Marlis – Der Weg nach Atlantis

 

Marlis Natrath Protagonistin
Sam Muana Sohn eines Piloten, Freund von Marlis
Nuri Natrath Marlis 2 Jahre jüngere Schwester
Ted Natrath Marlis 2 Jahre älterer Bruder
Minerva Natrath Mutter der Protagonistin
Galemann Natrath Vater der Protagonistin
Solamon Nerth Obman und 1. Wissenschaftler auf Tauri
Nitrili Nihan oberste Wissenschaftlerin
Pauluh Monah Leiter der Weltraum Akademie
Maratau Zoller Hauptmann der Abwehr
Sissime Nihula oberste Strahlenforscherin
Manitau Tilume Kapitän des Kreuzers Pollux

 

Diese Geschichte spielt vor vielen Jahren in einem kleinen Sonnensystem.

 

 

 

Vorbemerkung

Der Name der Sonne (A) war «Sol» dieser Stern war eine kleine gelbe Sonne von mittlerer Intensität.

Der sonnen nächste Planet (B) hieß «Furia» und war ein kleiner, kochender, sich langsam drehender Glutofen, auf dem kein Leben möglich war. Dieser Planet konnte keinen Mond halten.

Der zweite Planet, (C) «Vargas» genannt, war ein heißer Planet voller kochender Sümpfe. Hier gab es zu wenig Sauerstoff und eine harte Strahlung. Der Planet war über 350 Grad heiß und hatte keinen Mond.

Erst der dritte Planet (D) war in der habitablen Zone. Er wurde «Tramis» genannt und war etwas größer als Tauri. Der Planet hatte einige große Meere und eine Atmosphäre (D) war angeblich noch nicht mit intelligenten Menschen bevölkert. Die letzte Forschungsreise fand vor mehreren tausend Jahren statt. Auf dem Planeten hausten nur zottelige Tiere und affenartige, behaarte Wesen. Ein einziger mittelgroßer Mond drehte sich um Tramis.

Der vierte Planet (E) «Tauri», war der Heimatplanet von Marlis und hatte weite Meere, eine herrliche Vegetation und die Menschen lebten hier in Ruhe und Frieden. Am Himmel zogen die beiden winzigen Monde Photon und Demon ihre Kreise. Sie waren zu klein für eine Raumstation, so wurden nur Sensoren und Relais auf den beiden Monden platziert.

Der nächste Planet (F) war ein mächtiger Gasriese. Man nannte ihn «Murnau», nach einem sagenhaften Tier des ersten Altertums. Auf ihm herrschten fürchterliche Methanstürme. Die Sonden hatten in den Gaswolken einige undeutliche Lebewesen entdeckt, die an die 400 Meter lang waren und scheinbar in den dichten Wolkenformationen lebten. Alle Sonden, die man auf diesen Planeten schickte zerbarsten, vermutlich durch den immensen Druck. Seine 69 Monde waren kaum bevölkert, da die harte Kernstrahlung des Gasplaneten viel zu hart war.

Dann kam der Planet «Pelotau», (G) ein weiterer Gasriese mit einem herrlichen Ringsystem und mit 66 Monden reich gesegnet. Die drei größten äußeren Monde waren mit Weltraum Stationen besetzt.

Es folge mit «Kinola» (H) ein bläulicher Gasriese mit einem kleineren Ring. Die Erforschung des Planeten dauerte noch immer an, weil es hier bereits sehr kalt war. Vulkane mit flüssigem Methan tobten auf dem Planeten. Seine 27 Monde umkreisten ihn, schön in Reihe wie auf einer Perlenkette aufgereiht.

Als vorletzten Planeten (I) zog «Meltapos» seine Kreise. Ein gewaltiger Eisplanet mit 14 Monden. Hier konnte nichts leben und man hatte auch keine Stationen errichtet.

Schließlich folgte noch «Pinatu» (J) mit seinem Mond «Panatu». Da der Mond fast so groß war wie der Planet, wurden beide als Zwillingsplanet bezeichnet. Auf ihnen befanden sich die äußeren Sensoren, mit denen das weite Universum beobachtet wurde. Sie sollten die Menschen vor fremden Angreifern warnen.

***

Marlis

Dies ist die Geschichte von Marlis Natrath, einer jungen Bewohnerin des vierten Planeten, eines kleinen Sonnensystems der «G» Klasse. Ihr Planet, genannt Tauri, war der zweite Planet des kleinen Sonnensystems, auf dem Leben möglich war und hatte zwei kleine Monde, die Photon und Demon. Marlis gehörte zur oberen Mittelschicht, hatte mit ihren Geschwistern die erweiterten Lehren studiert und wollte, genau wie ihre Mutter und ihr Vater in die «ehrwürdige Forschung» einsteigen.

Mit ihren 16 Jahren war Marlis an allem interessiert, was sie umgab und sie war ein heller Kopf. Mit ihrem Freund, Sam Muana, dem Sohn eines Astralpiloten der 1. Klasse, verbrachte sie viel Zeit mit der Beobachtung der Sterne. Wenn sie sich die beiden gerade nicht auf die bevorstehenden Prüfungen zur Zulassung an der Weltraumakademie beschäftigten, beobachteten sie die Vögel in den Wäldern, segelten oder sonnten sich. Das Segeln war eine der liebsten Tätigkeiten, konnten sie doch so ihre fliegerischen Kenntnisse erweitern. Sams Vater hatte dafür gesorgt, dass die beiden Zugang zum Akademieflugwerk bekamen. Damit war auch der Zugang zu den Segelfeldern genehmigt. Da die beiden Freunde bereits seit Jahren ihre Segellizenzen hatten, durften sie auch schon die größeren Modelle fliegen, die Libellen.

Diese Libellen waren elegante Zweisitzer. Sie konnten herrlich segeln und der Solargenerator trieb die Libellenflügel an, wenn der Auftrieb zu gering war, oder man in der Luft stehen bleiben wollte, etwa für Beobachtungen.

Auf Tauri war die technische Entwicklung sehr weit fortgeschritten. Die sechzehn globalen Erdkraftwerke versorgten den ganzen Planeten mit einem Großteil der benötigten Energie. Sonnenkollektoren und Wasserstoffevakuatoren sorgten für die restliche Energie. Das Problem mit Kohlenwasserstoffverbrennern hatten die Menschen auf Tauri bereits vor über 500 Jahren gelöst. Damals war man fast in eine nicht wiedergutzumachende Sackgasse geraten. Als die ersten Anzeichen für eine globale Erwärmung dann deutlich wurden, gab es ein Umdenken, das nach nicht einmal 80 Jahren seinen Höhepunkt gefunden hatte. Die alten Verbrenner waren abgelöst, moderne, regenerative Antriebe wurden eingesetzt und man besann sich der Möglichkeiten, die die eigene Welt und die nahe Sonne boten. Dank regenerativer Energie erholte sich das Weltklima schnell.

***

Die Prüfung

Marlis Natrath stand vor der Prüfungskommission der altehrwürdigen Akademie der Wissenschaften. Seit einer Stunde referierte sie über ihre Abschlussarbeit und wie immer, fragten auch heute die Gelehrten alle Eventualitäten ab. Sie prüften, ob die Anwärterin tatsächlich bereit für diese kommenden Jahre auf der Akademie war. Immerhin war Marlis die jüngste Anwärterin seit über 20 Jahren. Nur der Tatsache, dass ihre Eltern so überragende Wissenschaftler waren, schrieb man es zu, dass Marlies ein so enormes Wissen darlegen konnte und dadurch zugelassen wurde.
Alle Fragen der Gelehrten bestand sie mit Bravour und schließlich konnten die Gelehrten nicht anders, als sie mit der Bestnote auszuzeichnen.

Schließlich stand Nitrili Nihan, die oberste Wissenschaftlerin, auf und lächelte Marlis an. „Mein liebes Kind, du hast alle Prüfungen bestanden, sämtliche Anforderungen nach unseren höchstmöglichen Zielen kamst du ohne Probleme nach. Ich freue mich, dir mitteilen zu können, dass deine Aufnahme in die Weltraumakademie hiermit genehmigt wird und dass dir der Rang eines Fähnrichs der Stufe zwei zuerkannt wird. Deine Kolleginnen und Kollegen des Seminares erhalten, sofern sie bestanden haben, lediglich der Dienstgrad «Fähnrich der Stufe drei» zuerkannt. Beweise uns, dass unser Vertrauen in dich gerechtfertigt ist. Tritt nun vor und empfange die Insignien der Akademie und dein neues Dienstgradabzeichen.“

Marlies stellte sich lächelnd und mit großen Augen vor die oberste Wissenschaftlerin. Bisher hatte sie die Frau nur zweimal aus der Nähe gesehen und heute würde sie ihre Akademie-Insignien von ihr erhalten. Marlis war ein wenig aufgeregt, als ihr die Abzeichen an die Uniform gesteckt wurden. Nachdem sie sich vorbildlich verabschiedet hatte und ihre Lossprechung von den Generälen erhalten hatte, lief sie zu ihren Kameraden des Lehrgangs.

„Schaut mal, da kommt unsere Streberin. Natürlich bist du mal wieder eine Stufe besser bewertet worden als wir.“, fauchte Polau Zieg, ihr Klassenkamerad, der vor allem durch sein Mundwerk und weniger durch Denkleistung aufgefallen war.

„Polau, was hast du denn schon wieder, wenn Sam und ich dir nicht ständig geholfen hätten, hättest du die Flugprüfungen niemals geschafft. Also jammre nicht herum!“ Antwortete Marlis und einige aus der Abschlussklasse stimmten ihr zu.
„Ja sei froh, dass du nach dem letzten Vorfall nicht haushoch herausgeworfen wurdest, immerhin hat es wegen dir einen Unfall mit den Seglern gegeben.“ Stellte der Klassensprecher fest.
So ging es noch eine Weile. Nach und nach kamen die Absolventen aus den Prüfungen und waren sichtlich zufrieden. Diesmal hatten alle 21 Anwärter dieser Klasse bestanden, das war schon lange nicht mehr gewesen, dass in einer Klasse alle bestanden hatten.
Noch ehe sich die Anwärterinnen und Anwärter für ein Abschlussfest absprechen konnten, kam Hauptmann Sabin Bruntau zu ihnen. Sie war der verantwortliche Offizier für diese Klasse.
„Gratulation an euch alle, ihr habt bestanden und ich würde euch nur zu gerne die Festlichkeiten feiern lassen. Leider kam etwas dazwischen. Der Lehrgang wird mit sofortiger Wirkung aufgelöst und ihr werdet auf vier Einsatzkompanien aufgeteilt. Ich lese jetzt die Namen der Absolventen und ihr stellt euch in diese vier Ringe.“

Nach wenigen Minuten waren die Absolventen aufgeteilt. Die beiden ersten Ringe hatten acht und neun zugewiesen bekommen, in Ring drei und vier standen jeweils zwei Absolventen. Marlis stand in Ring vier.

„Ihr werdet jetzt abgeholt, von da aus geht es mit Shuttles zu den kommenden Einsatzgebieten. Es war mir eine Ehre mit euch zusammen gewesen zu sein. Arbeitet gut und ehrt die Akademie.“ Damit trat sie auf Ring vier zu. „Ihr beiden bleibt hier stehen, verstanden?“
Die drei Gruppen wurden abgeholt und zu ihren Shuttles gebracht. Nur Marlis und Soraya Katau standen noch da und schauten Hauptmann Sabin an.
„Worauf warten wir jetzt?“ Fragte Soraya und Sabin lächelte. „Ich dachte schon, du sprichst heute gar nichts mehr. Ihr beiden habt die besten Bewertungen erhalten und werdet der Wissenschaftsabteilung Zebra zugeteilt.“
„Zebra?“ Fragte Soraya und Marlis schaute sie an und flüsterte ihr zu „Geheimdienst!“ Sabin schaute Marlis mit einem Zucken in den Mundwinkeln an, „Hat dir das deine Mutter erzählt?“
„Nein, wir reden zu Hause nichts über geheime Dinge, aber ich kenne Papas Dienstausweis und daher sagt mir Zebra durchaus etwas.“
„Gut ihr beiden. Ich verabschiede mich nun auch von euch, da vor kommt euer neuer Vorgesetzter, seid achtsam, sie versteht keinen Spaß und lacht im Grunde niemals. Also machts gut.“ Damit verabschiedeten sich die drei militärisch voneinander.

***

Neue Aufgaben

„Hallo, ich bin euer neuer Vorgesetzter, Hauptmann Maratau Zoller, Hauptmann der Abwehr und Leiter der Geheimdienstausbildung. Ab sofort seid ihr uns zugeteilt. Bitte folgt mir, es geht zum Shuttle.“
Der Hauptmann ging nicht, er rannte fast und die beiden jungen Frauen mussten ebenfalls laufen, um mithalten zu können.
„Das ist für die nächsten sechs Semester euer Tempo, Laufschritt und schneller. Keine Fragen, da vorne in das Shuttle XB12, einsteigen.“

Kaum dass die beiden angeschnallt waren, hob das Shuttle auch schon ab. Es flog deutlich schneller als die anderen Shuttles und reihte sich in die Schnellstraße ein, die nach Süden führte.

„Wir fliegen in das Ausbildungslager Delta 1. Hier werden sonst nur spezielle Kurse angeboten und die Sondereinheiten ausgebildet. Unsere Präsidentin hat aber beschlossen, dass ab sofort auch Absolventen zugelassen werden, sofern sie die Stufe IIIB erreicht haben. Ihr beide seid die ersten in diesem Jahr, die sogar IIIA erreicht haben. Willkommen in der Elite.“

Damit klinkte sich der Hauptmann aus der Fernstraße aus und sie flogen auf einen etwas entfernteren Komplex zu, auf dem mehrere Antennenanlagen zu sehen waren. Hinter dem ersten Gebäude befand sich ein kleiner Landeplatz, auf dem das Shuttle landete. Schon kamen mehrere junge Soldaten angelaufen, sie wollten die «Neuen» sehen.
„Antreten!“ Plärrte Maratau Zoller und die 21 Mann stellten sich zu einem Block auf, drei Mann hintereinander, viele nebeneinander.
„Ich stelle vor, die neuen Mitglieder der Wissenschaftsabteilung Zebra, die Fähnriche Marlis Natrath und Soraya Katau. Beide sind IIIA. Bereiten sie sich also auf leistungsstarke Konkurrenz vor. Meine Damen, eintreten!“
Die beiden reihten sich am Ende der Truppe ein und die Truppe musste geschlossen und im Dauerlauf wegtreten.

***

Sechs Monate später

Die 23 starke Truppe hatte sich inzwischen kennen und schätzen gelernt. Aktives Kampftraining stand ebenso auf dem Plan wie Cyberwar und diverse Aufklärungen. Zweimal in der Woche erfolgten Prüfungen und am Ende jeder Woche ein Außeneinsatz. Die Bewertungen waren gnadenlos, jeder Fehler wurde erfasst und notiert.
Marlis und Soraya hielten mit und trieben die Jungs zu Höchstleistungen an. Inzwischen war Marlis 17 Jahre geworden und war damit immer noch das jüngste Mitglied, aber sie unterlag nicht mehr der Jugendgrenze, die sexuellen Kontakt untersagte. Das loteten die Jungs natürlich aus. Aber es verlief für die Jungs anders, als gedacht, denn Malis hatte sich inzwischen zu einer cleveren Einzelkämpferin entwickelt und ließ keinen der Jungs an sich heran.

Es verstand sich von selbst, dass es auch keiner der Jungs mit unsauberen Tricks versuchte, Marlis zu erobern. Eines konnte man deutlich sehen, Delta 1 das waren junge Leute mit Anstand und Ehre.

Endlich kam der erste Urlaub und das Camp Delta 1 leerte sich. Sechs Tage Urlaub standen an und Marlis fiel zu Hause ihren Eltern und Geschwistern um die Arme. Sie hatten sich ja über ein halbes Jahr nicht mehr gesehen und die Freude war groß.

Ihre Eltern arbeiteten in den geheimen Forschungseinrichtungen und leiteten dort sehr wichtige und geheime Bereiche.
Am Abend nahm Minerva Natrath ihre Tochter zur Seite. „Sam kommt Morgen vorbei, ich möchte, dass ihr beide einmal so richtig ausspannt und euch austobt. Du hast die Erlaubnis mit ihm auf Epsylon 7 zu fliegen und dort zwei Tage zu bleiben. Am Ende des dritten Tages will ich euch beide aber unversehrt und zufrieden wiedersehen. Mein Kind, war das klar? Das bedeutet, drei Tage Entspannung.“
Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht küsste Marlis ihre Mutter und bedankte sich für diese Überraschung. Immerhin war das die Erlaubnis, mit Sam einmal so richtig abzufeiern, mit wirklich allem, was dazu gehört.

