk nach oben, als das gesamte Dach einbrach.

**

Alofi
22Uhr57

Am Strand von Ganiu sah Menachem in die Dunkelheit und wartete auf die Boote der Piraten. „Irgendwas stinkt hier!“ brummte er. Klar, diese Piraten waren keine militärische Einheit und Taktik schien eindeutig nicht zu ihren Stärken zu gehören. Die Truppenstärke der Israelis hier auf Alofi war kein allzu großes Geheimnis, zumindest nicht für jemanden der wusste, wie man an solche Informationen kam. Jeder Laie konnte sich ausmalen, welchen Empfang die in Deckung liegenden Soldaten den Piraten bereiten würden. Ohne Unterstützung des Mutterschiffs würden sie Boote, Nacht hin oder her, versenken bevor sie überhaupt in die Nähe des Strandes kamen…

**

„Scheiße!“ fluchte der Radaroperator als er auf den Schirm des Gerätes sah und griff das Funkgerät. „KÖPFE RUNTER!“ rief er Menachem am Stand zu.

**

„RUNTER!“ Menachem hatte ein Aufblitzen im Meer gesehen und hatte genug Erfahrung das Mündungsfeuer eines Geschützes zu erkennen. Gerade noch rechtzeitig zogen die Israelis die Köpfe ein, dann erklang ein lautes Reißen in durch die Luft und eine Explosion erschütterte die Menachem Stellung.

**

„Das ist für Makira und die Gasch Ho!“ rief der Kapitän der Isokanto und ließ alle Geschütze auf den Stand von Ganiu abfeuern. Zwar war die Isokanto nicht so stark bewaffnet wie die Gasch Ho oder die Wu Dong, doch mit ihren beiden Kanonen und ihren vier Raketen legte sie einen tödlichen Feuervorhang zwischen die Boote und den Israelis.
Das Ganze dauerte nur eine Minute, dann gab der Kapitän der Isokanto den Befehl auf volle Kraft zu gehen, doch diese Minute reichte John und den anderen um ihre Piraten an den Stand von Ganiu zu bekommen.

**

Futuna
22Uhr59

Neben dem Rollfeld von Vele herrschte Hochbetrieb. Die Bodencrews der Black Hawks rannten los und trugen alles an Erste Hilfe Material zusammen, das sie finden konnten. Da die großen Black Hawks nicht vor der Klinik in Leava oder Maopo’opo landen konnten, beschlossen Adam und Omer nach Vele zu fliegen um die Geretteten, von denen viele verletzt waren abzusetzen.
Niemand sah die beiden Schemen, welche sich vom Strand her den beiden abgestellten Flugzeugen näherten, welche in der Dunkelheit abseits der Landebahn standen.
„Was denkst du?“ fragte Glenn.
„Wir nehmen die Dornier 328.“ Antwortete Bindt und zeigte auf das rechte Flugzeug.
„Gut durchdacht.“ Meinte Glenn, der erkannte, dass das linke Flugzeug zwischen dem Stützpunkt der Israelis und ihnen lag und somit die Sicht versperrte.
Zusammen schlichen sie in den zivilen Bereich, der nachts nicht benutzt wurde und fanden den einzigen Bediensteten des Wachkommandos, bei der Rettungsmannschaft vor, die auf die Hubschrauber warteten.
Innerhalb von Sekunden hatte Glenn alles was er brauchte, um die Dornier starten zu können.
„Ok“, sagte er zu Bindt, die am Eingang Wache stand, „Lass uns abhauen.“

**

John konnte nicht glauben, dass sie den Strand erreicht hatten, ohne in ein mörderisches Abwehrfeuer zu geraten. Auch ihn hatte der heftige Beschuss der Isokanto überrascht, allem Anschein nach hatte der Kapitän doch so etwas wie Eier in der Hose. Dennoch beschloss John sein Glück nicht herauszufordern. Während die berauschten Piraten wild um sich schießend in Richtung der Miene stürmten hielten sich John, Kuster, Calvin und Minkel seitlich des Geschehens.

**

„Was zum Teufel haben die Kerle geraucht?!“ fluchte Menachem. Dieses Piratenpack brachte ihn und seine Soldaten tatsächlich in Bedrängnis. Den Piraten schien es egal zu sein ob sie getroffen wurden oder nicht, sie verhielten sich wie im Rausch, doch sie kamen voran und drängten die Israelis in die Defensive.
„Wahrscheinlich haben die tatsächlich was geraucht!“ antwortete Menachem sich selbst. „Wir gehen 150 Meter, zu den Felsen zurück!“ entschied er und die Israelis begannen sich zurückzuziehen.

**

„Eines der Boote haut ab!“ stellte der Radaroperator erstaunt fest, als er sah, wie sich ein Boot vom Strand Ganiu aus entfernt.
„Welche Richtung?“ wollte Norman wissen.
„Es fährt in Richtung Futuna.“
Bevor sich Norman darüber Gedanken machen konnte, kam von Menachem die Meldung, dass er sich 150 Meter, zum Aufgang der Miene, zurückziehen würde und ein unangenehmes Gefühl beschlich Norman… „Wo sind die Piraten, die über Alofitai abgesprungen sind?“
„Ein Krieger Sarist ‘teras hält Kontakt mit der Gruppe. Er meldet, dass etwa 12 Mann mit Fallschirmen gelandet sind und 12 Weitere aus Futuna dazukamen. Sie sind jetzt 800 Meter östlich von der Chapelle d’Alofi entfernt und begeben sich nach Osten zu uns. Sarist ‘teras zieht seine Krieger zusammen und wird sich ihnen etwa in der Inselmitte entgegenstellen.“
„Ein weiteres Boot haut ab! Diesmal von Alofitai! Richtung…Vele!“
„Das stinkt doch…“ murmelte Norman. Den Aufgang zur Miene konnte Menachem zwischen den Felsen mit nur eine Handvoll Soldaten abriegeln und die paar Piraten in der Inselmitte würden auch nicht mehr weit kommen… „Ich hoffe Meresch und Naumann sind auf Zack!“

**

„Und jetzt?“ wollte einer von Menachems Truppführer wissen, nachdem sie sich zwischen die Felsen zum Mienenaufgang zurückgezogen hatten.
„Wir halten sie hier einfach fest und beschäftigen sie.“ Antwortete er. „Während dieses Piratenpack sich hier eine blutige Nase holt, packen unsere Soulebdalesischen Freunde von Pointe Sauma aus, diese Mistkerle von der Seite.“
Kaum ausgesprochen begann ein heftiges Feuergefecht vor ihrer Stellung. Die Soulebdalesen, welche den Strand Pointe Sauma verteidigen sollten, waren da und griffen nun die Piraten an.

**

1.000 Meter östlich von Alofitai hatte Sarist ‘teras seine Krieger versammelt und griff nun die Piraten an. Diese waren zwar nicht berauscht, gut bewaffnet und ausgerüstet, aber sie hatten keine Ahnung von der Kampfweise der Krieger. Acht von ihnen verschwanden lautlos im Dschungel, bevor irgendeiner der Piraten den Angriff überhaupt bemerkte. Dann begann dasselbe Spiel, das Ma’fretama mit den Piraten auf Makira gespielt hatte und keinem der Piraten fiel auf, dass Safar und Hoult verschwunden waren…

**

In der Miene selbst wurden überall Verteidigungsstellen errichtet. Obwohl die eine Hälfte der Wissenschaftler und Ingenieure waren, blieben sie doch Armeeangehörige und wussten auch, wie man mit einer Waffe umging. Die zivilen Mitarbeiter versammelten sich in einer Kaverne, die von ihren amerikanischen Kollegen abgeriegelt wurde.
Als der Alarm losging, hatte sich Naumann ihre Dienstwaffe geschnappt, welche bisher zwischen ihren persönlichen Sachen versteckt blieb und hatte diese unter ihrer Jacke verschwinden lassen.
„Sind alle da?“ wollte Kaminski, der die Verteidigung innerhalb der Miene organisierte von ihr wissen, als sie bei den anderen eintraf wissen.
„Ich glaube ja, aber ich habe mir noch keinen vollständigen Überblick verschaffen können.“
„Ok, vergewissern sie sich und melden sie sich dann bei mir.“ Trug Kaminski ihr auf.
„Werde ich. Kaminski!“ warnte Naumann ihn, als Kaminski gehen wollte, „Die dürfen den Atommüll auf gar keinen Fall erreichen!“
Kaminski nickte ihr mit einem ernsten Gesicht zu, „Das werden sie nicht!“ antwortete er und lief los.
Nun begann Naumann nachzusehen, ob alle zivilen Kollegen sich im Schutzraum versammelt hatten und fing still an zu zählen, als sie bemerkte wer fehlte…
„Wo ist Igor?!“

**

Draußen hinter dem Strand von Ganiu tobte ein wilder Kampf. Vom Khat berauscht warfen sich die Piraten gegen die Israelis und griffen die Soulebdalesen an, auch als ihr Haufen immer kleiner wurde. Einige griffen die Soldaten Soulebdas sogar mit Macheten an, etwas das mit einer Feuerwaffe schon eine dumme Idee war und so entwickelte sich der Kampf zu einem wilden Gemetzel.
„Wollen wir hier wirklich nur Warten und unsere Freunde die ganze Drecksarbeit machen lassen?“ wurde Menachem von seinem Feldwebel gefragt.
„Nein, natürlich nicht, ich denke die Piraten haben längst vergessen was ihr eigentliches Ziel ist. Schnappen wir sie!“

**

Vele

Da die Feuerwehr und Rettungseinheiten Futunas völlig überfordert waren musste die Hilfe für die Verletzten, die Omer und Adam nach Vele geflogen hatten, selbst organisiert werden. Die wenigen zivilen Mitarbeiter die nachts in Vele waren, trommelten Flugzeugcrews und Bodenpersonal zusammen und die kleine Ankunftshalle wurde zu einem Verbandsplatz.
In diesem Caos trafen zuerst Hoult, Junaut, Facht und Safar ein, dann kurze Zeit später John, Calvin, Kuster und Minkel.
Mit dem guten Gefühl einen weiteren Auftrag erfüllt zu haben brachte Glenn die Dornier in die Luft.

**

Während der Zugang zum Atommüll hermetisch abgeriegelt wurde, fraß sich ein diamantbesetzter Bohrer durch die Fässer mit Schwermetall verseuchten Boden. Doch statt Erde lief eine durchsichtige Flüssigkeit aus jedem neunen Loch, das der Bohrer erzeugte. Da der Bohrer die Form eines Kugelschreibers hatte, war sein Durchmesser nur gering, doch zwanzig Löcher pro Fass reichten mehr als aus, um die Flüssigkeiten auslaufen zu lassen. In der Kaverne, welche leicht abschüssig war, sammelte sich am Ende eine immer größer werdende Pfütze.

**

„Da startet ein Flugzeug von Vele!“
Norman eilte zum Radar und sah wie Echo von Glenns Dornier sich von Vele entfernte.
„Die hauen ab, obwohl ihre Leute hier noch am Kämpfen sind?“ fragte der Mann am Radar.
Norman nickte, denn jetzt hatte er die Gewissheit. „Das Ganze war alles nur eine beschissene Ablenkung! Die wollten uns hier beschäftigen und wir sind darauf hereingefallen! Verdammt!!!“
„Sie meinen die lassen ihre Leute hier einfach draufgehen?“
„Das da draußen sind keine Söldner, das sind Piraten… billiges, unwissendes und ersetzbares Personal. Verfolgen sie den Kurs des Fliegers!“
„Klar, mache ich, aber wenn der Pilot kein Vollidiot ist, wird er des Fidschis anfliegen, dort unter den Radarhorizont gehen und verschwinden.“
Ein weiterer Blick auf das Echo des Fliegers bestätigte die Vermutung des Radaroperators, das Echo nahm Kurs auf die Fidschi-Inseln.
„Gibt’s dort jemanden der die Maschine abfangen kann?“
„Nein. Bis die Condors aus Soulebda oder die Amis aus Samoa auch nur in die Nähe der Fidschis kommen, sind die längst über alle Berge. Was ist mit dem Schiff, das können wir noch erwischen.“
„Rufen sie Vele, die Black Hawks sollen sich diesen Kahn schnappen, sobald sie dazu in der Lage sind!“

**

In der Kaverne unter dem Atommüll hatte sich nun der Inhalt von einundzwanzig Fässern gesammelt.
„Du hast einen kleinen Fehler gemacht.“ erklang eine Stimme aus dem Halbdunkel.
Lane sprang auf uns starrte in den Lauf von Naumanns Pistole, doch Jenna Lane brauchte nur wenige Sekunden um ihre Selbstsicherheit wieder zu erlangen. „Einen Fehler?“
„Ja, du bist vielleicht eine gute Chemikerin, aber eine beschissene Fälscherin. Du hast die Listen mit dem Inhalt der Fässer gefälscht und das ziemlich miserabel. Du hast nämlich die Originalunterlagen kopiert, abgeändert und damit neue Dokumente erstellt, aber du hast nicht auf den Zeilenabstand geachtet. Alle Originaldokumente haben einen Zeilenabstand von 1,15, aber deine Version hat einen Abstand von eins. Du hast es mir ziemlich einfach gemacht, um die auf die Schliche zu kommen. Sag mir warum!“
„Warum? Für Geld. Viel Geld!“
„Geld?! Für Geld nimmst du den Tod all deiner Freunde hier in Kauf? Von der Katastrophe die hier eintritt ganz zu schweigen!“
„Das sind nicht meine Freunde! Und was interessiert mich diese blöde Insel?“
Bevor Doro dazu etwas sagen konnte, stürmte Igor in die Kaverne. „Ich wusste es! Ich wusste, dass man euch Amerikanern nicht trauen kann!“
„Leck mich, verrückter Russe!“ antwortete sie und sah Naumann an. „Und jetzt? Wie geht’s jetzt weiter?“
„Ich werde dich festnehmen und wenn du überleben willst, machst du keine Dummheiten!“
„Dummheiten? Die Einzige die hier keine Dummheiten machen sollte bist du!“ sie trat einen Schritt auf Naumann zu und die hob ihre Waffe an.
„Schieß doch!“ provozierte sie Lane und sah nach hinten zum Ende der Kaverne. „Du wirst nicht schießen, denn du weißt genau was dann passiert! Das ist eine 9mm, das Geschoss würde durch mich gehen wie durch Butter, hinter mir gegen die Felsen schlagen und als Querschläger abprallen. Aber das ist noch nicht alles, der Querschläger würde ganz sicher einen Funken verursachen und wenn du weißt, was in den Fässern ist, dann weißt du auch, was anschließend geschieht.“
„Ich weiß was in den Fässern ist.“ Antwortete Naumann. „In neun Fässern ist flüssiges Natriumhydroxid und in dem Rest sind verbotene Düngemittel deren Hauptbestandteil hochkonzentrierter Ammoniak ist.“
„Dann weißt du ja was geschehen wird. Wir, die Kaverne und die dünne Felsenwand zur Thermischen Energieversorgung würde in einer großen Explosion aufgehen und der ganze schöne Atommüll über uns würde in die Magmakammer unter uns stürzen.“

„Du hast eine Option übersehen!“ meinte Doro und reichte Igor ihre Waffe. „Ich könnte dir auch einfach die Scheiße aus dem Hirn prügeln!“
Für eine Sekunde flackerte in Lanes Augen Unsicherheit auf, dann hatte sie sich wieder unter Kontrolle. Sie hob den Bohrer hoch und zeigte ihn den Beiden. „Stehenbleiben!“ befahl sie und warf den Bohrer nach hinten in die Kaverne. „Das Teil hat einen elektronischen Fernzünder! Ein Knopfdruck und alles geht hoch!“ sagte sie und legte die Hand an ihre Smart Uhr.
Jetzt grinste Igor. „Nein wird es nicht! Mein Freund und ich werden das nicht zulassen.“ Er trat zur Seite und Meresch trat mit einer Waffe in der Hand aus dem Dunklen ins Licht.
Naumann sah die Waffe und drehte sich zu Igor. „Was soll das?“
„Wir werden dieses Miststück jetzt erledigen.“ Antwortete er, während Meresch die Pistole hob.
„Ihr seid ja genau so verrückt, er kann nicht schießen!“
„Doch kann er!“
„Igor, wenn er abdrückt…“ sie brach ab, als sie eine Bewegung in ihren Augenwinkeln sah, Jenna Lane hatte ihre Optionen geprüft und sie alle führten zu der einzigen Möglichkeit nicht im Gefängnis zu verrotten!
„LANE NEIN!!!“ schrie Doro als Lane auf ihre Uhr drückte.

**

Während Menachems Soldaten zusammen mit den Soulebdalesen die letzten Piraten ausschalteten und Sarist ‘teras neun Piraten gefangen nahmen, starrten Kaminski und Norman auf die Monitore, die das Drama in der Kaverne zeigten.
Sogar Norman zuckte zusammen als Lane auf den Auslöser drückte.

**

Fassungslos sah sich Lane um. Nichts war passiert! Keine Explosion, keine Katastrophe und kein Funke hatte sich entzündet.
Mit einem fetten Grinsen in ihren Gesichtern gaben sich Igor und Meresch ein high Five.
„Tja Miss Amerika“, nickte Igor, „mein israelischer Freund hier“, Igor legte Meresch die Hand auf die Schulter, „hat mich auf die Gefahr einer Fernzündung hingewiesen und ich habe daraufhin alle potentiellen Ziele mit einem Signalblocker ausgestattet. Du kannst sooft auf den Knopf drücken wie du willst, hier geschieht nichts! Du hast verloren!“
Lanes Gesicht wurde zu einer wütenden Fratze als sie losschrie und auf Igor zustürmte.
Ohne zu zögern hob Mersch die Pistole und schoss. Doch statt einem lautem Knall ertönte eine Reihe von Plopps. Die Gummigeschosse trafen Lane mitten auf die Brust stoppten sie und ließen sie rückwärts taumeln. Mit einem lauten Schrei verlor Lane ihr Gleichgewicht und stürzte mit dem Gesicht nach unten in die Pfütze hinter sich.
„Oh Scheiße“ fluchte Igor und rannte zu Lane, die sich schreiend in den giftigen Chemikalien wälzte.
„IGOR!“ rief Naumann, doch der ignorierte ihre Warnung, lief bis zu den Knöcheln in die Chemikalien und packte Lane ohne Schutzhandschuhe. So zerrte Igor sie aus der Pfütze heraus, wo Meresch mit anpackte.
Naumann war losgerannt, packte sich den nächsten Feuerlöscher und sprühte den Inhalt über Lane und Igors Beine. „Das verschafft uns ein paar Sekunden.“ Rief sie Meresch zu. „Die zwei müssen hier sofort raus und mit Wasser abgespritzt werden!“
Ohne Nachzufragen packte Meresch Lane, die mittlerweile bewusstlos war und Naumann zerrte Igor aus der Kaverne.
„Da der Feuerlöschschlauch!“ Doro wies auf einen Löschanschluss im Tunnelzugang der Kaverne und Meresch schnappte sich das Handstück und begann erst Lane und dann Igors Beine abzuspritzen.
„Sie hat Recht, du bist ein verrückter Russe! Wie kannst du ohne Schutzkleidung in eine Natrium-Chlormischung laufen?!“ fragte sie wähnend sie mit Mereschs Kampfmesser seien Kleidung aufschnitt.
„Sollte ich sie etwa einfach liegen lassen? Ich meine… sie ist zwar ein Miststück, aber… Wir brauchen Bindemittel in der Kaverne!“ als er aufstehen wollte, drückte ihn Naumann zurück.
„Du bleibst hier und hältst ruhig!“ antwortete Naumann und rief Meresch zu, Igor wieder abzuspritzen.
Wenig später erreichen Norman und Kaminski die Kaverne. Während Kaminski mit einen Leuten Säckeweise Bindungsmittel in die Kaverne schaffte, wandte sich Norman an Naumann, Igor und Meresch. „Verdammt gute Arbeit, die ihr da erledigt habt.“ lobte Norman die Drei. Selbst mir ist der Zeilenabstand nicht aufgefallen.“ Meinte er zu Doro, die abwinkte. „Sie sitzen wohl nicht allzu viel an einem PC Arbeitsplatz.“
„Nein.“ Gab Norman zu und lächelte.
„Was ist mit ihr?“ fragte sie und zeigte auf die bewusstlose Jenna,
„Um die kümmert sich König Sewate. Ich schätze einmal, sie wird den Rest ihres Lebens in einer Zelle verbringen.“
„Und das verdient und zwar mit einem nicht mehr so hübschen Gesicht wie vorher.“ Sagte Igor und zeigte auf die Verätzungen in Lanes Gesicht, das Meresch immer noch abspülte.
„Wie sieht es draußen aus?“ wollte Meresch wissen.
„Alles unter Kontrolle. Ein paar Piraten konnten wir fangen, der Rest ist völlig bekifft draufgegangen.“
„Und das Mutterschiff?“
„Um das kümmern sich die Black Hawks.“

**

Da es keine gute Idee war mit einer Menge Raketen unter dem Rumpf in ein großes Feuer zu fliegen, hatten Omer und Adam ihre Waffenpylonen im Meer abgeworfen, bevor sie das brennende Hotel anflogen. Als dann der Befehl kam das Mutterschiff anzugreifen mussten erst neue Pylonen an den Hubschraubern angebracht werden, doch das dauerte. Normalerweise brauchten die gut trainierten Bodencrews dafür nur Sekunden, doch in dieser Nacht war alles anders.
Die Israelis waren überall verteilt im Rettungseinsatz. Erst gegen sechs Uhr morgens hatten die Rettungsmannschaften die Lage so weit unter Kontrolle, dass die Blackhawks zum Kampfeinsatz frei waren.
„Wie weit ist das Ziel entfernt?“ wollte Omer von Norman wissen, während sein Hubschrauber neu bewaffnet wurde.
„Die jetzige Position ist 271 Meilen nordwestlich von Futuna. Das Ziel hält direkten Kurs zu den Philippinen.“
Omer überschlug im Kopf die Entfernung, rechnete die Entfernung dazu, welche das Piratenschiff bis zu ihrem Eintreffen zurücklegen würde dazu, addierte die Zeit des Angriffs und den Rückweg dazu und entschied sich dann für zwei Zusatztanks und je vier Hellfire Luft Bodenraketen.
„Lass uns dieses Pack zur endgültig Strecke bringen!“ sagte Adam und alle gaben ihm Recht. Es wurde Zeit den Piraten zu zeigen, mit wem sie sich angelegt hatten!

**

Nach siebzig Minuten hatten die Black Hawks die Isokanto eingeholt.
„Achtung“, warnte Uri die anderen, „ich empfange ein Zielsuchradar! Sie visieren uns an!“
„Alles klar, wir teilen uns auf!“ entschied Omer und zog seinen Hubschrauber nach links, während Adam nach rechts flog. „Aktives Suchradar! Sie werden feuern!“ rief Uri.
„Dann wird’s Zeit für unsere Überraschung!“ antwortete Adam und drückte einen kleinen roten Knopf zwischen den Armaturen.
Unsichtbar raste das Virus Detreptis 2.0 durch die Luft, erreichte die Isokanto und verbreitete sich in Nanosekunden auf allen Computern des Kaperschiffs.
„Rauchspur!“ rief Noam und Adam feuerte seine Gegenmittel ab, flog eine Kurve, doch schon von weitem war zu erkennen, dass die Luftabwehrraketen der Isokanto vorbeigehen würden.

**

„Was soll das?“ wollte der Kapitän der Isokanto wissen, doch eine Antwort bekam er nie, denn die acht Hellfire Raketen der Black Hawks verwandelten Kajats letztes Kaperschiff in eine brennende Hölle, die keiner an Bord überlebte.

**

Futuna
13Uhr10

Zum ersten Mal seit Ausbruch des Feuers erlaubte sich Dane’fahe ein leichtes Aufatmen. Sie hatten das Feuer an den Straßen gestoppt und außer den Menschen im Hotel waren keine weiteren Opfer zu beklagen.
Kart’lure hatte es doppelt überprüft und dann noch einmal überprüft. Alle Anwohner konnten evakuiert werden, einundzwanzig Menschen hatten die Hubschrauber vom Dach gerettet und die Mannschaft mit dem Kran elf Menschen. Dazu konnten sich vier Menschen mit einem Sprung aus den Fenstern retten. Erstaunlicherweise war das Erdgeschoss weitgehend vom Feuer verschont worden und man fand Lumades Rezeptionsbuch. Aus ihm ging hervor, dass sich zum Ausbruch des Feuers achtundfünfzig Gäste im Hotel gewohnt hatten.

Zusammen mit Lumade und seiner Familie machte das zweiundsechzig… also machte sich die Mannschaften daran die Siebenundzwanzig Gäste und Lumade zu suchen. Einige wurden schnell gefunden, da sie zwischen den Menschen standen, die draußen vor dem Hotel warteten.
König Sewate hatte gewartet, bis er die Feuerwehr nicht mehr behinderte und kam dann zur Unglücksstelle.
„Wie schlimm ist es?“ wollte König Sewate von Kart’lure und Dane‘fahe wissen.
„Wir haben zweiundzwanzig Vermisste.“ Falls sie im Hotel waren…“
„Ich glaube nicht, dass die alle im Hotel waren.“ Warf Kart’lure ein und übergab Sewate ein Blatt Papier. „Das ist eine Fahndung der Behörden Soulebdas. Die Überwachungskameras auf der Pressekonferenz haben einen Treffer gelandet. Sie suchen eine Danny Nell. Laut der Überwachungskameras, und den Unterlagen aus Vele, ist sie mit dem Mann gelandet, der hier für ein angebliches Nachrichtenteam, den ganzen ersten Stock gemietet hat.“
„Könnte es da einen Zusammenhang geben?“
„Diese Nell ist eine gesuchte Brandstifterin…“
„Eine Brandstifterin?!“ fragte Dane’fahe entsetzt nach. „Das…“ er zeigte zu den rauchenden Überesten des Hotels und der Häuser dahinter, aus denen sich trotzig Mualebdas Schrein heraushob, „das war… ABSICHT?!“

Auch König Sewate war betroffen, „Wie groß war dieses angebliche Kamerateam?“
„Ein Mister Glenn, seine Assistentin Bindt und vierzehn Mitarbeiter.“
Alle schwiegen einen Moment, dann sagte Kart’lure, „Sehen wir das Positive… wir suchen jetzt nur nach sechs vermissten.
„NUR?!“ fuhr ihn Dane’fahe an und wandte sich dann wütend an Sewate. „Wie viele Opfer wird uns dieses Teufelszeug auf Alofi noch kosten?!“ fragte er, während ihm die Tränen über das Gesicht liefen, dann ließ er die beiden stehen und ging zu seinen Leuten.
„Da hat er eine gute Frage gestellt.“ Nickte Kart’lure und ließ Sewate allein.

**

Deutschland, Berlin

Inzwischen waren zwei Wochen vergangen und Viktor Kubaliborov hatte seine Agenten alle in Berlin versammelt. Im Hotel Waldorf Astoria war eine Etage angemietet worden. Die Suiten und Zimmer wie erwartet in allerbestem Zustand und der Konferenzraum auf der gleichen Etage war bestens ausgestattet. Die Sicherheitstechnik war topmodern, auf dem aktuellen Stand der Sicherheitstechnik und der Leiter des Sicherheitsteams, Robert Mallore, kannte Viktor noch von früher.

Dass Maja und Boris Marunja ebenfalls hier eingebucht waren, war natürlich kein Zufall, so wenig wie Fransiska und Hella von der Presse hier eingecheckt waren.

Robert Mallore stand mit zwei seiner Angestellten neben Viktor Kubaliborov und sie unterhielten sich über die installierte Haustechnik.

„Viktor, mein guter alter Freund, der Uplink nach Soulebda steht bereits, meine Techniker haben die Satellitenanbindung gesichert, das ist eine 21 MBit/s Strecke, dafür müssen andere ein kleines Vermögen zahlen, aber für dich mache ich das natürlich umsonst.“

„Robert, du bist immer noch so aalglatt wie früher, als ich dich von der Straße gefischt habe. Danke, dass ich für meinen eigenen Satelliten nicht auch noch etwas zahlen muss.“ Dabei schaute Viktor die beiden Männer schelmisch an „sagt mal, hat er euch schon mit der Leiden Tour auf Madagaskar gequält, wo wir zwei Wochen ohne einen Tropfen Wasser aushalten mussten?“
Der jüngere, aber frechere von den beiden grinste und sagte mit einem Augenzwinkern zu Robert „aber natürlich und sie waren so arm, sie hatten nicht gehabt und auch das nur zweimal die Woche!“
Jetzt mussten alle laut lachen.

„OK zurück zu unserer Sache. Habt ihr die Sonderschaltungen auch hinbekommen, die bösen Jungs spielen in der obersten Klasse, da muss alles stimmen, Fehler sind da inakzeptabel.“
„Viktor mein Freund, ich werde meinem Gönner und Lebensretter nur das allerbeste anbieten und ich habe mich persönlich überzeugt, dass die Leitungen sauber sind. Diesmal haben wir so viel Relaisknoten eingebaut wie lange nicht mehr. Euer Mann auf Soulebda hat sich das angesehen und ich würde euch den mal gerne ausleihen, der hats wohl wirklich drauf.“

„Lass mich raten, für den Weltwirtschaftsgipfel im kommenden Jahr?“ Und Robert nickte leicht. „Ich bräuchte ihn ja nur für drei Wochen, ich würde auch fürstlich zahlen und du kennst mich, ich sorge für seine Sicherheit.“

„Ich muss das mit unseren Leuten durchsprechen, da reden noch zwei andere mit, die werde ich nicht übergehen.“
„Ja ich verstehe, die Regentin und Seraph Ma’Gus.“ Viktor grinste auffallend und lächelte Robert wissend an, „Informationen sind immer noch dein Geschäft, du hast es immer noch drauf.“

„Gut, möchtest du jetzt den Video Raum sehen, da habe ich eine Überraschung, die könnte auch dich überzeugen, dass wir hier die Besten der Besten sind?“

Sie kamen in einen modernen Computerraum, mit großen Fenstern in den Nachbarraum. Die gesamte Wand war einfarbig ausgestattet. „Das hier ist unsere neuste Blue Box Variante. Hannes, bitte zeig meinem Freund Viktor, was ich damit meine. Daniel, du bist heute der Mann vor der Kamera, Szene Bundespresseamt bitte.“

Viktor sah auf die schier großen Monitore. Das sonderbare hellgrün der Wand verschwand und stattdessen befand sich Daniel auf dem Bundespresseamt, direkt neben der Kanzlerin stehend wieder.

„War das nicht sehr aufwändig die Kanzlerin digital erstehen zu lassen?“
„Ach wo, die war einfach, die macht ja nichts und bewegt sich kaum, da haben wir ganz andere ins rechte Bild gesetzt, na gefällt das dir, reicht das für die Aufgaben, die du mir gestellt hast?“

Viktor schaute auf den großen Bildschirm, da nahm gerade die Kanzlerin ihr Handy, stand auf und verabschiedete sich bei Daniel mit einem Handschlag.

„Oh, das kannte ich noch nicht, saubere, fehlerfreie Interaktion mit Life Personen.“

„Ich wusste, dass dir das gefallen wird. Jetzt lass und einmal die Personen betrachten, die du uns in Auftrag gegeben hast, ob die so gut wurden, wie von dir gewünscht.“

Auf dem Bildschirm erschienen mehrere Personen in der perspektive, sie drehten sich langsam, zeigten Bewegungen in den Augen und Mundwinkeln und schienen sich echt zu bewegen. Die ersten drei waren typische junge Aufpassen oder Leibwächter, aber dann erschien eine andere Person, eine, an die sich Viktor Kubaliborov sehr gut erinnerte, Theobald, der Stecher Vogel. Viktors Blick verfinsterte sich und Robert Mallore’s Blick fing an zu strahlen.

„Dass ich dich alten Knochen überraschen konnte, das war mir das alles wert. Du hast ihn eben für echt gehalten, oder.“

„Ja, für einen Moment. Verdammt gute Arbeit Robert, das ist wirklich absolute Spitzenklasse.“

„Gut, dann lasst und unsere Leute zusammenrufen und beginnen, wir haben viel vor.“

**

Samuel Balsac, das Finanzgenie von Dagan, stand vor den versammelten Leuten und hielt eine Präsentation, dies sich gewaschen hatte. Er zeigte versteckte Konten auf, Schwarzgeldkonten, die sich auf bekannten und bisher unbekannten Banken gut ausgeruht hatten und Depots in den unterschiedlichen Ländern, zusammen mit Bestands- und Stücklisten mit dem Inhalt einiger Tresore.

„… befanden sich 13 Mrd. Euro auf den Kanalinseln, die bis auf eine halbe Milliarde auf die folgenden Konten umgebucht wurden …“ Erneut wurden einige Tabellen gezeigt, die unglaubliche Summen auswiesen.

„Weiterhin hat die Zielperson Wertkonten in diesen Ländern anlegen lassen, die mit folgenden Werten beziffert werden können …“ Die Auflistung endete bei 9 Milliarden und der größte Teil war in Edelmetallen angelegt.

„Außerdem sind weitere 11 Milliarden in den Anteilen der folgenden Firmen enthalten …“ Jetzt folgte eine Auflistung in Summe und Prozentwerten, die manch einem Industriellen das Wasser in die Augen gedrückt hätte.

„Zur Absicherung tauchen immer wieder die gleichen Namen fiktiver Personen auf, dass diese Personen jegliche Überprüfungen durch die Aufsichtsbehörden ohne Beanstandungen durchlaufen hatten, ist ein Anzeichen für die Macht, die sich hinter dieser Person konzentriert. Wen und wie er die Verwaltung manipuliert, damit diese Betrügereien mit falschen Personalien durchgehen kann ich nicht sagen. Heute kann ich aber mit Sicherheit behaupten, dass Dr. Magnus Berberich zu den neun reichsten Menschen in diesem Land gehört.
Die weitere Vorstellung überlasse ich nun Viktor Kubaliborov, er wird das Bild um diesen Mann abrunden.“

Ein leichtes Raunen lief durch den Konferenzraum.

„Danke Samuel, wie gesagt, Samuel Balsac ist unser Zahlenfresser und Wirtschaft Genie, Dagan selbst hat ihn für uns gewinnen können. Seine Ergebnisse sind also belastbar.

Also gut, kommen wir zu der Zielperson.

Der Gesuchte heißt Dr. Magnus Berberich, studierter B. Sc, und er hat mehrere Bücher zum Thema international Finance geschrieben, aber alle unter Pseudonym. Generell zählt er zu den scheusten Menschen seiner Art, es gibt wenig Bildmaterial von ihm und die neusten haben unsere Mitarbeiter vor zwei Monaten geschossen. Berberich scheut die Aufmerksamkeit, wenn er auftaucht, wird er immer übersehen, er wirkt unscheinbar.“

Mehrere Bilder flammten auf, die Berberich in allen möglichen Positionen zeigten. Einige waren unscharf, andere in sehr scharfen Auflösungen. Eines zeigte ihn, wie er dem letzten Bundespräsidenten seine Hand gab und eine Auszeichnung entgegennahm.

„Dr. Magnus Berberich ist 1,72 groß, schlank und sportlich aktiv. Er ist erfahrener Karateka und war früher im Bundesverband aktiv, trat selbst aber nie in den Vordergrund. Er agierte immer aus der hinteren Reihe.
Das hat er bis heute beibehalten. Berberich schuf sich eine wahre Armee der Schergen und Lobbyisten, die in seinem Auftrag anderen zeigten, was er sich wünschte.

Seine erste Frau verlor er bei einem Autounfall. Man sprach von einem technischen Versagen, es gab auch Gerüchte, dass Fremde ihre Hände im Spiel gehabt hatten, aber das wurde nie erhärtet. Zu dem Zeitpunkt wird bei Berberich auch der Stecher aktiv, wir gehen davon aus, dass er den Stecher mit der Beseitigung der Mörder beauftrag hatte.

Seine zweite Frau, mit der er zwei kleine Töchter hatte, starb bei einem Flugzeugabsturz, dabei kamen auch seine Kinder um. Hier gab es keine Gerüchte, aber Berberich hatte danach das Vermögen seiner verstorbenen Frau übernommen. Wir reden hier von 1,2 Mrd. Euro.

Danach wurde es stiller um Berberich, er verließ Frankfurt und ließ sich hier im Raum Berlin nieder.

Hier baute er sich dann sein Anwesen auf. Seine Macht wuchs und seine Gier nach Geld und Macht auch. Dennoch war er immer so klug, sich nicht selbst in Szene zu setzen und seine Feinde übergab er dem Stecher. Der räumte sie dann aus dem Weg.“

Erneut zeigten die Bilder Berberich, inzwischen ergraut und gereift, im Kreise einer jungen Frau mit einer schönen Tochter.

„Das ist das aktuelle Familienbild, Dr. Magnus Berberich mit seiner Frau Adelheid, einer Mathematikerin, die hier an der TU arbeitet und ihrer gemeinsame Tochter Maike, einem sehr aktiven Teenager im Alter von 15 Jahren.

Maike ist gerade dabei die Liebe zu testen und entkommt immer wieder aus dem Landsitz nahe Henningsdorf, um sich mit Freunden zu treffen. Über sie könnten wir Zugang zum gesicherten Anwesen erhalten.

Der Landsitz ist ein ehemaliges Militärgelände, das für großes Geld umgebaut und modernisiert wurde. Der Zaun ist mit Sensoren gespickt, es gibt ein Überwachungssystem und eine Funksperre, Drohnen sind also zwecklos. Dafür wissen wir, dass es eine kabelgebundene Entschärfung gibt und ein Backup über Funk und die Codierung kennen wir auch.

Im Gebäude leben neben der Familie die Haushälterin, die auch kocht. Es gibt zwei verschiedene Sicherungsteams für intern und extern.
Das externe ist mit einer Schichtstärke von vier Mann recht stark, das interne besteht aus drei Mann, wovon einer in der Überwachungszentrale ist und beide Teams überwachen und lenken kann. Dennoch sind die Teams angeblich autark und werden täglich zwischen acht und neun Uhr ausgetauscht. Die Versorgung der Teams erfolgt über deren Versorgungssystem, da hat die Haushälterin nichts mit am Hut.

Beide Teams sind Profis, wobei das interne deutlich teurer und wohl auch besser ist. Die Überwachung funktioniert, das haben wir bereits festgestellt.

Berberich nutzt einen Hubschrauberservice oder fährt mit einer Panzerlimo mit Begleitfahrzeug. Dienstags und donnerstags ist Einkauftag für die Haushälterin mit Bewachung. Das meiste wird sich liefern gelassen, es gibt feste Lieferanten mit ebenso festen Zeiten, die Fahrer sind namentlich genannt. Das wirkt alles sehr professionell.

Der Dreh- und Angelpunkt ist die kleine Maike, sie ist sexuell erwacht und sucht außerhalb bei ihren Freunden die Abwechslung. Wir vermuten, dass Maike auch mit zwei der Wachen ein Verhältnis hat, sonst käme sie nicht so einfach vom Gelände. Ob das von ihrer Mutter geduldet wird, ob sie es noch gar nicht weiß oder ob sie das ignoriert, ist unbekannt. Offenbar sind die Lover aber in unterschiedlichen Sicherheitsteams. Die Kleine weiß also, wie man sich Abwechslung verschafft.

Berberich selbst hat offenbar keine Kenntnis vom Treiben der kleinen Tochter, er würde das sofort regeln und durch den Stecher unterbinden lassen. Da gibt er kein Pardon.“

Kommen wir nun zu dem anstehenden Plan.

Dr. Magnus Berberich liebt das Geld und braucht die Macht. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Wenn wir ihm eines davon nehmen trifft es ihn hart. Nehmen wir ihm beides, wird er daran zerbrechen und unvorsichtig. Dann wird er sich auch außen zeigen, weil es nicht anders geht.“

„Gut, aber wie wollen wir solche Geldmengen transferieren und seine Macht untergraben. Dafür braucht es hunderte Fachleute, die zeitgleich arbeiten?“

„Hunderte Fachleute oder nur einen einzigen Profi, mit einem richtig fetten Computer …“

„Und so einen Mann haben wir?“

„Oh ja, und er arbeitet sogar für uns, genauer für die Regentin auf Soulebda.“

**

Im Rechenzentrum von Soulebda

Auf Soulebda saß Ralf Hauer an seinem Rechner und streichelte sanft die Konsole des vor sich hin summenden Supercomputers vom Typ Gray XT4.2. Diese Gray war einzigartig und zählte mit zu den 100 schnellsten Supercomputern der Welt.

Die Gray selbst stand etwas weiter weg und sah aus, wie zwei lange Reihen großer Getränkeautomaten, über die man eine Abdeckung voller Kabel gelegt hatte. An der Stirnseite prangte eine wunderschöne Grafik, die zwei aktive Vulkane zeigte, umgeben von einer herrlichen Landschaft.

Ganz unten auf einer Metallplakette stand zu lesen:
„In Dankbarkeit für die Rettung meiner Seele. Seymour Gray“

„Ja meine Süße Iris, jetzt darfst du zeigen, was in dir steckt.“

„Mit wem sprichst du Ralf?“ Fragte Viktor Kubaliborov telefonisch und Ralf Hauer lachte. „Die Cray hat mit Erlaubnis der Regentin von mir einen eigenen Namen erhalten und wir beide verstehen uns prächtig!“

„Ähh, ja gut, also du bist dir sicher, dass der Stunt funktioniert?“

Wir haben das mit den Finanzexperten mehrfach durchgerechnet und die Experten sind sich einig, dass das zu 99,9% funktioniert.“

„Uns was denkst du?“

„Ich bin überzeugt, dass der Stunt zu 100% funktioniert und dass die Gelder danach sicher versteckt sind.“

„Wie kann man solche Gelder sicher verstecken?“

„Indem man sie im permanenten Fluss hält. Ich habe das schon einmal gemacht, damals ging eine Diktatur in Afrika zugrunde, weil plötzlich das Geld weg war.“

„Wie lange braucht dein Superhirn, bis die Berechnungen durch sind?“

„Da gehen ein paar Stunden dafür drauf, aber andere Hochleistungsrechner würden dafür einige hundert Jahre brauchen und wären noch immer nicht fertig.“

„Starte die Aktion.“

Mit einem einfachen Return startete das Programm auf Hauers Rechner und das wiederum startete über zwei andere Rechner das eigentliche Computerprogramm auf dem Zentralrechner von Soulebda.
„Jetzt lassen wir Iris ihre Ruhe, sie arbeitet besser, wenn sie nicht abgelenkt ist.“

Ralf Hauer betrachtete die mächtige Gray XT4.2. Das Bild auf der Frontseite war einfach sehr gut gelungen, es erschien fast wie ein 3D Bild und daneben stand eine dunkelhäutige Schönheit. Niri’tana Enatil. Ralf hatte das Mädchen hier schon öfter gesehen, aber irgendwie hatte er nie Zeit gehabt. Heute aber musste er einige Stunden warten und hatte erstmals Zeit.

Niri’tana Enatil, eine dunkelhäutige, schwarzhaarige Schönheit, saß an einem Notebook und Ralf sah das erste Mal, dass sie programmierte. Niri’tana Enatil passte offenbar ein Programm an, als sie Ralf Hauer anlächelte. Während sie weiterschrieb, konnte Ralf erkennen, dass sie an einem Programmabschnitt saß, mit dem die Zeiten der Cray optimiert wurden. Sie fuhr sich mit einer Hand durch das schwarze, glatte Haar und schüttelte ihren Kopf unmerklich. Das schulterlange Haar fiel perfekt und dieses Mädchen sah ebenfalls perfekt aus. Ralf erkannt jetzt erst, dass sie ihn anlächelte.

„Herr Hauer, wieviel Rechenzeit brauchen sie heute an IRIS?“
Das holte Ralf wieder zurück ins hier und jetzt und er lachte.
„Das mit dem Herrn Hauer vergessen wir schnellstens, ich bin Ralf und ich bin überrascht, dass du IRIS kennst, ich dachte, dieser Rechnername wäre nur der Regentin und dem inneren IT Team bekannt?“

„Ja Ralf, das stimmt, ich bin die Systembetreuerin und ich bin mit IRIS bestens vertraut.“ Dabei musterte Niri’tana Ralf genau und das entging Ralf Hauer jetzt nicht mehr.