Am Morgen kam ein völlig anderer Sam zu ihr. Aus dem lockeren Typen mit Schlabberklamotten war ein junger, attraktiver Pilot geworden und Marlis staunte nicht schlecht, als sie die Auszeichnung der drei Kometen an Sams Uniform sah.
„Hi Sam, du bist ja inzwischen ein vollwertiger Pilot mit stellar Ranking geworden, das hatte ich mir für dich immer gewünscht. War das Training so hart, wie alle sagen?“
Sam umarmte Marlis und küsste sie zart. „Es war sogar noch härter und das Aussortieren war gnadenlos. Aber ich habe zusammen mit drei anderen den Abschluss mit der Drei Kometen Auszeichnung erreicht. In einer Woche muss ich aber schon in den Süden, da werde ich einer Delta Einheit mit Sonderaufgaben zugeteilt. Leider weiß ich nicht, ob wir uns dann noch so einfach sehen können.“
Marlis gab den Begrüßungskuss zurück. „Ich habe eine Überraschung für dich. Meine Mutter hat mir das hier gegeben.“ Sie zeigte Sam die Flugscheine. „Das bedeutet drei Tage Epsilon 7 zusammen mit dir.“
Die beiden Verliebten unterhielten sich noch eine Weile. Endlich waren sie so weit, dass sie ihre Urlaubssachen zusammen hatten und sie fuhren mit einem Sammler in die Stadt zu den Startrampen. Keine Stunde später waren sie bereits an Bord des Sternenschiffs, das sie zu dem Pelotaumond Epsylon 7 brachte.

***

Epsylon 7 war eine alte Militärstation aus den ersten Kometenkriegen. Sie war entmilitarisiert und daher fast unbewaffnet, aber die großen Räume waren phänomenal eingerichtet. Die Quartiere waren ebenfalls perfekt und da die ganze Station für Paare ausgewiesen war, waren die Unterhaltungsmöglichkeiten dementsprechend ausgelegt.

„Schatz, wusstest du, dass man in der Schwerelosigkeit keinen guten Sex machen kann, du kannst dabei einfach nicht richtig zusammenkommen. Wir müssen die Schwerkraftregulatoren also eingeschaltet lassen.“ Begann Sam das Gespräch, als sie in ihrem Quartier waren und ihre Sachen verstauten.

Marlis überhörte die Spitzfindigkeiten und nahm Sam an den Händen, „Ich bin jetzt endlich 17 und meine Spritze habe ich bereits erhalten, wir können also endlich wie zwei Erwachsene miteinander umgehen. Weißt du, dass du mir unglaublich gefehlt hast?“

Sam kam langsam auf seine Marlis zu und die beiden begannen sich langsam und vorsichtig zu liebkosen und zu streicheln. Langsam zog er sie aus und sie half ihm dabei sich zu entkleiden. Schließlich duschten sie gemeinsam und erlebten ihre erste gemeinsame Nacht. Nichts schien die beiden trennen zu können und endlich liebten sie sich.
Die Kulisse war phänomenal. Die sich drehenden Ringe des «Pelotau» und dazu der Blick auf diesen riesigen Planeten. Im Hintergrund die Sterne des Alls.
Der nächste Tag verging, wie der erste geendet hatte. Die beiden waren sexuell regelrecht ausgehungert und schienen sie sich endlich vollkommen entspannt zu haben.
Gemeinsam räumten sie ihr Lager auf, besuchten noch einige Male die Dusche, nur um sie darin und danach erneut zu lieben. Am Abend lagen sie sich wieder in den Armen und betrachteten diese unglaublichen Sterne.
Tags darauf machten sie einen Weltraumspaziergang. Es schien ihnen so, als würden sie in den Ringen des «Pelotaus» surfen.
Am Ende des zweiten Tages, als sich die beiden schon für den Rückflug bereitmachten, sahen sie im nahen Ring Feld des «Pelotau» seltsame Blitze. Da es im All aber keine Gewitter gab, war ihnen klar, dass dort draußen geschossen wurde. Minuten später erklang auch schon der Generalalarm auf der Station. „Alle Urlauber haben sich in der Mensa einzufinden. Das ist keine Übung!“

***

Mit ihren Rucksäcken auf der Schulter rannten sie zur Mensa, wo sich nach und nach auch alle anderen Gäste einfanden.
„Alle Herhören, da draußen wird gekämpft. Wir haben Order die Station sofort zu verlassen, aber wir haben dabei ein kleines Problem.
Leider stehen uns gerade nur drei Shuttles zur Verfügung. Vier Personen müssen also zurückbleiben, bis das erste Shuttle wieder zurück ist.“
Hektik kam auf. Die Zivilisten hatten plötzlich alle ein Bedürfnis, so schnell wie möglich heimzukommen, und am Ende waren nur noch Militärpersonal anwesend.

„Gute die Zivilisten sind eingecheckt. Folgendes, sind hier Piloten mit Lizenzklasse III an Bord, es gibt zu wenig Shuttles, aber wir haben einige zwei Zwei-Mann Jäger in diesem Hangar. Das bedeutet, wir könnten doch alle die Station verlassen, wenn genügend Piloten da sind.“
Da gingen bereits zwei Hände hoch. Sam Muana und ein weiterer, älterer Mann hatten sich gemeldet. Sie hatten beide die entsprechenden Lizenzen.

„Die Abfangjäger gehören zur Tigerklasse, die können also mit der neuen Cobra und Tangoklasse nicht mithalten, aber sie haben starke Panzerungen und ein verlässliches Lebenserhaltungssystem. Noch Fragen oder können wir endlich los?“
„Gibts eine Bewaffnung?“, wollte Sam wissen.
Der Landeoffizier schaute ihn fragend an. „Junge, da vorne da wird gekämpft, da sterben Menschen und wir wissen nicht, wer uns da angreift und du fragst nach Bewaffnung. Sag mal, bist du lebensmüde?“
„Sir, ich frage ja nur, Raketen habe ich keine gesehen, aber ist die Doppelkanone denn geladen?“
„Meines Wissens nach ja, aber das sind nur Sprengpatronen, damit kann man heute eh nichts mehr reißen, pack also deine Lady ein und schaut, dass ihr in Sicherheit kommt. So Leute alles in das letzte Shuttle, die beiden anderen Gruppen in die Jäger, wir fliegen jetzt ab, und zwar unbewaffnet!“

***

Angriff

Die beiden Shuttles waren bereits abgeflogen und das letzte hatte gerade abgelegt. Im Nebenhangar standen die Jäger und die Piloten bestiegen die beiden ersten Maschinen.
Ihre Begleiterinnen nahmen hinter ihnen Platz.
„Mein Jäger hat ein volles Magazin, aber keine Raketen, die Tanks sind voll. Mach‘s gut du Greenhorn. Wie kann man in so einer Situation nur an Bewaffnung denken du Trottel.“

Damit gab der Pilot Schub und der Jäger huschte aus dem engen Hangar.

„Schatz alles klar bei dir?“ Fragte Sam und Marlis antwortete ihm. „Ja Sir, alles klar, Jäger 2 geprüft und abflugbereit, Abwehrsysteme eingeschaltet. Radar wird erst im All geschaltet. Was ist mit dir, bist du auch klar?“
Überrascht über solch eine Meldung, musste Sam tatsächlich kurz lachen. „Ja, ok wir fliegen los und wir haben auch ein volles Magazin, Schatz.“ Als sie losflogen, erklang bereits der Annäherungs-Alarm. Die Fremden kamen.

***

Gleichzeitig mit dem zweiten Jäger huschte ein großes Raumschiff unter der Station vorbei und nahm Kurs auf das letzte Shuttle und damit auch auf Jäger 1. Die erste Salve verfehlte noch das Shuttle, aber mit dem zweiten Feuerstoß verging dieses in einem grellen Feuerpilz. Schon drehte der Angreifer und zielte auf den vor ihm fliegenden Jäger 1, der verzweifelt versuchte auszuweichen.

„Jäger 1 nach Steuerbord wegbrechen!“ Rief Sam in den Funk, aber er hörte nur ein „Was ist mit Brechen?“ Da schoss der Angreifer erneut auf Jäger 1. Ein Streifschuss brachte den Jäger zum Trudeln, aber der Pilot fing die Maschine wieder. Jetzt wich er auch dem Angreifer deutlich besser aus. Aber die Salven des fremden Angreifers kamen näher.

„Wir müssen dem helfen, der hat nichts auf dem Kasten, mal sehen, ob wir den Angreifer zumindest etwas ablenken können.“

Da es in dem alten Jäger keine aktive Zielerfassung gab, musste Sam «über den Daumen» zielen. Er flog von hinten an den Angreifer heran und eröffnete das Feuer. Seine Bordkanone feuerte und in den linken Triebwerken explodierte etwas, dadurch kam der Angreifer sogar ins Trudeln, und konnte so nicht mehr auf Jäger 1 schießen.

„Los nachsetzen, mit etwas Glück haben wir einen Beweis.“ Forderte Marlis Sam auf, erneut auf die anderen Triebwerke zu schießen. Sam bewies, dass die Kometen Auszeichnung gerechtfertigt war und er kurvte den Angreifer aus und feuerte auf die rechten Triebwerke.
Mit einem Feuerstoß explodierten auch diese Triebwerke und der Angreifer war geschlagen. Antriebslos trieb er im großen Asteroidenfeld des Pelotau. Da der Angreifer keine beweglichen Waffen hatte, war der Jäger relativ sicher. Sam umkreiste den Angreifer mehrmals und Marlis ließ die Bordkameras laufen und machte zusätzlich Bilder mit ihrem Handy. Durch die dunklen Gläser der Pilotenhaube konnte nichts im Inneren der fremden Maschine erkannt werden.

„Versuch mal wieder die Zentrale zu erreichen, damit jemand erfährt, was hier oben los ist.“ Und schon drehte Marlis die Frequenzen ein. Aber sie hörte nichts. Der Jäger hatte offenbar lange kein Funk-Update mehr erhalten.
Jetzt sprang Marlis über die freien Frequenzen des Jägers und endlich erhielt sie ein Signal.

„… Bergbau 21 an Kontrolle, wann schickt ihr uns die Ablösung, wir haben Heimweh?“

Marlis schaltete sich in das Gespräch ein. „Hallo, das ist ein Notruf. Wir werden angegriffen, können sie uns verstehen?“

„Hör zu Mädchen, das ist ‚ne Privatfrequenz. Da haben Kinder nichts zu suchen, verschwinde oder ich rufe die Raumkontrolle.“
„Genau das wollen wir ja, machen sie das aber etwas schnell, denn hier oben sterben gerade Menschen!“

Minutenlang war stille im Funk, dann kam endlich ein starkes Signal durch.
„Hier Raumflugkontrolle Tauri, identifizieren sie sich.“
„Leutnant Sam Muana und Oberfähnrich Marlis Natrath. Wir waren auf Epsylon 7, als wir Angreifer Feuer entdeckten, da mussten wir die Station auch schon verlassen. Es gab aber nur drei Shuttles und zwei alte Jäger der Tigerklasse. Eines der Shuttle haben die fremden Angreifer gerade eben abgeschossen und Jäger 1 ist beschädigt. Dafür haben wir eines der Angreifer Schiffe beschädigt, es treibt ohne Antrieb bei unseren Koordinaten, kommen.“

„Da oben wird gekämpft und sie haben mit dem alten Jäger einen Angreifer flugunfähig geschossen. Können sie noch mehr Schiffe orten?“
„Ja Sir, wir orten sieben, nein acht Objekte, die auf die Station Epsylon 7 zufliegen. Ich sehe leuchtende Objekte, vermutlich Raketen oder Torpedos auf die Station Epsylon 7 zufliegen.“
„Verstanden drehen sie ab, fliegen sie so schnell wie möglich aus der Reichweite, unsere Abwehr ist bereits unterwegs zu ihnen.“
„Zentrale, vor mir fliegen die beiden anderen Shuttles, die sind ja grottenlangsam, die werden als Nächstes abgeschossen.“
„Sehen sie irgendwelche Angreifer?“
„Ja einen haben wir auf dem Radar, Sir.“
„Können sie versuchen den Angreifer zerstören, oder zumindest abzudrängen, wenn es aber zu eng wird, dann retten sie sich, sie sind unser Augenzeuge, verstanden?“
„Verstanden, der Angreifer kommt in Schussweite auf das Shuttle. Wir greifen an. Jäger 2 Ende.“
„Schatz, ich habe die elektronische Abwehr des Jägers eingeschaltet, das sollte deren Systeme doch etwas ablenken, mal sehen, ob das klappt.“

Der Angreifer schoss auf das Shuttle, aber schien jedes Mal daneben zu feuern.
„Gut, wir haben ihn, ich schieße.“ Damit eröffnete Sam das Feuer auf den Angreifer und dieser zog sich mit einem rauchenden Triebwerk zurück.

„Da vorne kommt die Kavallerie!“
„Ja die Rettung für die Shuttles und Jäger 1.“
„Da eines unserer Schiffe schnappt sich den antriebslosen Angreifer, jetzt haben wir ein Beweisstück.“
Doch ehe der Fremde an Bord des Weltraumschleppers gezogen werden konnte aktivierte der Pilot die Selbstzerstörung und das fremde Schiff zerbarst.
Die fliehenden Shuttles flogen das große Raumschiff an, das von «Tauri gestartet war» und landeten in dessen Hangar, die beiden Jäger flogen auch ein und landeten ebenfalls sicher. Jäger 1 setzte allerdings mit deutlichen Problemen im Hangar auf und rammte fast die Wand.

Als man die Besatzungen in den vorderen Bereich brachte, konnte Marlis gerade noch sehen, dass einige der Fremden angriffen, aber von den Abwehrwaffen des Schiffes vertrieben wurden.

Das Letzte was sie sahen, ehe die Schleuse hinter ihnen zuging, war, die Station Epsylon 7, die in gewaltigen Feuerbällen verging.

***

In der Raumkontrolle auf Tauri

„Was zum Teufel hat sie geritten, dass sie mit einem Museumsjäger diese Fremden angreifen?“ Der Admiral der Raumkontrolle hatte die beiden Jägerbesatzungen antreten lassen und «befragte» sie.
„Sir, ich habe dem Anfänger gleich zu Anfang gesagt, dass er nicht kämpfen, sondern fliehen sollte, aber …“
„Halten sie den Mund, seien sie froh, dass der «Anfänger» ihnen und ihrer Braut das Leben gerettet hat. Sie hatten offenbar mehr Glück, als Verstand, dass sie noch hier stehen.“
„Aber Sir, ich bin …“

„Klappe halten, sagte ich!“ Diesmal war der General deutlich aufbrausender zu dem Piloten von Jäger 1.
„Ordonanz, geleiten sie die beiden hinaus, man soll sie in ein Shuttle stecken und heimbringen.“
Als die Ordonanz mit den beiden verschwunden war, schaute sich der General die beiden von Jäger 2 nochmals genauer an.

„Sie da, Jäger 2, Sam Muana, wer hat ihnen das Fliegen beigebracht?“
„Das war Colonel Ratabatt, der beste Fluglehrer auf der Akademie, den ich jemals erlebt habe, Sir.“
„Soso der alte Ratabatt, ich muss ihm sagen, dass er sie ausgezeichnet ausgebildet hat junger Mann. Dennoch war das verwegen, einen unbekannten Angreifer mit solch einem alten Jäger anzugreifen.“

„Sir, der Angreifer hatte bereits ein Shuttle zerstört, ich musste etwas tun und sonst war ja kein Krieger da draußen.“
„Krieger, soso sie bezeichnen sich also als Krieger. Mein Sohn, dafür ist es noch etwas früh, aber gut. Sie haben richtig gehandelt und sie auch Marlis Natrath, es war gut und sehr wichtig, die Daten zu scannen und uns zu informieren.