„Ich mache jetzt meine Mittagspause, wie schauts aus, wie lange rechnet sie etwas, reicht das für einen Snack?“

„Mit zweieinhalb Stunden rechne ich schon, das reicht auf jeden Fall für ein Mittagessen, wohin gehen wir?“

„Chubra‘packa hat in ihrem Bistro eine sehr feine Suppe und der Fisch dazu ist bestimmt sehr gut, komm, lass uns das einmal versuchen.“

**

Zwei Stunden und achtundzwanzig Minuten später.

Die Ergebnisse, die „Iris“ ausspuckte, ließen Hauers Augen erleuchten und die Augen der beiden anwesenden Finanzexperten ebenfalls. Im Hintergrund lächelte Niri’tana Enatil und widmete sich dann wieder ihrem Programm.

„Das ist wirklich gut, ich denke, das wird dem Mann in Deutschland sehr wehtun.“

„Das soll es auch, er wurde gerade auf Harz IV Niveau gesetzt!“
„Was bedeutet das – Harz IV?“
„Das bedeutet, der Mann ist ab sofort arm …“

**

Der Generalaufsichtsbeamte der Seychellen stand mit zwanzig seiner Beamten im Foyer der Central Bank of Seychelles und zeigte den beiden Direktoren die Beschlagnahmung.

„Hiermit sind die nachfolgenden 21 Konten gesperrt, die Gelder werden auf das Sicherheitskonto 41 übertragen und dort eingefroren. Die Beschlagnahmung ergeht, weil dies Konten von Verbrechern sind.
Meine Herren Direktoren, walten sie ihres Amtes.“

Von den 21 Konten gehörten 13 Berberich, natürlich unter anderen Benutzerdaten. Binnen 10 Minuten war Berberich die Hälfte seines Vermögens los und wusste nicht genau, weshalb er da betroffen war.

Die anderen Inhaber waren alle Gauner aber er, Dr. Magnus Berberich, der Ehrenmann aus Germany … irgendetwas lief hier total aus dem Ruder.

Die Nachricht über die Sperrung der Konten lief über die Anwälte von Berberich sehr schnell bei ihm ein und als sein Toben nichts half, versuchte Berberich, seine diplomatischen Kanäle zu aktivieren.
Dummerweise lag auf den gesperrten Konten eine Sperrung über 21 Tage und diese konnte nur über eine einzige Person entsperrt werden.

Berberich und seine Leute mussten also 21 Tage warten. Alles Bitten, Flehen und drohen half nichts. Die einzige Person die das entsperren konnte, war „out of Business“, Berberich musste warte,

Am 18 Tag kam die Information zu Berberich, wer diese Person war, die eine Entsperrung einleiten konnte. Doch leider war diese Person vor zwei Tagen zu ihrem Jahresurlaub nach Brasilien aufgebrochen und würde erst in vier Wochen erreichbar sein.

Berberich tobte. Hatte er doch eben erfahren, dass die Hälfte seines Vermögens für vier weitere Wochen unantastbar war.

„Das kann doch nicht sein, es muss doch eine Vertretung da sein, was ist, wenn die Person stirbt?“ Wollte einer der Anwälte vor Ort wissen.
„Die Person lebt, und wir brauchen keine Vertretung, Urlaub ist etwas Normales und die kurze Zeit ist doch kein Problem, sie bekommen ja eh keine Zinsen darauf. Also warten sie ab.“ Das war dann die Ansage aus den Seychellen.

In seinem Berliner Büro tobte Dr. Magnus Berberich durch die Räume. Seine Sekretärin und die Anwälte gingen ihm aus dem Weg, wo es nur ging, aber Berberich tobte voller Zorn umher und hatte bereits dem Hausverwalter mit Kündigung gedroht, als er zufällig vor der Eingangstür stand.

„Herr Dr. Berberich, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Sie mich gar nicht kündigen können, ich bin nicht Ihr Untergebener und nun schönen Tag noch. Das ist ja unerhört.
Sie hören vom Eigentümer des Bürohauses!“

Wenn Berberich etwas auf den Tod nicht leiden konnte, dann war das ein Widerspruch und sei er noch so korrekt und gerechtfertigt. In seinem Büro riss Berberich den Telefonhörer an sich und wählte die Nummer des Hauseigentümers.

„Es ist mir egal, ob Scheureb-Klosterfels in einer Sitzung ist oder nicht, ich will ihn sprechen, wissen sie eigentlich, wer hier dran ist?“ Fauchte Berberich halb schreiend in das Telefon.

Am anderen Apparat hörte Berberich nur eine Frauenstimme mit Telefon Nahkampferfahrung leise sagen:
„Oh ja, sie sind Mieter Nummer 21 und sie sind einen Monat mit der Miete für diese Etage im Rückstand. Einen weiteren Monat Rückstand steht auf der Max-Traublinger-Allee und die Bernhelmer Schattenallee ist auch einen Monat im Verzug.
Offenbar gehen ihre Geschäfte nicht so gut, Mieter 21, wir bestehen aber dennoch auf die Zahlung der vertraglichen Beträge. Und meinen Bruder hole ich für sie bestimmt nicht aus der Vorstandssitzung heraus. War das klar genug für sie – Mieter Nummer 21?
Von Ihnen kam ja der Vorschlag, allen Säumigen, die Schulden ohne Gnade einzutreiben, und genau das führen wir jetzt auch durch.
Das haben wir von Ihnen gelernt und setzen es auch gnadenlos um, so wie von Ihnen gewünscht. Sie kennen die Zahlungsziele.“

Danach war die Leitung tot und ein sprachloser Berberich schaute auf das Telefon, als wenn es von allen bösen Teufeln besessen wäre. Berberich tobte gerade so richtig laut fluchend an seinem Schreibtisch, da wurde die Tür geöffnet und Madelaine brachte zwei junge Männer der Sicherheitsabteilung mit. Berberich legte das Telefon, das er gerade an die Wand werfen wollte zurück auf den edlen Tisch.

„Herr Dr. Berberich, verzeihen sie, das ist wichtig, es gibt da offenbar ein Problem auf ihren speziellen Konten …“

„Was ist mit den Konten?“ Fauchte Berberich die beiden IT Experten an und aus seinen Augen schienen Blitze zu rotieren.

„Nun Herr Dr. Berberich, wie es aussieht, wurden die speziellen Konten zur Kanalinsel leergeräumt. Das Konto auf der Nationalbank auf den Fidschi-Inseln ist bereits auf null und somit gesperrt. An den Konten auf den Seychellen sind sie ja selbst dran.

So wie es aussieht, räumt da jemand ihre Konten leer Herr Dr. Berberich und wir finden keine Spur.“

„Das kann nicht sein, wohin fließen denn die Gelder?“

„Nach allem, was unsere Rechner sagen, direkt auf ein Konto in Darussalam, also direkt in das Sultanat Brunei.“

„Ihr macht jetzt aber schon Witze? Mit Brunei haben wir keine Verträge, wie soll ich da wieder an mein Geld kommen. Die geben mir ja nicht einmal Auskunft, wohin das Geld von dort aus weiterläuft!“

„Offenbar geht gerade etwas sehr Sonderbares vor. Sollen wir zur Sicherheit die Konten in Alaska und den USA hierher oder zumindest in die Schweiz transferieren?“

„Und die Finanzaufsicht? Was ist mit denen, wenn die etwas davon mitkriegen? Die wissen bisher nichts von dem Geld. Für die habe ich gerade einmal sechs Milliarden.“

„Sollten die etwas mitkriegen, dann zahlen sie halt denen ihr Ticket. Das ist immer noch besser, als wenn die Gelder restlos verschwinden, denn dann haben sie gar nichts mehr.“

„Wenn ihr das nicht sauber hinbekommt, dann seid ihr übermorgen auf der Straße, das ist euch offenbar klar, oder?“

„Ja, das ist uns schon klar, wir versuchen, ihre Gelder zu retten. Je länger wir hier warten, desto größer die Chance, dass noch mehr passiert.“

„Ja, gut, kommen sie mit zu mir in das andere Büro, ich muss ja die Zahlungen freizeichnen.“ Während sie durch die Flure eilten, versuchte Berberich, innerlich wieder zur Ruhe zu kommen, und erzählte einen Schwank aus früheren Zeiten.

„Vor einigen Jahren arbeitete ich als Finanzier in Afrika. Bei meiner ersten Großbank, bei der ich arbeitete, da hatte es ein Hacker auf den Freizeichner geschafft und während der Geschäftsführer alle Unterschriften leistete, da wurde der Bildschirm goldfarben und ein Totenkopf tauchte auf. Die Gelder aber waren alle weg und zwar restlos futsch. Die Gelder konnten nicht wiederbeschafft werden, das war das Ende für diese junge aufstrebende Diktatur.“

„Oh das ist ja interessant, aber so etwas kann ja heute nicht mehr passieren, der heutige Freizeichner ist ein Computer mit doppelter Firewall und 512 Bit Codierung. Wenn da jemand etwas machen will, dann bräuchte er fast schon einen Supercomputer und glauben sie mir, das ist ausgeschlossen. Den Hacker, der an einen Supercomputer kommt, müssen sie mir einmal zeigen.“

Ein leichtes Lachen ging durch die Runde.

Der Bildschirm am Freizeichner füllte sich mit den Kontendaten, dahinter erschien der gegenwärtige Wert in den passenden Währungen. Berberich freute es immer wieder, wenn er diese mächtigen Zahlen sah. Endlich waren die ganzen Konten aktiviert.

**

Während Dr. Magnus Berberich die Transaktionen freizeichnete und mit seiner Sicherungskarte aktivierte, erschien ein kleines „Bitte warten“ auf dem Bildschirm, danach erloschen die Lichter auf der Tastatur und die Maus funktionierte auch nicht mehr.
Berberich sah das noch nicht als Fehler an, aber den beiden IT Experten traten die ersten Schweißperlen auf die Stirn, als weitere Meldungen aufleuchteten.
„Bitte warten!“ Und danach „Transfer in Prozess!“
Jetzt wurden die Anzeigen mit dem Wert vergrößert, sie füllten den ganzen Bildschirm und auf einmal begannen die Zahlen rückwärts zu laufen und wurden rasend schnell kleiner. Konto für Konto lief auf null Bestand.

Die beiden IT Experten erschraken und Berberich wechselte die Gesichtsfarbe, als auf dem Bildschirm seine Konten aufleuchteten und der Bestand rückwärtslief. Bei 0,00 Euro schluckten die Experten und Berberich war ganz still.

„Transfer erfolgreich!“ Stand auf dem Bildschirm.

Anschließend poppte ein Börsenfenster auf und nacheinander liefen eine Menge Bestätigungsmeldungen über Aktienkäufe ein.

„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von:
2.500.000 Aktien der Humus Rodung und Verwertung AG, Nennwert 12.50 Euro / Stck.“
„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von:
1.500 Aktien der Arktis Wegeverwertungsgesellschaft, Nennwert 8.200,00 Euro / Stck.“
„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von:
17.500 Aktien der Mondlandschaftverwertungsgesellschaft, Nennwert 1.200,00 Euro / Stck.“
„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von:
8.500 Aktien der Sonnentau & Efeu AG, Nennwert 2.500,00 Euro / Stck.“
„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von: 17.500 Aktien der Natureis Transport AG Grönland, Nennwert 2.000 US$ / Stck.“
„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt stolzer Besitzer von: 71.000 Aktien der Landschaftsschutz AG der Malediven, Nennwert 12.000,00 US$ / Stck. Belastung 0,852 Mrd. US$.“
Ab diesem Zeitpunkt wurde Berberich kreidebleich im Gesicht.

„Transaktionsbestätigung. Sie sind jetzt Besitzer von: … „

Der Landsitz des Finanziers

So ratterten insgesamt 41 Transaktionsbestätigungen über den Bildschirm. Das waren alles überteuerte Schundaktien und die drei Männer schauten ungläubig zu, denn der Zeichnungscomputer war fest verdrahtet und hatte nicht einmal einen Ein/Aus-Schalter.

Das Tablet eines der IT Experten meldete nur eine Sperrung und auf dem Display stand „access denied for user root@localhost.“

Ehe die beiden IT Experten auch nur ein Wort sagen konnte, fauchte Berberich ein leises aber fürchterlich ernstes „RAUS!“ Und die beiden Männer liefen, so schnell sie konnten aus dem kleinen Raum. Zurück blieb ein kreidebleicher Dr. Magnus Berberich.

**

Als Berberich am anderen Tag in sein Büro zurückgekehrt war, standen da zwei seiner Angestellten aus der Finanzabteilung mit sorgenvoller Miene und zwei andere Männer in schwarze Anzügen.
Einer davon trug sogar im abgedunkelten Büro seine Sonnenbrille und saß breitbeinig in einem der edlen Ledersessel.
Der andere betrachtete eines der Gemälde an der Wand von Berberichs Chefzimmer.

„Finger weg von diesem Bild, das ist ein Original!“ Fauchte Berberich den älteren Mann an, jedoch lachte der Anzugträger nur leise.

„Das da ist ebenso wenig ein Original Spitzweg, wie ihre beiden Leute hier Steuerfachleute sind. Also gut, fangen wir an:

Herr Dr. Magnus Berberich, ich habe die Pflicht ihnen mitzuteilen, dass ihre beiden letzten Steuererklärungen die rechtliche Überprüfung nicht bestanden haben.

Das Finanzgericht hat in Zusammenhang mit dem Bundesfinanzhof dies letztendlich bestätigt.
Sie wurden aufgefordert binnen 30 Tage die beiden ausstehenden Zahlungen voll zu erfüllen. Die Fristen sind erfolglos verstrichen und die Revisionen wurden abgelehnt.

Damit schulden sie dem Deutschen Steuerzahler insgesamt 21 Millionen Euro.

Sicherlich ist das für sie nur eine Kleinigkeit. Dennoch werden wir die ausstehenden Gelder jetzt einfordern. Mein Kollege hat noch eine andere Aufgabe.“

Der zweite Mann, der so breitbeinig lächelnd in dem bequemen Ledersessel saß, amte den Kuckuck-Ruf nach und lachte unverfroren.
Doch schlagartig wurde er kühl und ernst.
„Herr Dr. Berberich, ich habe ihre beiden Bentleys und den Rolls aus der Tiefgarage vorsorglich pfänden lassen. Sobald sie ihre Schulden beglichen haben, erhalten sie die Möglichkeit die Fahrzeuge wieder zu übernehmen.

Wie sie sicherlich wissen, dürfen seit Januar dieses Jahres gepfändete Fahrzeuge nach 30 Tagen zur Versteigerung freigegeben werden. Damit kennen sie das Zeitlimit, ich danke ihnen Herr Dr. Berberich.“

Damit stand der Mann auf und verabschiedete sich freundlich. Zurück blieb der zweite Mann und dieser lächelte Dr. Berberich kalt an.

„Haben sie gerade die Möglichkeit und Mittel zur Begleichung der Steuersache, andernfalls fährt der Autotransporter jetzt los zur Verwahrungsstelle.“

Zum Ersten Mal war Berberich sprachlos. Nach einem Räuspern bekannte er, dass er die Zahlung gerade nicht leisten könne.

„Ich habe verstanden, sie wissen wo unsere Verwahrungsstelle ist und die 30 Tage wurden ihnen als Frist genannt, ich wünsche ihnen einen guten Tag, auf Wiedersehen.“

Damit ließ auch der zweite Gast Berberich und die anderen Männer einfach stehen.

Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Berberich so richtig hilflos. Er schmetterte sein Glas an die Wand und es zerbrach an der Replik des Spitzweg Gemäldes. Beides fiel zu Boden und jetzt sah der arme Poet auf dem Gemälde noch viel ärmer aus.

Schließlich schluckte Berberich, atmete mehrere Male tief durch und nahm den Telefonhörer in die Hand.

„Sagen sie meinen Anwälten und dem Finanzleiter, dass ich sie sofort sehen will.“
Einen Moment später wählte Berberich erneut, es klingelte. Ein Mann meldete sich mit einem einfachen „Ja?“

„Hallo Herr Vogel. Ich brauche sie hier bei mir jetzt und sofort.“

„Bin unterwegs …“ Dann klickte es und das Telefon summte leise.

**

Unterdessen auf dem Landsitz des Finanziers

„Zentrale, ich bin für die nächste Stunde im Keller des Anwesens und überprüfen die Meldeanlagen, Leitungen und mehr. AN21 meldet sich ab.“
„Verstanden AN21 sie sind eine Stunde nicht über Funk erreichbar.“
Damit stand der fesche Sicherheitsmann auf, schaltete sein Funkgerät aus und nahm auch das Headset ab.

„Klaus, ich bin im Keller, die Anlage überprüfen, Abmeldung ist erfolgt.“
„OK Uwe bis nachher.“ Kam die Antwort des zweiten Sicherheitsmanns.

Mit schnellen Schritten verschwand Uwe im Treppenhaus und ging flott durch den Garagenbereich, in dem der Porsche der Dame des Hauses stand. Der Platz daneben war frei, dort stand das BMW Cabrio und mit dem war Frau Berberich in der Uni. Heute würde sie garantiert nicht vor 16:00 Uhr heimkommen und Berberich selbst wurde für 19:30 erwartet.

Rasch prüfte Uwe die Garage, dass tatsächlich niemand gefolgt war und öffnete mit dem Generalschlüssel die Tür mit der Aufschrift „POL und Tools“ und schloss die Türe hinter sich ab.

Er drehte sich um und im Halbdunkel standen mehrere Regale und eine Unmenge großer Kartons umher.

„Kennwort Schwertfisch!“ Sagte Uwe mit lauter Stimme und vor ihm ging eine Werkstattleuchte an. Uwe ging um die Kartons herum, da stand eine breite, moderne Sonnenliege mit frisch bezogenem Bettzeug und eine fesche junge Dame kicherte ihn an.
„Ich hoffe doch, dass das Schwert auch bereit ist, sonst kommt der Schwertfisch in die Pfanne.“
Mit schnellen Bewegungen zog sich Uwe aus und die fesche Maike hob die Bettdecke etwas an, Uwe konnte ihren wunderschönen, nackten Körper sehen und freute sich ganz ehrlich, das konnte auch Maike sehen. „Ohhh der ist heute aber besonders schön, jetzt komm endlich.“
Damit sprang Uwe zu Maike, schlüpfte ebenso rasch unter die Decke und die Werkstattbeleuchtung erlosch wieder. Nur zwei Notbeleuchtungsschilder brachten etwas diffuses Licht in den Kellerraum.

Keiner der beiden Liebenden achtete auf den modernen Fernseher, der an der Wand hing. Hier in diesem Keller hatte Maike bereits manchen Kinoabend verbracht und sich über den vernetzten Fernseher härtere Filme auf dem Pay-TV Sender angesehen.
Dass moderne Fernseher auch über Kameras und Mikrofone verfügten, war Maike dabei egal, sie war gerade überglücklich, als sich Uwe über sie hermachte.

**

Im Lager von Viktor Kubaliborov

Daria Konstantina drückte am Rechner einige Tasten und das Bild wurde besser, nach und nach wurden die Bewegungen klarer und die ersten Umrisse wurden sichtbar. Mit der Helligkeit kamen auch die ersten Farben und jetzt sah sie, wie sich ein junger sportlicher Mann und ein junges und bildhübsches Mädchen sich vergnügten. Als sie den Ton einregelte, klickte Daria Konstantina auf den Aufnahmeknopf und ab jetzt wurde das erotische Spiel von Uwe und Maike aufgezeichnet.

„Die Kleine ist gut, die macht das nicht das erste Mal.“ Bemerkte Daria Konstantina und Viktor nickte leicht.
„Achte darauf, das Bild und Tonaufzeichnung sehr gut werden, wir brauchen die Aufzeichnungen und wenn übermorgen der andere Sicherheitsmann kommt gilt das gleiche.“
„Viktor, du bekommst zwei Videos, die könnten problemlos auf You-Porn laufen mit super Einschaltzahlen. Die Kleine hat echt Talent.“
„Vergiss nicht, das ist Arbeit.“ Und mit einem Lachen im Gesicht verließ Viktor Kubaliborov das Zimmer. Sein Handy brummte und als er auf das Display schaute stand da nur „Dagan“.

„Hallo Dagan, wie läuft es auf Soulebda?“

„Alles wieder geordnet. Die Schäden sind größtenteils bereits schon beseitigt und auf den vorgelagerten Inseln werden die Kasematten für die neuen Geschütze gegossen. Aber etwas anderes sollten wir noch besprechen.

Die Palastnymphen wurden doch bei dem Angriff getötet und jetzt haben sie bereits die Nachfolgerinnen eingeführt. Dabei haben Clair und Caroline einen nicht unerheblichen Teil dazu beigetragen. Peter hatte auch sein erstes Erlebnis mit den Nymphen. Ich würde die drei dir gerne schicken, damit wir den nächsten Teil starten können.“

„Haben denn Fibi und Finja die Zusammenhänge aufdecken können, die erklären, wie Clair und die Franzosen in der Sache stecken?“

„Ja, es ist genauso, wie wir es befürchtet haben. Alofi ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt. Caroline und Peter stecken als Zeugen da drinnen, Clair und der DGSE hatte wichtige Aufzeichnungen, die ebenfalls nach Alofi zeigen über allem wacht der Stecher und murkst alles und jeden ab, den der Finanzier bestimmt.“

„Verstehe, dann können die beiden Mädchen ja zurück zu Lem, ich glaube, dort sind die jetzt besser aufgehoben.“

„Garantiert, außerdem hat die Regentin angeordnet, dass die neue Botschaft in Berlin jetzt personell aufgestockt wird. Die Regentin war der Ansicht, dass die Sicherheitskräfte in Deutschland etwas zu eingeschränkt in ihren Handlungen wären.“

„Oh und das aus dem Munde der Regentin?“

„Ja, ich glaube allerdings, dass die Regentin annimmt, dass man in dem Schlussakt mit Berberich ein paar Krieger in der Hinterhand haben sollte.“

„Wer kommt jetzt alles mit nach Berlin, außer Caroline, Clair und Peter?“

„Die Regentin hat in ihrer Weisheit das VII. und VIII. Garderegiment ausgesucht. Das sind zwei gut ausgebildete Regimenter mit jeweils 50 Kriegern. Die Regentin wollte daraus aber nur die Freiwilligen haben. Was glaubst du, wer sich daraus gemeldet hat?“

„Wie ich die Leute auf Soulebda kenne – alle!“

„Exakt. In drei Tagen wird also eine Maschine mit den beiden Regimentern starten und unsere drei Gäste begleiten. Ich sende von GIPSY auch eine Mannschaft für den Bereich Kommunikation und Zusammenarbeit. Dazu kommen dann noch ein paar Tonnen an Material, der Flieger wird also voll sein.“

„Wie ist die Absicherung geregelt?“

„Unsere Freunde aus Amerika schicken zwei Langstreckentransporter, einen Truppentransporter und Tanker zu der Flugmesse in Berlin. Wir schließen uns denen an und sind damit sowohl mit Treibstoff als auch der Air Gard gesegnet. Ich glaube kaum, dass sich an den Konvoi jemand heranwagen wird. Die Begleitung wird erstklassig sein. Ich schicke dir nachher die genauen Flugdaten.
Gibt es etwas Neues vom Finanzier?“

„Oh ja dein Computerhirn hat da offenbar etwas auskocht, dass es in sich hat. Jedenfalls hat Berberich den Stecher bereits abberufen und sich beordert.“

„Also genau wie von uns geplant. Gut, dann startet hier die nächste Stufe und bei euch solltet ihr auf den Stecher achten, der wird ab Mittwoch, also in drei Tagen aktiv werden, vorher kann er nicht. Er kotzt sich gerade die Seele aus dem Leib.“

„Drei Tage, ist das sicher?“

„Drei Tage, keinen Tag mehr, eher einen weniger, wie ich den kenne.“

**

Auf dem Landsitz des Finanziers

Ein bildschönes, junges Mädchen trampelte im edlen Raucherzimmer auf und ab und fauchte dabei wie eine kleine Furie einen älteren Mann an.

„Die Geburtstagsfeier am kommenden Donnerstag war so abgemacht. Du selbst hast zugesagt, dass das in Ordnung ist, wenn mich einige der Sicherheitsleute begleiten und jetzt willst du mir meine Geburtstagsfeier sprengen. Das ist alles bestellt, bezahlt und meine Freundinnen sind alle eingeladen und sie haben zugesagt!“

„Maike, Schatz, wir haben erhöhte Sicherheit …“

„Einen Dreck haben wir, wenn dann hast du das zu verantworten. Ich bin so gut wie 17 und das ist meine Party, und du hast zugesagt. Gehst du mit deinen Kunden auch so um? Willst du etwa, dass all deine Geschäftspartner wissen, dass du dich nicht an deine Versprechen hältst. Die Party war ausgemacht, also wie ist es nun?“

Berberich erkannte die Gefahr, die sich daraus ergeben konnte. Eine aufblühende Tochter die eine wilde Party Feier wollte und nicht darf, das könnte Ungeahntes lostreten und das brauchte Berberich jetzt auf keinen Fall.

„Folgendes!“ Kam von einem entschiedenen Papa, „Du wirst zwei der Wachmänner mitnehmen oder es gibt keine Party. Abgemacht?“

„Gut zwei Aufpasser nehme ich mit. Aber ich suche sie mir aus. Nur gut, dass meine Geburtstagsfeier doch wie geplant steigen darf. Ich nehme zwei Wachmänner mit als Leibwächter und Anstandswauwau und dann wird mein Geburtstag gefeiert.“ Nach einem kurzen Kuss auf Berberichs Wange war die durchtriebene Tochter verschwunden.

Mit einem Blick auf den Wach Plan versicherte sich die fesche Maike, wer an dem Tag Schicht hat. Uwe hatte frei, aber Gunter von der internen Abteilung war frei und den mochte sie sowieso lieber.

Selbstsicher ging sie in die Wachzentrale und trat vor den Sicherheitschef.

„Zu meiner Geburtstagsparty jetzt am Donnerstag sollen mich zwei Wachmänner begleiten. Ich möchte, dass Selim und Gunther mich begleiten. Mein Vater hat das sicherlich bereits angefordert?“

„Ja gerade vorhin kam die Order. Selim und Gunther sind im Dienst und werden Sie begleiten.“

„Danke.“

Damit war die fesche Maike zufrieden und plante ihre Geburtstagsfeier weiter. Diese Party sollte ihre beste werden, die sie je erlebt hatte, das hatte sie sich fest vorgenommen. Und mit dem strammen Gunther würde sie dabei garantiert alles erreichen, was sie sich vorgenommen hatte.

In Ihrem Zimmer berichtete Maike ihren Freundinnen, dass jetzt alles wie besprochen starten würde, die Partylichter standen jetzt ganz offiziell auf „Grün“ und die Planung der wilden jungen Mädchen lief weiter.

Dass Maikes Handy angezapft war, wusste keiner im Hause der Berberichs. Am wenigsten Maike selber, denn sie gab ihr Handy eigentlich nie aus der Hand.
Eigentlich nie … Bis auf Freitag letzte Woche, da hatte Maike einen Mini mit zwei jungen Frauen angerempelt und eine bat kurz um ihr Handy, um ihren Bruder anzurufen, der würde sie abschleppen. Sonst konnte sie sich nicht erinnern das Handy aus ihren Händen gegeben zu haben.
Seit diesem Freitag pochte in dem Handy ein neues Trojaner Herz und übertrug alle Gespräche und die wichtigen Nachrichten aus den sozialen Netzen an GIPSY.

**

Der Termin

„Kommender Donnerstag im „Saroya“ geht die Party ab,“ sagte Ekaterina zu Oleg und Oleg grinste nur breit. „Kapitalisten Treff, aber immer der beste Szenen-Puff der Stadt.“

Das „Saroya“ war der angesagteste Treff in der Stadt und zugleich der Treffpunkt der Szene und der Neureichen.

Einst eine Bahnhofshalle, dann eine Maschinenfabrik und zuletzt eine Diskothek. Inzwischen hatte sich das „Saroya“ gemausert. Die Räume waren überarbeitet, es gab kleinere Räume für 5-6 Leute, einige für bis zu 20 und dann noch die vier Spezialzimmer für Amouröse Abenteuer. Und dann gab es noch das große „Spielzimmer“ hier konnte alles geschehen.

Innerhalb zweier Tage hatte Viktors Team das „Saroya ausgekundschaftet und alles Wichtige und unwichtige eingesammelt. Jetzt, am dritten Tag war Zeit für das Briefing.

„Herhören, wir verwanzen im „Saroya“ die Amourösen Zimmer und das Spezialzimmer wird mit Kameras bestückt. Wir sorgen dafür, dass die Partymaus in dieses Spezialzimmer kommt und dort wird sie zum TV Star.“

„Das passt, am Donnerstagabend wird von dort auch die Jugendsendung gedreht und in das Regionalprogramm gesendet.“

„Sehr gut, damit haben wir unseren Sender für die Außenwelt. Nicht vergessen, wir brauchen belastendes Material, das Berberich in Bedrängnis bringt.“

Was folgte, war eine arbeitsreiche Woche. Der Mittwoch war für Adelheid Berberich ein wichtiger Tag. Ihre Ernennung zum Dekan stand an und da erwartete man eine Rede von ihr die haargenau passte.

**

Donnerstag, Party Tag

Adelheid Berberich hatte alle Hände voll zu tun. Der Landsitz sah aus, als wären die Hottentotten durchgezogen. Bei der gestrigen Sektparty waren geladene Gäste und gute Geschäftsfreunde erschienen und hatten es sich gut gehen lassen. Die Ernennung zum Dekan war am Mittwoch gewesen und ihre Rede war mit einem langen Applaus gewürdigt worden.

Da in den Räumen der Uni gerade kein Platz zum Feiern war, hatte Adelheid mit der Zustimmung ihres Mannes die geladenen Gäste auf den Landsitz eingeladen.

Die Feier war wunderbar, aber jetzt am Folgetag hatte das Serviceteam alle Hände voll zu tun und überall wuselten Fremde umher, die das Sicherheitsteam noch nie gesehen hatten.

Daria Konstantina huschte über das Anwesen von Berberich und verschmolz unter den Bediensteten. Da sie überall zugleich zu sein schien und mitanpackte, war sie die unauffälligste unter den Agenten.

Am frühen Nachmittag verließ sie mit ihrem kleinen Team den Landsitz und traf sich mit den anderen aus Viktors Team, um die Party des Abends vorzubereiten.

Das „Soraya“ war inzwischen sowohl vom Regionalfernsehen, als auch von Viktors Team verkabelt worden. Im Regiewagen des Senders liefen die letzten Vorbereitungen und Besprechungen. Hier wurden den Leuten des Senders klar gemacht, aus welchen Bereichen sie sich herauszuhalten hatten und was für Strafen drohten, sollten sie zu neugierig werden.

Da im „Soraya“ auch der Nachwuchs einiger Großindustrieller abfeierte, waren die Spielregeln klar und kein Sender verstieß gegen diese Regeln. Eine zweite Einladung würde es in diesem Falle nie wieder geben, dafür würden die gefürchteten Anwälte über einen herziehen.

Gegen 19:30 war es bereits dunkler geworden und das „Soraya“ füllte sich zusehends. Die langen Schlangen an den beiden Eingängen waren von den örtlichen Aufpassern der „Angels“ besetzt und es kamen nur jene Gäste hinein, die diese auch für gut genug empfanden.

Kurz nach 20.00 Uhr fuhr eine weiße Limousine vor und Maike stieg mit ihren beiden Bewachern im Smoking aus. Sie selbst trug ein sehr schönes, sündhaft teures Partykleid. Da blitzten bereits die ersten Kameras auf. In ihrem Gefolge kamen gut zwanzig ebenfalls sehr gut bekleidete Mädchen und einige Jungs, denen man ansah, dass sie von Arbeit nichts hielten.

Die Aufpasser machten den Gästen Platz, die Mädchen riefen etwas von Party Party und die Sicherheitsleute nickte sich gegenseitig anerkennend zu.

**

Die Party konnte beginnen, Maike Berberich feierte ihren 17. Geburtstag.

**

Im „Soraya“ ging die Party so richtig los. Starke Musik mit heftigen Bässen jagten die tanzenden Menschen auf die drei Tanzflächen. An der Stirnseite war eine riesige Videoprojektion mit den aktuellsten Videos zu sehen und überall flossen die überteuerten Getränke.

Gegen 22:30 tobte die Menge, als das Tabledance so richtig loslegte. Vier Mädchen und zwei Boys zeigten, was sie alles konnten und feuerten das Publikum an. Die Stimmung war auf dem Höhepunkt.
Längst waren die kleinen Privatgemächer ausgebucht und die Pärchen wechselten sich dort halbstündlich ab. Lediglich das Spielzimmer war noch immer verschlossen.

Doch jetzt änderte sich das, als Maike mit ihrem persönlichen Leibwächter, Gunther im Spielzimmer verschwanden und der zweite Sicherheitsmann den Eingang blockierte.

Nach einigen Gläsern Sekt riss Maike Gunther die Kleider förmlich vom Leib, liebkoste ihn wie eine perfekte Liebesdienerin und als Gunther endlich bereit war, da warf sich Maike auf ihn und begann einen wilden Liebesraigen, der seinesgleichen suchte.

Unten tobte die Menge und endlich begannen die Einspielungen der neusten Videos, direkt aus Los Angeles. Ab hier übertrug das Regionalfernsehen auch Life aus dem „Soraya“.

Auf der riesigen Videoleinwand liefen die besten Videos und nach jeden kurzen Einspieler, der etwa 10 Minuten dauerte, bebte der Saal.

Im Spielzimmer tobte das Liebespaar und Maike durchlief ein Hoch nach dem anderen, sie schrie ihre Lust, so laut es ging heraus und keinen störte es, durch den Lärm um sie herum.

Auf der riesigen Videoleinwand wechselten die Bilder und plötzlich flammte das treiben aus dem Spielzimmer auf. Maike war gerade am Kommen und sorgte dann ihrem Gunther für Erleichterung. Das alles in gestochen scharfen Bildern und bestem Sound.

Als die Regie sich einschaltete, flackerte die Leinwand kurz und ein Standbild von Maike blieb, in dem sie gerade einen vollen Spritzer ins Gesicht bekam und dabei erlösend zu lachen schien. Dieses Bild blieb und ließ sich nicht abschalten und jeder wusste genau, wer da gerade abgebildet wurde.

Längst zuckten die Kameras der Klatschreporter und da die TV Übertragung liefe erfolgt war, schaltete die Sendezentrale schnell auf einen Musikkanal um.

Die einzige Szene aber, über die alle sprachen, war klar:

Minderjährige Tochter eines Industriellen feiert ausschweifende Sex Party in Szenelokal! Dazu das Bild mit Maikes nassem Gesicht.
Die Tageszeitung mit den größten Buchstaben machte sogar aus der kleinen Maike eine sexhungrige Nymphomanin, die jeden Abend hier die Männer absahnte.

**

Daheim

Im Landeanflug auf Berlin scherte die Maschine aus Soulebda aus dem amerikanischen Pulk aus und reihte sich in den Landestrahl nach Berlin Schönefeld ein. Die Amerikaner indessen würden in Tegel landen, da sich dort auch ein militärischer Flughafenbereich befand.

Aus dem Cockpit bedankten wir uns noch für die sichere Begleitung. Da zeigte der Copilot uns die riesige Baustelle des neuen Flughafens in Schönefeld.

„Das da ist alles der BER Flughafen, das Areal ist riesig, wir drehen eine Runde und sind dann am Landen. Tempelhof hatte mir all die Jahre besser gefallen, der Flughafen lag so schön zentral. Schaut euch das an, das ist bald voller Geschäfte, Airlines und vieles mehr.“

„Naja erst muss das Ding einmal fertig werden, ist das weiße da unten am Ende der Startbahn der Hangar für Soulebda?“ Fragte Peter. „Ja, genau der große Hangar, da passt unser Flieger und noch zwei andere Flieger rein. Momentan ist das auch unser zentraler Treffpunkt hier.“ Auf dem Flughafen Berlin Schönefeld schienen die Bauarbeiten noch immer nicht weiter zu sein. Ganz am Ende der langen Landebahn 07L bog unser Jet nach links in den neuen Teil ab und rollte in den größten der neu errichteten Hangars, nahe Selcheow, ein, dessen mächtige Tore sich augenblicklich schlossen.

In dem Hangar flammten starke Lichter auf und wir erkannten den Trubel, der hier bereits herrschte.

„Willkommen daheim Schatz.“ Und mit einem saftigen Kuss begrüßte mich Peter auf deutschem Boden.
„So eine Begrüßung ist mir aber auf Soulebda lieber Schatz, das weißt du ganz genau.“, und ich grinste ihn an, danach liefen wir mit den anderen Passagieren zu der vorderen Gangway.

Unten erwartete uns bereits eine Schönheit mit vollem dunkelblondem Haar und einer herrlichen Sanduhrenfigur. Sie stellte sich uns als Ekaterina Romannova vor.

„Viktor Kubaliborow hat mich gebeten euch direkt zu ihm zu bringen. Unser Wagen wartet bereits. Du musst dann ja Peter Stein sein, bitte nimm vorne Platz, am Funk wartet der Parlamentspräsident von Soulebda bereits auf dich.“

Während Peter vorne einstieg und sich danach mit Soleab unterhielt, saßen Ekaterina Romannova und ich im Fond des Wagens und betrachteten uns neugierig abschätzend.

Schließlich brach ich das Schweigen.

„Ich kannte eine Ekaterina Romannova dem Namen nach. Sie war mit einer guten Bekannten von mir zusammen, Leanova Punika. Sie war damals genau wie ich hinter Theobald, der Stecher, Vogel her. Ehe wir uns näherkommen konnten, hatte sie der Stecher sie bereits erwischt. Leanova starb damals in meinen Armen.“

Erschrocken sah mich Ekaterina Romannova an.

„Das war der Stecher? Mein Führungsoffizier sagte mir damals, dass du meine Geliebte umgebracht hättest und ich hatte mir geschworen, sollte ich dich jemals sehen, dann würde ich dich leiden lassen, wie nie eine Frau vorher gelitten hat.“

Ich sah Ekaterina an, ihre Augen waren enttäuscht, aber sie war Profi genug um zu warten und nicht einfach etwas zu tun, was sie nicht sollte, aber innerlich nur allzu gern tun würde.

„Nein, so war das ganz sicher nicht. Leanova war ein ganz besonderer Mensch. Ihr Lachen und ihre Freude am Leben mochte ich sehr und sie war zugleich ein knallharter Profi. Oh Moment, ich habe da etwas.“

Damit nahm ich meine Handtasche und suchte etwas. Mir entging nicht, dass Ekaterina Romannova ihre Hand in ihrer Handtasche hatte. Ihr Blick sagte mir ganz klar, dass sie nur auf den passenden Moment wartete, auf einen Moment, indem ich einen Fehler beging.

„Ich habe etwas für dich, Moment. Ah ja ich hab’s. Leanova gab mir ein kleines, selbst geschnitztes Andenken, wo habe ich es … da ist es ja.“

Ich suchte etwas in meiner Handtasche und brachte eine runde, handgeschnitzte Figur mit einem jungen Bären vor einer Höhle zum Vorschein.

„Den gab sie mir, nachdem ich ihr einmal geholfen hatte und sie sagte mir damals, dass sie davon nur drei hätte. Ich möchte, dass du dieses Andenken an sie erhältst. Leider habe ich nicht mehr von ihr.“

Ekaterina Romannova sah mich an, jetzt traten aus ihren hübschen Augen tatsächlich Tränen. Sie legte etwas in ihrer Tasche zurück, ich spürte genau, dass das eine Pistole gewesen war. Sie holte jetzt aber aus ihrer Tasche zwei der gleichen Bärenfiguren hervor und zeigte sie mir.

„Ich weiß genau, wer damals alles eine der drei Figuren bekam.

Diese hier gab sie mir, als wir uns unsere Liebe schworen und diese hier, gab sie ihrer inzwischen verstorbenen Mutter. Die Dritte aber, gab sie einer Frau, die ihr das Leben gerettet hatte und dabei ihr eigenes Leben fast verloren hatte. Sie sprach ab und zu von ihr. Ihren Namen hatte ich nie erfahren.

Das warst du also gewesen!

Bitte behalte dein Andenken, es soll dich immer an sie erinnern.“

Jetzt sahen wir uns beide mit einem Lächeln im Gesicht an. „Ich danke dir, dass du meinen Schatz damals gerettet hast.“ Mit diesen Worten umarmte mich Ekaterina Romannova und wir küssten uns vorsichtig. In unserer beider Gesichter stand eine Träne.
Noch ehe wir weitererzählen konnten, störte uns von vorne Peter, indem er das Licht anmachte.

„Das dürfte ja der absolute Rekord sein.“ Kam es von vorne aus dem Fahrzeug und Peter grinste mit einem breiten Lächeln.

„Das waren keine drei Minuten und schon hast du so eine Supermaus im Arm, irgendwas muss ich falsch machen.“ Dabei lachte Peter und ich musste auch lachen. Ekaterina schaute uns fragend an.

„Tja Schatz, ich suche mir nicht zwingend eine Geliebte fürs Bett, wir beide haben gerade eben nur erfahren, dass uns etwas Gemeinsames verbindet, eine Erinnerung an eine sehr gute Freundin, die leider nicht mehr unter uns ist. Der Stecher hat sie uns genommen.“

Peter sah die Tränen in unseren Augen. Er löschte das Licht wieder und sagte mit Inbrunst „Stecher, wir kriegen dich und diesmal gibt es keine Wiederkehr!“

**

Auf dem Landsitz

Auf dem Landsitz des Finanziers herrschte das Chaos. Eine Streife hatte Maike in Begleitung des Jugendamtes vorbeigebracht. Zwei Anwälte des Finanziers versuchten mit allen Winkelzügen das Schlimmste zu vermeiden und eine Anzeige abzuwenden. Am Schreibtisch saß Dr. Berberich und war im Gesicht knallrot angelaufen. Vor ihm saß Maike seine Tochter und an ihrer Seite standen zwei neue Haushälterinnen, Marke Strafvollzug, die eindeutig härteren Umgang gewöhnt waren.

Adelheid Berberich betrat das Zimmer, in Begleitung ihrer Anwälte. „Die haben mir meine Berufung zum Dekan genommen, einfach so aberkannt, aus gewichtigen Gründen!“ Schrie sie ihre Tochter an. „Du kannst dir sicherlich denken, wem ich das zu verdanken habe!“ Maike würdigte ihre Mutter mit keinem Blick.

Berberich stand auf und ging auf seine Tochter zu, die mit einer Unschuldsmiene auf ihrem Stuhl saß und ihn frech angrinste. „Papa, bevor du etwas sagst, solltest du etwas wissen, das war der geilste Fick, den ich jemals …“

„SCHWEIG!“

Brüllte Berberich auf einmal seine Tochter an und starrte in ihr Gesicht. Sie war sofort still und zuckte zurück. Plötzlich herrschte Ruhe im ganzen Raum. Dann sprach er mit normaler Stimme und total gefasst weiter.

„Du wolltest dich wie eine Erwachsene verhalten? Nun gut! Dann werde ich dich genauso behandeln.
Die beiden Sicherheitsleute, die dich begleitet hatten, wurden bereits bestraft, die kommen nie wieder zu mir auf das Gelände, nie mehr, wenn du verstehst.“
Die beiden Polizeibeamten sahen sich kurz fragend an. Der Truppführer schüttelte fast unmerklich den Kopf.

„Du aber meine kleine Tochter, du bekommst nun die Gelegenheit, ein ganz spezielles Internat zu besuchen. Dort wirst du eine sehr gute, sündhaft teure und außergewöhnliche Ausbildung erleben dürfen, die dich sicherlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringt. Badesachen wirst du dort allerdings sicherlich keine brauchen. Das Internat liegt auf 1400 Meter.

Freu dich schon einmal auf Kathmandu.“

„Aber Papa, Daaaaad, Bitte? Nicht Kathmandu, das ist am Arsch der Welt!“ Begann Maike auf einmal weinerlich.