Jetzt, da sie unter sich waren, kam der General näher. „Gut gemacht ihr beiden, ich werde euch zwei für eine Auszeichnung vorschlagen. Sie haben heute da draußen Leben gerettet.“

„Sir, wissen wir denn, wer uns da angegriffen hat?“
„Nun, da ihr beiden ohnehin Geheimnisträger seid, kann ich euch sagen, dass diese Angriffe bereits seit einigen Wochen stattfinden und dass dies der erste Angriff auf eine unserer näheren Stationen war. Bisher haben die Angreifer unsere Sensoren auf Pinatu und Meltapos zerstört und einige andere Raumsonden haben sie auch zusammengeschossen. Leider konnten wir keines ihrer Schiffe mit einem Überlebenden aufbringen.“
„Jetzt aber genug davon, ihre Eltern sind bereits verständigt und sie, junger Mann, werden ohnehin versetzt zu Delta 1. Sicherlich wussten sie noch nicht, dass ihre Freundin dort arbeitet.“
Sam schaute Marlis an und sie lächelte ihm zu. Der General führte weiter aus.
„Sehr gut, ihre Freundin weiß was geheim ist, das sollte auch geheim bleiben. Sie beide werden mit dem Team Delta 1 auf die Pollux versetzt unter Kapitän Manitau Tilume. Damit unterstehen sie jetzt direkt mir und sind somit bei der solaren Abwehr angekommen, herzlichen Glückwunsch. Melden sie sich jetzt beide mit ihrem neuen Dienstgrad «Leutnant» an Bord der Pollux. Ihre Sachen werden gerade an Bord gebracht. Wegtreten!“

Als Marlis und Sam durch die Flure zu der Shuttlekontrolle liefen, lächelte Sam. „Schatz, das hätte ich mir nicht so vorgestellt. Meine Freunde vom Lehrgang sind jetzt gerade Oberfähnrich und ich bin zusammen mit dir bereits Leutnant.“
„Ja, aber du weißt, höhere Dienstgrade bedeuten auch höhere Verantwortung. Und noch etwas, nenn mich besser nicht mehr Schatz oder Liebling, wenn der General dabei ist.“
Während beide anfingen zu lachen, dröhnte hinter ihnen eine massige Stimme „Liebling General, das wäre doch mal was, oder? Jetzt lasst mich mal vorbei ich hab’s nämlich eilig und Gratulation zur Abordnung auf die Pollux. Wir sehen uns.“ Damit rannte ein 2,50m Mann mit der Figur eines Gewichthebers an ihnen mit schnellen, riesigen Schritten vorbei.

„Dass sich solche Leute, so schnell bewegen können, ist immer wieder erstaunlich.“ Stellte Marlis fest.
„Wieso solche Leute, das war einer von der Murnau Station, auf den Stationen dort herrschen 1,3 G anstelle unserer Schwerkraft. Leute die dort aufwachsen sind stärker und freuen sich über unsere 1.0 G, das ist dann für sie wie Frühsport.“
„Das da war ein sogenannter «Überschwerer» ich habe dir mir immer deutlich dicker vorgestellt. Dick, groß wie ein Riese und langsam dazu, aber der war zwar groß und stark, aber auch schnell und nett dazu.“
„Ja, ich habe gehört, dass die Besatzung der Pollux aus buntgemischten Menschen besteht, die aus unserem ganzen Sonnensystem kommen.“
„Da vorne gehts zu unserem Shuttle, los komm, die sollen nicht auf uns warten.“ Damit rannten auch die beiden auf die Shuttles zu. Ein Deckoffizier beruhigte sie wieder.
„Langsam ihr beiden, ihr kommt früh genug an. Wer seid ihr und wohin gehts?“
Der Deckoffizier wies die beiden in das passende Shuttle und diesmal gingen Marlis und Sam und stiegen ein.

***

An Bord der Pollux

Ihr Shuttle war mit 40 Personen voll besetzt. Immer wieder war es ein Erlebnis, wenn man sich über der Atmosphäre befand und sich auf die mächtige Weltraumstation zu bewegte. Hier an der sternförmigen Station waren bereits andere Schiffe angedockt. Moderne Zerstörer der Triloth Klasse lagen hier ebenso die Kreuzer der Planetenverteidigung. Und am vorletzten Pylon lag sie, die Pollux, ein neuer Typ eines schweren Kreuzers.

Waren die alten schweren Kreuzer 220 Meter lang, so maß die Pollux ganze 350 Meter. Die vier Triebwerksgondeln waren geblieben, sie sahen allerdings länger aus. Die mächtigen Kanonenpaare auf den Außenmontierungen waren gefährlich aussehende Waffen, die Abwehrgeschütze für die Nahverteidigung sahen allerdings auch nicht weniger gefährlich aus. Auch sie waren in Paaren angeordnet. Überhaupt schien man hier auf Sicherheit sehr viel Wert gelegt zu haben, alles war doppelt vorhanden. An dem zentralen kantigen Rumpf befanden sich die beiden Außensektionen mit den Hangars. Hier hatten jeweils acht Beiboote und 25 Jäger Platz und das waren keine alten, sondern die modernsten Zwei-Mann-Jäger der Raptor Klasse. Beim Einschwenken in die Landebucht reihte sich ihr Shuttle in eine Reihe anderer ein.

Marlis und Sam erkannten schnell, dass die Bereiche und Decks farblich unterscheidbar waren. Auf den Böden waren Pfeile und Linien aufgemalt, an denen man sich orientieren konnte. An jedem der vielen Aufzüge war die Decknummer ersichtlich und es gab überall Modellzeichnungen, an denen man sich orientieren konnte, wo man sich gerade befand.

Schnell waren die 40 Mann ihres Shuttles aufgeteilt und sie suchten und bezogen ihre Quartiere. Die Zeit der Zwei-Mann-Quartiere war aber vorbei. Dafür war eine Trennung nach Geschlecht nicht mehr erforderlich. Offenbar war man hier fortschrittlicher eingestellt. So betraten sie ihr neues Quartier im F-Deck. Es befand sich etwa in der Mitte des Kreuzers. Hier waren die Wege zu den Schiffsdecks an kürzesten. Ihre 12-Mann Stube war erst mit acht Personen besetzt, mit ihnen fehlten immer noch zwei. Gerade, als sie ihre Ausrüstung verstaut hatten, hallte ein Befehl durch ihre Kabine.

„Achtung, Antreten!“ Die Stimme kam von einer Frau mit langem roten Haar. Ihre Autorität war zu spüren. Jeder der anderen Flieger schien sie zu achten oder zu fürchten.
„Ich bin Hauptmann Lilian, die Staffelführerin und Leiterin des Geschwader Trainings. Wir haben heute zwei Neuankömmlinge, bei der Tango Gruppe. Ihr beiden wart bei dem Angriff auf die Raumstation dabei und habt gegen zwei der Angreifer gekämpft. Ob das für uns von Vorteil ist, oder ihr beiden nur als Liebespärchen hierher versetzt wurdet, muss sich erst noch herausstellen. Für heute begrüße ich euch. Wir starten mit der Pollux in neun Stunden zu den Planeten, um dort die Sicherheit wiederherzustellen.“
Lilian ließ die Truppe rühren und verteilte noch einige Einzelaufträge, dann verließ sie die Gruppe.
Die Mitglieder setzten sich an den großen und einzigen Tisch in dem Raum und redeten durcheinander, einige wollten wissen, wie die «Aliens» ausgesehen hatten.

„So ihr beiden, ich bin «Tinker», der Staffelanführer, ich stelle euch mal die anderen vor:
Das ist «Tank» unser Schutzpatron. Keiner kann euch besser den Rücken decken als er.
Diese Süße ist «Zero», sie macht keine Fehler und wartet, bis der andere einen macht. Dann schlägt sie gnadenlos zu.
Die Lady hier ist «Twister», sie tanzt um dich wie ein Wirbelwind, eher sie zuschlägt. Du wirst keinen anderen erleben, der den Jäger so quält.
Der Kamerad ist «Speer», er schlägt geradlinig zu und lässt dir die keine Sekunde Zeit zum Handeln. Immer geradeaus und kein Querschläger.
Der hier ist «Fritte», er frisst alles, was er findet, ob was zum Essen, oder böse Feinde. Wenn’s ums Aufräumen geht, ist er der Richtige.
Das hier ist «Batsch», wenn er zuschlägt, macht er genau dieses Geräusch und er ist gut. Ein toller Pilot und ein super Einzelkämpfer.
Diese Dame mit den roten Haaren ist «Goal», komm ihr nicht zu nahe, sie ist gnadenlos und kennt kein Pardon.
Dann noch diese Lady, das ist «Judy», die hüpft umher wie ein Springteufel und hängt dir im Nacken, wo sie dir dann das Genick bricht. Sie ist unfassbar schnell.
Nicht zu vergessen ist «Dynamit», der Mann ist extrem explosiv. Er geht ran und bremst nicht, wo andere bereits abdrehen, so gewinnt er die meisten Bombentreffer.
Morgen kommen noch die Zwillinge «Mingasa» und «Mingosa». Das sind zwei Weltraumnomaden. Geboren in Raumstationen, lebten sie immer im All, wir glaubten schon, dass sie keine Luft zum Atmen brauchen. Die sind ideal für irgendwelche verdeckten Aufgaben. Mit so etwas sind sie auch diesmal unterwegs.

Wir haben jeder mindestens 22 Kampfeinsätze hinter uns. Für eine Armee im Frieden ist das eine stolze Anzahl. Man setzt uns aber auch als Erste ein und erwartet immer, dass wir die Lage klären. Also denkt dran, wir sind die Tango Gruppe, die Besten.“
Die anderen Gruppenmitglieder riefen bei dem Namen Tango laut «Hurraaaahh» und schwiegen wieder.
„Und nun zu euch beiden. Sam, du hast von deinen Staffel Kameraden den Namen «Slash» erhalten, den führen wir hier weiter, keine Frage. Ich finde es verdammt gut, dass du es zu drei Kometen gebracht hast.
Und deine Süße hier wird heute zu «Timer», man sagt sich über sie, dass sie schneller rechnen kann, als manches Elektronengehirn und dabei ebenfalls so fehlerlos ist. Seid also willkommen.“

In den nächsten Stunden erkundeten Marlis und Sam die Pollux. «Twister» zeigte ihnen die Feinheiten und Geheimnisse. Die ganzen Abkürzungen, um in dem riesigen Schiff schnellstens von A nach B zu gelangen. Die anderen Gruppen hatten auch ihre eigenen Bereiche. Es herrschte ein gesunder Wettkampf zwischen den Gruppen untereinander, aber, wenn es eng wurde, dann hielten alle fest zusammen.

***

Neun Stunden später zog die Pollux ihre Bahn innerhalb des Sonnensystems und umkreiste gerade den mächtigen Planeten Murnau, als Alarm für die Gruppen «Alpha» und «Tango» gegeben wurde.

„Fremde Kontakte gesichtet, sie fliegen die Monde des «Murnau» an. Ihr Auftrag lautet: Klären sie die Lage auf, wenn man sie angreift, dann wehren sie sich und melden sie alles, was sie sehen.“
So startete die Gruppe «Tango» mit ihren Zwei-Mann-Zerstörern, sammelte sich und flog in Formation dem Ziel entgegen. Auf halber Strecke teilte sich die Gruppe in zwei Angriffsstaffeln und einem Beobachter. Gruppe 1 + 2 sowie Gruppe 3 + 4. Sam und Marlis stellte das Beobachterteam und sie zeichneten alles auf, was ihre Sensoren registrierten.

„Zero du bleibst an meiner rechten Flanke. Batsch du deckst Speer, Slash und Timer ihr seid unsere Augen und Ohren. Bereitmachen, wir kommen in deren Nähe.“
Die beiden Gruppen flogen auf eine Ansammlung verschiedengroßer Objekte zu, die sich nahe einem der Ringe des Pelotau aufhielten. „Hier Timer, ich zähle 14 Objekte, davon sind gut sechs immer wieder hinter den Trümmerstücken. Vorsicht, das kann auch eine Falle sein.“

„14 Objekte sehen wir auch, keine Sorge Timer, wir erwischen sie alle.“ Kam es von Tinker zurück und tatsächlich sah es so aus, als würde sich da ein ganz normaler Einsatz abspielen.
Doch als sie näher auf den Teil mit den acht Objekten zuflog, da flogen von größeren Trümmerstücke weit mehr als die 14 Objekte an.
„Falle! Achtung, das ist eine Falle, Sammeln und Rückkehr, da sind über 24 Objekte, die hatten sich versteckt.“ Rief Timer in den Funk.
„Keine Panik, wir sehen hier nur 12 von denen. Speer wie viele hast du?“
„Ich habe hier auch nur 12 aber das scheinen echt andere zu sein, das ist doch eine Falle, verflixt.“
„Abbruch, Rückkehr, wir sammeln uns bei Timer. Keine Aktionen und los jetzt. Pollux habt ihr das auf dem Radar?“
„Hier Pollux wir haben es auf dem Radar, euch kommt der Zerstörer «Kilaupe» zu Hilfe, beschützt ihn, wir wissen noch nicht, was sich da entwickelt. Pollux Ende.“
Aus dem Nebelfeld, das sich um einige der Ringe gebildet hatte, raste ein schneller, älterer Zerstörer der Pilot Reihe auf sie zu und flog weiter auf die Unbekannten zu.
„Hier ist die Kilaupe, haltet euch zurück und kommt nicht in unser Geschützfeuer, wenn es losgeht.“ War die klare Ansage des Zerstörers.
Der kleine Zerstörer war rasend schnell an den Jägern vorbeigeprescht und hielt auf die Fremden zu.
„Los. Formation bilden, wir fliegen zur Kilaupe.“
„Hier ist die Kilaupe, Negativ, haltet euch zurück, unsere Sensoren sind auf alle Objekte eingestellt, die unterscheiden im Zweifel nicht zwischen Freund und Feind.“
Marlis bat Sam, „Dreh unser Schiff auf den Zerstörer, dann habe ich vollen Sensorempfang und kann alles aufzeichnen.“ Sam tat wie geheißen und die Tango Gruppe sah, wie die Kilaupe in den Pulk der Fremden einflog.
Kurz danach schossen zum ersten Mal einige der Fremden auf den Zerstörer, der sofort zurückschoss und zwei der Angreifer verglühten in einem Feuerball. Als sei das ein Test gewesen, begannen die anderen Angreifer auf den Zerstörer zu schießen, der sich natürlich wehrte und weitere Angreifer verglühten. Doch da änderten die Angreifer ihre Taktik und begannen um den Zerstörer zu rotieren. Wie auf ein Kommando schossen alle zugleich ihre Waffen auf den Zerstörer.
„Achtung Kilaupe, die schießen Salven auf euch, zieht euch zurück, schnell!“ Rief Marlis in den Funk.
Hier und da verglühte ein einzelner der Fremden, aber die Rotation mit Salvenbeschuss zeigte jetzt die ersten Auswirkungen. Auf der Kilaupe gingen die ersten Wirkungstreffer ein.
„Tinker, Befehle, sollen wir eingreifen?“, fragte Slash, aber Tinker verneinte. „Wir sollen hier warten.“
„Das schaffen die nicht alleine, wir müssen ihnen helfen.“ Beschwor Twister Tinker und endlich reagierte er.
„Also gut Alle Waffen klar, Schutzschirme einschalten, wir unterstützen die Kilaupe, achtet darauf, dass die IFF Kennungen korrekt sind, sonst holt die uns aus dem Weltall. Auf geht zum Angriff.“
„Genau da kam auch aus der Pollux der Befehl zum Angriff.“

***

Doch noch bevor die Tango Gruppe mit eingreifen konnte, sprangen drei weitere größere Raumschiffe in den Bereich des Kampfes und eröffneten sofort das Feuer auf den kleinen Zerstörer, der jetzt heftig Schaden einstecken musste. Das letzte was von der Kilaupe kam, war ein Kommando zum Rückzug für die Tango Gruppe. Im selben Moment schossen alle der Angreifer Schiffe mit einer Salve auf die Kilaupe, das war zu viel und der kleine Zerstörer explodierte in einer großen Feuerwolke.

„Hier Pollux, Tango Rückkehr zum Schiff – Ende!“ War der kurze aber klare Befehl aus der Zentrale der Pollux. Auf dem Radar erschienen die ersten Zerstörer und Kreuzer der Heimatverteidigung und bildeten einen Verband um die Pollux.
„Tango Gruppe Landen Sie, die anderen Gruppen starten zur Sicherung.“
Während die Tango Gruppe landeten, verließen zwei weitere Gruppen die Pollux und bildeten mit den Gruppen der anderen Verteidiger einen Jägerschirm.

An Bord der Pollux wurden die Jäger aufgetankt und mit anderen Raketen bestückt. „Ihr bekommt die neuen «Karzoon-Raketen», die sind schnell und sollten alles zerstören.“ Aus dem Jäger von Slash entnahm man den Speicherkern und ersetzte ihn durch einen leeren. Keine 15 Minuten später waren die Jäger wieder abflugbereit und warteten auf ihren Einsatz.
„Tango halten sie sich bereit!“ Das war die Stimme von Hauptmann Lilian. Es konnte also jederzeit wieder losgehen.

***

Der Raumkampf

„Tango bereitmachen zum Start. Start in «5» .. «4» .. «3» …“ Alle an Bord der Tango Gruppe machten sich bereit und bei «0» wurden sie in das All hinauskatapultiert.
„Tango fliegen sie in den Bereich Rot 23 und unterstützen sie die Korvetten dort.“

Während die Gruppe auf ihr Zielgebiet zuflog, schaute Marlis kurz nach hinten. Sie sah, dass sich um die Pollux zwei weitere Großkampfschiffe sammelten und weitere Jägergeschwader gestartet wurden.

„Verflixt Timer, das ist eine richtige Schlacht, so nah an unserem Planeten hätte ich das niemals gedacht, ich dachte immer, so etwas passiert draußen außerhalb unseres Systems.“ Bemerkte Slash und sie flogen auf zwei Objekte zu, die einen Tauri-Jäger angriffen.
„Den unterstützen wir. Sonst ist der Asche.“
Zusammen mit Judy ihrem Flügelmann griffen sie die beiden fremden Schiffe an und zerstörten sie mit ihren Bordwaffen. Diese mächtigen Impulswaffen der wendigen Jäger hatten keine Probleme mit den feindlichen Jägern.

Erst da bemerkten sie die Bemalung des Jägers, er trug das Abzeichen des Schwadronskommandanten der «Bengali», einem der schweren Kreuzer. „Gut gemacht, zurück in Formation!“ Kam als kleiner Dank, da war der Bengali-Jäger auch schon wieder weg.

Während die Angriffe der Jäger liefen, war es die Aufgabe des hinteren Besatzungsmitgliedes die Radaranlage zu prüfen und mit den beiden drehbaren Impulswaffen den Jäger vor Angriffen zu schützen. In der Regel schalteten die Besatzungen dazu in einen automatischen Angriffsmodus, dabei schossen die Impulskanonen selbstständig auf alles, was nicht extra als «freundlich» markiert war und in Reichweite der Kanonen kam. Aber Timer hatte die beiden Kanonen auf «synchron» geschaltet, das bedeutete, die beschossen beide das gleiche Ziel. Das bedeutete aber auch, dass Timer jederzeit sehr gut aufpassen musste, schließlich gab es keine Unterstützung durch den Angriffsrechner, lediglich der Zielrechner stand ihr zur Verfügung.

Die Gruppe Tango griff in Staffel- also Zweierformation an, der Jäger mit gerader Nummer war der Anführer. Der Jäger mit gerader Nummer war Flügelmann und sicherte ab. Dynamit flog also mit Slash auf einen der Angreifer zu. Marlis informierte Judy, die hinter Dynamit saß.

„Judy, hier Timer, ein Treffer der Jäger Abwehrkanonen ist für die Fremden zu wenig, vielleicht solltet ihr auf «Synchron» schalten. Wir brauchen zwei oder drei Treffer.“
„Gut!“ Kam kurz und knapp von Judy zurück.

Bei den beiden Korvetten bei Rot 23 angekommen waren, grüßte die Kampfgruppe Tango kurz und die Staffeln stürzten sich auf die Angreifer. Jetzt sah Timer auch zum ersten Mal, wie diese Angreifer Schiffe gebaut waren.

Die Jäger waren etwa halbmondförmig geformt, in der Mitte befanden sich zwei längliche Verdickungen, wovon eine dunkle Glashaube hatte, aus dem anderen wurde gefeuert. ( € )

Die Panzerung der Angreifer war von vorne deutlich besser als jene von hinten. Allerdings konnten sie ihrem Antriebsstrahl etwas beimischen, dass eine Wirkung wie Schrot besaß. Daher vermieden die Jäger es, von hinten anzufliegen. Der Abgasstrahl wirkte verheerend.

Seitlich versetzt etwa bei Vier Uhr konnte man mit den drehbaren Geschützen die Angreifer besser treffen. Da reichten meist ein oder zwei Treffer.
So kämpfte die Tango Gruppe die Korvetten frei und zerstörten 11 fremde Schiffe. Jetzt konnten sich die Korvetten wieder um die drei größeren Schiffe kümmern, während die Tango Gruppe die Korvetten vor weiteren Angreifern schützte.

Die beiden Korvetten trennten einen der größeren Schiffe aus dem Angreifer Feld und drängten das stabförmige Schiff ab. Die fremden Jäger, die zur Sicherung dienten, wurden von der Gruppe Tango vernichtet und während eine der Korvetten einen schweren Treffer erhielt, gelang es den beiden anderen dennoch, mit einer gemeinsamen Salve das Schiff kampfunfähig zu schießen. Die Triebwerke erloschen und das Schiff schien innerlich zu verbrennen. Doch da waren die Korvetten mit der Gruppe Tange bereits auf dem Weg zu dem zweiten Schiff der Angreifer. Von drei Seiten angegriffen, wurden die beiden verbliebenen Angreifer Schiffe schwer getroffen. Leider erhielt dabei die bereits arg getroffene Korvette einen Volltreffer und verging in einem Feuerpilz.

Jetzt standen die beiden Feindschiffe im Salvenfeuer der Verteidiger und erhielten Treffer um Treffer. Als der vordere in einem Feuerball verging und der zweite bereits brannte, erschien wie aus dem Nichts ein großes halbrund geformtes Schiff, das durch die Masse der kleinen Jäger durchbrach und Freund und Feind dabei einfach zermalmte. Zwei der Tauri Schiffe wurden dabei vernichtet, aber auch an die fünf Schiffe der Angreifer.

Erst da war das massive Schiff wieder steuerbar. Es hatte die Form eines Pilzes. Halbrund der Kopf des Schiffes, dahinter zylindrisch angebracht Mitte und Heckteil, wobei das Heck breiter wurde und vier mächtige Triebwerke fasste.
Vorne im halbrunden Kopfteil war in der Mitte ein leuchtender kreisrunder Einschnitt und es schien, als würde von innen etwas leuchten.

Die Korvetten eröffneten sofort das Feuer auf das schwere, halbrunde Kopfteil, aber da gab es keinerlei Wirkung. Der Kopf schien unverwundbar. Gespickt mit kleineren Waffen beschoss dieser pilzförmige Angreifer allerdings alles, was sich dem Schiff in den Weg stellte.

Nun drehte der große Raumer, aus allen Kanonen feuernd auf die erste Korvette ein und aus dem hellen zentralen Einschnitt kam ein massives Leuchten, einem Suchscheinwerfer gleich, das die Korvette erfasste.

Im nächsten Moment schoss ein unglaublich greller Lichtstrahl aus dem Angreifer Schiff. Der Lichtstrahl hüllte die Korvette ein und in einem mächtigen Feuerball vergehen diese.

„Tangogruppe sammeln, wir drehen um und fliegen zum Kommandoschiff gegen das Monster haben wir keine Chance.“ Rief Tinker.
„Warte Tinker, lass und das Heck des Monsters anfliegen, vielleicht ist das deutlich dünnhäutiger und wir können dort etwas ausrichten.“ Beschwor ihn Timer.

„Gute Idee, Sammeln und das Heck absuchen, achtet auf Abwehrgeschütze achtern und zerstört sie so schnell als möglich. Vielleicht hat unser Mathegenie Recht. Los und Vollgas.“

Vor uns versuchte die Korvette, so schnell wie nur möglich, aus dem Feuerbereich des Angreifers zu kommen. Bereits zweimal hatte der riesige Zerstörer der Außerirdischen gefeuert und die Schüsse kamen näher an die Korvette. Sie mussten sich beeilen, sonst war es zu spät. Bei dem zweiten Schuss versuchte die Korvette, ein großes Stück Gestein zwischen sich und den Strahl zu bekommen, aber das Gestein wurde einfach verdampft. Zum Glück kam auf der Korvette nur noch ein Teil des Strahles an, doch auch der hinterließ eine fürchterliche Verwüstung.

Über Funk kam die Nachricht, auf die viele gewartet hatten. „Tango Leader hier Alpha Leader, wir sind auf dem Weg zu euch und bringen Charly Leader auch mit. Mal sehen, ob wir den Angreifer am Hintern kratzen können.“
Inzwischen waren weitere Jägergruppen angekommen und beschäftigten die Jäger des Riesenraumers. Im hinteren Bereich schossen indessen die Jägergruppen die Abwehrtürme zusammen und als diese nicht mehr feuern konnten, suchten sie mögliche Trefferzonen an den vier Triebwerken.
Bisher schien alles massiv gepanzert oder durch Schutzschirme geschützt zu sein. Doch Marlies prüfte ihre Instrumente.
„Slash flieg uns nochmal hinter diese ovalen Öffnungen, ich hatte da seltsame Messdaten.“
Wenige Minuten später war der kleine Zerstörer an den Öffnungen und Marlis ließ die Messgeräte laufen. Sie bestrahlte die Öffnungen mit ihrem Radar und schließlich hatte sie eine Lösung gefunden.
„OK ich denke, ich habe den wunden Punkt gefunden, aber dazu brauchen wir mehrere Jäger. Tinker wo seid ihr, ich brauche euch hinten am Heck. Schnell, ehe der Mega-Pilz die Korvette erwischt.“
„Hier sind wir Timer, erzähl, der Brummer dreht sich auf die Korvette, es wird eng.“
„Da vorne,“ Marlis beleuchtete mit ihrem Markierungsstrahl eine ovale Öffnung. „Das da sind Abgasleitungen und die scheinen aus dem Reaktor zu kommen. Wir sollten nacheinander unsere neuen fetten Raketen da hineinfeuern. Die sind gepanzert und detonieren nicht gleich beim ersten Wandkontakt. Wenn die dann im Antrieb hochgehen, dann sollten sie doch genügend Schaden verursachen.“

„Timer, welche Garantie gibst du uns dafür?“
„Ich gebe dir die Garantie, dass wir, wenn wir es nicht versuchen, gleich die Korvette verlieren. Reicht das?“

„Das reicht. Also Tangos, ihr habt alle mitgehört, konzentrierten Beschuss mit den neuen Raketen. Jeder feuert vier seiner Raketen, eine nach dem anderen ab, dann sollten die sich in den Kern fressen. Gruppe 1 beginnt. Alles bereit?“
Die Klarmeldungen liefen ein, vor uns kam ein weiteres Aufleuchten, der riesige Zerstörer hatte erneut gefeuert.
„Feuer frei, Start Gruppe 1!“
Wie an einer Perlenkette rasten die restlichen Raketen in den ovalen Schacht.
„Gruppe 2.“ Und wieder rasten vier Raketen in den Schacht. So ging das der Reihe nach und als die Gruppe Tango mit Team 5 schon am Erfolg zweifeln wollte, schien das Heck des riesigen Zerstörers zu rütteln und die ersten kleinen Explosionen wurden sichtbar. Das riesige Pilzschiff fing an zu torkeln.
„OK das hat funktioniert, alle weg von der Abgasöffnung und mir nach zum Sammeln.“ Ordnete Tinker an und alle Schiffe verließen das Heck, das immer weiter von kleinen und nun auch mittleren Explosionen erleuchtet wurde.

Auch die Korvette hatte die Funksprüche verstanden und drehte mit voller Energie bei, um sich zu entfernen. Das mächtige Pilzschiff stoppte die Torkel Bewegungen und der helle Suchstrahl erfasste die kleine Korvette. Jetzt schien ihr Ende gekommen.
Doch da explodierte dieses riesige Pilzschiff. Aus dem Feuerball drang noch der Vernichtungsstrahl auf die Korvette, traf diese aber nicht voll, sondern streifte sie nur. Auf der Korvette waren zwei der vier Heckantriebe weggeschmolzen und einige Teile fehlten oder waren geschmolzen, aber sie flog noch, und das war für alle wichtig. Angeschlagen rettete sich die tapfere Korvette in Richtung der Raumstation.

***

Das Aufräumen.

Um die Ringe des Pelotaus sah es grauenhaft aus. Riesige Bruchstücke des Angriffsraumer trieben umher, alles was sich zu nahe an diesem riesigen Planeten befand, wurde von dessen Schwerkraftfeld angezogen und verschwand in den Wolken des Gasriesen. Von dem vorderen Teil des Angreifers war nichts mehr geblieben, was die Militärs sehr bedauerten. Aber von einigen Teilen des Antriebs waren mehrere große Teile geblieben.
Die Pollux beschützte zusammen mit drei weiteren schweren Kreuzern der Exeter Klasse die Wrackstelle. Die Wissenschaftler von Tauri kamen mit ihren Forschungsschiffen und untersuchten alles, was sie interessant befanden und was klein genug war, wurde in die Laderäume geladen und mitgenommen.

Aber der Angriffsraumer war ja ein wirkliches Riesenschiff gewesen. An Bord der «Pollux» fragte man sich bereits, wie es solch ein Riesenschiff schaffen konnte, dass es in dem Nebel nicht aufgespürt werden konnte.

Zudem kamen vereinzelt immer wieder Schwärme von Angriffsfliegern aus der Gaswolke. Offenbar wollten sich die Fremden rückversichern, dass keine Rückschlüsse auf deren Technik möglich waren. Sie griffen alles an, was Teile des zerstörten Angriffsraumer einsammelte.

Dies endete erst, als die Pollux hier Position bezog und jedes noch so kleine Angreifer Schiff sofort vernichtete. Als dann der große Rest des Trümmers in das Schwerkraftfeld geriet, gelang es dem Team auf der Pollux nicht mehr, das mächtige Stück zu retten, es verschwand im unerbittlichen Mantel des Gasriesens. Die Anziehungskraft hatte gesiegt.

Die Pollux drehte wieder ab und nahm Kurs zum Heimatplaneten, wo sie sich in die Verteidigungsflotte einreihen würde. Sie wurde verfolgt von den drei schweren Kreuzern der Exeter Klasse. Alles schien ruhig abzulaufen, aber urplötzlich tauchten acht Angriffsraumschiffe mittelgroßer Bauart auf, sie trugen je vier schwere Weltraumtorpedos an den Aufhängungen und schossen diese auf die wegfliegende Kreuzergruppe ab. Sofort danach drehten diese Schiffe wieder ab und flogen in den nahen Wolkenbereich hinein, um zu verschwinden.

Somit waren die Radarschirme wieder leer. Die Torpedos aber flogen weiter auf die drei schweren Kreuzer zu.

Als endlich die Nahbereichssensoren den Angriff erkannten, da war es bereits fast zu spät. Der letzte Kreuzer erhielt drei Volltreffer und war kampfunfähig, der mittlere Kreuzer erhielt noch einen Treffer an Backbord ab nur der vordere und die Pollux konnte sich aus dem Bereich der Torpedos drehen. Mit den Bordwaffen und zweier gestarteter Geschwader wurden die restlichen Weltraumtorpedos abgeschossen, ehe sie schlimmeres anrichten konnten.

Der zweite Kreuzer flog zur Raumwerft und wurde repariert. Der erste Kreuzer wurde abgeschleppt, er hatte allerdings zu viele Treffer in wichtigen Bereichen erhalten, konnte keine Atmosphäre mehr aufbauen und die Elektronik hatte schweren Schaden genommen. So beschloss die Generalität, den Kreuzer auszuschlachten und stillzulegen.

***

Rückblende

Zwischen den äußeren Ringen des Murnau und den äußeren Monden hatte es vor über einhundert Jahren eine Kollision zweier riesiger Kometen gegeben. Ein jeder hatte mit über 500 km Durchmesser die Größe eines globalen Killers gehabt und man war auf Murnau froh, dass die beiden soweit außerhalb des Tauri zusammengestoßen waren. Bei dem Frontalzusammenstoß waren beide Kometen in einer gewaltigen Wolke zerstoben. Seither war dort draußen das riesige Staub, Eis und Nebelfeld, das immer wieder zu Problemen geführt hatte.

Mit dem Auftauchen des pilzartigen Raumschiffes trat erneut die Frage auf, ob es in der Nebelwolke etwas gab, das man übersehen hatte. Denn dass sich aus diesem riesigen Nebelfeld eine Falle für das gesamte Sonnensystem entwickelte, hatte keiner kommen gesehen.