„Nein. Diesmal gibt es kein Pardon! Das war eindeutig zu viel! Diese Ausdrücke werden die dir dort auch abgewöhnen, das kannst du mir glauben.
Meine Damen, bitte begleiten sie meine Tochter auf ihr Zimmer. Alle Gegenstände auf dieser List hat sie einzupacken. Diese und nur diese wird sie mitnehmen. Sie überwachen das. Kein Handy, kein Notebook, nichts Elektronisches. Dort hat sie eh kein Netz. Der Koffersatz steht bereit.

Und nun geht.

Maike, ich komme dich am Ende des ersten Ausbildungsabschnitts besuchen, das ist im August. August kommendes Jahr! Gute Reise!“

Eine der stämmigen Damen nahm die Liste von Dr. Berberich, die Liste war maschinengeschrieben und gerade eine DIN A4 Seite fassend. Die Dame nickte kurz, fast militärisch streng und ging mit ihrer Kollegin und der laut weinenden Maike zur Tür hinaus.

Der am Rande stehende Herr vom Jugendamt, ein alter Mann, nickte nur verstehend und seine Gesichtszüge hatten ein leichtes Lächeln angenommen, als er Berberich zunickte.

Mit Blick zu den beiden Polizeibeamten sagte Berberich, nun wieder deutlich gefasster: „Danke meine Herren für die Begleitung meiner Tochter. Seien Sie versichert, dass dies ein einmaliger Vorfall war. Das andere regele ich mit dem Polizeipräsidenten persönlich. Sie können jetzt gehen. Nochmals besten Dank.“

Berberichs Anwälte regelten noch das schriftliche und nachdem die Polizeibeamten und der Herr vom Jugendamt gegangen waren, konnte Dr. Berberich seine junge Frau endlich in seine Arme nehmen.

„Schatz, jetzt erzähl mal, wer will dir das Dekanat nehmen?“

**

Im Hobbykeller des Anwesens

Im Keller des Anwesens hingen die zwei Sicherheitsleute. An den Füßen gefesselt und hochgezogen, hingen sie einen halben Meter vom Boden weg wie zwei Hasen, die auf ihre Schlachtung warteten. Ihre Hände waren auf den Rücken gebunden und beide trugen sie einen Knebel, der ihnen das Schreien unmöglich machte.

Vor ihnen, an einem kleinen hölzernen Tisch saß Theobald, der Stecher, Vogel und schliff ein dünnes, langes Finnenmesser auf einem edlen, feinen Sandstein extrem scharf.

„Na dann wollen wir einmal. Wer von euch beiden hat denn die kleine Schlampe durchgevögelt? Warst du derjenige?“

Der linke Hängende versuchte, mit seinem ganzen Körper, eine Verneinung hinzubekommen.

„Aha du warst das also nicht, demnach warst du es also der das Vergnügen mit der Kleinen hatte!“

Gebannt starrte Gunther auf den Mann mit dem Finn Messer, wie er lächelnd auf ihn zukam.

„Der Herr Papa ist so richtig sauer. Er fordert von dir, du toller Hengst, deine Eier, deinen Schwanz und als Abschluss noch dein Herz. Das alles werde ich auf diesem Serviertablett bereitlegen.“

Gunther zitterte am ganzen Körper und sicherlich nicht nur, weil es hier im Keller recht kühl war.

„Du aber mein kleiner Bewacher, du hast Glück gehabt. Du hast die kleine Schlampe nicht berührt.“

Der kleine Bewacher atmete auf, doch das war deutlich zu früh.

„Du hast die kleine Schlampe zwar nicht berührt, aber du hattest kein Herz deinen Kumpel am Geschehen zu hindern. Folglich brauchst du dein Herz auch nicht mehr. Das kommt auf das zweite Tablett.“

Damit ging Theobald, der Stecher, Vogel langsam auf den zitternden Mann zu.

**

Eine Woche später

Die Presse hatte sich beruhigt und ein anderes Opfer gefunden, das man besser ausweiden konnte und die unglaublichsten Geschichten schreiben konnte. Ein 73-jähriger Autofahrer war in der Fußgängerzone in eine Menschenmenge gefahren und hatte ein Unglück verursacht. Die Gemüter kochten über und der Fall Berberich war Stoff von gestern.

Bei den Berberichs war etwas Ruhe eingekehrt. Dr. Magnus Berberich hatte sein missratenes Töchterlein in ein Erziehungsheim in die Hochebene um Kathmandu geschickt, um sich seiner geliebten jungen Frau zu widmen.

Adelheid Berberich war der Verzweiflung nahe. Man hatte sie heute vorübergehend suspendiert und nannte das beurlaubt. Ihre Karriere an der hiesigen Universität schien mehr als gefährdet.

Ihre einzige Tochter hatte sich als durchtriebenes kleines Luder entpuppt, das sich einen feuchten Dreck um ihr Elternhaus kümmerte.

Durch geschickte Manipulation der Videosysteme in der örtlichen Szenendisco hatte es Viktor Kubaliborow geschafft, dass ein Video existierte, indem die durchtriebene Maike ihr Debüt als Pornostar gab. Natürlich lief das Video auf der Großleinwand der Disco und selbstverständlich im Beisein der Presse in Farbe und in Echtzeit.

Die Karriere der Frau Mama als Dekan an der Universität war damit hinfällig. Die geplante Ernennung wurde gestrichen, stattdessen wurde ein farbloser alter Professor auf den Stuhl des Dekans gesetzt.

Für Adelheid Berberich war das schon der größte anzunehmende Unfall, aber dann wurde heute in der Hochschule noch eins draufgesetzt, als der freigewordene Spind des jungen Pornostars geöffnet wurde und neben anzüglichem Bildmaterial, eine Tüte Cannabis, die Notenbücher und eine Passwortliste der Lehrkräfte sichergestellt wurden.

Auch wenn man es nicht beweisen konnte, wurden diese Beweise nicht Maike dem jungen Pornostar, sondern ihrer Frau Mama angelastet. Schließlich war sie ja für eine Woche an diese Unterlagen gekommen.

Natürlich wurde sofort eine Untersuchung eingeleitet, aber für die Dauer der Untersuchung wurde Adelheid Berberich beurlaubt. Damit zerbrach in ihr eine Welt. Zu Hause bei ihrem Mann war das dann alles Zuviel und Adelheid Berberich erlitt einen Schwächeanfall.

**

Westflügel Hotel Waldorf Astoria

Viktor Kubaliborow saß zusammen mit Robert Mallore, dem Sicherheitschef des Hotels Waldorf Astoria in dem kleinen, eigens hergerichteten TV Studio und sie betrachteten Monika Mayer, wie sie am Rechner Hintergrundbilder dem eben gedrehten Video hinzufügte.
Dazwischen schnitt die Frau Life Aufnahmen, die direkt aus Alofi stammten.
Auf diesen Aufnahmen sah man, wie ein Kamerateam in einem Land Rover, an dem starke Scheinwerfer montiert waren, durch scheinbar endlose Gänge fuhr. An beiden Seiten der Gänge türmten sich Regale, die meterhoch mit Behältern und Fässern vollgestellt waren. Hin und wieder hielt das Team an und machte von einigen Fässern Nahaufnahmen. Diese zeigten die Herstellercodierung und die Inhaltsstoffe an.

„Diese Fässer stammen aus …“ Las die Reporterin vor und dann folgten die Herkunftsländer und der Inhalt der Fässer, sofern dies ersichtlich war.

Hier war quer bunt alles gestapelt, was eigentlich in Sonderdeponien lagern müsste. Dazwischen fanden sich immer wieder Fässer in stark angerostetem Zustand, an denen man nicht mehr erkennen konnte, was darin gelagert wurde. Lediglich einige alte Gefahrenaufkleber ließen erahnen, dass der Inhalt toxisch war.

Die Fahrt ging weiter und das Fahrzeug fuhr zurück, auf den zentralen Versorgungsweg. Hier machte die Kamera einen Schwenk und zeigte einen Übersichtsplan, der an der Wand hing.

Auf diesem Plan konnte der Zuschauer erstmal erkennen, welche unglaubliche Ausmaße diese Anlage hatte.
Hufeisenförmig war die Versorgungsstraße angeordnet und an beiden Seiten befanden sich fischgrätengleich jeweils 20 weitere Seitentunnel, wie jener, aus dem sie eben gefahren kamen. Und in jedem dieser Seitentunnel befanden sich je rechts und links die eigentlichen Lager.

Die Anlage war riesig, doch da fuhr die Kamera an die seitliche Legende des Übersichtsplanes und dort stand zu lesen „Ebene 12“.
„Werte Zuschauer, wir befinden uns hier in der Ebene 12 dieser gigantischen Einrichtung. Dieses riesige Gebilde ist lediglich eines von 12 weiteren. Ein Spezialteam brauchte Monate, um die Anlage im Ganzen zu erfassen und um die nötige Inventur durchzuführen. Uns liegt inzwischen die Bestandsliste vor, diese umfasst über 1200 Seiten. Ich zeige ihnen lediglich einen kurzen Einblick.“
Auf der ersten Seite, die gezeigt wurde, sah man die Länderauflistung und daneben die Anzahl der Fässer, die diesem Land zugeordnet wurden. Deutschland lag in der Auflistung auf Platz vier.
Die nächste Seite zeigte eine beliebige Innenseite. Dort standen in Tabellen die Fassinhalte aufgelistet. Daneben fanden sich Erläuterungen zu der Gefährlichkeit der Stoffe.
„Wie sie sehen, ist das alles eine einzige, gigantische Giftlagerstätte. Wenn sie aber dachten, das sei das Gefährlichste, so muss ich sie enttäuschen. Wir erhalten nachher eine Strahlenschutzkleidung und fahren dann in einen der oberen Stollen. Bleiben sie dran.“

Viktor Kubaliborow nickte leicht und Robert Mallore war bleich geworden. „Das ist alles echt und nicht gefaked oder eine billige Animation?“ Fragte er Viktor.

Das ist alles echt. Diese Bilder stammen von dort, wir sind dabei den Boss des ganzen zu stellen und diesem Treiben ein Ende zu bereiten.“

Oleg Popow kam in Begleitung von Daria Konstantina dazu und sie begrüßten sich kurz.

„Hallo Monika, die Aufnahmen aus dem atomaren Lager findest du auf diesem Pfad auf dem Server.“

Monika Mayer lud die Aufnahmen in den Flash Speicher des Videorechners und sah sich die erste Aufzeichnung an.

Die Filmaufnahmen

Die Reporterin hatte die Kleidung und den Gesichtsschutz gewechselt. Nun trug sie einen Strahlenschutzanzug mit einem gläsernen Helm. Jetzt war auch erstmals zu erkennen, wer diese Reporterin war.

Fransiska Haufberger interviewte einen Mann im Schutzanzug. Sein Gesicht war unkenntlich gemacht worden.

„Wo befinden wir uns jetzt gerade und was sehen wir hier?“

Übersichtsplan eines Lagers Deponie 12

Der Mann zeigte auf einen Übersichtsplan und markierte mit einem Laserpointer die aktuelle Ebene. „Wie sie sehen können, ist das hier die Ebene 4. Sie besteht wie alle Ebenen aus 15 Abteilungen mit jeweils 40 Lagergängen, von denen jeder Gang 120 Meter lang ist und an beiden Seiten Regale enthält, in denen die Fässer und Kisten gelagert werden.

Lagerplan der Deponie 12 auf Alofi

Das macht über 600 Lagergänge alleine auf dieser einen Ebene und bei 12 Ebenen sind das dann 7.200 Lagergänge. Wie sie unschwer erkennen können, ist diese Lagerstätte riesig.

Bitte folgen sie mir jetzt, sie tragen ja die Schutzanzüge. Es kann sein, dass die Verständigung gleich etwas schlechter wird. Sie erhalten gleich ihre Atemgeräte angeschlossen.

Im nächsten Schnitt sah man die Reporterin, wie sie in Begleitung eine der Abteilungen betrat und in den zweiten Lagergang eintrat. Einer der Begleiter trug ein Strahlenmessgerät, das bisher nur ab und ein leises Tackern von sich gegeben hatte.
Nachdem sie zwei Schleusen durchquert hatten, war aus dem gelegentlichen Tackern ein schnelleres Tackern geworden, das aber von dem Strahlenschutztechniker immer noch als harmlos eingegrenzt wurde.

In den seitlichen Fässern befand sich kontaminierter Sondermüll aus Krankenhäusern und anderen Einrichtungen, wo diese Abfallstoffe auftraten und im Normalfall endgelagert wurden.

„Sie sehen das hier sind die harmlosen Lagerungen, lassen sie uns nun einen Blick in einen der anderen Lagergänge werfen. Wir bleiben nicht lange und bisher ist auch noch nichts Schlimmes geschehen, das hier, was sie bisher an Strahlung aufgenommen haben entspricht der Menge, die sie in einem Flug von Hamburg nach München aufnehmen, die Menge ist zu vernachlässigen.“

Beim Betreten der nächsten Lagerstätte fiel auf, dass dort viel weniger Fässer lagerten. Stattdessen befanden sich hier gepanzerte Castorbehältnisse, die in der Regel noch in einen Mantel gesteckt wurden, ehe man sie transportierte.

Das Strahlenmessgerät tickerte hier bereits deutlich schneller als vorher und die Reporterin schaute ihren Begleiter fragend an.
„Nein, das ist alles noch harmlos, 50 Kilometer um Tschernobyl haben sie eine stärkere Belastung. Wir gehen aber nicht mehr weit, ich möchte ihnen nur zwei Behälter zeigen.“

Kurz danach standen sie vor zwei sauberen, neu wirkenden Behältern mit einer Metall Plakette an der Stirnseite. Die blaue Farbe der Behälter gab sie als 150 Tonnen CASTOR aus. Die Plakette war in den Behälter gefräst und konnte daher nicht getauscht werden.

„Bitte merken sie sich die Seriennummern genau, das wird nachher noch wichtig.“

Die Kamera zeichnete die genauen Beschreibungen der Plakette auf. „Gut, das war dieser Behälter jetzt noch diesen und dann nichts wie raus hier.“

Nachdem auch der zweite Behälter erfasst war verließen sie diesen Bereich und die schwere Schutztür schloss sich. Sofort wurde das hektische Tickern wieder zu einem unregelmäßigen Tickern.

Fransiska Haufberger bedankte sich bei seinem Begleiter und im nächsten Schnitt stand sie wieder vor der Kamera, diesmal aber wieder ohne Schutzbekleidung.

„Wie sie, meine verehrten Zuschauer, sehen konnten, befinden sich in diesen Lagergängen Castorbehälter. Die Werknummern werden uns aufzeigen, um welche Behälter es sich handelt. Da jeder CASTOR eine einmalige ID erhält, ist es nicht möglich, diese zu fälschen. Allerdings könnte man solch einen Behälter in einen anderen Behälter setzen, der dann öffentlich wirksam transportiert wird, während das Original Behältnis mit dem Atommüll sich hier befindet. Lassen sie uns also sehen, um welche CASTOR Behältnisse es sich da handelt.“

Fransiska Haufberger ließ die beiden Werknummern vergleichen und die Kamera zeigte, dass die beiden Werknummern in den Lagerstätten zu einer Frühjahrlieferung gehörten, die eigentlich in Deutschland stehen müssten.

Die Werknummern konnten sogar einem Transport zugeordnet werden, der angeblich aus acht Behältern bestand. Diese sollten über die Bahn und Schifftransport aus einem Atomkraftwerk in eines der deutschen Atomlager verbracht werden. Das Ganze war damals mit Polizei Eskorten und viel Aufmerksamkeit erfolgt.

„Ich denke dies reicht aus, um eine genaue Untersuchung einzuleiten. Wir werden eine Kopie des Ordners dem Bundesamt vorlegen, dann können die handeln.“

Die Aufzeichnungen liefen aus und Viktor Kubaliborow sah zu Oleg Popow und Robert Mallore.
„Nun gilt es zu beweisen, dass der Finanzier, also Dr. Magnus Berberich hinter all dem steckt.“

Mallore nickte Kubaliborow zu. „Wir hatten hier vor einigen Jahren einen ähnlich großen Fall, da hatte das Ermitteln und Berechnen der Gelder, und der Laufwege des Geldes über zwei Jahre gedauert.“

„So viel Zeit bleibt uns nicht. Berberich hat bereits in der Vergangenheit Mitwisser beseitigen lassen und er ging dabei absolut rücksichtslos vor. Wir müssen daher mehrgleisig fahren. Aber erst der Film. Wenn ihr fertig seid stellt ihn auf meinen Server, ich komme dann wieder für die nächste Aktion.“

**

Im Konferenzraum

Viktor Kubaliborow schaute in die Runde. Er lächelte, denn seit langem war die Runde mit den Personen besetzt, auf die er länger gewartet hatte.

Anwesend waren Oleg Popow, Daria Konstantina, Mira & Kira Jemeljanenko, Fjodor Kaputnikow, Ekaterina Romannova, Daylo und Kyrylo Katalinow, Egon Terschanobilia und Samuel Balsac aus dem Team um Viktor.
Außerdem Maja und Boris Marunja, Hella Gardner und Fransiska Haufberger sowie wir drei, also Clair Clament, Peter Stein und ich selbst.

Über Satellit zugeschaltet waren aus dem Rechenzentrum auf Soulebda Ralf Hauer und Niri’tana Enatil.

Aus Mainstadt waren zugeschaltet Dana Stern und Randy Kaufmann.

Viktor Kubaliborow hatte den Film zeigen lassen. „Ich sagte es vorhin zu meinen Freunden bereits. Nun gilt es zu beweisen, dass der Finanzier, also Dr. Magnus Berberich hinter all dem steckt. Das gelingt nur, wenn wir den Fluss des Geldes beweisen können. Vorher aber muss der Finanzier abgelenkt und beschäftigt werden, damit er keine Zeit erhält sich auf uns vorzubereiten.

Wo stehen wir da bisher Oleg?“

Oleg Popow der Stratege berichtete.

„Wir haben bereits folgenden Stand erreicht:
1. Das Töchterlein des Finanziers wird die Unruhen einleiten. Ein Mann aus Viktors Truppe hat sich ihr angenommen, der sie mit Verführungen soweit bringt, dass sie gegen ihren Vater vorgehen wird.

2. Die Frau des Finanziers ist stark angeschlagen und droht zu kollabieren. Durch geschickte Manipulation an den Medikamenten wird Frau Berberich weiter anfällig werden und bettlägerig bleiben.
3. Die Gelder des Finanziers sind entweder noch gesperrt oder bereits „verschwunden“. Bestenfalls wurden zweifelhafte Aktien gekauft und Unsummen an Geldern dafür aufgewendet.

4. Der Stecher konnte keine Erfolge bei der Beseitigung der wichtigsten Zeugen aufweisen.“

Sowohl Clair, als auch Peter und ich lebten noch und konnten jederzeit als Zeugen aussagen.

Viktor fuhr weiter fort. „Sehr gut. Das war der Stand bis gestern.
Nun legen wir einen Zahn zu. Wir haben dafür gesorgt, dass das Töchterlein in Kathmandu Unruhe stiften kann und wird. Das wird wieder durch die Medien laufen.

Gleichzeitig ist Adelheid Berberich auf ihrem Anwesen schwer angeschlagen. Ihr Schwächeanfall durch die Vorfälle der letzten Tage und Wochen haben ihr schwer zu schaffen gemacht. Den Rest besorgte eine von Madame Ma’Difgtma Zaubertränken. Sie versprach uns, dass Berberichs Frau in den Wahn getrieben wird. Ein Heilmittel steht allerdings bereit, falls die Sache schneller abgeschlossen würde.“

Gleichzeitig wird bei dem Finanzier eine unangekündigte Finanzprüfung durchgeführt. Das wird ihn am Pendeln halten zwischen seinem Geschäft und dem Landsitz. In der Zeit müsste er sich aber um seine Gelder kümmern. Das werden wir ihm gründlich versalzen.

Am wichtigsten ist jetzt aber den Geldfluss aufzudecken. Hierzu bedanke ich mich außerordentlich bei Clair Clament für die Daten aus französischer Seite. Wie weit ist das Programm mit den Berechnungen?“

Ralf Hauer und Niri’tana Enatil zeigten einige Grafiken und am Ende stand fest, dass das Programm in den nächsten 2 Stunden fertig würde.

„Das Ergebnis liefern wir dann nach Mainstadt, wo es von Dana Stern und Randy Kaufmann aufgearbeitet und vorzeigbar gemacht wird.“

Randy begann. „Dafür rechnen wir nochmals mit 2 Stunden. Spätestens dann stehen wir mit belastbaren Zahlenmaterial da und können die Presse loslassen.“

Viktor nickte stumm. „Also gut,“ sagte er dann „lasst uns losschlagen.“

**

Kathmandu

Im Hotel Kathmandu View saß Maike Berberich auf dem Schoß eines stattlichen Mannes und ritt einen wilden Galopp. Schließlich legte sie sich erschöpft neben ihren Begleiter und lächelte ihn an.
„Und das Konto hast du komplett abgezweigt, ich meine komplett?“

„Ja, mit allem, was darauf war. Das waren 128 Millionen Euro, die ich da gesichert hatte und die fehlen deinem werten Herrn Papa nun. Ich verstehe nicht, wie unsicher das Passwort war. Das hätte ich früher in einer Stunde mit dem Taschenrechner geknackt.“

„Du bist mein Held Jannick, wie gut, dass ich dich hier gefunden habe.“
„Na eigentlich habe ich dich gefunden, ich habe dein Video gesehen und wollte mal sehen, naja ich wollte herausfinden, ob du wirklich so gut bist, wie auf dem Video.“

„Na und wie lautet dein fachmännisches Ergebnis?“
„Du bist besser, eine so scharfe Braut hatte ich noch nie.“

„Super und über das Geld können wir jetzt verfügen? Ich meine, ich muss mich doch bei meinem Dad bedanken, dass er mich hier in dieses Loch gesteckt hat. Kathmandu, wer will schon auf das Dach der Welt.“

„Oh ja, wir können darüber verfügen und du wirst sicherlich etwas Passendes finden.“
„Oh ja, ich weiß, wo er seinen Notgroschen versteckt hat. Na, sagen wir, Notgroschen trifft es nicht so richtig.“

„Du meinst, es ist deutlich mehr?“

„Damit könntest du den Haushalt eines afrikanischen Staates sanieren, würde ich einfach mal so annehmen. Ich habe das Versteck nur durch Zufall gefunden, als er mit meiner Mutter etwas unternahm.“

**

Kommissar Zufall

In Mainstadt saßen Randy und Dana zusammen mit ein paar Freunden aus alten Tagen zusammen und tranken zu ihrem gegrillten Fisch kühlende Getränke.

Nach einer Weile erzählten die Freunde, was sie in den letzten Jahren erlebt hatten und was sie alles stemmen mussten. Dabei war eine Geschichte dabei, die machte Dana und Randy neugierig.

Klaus Wagenscheidt, ein junger Ingenieur aus Bayern, erzählte, wie er die Erbschaft seines Onkels sichten wollte und dabei an seine Grenzen gestoßen war. Sein Onkel war bei einer Großbank beschäftigt und er hatte die Angewohnheit, Dinge aufzuheben.
Dabei verschlüsselte er jene Dinge, die nicht ganz legal waren und legte sie in einem Verzeichnis ab. Jedoch war nicht das Verschlüsselte von Interesse für Dana und Randy, sondern der Ort, über den der Onkel Daten gesammelt hatte. Eine kleine Insel im südlichen Pazifik mit dem harmlosen Namen Alofi.

Nach einigen Drinks erklärte Dana Klaus Wagenscheidt, dass sie gerne versuchen würde diese Verschlüsselung zu knacken, rein als Hobby und ohne irgendwelche Zusagen.

Klaus sagte zu und brachte am darauffolgenden Wochenende das sogenannte Verzeichnis. Dabei handelte es sich um einen CD-ROM Speicherturm bestehend aus acht CD-Laufwerken, in denen diese CDs eingelegt waren und einem Satz weiterer Datenträger, zusammen waren das gut 75 Stück.

Wann immer Dana und Randy eine freie Minute hatten, verbrachten sie diese mit der Entschlüsselung der Datenträger und nach wenigen Tagen waren sie am Ziel, die Daten waren jetzt klar lesbar verfügbar.

Rasch kopierte Randy all diese CDs auf eine starke, schnelle Festplatte und hing diese dann an seinen Rechner für einen Quercheck.

Dabei stießen sie auf pures Gold!

Der Onkel hatte alle Überweisungen und jeglichen Transfer gespeichert und dazu die Quellen und Zielangaben mit abgelegt. Somit waren zum ersten Mal jene Politiker und Industriebosse mit Namen genannt, die über den Onkel schwarze Geschäfte gemacht hatten und was dort alles gezahlt wurde.

Nun hatten sie das fehlende Mittelstück in der Beweiskette und konnten die europäischen Kontobewegungen nachvollziehen. Zusammen mit den Daten, die man auf Alofi fand und den restlichen anderen Daten, die mittlerweile zusammengetragen wurden, war endlich klar, was damals gelaufen war.
Die Nachricht schlug bei Viktor Kubaliborow ein wie eine Bombe. Er verständigte umgehend seine Freunde auf Soulebda und natürlich auch General Lem in Israel.

In einer Videokonferenz stellten Dana und Randy die Verknüpfungen und Verflechtungen dar. Der Onkel hatte alles fein säuberlich aufgeschrieben und somit waren endlich die Namen offen und auch die Zahlungen dazu.

„Wisst ihr, was ihr da in euren Nerd Fingern haltet?“ Hatte Lem die beiden gefragt. „Das ist der Sprengstoff dieser Dekade, damit können wir Köpfe dingfest machen, sofern sie noch leben.“

Bei dem anschließenden Quervergleich stellte sich schnell heraus, dass gut die Hälfte der Menschen nicht mehr lebte. Unfälle, Krankheiten und ungelöste Vorfälle hatte die Anzahl arg dezimiert. Aber dank der Daten des Onkels gab es ja noch Namen vor und nach den Verstorbenen.

Zusammen mit den anderen Daten, die bereits vorlagen wurden diese in einer neuen Datenbank eingelesen und eine clevere Routine sortierte nun jene Datensätze heraus, die vollends nachvollziehbar waren.

So war der Plan.

„Wie lange braucht ihr für den Durchlauf?“ Wollte Viktor und Lem wissen.

„Das sollte in gut drei Tagen durch sein, es ist selbst für einen Rechner kompliziert.“

„Und was ist …“ Fragte Dagan „was ist, wenn ihr den Rechner hier auf Soulebda nutzen könnt?“

„Ja dann wäre das in Stunden durch, vermute ich.“ Überschlug Randy.

Ralf Hauer hatte daraufhin zusammen mit seiner neuen Freundin, Niri’tana Enatil, die Daten über Vorrechner eingelesen und nach gut Achtzehn Stunden begann der Rechner mit der Arbeit.

„Komm Iris, lass mich nicht im Stich …“ Niri’tana Enatil schaute Ralf an und meinte nur neckisch, irgendwann musst du mir einmal erzählen, weshalb diese Cray Iris heißt.“

Keine Neun Stunden später klingelten einige Telefone in Tel Avis, Soulebda, Mainstadt und Berlin Sturm. Iris war fertig und hatte die Ergebnisse.

Die Offenlegung

Es waren wieder alle Beteiligten in den Konferenzräumen versammelt, als Dagan zusammen mit Randy die Ergebnisse präsentierte.

Zeitgleich wurden die Daten über den mit dem Schleitz gesicherten Übertragungsweg verschickt und so hatten alle Beteiligten ihr Exemplar des Namenskataloges vorliegen.

Dagan begann an einem Beispiel.

Einzahlung von: „Friedegund Naumburg,
Atomtechnische Versuchsanstalt in Bad Sülzhofen
12. März 1987 Betrag: 8.750.000 DM
Für die Aufnahme von drei Fässern mit radioaktivem Abfall. Jeweils ein Fass der 250 Liter Klasse.
Empfänger: Wazuba GmbH & Co. KG in Eckernförde
Scheinkonto von: Bulrea GmbH & Co. KG
Scheinkonto von: Stahlfinger, Lochner und Bohrmann KG
Scheinkonto von: Dr. Magnus Berberich Berlin
Dazu Buchungszeichen, Belegnummer von Kassensystemen und vieles mehr.
So gingen sie noch ein gutes Dutzend Buchungen durch. Langsam kamen auch die Zahlen in Euro dazu, sowie in anderen Währungen. Am Ende waren sie auf über 125.000 Kontobewegungen gestoßen, die sich in über acht Jahren angesammelt hatten.

„Das sind niemals alle Kontobewegungen.“ Stellte General Lem fest.
„Stimmt, aber mehr werden wir nicht mehr zusammentragen und verknüpfen können. Ich bin heilfroh, dass wir diese hier überprüfen und als belastbar finden konnten.“ Antwortete Dagan.
„Du weißt, was das bedeutet?“ und Dagan nickte stumm.

„Ja. Der Stecher hat seinerzeit sehr gründlich unter den Wissenden aufgeräumt. Wir haben lediglich das Glück, dass es einen Banker gab, der alles aufgeschrieben hat.“ Erklärte Viktor.

„Nun gut, lasst uns diese Daten von Profis überprüfen. Danach die zweite Gruppe der Finanzprofis, ich will keinen Vorwurf, wenn eine Buchung nicht bewiesen werden kann.“ Legte Dagan fest und alle waren sich einig.

Zwei Tage überprüften Finanzexperten der Freunde diese Angaben auf die Beweisbarkeit und als sicher war, dass diese Beweise alle Tests bestehen würden und belastbar waren, gingen bei den Finanzexperten die Daumen hoch.

Weitere zwei Tage danach prüften andere Experten unter dem Siegel der Verschwiegenheit diese Daten auf Belastbarkeit und auch die gaben ihr Einverständnis.

Erneut trafen sich Dagan, Lem, Viktor und Fransiska Haufberger in einer kleinen Runde.

„Wir haben es geschafft!“ Stellte das Team am Abend in der Runde fest. Viktor Kubaliborow nickte anerkennend.

„Eines ist klar. Diese Beweise reichen aus, um Dr. Berberich mit jeder einzelnen dieser Transaktionen in Verbindung zu bringen.“

„Ja und ich frage mich, welche von jenen setzen wir mit in das sinkende Boot, wenn wir Berberich aufs Meer hinausschicken, damit er absäuft? Da sind aktive Politiker dabei, einige hochrangige Führer aus diversen Ländern.“ Stellte Fransiska fest.

Dagan grummelte „Und alle haben sie Dreck am Stecken, alle von denen auf der Liste hatten kein Problem das Grauen in Form tödlicher Gifte auf einer Südseeinsel zu lassen, solange nur ihr eigenes Nest sauber blieb.“

„Ich bin dafür, dass die auf der Liste alle genannt werden. Das ist länderübergreifend. Wer würde aber dann Anklage erheben?“

Nun war es Fransiska Haufberger, die mit einem Lächeln im Gesicht die Lösung aufzeigte. „Folgendes. Vor einer Woche tagte in New York die UNO, um über die Regeln und Grenzen der globalen Emissionen zu beraten.
Das wurde intern schon von allen Beteiligten „die Staub- und Schattenproklamation“ genannt.“

**

„Soso, die Schattenproklamation“ grinste Lem. „Wer hat denn da zu viel bei Dr. Who gesehen?“ Fransiska grinste kurz über ihr hübsches Gesicht und fuhr mit ihrer Erklärung fort.

„Nach dem vergeblichen Anschlag auf das Lager in Alofi hat König Sewate die UNO eingeladen sich vor Ort ein Bild zu machen, um endlich einmal Klartext reden zu können. Und ihr wollt es nicht glauben, aber dieser Einladung ist man gestern Nacht nachgekommen. Der UN Generalsekretär hat mit König Sewate telefoniert und die beiden haben den Besuch dingfest gemacht.“
„Oh und das bedeutet, dass die ganze UNO nach Alofi fliegt oder wie“?
„Nein, das geht natürlich nicht, aber man hat im Rat der Staaten abgestimmt und schickt eine Kommission aus 40 Vertretern der Nationen.“

Viktor grübelte kurz und überlegte. „40 Vertreter, dazu die Sekretäre und -innen, Begleittross und die ganze Logistik, wir reden da von über 180 bis 210 Menschen, wo sollen die hin?“

Jetzt begann Fransiska zu lächeln. „Seht ihr und nun kommt etwas, mit dem haben die Leute nicht gerechnet. Die Golden Princess, eines der letzten Schiffe aus der Princess Reihe ist vor drei Tagen von den Fidschi-Inseln aus gen Norden gestartet. Ursprünglich sollte sie nach Hawaii, aber da hat die Reederei etwas getauscht und jetzt ist das Schiff unterwegs nach Futuna und König Sewate freut sich schon.“

Im Konferenzraum schauten sich jetzt einige der Leute an, sei es auch nur über die Zuschaltung.
„Das ist ja klasse, da brauchen wir ja nicht einmal Bewachungstruppen und Soldaten zu schicken, die sind ja noch dort unten vor Ort.“

„Genau und die Unterbringung ist geregelt für die Versorgung wird gerade alles unternommen, Soulebda schickt eine ihrer Fregatten und die Uboot Besatzung des Todesschatten wurde eh gerade ausgetauscht, die sind also eh vor Soulebda.“

Lem saß an seinem Schreibtisch und runzelte die Stirn. „Nun gut, aber da werden sich die Schergen vom Stecher und sicherlich auch er selbst herumtreiben und vor Ort dann noch alles zu klären. Wie ich den Stecher kenne, lässt der sich von 40 Mann UNO Diplomaten nicht aufhalten, der macht die zur Not alle nieder.“

Dagan sah zu Viktor und General Lem und fing dann mit seinem Plan an.
„Also, ich denke der Stecher kommt sicherlich mit allem, was er noch hat. Ob der Financier kommt, halte ich für fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Das bedeutet, wir brauchen unsere besten Leute vor Ort. Da die UNO Fragen haben wird, müssen wir Clair, genauso wie Caroline und Peter mit dabeihaben. Gerade die können einige der wichtigsten Fragen beantworten und sie können sich verteidigen. Und ich bitte euch, schickt mir die Besten vorbei. Auf diesen Inseln wird sich das alles entscheiden. Dort ist High Noon und nirgendwo anders.“

Lem nickte Dagan zu „Ja mein Freund, ich schicke dir meine Besten.“ Damit wurde Lems Bildschirm dunkel.

Viktor sah zu Dagan und nickte ihm zu. „Ich bringe von hier aus alle mit, die ich für wichtig halte, wie ist das mit den beiden Computer Assen, brauchst du sie bei euch da unten, oder können die hier mehr ausrichten?“

„Randy und seine Dana, die würden sicherlich gerne wieder in der Südsee sein. Ja, bring die beiden auch mit.“

„Gut, den Rest der Leute bringe ich mit und ich denke, Frank und Decker haben auch noch eine Rechnung offen.“

„Bist du des Teufels, Frank soll sich auskurieren!“

„Nein, ich bringe ihn mit. Der hüpft hier bereits umher wie ein junger Gott. Die Heilung auf Soulebda war mehr als vorbildlich und du glaubst doch nicht im Ernst, dass Decker hierbleibt, oder?“

„Nein, aber …“
„Siehst du und wo Decker hingeht, dort findest du auch Frank.“

„OK überzeugt. Ich rede mit der Regentin wegen eines Fliegers.“

**

Ein paar Tage später auf dem Landsitz des Finanziers.

„Doktor Berberich, einen Moment bitte, es ist wichtig, das hier kam gerade über den gesicherten Kanal!“ Einer der Angestellten von Berberich brachte ihm eine Mail.
Seit seine Frau zusammengebrochen war, hatte Berberich sein Büro und Arbeitsplatz auf seinen Landsitz verlegt und mehrere seiner Angestellten mitgenommen.

Die Absicherung an der einzigen Zufahrt war in die zuverlässigen Hände einer privaten Sicherheitstruppe gelegt worden und selbst der Stecher musste sich jedes Mal ausweisen, wenn er Zugang wollte.

Jetzt stand Dr. Berberich im Flur vor der Küche und las die Mail durch. Aus der Küche trat der Stecher Vogel mit einer Tasse dampfenden Kaffee heraus und schaute Dr. Berberich an.

„Die UNO hat eine Einladung von König Sewate erhalten und der Generalsekretär hat zugesagt mit kleiner Mannschaft zu kommen und sich vor Ort ein Bild zu machen!“

Der Stecher schluckte kurz und schaute Berberich fragend an.

„Man hat offenbar Belege und Beweise. Angeblich kennt man sogar den Auftraggeber!! Wie ich das Wort MAN hasse.“

Der Stecher trank seinen dampfenden Kaffee in einem Zug aus und stellte die Tasse auf einen Tisch. „Ich packe und fliege sofort los. Was haben sie noch im Zugriff, wer lebt noch von unseren Leuten?“
Der Finanzier gab ihm einen kleinen Zettel, auf dem standen gerade einmal 12 Namen.
„Mehr sind es nicht. In vier Stunden geht ihr Flug nach Soulebda.“

„Gut, und Stecher, sie wissen, was geschieht, wenn dieser Stunt schiefgeht?“ Dabei blickte Dr. Berberich den Stecher schräg an.

Der Stecher nickte und rannte in sein Zimmer.

„So eine verdammte Kacke!“ Fluchte er und verschwand im Zimmer.

**

Marion Perlich saß in der Flugzeugtoilette und Helge, der Flugbegleiter mit den schmalen Händen, verwöhnte Marion gerade so richtig nach Strich und Faden. Gerade als sie gekommen war und ihre Fingernägel in der Rückenmuskulatur von Helge vergraben hatte, summte ihr Handy.

„Ja, Helge, das war gut und jetzt raus, die Arbeit ruft.“ Helge schaute etwas zerknirscht, aber verließ die Toilette, nachdem er sich schnell wieder ansehnlich hergerichtet hatte.
Marion Perlich rief die Nummer zurück, die eben versucht hatte sie zu kontaktieren, diese Nummer kannte sie sehr gut, es war die Nummer des Stechers.

„Ich bin es. Erzähl, was liegt an.“ Seufzte Marion Perlich und hörte genau zu.

„Gut wir landen in einer halben Stunde, dann nehme ich die nächste Maschine, ich bin gerade über Montreal, ich nehme den nächsten Flug über den Nordpol. Bye.“

Während sie sich ihren feuchten Schlüpfer wieder anzog, murmelte sie verächtlich „verdammter Stecher, immer wenn’s mal Spaß macht, nervt der mich mit Arbeit.“

Schon saß sie auf der schmalen Keramik und buchte online den nächsten Flug von Montreal (YUL) nach Soulebda (SUL).

**

Soulebda international Airport (SUL)

Am Soulebda international Airport setzte die Maschine aus Deutschland auf der Landebahn 27 auf. Ich war mit Clair, Peter und unseren Leuten gelandet. Endlich wieder „daheim“ war das erfrischende Gefühl, das mich durchlief. Wir blieben aber nur für einen Tag auf Soulebda, dann starteten wir in einer kleineren Maschine nach Futuna.

**

Futuna

Seit meinem letzten Besuch auf Futuna hatte sich hier einiges getan. König Sewate hatte dafür gesorgt, dass der kleine Flughafen bei Vele, im Süden der herrlichen Insel ausgebaut wurde. Jetzt war das ein richtiger, moderner, wenn auch immer noch kleiner Flughafen.
Zwar immer noch nur mit einer lokalen Kennung, aber es konnten nun auch größere Turboprop Maschinen landen, ohne Angst haben zu müssen, dass einem die Landebahn ausgeht.

Bei alledem war es gelungen, den herrlichen Flair der Insel zu erhalten. Am neu errichteten Terminal wurden wir vom Zoll begrüßt und Peter begrüßte den Mann am Schalter ausgiebig. Ich staunte noch über das neue Terminal, es war sehr viel geschehen in der letzten Zeit.

Peter begrüßte den Zollbeamten wie einen alten Freund, die beiden kannten sich noch vom letzten Einsatz, als hier auf Futuna noch gekämpft wurde.

Clair kam zu mir und zeigte auf einen der herrlichen Papageien, die in dem Terminal umherflogen.
„Wie schaffen sie das, dass die Vögel nicht nach draußen auf die Startbahn fliegen und dort ein Flugzeugtriebwerk beschädigen?“

„Ich kann es dir nicht sagen, aber auf Futuna hat man mit diesen Traumpapageien, so nennt man die herrlichen Vögel hier, sehr gute und lange Erfahrungen gemacht. Es würde mich nicht wundern, wenn die trainiert wären einige Bereiche nicht anzufliegen.“

Die Passkontrolle war erledigt und wir hatten unser Gepäck wieder. Am Ostausgang standen zwei Polizeibeamte. Zwischen den stand eine sehr schöne, hochgewachsene Blondine.
Ihr wunderschönes, Blumenbesetztes Kostüm betonte ihre herrlichen Brüste sanft. Die Schuhe, auf denen der blonde Traum lief, waren ein Traum. Nicht zu hoch, nicht zu übertrieben und sie konnte darin auch bestimmt den ganzen Tag gehen. Dazu die herrlichen, endlosen Beine, die passten sich dem eleganten, schlanken Körper einfach perfekt dazu an. Clair unterhielt sich gerade mit Dana über die Bademöglichkeiten.

Peter und Randy hatten natürlich die junge Frau vor uns schon längst gesehen und lächelten ihr zu. Ihr Lächeln war ehrlich und zugleich ein wenig distanziert.

Als ich bei ihr ankam, wurde ihr sanftes Lächeln zu einem aufrichtigen verlangenden Lächeln und sie sprach gut verständlich „Halt, Personenkontrolle!“ Peter und Randy, die hinter mir standen, konnten das Lächeln in unseren Gesichtern nicht sehen. Die Dame in dem Kostüm drückte mich an die Wand, lächelte genüsslich, drückte ihre Hand auf meinen Busen und gab mir einen saftigen Kuss, der den beiden Polizisten die Schamesröte ins Gesicht laufen ließ. Mein Kuss war nicht weniger saftig und die Polizisten sanft lächelnd da, als kannten sie dieses Ritual.

Clairs und Danas Münder standen offen, aber immerhin lächelten sie uns beide an.
„Hallo Caroline! Herzlich willkommen auf Futuna, ich habe dich so vermisst, seit unserem letzten Treffen mit Penelope.“
„Hallo Jast‘mine! Du hast mir auch gefehlt seit unserem letzten Treffen mit Penelope.“
Randy schaute uns beiden mit offenem Mund zu und auch Peter hatte den Anblick eines enttäuschten Jugendfreundes im Gesicht.
Als Jast’mine und ich uns zu den Jungs umdrehten, da lachte Dana aus vollem Herzen. „Hey ihr beiden Dackel, hört auf zu weinen. Habt ihr immer noch nicht begriffen, dass die Nun’tschula von Penelope ai Youhaahb, Trägerin des Kahlscha’daar – dem Zeichen des absoluten Vertrauens, Aufgaben zu erfüllen hat, die euch nicht einmal im Traume einfallen würden?“

Randy nahm seine Dana in den Arm und säuselte ihr zu, ich glaube, mir würden schon Dinge im Traum einfallen, die …“ Da legte Dana ihm den Zeigefinger auf den Mund. „Sag jetzt nichts, das du nachher nicht einlösen kannst Schatz.“ Dabei gab sie ihrem Randy einen mindestens ebenso herrlichen Kuss.

Clair sah Jast’mine mit fragendem Blick an, lächelte kurz und war überrascht, als sie von Jast’mine umarmt und ebenfalls mit einem saftigen Kuss begrüßt wurde.

„Du musst Clair aus Paris sein, dann sind solche Begrüßungen ja nichts Neues für dich.“ Dabei zwinkerte sie Clair an und sie zwinkerte zurück.
„Genau das ist alltäglich!“ Jetzt lachten wir alle, naja bis auf Peter, der immer noch etwas abseits dastand, doch ich nahm in fest in meinen Arm und brachte ihn mit einem saftigen Kuss ins hier und jetzt zurück.

„Hey, willkommen auf Futuna Schatz!“

**

Wir trafen im Regierungssitz ein und wurden kurz danach von König Sewate empfangen. Einige von uns kannte er ja noch und begrüßte uns aufs herzlichste. Clair aus Paris gefiel ihm sofort und sie sah mit ihrer blonden Mähne auch sehr verführerisch aus. „Sie sind also die Lady aus Paris?“ Mit einem eleganten Handkuss begrüßte sie der König und Clair schien sich tatsächlich etwas zu genieren. Immerhin war das ein König, der Ausstrahlung hatte.