Es wurden Patrouillen in dem Nebel geflogen und man versuchte, Radarbojen zu platzieren, aber die Bojen wurden von Trümmern getroffen, andere wurden von etwas Unbekanntem beschossen. So langsam dachten sogar einige Offiziere, dass in diesem riesigen Nebel etwas oder jemand lebte.

Jetzt, nach dem Torpedoangriff durch die Fremden bekam das Nebelfeld wieder oberste Priorität. Schließlich ermöglichte es den Feinden, heimtückische Torpedobomber loszuschicken und die Raumschiffe zu treffen. Das konnte nicht erlaubt werden, es musste gehandelt werden. Die Wissenschaftler auf Tauri rätselten, aber sie waren nicht vor Ort und konnten nichts messen. Abgesehen davon war das ein Kriegsgebiet und da hielten sie sich gerne davon fern.

Die alles entscheidende Frage war, was man tun konnte um die Gefahr zu erkennen und schließlich zu beseitigen. Auf der diesjährigen Verteidigungstagung auf Tauri sollte das endgültig geklärt werden. Das Nebelgebiet war unglaublich groß und man konnte ganz offensichtlich auch größere Raumschiffe darin verstecken, ohne entdeckt zu werden.

Auch an Bord der Pollux wurden diese Fragen besprochen. Bis zur Tagung auf Tauri wollte man doch nicht warten. Schließlich rief Kapitän Manitau Tilume zu einem Brainstorming auf. Jeder an Bord konnte sich daran beteiligen und seinen Vorschlag als Mail einsenden. Anfangs dachte man noch, dass die Beteiligung an Bord überschaubar wäre, aber der Angriff auf die Kreuzer hatte alle aufgerüttelt. Die Menschen hatten die Gefahr erkannt. Binnen 12 Wochen sollten alle Teilnehmer ihren Vorschlag abgeben.

Auch die an Bord stationierten Teams durften daran teilnehmen, im Gegensatz zu anderen, mussten sie sich aber pro Team auf maximal drei Eingaben festlegen. Da jedes Team aus 12 Personen bestand, war das akzeptiert worden.

Zwischen den täglichen Flügen gab es immer wieder Zeit sich Gedanken zu machen. Außerdem wurde die Pollux zusammen mit dem schweren Kreuzer Pilator in Gebiet um die Nebelwolke stationiert. Zur Versorgung und Absicherung wurden noch vier leichte Kreuzer abgestellt. Jede Woche trafen zwei Kreuzer ein und lösten zwei andere ab.

Wie jeden freien Abend saßen auch heute die Mitglieder des Tango Teams beisammen, um über die Aufgabe nachzudenken und die drei Fragen zu formulieren. Der Abgabetermin rückte immer näher.

Tinker hatte einen klaren Plan. „Die Fremden verfügen offenbar über eine andere Art der Beschleunigung, sie scheinen aus den weiteren Feldern zu kommen und verstecken sich in dem Nebel.“

„Nein.“ Antwortete Tank. „Das wird es sicherlich nicht sein, vermutlich habe die eine Art Mutterschiff in dem Nebel, dass wir nur noch nicht gefunden haben. Wir sollten genauer suchen.“

Twister kam auf eine andere Idee, die sofort Anklang fand. „Ich denke eher, dass die Fremden es geschafft haben, eine Art schwarzes Loch zu erzeugen, über das sie dort hineinspringen und hier herauskommen.“

Einige lachten Twister aus, „Ein schwarzes Loch. Müsste das dann nicht die ganze Nebelwolke in sich ziehen und verschwinden lassen?“

„Ach Fritte, sei nicht immer so ablehnend, die Idee ist nicht einmal so blöd,“ gab Marlis zu bedenken, „ich glaube zwar nicht an ein schwarzes Loche, aber an eine Art von Tunnel, oder Durchgang glaube ich schon. Wie sollten sonst so viele und vor allem so große Raumschiffe da durchkommen, wir überwachen schließlich die ganze Wolke und müssten solch ein Monsterschiff erkennen können.“

Es gab noch weitere Anregungen, aber nach und nach verfestigte sich die Idee, dass es innerhalb der Wolke einen Übergang geben müsse, durch den die Fremde reisen konnten.

***

Abgabetermin

Als die Abgabefrist vorbei war, wurden die Einsendungen ausgewertet. Das Brainstorming hatte auch auf Tauri einen Eindruck hinterlassen und man schickte eigens eine Wissenschaftsabteilung auf die Pollux. Für die Zeit der Auswertungen wurde sogar die Wächterflotte verdoppelt.

Solamon Nerth, Obman und Leiter der Wissenschaften auf Tauri, leitete die Auswertung. Ihm zur Seite standen Nitrili Nihan, die oberste Wissenschaftlerin und sogar Sissime Nihula, die oberste Strahlenforscherin war angereist, um daran teilzunehmen.

Allein daran sah man bereits, wie hochkarätig das Ganze angesetzt wurde. Manitau Tilume, eröffnete als Kapitän der Pollux die Veranstaltung und alle, die nicht gerade Dienst hatten, waren dabei, entweder direkt oder über die Visiophone in den Sälen und Unterkünften. So waren auch die Tango Gruppe im Gruppenquartier dabei und sie waren ebenso gespannt, wie viele andere auf Tauri, der Pollux und auf all den anderen Schiffen.

Es wurden wenig Einsendungen als «nicht verwertbar» eingestuft, weil sie einfach nicht durchführbar oder nicht durchdacht waren. Sehr viele der Einsendungen sahen ein Versteck in der Nebelwolke und auch die Version mit dem kleinen schwarzen Wurmloch wurde angenommen. Es waren letztlich jedoch nur zwei Einsendungen, die zwar sehr gleich lauteten, aber als die besten und als sehr zielführend erkannt wurden. Eine war von Jerome Tilbas, dem Leiter der Nachrichtenabteilung und die andere kam von Marlis Natrath. Beide beschrieben eine Art Tunnel durch die Dimensionen, eine Art Wurmloch, durch den man in den Nebel gelangen konnte. Beide beschrieben auch die Möglichkeit eines temporalen Übergangs.

Als das Gremium den Leiter der Nachrichtenabteilung hinter der Bühne fragte, wie er auf diese Idee gekommen sei, die zufällig genau deckungsgleich mit der von Marlis war, gab er kleinlaut zu, dass er die Tango Gruppe, wie auch alle anderen Gruppen abgehört hatte und nur die Idee von Marlis hatte ihm dabei so zugesagt, dass er sie kopiert hatte.

Nach vier Stunden kam das Wissenschaftsteam zu einem Urteil.
Solamon Nerth verkündete es.

„Sehr geehrte Anwesenden, geladene Gäste, liebe Freunde, Taurianer.
Wir haben uns hier versammelt, um eine Frage zu klären, nämlich der, wie fremde Angreifer in den Krabbennebel gelangen können und uns von dort aus angreifen können. Es ist uns zwar nicht gelungen, die Lösung jetzt bereits zu finden, aber wir haben einen klaren Forschungsauftrag daraus abgeleitet. Wir die Wissenschaftler von Tauri, haben, durch die geniale Idee eines ihrer Crewmitglieder, beschlossen, in der Wolke nach einem Tunnel, oder Übergang in eine andere Welt zu suchen.
Alle anderen Vorschläge und wissenschaftliche Ideen ergaben keine auch nur im Ansatz logische Lösung. Damit ist dieses Brainstorming abgeschlossen. Ich danke ihnen allen.“

Es gab etwas Unruhe, denn mit einem richtigen Forschungsauftrag hatte noch keiner gerechnet. Solche Aufträge folgten sonst erst Monate oder gar Jahre später. Sie versprachen jede Menge Arbeit, aber auch Ruhm und vor allem unglaublich viel Geld, um das alles zu realisieren. Vor der Abreise der drei hochkarätigen Gäste wurde Kapitän Manitau Tilume noch über das weitere Verfahren informiert und darüber, dass er die Gewinnerin unauffällig in das Privatshuttle des Obmanns bringen lassen sollte.

Als Marlis in dem Shuttle ankam und sich die Schleuse geschlossen hatte, schaltete jemand im Shuttle das Licht ein. Neugierig schaute Marlis in die strahlenden Gesichter des Gremiums. Nitrili Nihan, die oberste Wissenschaftlerin, stand auf und bat Marlis zu sich. Sie lächelte Marlis mit Güte im Gesicht an, als sie feststellte: „Ich wusste es, als ich deinen Namen las, solch eine fundierte Begründung konnte nur einem der frischsten und wachsten Geister entsprungen sein, die unsere Planeten vorzuweisen hat. Marlis Natrath, ich lasse deine Eltern wissen, dass diese Idee von dir ist und wir freuen uns, auf die weiteren Ergebnisse der Forschung. Du wirst hiermit in den Forschungsrat der Pollux berufen und wirst zusammen mit anderen hellen Köpfen an den Lösungen arbeiten.
Ich sprach auch mit dem Generalstab, da du dabei allerdings an geheimes Material kommen wirst, brauchst du einen höheren Dienstgrad. Herr Kapitän, bitte übernehmen sie.“

Manitau Tilume trat vor Marlis und ließ sie stillstehen, dann beförderte er sie zum Oberleutnant mit besonderen Befugnissen. Als er ihr die Insignien anlegte, wurde Marlis sogar ein wenig rot im Gesicht. Kapitän Tilume blinzelte ihr zu. „Entspannen sie sich Oberleutnant, das wird schon.“

***

Wieder neue Aufgaben

In der darauffolgenden Woche wurden die ersten Aufgaben verteilt. Inzwischen waren um den Nebel über 4000 Langstreckensonden platziert worden. Sie waren im geschützten Gebiet, verfügten über eigene Schutzschirme und scannten permanent den Bereich um den Nebel ab.

Da in dieser ersten Woche drei kleine Angriffe der Fremden erfolgten und kein einziges Schiff von außerhalb in den Nebel hineinflog, wurde schnell klar, dass der Zugang tatsächlich innerhalb des Nebels liegen musste.

Der nächste Schritt war der Einsatz von 20 Sensorschiffen. Diese kleinen schnellen Schiffe waren mit drei Mann besetzt und hatten nur eine schwache Abwehr. Deswegen entschloss man sich, jedem der Sensorschiffe zwei Abfangjäger als Eskorte mitzugeben.

Vier schwere Kreuzer flogen die Pollux an, um mit den Jägern auszuhelfen, denn so viele freie Besatzungen hatte auch die große Pollux nicht an Bord. Das Sensorgitter wurde errichtet und im Abstand von 5000 km flogen die Sensorschiffe, leicht versetzt, das Raster ab. Sobald eine Ebene abgescannt war, erfolgte der Flug durch die nächste Ebene.
Eine Woche später hatte man den Nebel gescannt, jede Menge größere Bruchstücke geortet aber keine Energiequelle, die auf einen Übergang schließen ließ. Sissime Nihula gab darauf die Order die Scans noch zweimal zu wiederholen, sie rechnete mit einem zeitlich versetzten Auftauchen.
Tatsächlich wurde beim zweiten Durchflug eine Energiequelle angemessen, die steil anstieg, für zwei Minuten bestehen blieb, nur um danach wieder zu verschwinden.
Aus dem Gebiet der Energiequelle waren danach zwei Aufklärer der Fremden erfasst worden, die das Treiben im Nebel untersuchen sollten. Die beiden Aufklärer wurden gestellt und von den Jägern der Pollux vernichtet.

Jetzt wusste man aber, dass es in dem Nebel einen Übergang gab, auch wenn man ihn noch nicht gesehen hatte, so sehr konnten die Messdaten nicht lügen. Es wurde ein deutlich feineres Raster um den angemessenen Bereich gezogen und dieser wurde mit gepanzerten Drohnen mit Sensoreinheit eingekreist. Damit wollte man verhindern, dass die Sensoreinheiten einfach abgeschossen wurden.

In der Zwischenzeit wurde der Nebel, so gut es in einem Nebel geht, kartografiert und in Bereiche aufgeteilt. Es wurden Schnellverbindungswege festgelegt, über welche die Abfangjäger schnellstmöglich die zugewiesenen Positionen erreichen konnten.

Das Netz um die Fremden zog sich allmählich immer weiter zu. Bald, dachte man, würde man den Übergang finden und schließen können.

Aber es kam alles ganz anders.

Zwei Tage später drangen erneut drei Aufklärer und ein größeres Schiff der Fremden durch den Übergang. Es gelangen erstmals Aufzeichnungen, wie sich der Übergang etablierte und öffnete. Es begann mit einem Leuchten im Nebel, daran schlossen sich zwei Energiekreise an, die gegenseitig rotierten und in vielen Farben leuchteten. Dabei stieg der Energiepegel am Übergang weiter an. Schließlich berührten sich die beiden Energiekreise und ein helles Leuchten drang aus dem Inneren des Kreises. Es bildete sich der Ereignishorizont, also der eigentliche Übergang. Aus diesem flogen die vier Schiffe in den Nebel und verschwanden rasch aus den Sensoren.
Die Energiekreise begannen erneut sich zu drehen und erloschen schließlich, der Übergang war wieder verschwunden.

Außerhalb des Nebels wurden die drei kleinen Aufklärer sogleich abgefangen und vernichtet. Das größere Schiff wurde nur beschädigt und man ließ es in den Nebel fliehen. Zwei Staffeln Jäger setzten ihm nach, sie schienen aber das Schiff der Fremden aus der Erfassung zu verlieren, denn das Schiff konnte unbehelligt bis nahe dem Übergang gelangen.
Hier empfingen die Sensorsonden einen verschlüsselten Funkspruch und es öffnete sich der Übergang. Als der Übergang frei war, flog das Schiff hinein. Zwei Robotersonden folgten dem Schiff. Man hoffte, dass die Sonden so klein waren, dass sie nicht auffielen. Ihr Signal erlosch, als sich der Übergang schloss.

Zwei Stunden später öffnete sich erneut der Übergang und die Signale der Sonden wurden wieder empfangen. Hochkomprimierte Daten wurden gesendet, um die Übertragung schnell abzuschließen. In der kurzen Zeit drangen zwei der großen Torpedobomber durch den Übergang, um sich durch den Nebel auf die großen Kriegsschiffe der Tauri zu schleichen. Ehe der Übergang sich schloss, drangen auch die beiden Robotersonden zurück.

Diesmal waren die Kriegsschiffe allerdings vorbereitet, sie kannten ja die Positionen der Torpedobomber. Ein ganzes Jägergeschwader stürzte sich auf die beiden Bomber und, noch ehe sie ihre tödlichen Waffen abfeuern konnten, vergingen sie in zwei hellen Lichtbällen.

Erneut konnte man keine Insassen oder Raumschiffteile bergen.

Danach geschah zwei Wochen nichts am Übergang.

Die Dechiffrierabteilung der Pollux hatte sich die Codes für das Öffnen des Übergangs vorgenommen und verzweifelt versucht hinter das Geheimnis zu kommen. Am Ende mussten sie sich jedoch geschlagen geben. Diese Codierung war nicht zu knacken.

Auf Tauri, in der Kommandozentrale, kamen die Generäle zu einer erschreckenden Feststellung. Die fremden Angreifer waren ihnen in vielen Dingen deutlich überlegen. Jetzt hatten sie auch durch die letzten Scans erkennen müssen, dass sich der Übergang vergrößern konnte und somit auch deutlich größeren Schiffen den Einflug erlaubte.

Die Frage, die sich viele stellten, lautete: Was machen wir, wenn eine ganze Armada Angreifer durch den Übergang geschickt wird, mit vielen Schiffen, wie diesem pilzartigen Riesen-Zerstörer?

Hätte man überhaupt die Mittel, sich gegen solch eine Übermacht zu wehren.

Nach langen Überlegungen kamen die Generäle und Wissenschaftler zur Ansicht, dass nur eine gewaltige Sprengladung oberhalb des Übergangs sinnvoll sei. Diese würde beim ersten Eintreffen einer Armada gezündet und man erhoffte sich so, dass der Übergang blockiert würde.
Kritiker gaben dieser Version nur eine Chance von 50:50, denn wenn die Fremden ein einziges kleines Schiff vorschickten, um diese Sprengladung zu zünden, dann wäre die Falle zu früh losgegangen.

Schließlich beschlossen die höchsten und auch ältesten Generäle, eines der ausgemusterten Panzerschiffe aus der stillgelegten «Mottenkugelflotte» zu verwenden. In dieses gepanzerte Schiff würde man den Sprengsatz verbauen. Solch ein stark gepanzertes Schiff würde von keinem der kleinen Angreifer vernichtet werden können, dessen war man sich sicher.

Und so schleppte man die ausgediente Kataphobus, ein ausgedientes Schlachtschiff mit starker Panzerung, in den Nebel hinein, um sie oberhalb des Übergangs zu platzieren. Das Beladen mit brisantem Sprengstoff dauerte fast eine Woche.

Mit dieser gewaltigen Bombe über dem Übergang fühlten sich die alten Generäle jetzt deutlich sicherer.
An Bord der Pollux besprach der Forschungsrat die aktuellen Geschehnisse. Dieser Rat bestand aus dem Kapitän der Pollux, seinem Ersten Offizier Oberst Klinger, Major Neufrath, dem Abwehrchef, den Hauptmännern Esther Linotzu dem Ingenieur der Schiffstechnik, Zarrah Pauth von der Wissenschaftsabteilung und Oberleutnant Marlis Natrath von den Jagdgeschwadern.

Kapitän Tilume hatte die Besprechung eröffnet und die Themenpunkte festgelegt. Als sie diese Punkte der Reihe nach abgearbeitet hatten, kam es zum Punkt «Verschiedenes».
Marlis Natrath meldete sich jetzt zu Wort. Oberst Klinger gab sich leutselig und meinte nur, „gutes Kind, das ist ihr erster Tag im Forschungsrat, wir sind ja ganz gespannt, was in einem solchen jungen Kopf vorgeht.“
Kapitän Tilume nickte Marlis zu und sie begann.

„Ich danke ihnen allen, dass ich hier sein kann um mitzuhelfen uns alle weiterzubringen. Daher stelle ich ganz unverblümt die Frage, was unternehmen wir, wenn die Panzerbombe versagt und ein ganzes Geschwader voller Großkampfschiffe durch den Übergang kommt? Wie sieht unser Plan «B» aus. Haben wir solch ein Unglück überhaupt auf unserem Radar?“

Oberst Klinger schnappte hörbar nach Luft und wollte gerade aufspringen, als ihn Kapitän Tilume stoppte. „XO warten sie, die Frage von Oberleutnant Natrath ist berechtigt. Bisher gingen wir immer davon aus, stets zu gewinnen. Ich frage also in die Runde, was tun wir, wenn das nicht der Fall ist und wir hier im Nebel vernichtend geschlagen werden?“

Fünf Augenpaare schauten zu Marlis. Außer Oberst Klinger waren die restlichen interessiert und überlegten tatsächlich, was dann wäre. Nur Oberst Klinger konnte sich solch ein Szenarien einfach nicht vorstellen.

Major Neufrath begann schließlich. „Eigentlich müsste ich mich in die Situation der Angreifer hineindenken, was wollen sie hier. Wollen sie an unsere Ressourcen oder uns einfach vernichten. Wie auch immer, ihr Ziel wäre die Zerstörung unseres Lebensraumes. Da wir hier in dem Sonnensystem nur noch auf Tramis eine Atmosphäre vorfinden, wäre das unser einziger Ausweichplanet. Mehr sehe ich hier nicht. In andere Sonnensysteme kommen wir noch nicht.“

„Entschuldigen sie, aber soweit bin ich gedanklich noch nicht, die Vernichtung unseres Planeten und damit unseres Lebensraumes. Das darf nicht geschehen.“, warf Zarrah Pauth ein.

Ehe Marlis etwas antworten konnte, sprang Kapitän Tilume ein. „Ich denke nicht, dass das damit gemeint war, wir sollten uns viel mehr fragen, was wir heute bereits tun müssten, sollte es jemals so weit kommen. Denn eines ist klar, wenn wir überhaupt nicht vorbereitet sind, dann haben wir schlichtweg versagt und dann haben wir alle verloren.“

Jetzt sahen die anderen Mitglieder des Wissenschaftsrates Marlis’ Frage mit anderen Augen und besannen sich. Auch Oberst Klinger war wieder mit dabei und er war plötzlich sehr zugänglich geworden. Irgendwann trat er vor Marlis und lächelte sie ehrlich an. „Verzeihen sie Oberleutnant, ich hatte einfach nicht so weit geblickt, wie sie das bereits taten. Bitte entschuldigen sie mein Aufbrausen, das vom Kapitän ja gestoppt wurde.“

Marlis lächelte ihren XO an und meinte, „nur zusammen kommen wir alle weiter. Ich will meinen Planeten auch nicht verlieren, aber ich muss weiterdenken, auch wenn es weh tut.“

In der Folge kamen die Mitglieder zur Erkenntnis, dass man sich den dritten Planeten «Tramis» etwas genauer ansehen müsste. Die letzten gesicherten Untersuchungen waren über 500 Jahre her. Seither hatte man sich nicht mehr mit diesem jungen Planeten beschäftigt. Die letzten Einträge in der Datenbank verzeichneten noch behaarte Zweibeiner die in Bäumen kletterten.

Um allerdings eine Panik zu vermeiden, würde man nur eine kleine Korvette mit einer ebenso kleinen wissenschaftlichen Besatzung und wenig Militär besetzen und damit den Platen anfliegen. Die Lebensmittel sollten für bis zu einem halben Jahr reichen. Schnell waren sich die Ratsmitglieder einig, dass auch Marlis mit dabei sein sollte, hatte sie doch gerade erneut bewiesen, dass sie auch das Undenkbare erfassen konnte.

Das Flottenkommando gab dem Plan «grünes Licht» und stufte den Plan als geheim ein. Zwei Tage später begannen einige Leute im geheimen damit die kleine Korvette auszurüsten. Die schweren Waffen wurden ausgebaut. Im Inneren wurde ebenfalls Platz geschaffen, um genug Messgeräte und Material unterzubekommen. Mit ihren 50 Meter Länge war die kleine Korvette eine bessere Yacht. Als Namen wählte die Bordmannschaft den Namen einer uralten Forschergottheit und nannten das kleine Schiff «Terra».

Dazu kam alles, was man für einen «Abenteuerurlaub» zu benötigen glaubte. Nach und nach füllten sich die Lager des kleinen Schiffes. Die Ausstattung würde für bis zu einem halben Jahr reichen.

Die Besatzungsliste der «Terra» wurde im Wissenschaftsrat festgelegt.

Leitung: Oberleutnant Marlis Natrath, zugleich Co-Pilot
Pilot: Oberleutnant Sam Muana
Umwelt: Leutnant Gernroth Lisam
Energiewesen: Leutnant Ziggy Mantau

Das Wissenschaftlerteam wurde aus vier Paaren gebildet. Hier konnte Marlis überzeugen, dass ein Paar deutlich besser zusammenarbeiten könnte, als zwei Einzelgänger.

Hekkla und Mina Waturi, für Physik und Chemie.
Simion und Jaspe Pfalter für die Bereiche Biologie.
Helga und Kantar Pratsch, zwei Spezialisten für Überlebenstraining.
Sabin und Hilla Malstan, einem weiblichen Paar, für Flora Fauna und Umwelt.

Eine weitere Woche später war alles soweit und die kleine Korvette wurde heimlich losgeschickt. Ihr offizieller Auftrag lautete: Erforschung der Magnetfelder zwischen Tauri und Tramis. Ein Auftrag, der schon beim Lesen langweilig aussah und der garantiert zu keinen Fragen führte.

***

Auf dem Weg zu Tramis

Die Besatzung hatte ja einige Zeit um sich kennen zu lernen, so war das Verhältnis recht entspannt an Bord. Dass Marlis und Sam zusammen waren, hatte sich inzwischen herumgesprochen und die anderen Paare waren nicht nur nach ihren Fähigkeiten, sondern auch nach ihrem psychologischen Profil ausgesucht worden.

«Tramis» befand sich gegenwärtig auf der sonnenabgewandten Seite von «Tauri» und «Pelotau», so dauerte der Flug mehrere Tage. Im Funk wurden die Stimmen allmählich leiser, je näher sie auf die Sonne zuflogen, um sich in einem Swing-by Manöver genügend Geschwindigkeit zu verschaffen, womit der Flug zu Tramis sich erheblich verkürzen würde.

Die Zivilisten kannten ein solches Swing-by Manöver noch nicht und waren daher leicht angespannt. Die Verdunklung der Fenster war nötig, denn sie flogen recht nahe an die Sonne heran und die Energieschilde liefen auf voller Leistung. Nachdem das Beschleunigen nach zwei Stunden endlich vorbei war, atmeten alle auf.

„Sam, hier draußen ist so unglaublich viel Platz, die Leere ist so unfassbar groß, das ist schon beeindruckend.“
„Oh ja Marlis, im Funk und auf den Radarschirmen ist auch nichts los, wir haben einen angenehmen, aber langweiligen Flug vor uns.“
„Hilla, schau mal da vor uns seitlich auf neun Uhr, das ist unser Ziel, das ist «Tramis». Auf den treffen wir in wie viel Stunden Marlis?“
„Tja etwa neun Stunden werden es wohl noch werden, soviel Zeit haben wir, eigentlich optimal für ein kleines Schläfchen, der Autopilot hält die kleine «Terra» auf Kurs.“
„Ja, gute Idee, kann man etwas mehr abdunkeln, dann sehen wir die Sterne auch besser?“ Forderte Mina Waturi.

So flog die kleine Korvette unscheinbar durchs All. Der Autopilot hielt die Maschine auf Kurs und es würde in den nächsten neun Stunden keine Abwechslung geben. Hinter den Piloten kamen die ersten regelmäßigen Schnarch Geräusche und Sam lächelte seine Marlis an und hielt dabei ihre Hand.

***

Tramis

Nach gut acht Stunden war der dritte Planet «Tramis» sehr viel nähergekommen. Voller Wolken und Gewitterfronten erschien die Nordhalbkugel. Um den Äquator kreiste ein breites Wolkenband und in der südlichen Halbkugel sah es zumindest ab und an etwas ruhiger aus.

Die anderen Mitglieder waren auch alle wieder wach und betrachteten den Planeten über die großen Fenster oder über ihre Messgeräte und Bildschirme. Simion und Jaspe Pfalter waren bereits bei der Analyse der Atmosphäre. „Sieht gut aus, knapp 22% Sauerstoff, 78% Stickstoff, dazu einige andere Gase. Das kann geatmet werden.“ Las Jaspe vom Monitor ab und Simion ergänzte den Vortrag. „Es ist da unten relativ warm in der oberen Hälfte knapp 24 Grad und der unteren Hälfte drei Grad weniger, das erklärt auch die heftigen Stürme.“

Hilla Malstan schaute von ihren Monitoren auf. „Da unten hat es noch sehr viele Vulkane. Riesige sind kaum noch dabei, aber kleine Vulkane sind recht verbreitet.“
„Oh und es gibt Tiere da unten, ich erkenne in den Meeren große Wesen, was auch immer das ist, die sind über 40 Meter lang. An Land erkenne ich noch keine großen Tiere, die müssen also kleiner sein.“ Bestätigte Sabin Malstan.
„Unsere letzten Sonden haben vor einigen Jahren keinerlei Elektrizität verzeichnet, da unten leben die Menschen noch in den Anfängen ihrer Entwicklung.“ Warf Marlis dazwischen.
„Da diese großen Kontinente, die scheinen erst kürzlich auseinandergebrochen zu sein. Sie bewegen sich auseinander, das kann erst wenige Tausend Jahre her sein, als die zerbrachen.“
So ging das immer weiter, während die kleine Korvette den jungen Planeten überflog. Die Scanner zeichneten alles möglich auf und es war geplant in einigen Tagen diese Daten auszuwerten und auf die «Pollux» zu übertragen.

„Lasst und auf der Inselgruppe da vor uns landen, die sieht ruhig aus, keine Vulkane oder riesige Fleischfresser. Hat jemand andere Anzeigen?“ Fragte Marlis. Nachdem keine Einwände kamen, setzte die «Terra» auf einem freien Feld auf. Um sie herum waren leichte Erhebungen, einige kleinere Berge, viel Wald und Grünflächen mit steppenähnlichem Bewuchs.

„Folgendes, ich schalte den Schutzschirm in der kleinsten Stufe ein, wenn ihr den verlassen wollt, braucht ihr eure Transponder, nicht vergessen, sonst bekommt ihr einen Schlag, der sich sehen lassen kann.“
„Ist gut, wir denken daran, wir nehmen auch die Funkgeräte mit. Kanal 1 und 12 wenn es Störungen gibt. Waffen werden wir keine brauchen, denke ich.“

Hekkla und Mina Waturi sahen Marlis fragend an. „Können wir euch irgendwie helfen?“
„Ja gerne, wir bauen die vier Solarpanels auf, damit wir die Kiste wieder aufladen können. Die Gestänge müssen nach oben auf das Dach des Raumschiffs, die kommen seitlich herunter bis zum Boden und dann die Solarfolien aufziehen. Danke auch, alleine ist das eine Monster Arbeit.“

So wurde das Gestänge für die Solaranlage, die einem riesigen Regenschirm glich aufgebaut und sie bedeckte bald danach das Raumschiff. Als die Folie mit den Solarelementen über den Rahmen gezogen wurde, gab es den ersten Schatten, denn inzwischen war es doch merklich warm geworden. Schnell waren die Anschlüsse gelegt und frische, saubere Solarenergie floss in die Speicherbänke.

Jede Stunde kam eine Funkmeldung der Abenteurer mit den allerneusten Erkenntnissen über diese kleine Insel. Sie waren auf einem der Seitenarme gelandet, die kleine Inselgruppe hatte die Form mehrerer Kreise, die nach innen hin etwas höher wurden.

Das Messgerät zeigte 49 Meter über Wasser und seitlich waren es mindestens 500 Meter bis zum Ufer. Die Wellen des Meeres schienen ruhig zu sein. Und so baute die kleine Gruppe am Raumschiff das Lager auf. Im Laufe des Nachmittags kam dann Wind auf. Erst ein Leichter, dann stärker.
Am späteren Nachmittag kam die erste Schreckensmeldung über Funk. „Wir sind auf dem Rückweg, schaltet den Peiler ein, hier wirds neblig, wir sind noch etwa sieben Kilometer vom Camp entfernt und hinter uns kommt eine Wetterfront, ich weiß nicht, ob wir das am Boden aussitzen oder aufsteigen sollten.“
„Die Richtungsangaben reichten Mina aus, sie schaute sich die Bilder an und kam zurück. „Lasst uns lieber zusammenpacken, das schaut gar nicht gut aus, was da kommt. Hinter unseren Abenteurern kommt tatsächlich eine Sturmfront, aber eine die sich gewaschen hat.“
So schlugen die vier das Lager wieder ab. Inzwischen waren die Speicherbänke zu 87% gefüllt, das reichte aus. Eine Stunde später kam dann der Anruf der Außengruppe.
„Wir schaffen das nicht, könnt ihr uns abholen, ich sende Dauersignal und wir haben Licht dabei, beeilt euch, hier kommts dicke!“
An Bord der «Terra» machte sich die Besatzung auf einen Rettungseinsatz gefasst. Die Korvette hob ab und flog auf das nahe Funkfeuer zu. Hier regnete es bereits sehr stark. Als sie über dem erleuchteten Lager ankamen, waren die Forscher froh endlich ein Dach über dem Kopf zu haben.
„Habt ihr alles, fehlt noch etwas?“
„Nein alles Mann an Bord, alle Rucksäcke und Geräte dabei ihr könnt abheben.“
Die «Terra» hob ab und flog vor dem Unwetter davon.
„Merkt euch bitte die Koordinaten, das sah interessant aus, da würde ich gerne nochmal vorbei.“
Der Flug ging weiter. Da sie nicht in der Nachtregion landen wollten und monströsen Unwettern ausweichen gedachten suchten sie einen weiteren Platz für die Übernachtung. Einige Tausend Kilometer weiter kamen sie an ein Gebiet in Meeresnähe.
„Da unten, was ist das für ein riesiges Delta, da könnte man jede Menge Landwirtschaft betreiben.“
„Ja, schau da laufen auch Leute herum, die leben dort. Meinst du, die pflanzen bereits an, oder ziehen die noch über die Länder?“ Sam zeigte auf die Menschen am Boden.
„Na der schieren Anzahl der Hütten nach zu urteilen, ziehen die nicht mehr umher, die sind da schon weiter. Aber schaut mal, was das für eine Menge Leute sind.“
„527 sagt der Computer, das ist schon eine Menge Leute. Affen sind das aber keine mehr. Wann war hier zuletzt eine Sonde?“
„Moment,“ sagte Marlis und prüfte die Unterlagen. „Vor über Fünfhundert Jahren und da wurde vermerkt, dass da die Menschen in der Kulturstufe 1 leben. Das war damals definiert als Jäger, Sammler und Primaten.“
„Na seither hat sich hier einiges geändert. Steinbauten sehe ich aber noch nirgendwo.“

„Ja lass uns weiterfliegen, hier ist zu viel Gedränge.“
Sie flogen über eine Meerenge. Hier hatten sich die Kontinente schon getrennt, wenn man höher flog, waren die Küstenlinien noch gut zu sehen und wie das früher einmal gewesen sein mochte.