„Ja, Eure Majestät, ich bin eine Pariserin und fühle mich auf den Inseln hier und auf Soulebda bereits sehr wohl.“

„Sehr schön, so sollte es meinen Gästen auch gehen, dass sie sich wohl fühlen. „Damit drehte er sich wieder uns allen zu.

„Für meine Gäste aus Soulebda, Deutschland und Frankreich habe ich einen gesonderten Bereich reserviert. Da verfügt ihr über alles was ihr braucht und es steht eine besondere Schutztruppe zu eurer Verfügung, nämlich meine Ehrenwache, die von Soulebdas Kriegern ausgebildet wurde. Die Unterkunft ist geschützt und wenn das stimmt für Angreifer kein leichtes Ziel. Jerome jedenfalls war begeistert, als er die Unterkunft sah.“

Und für diejenigen unter ihnen, die bei dem letzten Kampf an meiner Seite gekämpft habt, für euch habe ich noch etwas Besonderes organisiert.“

Wir schauten uns an und freuten uns jetzt bereits. König Sewate hatte sich nicht geändert, er war noch immer eine sehr freundliche Seele und wir würden ihm auch weiterhin zur Seite stehen.

**

Mainstadt

Langsam setzte sich Frank in seinen Stuhl und sah sich in seinem Büro um. Natürlich erkannte er, was neu und repariert war, aber Spuren der Explosion erkannte er keine mehr und nichts deutete noch darauf hin, dass nur wenige Meter neben ihm, zwei seiner Beamten ums Leben kamen.
„Ich höre immer noch das Knallen und spüre die Druckwelle.“ Sagte Jessika, die mit ihm alleine im Raum war. „Schrecklich…“
„Ja“, antwortete Frank und trat auf Jessika zu. „Aber wir zwei werden weitermachen oder?“
Jessika schloss die Augen und atmete tief durch. „Aber klar doch! Und falls ich einmal seelische Hilfe brauche… wir haben gute Freunde, die uns beistehen.“
„Stimmt! Und ich denke, die haben wir jetzt lange genug auf die Folter gespannt.“ Grinste er, drückte auf den Knopf der Sprechanlage und sagte, „Ihr könnt jetzt reinkommen!“
Um die schlimmen Ereignisse des Bombenattentats zu verarbeiten, hatten sich Frank und Jessika bewusst dazu entschieden, diesen Raum zuerst alleine aufzusuchen, ohne ihre Freunde. Draußen vor der Tür standen Levi, Decker, Sarah und Vera, die nach Franks Aufforderung gemeinsam in Franks Büro kamen. Als alle sich versammelt hatten, legte sich eine gespannte Stimmung über sie.
„Weißt du“, sagte Sarah zu Frank um das Eis zu brechen und zeigte in Richtung von Franks Schreibtisch, „der Stuhl war mir eindeutig zu groß.“
Als alle lachten auf und Sarah wusste, dass sie den richtigen Ton getroffen hatte.
„Gewöhn dich lieber an ihn, eines Tages wird es deiner sein.“ grinste Frank. „Gab’s was Besonderes, oder was Neues aus dem Ministerium?“
„Nein. Ich sollte mehr sparen, weniger Überstunden genehmigen, Peter feuern… das Übliche.“
Jetzt lachten alle richtig herzhaft. „Ich sehe schon, du hast wirklich ganze Arbeit geleistet.“ Grinste Frank.
Jessika sah zu Levi und lächelte ihn an. Ja, sie würde sich nicht aus der Bahn werfen lassen! Sie konnte auch geistig einen Schlussstrich unter die Ereignisse ziehen.
„Frank?“ erklang Theklas Stimme, die zur Tür hereinspitzte.
„Thekla, komm doch zu uns!“ forderte sie Frank auf.
„Ach, ich weiß nicht…“
„Aber ich weiß es!“ Frank trat auf sie zu, fasste sie an der Hand und führte sie zu den anderen. „Du gehörst dazu!“, und um das zu bestätigen, legte Jessika ihren Arm um Thekla.
„Danke! Ich meine das ernst, ich bin euch sehr dankbar! Aber…“ lächelte sie, „es tut mir leid, doch die Arbeit macht sich nicht von alleine.“ Antwortete sie. „Und es geht auch schon gleich weiter. Da ist ein Herr Lemberg aus dem Ministerium. Keine Ahnung wo der herkommt, gesehen habe ich den vorher noch nie, jedenfalls möchte er mit dir sprechen. Aber ich kann ihn abwimmeln, wenn es jetzt nicht geht.“
Als der Name Lemberg fiel, sah Frank direkt zu Levi, der die Augen zusammenzog.
„Nein! Wie du sagst, die Arbeit muss weitergehen. Schick ihn rein.“
Eine Minute später betrat Lem das Büro und wurde stürmisch begrüßt.
„Wenn das keine Ehre ist, der Chef des Mossad persönlich in meinem Büro.“
„Ich wollte dich selbst wieder hinter diesem Schreibtisch sehen.“ Lachte Lem, nachdem er alle Anwesenden herzlich umarmt hatte. Dann setzte er seine Dienstmiene auf. „Allerdings gibt es auch Neuigkeiten, die ich ungerne über dritte mitteilen wollte.“
„Neuigkeiten?“ fragte Levi nach, „Welche Neuigkeiten?“
„Es geht um den Stecher! Caroline und ihr Team sind auf dem Weg nach Futuna und der Stecher ebenfalls. Bis jetzt wussten wir nur von einer Killerin namens Marion Perlinger, welche mit dem Stecher zusammenarbeitet und ebenfalls auf dem Weg nach Futuna ist. Aber dann konnten wir ein Telefongespräch abhören und erfuhren so, dass diejenigen, welche für die Brandkatastrophe in Leava verantwortlich waren, ebenfalls zu dem Stecher unterwegs sind.“
„Wissen wir, wer für den Brand dort verantwortlich ist?“ wollte Levi wissen.
„Ja. Unsere Aufklärung hat da ganze Arbeit geleistet. Nachdem Hauer aus Soulebda sich bei dem Kommunikationsanbieter der Piraten einhacken konnte, haben sich Ariel und ihr Team die anderen Telefonnummern dieses Anbieters vorgenommen und sind auf Kajat selbst gestoßen. Er betreibt in Manado ein Prepaid Handy, das nur eine Nummer anruft… willst du raten, wer der Angerufene ist?“
„Vogel!“
„Exakt! Eine Stimmenanalyse hat bestätigt, dass Theobald, der Stecher, Vogel mit Kajat in Verbindung steht. Jedenfalls hat sich vier Tage nach der Katastrohe in Leava jemand über dieses Handy, bei dem Stecher gemeldet. Und zwar ein gewisser Nigel Glenn. Ihm sind wir über seine Partnerin Danny Nell, alias Bindt, auf die Schliche gekommen, die wir als die Brandstifterin von Leava identifizierten. “
„Nigel Glenn…“ murmelte Levi, „sagt mir nichts.“
„Glenn ist ein ehemaliger ASAS Mann und hat enge Verbindungen zu Sam Whitinghouse. Wir vermuten, dass dieser ebenfalls zu dem Stecher unterwegs ist. Da Whitinghouse nicht auf Makira gefasst wurde, konnte er sich wohl dem Zugriff Soulebdas entziehen.“
„Also sind zwei weitere Söldner nach Futuna unterwegs.“ Stellte Levi fest.
„Nein, denn sonst wäre ich nicht selbst hergekommen. Unsere Leute auf Alofi konnten ein paar Piraten gefangen nehmen. Als sie angriffen, waren sie völlig mit Khat zugedröhnt und fühlten sich unbesiegbar, aber nachdem der Rausch verflogen war… jedenfalls wissen wir, dass mindestens acht Söldner an dem Angriff beteiligt waren, die sich abgesetzten konnten. Dazu kommt noch Nell, die Brandstifterin. Und machen wir uns nichts vor, wir wissen wie der Stecher arbeitet, er wird sich noch mehr Leute dieses Kalibers suchen. Außerdem gibt es nach der Zerstörung ihrer Basis auf Makira, gerade ein Überangebot an Piraten auf dem Arbeitsmarkt, die alle eine gut bezahlte Stellung suchen.“
„Also haben es unsere Freunde auf Futuna, neben dem Stecher, mit mindestens zwölf gefährlichen Gegnern zu tun, eher mehr als weniger.“ Stellte Decker fest. „Wen schicken wir?“
„Soulebda schickt eine Kompanie der Garde unter dem Kommando von Jerome, aber die werden alle Hände voll zu tun haben, um die Abordnungen der UNO zu schützen. Viktor wird gehen und einen seiner Kontakte, eine Agentin, Ekaterina Romannova, mitnehmen. Ansonsten haben wir nur noch Maja und Boris.“
„Was ist mit Fabienne und Finja?“
„Die sind gerade damit beschäftigt diejenigen zu schützen, welche sich bereiterklärt haben gegen den Financier auszusagen, genau wie Mike und Dave, sie müssen die Zeugen schützen.“
Alle schwiegen einen Moment, dann sagte Frank, „Dann wissen wir ja, was wir tun müssen!“
„Und was müssen wir tun?“ wollte Jessika wissen.
„Das heißt“, antwortete Frank, „dass wir eine Kampfeinheit auf die Beine stellen müssen. Und zwar eine die mit dem Stecher und seinen Komplizen fertig werden kann!“

**

Der königliche Auftrag

Während Randy, Dana, Clair und Peter ihre Sachen in das Gebäude trugen, hielt mich König Sewate noch kurz fest.
„Caroline, bitte noch kurz auf ein Wort.“
„Natürlich König Sewate, was kann ich tun?“
„Penelope hat mich gebeten, etwas für sie vorzubereiten. Sie wollte ein paar Neuerungen ausprobieren, Neuerungen, die mir nichts sagen, aber euch bestimmt gefallen könnten. So sagte sie jedenfalls.
Also im Kellerbereich des großen Gebäudes sind zwei Bereiche mit schweren Türen gesichert. Der linke ist als Bunker gedacht und der rechte ist, wie sagte Penelope dazu, als Spielzimmer gedacht.“

„Oh ein Spielzimmer, ich verstehe.“
„Ja und damit sich Penelope nicht verletzt, möchte ich, dass ihr das alles einmal durchtestet, meine Mädchen haben mit solcherlei Dingen nicht den rechten Zugang.“

„Ich habe verstanden, wir werden alles ausgiebig testen, damit sich Penelope nicht verletzten kann. Ich als ihre Nun’tschula bin ihr das schuldig.“

**

Als ich dann endlich in das Haus ging, saßen Peter, Dana, Randy und Clair bereits an der Bar und hatten kühle Getränke vor sich. Am Nebentisch saßen einige wunderschöne Mädchen. Einige konnte ich zweifelsfrei der Palastgarde auf Soulebda zuordnen und bei den anderen war ich mir nicht sicher. So griff ich zu einer List und sagte laut: „Möge Mualebda uns alle, die wir hier unter seinem Schutz versammelt sind, heute und die nächsten Tage beschützen.“

Jetzt drehten sich alle Mädchen an dem Tisch zu mir um und antworteten wie aus einem Munde „Oh Mualebda, beschütze uns alle.“

„Ja Mualebda wird sicher ein waches Auge auf uns haben. Seid ihr beiden nicht die Mädchen, die bei dem Trafalgar Problem mit Penelope zu mir in meine Villa gekommen seid. Und ich glaube, euch kenne ich doch auch?“

Zwei der hochgewachsenen, bildhübschen jungen Frauen standen auf, und verbeugten sich ein wenig vor mir. „Wir waren drei, Lethal’halfi, Kalil’eil und ich bin Hanna’hl. Wir waren die drei Leibwächterinnen von Penelope. Leider ist Lethal’halfi bei dem Angriff ums Leben gekommen.“

„Hallo Miss Miles, das hier ist Leutnant Greb’Cher und ich bin Sergeant Marni‘Thun, wir sind vom dritten Garderegiment und helfen ihnen hier.“
„Bitte kommt doch mit mir an den großen Tisch, damit ich euch mit dem Rest von uns bekanntmache.“
So setzten wir uns an den großen Tisch und kamen nach und nach ins Gespräch. Nach einiger Zeit brachte Hanna’hl das Gespräch auf die alte Ritualstätte nahe dem Palast, in der meine geliebte Penelope die Erlebnisse ihrer Lust an ihrer Nun’tschula ausleben und schließlich genießen konnte.

Jetzt war Peter auf einmal Feuer und Flamme und wollte natürlich mehr wissen, von den Erlebnissen einer Nun’tschula. Dana grinste bereits und Randy war noch hin- und hergerissen, ob er zuhören oder weghören sollte und Clair schaute mich fragend an.

„Nein, tut mir leid, ich darf nichts sagen. Es ist einer Nun’tschula verboten darüber zu reden, aber die Bediensteten der Liebe dürfen da zumindest etwas mehr als ich, für die gilt die Ehre der Lehr’Trek. Das bedeutet, dass sie es dir nicht sagen, aber dich teilhaben lassen dürfen, an einigen der Erlebnisse einer Nun’tschula.“

Hanna’hl und Kalil’eil schauten mich kurz prüfend an, doch dann hatten sie verstanden, was ich von ihnen wollte. Sie setzten sich rechts und links von Peter auf eine Bank und schauten ihm verführerisch in die Augen. „Willst du wirklich erfahren, was einer Nun’tschula ab und an abverlangt wird? Das ist kein Kinderspiel und wenn du dem zustimmst, dann gibt es für heute kein Zurück. Heute und nur heute, würdest du es dann erfahren, was einen Teil dessen ausmacht, was eine Nun’tschula ertragen muss.
Dana sah mich an und begann leicht zu schmunzeln, sie roch den Braten allmählich. Clair schaute mich nur neugierig aber interessiert an. Und Peter? Peter hatte ganz große Augen bekommen.
„Ist das wirklich so, heute würde ich es erfahren?“
„Einen Teil nur einen Teil würdest du erfahren und wir vier würden dich einführen.“
Ehe Peter in Feuer und Flamme aufging, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Schatz, das ist nicht alles Gold, was glänzt. Als Nun’tschula muss man auch lernen Leid zu ertragen.“
„Ja, aber eine Nun’tschula erlebt auch ungeahnte Freuden, das habe ich inzwischen verstanden. Also ich bin bereit, ich akzeptiere, für heute eingewiesen zu werden.“

„Als Krieger reicht dein Versprechen, dies gilt als Vertrag. Du solltest dich auf deinem Zimmer vorbereiten, dusche dich, zieh dir etwas Leichtes an und komme in 15 Minuten in den Keller, es hat nur eine Treppe nach unten, warte vor der Tür mit dem gelben Griff!“ Damit standen die vier Mädchen auf und gingen nach oben in ihre Zimmer.

Peter sah mich mit Fragen im Gesicht an. „War das jetzt eine dumme Idee von mir?“
„Schatz, ich darf es dir nicht sagen, aber denk mal nach, wenn es um Gefühle, Leidenschaft und Sex ging, wann hattest du da jemals keine dummen Gedanken?“
Jetzt lachten auch Randy und Dana, sogar Clair musste mit einstimmen und am Ende lachten wir alle.
„Na los, dusch dich, du hast heute noch etwas vor dir.“ Damit half ich Peter auf und gab ihm einen dicken Kuss. Mit schnellen Schritten entschwand Peter nach oben in unser Zimmer.

„Das stinkt doch bis hierher nach Falle“ Murrte Dana und ich sah sie fragend an. „Oh nein, eine Falle ist das sicherlich nicht, aber diese Nacht wird Peter so schnell sicherlich nicht vergessen, das verspreche ich euch.“

**

Im Keller

Peter stand im Keller vor der Tür mit dem gelben Griff. Die 10 Minuten waren um und er wollte gerade die Tür öffnen, da drehte sich der Griff, und die Tür öffnete sich nach innen. Peter trat ein und hinter ihm schloss sich die Tür wieder.
Drinnen war es nicht gerade hell, dafür roch es gut.

Greb’Cher und Marni‘Thun kamen auf Peter zu. Zumindest vermutete Peter, dass sie das waren. Sie trugen eine hauchdünne Toga, die mehr offenbarte als verdeckte und eine Gesichtsmaske. Jedes der Mädchen stellte sich an eine Seite von Peter.
„Bist du bereit, dann entblöße dich.“ Marni‘Thun half Peter aus seinem Shirt und Greb’Cher nestelte an seiner Hose herum, bis sie fiel.

Peter hatte immer noch Augen für die beiden Mädchen, zu spät fiel ihm auf, dass zwei Seile von der Decke herabkamen. Jetzt umgriff eine dritte Frau von hinter ihm seinen Brustkorb und flüsterte ihm ins Ohr.
„Entspann dich, das, was nun kommt, soll dir helfen zu verstehen.“
Da waren bereits seine Hände gefesselt und die Seile zogen Peters Arme schräg hoch und spannten langsam die Seile straffer.
Rasch wurden Peters Fesseln gefesselt und auch da zogen langsam zwei Seile Peters Beine ein wenig auseinander.
Die Mädchen trugen eine Gesichtsmaske, nun legten sie ihre Umhänge ab und standen nur noch mit der Gesichtsmaske bedeckt vor Peter und sie lächelten, da sie seine Erregung deutlich sehen konnten. Marni‘Thun schaute ihn kopfschüttelnd an. „Das ist nicht gut, du bist ja völlig verspannt und so können wir dir die Wege nicht zeigen, du wirst dich nun erst einmal entspannen!“
Mit diesen Worten kniete sich eines der Mädchen vor Peter und nach einigen Minuten entspannte sich Peter mit einem tiefen Seufzer. Das Mädchen wusch sich rasch ihr Gesicht und kam wieder zu den anderen zurück.

„So, nun wollen wir dir erzählen, was unteranderen einer jeden Nun’tschula abverlangt wird. Sie hat ja, das ist dir bestimmt noch in Erinnerung geblieben die Freuden und Leiden mit ihrer Herrin zu teilen und muss auch für eintreten, so es zum Streit mit anderen Menschen kommt. Sollte die Herrin in einem solchen Streit unterliegen, so muss die Nun’tschula die Strafe auf sich nehmen, ihre Herrin wird sie danach allerdings heilen und pflegen.“

Zwei der Mädchen waren nach hinten im Schatten verschwunden, so dass Peter sie nicht mehr sah.

Marni‘Thun fuhr fort. „Die Gegner wissen allerdings, dass eine Nun’tschula ausgebildet wird, die Schmerzen ihrer Herrin zu ertragen und so würden sie das Mehrfache an Schmerzen der Nun’tschula auferlegen.“

Damit trat sie direkt vor Peter und stand ganz nah an ihm dran, sein Bauch und ihre Brust berührten sich sanft, als sie sagte:
„Und nun empfang den Schmerz, den du für deine Herrin zu ertragen hättest!“
Noch während sie ganz doch vor ihm stand, sausten von links und rechts hinter Peter zwei Lederpeitschen auf seinen Rücken und auf seinen Po. Peter erschrak einen Moment und Marni’Thun lächelte ein wenig. „Weiter!“ Sagte sie nur und die Lederstriemen sausten erneut auf seine Haut. Wechselweise einmal auf den Rücken einmal auf Po und Oberschenkel brannten sich die Peitschen in seine Haut und hinterließen rote Striemen.
Marni’Thun stand immer noch vor ihm und fasste schließlich an sein Glied und packte zu. „Weiter!“ Rief sie und die Peitschen sausten erneut auf seinen Rücken. Die Nähe zu Marni’Thun und ihre Hand ließen Peter trotz der Schläge immer erregter werden und schließlich stand er vor ihr und nicht nur sein Haupt war erhoben.

Als sich Peter entspannte, lächelte Marni’Thun und streichelte seinen behaarten Brustkorb. „Wusstest du, dass die Mädchen nach einem Peitscheneinsatz auch genauso schnell mit der Schmerzlinderung sind?“
Peter sah wie eines der anderen Mädchen einen kleinen Eimer trug mit einem breiten Pinsel darinnen. Sie rührte etwas um und stellte sich hinter Peter. „Ich bin so weit.“ Sagte sie und Marni’Thun nickte still.

Peter spürte einen nassen Pinsel auf seiner geschlagenen Haut und irgendetwas klebriges wurde auf seine Haut aufgetragen. Wenige Sekunden später begann es an den Stellen, die benetzt wurden angenehm zu kribbeln und ein Gefühl der Wohltat kam bei Peter auf.

„Wir nennen das die erregende Salamundi Paste, weil diese aus der Drüse einer hier heimischen Echse gewonnen wird. Die Paste kann sehr angenehm und anregend wirken, an der falschen Stelle aufgetragen sogar unglaublich erregend und schließlich, wenn man sie passend mit einer anderen Paste verrührt hast du das Gefühl, als schneidet man dir die Haut einzeln und in dünnen Striemen vom Körper.

All das würde man einer Nun’tschula abverlangen und ich bin gespannt, wie weit wir bei dir gehen können. Du scheinst immerhin einiges gewohnt zu sein. Wie weit also willst du mit mir gehen, nur den anregenden Teil, oder auch den erregenden Teil, den es aber nicht ohne den brennenden Teil gibt. Entscheid dich jetzt!“

Erst jetzt wurde Peter gewahr, dass sie immer noch die Hand an ihm hatte und ihn massierte. Bei allem Schmerz war er mehr als interessiert und er konnte sich nicht vorstellen, dass es auch höllisch schmerzen könnte.

„Ich will alles erleben, halbvoll ist verlorenes Geld.“

„Nun denn, dann wollen wir beginnen.“ Und für Peter tat sich gleichzeitig Himmel und Hölle an Gefühlen auf, als die Mädchen ihn behandelten.

**

Zwischenbericht

Nach einer guten Stunde kam Marni’Thun zu uns an den Tisch zurück und bestellte sich einen leckeren Saft.

„Peter ist ein interessanter Fall, ich habe selten einen Mann erlebt, der so intensiv Schmerz und Lust durchleben kann und sich dabei wohl fühlt. Caroline, Caroline, weißt du, dass du da ein ganz seltenes Exemplar eines Croxia Malatuga hast, eines Menschen, der sich vollkommen für dich hergeben kann und dennoch auch alles von dir abverlangen wird?“

Clair hatte sich beim letzten Satz fast verschluckt und entschuldigte sich.

„Oh ja, glaube mir, das weiß ich durchaus und wir haben schon beide Extreme erlebt. Jeder von uns kann sich für den anderen hingeben und zugleich auch alles vom Anderen fordern. Das macht unsere Verbindung so einzigartig.“

Randy schaute mich an und murmelte zu Dana „Ich kann dir Dinge erzählen, da …“ Doch da fing er sich einen Ellbogenrempler von Dana ein. „Es gibt Dinge, die behält man für sich Mister 1000-Volt, hast du mich verstanden?“

Jetzt lachten wir alle gemeinsam und tranken. Danach fragte ich Marni’Thun „Wie geht es ihm gerade?“

„Dein Held entspannt und ruht sich aus. Die Mädchen kümmern sich um ihn, ich denke, um 18 Uhr kannst du wieder über ihn verfügen, aber bis dahin gehört er uns.“ Lachend stand sie auf und verabschiedete sich von uns.

„Kommt, lasst uns unsere Zimmer klarmachen, wir haben noch einiges vorzubereiten.“ Schlug ich vor und wir gingen nach oben auf unsere Zimmer und richteten uns ein. Unten im Keller aber durchlebte Peter Höhen und Tiefen, er kämpfte an und mit sich, dies alles zu verstehen und in sich aufnehmen zu können. Am meisten aber staunte er über die Ausdauer der Mädchen. Die hatten eine unglaubliche Kraft und eine ebenso unglaubliche Ausdauer, bei allem, was sie taten.

**

Auf dem Zimmer angekommen erwartete mich ein angenehm temperiertes, großes Zimmer mit bequemer, moderner Einrichtung. Auf dem ovalen Tisch, der die herrliche Inselgruppe als Motiv innehatte stand eine Schale mit frischem Obst und ein handgeschriebener Zettel lag daneben.

„Seid mir gegrüßt ihr Retter, die ihr uns aus den Grauen von Alofi befreit habt. Mein Name ist Cinta’ihla. Ihr habt mich zusammen mit anderen meiner Liebsten bei der Befreiung vor den Schergen in der Nacht gerettet. Auf Wunsch meines Königs habe ich mich danach den Kriegern angeschlossen und ich habe die Kriegerausbildung auf Soulebda durchlaufen.
Auf eurer Insel hat man mich ausgebildet und ich möchte mich erkenntlich zeigen für all das, was ihr uns geholfen habt.

Ihr seid in Gefahr! Hier auf Futuna und auf Alofi kommen seit wenigen Tagen böse Menschen an, die wir als wirklich böse einstufen müssen und jetzt hat mich eine meiner Lehrmeisterinnen gewarnt, dass eine brutale Killerin im Anflug ist. Sie wird morgen um 09:15 im Hafen mit einem Flugboot aus Fidschi kommend landen.

Du kannst mich heute noch treffen, hinter diesem Haus, auf dem Aussichtsturm, von wo du aus den ganzen Platz überwachen kannst. Benutze dafür diese Kommunikationsmuschel links auf dem Tisch. Der Code ist der gleiche, wie der auf Soulebda als du zur Schieß-Trainerin berufen wurdest.“

Ich schaute auf den Tisch und hob mit einem Fragen im Gesicht die dort liegende Muschel auf. Unter ihr lag ein digitales Funksprechgerät von der Größe einer Bonbon- oder Zigarettenschachtel. Nach Eingabe des Sicherheitscodes schaltete sich das Gerät auf einen gesicherten Kanal.

Ich nahm das Funkgerät, zog mir etwas Legeres an, nahm meine Kombitasche, mit dem Nötigsten an und suchte den Turm hinter dem Haus auf.

„Du bist richtig, es ist keiner da, komm rauf.“ Kam es leise aus dem Funkgerät.

Cinta’ihla entpuppte sich als eine knapp 30-jährige junge sehr sportliche Frau, die ihre Augen überall zu haben schien. Ihr liebreizendes Gesicht, die braunen, gelockten Haare passten nicht so recht zu den anderen Frauen auf Futuna.

„Hallo Caroline, ich bin Cinta’ihla und freue dich wieder zu sehen. Bei unseren ersten Treffen trug ich Verbände und du wirst dich kaum an mich erinnern können.“

„In welchem der Werke warst du?“
„Ich war in Werk 3 bei diesem Monster Soultrag. Er hat uns geschlagen und getreten und wenn es ihm danach war, verging er sich an uns Mädchen.“
„Das tut mir leid. Soultrag starb dafür ganz jämmerlich. Was kannst du mir über diese Frau sagen, die da kommt?“
„Marion Perling heißt diese Frau. Sie ist eine gefährliche Profikillerin und arbeitete für Helena van Deubth. Die hast du ja erledigt und jetzt arbeitet sie für den Stecher Vogel. Du musst wissen, dass unser Geheimdienst die umgebenen Inseln überwacht und dadurch kamen wir auf diese Frau.“
„Ja Helena, die hatte ein wildes Ende und Marion Perling ist also auf dem Weg zu uns?“
„Ja und sie hatte vorher telefonischen Kontakt mit dem Stecher. Er wird also auch kommen, nur wissen wir noch nicht wann.
Dafür wissen wir, dass die Frau in 25 Minuten im Marinehafen hier vorne landen wird.“

„Gut gemacht. Wisst ihr, wie die Unterkunft Situation gerade ist?“
„Dadurch, dass die Sonderabteilung der UNO kommt, ist alles drunter und drüber. Die UNO ist auf einem Sonderschiff untergebracht, die wenigen hiesigen Hotels sind mit Presseleuten, Arbeitern und anderen Fremden hoffnungslos überbucht.“

„Der Stecher ist ein Vollprofi, der hat garantiert bereits Buchungen abgeschlossen und für seine Leute vorgesorgt, aber Marion Perling gehört da nicht dazu, sie wird also etwas suchen.“

**

„Das ruft Erinnerungen wach, oder?“ fragte Decker und stieß Frank an. Sie saßen in einen Flieger, der mit östlichem Kurs über dem Korallenmeer flog und Frank nickte. Decker hatte Recht, dieser Flug weckte Erinnerungen, an ihren ersten Flug nach Soulebda. Damals waren sie mit einer abenteuerlichen bunten Truppe gestartet um Caroline und Peter zu retten, welche in das Caos des Bürgerkrieges hineingezogen wurden. Der Rettungseinsatz endete schließlich damit, dass sich die ganze Truppe den Rebellen anschloss. Frank ließ die Ereignisse Revue passieren, schaute dann zu den Insassen, die ihn diesmal begleiteten.
Neben Decker und Levi waren auch diesmal Hannes, Johann und Gratzweiler dabei, alles „Veteranen“ aus dem Bürgerkrieg. Sarah und Vera mussten in Mainstadt die Stellung halten, was den beiden natürlich nicht gefallen hatte, aber erstens musste Sarah erneut für Frank einspringen und zweitens wollten Levi und Lem sicher sein, dass jemand ein Auge auf Jessika hatte, denn solange der Stecher nicht tot war, musste man mit allem rechnen, auch dass er erneut im Gefängnis zuschlug.
Für Sarah und Vera kamen diesmal Viktor Kubaliborow und Ekaterina Romannova mit. Des Weiteren waren Maja und Boris Marunja und Lem mit an Bord.
„Weißt du was komisch ist?“ fragte Frank und fuhr fort, als Decker ihn fragend ansah. „Seitdem diese beiden Pestbeulen, Caroline und Peter unser Leben durcheinanderbringen, weiß ich erst, wie sehr ich diese Zeit vermisst habe.“
„Du meinst, die Zeit in der wir mit Dagan, Levi und Lem losgezogen sind, um irgendwelche Mistkerle zu erledigen?“
„Ja, genau diese Zeit. Ich dachte wirklich, ich hätte dieses Leben hinter mir gelassen… ich habe geheiratet, Kinder bekommen und ein ruhiges Leben geführt. Und bevor wir in den Bürgerkrieg verwickelt wurden, habe ich nicht einmal darüber nachgedacht… aber seitdem… Ja! Ich vermisse es.“
„Geht mir auch so.“ Gab Decker zu. „Aber irgendwie sind wir selbst daran schuld. Wir haben uns mit Menschen umgeben, die genauso ticken wie wir. Eben mit Menschen wie Caroline und Peter… da war es nur eine Frage der Zeit, bis so etwas geschieht. Und jetzt will ich dir mal was sagen!“ Decker sah Frank fest an. „Wenn wir schon dem Stecher ein zweites Mal entgegentreten, dann verdammt nochmal mit einem Team wie diesem!“
„Ein Team wie dieses?“ Kam die Frage von dem Pilotensitz. Bernd hatte sich zu ihnen umgedreht und lächelte wissend. „Ich erinnere mich an das Team, das damals hinter mir saß. Weißt du noch, was du mir damals gesagt hast?“ fragte er Frank.
„Oh ja! Ich sagte, dass dieses Team das Beste der Welt ist.“
„Und damit hattest du verdammt recht!“ antwortete Bernd und kümmerte sich wieder um seine Instrumente.

**

Marion Perling

Marion Perling flog über Fidschi. Die Soulebda Route war ihr zu gefährlich. Allerdings schaffte sie es an Bord einer DHC-6 „Twin Otter“. Das Wasserflugzeug hatte Gepäck und wenige Fluggäste geladen. Sie schätzte das Gewicht der Passagiere und der Ladung und erkannte, dass sie noch problemlos mitfliegen könnte.

Der Pilot war mürrisch und schien nicht sonderlich begeistert noch einen weiteren Passagier mitzunehmen, aber nach einigen Scheinen extra hatte Marion Perling ihren Platz in der „Twin Otter“ gesichert. Anstatt auf dem neu ausgebauten Flughafen im Süden, war dieser Flug mit einer Landung im Naturhafen vor der Hauptstadt geplant.

Der erweiterte Flughafen von Futuna

Nach einem ruhigen Flug setzte die „Twin Otter“ zur Landung an. Der geschützte Naturhafen von Futuna bot eine optimale Landefläche, die wenig Wellen aufwies und der Pilot landete butterweich. Ein sanfter Regen fiel, ansonsten war es recht windstill. Das Wasserflugzeug legte direkt in der Hauptstadt im Hafen an und so war Marion Perling als erste Killerin am Ziel.

Sie stieg aus, nahm ihr Gepäck und lief die Treppe zu hinauf, sonst gab es hier unten am Wasser ja auch nichts, von den anderen angelegten Booten einmal abgesehen. Oben auf der Straßenebene war deutlich mehr Betrieb und keiner achtete auf sie, sie war nur eine von vielen, die hier herumliefen. Sie fiel nicht weiter auf, was ihr sehr gut gefiel.
An der ersten Plakatwand standen die Übernachtungsmöglichkeiten angeschrieben. Hier auf der kleinen Insel war vieles anders, als in einer Stadt in den Staaten. Alles war kleiner, ländlicher, einfacher. Es hatte offenbar gerade vorhin noch geregnet und überall standen noch Pfützen.

Die Hotels waren alle ausgebucht, drei der Gasthäuser ebenfalls und die beiden anderen hatten den Vermerk „Keine Gäste“ nur ganz unten, da war noch eine Gaststube, da schien noch etwas verfügbar zu sein. Auf dem daneben hängenden Stadtplan erkannte Marion, dass das Haus etwas weiter draußen im nahen Urwald war, das machte ihr nichts aus und sie fragte einen der Einheimischen nach dem Weg.

**

Das Attentat

Eine halbe Stunde später ging Marion Perling nach draußen auf die kleine Veranda der Gaststube. Marion hatte eine Kaki-Kombination angezogen und ihre Handtasche umgehängt. Dich da erschrak sie. Keine 50 Meter vor ihr lief eines ihrer Hauptziele, Caroline Miles.

Diese Frau hier auf Futuna, ja das erschien ihr logisch, immerhin war die Frau schon früher an den Operationen hier beteiligt. Und diese Frau lief vor ihr herum. Wenn sie die hier und heute erwischte, das würde der Stecher Vogel ihr sicherlich hoch anrechnen.

Cinta’ihla gab mir die nötige Instruktion über Funk. „Sie folgt dir, sie hat keine Waffe in der Hand, das würde auffallen, aber sie hat garantiert welche dabei, jetzt schau, dass du in diese Halle kommst.“

Ich schaute kurz um und verschwand hinter einer Metalltür. Das Gebäude war früher eine Werft und sollte abgerissen werden.

Marion betrachtete die Metalltür. Dahinter würde sich bestimmt irgendwo ein Versteck befinden und sie war eine sehr gute Jägerin.

Rasch war sie durch die Tür geschlüpft und hatte ihre beiden Pistolen aus der Tasche genommen und durchgeladen. Ihre Tasche schnallte sie sich auf den Rücken, so, dass sie an die Magazine kam und huschte aus dem Vorraum in die düstere Halle.

Irgendwo sprachen Menschen, aber sie verstand die Sprache nicht, dafür erkannte Marion, dass das mindestens neun Männer waren, die könnten zum Problem werden, also schlich sie sich an denen vorbei immer ihrem Ziel hinterher.

Caroline Miles, das war jetzt in der schwachen Beleuchtung eine Frau mit hellgrauem Regencape und diese Person bewegte sich rasch und zielsicher und bot ihr kein einfaches Ziel.

Irgendwo trötete eine Pausen Sirene und die Männer, die unten gesessen waren, gingen ihrer Arbeit wieder nach. Jetzt musste Marion noch besser aufpassen. Aber sie war nicht umsonst eine der besten Killerinnen geworden, wenn sie nicht ihrem Ziel folgen konnte.

Da vor ihr erklomm ihr Ziel eine Treppe. Auch hier gab es kein klares Ziel und oben verschwand die Frau hinter einer weiteren Tür. Geschickt wie eine Katze rannte Marion über ein Stück der Werkstatt und erklomm in hastigen riesigen Sätzen die Leiter nach oben. Die stählerne Tür geöffnet lief vor ihr ihr Ziel genau auf die erleuchtete Fensterfassade zu. Die Silhouette war jetzt ganz klar zu erkennen.

Dieses Ziel konnte sie nicht verfehlen, sie kniete sich und legte ihre Waffe an, da rief jemand hinter ihr „Stopp – Waffe weg!“
Binnen Sekundenbruchteilen entschied sich Marion und schoss dreimal auf ihr Ziel und sie traf es genau auf der linken Schulterseite. Das Herz von Caroline würde zerfetzen, das war ihr klar.
Im gleichen Moment rollte Marion zur Seite und schlug der Frau, die dagestanden war, etwas aus der Hand.
Jedoch diese Frau konnte auch kämpfen, auch wenn sie keine roten Haare hatte wie ihr Opfer und etwas muskulöser schien, konnte Marion gegen die Angreiferin bestehen. Zumindest in der ersten Zeit, doch irgendwann waren sie weiter nach hinten gelaufen und die schmalen Stege wurden breiter, jetzt war auch mehr Platz zum Kämpfen da.

Irgendwoher kamen Schatten und Marion Perlich wusste, dass die Zeit gegen sie lief. Die Angreiferin kämpfte gut und endlich sah sie im Licht das Gesicht der Frau. Sie hatte Zeichnungen, die einer Maori Kämpferin ähnelte aber in Farbe.

„Wer bist du denn?“
„Mualebdas Rache und ich werde dich von Caroline abhalten!“
„Die ist schon tot. Da unten liegt sie.“ Sie wies nach unten, aber der Platz war leer.

„Kacke!“ Rief Marion und griff die Kriegerin erneut an. Beide wirbelten umher und Marion musste sich anstrengen, dabei war sie doch eine ausgezeichnete Nahkämpferin.
„Diese verdammten Mualebda Kämpferinnen, jetzt lass dich abstechen, du Miststück!“ Mit diesen Worten überrumpelte sie die andere Kriegerin und beide fielen zu Boden. Marion hatte ihr Messer bereits hocherhoben in den Händen und – da fiel ein Schuss.
Ihre Hand mit dem Messer wurde getroffen und das Messer und Teile ihrer Hand flogen umher.
Marion schrie erstmals auf und starrte die Person an, die geschossen hatte.
„Caroline Miles, wieso lebst du immer noch?“

Unter uns rumorten die Maschinen, die Arbeit in der Werft ging weiter, als wäre nichts geschehen. Ein mächtiger Hallenkran lieferte gerade den Anker für das Schiff in der Werft und kam langsam auf die obere Arbeitsfläche zu, auf der wir drei standen.

Während Cinta’ihla aufstand, hatte Marion Perling mit der gesunden Hand eines ihrer Messer gezogen und schob ihre zerfetzte Hand in einen Handschuh, um zumindest etwas Schutz zu haben.
„Du hast mich getroffen, aber dreimal in die Rückengegend. Glückwunsch, mein Herz wäre durchlöchert. Aber so machen es die Profis nicht, das müsstest du doch wissen, oder?“

In dem schweren, kugelsicheren Rege Cape war ich nicht beweglich genug und ich streifte es ab. Diesen Moment hatte Marion Perlich abgepasst und huschte hinter Cinta’ihla und setzte ihr Messer an ihren Hals an.

„Waffe weg, sonst ist die Dschungel Braut Vergangenheit!“ Schrie sie mich an. „Du solltest besser die Dschungel Braut loslassen, sonst.…“ Warnte ich sie noch. Aber Marion plärrte nur wie von Sinnen. „Sonst was? Ich habe die Kleine in der Hand und für die reicht mir eine einzige Hand.“

„Die Kleine weiß aber wie man sich freimacht!“ Und im selben Moment hatte sich Cinta’ihla von Marion befreit und stellte sich zwei Meter weiter vor den einzigen Treppenabgang. Marion konnte nicht mehr fliehen.

„Du weißt, dass du in den Handschuh blutest und dir bestimmt eine tödliche Infektion zuziehst, also entweder ergibst du dich und wir setzen dich gefangen, dafür kommst du mit dem Leben davon, oder die Sache endet hier und heute.“

Ich hatte noch nicht „heute“ gesagt, da warf Marion ihr Messer in Richtung Cinta’ihla und hatte aus ihrer Tasche eine weitere Pistole gezogen und legte auf mich an.

Ich schoss! Die beiden ersten Kugeln trafen ihre Schultergelenke links und rechts und rissen Marion aus der Balance. Cinta’ihla stand jetzt neben mir, Seite an Seite und flüsterte mir ein „Doppelfuß Kick“ zu. Während Marion rückwärts strauchelte, nickte ich Cinta’ihla zu und schoss die letzte Doublette, einmal ins Herz und die nächste Kugel genau zwischen die Augen. Doch da rannten Cinta’ihla und ich bereits auf Marion zu, sprangen sie gleichzeitig an und stießen sie mit einem mächtigen Doppelfuß Kick von der Plattform.

Ob Marion Perling zu dem Zeitpunkt bereits tot war, spielte keine Rolle mehr, denn sie fiel direkt in den Anker, der am Hallenkran durch die Halle gefahren wurde und spießte sich rücklings auf. Mit beiden Armen gespreizt hing Marion Perling auf dem Anker und die Spitze des schweren Gerätes ragte aus ihrer Brust hervor.

Inzwischen waren die ersten Polizeibeamten eingetroffen und Peter war mit Polizei Inspektor Klan’huta im Schlepptau auch in der Halle angekommen.

„Was ist hier los, was ist denn da geschehen?“ Rief der Inspektor. Peter kam auf mich zu und umarmte mich.

„Schatz, es ist alles klar, wir haben uns nur von Marion Perling ein für alle Mal getrennt.“
Cinta’ihla kam auch mich zu und umarmte mich. „Danke für alles.“ Ich drückte sie fest und küsste sie auf die Wange. „Hey das hättest du auch alleine geschafft. Ich habe selten so gute Nahkämpfer gesehen.“

Peter sah sie an und lächelte. „Vielleicht sollten wir sie mal Iduna in die Ausbildung geben, was meinst du, willst du lernen eine perfekte Nahkämpferin zu werden?“

Cinta’ihla schaute uns beide verwundert an, „wer ist Iduna?“ Ich lächelte ihr zu „Iduna ist die beste Nahkämpferin und Messerkämpferin, die ich kenne, von der ich heute auch noch vieles lernen kann. Sie würde sich freuen, wenn du dich als ihre Jungmeisterin vorstellst und um Ausbildung bittest. Wir würden sie auch informieren, dass du kämst.“ Cinta’ihla lächelte „Das würdet ihr für mich tun, ich wäre geehrt.“ „Also gut dann wirst du eine Meisterkämpferin.“

Einer der Handwerker kam auf uns zu und zeigte uns, in einer Kehrschaufel liegend, einige Finger. „Vermisst das hier jemand?“

Cinta’ihla und ich mussten, trotz alldem was eben noch war, ein wenig lachen. „Ich denke die Dame da oben braucht das nicht mehr, aber das gehört zu der da oben.“ Jetzt erst erkannte der Arbeiter, was da im Anker hing.

**

Zwei Tage später auf den Fidschi-Inseln

Am international Airport Nadi auf den Fidschi-Inseln verließ Theobald, der Stecher, Vogel den Flieger. Natürlich war er nicht über Soulebda geflogen, auch wenn die Verbindung dorthin besser gewesen wäre. Knapp eine Stunde später war er wieder in der Luft mit einer Regionalmaschine in Richtung Futuna. Die Strecke, die vor ihm lag, war nur halb so lang als jene von Soulebda, dennoch verwünschte er innerlich jede Minute in der klapprigen Turboprop Maschine.
Aber dafür waren mit ihm gut 30 Arbeiter an Bord, die nach Alofi wollten und unrasiert wie er war, würde er weniger auffallen, dachte er sich.

Hätte er gewusst, dass die Scanner am Flughafen Vele die Neusten waren, die es für gutes Geld zu kaufen gab, so hätte er sich mehr Mühe bei der Verkleidung gegeben. Als die Maschine ausrollte und am Terminal zu stehen kam fielen Theobald, dem Stecher die neuen Fahrzeuge auf und er war alarmiert. Neue Fahrzeuge bedeutet, dass es für wichtigere Dinge auch mehr Geld gab und so huschte er nicht in den bereitstehenden Bus, sondern zu dem kleinen Traktor der den kleinen Stromgenerator zog. Seinen geliebten Borderland Lederhut knautschte er rasch zusammen und steckte in ein, mit etwas altem Öl im Gesicht sah er schon mehr nach Bedienstetem aus also noch vor wenigen Minuten. Hinter dem Generator war noch ein Gerätewagen mit Plane angehängt und der Stecher verschwand unter der Plane.
Wie so oft hatte er sich unauffällig aus dem Staub gemacht. Nicht umsonst war er einer der besten Killer.

Eine Stunde nach der Landung überprüfte ein müder Zöllner seine Personen Listen und fand den wahrscheinlichen Fehler des fehlenden Passagiers. Eine Person stand zweimal auf der Liste. Am Anfang und auf der zweiten Seite. Dass ein John A. Smith und ein John Smith A. tatsächlich zwei unterschiedliche Personen waren, kam ihm nicht in den Sinn, dafür war der Tag zu heiß und er freute sich auf den kühlen Tee.

Theobald, der Stecher, Vogel war gelandet und keiner wusste von ihm.

**

Soulebda

Was es hieß, zu einem „Team wie diesem“ zu gehören, musste Lem feststellen, als sie in Julam’da landeten. Dort wurde das Team schon von einer Menge Leute erwartet und als sie ausstiegen, stellte sich plötzlich jemand Lem in den Weg.
„Das war eine verdammt miese Nummer, GENERAL!“ herrschte ihn Soraya an. „Einfach abhauen und mich zurücklassen!“
„Soraya?! Was zum Teufel treiben SIE hier?!“
„Dasselbe wie sie!“ fuhr sie ihn harsch an. „Ich war von Anfang an dabei, als es um den Stecher ging, ich gehöre zu diesem Team und verdammt, ich habe mir das Recht ERARBEITET dabei zu sein, wenn der Scheißkerl zur Hölle fährt!“
Noch NIE war jemand mit Lem dermaßen Schlitten gefahren und zum ersten Mal in seinem Leben war Lem sprachlos.
„Ich sehe schon“, sagte Dagan und trat zwischen die Beiden, „ich habe die richtigen Leute zusammengebracht.“ Sagte er und legte beiden beschwichtigend die Hand über die Schulter, während Levi neben ihnen stand und mühsam ein Lachen unterdrückte.
„Ja, GENERAL.“ Lachte er. „Das war nicht nett.“
„Schnauze, MAJOR!“ bellte Lem ihn an, dann mussten alle vier laut lachen. „Ok, HAUPTMANN Davidson, ich habe es versaut. Ich bin wohl der einzige General der Welt, der bei seinen Untergebenen nichts zu melden hat. Wenn sie schon einmal hier sind… Schön, dass sie es geschafft haben zu uns zu stoßen.“ Sagte Lem zu Soraya und gemeinsam gingen sie zu den Hangars, wobei sich Lem ziemlich sicher war, dass Soraya Dagan angerufen hatte und dieser sie hergebracht hatte.

**

„Wow, der Laden hat sich etwas verändert, seit wir das letzte Mal hier waren.“ Stellte Frank fest. Zwar hatte er Soulebda seit dem Bürgerkrieg öfter besucht, doch in Julam’da war er seitdem nicht mehr gewesen. Damals zogen sie mit drei klapprigen Propellermaschinen in die Schlacht, welche über eine alte bucklige Piste gestartet waren, heute waren hier moderne Flugzeuge wie die F/35 stationiert, es gab betonierte Landebahnen und sogar einen Tower.
„Ja, wir haben unseren Reichtum gut angelegt.“ Erklang eine Stimme hinter ihnen. Frank und Decker drehten sich und sahen Soleab auf sich zukommen, der sie herzlich empfing. „Willkommen auf Soulebda. Heylah schickt mich mit ihrer aufrichtigen Entschuldigung, dass sie euch nicht mit allen Ehren in Soulebda Stadt empfangen kann, doch diesmal geht die Geheimhaltung vor dem Protokoll.“
„Ich mag dieses Tam-Tam sowieso nicht.“ Meinte Decker.
„Wolfgang!“ Frank schüttelte den Kopf „Ignorier ihn, richte Heylah bitte unseren Dank aus.“ Antwortete Frank.
„Kommt“, Soleab wies zu einem der neuen Hangars, „wir haben eine Einweisung und Besprechung vorbereitet.“
Während alle in Richtung des Hangars gingen, schaute sich Ekatarina suchend um. Sie ging mit Viktor, Hannes, Johann und Gratzweiler über das Rollfeld, dann wandte sie sich an Hannes, der neben ihr ging. „Hier ist irgendwas faul.“ Stellte sie fest und schaute sich um.
„Wie kommst du darauf?“ wollte er von ihr wissen.
„Das hier ist soll doch der wichtigste, militärische Flugplatz Soulebdas sein, und ich sehe einen Flugplatz, Flugzeuge und Leute, aber ich sehe nirgendwo Zäune, Wachen oder Alarmanlagen. Das stinkt!“
Hannes lachte trocken und sagte, „Oh hier gibt es Alarmanlagen, eine steht direkt neben dir.“ Grinste er sie an und wies mit dem Kopf neben sie. Ekatarina wollte den Kopf schütteln, als sie den Kopf drehte und den Schreck ihres Lebens bekam, als direkt neben ihr ein Mann in einer seltsamen Tracht stand, der allem Anschein nach, aus dem nichts aufgetaucht war.
„Hallo.“ Lächelte sie der Mann an. „Sie könne die Waffe stecken lassen.“ er deutete auf ihre Hand, welche unter ihrer Jacke schon die Makarov ergriffen hatte. „Wir spielen im selben Team.“
„Das stimmt.“ Sagte Hannes. „Darf ich vorstellen, Kenta’mariba, einer meiner Stammesbrüder und ein sehr guter Freund.“
„Wo zum Teufel sind sie hergekommen?“ wollte Ekatarina von Kenta‘mariba wissen.
„Ich war die ganze Zeit bei ihnen, sie waren lediglich zu beschäftigt, um mich zu sehen.“ Antwortete er, gab Hannes die Hand und ging weiter zu Viktor.
„Mistkerl!“ zischte Ekatarina und Hannes stieß sie an. „Ein kleiner Tipp, wenn die Scheiße brennt, halten sie sich an diese Krieger! Das hier ist deren Spielplatz!“
„Hallo Boss.“ Wurde Decker von Lukas begrüßt.
„Was treibst du hier? Ich dachte, du bist hier Ehrengast auf der Insel.“
„Bin ich auch… aber irgendwie liegt es mir nicht die Hände in den Schoß zu legen und während meine Freunde in den Kampf ziehen. Und ich habe was gelernt! Ich brauche keine Knarre, um zu kämpfen.“
Decker musterte ihn einen Augenblick, dann nickte er ihn anerkennend zu und forderte Lukas auf, ihm zu folgen. Im Hangar traf die Gruppe dann auf die Inspektoren Lastre’lar und Martin sowie weitere „alte Bekannte“, wie die Krieger Tars’fert und Trusg’jerset. Neben Jerome und war auch Iduna anwesend, die ihnen Oksana und Raffaela vorstellte.
„Ok“, brummte Decker zu Soleab, „eine russische Offizierin lasse ich mir ja gefallen, aber eine brasilianische Schönheitskönigin? Haben eure Krieger Personalmangel?“
„Vorsicht!“ gab Soleab leise zurück. „Diese Schönheitskönigin ist Polizisten und hat im Nahkampf nachweislich drei Piraten niedergemacht und das mit bloßen Händen! Außerdem könnte sie Ma’Difgtma Schwiegertochter werden.
„Dieses Püppchen?!“
Soleab nickte und Decker, der Raffaela plötzlich mit anderen Augen sah, pfiff leise anerkennend. „Wenn sie sogar Ma’Difgtma beeindruckt hat, muss sie wirklich was auf dem Kasten haben…Jerome ist ein Glückspilz.“

**

Eine Stunde nach ihrer Ankunft versammelten sich dann alle in einem der Hangars, um die Einsatzbesprechung zu halten.
Zu Beginn gab Dagan eine Zusammenfassung des Angriffs auf Makira und den gescheiterten Anschlag auf die Mienen auf Alofi.
„Der Financier, den wir als Magnus Berberich identifizieren konnten, steht in Deutschland mächtig unter Druck. Er hat sich, durch die falsche Fährte zu Innenminister Nehren, dazu verleiten lassen aus der Deckung zu kommen und versuchte die Beweise von Alofi zu vernichten, was in einem Fehlschlag endete.
Das und die hervorragende Arbeit die Viktor und sein Team geleistet haben, indem sie sich beispielsweise über Berberichs Tochter Informationen besorgten, führte dazu, dass wir seine Konten ausfindig machen und sein Vermögen größtenteils beschlagnahmen konnten. Mittlerweile bricht Berberichs heile Welt auseinander und je mehr Druck auf ihm lastet, umso mehr Fehler begeht er, was wiederum dazu führte, dass die Task-Force Mohrle jede Menge Beweise zusammentragen konnte, um dem Mistkerl den Prozess machen zu können.
Aber noch ist es nicht soweit. Alles steht und fällt mit den Beweisen auf Alofi. Und da kommen wir ins Spiel.“
Eine Hand hob sich und Dagan nickte Lukas zu.
„Wie können wir helfen?“
„Wir wissen, dass der Stecher Leute um sich schart, dass Futuna das Ziel ist und dass die Sitzung der UNO wahrscheinlich das Ziel sein wird. Bis jetzt sind wir noch dabei die Fakten zusammenzutragen. Ihr werdet zu Norman nach Alofi gehen und dort eine Operationsbasis errichten, von der Vogel nichts wissen wird. Bis dahin werden wir mehr in Erfahrung gebracht haben.“
„Ich nehme an, dass man uns nicht sehen soll? Wie kommen wir ungesehen nach Alofi?“ wollte Frank wissen.
„Das übernimmt die Marine, ihr werdet morgen Nacht von der Novel’ult an der Küste Alofis abgesetzt. Ab dann wird General Lem die Operation leiten. Die Regentin hat die entsprechenden Befehle erteilt und König Sewate unterstützt Heylah in dieser Angelegenheit absolut. Bis hier hin Fragen?“
Dagan sah sich die Truppe vor sich an. Israelische Geheimdienstler, deutsche Justizbeamte, soulebdalesische Soldaten, Polizisten und Krieger, ehemalige KGB Agenten, eine russische Offizierin und eine brasilianische Schönheitskönigin… bunter und verrückter ging es nicht! NIEMAND, auch nicht der Stecher, würde mit solch einer Truppe rechnen!
Es gab keine Fragen und so machte sich unsere Verstärkung auf dem Weg zur Novel’ult, während Bernd, Esrom und Jim in ihren Flugzeugen vorausflogen.
**
Im Schutze der Nacht brachten die Boote der Fregatte das Team nach Alofi wo es von Norman, Meresch und Menachem erwartet wurde. Norman hielt sich nicht lange mit Freundlichkeiten auf, drückte Lem einen ganzen Stapel Papiere in die Hand und brachte ihn in seinem Gefechtsstand auf den neusten Stand.
Jetzt war Lem sehr froh, dass Soraya mit an Bord war, denn sie schaffte es die Berichte, Meldungen sowie die dazugehörigen Fotos in Rekordzeit zu sortieren und den entsprechenden Seiten zuzuordnen.
„Hast du eine Ahnung, wo Caroline und Peter sind?“ fragte Frank Meresch, als sie auf dem Weg nach Alofitai waren, wo Norman eine Unterkunft bereitgestellt hatte.
„Sie sind noch mit Penelope, Clair, Dana und Randy im Palast und werden morgen zu uns übersetzen.“
„Wie geht’s den Drei, ich meine nach der Sache auf der Wu Dong?“
„Naja, Claire haben die Piraten nicht angefasst, aber Caroline und Peter… Ich habe das Gefühl, dass Caroline mit den Geschehnissen besser zu Recht kommt als Peter. Er lässt sich zwar nichts anmerken, du kennst ihn ja… Aber ich werde das Gefühl nicht los, das da eine Zeitbombe tickt.“
„Ich wird ihn im Auge behalten.“ Versprach Frank und nahm sich vor wachsam zu sein.
Gegen Morgen hatte sich Lem dann ein erstes Bild von der Lage gemacht und fluchte laut. „So eine Scheiße!“
„Was?“ fragte Soraya, die aufschaute.
„Diese Idioten bringen alle ihre Familien mit!“
„Wer bringt seine Familien mit?“
„Na die Delegierten! Statt die Gefahr zu erkennen, wollen sich die meisten hier ein paar schönte Tage in der Südsee machen. Ruf die anderen zusammen, ich glaube, ich habe unsere Schwachstelle gefunden!“

**

Als alle zusammengekommen waren, erklärte Lem ihnen seine Analyse.
„Ich denke es geht Berberich um die Beweise von Alofi. Deswegen hat er den Stecher herbeordert. Er soll Chaos stiften!“
„Das verstehe ich nicht.“ Meldete sich Lukas zu Wort. „Die Beweise sind da, fast die gesamte UNO ist auf dem Weg diese zu sichten, wo ist das Problem?“
„Ganz einfach. Da Berberich die Beweise selbst nicht vernichten kann…“ er brach ab und schwieg.
„Sie denken, er greift die UNO an?!“ fragte Shea ungläubig. „Das wäre vollkommen absurd!“
„Nur auf den ersten Blick. Wenn Berberich genug Angst verbreitet, so dass niemand wagt, die Beweise zu verwenden, dann gewinnt er doch noch.“
„Aber wie will er das machen?“ hakte Shea nach. „Wie will er die UNO dermaßen einschüchtern, dass die Delegierten ihre Arbeit nicht machen wollen?“
„Wovor würden sie sich denn am meisten fürchten?“
„Ich würde mich nicht…“ sie brach ab und wurde bleich. „Er will nicht die Delegierten… er will ihre Angehörigen…“
„Ja, das ist auch meine Vermutung. Als bekannt wurde, dass die Delegierten der UNO nach Futuna reisen, konnten viele der Delegierten einfach nicht der Versuchung widerstehen ihre Angehörigen mit in die Südsee zu nehmen. Da wir hier nur Vermutungen anstellen, hätte auch kaum jemand auf unsere Warnung gehört. Natürlich haben die Delegierten ihre Leibwächter dabei, doch die sind hauptsächlich für die Delegierten selbst verantwortlich, nicht für die Ehefrauen Freundinnen oder Mitarbeiter.
Fakt ist, dass neben den 60 Delegierten auch 110 Angehörige auf Futuna sind, um ein paar schöne Tage zu haben. Stellen sie sich die Reaktion, sollte der Anschlag gelingen und die Angst derer, welche als Nachfolger eingesetzt werden. Wie weit würden die wohl gehen, wenn ihren Lieben das gleiche Schicksal drohen würde?“
„Gibt es schon konkrete Maßnahmen, welche unsere Behörden und die Behörden hier und auf Futuna ergriffen haben?“ wollte Lastre’lar wissen.
„Colonel Kresser, welcher als Sicherheitsberater von König Sevate fungiert, wird dafür sorgen, dass die Angehörigen der Delegierten alle in einem Hotel untergebracht werden, so dass wir hier nur ein Angriffsziel bieten, statt mehrerer. Das Hotel ist ein Neubau in den Hügeln über Maopo’opo. Es liegt abgelegen und lässt sich gut überwachen. Die Delegierten werden ihre Tagungen auf einem Schiff vor der Küste abhalten umso vor Angriffen geschützt zu sein. Ein weiteres Angriffsziel wäre noch der Palast, doch ein Angriff darauf wäre mit großer Wahrscheinlichkeit nur eine Ablenkung.“
„Es gibt also drei wahrscheinliche Angriffsziele.“ Stellte Decker fest. „Die Delegierten, das Hotel indem sie und ihre Angehörigen untergebracht sind und der Palast. Wenn der Stecher also einen Anschlag in dieser Größenordnung durchführen will, braucht er eine Menge Leute und eine Basis. Die darf weder zu nah, noch zu weit vom Ziel entfernt sein. Habt ihr eine Ahnung, wo das sein könnte? Auf Futuna selbst eher nicht.“
„Nein“, sagte Kresser, „das können wir ausschließen. Wir haben in Vele alle Sicherheitsvorkommen getroffen, die es gibt. Weder Vogel, Whitinghouse oder Perlinger sind bis jetzt auf Futuna. Am wahrscheinlichsten ist eine der unzähligen kleinen Atolle rund um Futuna.“
„Kann man die denn nicht absuchen?“ wollte Lukas wissen.
„Nein“, schüttelte Dagan den Kopf. „Du darfst hier nicht in „deutschen oder europäischen Dimensionen“ denken. Das hier ist der Südpazifik, die Ecke hier ist doppelt so groß wie Europa…“ Er wurde unterbrochen, als die Tür aufging und Bernd mit Esrom und Jim hereinkamen. Die drei nickten den Anwesenden zu, dann begaben sie sich auf ihre Plätze. Als Lem Bernd fragend ansah, schüttelte dieser nur den Kopf.
„Das dachte ich mir. Wir sprachen gerade über eine Suche auf den Atollen rund um Futuna. Vogel, als auch Whitinghouse sind Profis, sie werden mit einer Suche aus der Luft rechnen und dementsprechend ihre Basis tarnen, einschließlich der Irreführung von Wärmebildkameras und per Schiff alle Atolle und Inseln zu überprüfen, dauert Wochen.“
„Was ist mit der Kontrolle des Schiffsverkehrs?“
„Wir können zwar die Schiffe kontrollieren, doch die Möglichkeit, dass Vogel und Whitinghouse mit einem kleinen Fischerboot der Kontrolle entgeht, ist nicht auszuschließen.“
„Das heiß also, wir können nur warten, bis sie zuschlagen?“ fragte Shea.
„Nein, wir werden sie vorher abfangen und erledigen. Das ist unsere Aufgabe! Der Stecher wird mit Soldaten und Leibwächtern rechnen, aber nicht mit uns. Sobald Caroline und die Anderen zu uns stoßen, werden wir einen soliden Plan erarbeiten, wie wir diese Insel vor Angriffen des Stechers verteidigen können.“

**

Wallis

150 Meilen nordöstlich von Futuna, auf der malerischen Insel Wallis tat sich einiges. Am Hafen von Mata’Utu legte ein Versorgungsschiff an und landete wie sooft Besucher, Arbeiter, einige Geschäftsleute und jede Menge Waren in Containern an.

Nahe Mala’e war vor anderthalb Wochen einiges geschehen. Vier Hütten wurden aufgekauft, abgerissen und durch ein modernes funktionelles Containerhaus ersetzt worden. Nach und nach kamen weitere Wohncontainer dazu und schließlich ein einfaches Haus aus Schnellbauelementen zusammengesetzt.
An der Eingangstür prangte ein kleines Firmenschild: „Clemens Daxx Import & Export KG“ ab diesem Zeitpunkt tauchten hin und wieder neue Gesichter auf, die Leute schienen ihrer Arbeit nachzugehen und keiner wusste genau, was dort gearbeitet wurde. Lediglich die Anzahl der Mitarbeiter wuchs täglich.
Weitere kleine Wohnhütten entstanden und ein stillgelegtes Gebiet im Westen von Wallis wurde als Testgelände reklamiert. Dort entstanden zwei Windräder und drehten sich munter. Ansonsten sah man nicht viel. Abgesehen davon, dass nur anderthalb Meilen von diesem Testgelände entfernt die ehemalige Zentrale von Bruce Sinclair lag.

Seitdem dort vor einiger Zeit ein Flugzeug in einer Lagerhalle eingeschlagen und diese dabei fast komplett zerstört hatte, wurde hier einiges neu gebaut und eine neue, kleinere Halle stand an dem Platz. An der Tür prangte ein Schild „Laboratoire d’acoustique“ und keiner konnte sich darunter etwas vorstellen. Besuchszeiten gab es keine und da die Steuern flossen war diese Akustik-Halle als unwichtig eingestuft.
Tatsächlich befanden sich in der doppelt abgedämmten Halle neben den Personal und Werkräumen auch Trainingsanlagen und Schießstände. Dass hier eines das Trainingscamps für international agierende Verbrecher und Killer entstanden war, wusste offenbar keiner auf der Insel. Dieses Camp war die neue Sammelstelle für des Stechers Mannschaft. Schließlich hatte er noch einige Rechnungen offen und sein Auftraggeber in Deutschland forderte Lösungen. Schließlich hatte er all die Jahre sehr gut gezahlt.
Zwei Tage später auf den Fidschi-Inseln.

Am international Airport Nadi auf den Fidschi-Inseln verließ Theobald, der Stecher, Vogel den Flieger. Natürlich war er nicht über Soulebda geflogen, auch wenn die Verbindung dorthin besser gewesen wäre.
Theobald, der Stecher, Vogel war direkt nach Wallis geflogen und landete auf dem internationalen Flughafen Wallis Hihifo.

Theobald, der Stecher, Vogel war auf Wallis gelandet und keiner wusste von ihm. Er verwischte seine Spur und fuhr dann in die neue Lagerhalle, seiner neuen Firmenzentrale.

**

Der Haupteingang der Lagerhalle war nur eine Attrappe. Einige Lautsprecher und merkwürdige Gerätschaften standen hier umher mit nichtssagenden Beschriftungen versehen und der eigentliche Eingang war immer verschlossen.
Ganz anders am Hintereingang. Dieser war von einigen Containern verstellt, man wollte schließlich keine Hundertschaft vor der Tür sehen. Am Eingang befand sich eine Kamera hinter Panzerglas, dazu eine Sprengfalle.
Mit seinem Zentralschlüssel schloss der Stecher die Tür auf und stand vor zwei der aufspringenden Wachen, die ihn sofort erkannt hatten.
„Ruft die anderen. In 5 Minuten im zentralen Raum, es gibt einiges zu besprechen.“
„Jawohl Chef!“ Der eine tippte einige Tasten in den Computer ein, schon ertönte eine Ansage. „44 Code 443, 44 Code 443“ Mehr nicht.
Von überall her liefen Frauen und Männer und versammelten sich um den Stecher. Davor, wie beim Militär standen die Anführer, Sam Whitinghouse und seine beiden Helfershelfer.
„Mann oh Mann, was für ein lahmer Haufen, verdammt nochmal der Chef ist da also bewegt eure Ärsche!“
„Alle (? 56 ?) Da,“ sagte Glenn zu Whitinghouse. Dieser nickte nur und drehte sich zu Theobald, der Stecher, Vogel um und plärrte ein militärisches „Alle angetreten – Sir!“
Der Stecher, ein Freund des Professionellen, lächelte kurz zu Whitinghouse und stellte sich neben ihn. Dann begann er mit seiner Ansprache.
„Guten Tag zusammen. Wie ich sehe, sind alle da, diesmal also keine Verletzen. Das ist gut so, denn es gibt was zu tun auf Futuna und Alofi. Also folgendes muss geschehen, und zwar zeitgleich!“

**

Auf Futuna

Peter und ich fuhren auf der Hauptverbindungsstraße von Futuna Richtung Norden. „Schau mal, da kommt das Riesenschiff für die UNO Leute, wie hieß der Kahn nochmal?“
„Honolulu Princess, glaube ich und das ist schon ein mächtiges Schiff.“
„Ja schon, aber es ist nichts gegen unser Schiff, auf unserer Hochzeitsreise, oder Schatz?“
„Über 2000 Passagiere sollen da drauf passen und die Reederei hat das Schiff abgestellt nur für die UNO Leute und ihre Begleitung, das mögen gerade so an die 450 Leute sein mit ihrem ganzen Stab, den Begleitern, Leibwächtern und allem, was dazu gehört, na vielleicht auch ein paar mehr.“
„Jetzt übertreibst du aber, wegen 40 Vertretern der UNO solch ein Riesen Tross?“
„Vorsicht Schatz, die Kurve, ja doch, denk nur mal an die ganze Funktionsmannschaft. Fransiska hat mir das zusammengerechnet,
40 UNO Beobachter,
80 Guards für die Beobachter, dazu
40 Begleiter, also Partner und Freundinnen
40 Guards extra für die Begleitungen
30 IT Technik, für die ganzen Computer
20 Funkerei und Kommunikationstechnik
20 Medizin, also Ärzte Schwestern, Pfleger und so weiter
45 Techniker für die ganze sonstige Technik
35 Versorgung Hauswirtschaft
40 Schreiber und Typisten
40 Funktioner für die unterschiedlichsten Aufgaben
und bestimmt habe ich da noch einige übersehen oder vergessen. Zusammen wären das jedenfalls 450 Leute auf dem Schiff.“

Peter grübelte kurz und grinste mich an. „Und für all das muss dann die Versorgungsmannschaft der Honolulu Princess herumtanzen, die haben doch bestimmt 2000 Mann nur dafür an Bord.“
„Ja, eher mehr sogar. Die Reederei macht hier ihr erstes Training für eine neue Mannschaft und nutzt so eine fast Leerfahrt als Lehrfahrt.“ „OK dann macht auch so ein Aufwand dann Sinn. Abgesehen davon wird die Werbemaschinerie auf Volldampf laufen.“
„Davon kannst du ausgehen, so etwas lässt sich niemand entgehen, das ist Werbund, die bereits bezahlt ist, das ist die Lizenz zum Gelddrucken. Ah, das Schild, da vorne ist das Hotel der UNO Beobachter.“
Das Gebäude selbst lag abgeschirmt, über zwei Barrieren muste man sich dem Gebäude nähern und erst nach der zweiten Abschirmung konnte man einen Blick auf das Hotel werfen, so gut war es in die Natur eingelassen. Mit unseren Ausweisen kamen wir durch die Kontrollen und Peter betrachtete alles sehr genau. Ich wusste, dass er bereits dabei war in Gedanken hier einzudringen. Ganz nach dem Motto: Sei schlauer als der Klauer.
Vor dem Hotel war reichlich Betrieb. Die Ankunft der Honolulu Princess hatte hier für Hektik gesorgt. Auf diese Art konnten wir am besten sehen, ob die Absicherung auch reibungslos funktionierte.
„Na, habt ihr euch schon umgesehen und Schwachstellen entdeckt?“ Die Stimme kam von Naftu’Melee, einem stattlichen Krieger. Er sah in seinem sportlichen Anzug richtig klasse aus und freute sich auch offensichtlich über unser Eintreffen.
„Mein König hat mir gesagt, dass ihr auf dem Weg seid, also kommt bitte, den Wagen lasst stehen, die fahren das Ding schon weg.“ Auf einen Blick von ihm huschte einer der Empfangsleute herbei und fuhr unseren Wagen in die Tiefgarage.

„Naftu’Melee, du alter Banause, du schaust gut aus. Die Heirat mit deiner Lotusblume hat sich als klug bewiesen. Wie geht es denn Pinta’Alaua?“
„Du erinnerst dich Caroline, du hast sie doch nur einmal gesehen. Danke Pinta geht es sehr gut, wir sind im fünften Monat und der kleine Naftu, der kommen wird, setzt unsere Tradition fort.“
Naftu’Melee schaute sich um. „Das hier haben wir vor über einem Jahr erbaut und vor einem halben Jahr modernisiert und neu verkabelt. Ich glaube eine solch moderne Gebäudeleitanlage habt ihr schon lange nicht mehr gesehen.“ Er führte uns durch das enorme Gebäude. Von innen wirkte es größer, als es auf den ersten Blick von außen erschien. Die beiden Etagen vermittelten Größe und dennoch keine übertriebene Platzverschwendung.
„Wie viele Etagen umfasst das ganze Haus?“
„Die beiden Wohnetagen, dazu zwei weitere unter der Erde. Wir haben alles auf Geothermie umgestellt und haben die Elektrik immer noch als Backup Lösung. Die gesamte hintere Seite ist mit Solarpanels bedeckt und wir speisen damit sogar in das Stadtnetz ein. Die Klimatisierung erfolgt über einen seitlichen Kellerraum, der fasst über 3000 m³ Luft und kann diese im Laufe des Tages immer wieder austauschen.“
„Haltet ihr das wirklich für besonders durchdacht mit der seitlichen Klimatisierung?“
„Das hat uns ein ehemaliger Mitarbeiter eines gewissen amerikanischen Dienstes empfohlen. Wir haben den Mann auch gleich als System Supervisor eingestellt. Vielleicht kennt ihr ihn ja, Max Heufuß, ehemals CIA.“
Peter sah mich fragend an, mir sagte der Name Max Heufuß auch nichts, aber Naftu’Melee führte uns in die Erste der unteren Etagen. Hier befanden sich die Technik und Sicherheitsbereiche. Hinter eine besonders gesichtern Tür ging es für uns weiter. Wir wurden nochmals streng untersucht, dabei grinste Naftu’Melee in sich hinein.

 

„Kommt mal, ich zeige euch das Zentrum der Macht in diesem Gebäude.“ Damit öffnete er eine Sicherheitstür und kühle Luft wehte uns entgegen.
„Darf ich vorstellen, die Zentrale. Max Heufuß hat heute keinen Dienst, aber Theresa hier wird euch gerne weiterhelfen, sie ist die eigentliche Seele der Anlage hier.“ Er zeigte uns den Arbeitsplatz und an der Seite stand ein Bild, das Max Heufuß mit einer Frau zeigte. Daneben ein Bild von Theresa und einer Katze.
„Theresa Owalski, ich grüße euch. Naftu’Melee hat euch angekündigt. Darf ich einfach mal loslegen?“
Ohne groß auf unsere Antwort zu warten, legte Theresa los. „Wir haben sämtliche Türen, Fenster, Ralläden, sanitären Einrichtungen, die gesamte Elektrik und Elektronik und natürlich auch die Klimatierung über zwei unabhängige Busnetze angeschlossen. Das ganze läuft hier zusammen und wird über eine SCADA Anlage zentral gemanagt.“
„Dann ist das hier vermutlich der Leitstand?“
„Ja, Max nennt das immer seine Kommandozentrale. Die beiden VM Server stehen hier in diesem 19 Zoll Rack und tragen eine Virtualisierung. Die Anbindung ist einwandfrei und sogar das WLAN ist getrennt nach Betrieb, UNO und Gastnetz.“
Peter hatte einen der großen Monitore im Blick. Oben stand in kleinen Buchstaben „Supervisory Control and Data Acquisition“ und begann bereits zu grinsen. „Was ist, wenn dieser Leitstand ausfällt, wo ist das Backup?“
„Hier in diesem Schrank.“ Theresa öffnete einen breiten Schrank und ein zweiter Leitstand, mit kleineren Displays fuhr herab. Die Displays liefen an und zeigten die gleichen Daten, wie der Leitstand.
„Sehr schön.“ Bemerkte ich und Theresa lächelte, innerlich schien sie um einen Zentimeter gewachsen zu sein, man merkte, sie war in diesem System aufgegangen. „OK danke Theresa, wieder einmal vorbildlich, Danke. Kommt bitte ich zeige euch noch einige Besonderheiten.“
Zwei Stunden später waren wir auf der Rückfahrt zum Flughafen und würden uns mit den anderen auf Soulebda treffen, wo auch Clair auf uns wartete.
„Was ist dir bis jetzt aufgefallen Schatz?“
„Nun Caroline, ich sehe vor allem die Belüftung als Schwachstelle an, da könnte man etwas anderes bauen. Dazu dieser Mega Leitstand im Keller, weißt du, mir ist das SCADA System noch gut in Erinnerung durch den Stuxnet Trojanerbefall im Iran.
Außerdem ist das Ganze eine riesige Falle, man hat keine Fluchtwege als diesen einen Zufahrtsweg, das ist Kacke. Sensoren fand ich auch wenig und noch weniger Kameras. Sicherheitstechnisch halte ich das ganze Hotel für ein Wagnis. Ansonsten gefallen mit die Aufzüge nicht. Bei zwei Etagen Aufzüge, na ich weiss nicht. Aber ansonsten haben die hier an nichts gespart.“
„Schatz, ich find dich immer wieder klasse. Ich wette mit dir, da haben Profis ein halbes Jahr an allem herumgetüftelt um die Anlage sicher zu bekommen und dann so etwas gebaut und dann kommst du und findest innerhalb einer Stunde diese kapitalen Fehler.“
Als wir abhoben, flog die Maschine über die Bucht von Futuna und wir konnten das Kreuzfahrtschiff gut sehen. „Das ist schon ein mächtiger Brocken, so ein Schiff.“
„Klar doch, wie ein altes Schlachtschiff, da müsste man doch einige Abwehrsysteme anbringen können. Von welcher Reederei war dieses Schiff nochmal?“
„Das ist die Honolulu Princess. Ich kenne einen der Obmänner der Princess Reederei, das ist ein genialer und toller Typ. Jonathan McDonalds, der Mann ist einer der technischen Direktoren und immer an den neusten Errungenschaften interessiert. Mit dem zusammen haben wir von einigen Jahren einige Piraten in der Karibik vertrieben. Die Technik ist sein Hobby und seine Berufung. Haben wir schon wieder WLAN im Flieger?“
„Ja die Anschnallzeichen sind erloschen, wir haben auch wieder WLAN.“
„Klasse, mal sehen, ob seine Mailadresse noch stimmt…“

**

Noch ehe der Catering Service an uns vorbei war, leuchtete mein Tablet auf und eine neue Mail wurde angezeigt. Jonathan McDonalds von der Princess Reederei hatte geantwortet.
„Peter, Schatz, das glaubst du nicht. Jonathan schreibt mir hier, dass die neuen Schiffe alle mit Long Range Acoustic Devices, LRAD ausgestattet wurden, die Transmitter aber nur in der Karibik und in einigen besonderen Gebieten herausgegeben würden. Weiter schreibt er, dass er den Kapitän bereits angewiesen habe, alle LRDS Devices zu montieren. Ich glaube ich muss mich bei ihm bedanken.“
„Bei ihm bedanken, dass du seine Perle hier vor Futuna beschützt. Ich glaube, der müsste dir besser danken, wenn der Kahn heil heimkommt.“
„Peter du bist jetzt zu streng, ich glaube, der Mann hat seine Schlüsse schon gezogen. Bisher war der immer clever und vorausschauend.“
Nach etwas über einer Stunde landeten wir auf Soulebda und wurden von einer kleineren Maschine abgeholt, mit der flogen wir weiter zum Julam’da Airfield.

**

Im Hangar trafen wir auf unsere Freunde, die erfreut waren, uns zu sehen. Nach einer kurzen Begrüßung startete Dagan mit seinem Vortrag, der uns fesselte.
„Also wir haben ein Problem. Unsere Aufklärung berichtet, dass der Stecher Kommandos zusammenzieht. Bisher wissen wir von acht Kämpfern, die Spione berichten von deutlich mehr. Damit ist klar, dass der Stecher die Party auf Futuna sprengen will. Unsere Probleme sind, dass wir nicht wissen, ob er selbst dabei ist, oder im Hintergrund agiert. Die Stärke seiner Truppen ist der zweite Punkt und dass wir noch nichts von unseren eingeschleusten Agenten gehört haben. Wir müssen davon ausgehen, dass er geschnappt wurde.“
Viktor Kubaliborow stand auf und ging zu Dagan. „Unsere Falle können wir so jedenfalls vergessen. Wir brauchen etwas, wo der Stecher auf jeden Fall anbeißt und nicht zurückbleibt, etwas, dass …“
Frank Brauer meldete sich zu Wort. „Ich habe da eine Idee. Der Stecher ist sehr eitel. Reizen wir ihn. Hier mein Vorschlag. Wir lassen über die Presse verbreiten, dass wir die Konferenz auf Futuna beschützen. Ich werde als der Sicherheitsbeauftragte vorgestellt, zusammen mit Decker an meiner Seite. Dann lassen wir die Bilder sprechen und reizen den Stecher. Sobald er sieht, dass seine wichtigsten Ziele hier vor Ort sind, wird er kommen. Hundertprozentig!“
Dagan schaute auf. „Frank das ist ein gefährliches Spiel. Du bringst dich, Decker und all die anderen in akute Gefahr.“
„Ist der Speck nur fett genug, kommt auch eine Ratte wie der Stecher aus seinem Loch.“
„Und das Risiko für euch und all die anderen?“
„Das ist planbar, da sage ich dir bestimmt nichts Neues.“
Ein leises Raunen entwickelte sich und schnell merkte Dagan und Viktor, dass in dem Gewirr gute Ideen enthalten waren.
„Also gut. Das ist hier keine Sicherheitsdemokratie, wir müssen den Plan sauber aufstellen und präsentieren. Wer kann mit der ACP reden, das wäre dein Job Caroline?“
„Klar. Das mache ich.“
„Gut, die Sicherheit im Palast von Futuna und dem Hotel müssen wir einweihen. Ja Caroline?“
„Eine Frage an die Sicherheitsleute, kennt jemand einen Max Heufuß, ehemals CIA? Der ist in dem Hotel der IT Administrator.“
„Das prüfe ich ab. Gib mir ein paar Minuten.“
Dave Miller nickte Mike Smith kurz zu und Dave ging aus dem Hangar.

**

In Langley klingelte ein Telefon. Sigourney Mathis nahm ab und lächelte kurze Zeit später vor sich hin.
„Ist diese Leitung auch sicher?“
„Selbstverständlich Sigourney.“
„Dave, du untreue Tomate, treibst du dich immer noch in der Südsee herum und knabberst an Kokosnüssen?“
„Sigourney, Schatz, ich brauche dich für eine Auskunft. Ist bei euch noch ein Max Heufuß gelistet? Hier bei uns treibt sich einer mit seinem Namen rum.“
„Moment, das haben wir gleich.“ Dave hörte ihre Finger über die Tastatur fliegen.
„Wie gehts denn den braungebrannten Schönheiten, hast du dort schon einige Herzen gebrochen, du Schwerenöter?“
„Sigourney, was denkst du von mir, ich bin so brav wie seinerzeit bei euch in Langley.“
„Eben das befürchte ich. So da sind die Daten. Ja Max ist noch gelistet, nicht mehr bei uns aktiv, aber mit Status „Pending“. Kennst du ihn denn?“
„Nein, deswegen ja auch der Check, Liebes, hast du mir Daten über ihn?“
„Deine Nummer ist noch aktiv, ich schick dir, was ich habe. Und noch etwas. Du schuldest mir noch eine Einladung zum Abendessen und eine heiße Nacht. Ich habe das nicht vergessen!“
„Ich komme darauf zurück und nun lass dich drücken.“

**

Wenig später kam Dave mit einem Umschlag zurück und gab ihn mir. „Ist das dein Max Heufuß?“
Die Bilder zeigten einen Mittdreißiger, schlank, schmales Kinn und eine Lockenwelle, die dringend einen Frisör zu rufen schien.
„Nein, das Bild, das ich an der Konsole sah, zeigte einen ganz anderen Mann. Etwa Ende 20, Brillenträger, sportlich muskulös und ein ausgeprägtes Kinn. Das ist nicht Max Heufuß.“
„Danke Caroline, dann haben wir eine Wanze im Haus.“
**
Während ich zusammen mit Peter, Dave und Mike an den Getränkestand gingen, hörten wir mit einem Ohr wie Dagan mit Frank und Decker redete.
„Ihr seid euch klar darüber, dass euer Plan den Stecher bis aufs Blut reizen wird?“
„Oh ja, das wissen wir. Inzwischen kennen wir seine Schwächen. Also Folgendes haben wir uns gedacht …“

**

Caroline ging mit Dave nach draußen, sie besprachen sicherlich, wie die Wanze zertreten werden konnte. Ich hielt mich mit Clair zurück und wir standen bei den einzelnen Gruppen und hörten jeder Gruppe eine Weile zu.
„Peter, das waren immer die kritischsten Momente, wenn man Einsätze plante, das Für und Wider abwägen musste und sich dann für eine Lösung mit dem bestmöglichen Erfolg, oder den geringsten Verlusten entscheiden musste.“
„Ja Clair, dazu kommt, dass der Stecher ein gefährlicher Narzisst und Serienkiller ist, der problemlos über Massen von Ermordeten geht. Ich glaube, wenn wir wüssten, wie viele er bereits ermordet hat, uns würde übel werden.“
„Das kann ich mir vorstellen, ah schau Caroline kommt mit Dave zurück.“
Wir gesellten uns zu den anderen und hörten ihnen zu.

**

Caroline hatte sich in die Runde zu Frank und Decker gesetzt. Irgendwie war es beruhigend Frank und Decker wieder an unserer Seite zu haben. Die Beiden, Lem, Levi und Dagan saßen öfter mit Maja und Boris zusammen und unterhielten sich leise. Ich konnte Caroline hinter ihrer Miene grinsen sehen… ich würde wetten, dass sie das Geheimnis dieser Bande kannte.

Aber ich ärgerte mich nicht, ich sah es als Ansporn! Irgendwann würde ich hinter ihr Geheimnis kommen!

Doch jetzt wo klar war, dass es hier um die Endrunde mit dem Stecher und seinen Leuten ging, war ich verdammt froh, dass Frank und die anderen hier waren, denn sie kannten den Stecher und wussten, wie er tickte. Und dass sie das wussten, bewies ein Anruf heute Morgen. Lem hatte vorausgesagt, dass der Stecher versuchen würde, die Zeugen zu beseitigen, welche gegen Berberich aussagen wollten.

Tatsächlich gab es sogar mehrere Versuche, doch alle wurden von Fabienne und Finja in Israel, von Mike, Dave und Iduna in den USA und vom BKA in Deutschland vereitelt, das den gerissenen Heiner Mohrle vom BND unterstützte.

**

Dass Theobald, der Stecher, Vogel gerade auf Wallis einen Tobsuchtsanfall bekam, wusste ich nicht. Doch jemand anderes aus unserem Team, schien eine Ahnung zu haben…
Soraya.
„Haben sie eine Minute, General?“ fragte sie Lem, als er über seinen Berichten brütete.

„Wichtig?“
„Ja.“
„Dann heraus damit.“

„Ich habe über den Stecher nachgedacht. Wir haben viele Berichte und Analysen über ihn und ich hab sie alle gelesen. Er hat mehrere Anschläge verübt, die alle Fehlschläge waren. Der Anschlag auf Caroline und Peter, Alofi und jetzt leben auch noch die Zeugen… Noch nie hatte der Stecher eine dermaßen Serie an gescheiterten Aufträgen und sein Ruf wird mit jedem Fehlschlag schlechter, etwas dass sich der Stecher nicht leisten kann.
Ich denke ich weiß, was er gerade durchmacht.“

„Weiter!“ forderte sie Lem auf.

„Hier gibt’s doch auch Internet… ich wette der Stecher sammelt jede Information, die er bekommen kann… Nutzen wir das doch zu unserem Vorteil.“
Lem sah Soraya an und sein Blick erhellte sich, es schien, als hatte sie geholfen sein Licht stärker leuchten zu lassen.

**

Während ich zusammen mit Peter, Dave und Mike an den Getränkestand gingen, hörten wir mit einem Ohr wie Dagan mit Frank und Decker redete.
„Ihr seid euch klar darüber, dass euer Plan den Stecher bis aufs Blut reizen wird?“
„Oh ja. Also Folgendes haben wir uns gedacht …“

**

Zwei Tage später auf Mata-Utu

Fassungslos starrte der Stecher auf seinen Laptop. Er sah gerade eine Reportage von Fransiska Haufberger über die Lage auf Futuna. Jetzt kurz vor dem Eintreffen der UNO Delegation. In dem Film wurde selbstverständlich auch über Sicherheitsmaßnahmen berichtet, insbesondere auf dem Schiff, welches die Delegierten benutzten, der „Honululu Princess“. Doch was den Stecher aus der Fassung brachte, war ein Interview mit einem „Sicherheitsbeauftragten“ des Hotels. Der Mann war sich sicher, jeden Kleinkriminellen zu schnappen, der sich dem Hotel auch nur näherte. Und dieser „Sicherheitsbeauftragte“ war niemand anderes als Frank Brauer!

Der Stecher wusste genau, was Brauer da machte! Brauer verhöhnte ihn! Nein! Er verhöhnte ihn nicht, er machte ihn lächerlich! Brauer nannte IHN –THEOBALD, DEN STECHER, VOGEL- einen Kleinkriminellen.