„Das da ist eine weite Ebene, kein Feuer, kein Licht, da leben wohl ausschließlich Tiere und die sind zwar groß, aber sie sehen gemütlich aus.“
Auf einer Anhöhe landete die «Terra». Von hier aus konnte mal ein riesiges Gebiet überblicken. Die Grasebene und Steppe war weitläufig und Scharen massiger Tiere mit einem gewaltigen Kopf und Brustteil liefen hier umher und grasten friedlich.

„Die können ja vor lauter Fell gar nichts sehen. Sind die gefährlich?“ Fragte Helga Pratsch. „Nein, die sehen eher aus wie reine Pflanzenfressen, ich vermisse hier die sonst üblichen Fleischfresser, da habe ich noch keinen gesehen.“ Antwortete Jaspe.
Hier übernachteten die jungen Forscher. Der Nachthimmel zeigt ein klares Sternenbild. Im Langstreckenfunk meldete sich die Zentrale der Pollux, und das Gespräch wurde an Kapitän Tilume weitergeleitet.

„Wie siehts da unten bei den Waldaffen aus, ist da noch alles friedlich?“
„Ja Kapitän, aber die Ära der Waldaffen ist offenbar vorbei. Inzwischen hüpfen die nicht mehr von Baum zu Baum, sondern die ersten Siedlungen entstehen. Es ist hier alles noch friedlich, wenn man von ein paar Dutzend Vulkanen einmal absieht.“
„Gut, führen sie die Messungen und Erkundungen durch und melden sie sich täglich einmal, gerne zur späteren Abendzeit. Tilume hier Ende.“
Marlis schaltete die Kommunikation ab. Über Nacht würden sie an Bord der «Terra» bleiben, so blieben sie vor Überraschungen geschützt.

***

Am frühen Morgen wurden sie durch den Annäherungsalarm geweckt. Aber das Radar zeigte im Umkreis von 800 km keine fremden Schiffe. Dann beim genauer hinsehen sahen sie, dass Alarm durch acht Menschen in wilder Bemalung ausgelöst wurde. Sie krochen um der «Terra» herum, machten aber keine Anzeichen des Angreifens. Stattdessen erhoben sie sich langsam und zielten mit ihren primitiven Holzbögen auf ein einsam grasendes Tier, das unterhalb der Anhöhe stand.

Von den acht Jägern trafen sieben das Tier, der achte Jäger trug eine Lanze und warf sie auf das arme Tier direkt in die Flanke. Das Tier brüllte auf und rannte mit den Pfeilen und der Lanze im Leib aus dem Sichtfeld der Besatzung.

„Was war denn das eben und wieso ist der Alarm nicht früher hochgegangen, diese acht Jäger waren bereits an der «Terra» die hätten sonst was anstellen können.“ Tobte Marlis herum und die anderen sahen sich verwundert um. Einige hatten noch gar nicht realisiert, was da gerade geschehen war.

Ehe sie die Schleuse öffneten, ließ Marlis sie kurz warten und scannte die Nahfeldumgebung ab. Da war kein Mensch oder Tier näher als 10 Meter um das Schiff. Als die Ersten ausgestiegen waren, fingen sie lauthals an zu lachen.
Sam und Marlis traten auch nach draußen und betrachteten, worüber die anderen lachten.
Ihr Raumschiff war bis in die Höhe von ca. zwei Meter über und über mit Symbolen und Farben bemalt worden. Neben der Schleuse lagen Pfeil und Bogen, sowie ein Federschmuck und in einem Lederbeutel fanden sie Wasser und Obst.
Beim genauer hinsehen erkannte sie auch, weshalb es keinen Alarm gegeben hatte. An den Geschenken befand sich kein Metall. Alles war gebunden oder mit Holzstückchen befestigt. Die Knoten hielten dennoch bombenfest.

Die Schleusentür schloss sich und da sahen sie, wie der Federschmuck zu tragen war, als Kopfschmuck mit den Federn nach oben, den Franzen nach vorne überhängend.
„Ich glaube, das war eine Abordnung junger Krieger, die wollten sich dem Unbekannten nähern und mit ihm zusammen das Wild jagen. Vermutlich eine Art Ritual, um den Übergang vom Kind zum Manne abzuschließen.“ Erklärte Helga Pratsch.

„Gut die nehmen wir besser einmal mit, wer weiß, wozu das noch einmal gut ist.“

„Na, dann lasst und einmal das Frühstück zubereiten, da müsste man ein Feuer machen können, ich freue mich auf heißen Kaffee und etwas aus der Notration.“

Der erste Versuch mit dem Feuer schlug fehl, eine mächtige Qualm Wolke stieg auf. Der nächste Versuch war etwas besser, aber noch immer brannte es nicht, dafür war die Qualm Wolke deutlich kleiner. Aber erst nach dem vierten Versuch brannte das Feuer und wenig später roch es nach köstlichem Kaffee.

„Kommt mal her und seht euch um.“ Sagte Sam und deutete auf den Berghang um sie herum. Von jedem dritten Hügel stiegen kleine Rauchwolken auf, eine große und drei kleine.

Jetzt begannen Sabin und Hilla laut zu lachen. „Das sind die Menschen, die hier leben, die grüßen uns mit diesen Rauchwolken, schaut überall erst eine große Schwarze, danach drei kleine.“

Nach dem Frühstück stiegen sie in die «Terra» und stiegen senkrecht nach oben, bis sie in einer Wolke verschwunden waren. Marlis flüsterte zu Sam „Was das wohl für Menschen waren, die dieses mächtige Tier gejagt haben. Gemerkt von denen habe ich nichts, die sind gut, wenn es um das verborgene Anschleichen geht. Das könnten gute Krieger werden.“
„Oh ja Schatz, die können einiges und wir sollten uns offener zeigen, aber auch die Sensoren umschalten, Metall ist hier wohl noch nicht überall verbreitet.“
Und so scannte und prüfte die kleine Gruppe auf dem Planeten «Tramis» weiter und erforschte ihn nach und nach. Am Abend gab Marlis den aktuellen Status an die Pollux weiter und man verabschiedete sich bis morgen.

***

Währenddessen

Am Morgen begann der Dienst auf der Pollux ganz normal. Der Wachoffizier berichtete Kapitän Tilume, was es diese Nacht für Vorfälle gegeben hatte. Als Nächstes ging es zur Tagesbesprechung. Hier wurden alle anderen Status eingeholt. Noch während die Berichte über die Flotte eintrafen, ging der Alarm hoch. Es gab Aktivitäten am Übergang.

Die Fregatten, die am Übergang Position bezogen hatten, meldeten, dass sich der Übergang immer weiter öffnete. „Zentrale der Ereignishorizont hat inzwischen einen Durchmesser von fast 250 Meter und er wächst immer noch. Wir messen hier Energiewerte, wie wir sie uns nicht erklären können.“

„Verstanden, halten Sie Abstand, wer weiß, was da durch den Übergang kommt. Machen sich auf jeden Fall feuerbereit, das gilt für die ganze Flotte.“

Ab und zu schienen kleine Sonden durch den Übergang zu gelangen, sie schwirrten umher und prüften, wer oder was alles den Übergang bewachte.
Danach schwirrten gleich fünf der kleinen Sonden durch den Übergang und verteilten sich am Kopf des alten gepanzerten Raumschiffs. Als Nächstes schoss ein Lichtstrahl durch den Übergang und illuminierte den alten Panzerraumer für einen Moment. Danach erlosch der Strahl wieder.
Was dann kam, hatten die Kapitäne noch nicht gesehen, es sah aus, als griffen fünf riesige Fangarme eines mächtigen Weltraumtintenfisches sich den Panzerraumer und zogen ihn unaufhaltsam auf den Übergang zu. Dabei wurde der Zug schneller und schneller.
Die Kapitäne der Wachkreuzer schossen bereits auf die Fangarme, aber es gab keinerlei Reaktion, Diese Fangarme waren geschützt.
Nachdem der ganze mit einer gewaltigen Sprengladung versehene Panzerraumer verschwunden war, verkleinerte sich der Übergang wieder auf Normalgröße und schließlich erlosch das Licht. Der Übergang war geschlossen und das Panzerraumschiff mit der Monsterbombe fehlte.

***

General Treiblitz, der das Kommando über alle Streitkräfte hatte, schrie Kapitän Tilume durch das Visiophone an. „Was meine sie damit, die Fremden haben sich den verminten Panzerkreuzer geschnappt?“

„Na, der Übergang öffnet sich und wurde riesengroß, mächtige Fangarme schossen durch den Übergang, schnappten sich den Panzerraumer und zogen ihn durch den Übergang. Einfach so!“

„Wieso hat denn niemand auf diese Fangarme geschossen?“

„General, die Wächterflotte hat mit allem geschossen, was sie hatte, ohne irgendeine Reaktion. Diese Fangarme, oder was auch immer das war, die waren gepanzert oder von mächtigen Schutzschirmen geschützt.“

„Blödsinn, sie hätten mit mehr Effizienz drauf schießen müssen.“

„Herr General, die Pollux war außer Schussreichweite, wie sie selbst befohlen hatten.“

„Ja stimmt, dann hätten sie irgendetwas anderes unternehmen müssen. Das ist unverzeihlich. Generalstab Ende!“

Kapitän Tilume beendete die Verbindung und sah zu seinen Offizieren. Die schüttelten nur ihre Köpfe. Einer der ältesten Kapitäne flüsterte Tilume zu. „Dieser alte Eisenfresser sitzt in seinem Polstersessel und verlangt von uns hier draußen, dass wir zaubern.“

Kapitän Tilume lächelte sein Gegenüber an und meinte nur, mit einem leichten Grinsen im Gesicht „Deswegen ist er General und ich nicht.“

Ganz aufgeregt kam der Adjutant von Kapitän Tilume in den Besprechungssaal gerannt. „Herr Kapitän, die Crypto Abteilung ist sich jetzt sicher, dass sie den Code zum Öffnen des Übergangs hat.“

Tilume schaute in die Runde der Offiziere und rief ihnen zu: „Wir haben den Code für den Übergang. Besprechung in fünf Minuten, sagen sie es den anderen!“

***

In der Besprechung ging es schon heiß her, als Kapitän Tilume den Raum betrat wurde es sofort leiser. Er ging an das Kopfende und bat die Anwesenden, Platz zu nehmen.

„Meine Damen und Herren, wir haben den Code für den Übergang und er funktioniert, ein Tiger Team hat ihn getestet. Meine Frage an sie lautet nun, was machen wir als Nächstes. Wir wissen nicht wohin der Übergang führt. In eine andere Milchstraße oder gar eine andere Galaxis, wir wissen es einfach nicht.“

„Wir schicken ein Schiff durch mit einem ultrastarken Sender!“, schlug einer vor aber Tilume schüttelte den Kopf. „Und dann? Wenn das Schiff an Ende unserer Milchstraße herauskommt, dann dauert die Übertragung viele hundert Jahre. Kommt das Schiff aber in einer anderen Galaxie heraus …“, Tilume musste nicht weiterreden.

„Kapitän, dann haben wir keine Möglichkeit, nicht einmal einen Hauch einer Möglichkeit festzustellen, wo das andere Ende ist.“
„Sehen sie meine Damen und Herren, hier kann ich sie beruhigen, einen Hauch haben wir durchaus. Als der Panzerraumer mit der übergroßen Sprengladung hier platziert wurde, da ließ ich einen Mechanismus einbauen, der die Sprengung auslöst, und zwar dann, wenn die Zeit abgelaufen ist und es keine Verlängerung gab. Bisher haben wir jede Stunde das Signal gesendet, das blieb diesmal aber aus. Die Frist ist jetzt in den nächsten Minuten verstrichen. Wir haben so immerhin eine kleine Chance zu erfahren, wo der andere Übergang endet, solange er nicht gerade Lichtjahre weiter entfernt ist.
Allerdings erwarte ich kein messbares Signal, ich vermute, das andere Ende ist viel weiter weg, als wir es uns denken können.
Dennoch sind die Sensoren und Teleskope in diesem Moment in den Sternenhimmel gerichtet, in der Hoffnung doch etwas zu erkennen.“

„Und weshalb sind wir jetzt hier versammelt?“ Fragte Kapitän Ires Tabul, vom Kreuzer Antares.
„Ganz einfach“, antwortete Major Neufrath, der Abwehrchef der Kampfgruppe. „Wir öffnen den Übergang und senden eine Kampfgruppe hindurch. Wir rechnen fest damit, dass auf der anderen Seite eine Art Energiequelle existiert, die beide Übergänge mit Energie versorgt. Fragen sie mich nicht, wie das geht, aber unsere Wissenschaftler gehen davon aus, dass das so ist.“

„Und was dann Major Neufrath, was soll die Kampfgruppe dort machen?“
„Die Kampfgruppe hat den Auftrag die Energiequelle auszuschalten und wieder heimzukommen.“

„Das ist alles? Das klingt aber eher nach einem Spiel mit ein oder zwei Haken.“

„Sie haben es erfasst. Die Sache hat zwei Haken. Erstens, wir wissen nicht, ob wir die Energiequelle ausschalten können und zweitens wissen wir nicht, ab der Code auch auf der anderen Seite funktioniert. Das ist, wenn es schiefläuft, eine Reise ohne Rückfahrkarte.“

Eine Weile war nur leises Gemurmel im Raum zu hören. Schließlich stand einer der älteren Kapitäne auf. „An was für eine Kampfgruppe dachten sie dabei?“
Kapitän Tilume nickte dem Kapitän zu, der setzte sich wieder. „Also wir dachten an die folgende Zusammenstellung:

Zwei Schlachtkreuzer der Puthaar Klasse,
vier Kreuzer der Exeter Klasse,
zwei Versorger der Amole Klasse und
Ein Forschungsschiff der Explorerklasse.“

„Das sind über 6.750 Mann Besatzung, die sie ins Unbekannte entsenden wollen, mit der Möglichkeit, nie mehr zurückzukommen. Ist ihnen das eigentlich klar Kapitän?“
„Das ist mir durchaus klar, deswegen sitzen wir ja auch hier. Ich möchte von ihnen bessere Vorschläge hören als den von mir. Also nun sind sie dran. Was ist die Alternative?“

Ab da herrschte Stillschweigen in dem Saal. Keiner der Kapitäne hatte eine Idee, wie man etwas so Unfassbares anpacken sollte. Als nach einer halben Stunde nur leises Gemurmel zu hören war, wollte Kapitän Tilume gerade fortfahren, als sein junger Leutnant in den Saal gelaufen kam.

„Kapitän, der Übergang, da tut sich wieder etwas, er öffnet sich!“ Im gleichen Moment ging der Alarm hoch.
„Gerettet vom Krieg, wie selten kommt das wohl vor Major Neufrath?“, sagte er, da liefen sie bereits in die Zentrale.

***

Überraschung

Am Übergang in dem Nebel tat sich tatsächlich etwas, die Öffnung wuchs und wuchs, inzwischen hatte sie bereits den Durchmesser von über 500 Metern erreicht und wuchs immer noch.

Auf den Schiffen und im gesamten System wurde der Generalalarm ausgelöst. Sämtliche Schiffe um den Nebel wurden an den Übergang befohlen, sie hatten den Auftrag, alles was kommt sofort unter Feuer zu nehmen. Jetzt hatten sich 14 Kreuzer, 10 Zerstörer, 21 leichte Kreuzer und drei Schlachtschiffe hier versammelt. Lediglich die mächtige Pollux und zwei Versorger hatten Befehl vom Übergang fern zu bleiben.

Aus dem Übergang erschien ein helles Leuchten und danach schob sich langsam ein illuminiertes rabenschwarzes Schiff, das in starke Schutzschirme gehüllt war durch den Übergang. Die Schiffe eröffneten das Feuer auf das schwarze Schiff, das durch die vielen Treffer zu leuchten begann.
Keiner der Soldaten bemerkte, dass sich der Übergang inzwischen wieder geschlossen hatte.
An Bord der Pollux schauten die Offiziere in das Leuchten des beschossenen Schiffes. Kapitän Tilume war der Erste, dem etwas auffiel.
„Verdammt, das ist unsere eigene Panzerbombe. Das ist eine Falle, die sollen sofort aufhören zu feuern!“

Auf den Bildschirmen sah man, wie das Leuchten der Energieschirme erlosch. Einen Moment später schossen alle Schiffe Salve auf das schwarze Schiff.