All die Jahre hatte Vogel dem Drang widerstanden Brauer, Decker oder einen der anderen umzubringen, die ihm 1988 so heftig in die Suppe gespukt hatten. Es wäre einfach unprofessionell gewesen. Doch jetzt…

Als ein Schuss durch die Halle donnerte, stürmten Whitinghouse und Glenn zu ihm und sahen den zerschossenen Laptop rauchend auf dem Tisch stehen. An der Wand blutete ein Cola Automat braune Flüssigkeit.

„Wir ändern den Plan!“ stieß der Stecher hervor, die Waffe noch in der zitternden Hand. „Das Angriffsziel Palast ist gestorben, wir werden nur das Schiff und das Hotel angreifen!“

Sam und Nigel tauschten einen besorgten Blick hinter Vogels Rücken aus. „Der Palast war lediglich eine Ablenkung, um ungesehen zum Hotel zu kommen, warum diese Planänderung?“ fragte Sam vorsichtig.

„Sie wissen, dass wir kommen. Brauer ist auf Futuna als angeblicher Sicherheitsberater dieses Königs leck mich! Er hat mich gerade vor aller Welt herausgefordert und er verhöhnt mich!

Ich will ein Blutbad! Ich will, dass niemand in dem Hotel überlebt und ich will Brauer tot sehen!

„Das Hotel anzugreifen ist ja sowieso der Plan“, warf Glenn ein, „Doch wollten wir nicht Geiseln nehmen um die Delegierten zu erpressen?“

„Scheiß auf Geiseln! Wir legen alle um und warnen so die anderen sich mit uns anzulegen! Also ich will in sechs Stunden einen Plan, wie wir das Hotel stürmen und wieder rauskommen!“

**

„Die Sache gefällt mir nicht!“ gestand Glenn Whitinghouse, als sie alleine waren. „Wenn wir Geiseln haben, werden sie uns nicht angreifen. Wir können von der Insel verschwinden. Wenn wir aber alle umlegen, schützt uns nichts mehr! Keiner von uns wird dann diese Scheißinsel lebend verlassen!“

„Ich weiß!“
„Dann tu was!“

„Du kennst ihn doch! Ich hab keine Lust, mit einer Kugel im Kopf, neben dem zerschossenen Laptop zu liegen. Wenn er sein Blutbad will, dann geben wir ihm eines. Wir machen es wie auf Alofi, lassen wir die Piraten die Drecksarbeit machen. Wir haben genug dieser Idioten. Ein paar von uns führen eine große Gruppe der Piraten in Richtung Hotel, eine zweite Ködergruppe lenkt die Bodyguards ab und wir schleichen uns ins Hotel.“

„Schleichen ist gut… Sobald die Schießerei losgeht, werden wir die ganze Armee am Hals haben. Dann nützen auch die Köder auch nichts mehr.“

„Wisst ihr“, warf Bindt ein, die das Gespräch mitverfolgt hatte, „ihr Männer denkt immer so kleinlich. Es gibt viele Möglichkeiten Leute umzubringen, auch solche ganz ohne große Knarren, oder lautes Geballer.“

Sam und Nigel sahen Bindt mit erwartungsvollen Augen an. „Erzähl!“

**

Futuna

Wie jeden Tag hielt Lem eine Besprechung ab, um uns auf dem laufendem zu halten. Nachdem Caroline und ich die Sicherheitsanlagen des Hotels unter die Lupe genommen hatte, verlegte Lem sein Hauptquartier nach Futuna.

„Wir haben jede Insel und jedes Atoll im Umkreis von 50 Seemeilen rund um Futuna überflogen, nichts!“ meldete sich Bernd bei Lem. „Entweder verstecken sie sich gut, oder sie sind noch nicht da.“
„Dann müssen wir den Suchkreis auf 100 Meilen erweitern.“
„Hast du eine Ahnung wie viele Inseln das sind?“
„Ich weiß…“ antwortete Lem resigniert.

Wenn er wüsste, wo der Stecher seine Basis hatte, bräuchte er nicht stillzusitzen und darauf zu warten, bis der Stecher den ersten Schritt machte. Doch bis jetzt hatte sich der Stecher gut versteckt. Dazu kam, dass Lem außer „unseren“ Krieger nur eine Handvoll Krieger aus Futuna zur Verfügung stand. Senatra‘ters hatte angeboten, sie zu unterstützen, doch das Risiko, dass König Sewate angegriffen wurde, war Lem zu groß und so blieb die Leibwache Sewates in Maoopo’opo während Saris’teras mit seinen Kriegern weiterhin die Mienen von Alofi bewachte.

**

Währenddessen auf der „Honululu Princess“

Im Planungsraum für die Mannschaft stand Kapitän Vesper Freesemann und instruierte seine technischen Mannschaften.
„Die Firmenleitung ist zur Ansicht gekommen, dass die UNO Mitarbeiter besonders schützenswerte Personen sind. Aus diesem Grund sind wir angehalten die Long Range Acoustic Devices in Betrieb zu nehmen. Die Montagepunkte sind ihnen ja bekannt aus der Südamerika Reise. Morgen Vormittag um 09.00 Uhr Schiffszeit werden wir mit dem ersten Durchlauf beginnen. Fragen hierzu?“

Ein junger Offizier meldete sich. „Was machen die Soldatinnen und Soldaten hier an Bord, von welcher Armee sind die und was ist deren Aufgabe?“
„Die Soldatinnen sind Truppen aus Soulebda, dem Nachbarstaat. Sie wurden uns zur Verfügung gestellt von der dortigen Regentin Heylah ai Youhaahb und unterstützen uns bei der Abwehr von Angreifern. Nur dass deren Waffen absolut letal wirken. Sie sind quasi der letzte Sicherungsgraben, vor dem Nahkampf.“
„Wem sind die an Bord befehlmäßig unterstellt? Dürfen wir denen Befehle erteilen oder die uns?“
„Die Soldatinnen aus Soulebda unterstehen an Bord ausschließlich mir und meine 1. Offizier.“
„Wieso sind das nur weibliche Soldatinnen?“
„Auf Soulebda herrscht das Matriarchat, dort haben die Frauen das sagen, dies sollte für unsere jüngeren Mannschaften als Warnung genügen. Das sind alles ausgebildete Nahkämpfer. Weitere Fragen?“
Da keine Fragen mehr kamen, wurde die Einweisung aufgelöst. Ab sofort wurden die Soldatinnen aber alle mit größtem Respekt behandelt.

**

Zwischen Futuna und Wallis liegen 150 Meilen blauer Ozean. Die Versorgung der vielen Inseln und Kleinstinseln erfolgt über das Meer. So fiel es auch nicht auf, dass ein alter Frachter in der Morgendämmerung acht Speed Boote ins Wasser lies. Johlende und singende Piraten, von Alkohol und Drogen berauscht besetzten die Boote und fuhren im Konvoi, immer zwei nebeneinander nach Süden, auf Futuna zu. In zwei Stunden würden sie die Insel erreichen und das Tageslicht würde ihnen ihr Ziel zeigen.

Die „Honululu Princess“ würden sie angreifen und entern. Das Schiff mit allem, was an Bord war als Geiseln nehmen, berauben und alle Frauen vergewaltigen. So hatte man ihnen den Plan schmackhaft gemacht. Nichts trieb Piraten besser an als die Aussicht auf Gold und Frauen, dazu Abenteuer.

Zwei Stunden vorher auf dem Piraten Frachter

„Beeilt euch, räumt den Stauraum der Speedboote im Bug aus, ich brauche den Platz für die Überraschung.“ Mit diesen Worten trieb Kajat seine Schergen an und diese arbeiteten schnell und heimlich.

Unterdessen trieben die Piraten unter Deck ihre Trinkspiele und betranken sich, nahmen Kat und andere Drogen und fielen über die 10 jungen entführten Mädchen der Reihe nach her. Die 24 Piraten wussten, dass es in ein paar Stunden zu einer weiteren Kaperfahrt ging und sie wollten sich die Zeit bis dahin angenehm vertreiben. Keiner von den Piraten schaute draußen nach den Booten, wussten sie doch die Wachmannschaft an Deck.

„Kajat, wir sind soweit, alle Boote sind im Bug ausgeräumt, was kommt nun da rein?“
„Hier auf diesen Paletten liegen 50 Pfund Säcke voller Sprengstoff. Jedes Boot bekommt acht Säcke und ganz nach vorne noch diesen Kasten. Los jetzt!“
Und so stapelten Kajats Schergen den Industriesprengstoff in die Bugkammern der Speed-Boote. Vorne unter dem dünnen Kunststoffdeck lag die flache Kiste mit den vier Antennen. Nach und nach wurden die Säche verstaut und endlich waren alle Paletten leer.
„Fertig, was als nächstes?“
„Den Zugang verschließen und ich will alle Schüssel haben.“ Wieder wanderten die Schlüssel zu Kajat und er füllte sie in ein Gläschen, verschloss es mit einem durchlöcherten Deckel und warf es über Bord.
„Weckt die Piraten in einer Stunde, dann sind wir nahe genug an Futuna, dann sind die Piraten noch so zugedröhnt, dass sie nur ihr Ziel kennen und Ankertaue wird keiner in den zwei Stunden suchen.“

So verging die Zeit und der alte Frachter fuhr weiter und weiter nach Süden, auf Futuna zu. Die mondlose Nacht verbarg das Grauen, das sich Futuna näherte und Kajat lächelte innerlich.
„Matuf, habt ihr die Sendeanlage aufgebaut und abgestimmt?“
„Ja, wir sind in einer Stunde fertig. Dann kannst du die Speed-Boote fernsteuern, sollten die Piraten etwas anderes als ihre Aufgabe erledigen.“

Eine Stunde später wurden die 24 angetrunkenen und bekifften Piraten aus ihren Träumen gerissen und ausgeschifft. Sie waren zumindest soweit klar bei Sinnen, dass sie ihre Ziel ansteuerten und losfuhren.
Kajat ging auf die Brücke und schaltete an dem Spezialfunkgerät. Irgendwann piepte es einige Mal und Kajat sprach in das Mikrofon.
„Esmeralda ruft Zaunkönig, Esmeralda ruft Zaunkönig kommen.“
Nach einer kleinen Weile kam die Antwort.
„Zaunkönig hört kommen.“
„Die Fische sind im Wasser und ihr Laich ist gut.“
„Verstanden, mach dich bereit, wie weit sie die noch von den Laichgründen entfernt?“
„Zwei Stunden, dann weise ich ihnen den Weg.“
„Verstanden Esmeralda, Zaunkönig Ende.“

Am anderen Ende legte der Theobald, der Stecher, Vogel das Mikrofon weg und schaute zu seinen Gruppenführern.
„Es geht los. Kajat hat die acht Speed-Boote voller Sprengstoff losgeschickt. Die erreichen in zwei Stunden den Dampfer und die Piraten denken, sie können reiche Beute machen.“

Sam flüsterte zu Nigel. „Diese Narren, dass sie nur die Bomben überbringen wissen die gar nicht. Kajat lässt auf den letzten Metern die Speed-Boote fernsteuern, bis alle einen Kreis um das Kreuzfahrtschiff bilden und dann auf einmal alle angreifen. Zumindest die Hälfte sollte das Schiff erreichen und Löcher in die Bordwand sprengen, dann spielen die Leute Titanic Teil 2.“

Der Stecher nickte Sam und Nigel zu, trank noch einmal von seinem heißen Kaffee und sprach weiter. Laut und klar.
„Als dann. Alle bereitmachen, wir greifen an. Team 1 ihr nehmt das Flugboot 1 und Team 2 natürlich das 2. Wir rechnen mit einer Flugzeit von knapp weniger als Stunden. Auf gehts!“
Jetzt wurde es hektisch in der Halle. Die Männer und Frauen sprangen in die bereitstehenden Fahrzeuge und nach fünf Minuten ging die Fahrt der kleinen Truppe los. Ganz am Ende fuhren Nigel, Sam und der Stecher in ihrem SUV los in die Nacht hinein.

**

Einen halben Kilometer weiter nördlich schauten zwei Männer durch ihre Nachtsichtgeräte.
„Ist er das tatsächlich?“
„Ja, ich erkenne Sam Whitinghouse und Theobald, den Stecher.“
„Also gut, dann Meldung an Futuna, der Stecher ist hier auf Wallis und die bereiten etwas vor.“
„OK, ich funke.“ Sagte der zweite Mann und schaltete das Satelliten Handy ein. Als jemand am anderen Ende abhob gab er seine Nachricht durch.
„Auriel21 an QIPSY, Theobald, der Stecher Vogel ist auf Wallis. Ich wiederhole, der Stecher ist hier auf Wallis.“
Was immer die machen, sie fahren jedenfalls nicht zum Flughafen, wir warten also, die kommen in ein paar Stunden wieder.“

**

So nahm das Schicksal seinen Lauf. Dass der Stecher nicht zu Flughafen, sondern zur Küste fuhr, um mit Flugbooten die Insel zu verlassen, konnten die beiden Agenten nicht wissen.

**

Futuna

Wir saßen mit unseren Freunden beim Frühstück, als ein GIPSY Bote hereingestürzt kam und auf Dagan zulief. Er las die Nachricht und stellte seine Tasse Kaffee ab, danach stand er auf.
„Wir wissen jetzt, wo sich der Stecher aufhält. Er steckt auf Wallis. Vorher sollten wir unbedingt abklären, ob das auch wirklich stimmt. Ich brauche jemand, den ich als Erkunder vorschicken kann.“
Ich stand auf „Ich melde mich freiwillig, Erkunden und melden. Das ist eine meiner Spezialitäten.“
„Sehr gut. Bernd ihr fliegt gleich los, macht schon mal den Flieger startklar.“
Mit einem Blick zu mir fuhr Dagan dann fort. „Vergiss nicht Caroline, nur aufklären. Auf Wallis sind zwei meiner Agenten. Ich gebe dir die Funkcodes mit und nun wünschen wir dir alles gute.“
Schnell hatte ich mich umgezogen und meine Ausrüstung hatte ich ebensoschnell beisammen. Bernd und sein Copilot waren bereits startklar und wir hoben in den noch dunklen Nachthimmel ab.

**

Eine Stunde später auf der „Honululu Princess“

„Wachwechsel erfolgt Kapitän.“ Meldete der zweite Offizier und drehte sich um. Kapitän Vesper Freesemann drehte sich zu der Kriegerin aus Soulebda um. Sie meldete ebenfalls „Wachwechsel vollzogen Kapitän, alles ruhig.“
Der Erste Offizier trat auf die Brücke zu seinem Kapitän und grüßte ihn.
„Ich habe ein komisches Gefühl. Mein Bein zuckt so komisch. Immer wenn es das tut, passiert was.“ Kapitän Freesemann lächelte seinen ersten Offizier an.
„Lassen sie besser alles nochmal überprüfen, ich will keine Überraschungen und auf ihr Knie konnten wir uns bisher immer verlassen. Radar – Meldung!“
„Sir Radar hier, zwei Fährschiffe auf 180, einige Fischerboote auf dem Weg zu ihren Fanggründen, auf 260 ein kleiner Versorger und auf 025 kommen gerade die ersten Kontakte einer kleinen Fischerflotte rein, sonst keine Kontakte Sir.“
„Gut, melden sie umgehend, wenn sich da etwas tut.“
Der Erste Offizier machte seine Runde an Oberdeck und kontrollierte die Besatzungen an den LRAD Geräten.
„Ortega, was haben die Dinger für eine Reichweite?“
„Auf zwei Meilen platzt ihnen der Schädel, wenn die Schallkanonen gut gezielt eingesetzt werden. Es soll sogar Fälle gegeben haben, da kam es zu einem Schaden an der Schädelbasis.“
„Wie das, Die Schädelbasis ist im Kopf.“
„Genau, sie trennt das Gehirn vom restlichen Kopf ab und geriet offenbar in Schwingung, bis sie nachgab. Der Angreifer starb übrigens dabei.“
„Bestimmt war das Hirn auch Matsch.“
„Das war es, glaube ich, schon vorher, das war ein Pirat voller Drogen und Alkohol.“
„Gut bleiben sie wachsam.“
Daraufhin ging er einige Meter weiter bis zu der nächsten Kriegerin aus Soulebda. Sie überprüfte gerade ihren M25 Granatwerfer, eine der tragbaren Werfer, mit denen programmierbare 25 mm Granaten verschossen werden konnten.
„Ich grüße dich, Sal’tur, das war doch dein Name oder?“
„Ja, Sal’tur nennt man mich. Ich grüße dich auch. Das wird ein wunderschöner Tag ohne einen Tropfen Regen werden.“
„Ja bestimmt. Wie weit könnt ihr mit diesem Granatwerfer gezielt schießen?“
„1500 Meter ist garantiert. Ich habe damit aber auch schon auf 2000 Meter einen Angreifer ausgeschaltet.“
„2000 Meter, ist die Waffe so zielgenau?“
„Sie ist sehr gut, aber die Air Burst Munition mit dem Zielcomputer hier oben sind die wichtigsten Hilfen dabei.“
„Was hast du damals bekämpft?“
„Heranrasende Speed-Boote. Mit so etwas muss man an Bord rechnen.“
„Danke und möge Mualebda auf dich achten.“ Damit ging der Erste Offizier weiter. „2000 Meter auf Speed Boote, interessant,“ murmelte er vor sich hin.

**

Nördlich der Hauptstadt wasserten drei Flugboote und gelangten an Land. Die Mannschaften verließen rasch die drei Flugboote und liefen in den nahen Wald.
„Wir brauchen einen fahrbaren Untersatz.“ Ordnete der Stecher Vogel an und Sam und Nigel nickten bloß, da waren sie bereits in Richtung der nahen Verbindungsstraße.
Es war gerade Sonnenaufgang und um diese Zeit war noch wenig Betrieb auf der Straße. Ein älterer Schulbus mit der Kennung „Service“ fuhr langsam vorbei und wurde von Sam gestoppt. Ehe der überraschte Fahrer erkannte, was da vor ihm aus dem Wald kam, erschoss ihn Sam mit seiner aufgesetzten Waffe. Der Schuss war kaum zu hören.

„Alle rein, Daniels ans Lenkrad. Beeilung in 15 Minuten geht der Spaß los, da müssen wir in der Stadt sein, der Stecher will garantiert den Untergang der „Honululu Princess“ miterleben.“ „Oh ja das kannst du glauben, da vorne der Jeep, den übernehme ich, halt mal an.“ Sagte Sam und hüpfte aus dem Bus zu dem verdutzt schauenden Bauern. Zwei Mann luden einige Kanister aus und stellten sie neben dem Jeep ab.

„Hallo, mein Bester, das ist aber ein schöner Jeep.“
„Ja frisst etwas viel, aber ist zuverlässig wie ne Nähmaschine.“
Mit einem raschen Messerstich in das Herz war der ahnungslose Bauer zurück in den kleinen Vorgarten gefallen und Sam rollte der Verstorbenen in eine dichte Hecke. Seine beiden Begleiter luden die Kanister in den Jeep und Sam startete den Motor und fuhr los. Sein Ziel war das Hotel. Hier würde er ein Massensterben einleiten.

**

Wallis

Über Wallis machte ich mich gerade absprungbereit, als Bernd nach mir sah. „Die Jungs sind südwestlich der Halle auf einem kleinen Hügel und geben dir mit dem Laser Zeichen. Alles Gute auf der Erkundungs-Mission. Ich wünsche dir Hals und Beinbruch, noch eine Minute!“
Wenig später hing ich am Trapezfallschirm und glitt auf mein Empfangskomitee zu.
„Hallo Miss Miles, das ist Henry Trement und ich bin Torsten Schrödinger von GIPSY.“
„Hallo Jungs, ich habe euch noch nie gesehen.“

„Wir haben die Auswahl gerade erst hinter uns und offenbar dachten die Bosse nicht, dass hier auf Wallis etwas passiert, das ist nämlich unser erster Einsatz.“
„Kein Problem. Macht genau das, was ich euch sage, spielt nicht den Helden, dann wird das auch klappen. Jetzt weist mich ein.“
Nach einer aufgeregten aber dennoch stümperhaften Einweisung durch die beiden Jünglinge wusste ich nun, dass der Stecher seit mehreren Stunden nicht mehr in der Halle war und dass sie nach Westen aufgebrochen waren mit einem kleinen Pulk an Fahrzeugen.
„Was ist da alles im Westen, habt ihr das schon aufgeklärt?“
„Ja, da ist ein Haus mit Testgerätschaften und ein Schießstand, dazu Lagerplatz für Flugbenzin und Kerosin.“
„Im Westen, am Strand – Flugbenzin? Haben die hier Wasserflugzeuge?“

„Äh, ich glaube ja da stehen drei von diesen Twin Otter rum mit Turboprop Antrieb, weshalb fragst du?“
„Weil der Stecher und seine Leute vermutlich schon längst weggeflogen sind. Wann habt ihr die zuletzt gesehen?“
„Den Stecher?“
„Ja, den Stecher. Wen denn sonst!“
„Das sind jetzt knapp zwei Stunden her.“

„Scheibenkleister, oh Moment da unten geht Licht an, in der Halle ist noch wer. Wie siehts mit eurer Bewaffnung aus?“
„Ja wir haben die Pistolen hier. Das Gewehr haben wir beim Absprung irgendwie, na sagen wir, es schießt nicht mehr geradeaus.“
Langsam kamen mir ernste Zweifel an der Güter der beiden Kämpfer auf. „Gut ihr folgt mir, bleibt aber vor der Halle, macht euch bereit und wenn ich euch rufe, dann kommt ihr, ihr werdet mein Zeichen erkennen.“
„Äh.. Gut“
Während ich mich zum Zaun schlich, versuchte ich mir vorzustellen, wie die beiden ihr Gewehr beschädigt hatten. Vermutlich blieben sie in einem Baum hängen und hatten den Lauf verbogen. Irgend so eine unglaubliche Sache dachte ich mir und schnitt ein Loch in den Zaun.

**

„Verdammte Kacke wie ich diese kleinen Speed-Boote hasse!“ Plärrte Kanahuki zu Heralick, der am Steuer saß. Hinter ihnen kontrollierte Carlos die Spritversorgung und achtete darauf, dass die Lenzpumpen auch das Wasser wieder abpumpten, das sie aufnahmen.
„Noch um diese Insel rum, die Fischerboote lassen wir rechts liegen und da vorne im Schatten wird in 10 Minuten der Pott auftauchen. Mann endlich wieder Beute und so richtig das Piratenleben genießen.“
„Jaaaa, Rum und Weiber, ich freu mich immer, wenn die Weiber dabei so schreien.“
Mit heulendem Motor donnerte das Spped-Boot weiter durch das Meer, an der Seite raste das Begleitboot neben ihm her, und hinter ihnen die anderen Boote in Zweierreihen.

**

„Verbindung steht auf Kanal 1.“ Sagte der Techniker zu Kajat, als der Bildschirm aufleuchtete. Die Umrisse von Futuna kamen ins Bild und ein großer Schatten, der die „Honululu Princess“ darstellte. Rings um das riesige Schiff war genug Platz zum manövrieren.
„Ist das Sendesignal stark genug?“
„Ja Kajat, weder Störungen, noch Interferenzen, du kannst sauber und störungsfrei übertragen.“
Na das wird ein Feuerwerk, wenn die „Honululu Princess“ von allen Seiten mit rasenden schwimmenden Bomben angegriffen wird, dachte sich Kajat und griff zum Mikrofon.
„Esmeralda ruft Zaunkönig, Esmeralda ruft Zaunkönig kommen.“
„Hier Zaunkönig, kommen“
„Verlassen in 10 Minuten die Autobahn zur Auslieferung. Kommen.“
„Danke, ich freue mich, wenn die schreien wie bei Zalando. Zaunkönig Ende.“

**

Wallis

Inzwischen hatte ich mir einen Einblick in der Fabrikhalle gemacht. Hier waren nur noch wenige Leute, der Stecher und seine Leute waren fort. Das bedeutete dass der Angriff bereits lief.
Rasch hatte ich draußen neben einem Stapel Kisten und einigen Paletten mein Satellitentelefon genommen und Dagans Nummer gewählt. Es dauerte und dauerte. Selten hatte 8 mal klingeln so lange gedauert, dachte ich mir, als jemand abhob.
„Caroline, du, was ist los, was ist passiert.“
„Der Stecher und die meisten seiner Leute sind seit über anderthalb oder zwei Stunden weg von hier. Sie nahmen Flugboote oder Wasserflugzeuge. Der Angriff auf euch hat bereits begonnen. Hast du verstanden? Ihr werdet bereits angegriffen!“

„Mist diese beiden Newcomer waren ein Fehler. Ja danke ich alarmiere den Rest. Pass auf dich auf und komm zurück, sobald du kannst.“

Kaum hatte ich aufgelegt, da bemerkte ich zwei Schatten einen von links, den anderen von rechts. Ich saß in der Falle.

**

Auf Futuna hatte Dagan gerade Alarm ausgelöst, da sahen sie von der oberen Veranda aus, wie eine Reihe kleiner Boote auf die „Honululu Princess“ zurasten. Sofort griff sich Viktor Kubaliborow das Marinefunkgerät und rief hinein „Achtung „Honululu Princess“ ihr werdet angegriffen. Achtung „Honululu Princess“ Speedboote greifen euch an. Alarm!“
Im selben Moment ging an Bord der „Honululu Princess“ die Sirene an und die Scheinwerfer flammten einer nach dem anderen auf und legten den Bereich um das Schiff in ein grellendes Licht. In diesem Moment ging über dem Meer die Sonne auf und tauchte das Meer um das Riesenschiff in ein seltsames rotes Licht mit unglaublich langen Schatten.
Dagan sah Viktor an und rief „Das Hotel, alarmiert das Hotel!“ Noch während das Hotel alarmiert wurde, sah Dagan zu Peter.

„Peter, du warst bereits einmal in dem Hotel nur du und Caroline und sie ist nicht da. Folge dem Bravo Team zum Hotel, ich befürchte, die Gäste sind in Lebensgefahr.“
„Bin unterwegs, wo sammelt sich das bravo Team?“
„Helikopter Platz 3 vor dem Hangar und jetzt lauf!“
Peter schnappte sich seinen Gürtel und stürmte zum Ausgang in Richtung Landeplatz 3. Dort erwarteten ihn schon Krieger in ihrer Ausrüstung und einer drückte Peter eine MP9 in die Hände.
„Du weißt, wie man damit umgeht?“
„Ja, das gefährliche Ende ist da vorne.“ Antwortete Peter und überprüfte binnen weniger Sekunden die MP.

„Gut so, möge Mualebda mit uns sein. Auf gehts!“
Damit rannten sie zu den drei Fahrzeugen und brausten davon.

**

In einem der Speed-Boote

„Scheiße, was ist da los, die Steuerung ist blockiert, ich kann nichts machen.“ Mit einem lauten Fluch riss Heralick am Gashebel und riss die Halterung aus dem Holz.
„Kanahuki, das verdammte Boot macht was es will, ich bin machtlos!“ Rief Heralick.
„Quatsch nicht, wir werden ferngesteuert, irgend etwas ist hier oberfaul, wieso fahren wir im Kreis um das Riesenschiff.
Beide beobachteten sie, wie sich ein Kreis um das riesige Schiff bildete und die Speed-Boote fuhren in weitem Bogen und mit Vollgas um das Schiff. Plötzlich machten alle Boote, wie auf Zuruf einen Schwenker direkt auf die „Honululu Princess“.

**

„Jetzt machen wir die Prinzessin fertig. Angriff!“ Rief Kajat vor sich hin und schaute gebannt auf den großen Bildschirm, auf dem die kleinen Punkte drehten und sich auf den großen länglichen Kontakt bewegten.
Die beiden Begleiter schauten ebenfalls gebannt zu, wie ihr Chef den Angriff auf die „Honululu Princess“ einleitete.

**

Auf der “Honululu Princess”

An Bord der „Honululu Princess“ hatten die Mannschaften ihre Schallkanonen auf die Angreiferboote gerichtet und beschallten sie mit 170 dB Schalldruck. Der punktuelle Lärm war so grausam, dass einige der Piraten über Bord sprangen. Einige anderen sanken mit blutenden Ohren zu Boden und wieder andere wussten nicht, was geschah. Die Speed-Boote aber hielten unbeirrt Kurs auf die „Honululu Princess“.
„Feuer frei!“ Erschallte der Ruf aus der Brücke und die Kriegerinnen legten ihre Granatwerfer an und begannen die Boote anzuvisieren. Währenddessen fuhren die Schotten herunter und unterteilten die „Honululu Princess“ in Hunderte einzelner wasserdichter Bereiche.
Die ersten Granaten detonierten über den Booten und rissen Löcher in diese, aber die Boote fuhren weiter. Mit dem nächsten Treffer detonierten die ersten Boote in einem höllischen Feuerpilz. Ein Boot nach dem anderen wurde von den Kriegerinnen ausgeschaltet. Nur das letzte von einer Dreierserie kam durch den Granathagel und detonierte an der Backbordseite mittschiffs. Sofort erklangen die Klingeln der Feuermelder.

**

Währenddessen im Hotel.

Naftu’Melee hatte bei seiner Kontrolle den Leitstand erreicht, an dem Max Heufuß saß und die Systeme kontrollierte. Naftu’Melee schaute ihn vorwurfsvoll an. „Ich hätte nie gedacht, dass sich einmal ein Verräter in meine Anlagen traut. Max Heufuß? Mitkommen sie sind …“
Weiter kam Naftu’Melee nicht mehr. Max hatte ihm ein Messer in den Leib gerammt und Naftu’Melee stürzte blutend und hustend zu Boden. Gerade als Max einige angaben in das Belüftungssystem eingeben wollte warf ihm Theresa ihren vollen Kaffeebecher an den Kopf.
„Verbrecher. Haltet ihn, Er hat den Chef erstochen, Da läuft er!“
So schnell es ging rannte Max aus dem Raum und verriegelte die Zentrale von außen, dann spurtete er nach oben und rannte Clair fast um.
Clair war noch im Sportdress und hatte ihre Tasche dabei. Sofort erkannte sie, was hier ablief, da drangen auch schon die Rufe aus dem offenen Notausgang. „Haltet ihn er hat den Chef ermordet. Max Heufuß hat den Chef ermordet!“

Max sammelte sich und spurtete aus dem Hotel. Wie ein Sprinter raste er über die Büsche und rannte, so schnell er konnte. Bereits auf der Uni war ein ausgezeichneter Leichtathlet und so rannte er wie verrückt. Als er sich kurz umdrehte erkannte er, dass er verfolgt wurde.
Clair, die er eben noch umgerannt hatte war ihm auf den Fersen und sie rannte mit riesigen Schritten hinter ihm her und das schlimmste war, sie kam näher.
Die Flucht von Max ging weiter, er rannte über die Zubringerstraße, aber konnte keines der Autos anhalten. Alle gaben sie Vollgas und Max musste so weiterlaufen.
Clair kam immer näher. Sie rannte wie eine Maschine, gleichmäßige lange Sprünge und sie atmete dabei kontrolliert und kam Max immer näher.
Jetzt kam Panik in Max auf. Er war nicht vorbereitet auf einen Langstreckensprint und seine Muskeln begannen wehzutun, dennoch zwang er sich weiterzulaufen, aber Clair kam näher und näher. Jetzt waren es nur noch knappe 20 Meter Distanz.
Da kam Max der Zufall zu Hilfe. Eine ältere Frau lief über einen Weg und Max riss die Frau vor sich und zugleich seine Waffe aus der Hose.
„Verschwinde oder ich lege die Alte hier um!“ Schrie Max völlig außer Atem und Clair hielt an, atmete zweimal tief durch, konzentrierte sich kurz und riss ihre Pistole aus der Tasche und schoss.
Max wurde von der alten Frau weggerissen. Die Kugel von Clair hatte seine Schulter getroffen. Jetzt hielt Max seine Waffe mit beiden Händen und begann zu schießen. Nach dem ersten Schuss, der weit daneben ging, schoss Clair eine Doublette in die Brust von Max. Mit dem Ausdruck der Enttäuschung fiel er rückwärts um und blieb liegen. Die alte Frau aber trat ihm die Pistole aus der Hand und trat auf seinen Kopf ein.
Als Clair dazukam, hörte sie die Frau nur noch sagen „Du Verbrecher. Mualebda hat mich beschützt und du wirst in den Feuersümpfen brennen!“ Dann lächelte sie Clair an. „Na mein Kindchen, keine Angst, der macht nichts mehr.“ Jetzt musste auch Clair lauf lachen und atmete tief durch. Ein Kontrollblick in die erloschenen Augen von Max Heufuß sagte ihr, dass der keine Probleme mehr machen würde

**

Auf der „Honululu Princess“

Unter Deck hatte die Detonation ein etwa fünf Meter großes Loch in die Bordwand gerissen. Durch das Loch strömte Wasser in das Abteil mit den Sportartikeln. Schwimmreifen und Taucherflossen, kleine Auftriebskörper und die ersten selbstaufblasenden Rettungsinseln füllten den Raum rasch aus und dichteten ihn einigermaßen ab.
Die angrenzenden Bereiche blieben wasserdicht.
Zwei der Passagiere waren aus ihren Betten gefallen, einer hatte sich einen Zeh verstaucht und der andere hatte sich eine Prellung zugezogen. Mit der sofort abgesetzten Zählung wurden alle anderen Passagiere und das Bordpersonal als vollzählig registriert.
Der Kapitän funkte die Entwarnung an Land.

**

In der Lagerhalle auf Wallis

Nach meinem Gespräch mit Dagan bemerkte ich zwei Schatten, die sich anschlichen. Aus dem Dunkel erkannte ich die beiden Agenten. Die Anfänger kamen angeschlichen und suchten mich. Mit einem Blinklicht warnte ich sie, aber sie flüsterten nur „Hallo, sind sie das?“ Da wurde von der anderen Seite geschossen.
Während die beiden Anfänger getroffen zu Boden fielen, traten zwei Wachleute mit rauchenden Kalaschnikows auf sie zu und sie liefen an meiner Deckung vorbei.
Hinter ihnen hörte ich nichts mehr, sie mussten wohl alleine sein. So zog ich meine schallgedämpfte Pistole und einen Moment später lagen neben den beiden Anfängern auch zwei von Stechers Wachen Tod am Boden.
Ich drang in die Halle ein und orientierte mich. Geräusche vor mir, neben mir und hinter mir, also mindestens drei Gruppen Leute, dazu eine Bewegung von oberhalb. Es musste also noch eine höhere Ebene geben.
„Torwache melden!“ Plärrte es hinter mir, aber aus dem Funkgerät des Mannes hinter mir kam nur rauschen.

„Da stimmt was nicht, die Torwachen melden sich nicht mehr. Haben die die beiden nicht umgelegt?“
„Schaut nach ihr Idioten!“ Kam es von oberhalb. Eine schrille Frauenstimme. Sie hatte hier also das sagen. Ich konnte das Gesicht nicht erkennen, wohl aber ihre Figur. Durchtrainiert, stramme Waden, schmale Oberschenkel eine Wespentaille und eine Art Hut, das konnte ich in dem fahlen Licht nicht erkennen.
Hinter mir öffnete und schloss sich eine Tür. Der Mann hinter mir war draußen. Ich huschte weiter in die Gänge hinein. Vor mir bewegte sich ein kräftiger Mann mit Gewehr. Er schlich durch zwei schmale Regalreihen voller Metallstäbe und er kam auf mich zu, wenngleich er auch im Nachbargang war. Sein Kopf war etwa auf Höhe des fünften Regalbodens. Vor mir befanden sich Stäbe aus Rundmaterial. Ich zog einen etwa sechs Millimeter dicken Edelstahl Stab heraus und griff einen anderthalb Kilo Hammer aus einem der herumstehenden Werkzeugkästen.
Als der Mann an meiner Position vorbeikam. Schlug ich auf das Ende des Stabes und dieser bohrte sich durch das Ohr des Mannes. Außer einem hellen Pling gab es kein Geräusch. Der Mann aber sank langsam zu Boden und blieb dort mit erhobenem Kopf liegen. Ich sah kurz nach und erkannte, dass sich das Rundmetall durch den Kopf gebohrt hatte.
Seine Kalaschnikow nahm ich an mich und schlich weiter. Jetzt fehlten noch zwei Mann und der von draußen, dazu die Chefin oben auf der seltsamen Galerie.
Die Gänge mit den Regalen waren dichtgepackt mit allem Möglichen und Unmöglichen. Aus einem der Regale nahm ich mir eine Handvoll Stahlkugeln wie für Kugellager, etwa 18 mm stark und steckte sie ein. Vor mir erkannte ich die beiden Mann, die an etwas arbeiteten. Sie ließen sich einfach nicht stören. Als ich näher kam, wurde mir auch klar weshalb. Beide hatten Kopfhörer auf und schraubten im Takt der Musik an etwas herum. Die konnten mich nicht gehört haben. Einer hielt ein schweres Metallrohr fest und der andere, am Boden knien, war dabei, dies Rohr elektrisch anzuschweißen.
Während der Schweißer die Naht ansetzte, visierte ich seinen Kollegen hinter dem Ohr an und schoss. Er klappte zusammen wie ein Kartenhaus.

Dabei löste sich ein Teil des Gerätes, das er gehalten hatte, vermutlich das Masseband und fiel auf den Schweißer. Es gab nur ein kurzes Geräusch, da zuckte der Mann kauernd am Boden. Offenbar stand er unter Strom. Einen Moment später lag er bewegungslos am Boden. Rasch schaltete ich den Stromkreis aus und befestigte den einen Pol des Schweißtrafos am Metallband seiner Hose und den anderen verband ich mit der Maschinenpistole am Boden. Zum Schluß drehte ich die Spannung des Trafos auf Maximum und schaltete den Strom wieder ein. Die Falle war gestellt.

Ich schlich weiter zum Treppenaufgang. Hier musste ich mich wieder orientieren. Von draußen kam der dritte Mann zurück und lief geradewegs auf die Treppe zu.

„Milli, ich komme rauf!“ Rief er und von oben antwortete Milli „OK ich lass auf.“ Da lief der dritte Mann direkt auf mich in meiner Deckung zu und als er mich erkannte, schlug die Kugel bereits in seinem Kopf ein. Noch einer weniger.

Oben in dem Leitstand angekommen hörte ich einige Geräte leise summen, dazwischen rollte Milli offenbar auf einem Drehstuhl von Platz zu Platz.
„Was war da unten los, was haben deine Wache diesmal wieder verbockt? Das letzte mal haben sie einen Hasen erlegt und das Mal davor einen Greifvogel. Was also wars diesmal?“

– keine Antwort –

„Wer bist du und wo bist du?“ Fragte Milli Bindt als Nächstes.
Diesmal schwieg ich, stattdessen rollte ich eine der Metallkugeln, die ich vorher eingesteckt hatte durch den schmalen Flur.

Milli war gut. In Windeseile hatte sie den Bürodrehstuhl verlassen und hechtete an das Regal, von dem das Geräusch kam. Nachdem sie zweimal geschossen hatte und die Querschläger irgendwo eingeschlagen waren, erhob sie sich und sah sich kurz um. Jetzt wusste sie, dass sie in Gefahr war und schlich zur einzigen Tür. Dabei kam sie unweigerlich in den Bereich eines halbrunden Spiegels und ich sah erstmal ihr, wenn auch verzerrtes Gesicht. Ein Schuss von mir und die Telefonglocke über der Tür zersprang in Tausend Teile und Milli jaulte auf.
„Verdammtes Miststück, diese Gusssplitter tun verdammt weh.“
Der Raum war gefüllt mir Rechnern, Druckern und anderen Gerätschaften und alle waren sie in Tischkonsolen eingebaut. Oben befand sich ein waagerechter Ablageplatz. Hier ließ ich erneut eine der Kugeln in Richtung der hinteren Gerätschaften rollen und schlich gleichzeitig in einen anderen Bereich des Kontrollraumes, nahe dem Eingang.
Auch wenn ich Milli nicht sehen konnte, kamen ihren Geräusche doch von dem hinteren Bereich. Irgendetwas warnte mich und ich warf mich flach auf den Boden. Keine Sekunde zu früh, denn vorne an der Tür zersplitterte ein kleines Glasfläschchen. Es zischte und stank fürchterlich.
Mist, das war Säure – erkannte ich. Milli Bindt kannte sich offenbar damit aus.
„Ich werde dich finden und dann verbrennen, wie ich auch die anderen Leute aus dem Hotel verbrennen ließ.“

Ob sie nicht wusste, dass die Menschen mit dem Leben davongekommen waren, oder nur eine Reaktion hervorrufen wollte, war mir egal, sie war also ganz offensichtlich der Feuerteufel, der vor ein paar Tagen auf der Insel gewütet hatte.
„Mein Vorschlag, stell dich und wir regeln das wie zwei Erwachsene.“ Rief Milli aus dem hinteren Raum und ich öffnete die einzige Tür mit einem Besenstil.
Im gleichen Moment zersplitterte neben der Tür ein Gläschen und erneut zischte es gefährlich.
Ich fühlte mich hier von Sekunde zu Sekunde unwohler. Erst jetzt erkannte ich ein 200 cl Glas mit einer klaren Flüssigkeit und einem Emblem mit drei Kronen. Darunter der nichtssagende Name „Königswasser“. Langsam wurde mir noch übler. Brennbare Flüssigkeiten, Säuren und jetzt das da.

Was war hier sonst noch gelagert. Das was sich hier befand, reichte aus um die schlummsten Säuren und Bomben herztustellen und einige Zwischenprodukte waren bereits vorhanden. Ehe ich aus dem Raum kroch, fiel mein Blick auf einige flache Glasbehälter, in denen sich ein weißes Pulver. Auch hier gab es keinen Gefahrenhinweis, außer der Aufschrift „Triacetontriperoxid“.

Mir graute und ich nahm ganz vorsichtig zwei der Schälchen und legte sie in den Bereich des Türrahmens. So schnell wie möglich und dennoch so leise wie möglich schlich ich aus dem Raum. Hier waren mir eindeutig zuviel Gefahrenstoffe und halbfertige Sprengstoffe gelagert. Dass Milli hier so sorglos mit Säuren um sich warf und auch noch schoss, verstand ich nicht.

Unten im Flur angekommen stellte ich mich hinter einen der mächtigen Stahlträger und zielte auf eine der Kegelleuchten im hinteren Bereich der Halle. Dort etwa hatte der Schweißer gelegen.
Den Schalldämpfer hatte ich abgezogen und ich schoss zweimal auf die von der Decke hängende Kegelleuchte. Die riesige Leuchte platzte und Glassplitter regneten auf den Schweißer herab. Das zeigte Wirkung.

Zum einen sprang der Schweißer auf und griff sich die Kalaschnikow. Im gleichen Moment schrie er auf, verkrampfte und die Waffe ratterte los, bis der Schweißer erneut zu Boden ging.
Außerdem, und darauf hatte ich spekuliert, trat Milli Bindt in den Türrahmen und trat damit auf einen der Glasbehälter mit dem Triacetontriperoxid.
Die folgende Detonation zerriss den ganzen oberen Bereich. Ich sah noch, wie Milli in einem kleinen Feuerpilz verging. Was sich dort oben noch alles explosionsartig umsetzte, konnte ich nicht erkennen, aber ich stand zum Glück geschützt hinter einem massiven Stahlpfeiler und rannte erst in Richtung Eingang, sobald ich es vertreten konnte. Da musste einiges explodiert und detoniert sein.

Draußen waren keine weiteren Bewacher mehr und ich machte mich schnellstens auf den Weg aus dieser Falle. Ich hatte gerade einige hundert Meter hinter mich gebracht, da stolperte ich und fiel in einen gut einen Meter tiefen Graben.

In diesem Moment detonierte etwas in der großen Halle und eine Detonationswelle fegte über mich hinweg. Zu meinem Glück lag ich in dem Graben, denn diese Welle hätte mich erwischt. Im Umkreis von gut 500 Metern stand nichts mehr aufrecht. Zwei Fahrzeuge waren umgestürzt und ein Kran umgestürzt.

Der Rest war schnell erledigt. Die eintreffende Feuerwehr warnte ich noch vor unbekannten, chemischen Gefahrenstoffen und Sprengstoffen.
So hielten sich die Feuerwehrmänner auf Abstand, bis in der Halle keine Explosionen mehr erfolgten. Ich „lieh“ mir ein Motorrad und fuhr zum Flughafen. Mein Telefon war defekt, so wusch ich mich in einem nahen Brunnen und bat anschließend einen Polizisten um Amtshilfe.

**

Der Polizist sah mich abwertend an. Meine Kleidung war nicht mehr die beste und ich sah sicherlich bemitleidenswert aus.
„Hallo Zentrale, ich habe hier eine Miss Caroline Miles, angeblich von Soulebda und sie bittet um Amtshilfe … ja ich warte.“ Er schaute mich prüfend an und seine Hand ging langsam zu seiner Waffe, was ich mit einem entwaffnenden Lächeln bemerkte.
„Ja Zentrale. In die Zentrale bringen, ja gerne. Sofort, Ende.“
Wieder schaute er mich an und war plötzlich gar nicht mehr freundlich. „Umdrehen, sie sind verhaftet.“

**

In der Zentrale angekommen, kam bereits der Captain des Polizisten herausgelaufen und herrschte seinen Kollegen an. „Was zum Teufel machen sie hier, sie sollten Miss Miles in die Zentrale bringen, aber doch nicht festnehmen. Die Frau hat Diplomatenstatus!“
Ehe der rot angelaufene Polizist den Schlüssel für die Handschellen herausgekramt hatte, legte ich sie ihm geöffnet in seine Hände. Erneut schaute der Polizist verwirrt.
„Keine Sorge, sie haben mich etwas gedrückt und ich habe sie bereits abgelegt. Danke für die Eskorte, das haben sie gut gemacht.“ Mit offenem Mund stand der Polizist da.
Der Capitän brummte seinen Kollegen noch an „Mann entschuldigen sie sich endlich.“ Da schluckte dieser und schaute mich mit einem Gesicht an, dem niemand etwas Böses zutrauen konnte.
„Bitte verzeihen sie mir Miss Miles.“

„Ist schon vergessen, ich muss mich irgendwo frisch machen und dann schnellstens nach Futuna zurück, dort wird gerade gekämpft.“
Zehn Minuten später brausten der Polizist und ich zum Flughafen und wir wurden bereits von einem winkenden Piloten erwartet.
„Miss Miles, ich bin ihr Pilot, wir können sofort starten.“
„Herzlichen Dank, das ist wichtig, ich würde mich freuen, wenn ihr Flieger schnell wäre.“
„Ich denke, er wird ihren Ansprüchen gerecht werden.“ Wir fuhren mit einem Airport Fahrzeug an den Propellerflugzeugen vorbei und ich schaute den Piloten fragend an, aber er grinste nur und sprach kein Wort. An einer Ecke bogen wir ab und hielten vor einem sehr gut gepflegten Learjet an. „Habe ich zuwenig versprochen?“

Um 10 Uhr hoben wir ab und flogen in Richtung Futuna.
„Ach ja, ich soll sie übrigens von Seraph Magus herzlich grüßen und ich bin Leutnant Tseh’viath von GIPSY, zukünftig ihr Mann hier auf Futuna. Also zur Lage.
Die „Honululu Princess“ Princess wurde angegriffen und …“ Tseh’viath brachte mich auf den aktuellen Stand und ich staunte nicht schlecht, als ich erfuhr, was Clair geleistet hatte. Tseh’viath versorgte mich während des Fluges mit all den Informationen, die ich noch nicht hatte.
Unterwegs überflogen wir einen alten Frachter und in einem der Displays blinkte kurz ein Licht auf.
„Was besagt das Licht?“
„Unter uns fährt ein Schiff, vermutlich sogar jenes, dass die Speed-Boote getragen hatte und unser Sender ist bereits aktiv.“
“Dann ist das Schiff verwanzt?” Der Pilot lächelte und nickte.
Wenig später setzten wir zur Landung auf Futuna an.

**

Futuna/
Hotel der Delegierten

Nun verstand Lem die Berichte Menachems über den Angriff der Piraten auf seine Stellung bei den Mienen. Wer immer die Piraten anführte, er hatte sie mit Alkohol und Drogen abgefüllt, was dazu führte, dass die Piraten völlig unberechenbar gegen seine Verteidigungslinie anrannten, ohne auf ihre Sicherheit zu achten.

Das wiederum brachte die Verteidiger in arge Bedrängnis… Hier gab es keine 150 Meter, welche Lem und die Verteidiger des Hotels in eine bessere Stellung zurückgehen konnten, hinter ihnen lag das Hotel mit all seinen Bewohnern!

So sah sich Lem, General und Chef des Mossad gezwungen selbst eine Waffe zu schnappen und zwischen Hannes, Johann, Gratzweiler und Levi, in das Geschehen mit einzugreifen.

Wir hörten die Schießerei schon, als wir aus dem Hubschrauber stürmten. Das „Bravo-Team“, also Viktor, Ekatarina, Oksana, Raffaela, Boris und Maja stürmten mit mir zu Lem und wir kamen gerade noch rechtzeitig um einen weiteren Angriff abzuwehren, der ohne unser Eingreifen wohl böse geendet hätte.

„Wie viele der Kerle sind noch übrig?“ wollte ich von Hannes wissen.
„Keine Ahnung, aber es scheinen noch jede Menge dieser Verrückten da zu sein!“ und wie aufs Stichwort griffen die Piraten wieder an. Doch diesmal stürmten nicht alle Piraten los, einige schlichen sich an uns heran, um uns zu überraschen.

Ekatarina sah sich neben ihr plötzlich drei Gestalten gegenüber, welche laut brüllend auf sie zustürmten und schoss einen Piraten nieder, als ihr klar wurde, dass sie die beiden Übrigen nicht rechtzeitig erwischen würde, wählte sie automatisch den größeren der Beiden aus, da schienen die Angreifer gegen eine Wand zu laufen. Kenta’Mariba stoppte die Piraten, ohne dass diese oder Ekatarina ihn kommen sahen. Dann warf er sich neben sie und zwinkerte ihr zu.
„Wie zum Teufel, machen sie das?“ fragte sie ihn.

„Das fällt unter die Geheimhaltung, aber wie gesagt, wir spielen im selben Team.“ Antwortete er und sprang dann auf, um zu Lem zu gelangen.

„Wie sieht es da vorne aus?“ wollte Lem von ihm wissen.
„Mindestens noch vierzig dieser bekifften Gestalten liegen noch vor euch und alle sind gut bewaffnet. Aber die machen mir keine Sorgen, was mir Sorgen macht, sind die vier Kerle, welche die Vierzig anführen. Die wissen, wie das Geschäft läuft, und treiben die Piraten immer wieder nach vorne.“

„Wie sieht’s bei den anderen aus?“
„Der Angriff auf das Schiff ist fehlgeschlagen und die Armee verhindert jeden Versuch weitere Piraten zum Hotel zu bringen. Randy scheint da mit seinen Spielzeugen eine große Rolle zu spielen. Doch „Tars’fert sagt, dass auch dort drei Mann sind, welche die berauschten Piraten gegen die Armee treiben, deswegen kann die Armee auch noch nicht ihre Stellung verlassen, um zu uns zu gelangen.“

„Verdammt! Das ist dasselbe Muster wie auf Alofi! Irgendwo sind noch weitere Angreifer und das sind keine bekifften Piraten!“ folgerte Lem und sah sich um. „PETER!“ Rief er laut.

„Komme!“ antwortete ich, rutschte rückwärts und robbte zu Lem.
„Trusg’jerset und ich werden uns jetzt um die Anführer kümmern, wenn die ausgeschaltet sind, wird der Angriff hier sicher zusammenbrechen.“ Sagte Kenta’Mariba und verschwand.

„Gut, dann los. PETER!“
„Bin da!“
„Ich rechne mit einem weiteren Angriff auf das Hotel, aber nicht von Piraten, sondern von echten Gegnern! Du kennst das Hotel und die Sicherheitsanlagen. Schnapp dir Viktor und Ekatarina und geht zum Hotel!“

„Alles klar!“ Viktor, der den Befehl mitbekommen hatte, tippte Ekatarina auf die Schulter und forderte sie auf mitzukommen. Geduckt liefen wir zum Hotel. Als wir noch etwa fünfzig Meter entfernt waren, schlossen sich wie von Geisterhand alle offenstehenden Fenster. „Hast du das gesehen?!“ rief Viktor.
„Ja, da muss jemand in der Zentrale sein, der die automatische Steuerung übernommen hat.“
„Wo ist die Steuerung?“

„Unten im Keller! Dort, die Treppe!“ ich zeigte auf eine Treppe an der rechten Seite des Hotels und gemeinsam liefen wir dort hin.
„Scheiße! Woher wusste ich das nur?!“ fluchte ich, als sich die Tür nicht öffnen ließ. Die Tür war aus massivem Metall und würde sich auch nicht mit Gewalt öffnen lassen, außer mit einer Ladung Sprengstoff.

„Peter!“ hörte ich eine gedämpfte Stimme und sah Clair hinter einem schmalen Fenster, einen Meter neben der Tür, dann splitterte das Glas, und ein Feuerlöscher flog durch das Glas. Schnell hatte ich den Feuerlöscher aufgenommen und schlug damit das rechtliche Glas der Scheibe ein, dann warf Clair eine Löschdecke über den Fensterrahmen.

Viktor hatte Ekatarina zu sich gerufen, und half ihr durch das Fenster zu klettern. Anschließend kletterten Viktor und ich zu Clair.
„Was ist passiert?“

„Dieser Max Heufuß war ein Maulwurf! Er hat Naftu’Melee getötet und ist abgehauen. Wir konnten ihn zwar stoppen, aber als wir in die Zentrale zurückkamen, hatten andere Männer die Zentrale besetzt.“
„Andere Männer? Piraten?“
„Nein, keine dieser Dumpfbacken, echte Söldner!“
„Sie haben alle Fester geschlossen.“
„Ich weiß und die Türen sind auch versperrt.“

„Was denkst du, haben die vor?“ fragte mich Ekatarina.
„In die Luft werden sie das Hotel kaum sprengen können… aber in Leava haben sie ein Feuer gelegt… Das Schließen der Fenster und Türen wäre logisch, damit niemand entkommt, wenn es brennt.“
Geduckt liefen wir in Richtung Zentrale, da pfiffen auch schon Kugeln durch den Flur. Wer immer in der Zentrale war, er wollte nicht, dass wir näher an ihn herankamen.
Wir pressten uns in Türrahmen und suchten hinter abgestellten Geräten Deckung und schossen zurück, doch näher an die Zentrale kamen wir nicht.

**

Unterdessen hatte Glenn sich mit dem Schaltplan der Anlage vertraut gemacht und dafür gesorgt, dass auch alle gekippten Fenster schlossen. Diese Gebäudeleittechnik hatte sich bei den regelmäßig auftretenden Tropenstürme bewährt, denn einige Gäste ließen die Fenster offen, wenn die das Hotel verließen, doch nun spielte die Technik ihnen und dem Plan des Stechers in die Hände, während Hoult und Facht den Flur blockierten.

„Sam?!“ funkte er Whitinghouse an.
„Ja?!“
„Die Fenster sind zu und die Außentüren verriegelt. Wie weit bist du?“
„Gleich fertig, die Tür zum Lüftungsraum ist extrem gesichert, aber wir sind so gut wie drin. Was ist bei dir los?“ wollte Whitinghouse wissen, als Facht wieder auf uns schoss.
„Sie haben unseren Max umgelegt und wollten die Zentrale wieder besetzen, jetzt warten wir, bis du fertig bist, dann schießen wir uns den Weg zu dir frei.“
„Gut, ich melde mich, wenn wir so weit sind.“

**

Während ich mich gegen eine verschlossene Tür presste, hatte Viktor gegenüber seine Tür öffnen können. Sie gehörte zu einem Lagerraum, wo Putzmittel und Reiniger gelagert wurden. Er winkte Ekatarina, die hinter einer defekten Reinigungsmaschine Deckung gesucht hatte zu sich und sie sprang quer durch den Flur durch die Tür, als ihr die Bösen ein paar Kugeln nachjagten.
„Viktor!“ ich zeigte auf das Schloss, rückte zur Seite und Viktor jagte die Tür mit einem Schuss aus der Verriegelung. Ich trat die Tür ganz auf und schaltete das Licht an. Überall standen Kisten aufeinander, die nicht beschriftet waren. Dann fiel mir ein eine Ecke auf, wo ein Waffenschrank mit einem digitalen Zahlenschloss stand. Ich lief hin und sah mir das Schloss an… wie war noch mal der blöde Sicherheitscode des Hotels… Verdammt Naftu’Melee hatte ihn mir genannt…

484642!

Als erneut Schüsse fielen, sah ich auf und Clair sprang in den Raum. Ich beugte mich wieder zu dem Tresor, tippte die Zahlen ein und schaute auf ein paar doppelläufige Schrotflinten, nebst einer Menge Munitionspackungen. „Wer zum Teufel braucht Schrotflinten in einem Hotel!“
„Tontauben.“ Antwortete Clair.
„Was?“
„Tontauben, du weißt schon, diese Dinger, die man mit einem Katapult abschießt.“
„Ich weiß, was Tontauben sind.“
„Die Amerikaner stehen auf Tontaubenschießen, jedes Hotel, das mit Amerikanern Geld verdient, hat Tontauben und Schrotflinten.“
„Schrotflinten helfen uns jetzt auch nicht.“ Fluchte ich, trat zur Tür und warf einen Blick in Richtung Zentrale.
Dort hatten sich zwei Mann verbarrikadiert. Einer in der Türnische zur Zentrale, der andere hinter mehreren umgeworfenen Servicewagen.
„Gibt es keinen anderen Weg in die Zentrale?“ fragte Viktor.
„Nein.“

„Doch!“ sagte Claire, „es gibt noch einen Weg.“ Und zeigte nach oben, wo ein feuerfester Kabelschacht an der Decke vorbeilief. „Der Schacht endet direkt über dem Schaltpult und in jedem Raum hier unten ist eine Serviceluke, damit man an die Kabel herankommt.“
„Vergiss es, selbst wenn ich mich mit einer Tonne Gleitgel einreibe, komme ich da nicht durch!“ knurrte ich und nahm mir vor, zukünftig wieder mehr auf das Essen zu achten.
„Du nicht, ich schon!“ grnste Clair. Sie wirkte sehr sicher.
Ich schaute zu Viktor der kurz überlegte, und dann nickte. „Ich soll auf dich aufpassen und dich durch einen schmalen Schacht zu den Killern zu schicken, widerspricht dem so ziemlich in allem.“

„Sie dir den Schacht mal genauer an… das ist feuerfestes Material, das hält sicher auch Kugeln ab… also bin ich in dem Schacht sicherer als hier bei dir.“
„Da ist was dran. Dann los!“ ich schob ein paar der Kisten unter die Luke zum Kabelschacht und öffnete sie. Der Schacht war im Inneren maximal fünfzig mal dreißig Zentimeter breit und ich fragte mich, wie Claire sich da durchzwängen wollte, doch die schwang schon ihre Beine nach oben und schob sich nach vorne. Schon war sie um die erste Ecke verschwunden.

„Wir müssen die Kerle vor der Zentrale ausschalten und dann den oder die Männer in der Zentrale selbst beschäftigen.“ Sagte Viktor und sah mich fragend an. „Hast du eine Idee?“
„Ist das dein ernst? Du bist General und du fragst einen W12er ob er eine Idee hat?!“

„JA! Denn das macht einen guten General aus, er hört sich Ideen von klugen Leuten an, bevor er eine Entscheidung trifft!“
Ich schaute mich zum tausendsten Mal in dem Raum um und wieder blieb mein Blick an den Schrotflinten hängen…dann sah ich nach oben zum Schacht und fragte mich, wo Claire jetzt wohl war. Da der Schacht nicht aus Metall war, gab es keine Ausbuchtung, oder Geräusche. „Denkst du der Schacht hält wirklich einer Kugel stand?“
„Kleinere Kaliber sicher, was hast du vor?“

„Tontaubenschießen!“

**

Vor dem Hotel trieben John, Safar, Miklel und Kuster die Piraten immer wieder an, um die Verteidiger der Hotels anzugreifen. Dort würden sie reiche Beute machen und die Weiber erst… Diese Vorstellung, zusammen mit den Rauschmitteln ließen die Piraten immer wieder gegen Lem und seine Leute anrennen.

Die Söldner selbst hielten sich zurück und warteten auf Whitingshaoues Befehl sich nach Tutur’one abzusetzen.
„Hast du was von Glenn gehört?“ wollte Kuster von John wissen.
„Nein, seit sie im Hotel sind, halten sie Funkstille.“
„Wie sieht es bei Junaut aus?“

John wandte sich zu Kuster um und schüttelte den Kopf. „Genauso wie bei uns, sie beschäftigen die Armee und halten sich bereit. Dafür, dass die Soulebdalesen angeblich so toll sind, stinken sie ziemlich ab. Ich wusste, dass Hoult übertreibt. Unsichtbar machen… So eine gequirlte Scheiße.“
Er drehte sich wieder zu Kuster, um Befehle zu geben, als Kuster ganz nah an ihn herantrat.

„Was soll das?!“ fragte John und sah Kuster an, doch es war nicht Kuster, der neben ihm stand. Ein hartes, tätowiertes Gesicht sah ihn an.
„Du hättest besser auf diesen Hoult gehört!“ sagte die Gestalt, dann explodierte Johns Welt in einem riesigen Schmerz.

Trusg’jerset gab Kenta’Mariba, der Kuster ausgeschaltet hatte, ein Zeichen und kurze Zeit später starb Safar ohne seinen Feind zu sehen. Lediglich Minkel überlebte, da Lem einen der Söldner lebend haben wollte.

**

„Fertig?“ fragte ich Viktor und Ekatarina die beide nickten, dann sprang Ekatarina wieder hinter die defekte Reinigungsmaschine und ich warf ihr eine Abschussvorrichtung und zwei Tontauben zu, die sie spannte und lud. Dann reichte ich Viktor zwei Schrotflinten, eine gab ich Ekatarina und eine nahm ich. Claire war nun gute acht Minuten unterwegs also hieß es, jetzt oder nie!

„PULL!“ rief ich und Ekatarina schoss die Tontauben ab, die durch den Flur in Richtung Zentrale sausten. Mit allem hatten die Söldner gerechnet, doch nicht mit Tontauben.
Allerdings wussten die Piraten ja nicht, dass es nur Tontauben waren, also zogen sie erst einmal die Köpfe ein. Diese Überraschung verschaffte uns einen Sekundenbruchteil Vorsprung, den wir gnadenlos ausnutzten!
Als ich die Schrotflinten sah, fiel mir Deckers Unterricht ein, dieses eine Horrorszenario, welches niemals eintreten durfte…

Ich stürmte vor, hielt die Schrotflinte auf einen Punkt zwei Meter vor mich auf den Boden und feuerte nacheinander beide Schüsse ab. Da ich zusätzlich den Schrot mehrerer Patronen wie bei einem Vorderlader in die Läufe gesteckt und mit etwas Watte gestopft hatte, sausten zig Schrotkugeln durch den Flur, trafen auf Wände und die Decke und rasten als Querschläger durch den Gang. Durch die zusätzlichen Kugeln im Lauf riss die Waffe in meinem Griff brutal nach oben, doch das war völlig egal, hier ging es nicht darum genau zu zielen.

Kaum hatte ich meine Waffe abgefeuert, schoss Viktor und anschließend Ekatarina. Die sechs Schüsse fielen in weniger als einer Sekunde, dann hatten wir die Hälfte des Weges zurückgelegt.
Blutüberströmt taumelte Facht aus dem Türrahmen, hinter dem er Deckung gesucht hatte hervor.

Mindestens vier Schrotkugeln hatten ihn in die linke Seite getroffen und als er in Richtung Zentrale taumelte, hatte Ekatarina ihre Makarov schon in der Hand und schoss ihn nieder. Während Ekatarina dann mit ihrer Pistole Hoult zwang, den Kopf hinter seiner Barrikade zu halten, luden Viktor und ich die Schrotflinten nach. Jetzt schoss Viktor in Höhe Hoults rechts gegen die Wand und ich links auf gleicher Höhe.
Diesmal hatten wir nicht die Zeit zusätzliche Kugeln in den Lauf zu stopfen, dennoch reichten die vier Ladungen aus. Ein Tel des Schrots traf die Wand hinter ihm, prallte ab und traf Hoult in den Rücken. Wir hörten einen Schrei, dann sprang Viktor auch schon über die Barrikade, wo sich Hoult vor Schmerz in seinem Blut wälzte.

Als ich zu ihm kam, hatte Viktor ihm auch schon mit einem Tritt die Waffe aus der Hand getreten. Nun standen wir vor der verschlossenen Tür der Zentrale, doch wir wussten nicht, wie viele Männer sich dort aufhielten.

„Keine schlechte Idee für einen W12er.“ Grinste Viktor und zeigte auf den verletzten Hoult. „Wir sollten ihn…“ Weiter kam Viktor nicht. Glenn hatte die Tür zur Zentrale aufgerissen und schoss mit einer Maschinenpistole in den Flur. Doch diesmal war er nicht schnell genug. Ma’difgtmas Training und ihre ständigen Übungen, die mir zugegebener Maßen, manchmal ziemlich auf den Sack gingen, zeigten ihre Wirkung. Noch bevor Glenn abdrückte, hatte ich Viktor angesprungen und zu Boden gerissen, so dass die Kugeln über uns hinweggingen. Genauso schnell wie Glenn die Tür aufgerissen hatte, hatte er sie auch wieder geschlossen, doch er hatte der Tür nur einen Tritt verpasst und ein kleiner Spalt blieb offen.
Viktor drehte sich zu Ekatarina um. „Bist du ok?“
„Ja.“ Antwortet sie, denn sie hatte etwas abseits gestanden und sich rechtzeitig hinter der Barrikade fallen lassen. Der einzige der getroffen wurde, war Hoult, der nun tot im Gang lag.

„Gib auf!“ rief ich durch die Tür und sah wie Glenn nachlud und neben dem Schaltpult Deckung suchte. Wenn ich versuchen würde die Tür zu öffnen, würde ich genau vor seine Schussbahn laufen… Andererseits konnte er nicht herauskommen, denn er musste an der Tür ziehen um sie zu öffnen und spätestens dann würde er sich ein paar Kugeln einfangen.

„Fick dich!“ lautete die nicht sehr überraschende Antwort.
„Wir könnten ihm ein paar Schrotkugeln verpassen.“ Schlug ich vor, „durch den Türspalt könnten wir Glück haben.“
„Und dabei das Schaltpult zerlegen.“ Gab Viktor zu bedenken.
Verdammt Viktor hatte Recht… Nein, was immer die Kerle vorhatten, um es zu stoppen musste das Schaltpult ganz bleiben. Während ich überlegte sah ich eine Bewegung an der Decke, hinter Glenn.

Claire hatte die Luke des Schachts erreicht und öffnete diese ganz langsam und lautlos. Auch Viktor sah die Bewegung, winkte Ekatarina zu und die verstand sofort. Sie hob einen der Servierwagen der Barrikade auf und begann ihn zu bewegen. Das Lenkte Glenn kurzzeitig ab.

„Red mit ihm!“ forderte Viktor mich leise, „aber flüstere nicht, er muss sich auf deine Stimme konzentrieren!“

Ich nickte und schaute weiter durch den Türspalt. „Also wenn du nicht aufgibst, sieht’s ziemlich scheiße für dich aus. Falls ihr das Hotel wirklich abfackeln wollt, wirst du hier mit draufgehen.“
Alles was kam war ein verächtliches Schnauben, dann schwieg Glenn wieder.
„Wenn er nicht reden will, rede du!“ stieß mich Viktor an, „Los lenk ihn ab!“
„Lenk ihn ab… He du Arsch, stehst du auf Filme?“ fragte ich und redete dann einfach weiter. „Nächste Woche kommt der neue Star Wars Film in die Kinos. Wäre doch echt schade, wenn du den verpasst, nur weil du hier verreckst.
Also mich würde das echt anpissen. Kennst du eigentlich meine Lieblingsszene bei den Star Wars Filmen? Die ist in Episode vier, die Rebellen rasen mit ihren X-Flüglern durch den Graben um ihre Torpedos in den Schacht abzufeuern.
Als sie dort unten fliegen, schlägt ihnen eine Menge Abwehrfeuer entgegen, überall sind diese Laserstrahlen und dann plötzlich stellen die Abwehrtürme alle ihr Feuer ein. Weißt du auch warum?“

Eine Sekunde bewegte sich Glenn nicht, dann sprang er auf, wirbelte herum und feuerte auf der Hüfte seine Waffe ab, doch alle Kugeln gingen daneben. Claire hatte sich nur mit dem Oberkörper aus dem Schacht geschoben und schwebte in Kopfhöhe hinter Glenn. Dessen Augen waren schneller als seien Arme, er erkannte seinen Fehler, doch Claire war schneller und schoss ihm zweimal in den Kopf.

„Alles klar, ihr könnt reinkommen.“ Rief sie und wir liefen in die Zentrale. Während ich über Glenns Leiche sprang, kletterte eine völlig schwarze und verdreckte Claire aus dem Schacht heraus.

„Das haben sie exzellent gemacht, meine Liebe.“ Lobte sie Viktor, nachdem ich sie gedrückt hatte.
Ekatarina drückte sie auch, als ich mir schon das Schaltpult ansah.

„Scheiße, sie haben die Knöpfe der Fensterverriegelung zerstört.“ Fluchte ich und zeigte auf die kaputten Schaltknöpfe.“

„Irgendwas stimmt hier nicht!“ sagte Ekatarina. „So wie es aussieht, waren nur die drei hier im Hotel, wären noch mehr Angreifer im Hotel, hätten wir das mit Sicherheit mitbekommen, wie wollen sie also das Hotel anzünden? Ich meine, das hier ist keine Holzhütte, die schnell brennt.“
Viktor nickte, dann wies er auf die Belüftungsanlage. „Ein Aerosol! Sie verteilen es in der Belüftungsanlage und wenn es sich im ganzen Gebäude verteilt hat, zünden sie es und überall brechen gleichzeitig Feuer aus!“
„Dann schalten wir die Lüftung eben aus!“ ich suchte auf dem Schaltpult den entsprechenden Knopf und sah nur einen der in Frage kam und der war ebenfalls zerstört.
„Da, die Regler für die Feuerlöschanlagen sind noch intakt.“ Ich zeigte auf eine Reihe Knöpfe und vergewisserte mich, dass alle wirklich unversehrt waren.
„Warum haben sie die nicht zerstört… das ergibt keinen Sinn.“ Grübelte ich.
„Doch, sie können sie nicht von hier ausschalten“, sagte Claire, „Naftu’Melee hat es mir erklärt. Das Feuerlöschsystem hat zwei unabhängige Kreisläufe. Einmal den hier“, sie wies auf das Pult, „und ein zweites System, das auf jeder Etage unabhängig von diesem System hier gesteuert wird.“

„Das heißt, jedes Stockwerk hat sein eigenes System, das bei einem Brand selbstständig reagiert?“ fragte ich nach.
„Ja, wenn sie Feuer legen wollen, müssen sie zuerst auf jeder Etage die Steuerung lahmlegen.“
Ich schüttelte verständnislos den Kopf, als Viktor mich anstarrte. „Peter!“
Ich blickte zu ihm und sah in ein weis gewordenes Gesicht. „Sie wollen das Hotel nicht anzünden!“
Ganz hinten in meinem Gehirn dämmerte mir, was Viktor da sagte!

„Die Lüftung!“ Ich wirbelte herum und rannte so schnell ich konnte aus der Zentrale.
„Ihr bleibt hier und versucht die Lüftung auszuschalten!“ rief Viktor Ekatarina und Claire zu und lief hinter mir her. „Egal wie! Schaltet die Lüftung aus!“

**

Nachdem Glenns Männer von den Kriegern ausgeschaltet wurden, brach der Angriff der Piraten zusammen. Einer nach dem anderen suchte sein Heil in der Flucht, lediglich ein paar sehr berauschte Piraten wurden noch von den Verteidigern des Hotels ausgeschaltet, dann herrschte eine gespenstische Ruhe um das Hotel. Auch bei Futor’one ebbten die Angriffe ab, als Tars’fret und seine Krieger Junaut getötet hatten. Ohne Führung glichen die Piraten einem kopflosen Hühnerhaufen, dem die Soldaten schnell ein Ende bereiteten.

„Lukas!“ rief Randy „Wir müssen zum Hotel“ Randy hatte mehrere Dutzend seiner Fliegendrohnen im Einsatz und konnte so ein großes Gebiet nach weiteren Gegnern absuchen. Lukas, der von Randy eine Schnelleiweisung in Sachen Überwachungstechnik bekommen hatte, half ihm, die vielen gleichzeitig eingehenden Daten auszuwerten. Allein sechs dieser Drohnen halfen Tars’fert und seinen Kriegern die Anführer der Piraten noch schneller ausfindig zu machen.
Lukas sah einen Jeep der Armee zwischen den Palmen stehen und zog Randy hinter sich her. „Na dann los, bin gespannt, was die Kiste drauf hat.“ Sagte er, sprang hinter das Lenkrad und raste los.

**

„Ben!“ rief Lem seinem Freund zu. „Zum Hotel! Aber Vorsicht, irgendwo lauern noch ein paar Killer des Stechers!“

**

Viktor und ich rannten über den Flur zum eingeschlagenen Fenster, kletterten heraus und liefen zur Lüftung. Verdammt, welcher Idiot von Architekt kam auf die Idee, diese außerhalb des Hotels anzubringen?

Der Raum, in dem die Belüftung untergebracht war, lag gut 1,5 Meter unter der Erde, auch das war eine Vorsichtsmaßnahme, mit der Schäden bei Taifunen vorgebeugt werden sollte. In den Raum führte eine Treppe mit zwölf Stufen nach unten, dann kam ein drei Meter langer Gang, der zur Sicherheitstür der Anlage führte.

Mit der Waffe im Anschlag gingen wir vorsichtig an die Treppe heran, doch niemand hielt uns auf.
Ganz vorsichtig warf ich einen Blick nach unten und sah, dass die Tür der Anlage aufstand.
„Du warst doch schon dort unten, wie geht’s da weiter?“ fragte Viktor.

„Das ist eine Todesfalle. Der Gang dort unten zur Tür ist drei Meter lang und weniger als ein Meter breit, was uns zwingt hintereinander zu gehen, dann kommt eine rahmenlose Tür. Selbst wenn wir die Treppe runterschaffen, sind wir auf mindestens vier Meter Zielscheiben, die nicht ausweichen können.“
„Wir müssten wissen, wie viele und wo sich die Kerle dort drin aufhalten… gibt es denn Kameras in die sich Hauer einhacken könnte?“

„Nein…aber… Warte!“

Ich schloss die Augen und konzertierte mich auf Randy. -He Obernerd, wo bist du? Ich brauch dich!-

– Ich sitze neben Harakiri Lukas und bin auf dem Weg zu dir. Und Bad-Man, nenn mich noch einmal Nerd und ich schmier dir aufs Brot, dass ich mit Dana die letzten Tage mehr Sex hatte als du! –

-Halt die… ich brauche deine kleinen Helfer. Dort unten sitzen ein paar Mistkerle, die alle Menschen im Hotel umbringen wollen-

-Da hast du Glück, meine Drohnen begleiten mich und sind auf dem Weg zu Lem, ich lenkte drei Stück um zu dir.-

-Wann werden sie da sein?-

-Jjjjetzt!- drei dicke Fliegen sausten im perfekten Formationsflug an meinem Kopf vorbei und flogen an der Treppe vorbei und durch die Tür in den Lüftungsraum.

**

„Die Lüftung abstellen, die haben gut reden!“ schimpfte Claire und sah verzweifelt die Konsole an.
Ekatarina hatte sich inzwischen alle Schränke und Schubladen angesehen und fand ein dickes Handbuch, das sie aufschlug und darin blätterte.

„Hier, wir tauschen!“ rief sie, schob Claire zur Seite und reichte ihr das Handbuch, „Das ist alles in Französisch.“ Doch auch Claire konnte mit einem Haufen Schaltplänen nichts anfangen.
„Wir brauchen einen Übersetzter, Fachchinesisch- Agent!“ rief sie sie, dann fuhr sie herum. „Hast du ein Handy dabei?!“

„Ja.“ Antwortete Ekatarina und reichte ihr ihr Smartphone. Claire riss es ihr aus der Hand, wählte und betete, dass sich am anderen Ende jemand meldete.

„Büro der Regentin, Hafa’lar.“
„Madam Hafa’lar! Hier spricht Claire! Ich muss sofort mit Monsieur Hauer sprechen! Bitte es geht um jede einzelne Sekunde! Wir brauchen Hilfe, oder eine Menge Menschen werden sterben!“

Heylah hatte Hafa’lar nicht zu ihrer Assistentin gemacht, weil sie nett aussah oder schnell Briefe schreiben konnte, Hafa’lar war klug und sie war klug genug um die Situation richtig einzuschätzen.

„Bleiben sie dran!“ sagte sie und drückte den stillen Alarm unter ihrem Schreibtisch.

**

Randys Drohnen flogen durch die Tür und teilten sich dann auf. Ihre Prozessoren erfassten die Maße des Raumes, und teilten sich selbstständig so auf, dass jede Drohne einen gleichgroßen Raumteil absuchte.
-Zwei Männer! Einer liegt zwei Meter hinter der Tür und hat Sturmgewehr. Der andere arbeitet im hinteren Teil des Raumes, etwa fünf Meter links neben der Tür. Seien Waffe liegt neben ihm.-
„Zwei Männer, einer direkt an der Tür der andere arbeitet an der Anlage.“ Teilte ich Viktor mit.
„Was tut der Mann an der Anlage?“
Ich leitete die Frage an Randy weiter und der ließ seine Drohne einen Meter neben dem Mann auf einem Leitungsrohr landen.
-Er schraubt eine Klappe an einem der Luftzuführendem Rohr auf.-
-Hat er einen Behälter bei sich?-
-Ja, da steht eine Behälter neben ihm… er scheint eine Zeitschaltung zu haben.-

„Viktor, sag mir, dass ich falsch liege!“

„Jemand packt einen Behälter mit einer Zeitschaltung in das Belüftungsrohr eines Hotels, dessen Fenster und Türen alle abgeriegelt sind… was wird er wohl vorhaben?“

-Randy! Wir müssen sie stoppen! Wie kommen wir rein?-
-Ganz einfach, ich zähle von zehn auf null, dann rennt ihr los… Zehn, neun…

**

„Hauer!“ meldete sich Ralf nur eine Minute nach Claires Anruf.
„Ralf, wir sind in der Steuerzentrale des Hotels. Jemand will die Menschen hier vergiften und wir können diese Leute nur aufhalten, wenn wir die Lüftung des Hotels ausschalten, aber wir wissen nicht wie! Die einzigen Knöpfe dazu am Schaltpult, sind zerstört und der Schaltplan ist zweihundert Seiten dick!“

„Ok, ich habe verstanden.“ Ralfs Gedanken fingen an zu rasen. „Claire sehen sie in der Zentrale einen Computer?“

„Ja!“ antwortete Claire, die ahnte, worauf Hauer hinaus wollte, „aber ich habe kein Kabel um das Handy daran anzuschließen.“
„Das macht nichts. Können sie die Herstellernummer, MAC Adresse oder die Seriennummer darauf sehen?“

Claire lief zu dem Computer, der neben dem Schaltpult stand, drehte ihn herum und sah das Typenschild des Herstellers, welches auf der Rückseite angebracht war.

„Ja! Ich habe hier die MAC-Adresse des Compaq. Sie lautet 00-50-8B-CA-FF-EE.“
Ralfs Finger flogen über die Tatstatur von Iris und schon nach Sekunden hatte er den Rechner lokalisiert und den Schleitz auf die Firewall angesetzt.
Mit einem Grinsen im Gesicht murmelte Ralf nur „CAFFEE wie nett.“

**

„Zwei, eins, NULL! RENNT!“

Ohne nachzudenken sprang ich auf und rannte die Treppe herunter, nur einen halben Schritt vor Viktor.
Wenn das, was Randy vorhatte, schief ging, waren wir in einer Sekunde tot!

**

Bernd hätte seine Freude an dem perfekten Formationsflug der Drohnen gehabt, welche Calvin der die Tür bewachte von hinten anflog, sich kurz vor ihm trennte und dann genau auf sein Gesicht zuflog. Calvin zielte aus dem Dunkeln, durch die Tür und sah mit seinen Augen ins Licht. Er sah die beiden Dohnen nicht, die seitlich aus dem Halbdunkel auf ihn zuflogen…

„Lebt wohl meine Lieben.“ Verabschiedete sich Randy von seinen Wunderwerken und drückte den Selbstzerstörungsknopf der Drohnen. Um zu verhindern, dass Leute wie der Stecher an seine Technologie herankamen, besaß jede Drohne einen Zündmechanismus, der alle noch vorhandene Energie der Drohne, in Hitze umwandelte und sie in explosionsmäßig Flammen aufgehen ließ.

Randy hatte als Ziel der Drohnen Calvins Augen programmiert und genau als wir die Treppe herunter stürmten landeten die Drohnen auf den Augäpfeln und zündeten die Brandsätze.

**

Statt einer Salve Kugeln erklang ein schauriger Schrei, dann sah ich das Aufblitzen eins Sturmgewehres, doch der Schütze schoss nicht auf uns, sondern anscheinend Blind um sich, dann war die Waffe leergeschossen und wir sprangen durch die Tür.
Viktor fackelte nicht lange und schoss den Mann, der sich das Gesicht hielt nieder, dann sprangen wir beide hinter ein paar dickere Rohre der Anlage und hielten nach dem zweiten Mann Ausschau.

-Mist!- fluchte ich, meine Augen mussten sich erst an das Halbdunkel gewöhnen, während unser Gegner beste Sicht hatte, doch der nutze seinen Sekundenvorteil nicht. Außerdem erfüllte das leise Brummen der Lüftung den Raum.

Whitingshouse hatte, um an der Lüftung zu arbeiten, seine Waffe ablegen müssen und musste nun erste nach der Waffe greifen, doch dazu musste er erst den Behälter ablegen.

„Hören sie!“ rief Viktor. „Wir haben alle ihre Leute ausgeschaltet und die Piraten sind entweder tot und laufen im ihr Leben. Geben sie auf!“

„Vergessen sie es!“ kam die Antwort aus dem hinteren Teil des Raumes.

„Whitinghouse!“ flüsterte mir Viktor zu und zeigte nach rechts. Ich nickte und begann mich hinter den Rohren seitlich auf Whitinghoues zuzubewegen.
„Mr. Whitinghouse, wenn sie gegen Vogel aussagen, werden wir ihnen Immunität gewähren!“ versuchte Viktor, das Gespräch am Laufen zu halten, während ich weiter kroch.

„Klar doch… verarschen kann ich mich selbst!“ entgegnete er. Sam wusste, dass ich irgendwo im Raum war und gab einige Schüsse ins Blaue ab. Ein paar Kugeln sausten nicht weit von mir gegen die Wand und dann gegen ein Rohr, von denen sie laut pfeifend abprallten.
Doch ich hatte das Aufblitzen der Waffe rechts vor mir erkannt und wusste jetzt zumindest, in welche Richtung ich musste.

„Sam! Wir geben ihnen eine völlig neue Identität! Sie wissen wer ich bin und das ich das kann!“
„Und sie wissen genau, was der Stecher mit Verrätern macht, dann gehe ich lieber gleich drauf.“

Ich war jetzt etwa vier Meter von ihm entfernt, doch zwischen mir und Whitinghouse waren jede Menge Rohre, ich konnte nicht einfach aufspringen und ihn überrumpeln… Dann hörte ich ein leises Scharren. Fest auf den Boden gepresst, sah ich zwischen den Rohren, wie Whitinghouse seine Waffe auf den Boden ablegte und den Behälter aufnahm…

„NEIN!“ ich sprang auf und richtete meine Sig auf ihn, doch zu spät, Sam Whitinghouse warf den Behälter in das Lüftungsrohr und warf die Klappe des Rohres zu. Von der aufgeschraubten Luke fiel er gut einen Meter in das Rohr.

Whitinghouse stand mit erhobenen Armen vor mir, sein Sturmgewehr auf dem Boden zwischen uns liegend und sah mich fest an, während Viktor zu mir kam.

„Der Zeitzünder ist auf eine halbe Minute eingestellt und niemand kommt so schnell an den Behälter heran… Ihr habt verloren!“

**

Die Worte hingen noch im Raum, als das Brummen der Lüftung verstummte. Hauer konnte mit dem Schleitz das Netzwerk des Hotels hacken und die Kontrolle über die gesamte Steuerung des Hotels übernehmen.

Was immer Whitinghouse da in die Lüftungsrohre gesteckt hatte, es würde sich nicht verteilen!

In mir bahnte sich eine unbändige Wut nach draußen und ich hob die Sig und zielte genau auf Whitingshouse miese Visage.

„Nein!“ rief Viktor. „Wir müssen ihn lebend haben!“
„Ich muss das nicht!“

„Peter! Wir übergeben ihn Ma’Difgtma! Sie wird sich um ihn kümmern und du weißt was das heißt.“
Oh ja, das wusste ich! Ich würde auf die Befriedigung dieses Stück Scheiße umzulegen, verzichten müssen!
Viktor trat einen Schritt auf Whitinghouse zu, der immer noch mit erhobenen Armen dastand und sagte, „Sie sollten jetzt keine Schwierigkeiten mehr machen.“ Doch Sam Whitinghouse dachte nicht daran aufzugeben!

Als Viktor auf ihn zuging, zog Sam sein Bein nach hinten. Als er seine Waffe abgelegte, hatte er den Schulterriemen der Waffe am Schaft und dem Kolben gelöst, ein Ende am Abzug befestigt und das andere Ende um sein linkes Bein geschlungen. Als er das Bein nach hinten zog, begann das Sturmgewehr, das auf dem Boden vor uns lag und dessen Lauf in unsere Richtung zeigte zu feuern.

**

„Ralf! Die Lüftung ist aus! Sie sind ein Held!“ rief Claire und Hauer wurde tatsächlich rot hinter seiner Tastatur, doch die Entspannung währte nur kurz.
SMMM SMMM vibrierte sein Handy.
„Ralf“ rief Randy, „die Mistkerle haben irgendwas in die Lüftungszufuhr der Anlage geworfen!“
„Kein Problem, ich hab die Lüftung ausgestellt.“
„Ja, aber du musst verhindern, dass das Gift irgendwo anders austritt!“
„Warte!“ Hauer rief die Pläne der Lüftung am PC auf, gab jeder Lüftungseinheit eine andere Farbe und schaute sich die verschiedenen Bereiche an. „Da gibt es eine Filteranlage, laut Bauplan um das Salz der Seeluft herauszufiltern…

Hör zu! Ich sperre den Zugang zum Filter, die Armee muss die Filter ausbauen und Aktivkohlefilter einsetzen, dann jagen wir die gesamte Luft der Anlage durch die Filter!“

„Alles klar, ich sag Lem Bescheid!“

**

Das Sturmgewehr bellte los und hätte Sam Whitinghuse sicher genug Zeit verschafft seine Pistole zu greifen, doch auf Profis wie Whitinghouse machten Fehler! Er hatte die Waffe auf die falsche Seite gelegt! Nach dem zweiten Schuss, konnte die Patronenhülse nicht ausgeworfen werden, der Verschluss klemmte und die Waffe hatte eine Ladehemmung.
Als ich die Bewegung sah, schoss ich zweimal, doch nur eine Kugel erwischte Whitinghouse an der linken Schulter, dann war Viktor da und trat das Sturmgewehr weg.

„Mr. Whitinghouse, das war ein sehr fieser Trick!“
Whitinghouse wusste, dass er verloren hatte und hielt sich grimmig die Schulter. Ich steckte meine Sig in den Hosenbund, schaute kurz nach der Lüftungsklappe und sagte mir, dass wir wohl schon tot wären, würde die Klappe nicht luftdicht sein.

„So du Arsch!“ sagte ich zu Whitinghouse, „Zeit für dich Ma’Difgtma kennenzulernen!“ ich trat an Sam heran und packte ihn an der unverletzten Schulter. Whitinghouse kam einen halben Schritt mit, dann verpasste er mir einen Stoß, riss mir mit einer Bewegung die Sig aus dem Hosenbund, hielt sie direkt vor mein Gesicht und drückte ab!

Erst beim zweiten KLICK begriff Whitinghouse das diese leer war.

Und noch während sein Gehirn das verarbeitete rammte ich ihm mein Lieblingsmesser mitten in den Oberbauch, riss es nach rechts in die Leber und drehte den Griff soweit ich konnte.

Als seine Beine unter ihm nachgaben, packte ich ihn, zog sein Gesicht an meines heran und sah ihn fest an. „Ich wette für Wichser wie dich hat Mualebda keine Verwendung, du fährst direkt zur Hölle!“

Ich ließ ihn fallen und wartete ohne ein Wort bis Sam Whitinghouse tatsächlich tot war. Erst als Viktor mir die Hand auf die Schulter legte und sagte, „Wir sollten uns jetzt um den Stecher kümmern.“, nickte ich und folgte ihm aus dem Lüftungsraum.

„Wann hast du die Waffe entladen?“
„Als ich nach dem Rohr geschaut habe.“
„Dann hattest du das geplant?“

Ich grinste ihn an und sagte, „Sagen wir einfach, es war ein glücklicher Zufall, dass ich keine Munition mehr hatte.“

„Jedenfalls hast du mir vorhin mit deiner Schnelligkeit das Leben gerettet. Damit hat der W12er etwas gut, beim General.“

„Weist du General… da gibt’s tatsächlich etwas, dass du für den W12er tun könntest…“

**

Ausgestochen
11:40

Der Stecher hatte den Angriff auf die „Honolulu Princess“ miterlebt, die mächtige Explosion gesehen aber es blieb bei einer einzigen. Dafür waren alle die Speed-Boote von der Mannschaft an Bord erfolgreich bekämpft worden. Der Stecher war außer sich und nachdem er von dem Fehlschlag in ersten Hotelangriff erfuhr, nicht mehr zu bremsen. Er schoss sich blindlings den Fluchtweg frei und fuhr sich dennoch in einer Sackgasse bei Fugatoga fest. Diese kleine Siedlung bestand nur aus ein paar Häusern und wenigen Hallen, dahinter kamen bereits die Gebirgsausläufer. Hier gab es kein Entkommen, aber der Stecher konnte andererseits an dem Platz auch nicht überwältigt werden.

Frank und Decker lagen in ihrer Deckung, umgeben von ihren Präzisionsschützen. An und zu spritzte vor ihnen etwas Erde auf, wenn der Stecher, oder einer seiner verbliebenen Männer, schossen.
„Raus kommen die so nicht, aber wir auch nicht rein Frank. Am liebsten würde ich Bernd mit seiner Maschine hier alles zu Klump schießen lassen.“
„Und wir wissen nicht ob oder wie viel Geiseln der Stecher noch hat.“
„Doch keine einzige mehr, sonst hätte er diesen Trump bereits gezogen. Nein der will etwas ganz anderes.“
„Was denn?“
„Genugtuung für unsere Herausforderung und Rache für unsere Einsätze. Immerhin haben wir ihm schon ein paar Mal ans Bein gepinkelt.“
„Ich denke, er ist gekränkt, beleidigt, herausgefordert und gedemütigt zugleich und sein brennender Hass auf mich verbrennt ihn innerlich.“
Frank Braun und Wolfgang Decker schauten sich kurz an und nickten.

„Wir haben ihm alles versaut. Der Stecher will uns.“

„Das ist so nicht ganz richtig, im Grunde will er dich. Du bist sein größter Gegner, du hattest ihn schon sooft am Schlawittchen und du hast ihm alles genommen, was er als Oberschurke hatte, seinen Ruf und seine Profession.“

Decker griff hinter sich und reichte Frank das Megaphon. „Na los probiers, ich bin sicher, der ist so versessen, dass er darauf eingeht.“
„Könnte klappen, inzwischen ist die Fregatte Novel’ult auch eingetroffen, wenns eng wird, dann kann die mit der Bordkanone einmal reinhalten und der Spuk ist vorbei.“
„Ja aber wir wissen nicht, ob er nicht doch Geiseln hat.“
„Schon klar. Worauf wartest du, das da ist der Einschaltknopf.“

Frank legte das Megaphone nach draußen und schaltete das Mikrofon ein. Es quietschte kurz und pfiff einmal, dann war das Gerät ausgesteuert.
„Theobald, der Stecher Vogel, hier spricht Frank Brauer.“
Im gleichen Moment pfiffen einige Kugeln in ihre Richtung, aber keine traf etwas, nicht einmal das Megaphon.
„Hör zu Stecher, das hier ist dein Ende, du kommst hier nicht mehr raus. In zwanzig Minuten kommt eine unserer Bomber, der macht deinen Hügel platt und damit du nicht entkommst, hat die Fregatte dein Versteck im Sucher, das war es mit dir. Du hast letztendlich doch auf der ganzen Linie versagt.“

Erneut pfiffen einige Kugeln in ihre Richtung, diesmal gab es auch einen üblen Querschläger, der über die Köpfe von Frank und Wolfgang hinwegpfiff.“

„Wir haben dir dein Waffen- und Munitionsschiff gesprengt. Deine Verbündeten, die Piraten haben ihre Piratenstadt verloren und sind jetzt gejagte Flüchtlinge und du findest, du wirst benachteiligt?“

Diesmal flogen keine Kugeln mehr, der Stecher hörte offenbar zu.

„Im Iran hast du das Rennen um Boris Marunja verloren, auf Alofi das Rennen gegen Peter und Caroline und jetzt verlierst du hier gegen mich, deinen Todfeind. Ich würde mich glatt schämen, aber ein rechter Gegner bist du nicht mehr. Macht das das Alter?“
Jetzt pfiff eine einzelne Kugel knapp einen Meter vor dem Megaphon durch die Steine.
„Mit dem Treffen hast du auch so deine Probleme. Vermutlich hat dein Auftraggeber, Magnus Berberich, schon längst deinen Nachfolger auf dich angesetzt. Na wie ist es, hast du überhaupt noch den Mumm in den Knochen, um einen fairen Kampf Mann gegen Mann auszutragen?“

Erneut pfiff eine einzelne Kugel über sie hinweg.

„Er ist noch nicht eingeschlafen. Kommst du auch mal zum Punkt? Das ist keine deiner Begrüßungsreden.“

„Oh hast du etwas gegen meine Begrüßungsreden?“
„Die sind langweilig, seit Jahrzehnten immer das gleiche… Oh da vorne tut sich was. Da kommt tatsächlich einer mit einer weißen Fahne.“
„OK lassen wir ihn herankommen, wir wechseln aber vorher die Position. Ich traue dem Stecher alles zu.“
„OK das Mikro hat eine Bluetooth Funkverbindung, 10 Meter sollten drin sein.“

Der Mann mit dem hellen Lappen, weiße Fahne konnte man das beim besten Willen nicht mehr nennen, kam näher heran und erkannte erst im letzten Moment, dass die beiden nicht dort lagen, wo sie sie die ganze Zeit erwartet hatten.

„Ich komme als Parlamentär und bin unbewaffnet.“
„Das machen Parlamentäre so, andernfalls sind sie Kanonenfutter, also, was sollst du uns sagen?“
„Der Stecher schlägt einen fairen Zweikampf vor. Nur er und Brauer!“
Decker grinste Frank an. „Na hab ich dir zu viel versprochen?“
Frank schaute den Kerl mit dem Lappen an, der ihm gerade diese Neuigkeiten überbracht hatte. „Sag deinem Boss, dass der Deal steht, nur er und ich. Wir kämpfen hier vorne bei der großen Betonplatte und keine Tricks. Das ist ein fairer Kampf. Möge der Bessere gewinnen.“
Der Lappenträger lächelte etwas unschlüssig. „Aber sicher doch. Ein fairer Kampf.“ Damit drehte er sich um und ging rasch zurück.
Decker schaute Frank an „Du glaubst ihm das, dass er einen fairen Kampf liefert?“
„Keine Sekunde, aber zumindest stellt er sich. Gib das an Dagan durch, er wird wissen, was zu tun ist.“

**

11:43

Der Learjet war gerade ausgerollt und ich bereits beim Aussteigen, da hielt mich der Pilot an der Hand fest. „Moment, da kommt gerade eine Nachricht von Dagan rein. Hier, das ist wichtig.“ Damit übergab er mir sein Sprechset und ich meldete mich. „Caroline hier, was liegt an?“
„Der Stecher will sich mit Frank Brauer treffen. Angeblich hat der Stecher einem fairen Kampf zugesagt und wir wissen beide, dass das eine Falle ist. Sag Leutnant Tseh’viath, es gilt Code „Morgenröte“ er gibt dir dann etwas, das du brauchen kannst. Das Treffen ist bei Fugatoga.“
„Futatoga, ja das kenne ich noch gut von unserer letzten Hexenjagd.“

Draußen, nach dem Zoll, bat mich Tseh’viath, kurz an den Schließfächern zu warten und er kam mit einem länglichen Kasten wieder, der eindeutig wie ein Gewehrkasten aussah. „Dagan meinte, du wüsstest genau, was nun zu tun ist. Hier die Schlüssel wirst du brauchen, die gehören zu diesem Landrover da vorne links. Und nun machs gut, ich freue mich auf das nächste Treffen.“
Minuten später brauste ich in einem Landrover in Richtung des Treffs, wo sich der Stecher und Frank treffen würden und ich wusste genau, dass das eine Falle war. Vor Tufulega fuhr ich an Kaleveleve vorbei in Richtung Futagota und näherte mich meinem Ziel, einem kleinen Steinturm. Oben angekommen baute ich das M40 Gewehr aus dem Koffer zusammen, lud durch und machte mich einsatzklar.
Es war kurz vor 12:00 Uhr, als ich Dagan anfunkte. „Ich bin bereit!“

**

„Gut Caroline, nur Absicherung, lass Frank seinen Kampf.“
„OK aber du weißt, dass der Stecher garantiert nicht fair kämpft und bestimmt vergiftete Klingen und anderes Zeugs bei sich trägt.“
„Selbstverständlich und ich habe dich nicht ausgebildet, damit du die falschen Schlüsse ziehst. Du weißt, wann du schießen musst und wann nicht. Dagan, Ende.“
Mit der Laseroptik ermittelte ich 505 Meter bis zu den Steinen, wo Frank auf den Stecher wartete. Die Optik war schnell eingestellt und das Geschoß wäre nach 0,64 Sekunden im Ziel, das war mein Spielraum, ein besserer Wimpernschlag, nicht mehr.
Ich sah durch die Optik und da kam der Stecher aus einem versteckten Eingang und ging auf Frank zu.

**

Der entscheidende Kampf

Es war genau 12:00 Uhr – High Noon. Frank schaute auf den Stecher, der langsam auf ihn zukam. Von seinen Schergen war keiner zu sehen. Die Anweisungen des Stechers waren offenbar in dieser Richtung sehr genau.
20 Meter vor Frank fing der Stecher dann an zu stänkern.
„Na komm schon, wir haben ja mehr als eine Rechnung offen. Ich hätte dich und dein Anhängsel, diesen Decker, damals schom umlegen sollen. Aber es sollte ja nicht sein. Aber nun ist der Zeitpunkt gekommen.“
„Ja ich denke, es wird Zeit für die Endabrechnung!“ Sagte Frank betont ruhig. Noch prüfte Frank die möglichen Verstecke der Schergen, aber er sah keinen.

„Wie mir meine Leute sagten, musstest du dich eine Weile auf dieser Sonneninsel gesundpflegen lassen und jetzt glaubst du tatsächlich, dass du es mit mir aufnehmen kannst. Wenn du nur wüsstest, wie lächerlich du aussiehst mit deinem krummen Bein und der vorhängenden Schulter. Na über Pensionen brauchst du dir jetzt ja keine Gedanken mehr zu machen, Tote erhalten keine.“
Frank schaute sich den Stecher an, er wusste, dass er in der linken Hand etwas versteckte und mit der rechten Hand zog er betont langsam ein schönes Bowie Knife aus dem Gürtel.
„Für dich reicht ja mein kurzes Messer, na komm zieh dein Campermesser und pass auf, dass du dich nicht schneidest, oder hat das Messer so wenig Schärfe wie du selber?“
Während Frank ein grobzackiges Kampfmesser zog, versuchte der Stecher bereits den ersten Angriff, aber Frank hatte darauf gewartet und war elegant ausgewichen.

„Ah, zumindest scheinen die alten Reaktionen noch zu funktionieren.“
Frank und der Stecher umkreisten sich, leicht vorgebeugt und jeder war bereit alles zu geben.
„Weißt du, eigentlich sollte ich dich abstechen und langsam ausbluten lassen, dann könnte ich mir deinen Schoßhund Decker als Nächsten holen.“ Mit fiesem lauten Lachen versuchte der Stecher, Decker aus der Deckung zu locken, aber er rührte sich nicht.
Ein weiterer Angriff vom Stecher ließ Frank erneut ausweichen und er schlug mit dem Messerrücken auf die andere Hand des Stechers.
„Au du Mistkerl.“ Brüllte der Stecher, der offenbar überrascht wurde, aus der Hand war ein weiteres Springmesser zu Boden gefallen. Es war ein kleines selbstspringendes Messer und garantiert mit hochgiftigen Substanzen überzogen.

Beim nächsten Angriff mussten beide ihr Messer loslassen, sonst wären sie beide in ihre eigenen Klingen gestürzt, so unglücklich fielen beide über den Steinhaufen.
Eine Hand voller Staub und kleiner Kiesel warf der Stecher in Richtung von Frank und dieser musste sich ducken, er hechtete wie ein junger Kämpfer zur Seite und stand schon wieder auf seinen Beinen.
„Alle Achtung für so einen alten Mann bist du noch recht munter, aber deine Kondition, du hattest keine Zeit zu trainieren, wie schauts da aus?“ Wieder und wieder griff der Stecher an, Frank wehrte ab und griff seinerseits auch an.

Beim nächsten Angriff hechtete Frank erneut zur Seite und stand wieder mit angespannten Beinen vor dem Stecher.

„Ah die Kondition lässt nach, ich wusste es doch.“ Damit griff der Stecher Frank jetzt direkt an und versuchte ihn mit Schnitten und Messerstößen zu treffen. Jedoch Frank schien elegant, wie eine Katze allen angriffen auszuweichen, allerdings sah sein Hemd bereits arg zerschnitten aus.
Doch jetzt griff Frank den Stecher an und dieser war überrascht, dass Frank noch so sprunggewaltig war. Beim Ausweichen hatte Frank das Springmesser des Stechers in der Hand und stach die kleine Klinge in den Oberschenkel des Stechers.

Erstmals sah Frank Unsicherheit in den Augen des Stechers.
„Gift, ich wusste, dass dein Klappmesser vergiftet war und das hast du nun in dir, na wie lange muss ich warten, bis dir jetzt die Kraft ausgeht?“ Spottete Frank den Stecher an und dieser war tatsächlich unsicher geworden.

Sofort hatte Frank sein Messer auf dem Boden aufgenommen und das Kampfmesser des Stechers mit einem Fußtritt weggeschleudert. Schon griff Frank den Stecher an und traf mehrfachin Schulter und Brust. Frank wirbelte um den Stecher herum und schnitt mit einer raschen Bewegung über des Stechers Rückenmuskel.
Doch jetzt hatte sich der Stecher wieder gefangen und zog aus seiner Hose zwei weitere Messer und warf diese nach Frank.

Einem wich Frank aus, das andere wehrte er mit seinem Messer ab, doch schon griff der Stecher erneut in seine Hose. Diesen Moment nutzte Frank und griff an.

Der Messerhieb in die Brust war tief und der Stecher hatte nicht mit diesem brutalen Vorgehen gerechnet. Er begann Blut zu husten. Jetzt suchte der Stecher auch keine weiteren Messer mehr in seiner Hose, sondern kniete erstmals vor Frank im staubigen Boden.
Der Kampf war vorbei. Der Stecher war geschlagen und kniete vor Frank am Boden. „Gib auf, es ist aus!“ Schrie Frank den Stecher an.

„Niemals!“ Brüllte der Stecher und spuckte in Franks Richtung.
Gerade in diesem Moment sprang hinter Frank einer von des Stechers Schergen mit einer Machete auf und wollte Frank damit erschlagen.

**

Auf dem Nachbarhügel sah ich, was sich da anbahnte, konzentrierte mich und schoss.

**

Der Angreifer erschien hinter Frank. Doch mitten in der Bewegung wurde die Brust des Messerschergen von meiner Kugel zerrissen und der Mann fiel leblos zu Boden.

Der Stecher nutzte diesen einen Moment und sprang mit letzter Kraft Frank an und versuchte ihn mit etwas spitzem zu verletzen, aber Frank war auf der Hut und wich aus. Erneut kam der Stecher zu Fall und Frank sprang hinter den Stecher.

Blitzschnell hatte Frank den Kopf des Stechers nach hinten gedrückt, zog seine Klinge über des Stechers Hals und beendete den Kampf endgültig.
Der Stecher lag rücklings auf der Erde und blutete aus Mund und Hals. Er war geschlagen. Frank sprang auf und hastete so schnell als möglich auf Decker zu.

Da schrien aus den hinteren Verstecken die Helfer des Stechers und schosse wie wild um sich. Frank rannte und sprang bei Decker in Deckung.
Rings um sie spritzte der Boden auf. Decker schaute Frank an. „Alles klar?“

„Ja, sie haben keine Geiseln da oben.“
„Gut, ich habe Dagan am Funk, er ist auf der Fregatte.“

„Gut, gib mal her.“ Frank nahm das Funkgerät und Dagan meldete sich.
„Dagan, Frank hier, die haben keine Geiseln da oben. Da sind nur noch Stechers Schergen. Beende den Zauber.“
„Gut dich zu hören Frank. Ich stehe hier mit dem Kanonier an der Konsole der 3 Zoll Bordkanone und habe HE geladen. Köpfe runter, jetzt geht da vor euch die Welt unter!“

Damit begann die Fregatte ihren Beschuss. Die Rapid Fire Kanone spie 10 Granaten der 67mm Munition in die Stellung der Piraten und nach nicht einmal zehn Sekunden war es vorbei. Am Ende hatte die Fregatte Novel’ult mit 10 HE Schuss aus der 3 Zoll Bordkanone Fakten geschaffen. Die alte Siedlung Fugatoga existierte nicht mehr und mit ihr waren die restlichen Piraten untergegangen.
Davor lag nur noch der tote Stecher.

Jetzt, nachdem alles vorbei war, kamen die Wachen von König Leave und luden den Leichnam des Stechers auf einen Laster, um ihn abzutransportieren. Oben in den Resten der alten Siedlung suchten sie vergeblich nach Überlebenden, aber es gab keine mehr.

Decker schaute Frank an und grinste leicht. „Was geht dir durch den Kopf?“
„Ich möchte gerne wissen, wer den Messertypen hinter mir erledigt hat.“
„Na rate mal, wer ist nicht bei dir, wer war unterwegs und ist gleichzeitig ein so erstklassiger Schütze?“
„Verstehe, ich muss mich nachher bei ihr bedanken.“
„Hab ich schon gemacht, Caroline ist schon unterwegs zu uns.“
So endete das letzte Kapitel um Theobald, den Stecher Vogel.

**

Wir trafen uns bei König Leave und wurden wie Helden begrüßt.
„Ich freue mich, euch alle gesund wiederzusehen.“ Begrüßte uns der König und Palastmädchen kamen auf uns zu und reichten gekühlte Fruchtsäfte und ebenso frisches Wasser.

„Die Menschen im Hotel habe ich angewiesen, für euch alle eine herrschaftliche Tafel herzurichten. Ihr könnt euch dort erfrischen und zwei Tage ausschlafen. Heute in drei Tagen gebe ich einen Empfang in meinem Palast, dazu seid ihr alle eingeladen. Nun geht und kommt wieder zu Kräften, pflegt eure Wunden. Wir sehen uns in drei Tagen um 18.00 Uhr eurer Zeit wieder.“

Während wir uns umsahen und immer neue Freunde eintrafen, die bei dem Kampf beteiligt waren, fuhren die ersten Wagen vor und brachten uns zum Hotel.

**

Jakarta

Mehr als zufrieden mit sich und der Welt stieg Darius Kajat aus seinem Wagen und betrat sein Hotel. Er kam von mehrstündigen Verhandlungen über ein Handelsabkommen, welches ihm in Indonesien weiter seine Vormachtstellung garantierte. Dabei fungierte er als „Berater“ der indonesischen Regierung derer Vertreter Soulebdas gegenübersaßen.

Dabei ging es auch um Lieferungen, die Indonesien an Soulebda im Austausch für seltene Erden lieferte und die alle zukünftig über seine Schiffflotte vonstattenging.

Eigentlich hatte sich Kajat die Verhandlungen schwieriger vorgestellt, doch er musste feststellen, der Parlamentspräsident Soleab’n Asmala, der Soulebda bei den Verhandlungen vertrat, ein Geschäftsmann ist, wie alle anderen auch! Kajat hatte die anderen Reeder einfach unterboten und sich somit den Auftrag gesichert.

-Billiger zieht eben immer noch am besten-. Grinste er in sich hinein, während er Soleab die Hand schüttelte und zum tausendsten Mal bedankte sich Kajat in Gedanken bei dem Stecher.

Seiner konsequenten Linie, alle Menschen umzubringen, welche zu Berberich führten, war es zu verdanken, dass niemand wusste, dass er hinter Mota, Tetepare und Makira steckte.

Allerdings war sich Kajat sicher, dass er nur lebte, weil der Stecher starb, BEVOR er Kajat umbringen konnte. So aber lebte er noch und nicht einmal Soleab hatte ihn „schräg“ angesehen.

Sie alle waren ahnungslos… Sogar an den Verhandlungen selbst verdiente Kajat ein kleines Vermögen. Das Hotel, welches er hier bewohnte, und das Hotel, in dem die Abordnung Soulebdas Quartier bezogen hatte, gehörten ihm.

Und was seine Schiffe anging… Er hatte noch genug Kontakte und Leute um sich wieder der Piraterie zuzuwenden, wenn auch mit der bitteren Pille Soulebda und seine profitablen Seewege außen vorzulassen. Doch die Gewässer um Indonesien boten auch so genug Profit. Innerlich musste er lachen, wenn er bedachte, dass das heutige Abkommen dazu führte, dass viele Schiffe seiner eigenen Flotte andere Schiffe aufbringen würden.

In seiner Suite, angekommen wartete schon sein Diener, dem er Anweisungen gab. „Lassen sie ein Bad ein und schicken sie mir die besten Masseurinnen des Hotels!“

Der Diener verbeugte sich und schickte nach den Masseurinnen. Im Halbdunkel seines Bades, erschienen drei Masseurinnen, die lediglich kurze Handtücher trugen. Eine verbeugte sich ganz tief vor Kajat und führte ihn zu der Massage Liege, wo sie ihm half es sich bequem zu machen. Als er auf dem Bauch lag, traten die beiden anderen hinzu und begannen ihn gekonnt zu massieren.

Oh ja, das Leben war hart, doch mit unter diesen gekonnten Händen, ließ es sich ertragen.
Die Masseurin, welche ihn zur Liege begleitet hatte, massierte ihm die Schulter und den Nacken, als sie sich zu seinem Kopf beugte.

„Dr. Kajat“, flüsterte sie leise.
„HHMM“ grunzte Kajat.
„Ich habe eine Botschaft für euch.“
„HHMM?“

Kajat drehte den Kopf und sah seine Masseurin an. Jetzt erst erkannte er, dass diese Frau, dem Aussehen nach nicht aus Indonesien stammte, sie war größer und auch nicht sooo zierlich und ihre Augen hatten plötzlich einen stechenden Ausdruck.

„Der Zorn Soulebdas ist über dir!“ sagte sie hart, dann presste Lerf’taste seine Kiefer zusammen, so, dass er nicht schreien konnte, und nagelte ihn auf der Liege fest, während Hyla’hars und Ma’fretama ihre Messer zogen.

**

Eine Stunde später erschienen die drei Kriegerinnen in Soleabs Hotel.

„Auftrag ausgeführt.“ Sagte Ma’fretama lediglich zu Soleab und dieser nickte nur leicht.

**

Im Hotel auf Futuna

Am Abend des Tages stand ich mit Peter, Clair, Ekatarina und Soraya auf der Veranda. Wir tranken und scherzten. Endlich konnten wir auch entspannt lachen.
Nach und nach kamen unsere Freunde dazu. Dagan mit Viktor, Decker und Frank im Schlepp. Wie auf ein Zeichen kamen jetzt alle aus ihren Zimmern. Das Gelächter, die Partystimmung und der Jubel hatte sie herausgetrieben. Wir umarmten und küssten uns. Endlich war dieses Kapitel vorbei.

Eine Gardistin erzählte mit lauter Stimme, wie Clair Max Heufuß verfolgt und schließlich zu Fall gebracht hatte. Sie erwähnte auch die alte Frau und ihre Reaktion. Erneut lachten wir.
Laut lachend kam Clair zu uns und ich nahm sie in den Arm. „Du bist einfach nicht zu schlagen, das war klasse.“ Damit küsste sie mich und meinte nur „Danke für alles.“

Weitere Freunde trafen ein und die Terrasse füllte sich. Ekaterina Romannova kam auf mich zu und reihte sich ein. „Wenn du nachher Zeit hast, ich habe noch so viel Fragen an dich Caroline.“ Ich lächelte sie an „Selbstverständlich, komm nachher einfach vorbei, ich bin mit den anderen auf unserer Suite, die haben und die größte Suite gegeben und sie ist herrlich.“

„Ich komme vorbei.“ Schon war sie mit Leanova Punika im Trubel verschwunden und Peter kam zu mir.
„Dich mal ohne Frauen zu treffen ist aber auch ein Ding der Unmöglichkeit. Wie schaffst du es nur immer wieder, soviele wunderschöne Frauen, um dich zu scharen?“
„Das stimmt doch nicht, schau dir Jerome an, er hat seine Freundin im Arm und ich würde sagen, Rafaela Mao ist wunderschön.“

„Ja klar, du weißt genau, wie ich das meine. Immer bekommst du etwas zu naschen und ich muss darben.“
Jetzt begannen die Leute um uns laut zu lachen und sogar Peter und ich stimmten ein.
„Na Schatz, lass mich mal sehen, ob ich da heute Abend etwas machen kann.“
Soraya kam auf uns zu und grinste Peter frech an, dabei flüsterte sie uns zu. „Der da hat doch nie genug. Ich habe Peter studiert und ich weiß genau, was er braucht.“ Dabei turtelte sie um Peter herum und drückte ihn an die Wand, dabei spielte sie so richtig scharf mit ihm und lächelte mich dabei an. Ich nickte unmerklich und Soraya küsste Peter unglaublich intensiv. Einige der Gäste jubelten schon und man hörte hier und leise „Peter, Peter“ Rufe.

Rafaela Mao kam zu mir und flüsterte mir etwas ins Ohr. Ich lächelte sie an und zwinkerte zustimmend mit den Augen. Spitzbübisch freute sich diese Schönheitskönigin und ich wusste, diese nacht würde wahrhaftig unvergessen sein.

Lem schaute nur mich an und als ich ihn angrinste, da verzog er seinen Mund und drehte sich um. Ich wusste genau, dass er innerlich lachte, denn spätestens jetzt hatte auch er verstanden.
Als Soraya von Peter abließ, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Bereite dich auf eine unglaubliche Nacht vor.“ Mit einem Lächeln kam sie auf mich zu und küsste mich nicht minder intensiv. „Es ist alles vorbereitet.“ Flüsterte sie mir ins Ohr. Clair schaute Peter verlangend an und so langsam kam sich Peter wie der beste Hahn im Korb vor.

Clair flüsterte mir zu. „Weiss er von seinem Glück?“
„Nein, aber ich denke, heute wird er an seine Grenzen gebracht.“
Der Abend verging und es gab herrliche Früchte, wunderbare Schnittchen, erfrischende Getränke mit und ohne Alkohol und die ersten Sterne gingen auf.
Die ersten unserer Freunde zogen sich allmählich zurück und auch ich verabschiedete mich. Peter war noch im Gespräch mit Soleab und Jerome und konnte sich nicht lösen.

**

Auf dem Landsitz des Finanziers

Dr. Magnus Berberich saß mit tränenunterlaufenen Augen und einer halbvollen Flasche MacPhail’s Highland Malt Scotch Whisky vor seinem Kamin und betrachtete seine wunderschöne Frau, wie sie vom Kronleuchter aus vier Hirschgeweihen hing und sich langsam drehte.
An dem Hocker aus Edelstahl war ein Briefumschlag festgeklebt und Berberich sah immer wieder in den von seinen Tränen durchnässten Brief.

„Oh Adelheid, warum hast du das getan …?“ Dann setzte er die Flasche an und trank einen weiteren tiefen Schluck Whisky.

Hinter sich hörte Berberich eine Stimme. „Weißt du das nicht Dad? Weißt du nicht, weshalb sie sich das Leben nahm? Echt nicht?“

Berberich drehte sich um. Im Türrahmen stand seine Tochter Maike. Sie war gekleidet wie eine Abenteuerin aus Indianer Jones und hatte ihre Hand in der Handtasche.

„Du hast sie in den Tod getrieben.
Du mit deinem ständigen Job Job Job Gemache.
Wie oft wollten wir mit dir in Urlaub, aber es war nie Zeit. Immer ging der Job vor. Und dann, als sie in der Uni gestalkt wurde, da warst du auch nicht da. Es ging dir immer nur ums Geld, das Geld war dir wichtiger als wir.
Wahrscheinlich hast du auch deine Ex so verloren. Vielleicht sogar nachgeholfen. Aber das spielt keine Rolle mehr.“

„Schatz, solltest du nicht in Kathmandu sein auf …“

„Sei still. Sein einfach mal still und hör zu.“
„Aber Kind, das Internat kostet ein Vermögen und ich …“

„Halts Maul und hör mir endlich zu!“
„Aber ich will doch nur …“

„Kannst du mich nicht einmal ausreden lassen, ein einziges Mal nur?“

„Aber Maike, das Internat, das schöne Geld …“

Da reichte es Maike. Aus der Handtasche zog sie eine großkalibrige Waffe und schoss solange auf ihren Vater, bis die Waffe leergeschossen war.

Die beiden hereinstürmenden Leibwächter, die Berberich zuvor weggeschickt hatte, stürmten herein und erschossen die kleine Maike, ohne auch nur einen Moment zu zögern.

**

Im Hotel auf Futuna

Unsere Suite hatte ganz oben im Hotel die herrlichste Aussicht. Der Pool war angenehm temperiert und dennoch erfrischend zugleich.
Ich schloss die Tür und schaltete das Nachtlicht ein. Das Licht ging an, gedämpft und nicht zu grell. Während ich zum Pool ging, legte ich nach und nach meine Kleider ab und sprang in das herrliche Wasser.
Aus allen Ecken der Suite kamen die Mädchen, legten ihre Kleider ab und sprangen zu mir in den Pool. Es war so schön. Sie waren tatsächlich alle gekommen.

Eine Weile später ging die Tür und wir verstummten alle. Ich prüfte kurz und rief dann Peter. „Komm herein Schatz, ich bin bereits im Pool, das Wasser ist herrlich.“
Peter trat ein und schloss die Türe hinter sich. „Au ja, jetzt ein herrliches Bad und dich in den Arm, darauf habe ich den ganzen Abend gewartet.“ Er stand vor einem Blumenarrangement und konnte nicht direkt in den Pool sehen. Als er die Kleider abgelegt hatte, wollte Peter schon zu mir in den großen Pool springen, da tauchten aus dem Wasser die Köpfe der Mädchen auf und sie riefen alle „Überraschung!“
Leanove, Ekatarina, Clair, Soraya, Cinta’ihla und Oksana winkten alle Peter zu und er fühlte sich irgendwie überrannt.

Eine Stunde spielten wir zusammen im Pool und schließlich stieg ich aus, stellte mich an das obere Ende und rief „Bring mir meinen Mann ins Bett, er ist permanent unausgelastet. Sein Hals ist schon ganz dick!“
Das folgende war ein Schauspiel, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Leanove, Ekatarina, Clair, Soraya, Cinta’ihla und Oksana trugen Peter auf dem Rücken liegend zu mir. Ich führte die merkwürdige Prozession an. Die Mädchen trugen Peter weiter und wir konnten sehen, dass sich Peter sichtlich freute. Zumindest war das Gekicher groß, als Peter sein bestes Stück nicht mehr unter Kontrolle hatte.
„Legt ihn auf das Schlafgemach!“ Ordnete ich an und die Mädchen legten Peter auf ein schier riesiges Bett. Sie zogen ihn in die Mitte und Peter wusste nicht, wohin er zuerst schauen sollte.
„Lasset die hohe Priesterin der Lust herein! Sie soll ihm die Lustweihe verabreichen.“ Sprach ich und jetzt schaute Peter erstmal überrascht.

Bedeckt von einem hauchdünnen, nahezu blickdichten Nichts schwebte eine braungebrannte Schönheit zu uns und Peter konnte sich nicht sattsehen. Erst als sich Rafaella auf ihm sitzend den Schleier lüftete, da erkannte er sie.

Während Rafaella Peter verwöhnte, streichelten immer mehr Hände ihn und nach und nach wechselten sich die Mädchen ab. Peter war endlich in seinem Element angelangt.
Nebenan auf einem etwas kleineren Bett lagen Clair und Ekatarina bei mir und wir begutachteten Peter, wie er sich seinen Traum verwirklichte.

Lächelnd kuschelte sich Ekatarina zu uns beiden und küsste meinen Bauchnabel.
„Übertreibt ihr das nicht ein wenig, die machen Peter heute Nacht doch fertig. Der ist doch die nächsten zwei Tage nicht zu gebrauchen.“

Clair und ich küssten uns und ich streichelte danach sanft Ekatarinas Schulter. „Rate mal, weshalb uns der König drei Tage gegeben hat?“

**

Im Palast auf Soulebda

Eine Gardistin führte Lukas und Janette in das Arbeitszimmer von Heylah. Dort nahm Hafa’lar die Beiden in Empfang und führte sie zum Balkon des Zimmers, wo Heylah auf sie wartete. Als sich Janette verbeugen wollte, hielt Lukas sie zurück, wenn auch etwas verunsichert.

„Danke.“ Lächelte Heylah ihn an. „Wir sind Freunde und Freunde verbeugen sich nicht voreinander.“
„Wisst ihr…“ begann Janette.
„Heylah. Bitte nenn mich einfach Heylah.“

„Heylah… ich …ich meine wie soll ich…“ weiter kam Janette nicht. Heylah trat auf sie zu und umarmte sie, wie es Freundinnen untereinander tun. „Ganz einfach so. Und für offizielle Empfänge haben wir Ma’Diftgma, die auf die Traditionen achten wird. Doch nun zu meinem Anliegen. Sagte sie förmlich und zeigte auf zwei Stühle. Lukas und Janette setzten sich hin und warteten bis auch Heylah Platz genommen hatte.

„Ich möchte mich entschuldigen, dass ihr hier auf Soulebda großen Gefahren ausgesetzt wart, selbst hier im Palast konnten wir eure Sicherheit nicht garantieren. Dafür möchte ich demütig um Verzeihung bitten.“
„Aber… aber das war doch nicht eure… deine Schuld.“ Antwortete Janette.
„Nun, das ist das Los einer Regentin, es IST meine Schuld.“

„NEIN!“ unterbrach Janette sie. „Wir sind Freundinnen? Dann sag ich die mal etwas von Freundin zu Freundin! Weder für den Angriff auf uns, noch für den Angriff auf den Palast, trägst du die Schuld!
Diese Piratenbande hat sich mit uns angelegt und dafür die Quittung bekommen. Und was mich angeht! In dem Moment, als ich Lukas sagte, dass wir mitkämpfen, wusste ich was ich tat und was es für Konsequenzen haben kann! Also, Schluss mit dem ist MEINE Schuld!“

Lukas wurde immer blasser, als seine Frau der Regentin die Leviten las, und Heylahs Mundwinkel zogen sich immer weiter nach unten. „Gut Freundin“, entgegnete Heylah hart, „wenn du die Konsequenzen kanntest, wird dich das hier auch nicht überraschen!“ sie winkte Hafa’lar zu sich und die überreichte ihr einen Umschlag, den sie an Janette weitergab, die ihn nun doch etwas verunsichert entgegennahm. „Was ist das?“

Nun konnte Heylah ihr grinsen nicht mehr unterdrücken. „Sowohl Ma’gus als auch General Jektjor’far sind sich einig, dass wir solche Fahrer brauchen wie dich, Lukas. Und ihnen ist klar, dass diese nicht vom Himmel fallen! Was wir brauchen, ist jemand, der unsere Fahrer trainiert. Als Freundin und Regentin bitte ich euch, bleibt hier auf Soulebda und helft uns.“

„Hierbleiben?“ stammelte Janette und sah zu Lukas, der die Papiere vor sich anstarrte … als von draußen das Lachen von Marie und Caro’pe erklang, welche durch die Gärten des Palastes tobten…

„Natürlich haben wir auch einen Job für dich Janette. Die US Air-Force hat hier auf Soulebda ein Büro und deine Versetzung nach hier ist… falls ihr annehmt, schon geregelt.

Wieder hörten sie die Mädchen im Garten spielen. Konnte man die beiden wieder trennen? NEIN!

Janette und Lukas sahen sich an und nickten sich zu und Lukas fragte, „Wie groß ist die Toleranzgrenze bei euren Radaranlagen?“
**

Mainstadt zwei Wochen später

Heute Abend würden Caroline und ich unser Abendessen, welches vor einigen Monaten durch den Anschlag mit der Granate zunichtegemacht wurde nachholen.

Clair war nach Frankreich zurückgekehrt und wir erfuhren, dass sie eine sehr hohe Auszeichnung erhielt. Als die Verteidigungsministerin ihr offerierte, dass sie sich den zukünftigen Arbeitsplatz selbst aussuchen könne, da wählte Clair den neu geschaffenen Posten auf Soulebda. Wir würden Clair also wiedersehen.

Die Einladungen waren herausgegangen und alle hatten zugesagt. Während Caroline und ich in der Küche wirbelten, klingelte das Telefon und Frank rief mich in sein Büro.

„Was hast du diesmal angestellt?“ fragte mich Caroline.
„Nichts! Zumindest weiß ich es nicht.“
„Dann ab mit dir, so stehst du mir auch nicht im Weg. Und geh auf dem Rückweg bei Jessika vorbei, sie rief mich vorhin an, es wurde ein Paket für dich abgegeben, ich hoffe, es das es diesmal keine Bombe ist!“

„Tja, ich werde das Paket vorsichtig öffnen, bis gleich.“ Ich gab Caroline einen Kuss und machte mich auf den Weg zu Franks Büro.

„Setzt dich!“ forderte mich Frank auf und zeigte auf den kleinen runden Tisch gegenüber von seinem Schreibtisch, wo schon Decker saß.
Der hatte die Arme verschränkt und ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass, was immer Frank von mir wollte, zwar nicht sein Einverständnis besaß, er aber Franks Entscheidung unterstütze.

„Willst du einen Kaffee?“ wollte Frank wissen.
„Kaffee?! Nein danke, das hier riecht nach einem Anschiss… bring es hinter dich, was hab ich angestellt?“

Für einen Moment war Frank verwirrt, dann mussten er und Decker lachen. „Ausnahmsweise nichts und nein, wenn ich deich anscheißen möchte, würdest du vor meinen Schreibtisch knien, nicht am runden Tisch sitzen. Es geht um… etwas anderes.“

Jetzt war ich gespannt und Frank hielt noch einen Moment inne, dann sagte er, „Du wolltest immer wissen wie wir, Wolfgang und ich, zu dem Job hier kamen und wie wir Dagan kennenlernten. Ich denke du hast dir jetzt genug Vertrauen verdient, das zu erfahren.“

„Warte mal!“ unterbrach ich ihn, „du redest davon, mir ALLES zu erzählen?“
„Ja, ALLES.“
„Wow.“ Stieß ich aus. „Wieso, ich meine wieso jetzt?“
„Wie schon gesagt, du hast es dir verdient.“
„Teilst du seine Ansicht?“ fragte ich Decker.

„Nein! Nicht das du es nicht verdient hast… aber irgendjemand hat es als geheim eingestuft.“

Ich nickte bedächtig und sah Frank an, der tief Luft holte.
„Also, das ganze begann neunzehnhundert…“

„Stopp!“ unterbrach ich ihn. „Ich will es nicht wissen!“
„WAS?!“
„Ich will es nicht wissen.“

Frank und Decker sahen sich verwundert an, dann fragte Frank mich völlig irritiert, „Du willst es nicht wissen? Seit zwanzig Jahren strapazierst du unsere Nerven mit deinem „jetzt verrate es mir schon“ und jetzt willst du es nicht wissen?!“

„Ja, behalte es für dich.“
„Wieso?“ fragte mich Decker misstrauisch.

„Ich hab nachgedacht. Zwei Punkte sind da entscheidend. Erstens, seit wir uns kennen, seid ihr meine besten Freunde, Freunde die immer ein gemeinsames Geheimnis hatten.

Seit über zwanzig Jahren hat diese Freundschaft nun so gehalten und sie ist, neben Caroline, ein Hauptfundament meines Lebens. Ich hab Angst, dass sich diese Freundschaft verändert, dass sich das Verhältnis unter uns ändert.

Ich will unsere Freundschaft genauso erhalten, wie sie immer war und ist. Deswegen sollt ihr auch weiterhin meine Freunde bleiben, die ihr Geheimnis für sich behalten.“

Während Frank noch immer ungläubig schaute, wiegte Decker zweifelnd den Kopf. „Und der zweite Grund?“

„Du hast es selbst gesagt, jemand hat es als geheim eingestuft. Dieser Jemand wird sich ganz sicher etwas dabei gedacht haben.“ Dann wandte ich mich an Frank. „Hör zu, ganz im Ernst!

Wenn du dich erkenntlich zeigen willst, dann bringe heute Abend eine Falsche guten Whisky mit, damit meine ich den richtig guten Stoff, nicht den Fusel aus dem Discounter. Und du“, ich schaute zu Decker, „bring ein paar deiner Zigarren mit, du weißt schon… die du sonst vor mir versteckst.“

Immer noch sprachlos nickte Frank und ich stand auf. „Wir sehen uns nachher.“

Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, schüttelte Decker den Kopf. „Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Tag jemals erlebe!“

„Welchen Tag?“ wollte Frank wissen.
„Den Tag, an dem Peter Stein erwachsen wird!“

Frank zog die Augenbrauen zusammen und starrte noch immer zur Tür. „Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass uns der Mistkerl gerade hereingelegt hat…“

**

Ich ging zu meinem Büro, wo Jessika auf mich wartete.
„Hallo meine Liebe, Caroline sagte, hier liegt ein Paket?“
„Ja, Viktor hat es vorbeigebracht. Er sagte, du wüstest, was du damit machen sollst. Es liegt auf deinem Schreibtisch.“

„Danke, bist ein Schatz. Übrigens, sag Ben, dass Decker seine Zigarren mitbringt.“

„Die, die er immer unter seinem Schreibtisch versteckt?“
„Ja, genau die.“

„Die mag Ben am Liebsten. Ich mach jetzt hier Schluss, schließlich muss ich mich noch fertig machen und was zum Anziehen suchen. Das kann dauern.“ Lächelte sie.

„Das glaub ich sofort.“ Grinste ich. „Dann sehen wir uns nachher.“
Ich gab Jessika einen Kuss auf die Wange und ging zu meinen Schreibtisch.

Viktor hatte Wort gehalten, denn auf dem Schreibtisch lag eine Dokumententasche, die mit einem Siegel verschlossen war.

Ich setzte mich hin und öffnete das Siegel. In der Tasche befand sich eine ältere Akte, die ich herausholte und tief durchatmete… dann grinste ich, schlug die Akte auf und begann zu lesen:

 

Bericht: 10.08.1988
Von: KGB Regionalstelle
An: Hauptamt Nah-Ost
Status: Streng geheim!
Ort: Yüksekova
Betreff: Anwerbung zweier deutscher Soldaten durch Offiziere des Mossad
Codename: Operation Boris Marunja….

 

E N D E

 

Counter