Noch ehe der Befehl von Kapitän Tilume ankam, gab es am Übergang einen riesigen, grellen Blitz, der die halbe Wolke zum Leuchten brachte. Die Schockwelle, die darauffolgte, riss alles entzwei, was in der Nähe des Übergangs war und blies fast den halben Nebel auseinander.

Überall trieben brennende und explodierende Raumschifftrümmer umher. Das ganze Geschwader, das den Übergang sichern sollte, war auf einen Schlag mit der eigenen Panzerbombe vernichtet worden.

Drei Schlachtschiffe, 14 Kreuzer, 21 leichte Kreuzer und 10 Zerstörer waren dabei auf einen Schlag vernichtet worden. Die eigene Sprengladung hätte diese Sprengwirkung niemals gehabt, also hatten die Fremden hier mit einer eigenen, stärkeren Sprengladung etwas «nachgeholfen».

***

Sie kommen.

Erneut öffnete sich der Übergang und er wurde größer und größer. Bei etwa 400 Metern wurde er nicht mehr größer, dafür begann er heller zu leuchten.

Aus dem Übergang flogen ganze Scharen kleiner Jäger und kleinere Angreifer Schiffe, es folgten fast einhundert mittelschwere Kampfraumer und weitere Scharen von Korvetten unterschiedlicher Größe. Dazwischen immer wieder hunderterweise Jäger. Diese ersten Schiffe schossen auf alles, was sich am Übergang befand. Am Ende flogen sogar vier der pilzartigen Megakampfschiffe ein, gefolgt von einem monströsen Ungetüm, einem Mutterschiff von fast zwei Kilometer Länge. Den Abschluss bildeten erneut kleinere Angreifer Schiffe und eine weitere Schaar mit über 500 Jägern.

Der Übergang wurde kleiner, blieb aber bei etwa 50 Meter und verharrte bei der Größe. Immer wieder folgen kleinere Schiffe hindurch, einige kamen, andere flogen zurück.

Kapitän Tilume schaute auf die Armada der Angreifer und wusste, dass dies sein Ende bedeutete. Sein Kreuzer hatte inzwischen alle Schutzschirme hochgefahren und sich von den beiden Versorgern gelöst. Bis die Heimatflotte hier ankommen würde, vergingen Stunden, das war Tilume klar und ob die gesamte Heimatflotte gegen diese Armada eine Chance hatte, wagte er nicht auszurechnen.

Sämtliche Jäger der «Pollux» wurden gestartet. So flog auch die «Tango» Gruppe hinaus und kämpfte tapfer gegen einen übermächtigen Feind. Die «Tango» Gruppe schoss unglaublich viele der fremden Jäger ab. Es war ein Verhältnis von 18:1, aber am Ende war es die erdrückende Übermacht der Fremden, die siegreich war. Gruppe für Gruppe der tapferen Jäger der «Pollux» wurden von den Hundertschaften fremder Jäger angegriffen und am Ende vernichtet.

Kapitän Tilume schaute auf die Anzeiger der Schiffe, die im Einsatz waren. Aber die Anzeigen wechselten mehr und mehr von «Grün» auf «Rot».

Er griff zum Steuerungspult und setzte einen längst vorbereiteten Funkspruch ab, den jeder empfangen sollte und konnte.

„Hier spricht Kapitän Manitau Tilume an Bord der Pollux. Übermächtige feindliche Kräfte haben unser Sonnensystem überfallen und greifen uns auf breiter Front an. Versuchen sie sich in entlegene Gebiete und Stationen zu retten. Ob die Menschheit diesen Tag lebendig überstehen wird, wage ich zu bezweifeln. Mögen ihre Götter bei ihnen sein. Leben sie wohl.“

Das mächtige Mutterschiff der Fremden hatte am Bug ebenfalls eine pilzartige Verdickung. Die vier anderen Großkampfschiffe formierten sich zu einem Quadrat um das Hauptschiff. Kapitän Tilume befahl den Angriff auf das erste der Großkampfschiffe, da wurde die Pollux vom Lichtstrahl des zentralen Schiffes erfasst und einen Moment später schossen fünf gebündelte Strahlen auf die Pollux zu.

Die stolze Pollux verging in einem gewaltigen hellen Leuchten.

Danach begann das Schlachten im Sonnensystem.

Die Angreifer Flotte kannte keine Gnade. Alle Schiffe, die sich ihnen stellten, wurden zerstört. Jene; die versuchten zu fliehen, wurden Opfer der Jäger. Selbst die kleinen Shuttles wurden beschossen, bis sie im Feuer vergingen. Die Angreifer flogen direkt zum Planeten «Tauri» und bezogen dort Position. Alle Kampfsonden wurden bis auf die letzte zerstört.

Der Kampf mit der Heimatflotte dauerte nur wenige Stunden, dann gab es keine Heimatflotte mehr. Jetzt im Angesicht des sicheren Sieges dockten die vier Pilzraumer seitlich an dem übergroßen Mutterschiff an und verbanden sich zu einem übergroßen Schiff.

Langsam schienen sich die vier Großkampfschiffe in Pilz Form aufzuladen und die gesamte Energie in das Mutterschiff zu transferieren. Danach war es soweit. Der Lichtstrahl des Mutterschiffes leuchtete auf und er beleuchtete das obere Drittel des Planeten «Tauri».

Als der vernichtende Strahl auf dem Planeten einschlug, schien die ganze Welt zu erzittern und leuchtete für einen Moment auf. Eine riesige Kerbe wurde in den Planetenmantel geschlagen, eine Schlucht wurde dabei aufgerissen und der Lichtstrahl schien sich direkt in den Planetenkern zu fressen. Unglaubliche Mengen des Planetenmantels trieben bereits umher und fielen brennend auf den Planeten hernieder. Da wo sie trafen, endete alles Leben. Wenn einem ein Berg auf den Kopf fällt, dann gibt es keine Überlebenschance.

Aber dann, auf einmal war alles vorbei. Die vier Großkampfschiffe trennten sich wieder von dem Mutterschiff und flogen die Weltraumstationen an. Während eine nach der anderen vernichtet wurde, begann auf der Heimatwelt das große Sterben.

Der Volltreffer hatte den einst flüssigen Planetenkern offengelegt und dabei entmagnetisiert. Der Kern erkaltete in rasanter Geschwindigkeit. «Tauri» erhielt durch den Treffer des Mutterschiffes einen Drall und begann leicht auf seiner Umlaufbahn zu eiern. Dies löste planetenweit gigantische Erdbeben aus.

Durch das fehlende Magnetfeld fehlte der Schutz vor den Milliarden Trümmerteilen, die brennend auf «Taurie» einschlugen und nach und nach alles in Brand setzten. Das schlimmste aber war einerseits, dass die kosmische Strahlung nun ungeschützt auf «Tauri» gelangte, andererseits dass die Atmosphäre nicht mehr gehalten werden konnte. Damit stand den Bewohnern, die bis jetzt überlebt hatten, ein grauenhafter, langsamer Tod bevor.

***

Zwei Tage danach

Die riesige Flotte der Angreifer hatte sich zurückgezogen, nachdem auch alle Raumstationen auf den Monden zerstört wurden. Lediglich die unscheinbare Welt Tramis blieb verschont, weil man hier keine verräterische Technik fand. Die Fremden interessierten sich nicht für Jäger und Sammler, sie wollte Weltraumkulturen zerstören und sich so zukünftiger Konkurrenten frühzeitig und final entledigen.

«Tauri» starb langsam und gnadenlos ab. Stürme tobten und mächtige Feuer liefen um den Planeten. Die Atmosphäre wurde dünner und dünner und es wurde rasch deutlich kälter. Das einst so blaue Angesicht dieser herrlichen Welt wandelte sich binnen weniger Tage in ein trostloses, brennendes Angesicht des Todes. Mit den Menschen starben nach und nach die Tiere und danach die gesamte Natur. Die Meere schienen zu verschwinden, ob unter dem Staub oder auf andere Weise war egal.

Der große Nebel zwischen «Pelotau» und den anderen Planeten hatte sich seit der Explosion der Panzerbombe fast vollständig aufgelöst. Damit erlosch auch der Übergang in eine fremde Welt für immer. Der Übergang brauchte einen Nebel um funktionieren zu können.

Das Sonnensystem hatte ein Licht verloren. Der freundliche Planet «Tauri» war zur toten Welt geworden.

***

Mitten in der Nacht war der Alarm an Bord der «Terra» losgegangen. Aus den Lautsprechern hallte der Funkspruch von Kapitän Tilume.

„Hier spricht Kapitän Manitau Tilume an Bord der Pollux. Übermächtige feindliche Kräfte haben unser Sonnensystem überfallen und greifen uns auf breiter Front an. Versuchen sie sich in entlegene Gebiete und Stationen zu retten. Ob die Menschheit diesen Tag lebendig überstehen wird, wage ich zu bezweifeln. Mögen ihre Götter bei ihnen sein. Leben sie wohl.“

Mit dem letzten Rauschen starrten die Insassen des kleinen Schiffes in den nächtlichen Himmel. Zwischen «Tauri» und dem großen Nebelfeld blitzte es einmal grell auf. Danach folgten viele kleine Blitze und Lichter leuchteten und vergingen wieder.

Sam und Marlis sprangen auf die Pilotensitze und starteten die Triebwerke.
„Wie schaut es bei euch aus, habt ihr noch etwas draußen, wir starten in einer Minute.“
Erschrocken schnallten sich die Mitglieder der kleinen Expedition an und schauten sich fragend an. „Ist das da wirklich passiert?“
„Das da, was ihr eben gehört habe, das passiert gerade, die Menschheit stirbt gerade.“
Das kleine Schiff flog aus der Nachtzone in einen Bereich mit Tageslicht. „Wir müssen ein Versteck für das Schiff finden, wo wir es einige Tage aushalten können. Sicherlich werden die Fremden alle Monde und Planeten anfliegen und wehe, sie können uns orten, dann sind wir geliefert.“

In einem Gebiet das eine mächtige Gebirgswand hatte, fanden sie schließlich eine natürliche Höhle von fast 50 Meter im Durchmesser. Hier flog die kleine Korvette so tief hinein wie möglich, suchte eine Landemöglichkeit, drehte sich in Fluchtrichtung und setzte schließlich auf.
Mit einem leisen Summen liefen die Schiffsgeneratoren aus.

„Und jetzt, was machen wir jetzt?“

„Wir erkunden diese Höhle. Diesmal nehmen wir aber Waffen mit, wir können kein Risiko eingehen. Unser Schiff verschließen wir. Die Schutzschirme müssen wir aber ausgeschaltet lassen, die ortet man sofort.“

„Die Funkgeräte nehmen wir mit, schalten sie aber auf niedrigste Leistung und wir nehmen nur die unteren Funkbänder, sicher ist sicher. Kanal 1 und 10 als Backup.“
„Ich empfehle Vierer Gruppen.“ Schlug Jaspe Pfalter vor. „So können wir mehrere Bereiche abdecken und sind genug, sollte etwas geschehen.“

Schnell waren die drei Gruppen gebildet.

Marlis und Sam, dazu Sabin und Hilla Malstan als Gruppe 1.

Gernroth Lisam und Ziggy Mantau, dazu Hekkla und Mina Waturi als Gruppe 2.

Simion und Jaspe Pfalter, Helga und Kantar Pratsch als die Gruppe 3.

„Wir haben drei Bereiche zu erkunden. Den Einstieg der Höhle, dann da oben, wo das Licht herkommt und schließlich da drüben den Bereich, dort scheint es Wasser zu geben.“ Gab Helga Pratsch vor. „Bitte passt auf, hier müssten andere Tiere leben und auch vor anderen Menschen solltet ihr euch zurückhalten.“
Kantar Pratsch ließ noch die Ausrüstung überprüfen und auch die Waffen kontrollieren, ob sie geladen, aber gesichert waren.
Gruppe 1 nahm sich den Eingang vor, sie wollten einige passive Sensoren aufstellen.
Gruppe 2 verfolgte die seitlichen Wasserspuren.
Gruppe 3 hatte sich vorgenommen, nach oben zu gehen.

***

Gruppe 2 war in der mächtigen Höhle unterwegs, noch gab es Tageslicht, das in die Höhle fiel, aber in ein oder zwei Stunden würde es auch hier Nacht werden.
„OK Taschenlampen an, die Puffer reichen locker eine Woche und passt auf.“ Ermahnte Ziggy seine Kollegen in der Gruppe.

Gernroth hatte die Hand an der Waffe und mit der Zweiten leuchtete er in die Höhle.
„Ich glaube, da vorne ist etwas.“ Flüsterte Mina zu Hekkla. Gernroth zog seine Waffe.
Aus einer seitlichen Höhle sprang ein massiger Bär auf sie zu. Der Bär war gute drei Meter groß und wollte gerade mit seiner Tatze die Frauen zerfleischen, da schoss Gernroth und der Bär fiel wie ein gefällter Baum zu Boden.

„Vorsicht, nicht dass wir ein Nest gefunden haben, das wäre schlimm, also passt auf.“
Gernroth betrachtete den Bären. Seine Augen waren geschlossen, die Zähne verschlissen, ein Backenzahn abgebrochen und die Krallen der Tatzen sahen auch sehr verbraucht aus.
„Das war ein altes Tier, vermutlich ein Einzelgänger.“ Mutmaßte er.

Sie gingen weiter und fanden das Lager des Bären. Hier lagen Blätter, Heu und Stroh, oder was das auch immer war. Weitere Tiere fanden sie aber nicht. Dafür fanden sie eine Quelle, die aus einem Spalt im Berg lief.
Der Sensor prüfte das Wasser und leuchtete grün. „Trinkwasser!“ Freute sich Ziggy und nahm eine Handvoll. „Hmmm herrlich frisches Wasser. Leute, wir werden hier jedenfalls nicht verdursten.“

***

Gruppe 3 kam gut in der Höhle voran. Vor oben kam tatsächlich etwas Licht und das machte das Klettern einfacher. Auf ihrem Weg nach oben untersuchten jede kleine Nische oder Nebenhöhle, soweit sie hineinleuchten konnten.

Als sie die Anhöhe in der Höhle hinter sich gebracht hatten, erkannte sie, dass hier oben Menschen lebten, es brannten Feuer und etwa sieben bis acht Lager waren zu erkennen.

„Vorsicht, die können noch da sein und uns auflauern.“ Sagte Helga und Kantar griff bereits zu seiner Waffe.
Brüllend sprangen ihnen einige Menschen in den Weg. Sie trugen einfache Felle und einige schlecht geschneiderte Hosen. Bewaffnet waren sie mit Messern und bösartig aussehenden Speeren.

Jaspe verstellte ihre Taschenlampe und ein Stroboskop Blitzgewitter ging auf die Menschen los, die sich sofort zu Boden warfen. Jaspe stoppte den Blitz und die verängstigten Menschen schauten sie mit großen Augen an.

„Hier Gruppe 3, wir sind auf eine Art Höhlenmenschen gestoßen, keine Gefahr.“ Gab Kantar durch.

Nach und nach kamen immer mehr der Bewohner in ihre Höhle zurück. Jetzt erkannten auch Jaspe und Kantar, dass die wenigsten mit Fellen herumliefen, die meisten trugen bereits richtig genähte Kleidung mit Stiefeln aus Fell oder Leder.

Im hinteren Teil der Wohn Höhle waren die Feuer erloschen, oder gelöscht worden. Jetzt begannen die Menschen der Höhle wieder damit Feuer zu machen, das ging überraschend schnell. Etwas grün-graues getrocknetes Flechtenartiges Kraut, dazu ein Stein, der über eine schwarze Muschel gerieben wurde.

Ein Funkenregen fiel auf das trockne Kraut und bereits beim zweiten Versuch brannte das Feuer wieder.

„Das hatte ich mir unter Höhlenmenschen aber anders vorgestellt.“ Meinte Simion.
„Offenbar sind das keine reinen Höhlenmenschen mehr, entweder sind sie sehr arm oder sie nutzen das hier nur als Unterkunft, was will der dir sagen?“

Einer der hochgewachsenen Männer stand vor Jaspe und deutete ihm an, ihn zu begleiten. Die kleine Gruppe folgte Jaspe und der hochgewachsene führte sie durch die Höhle, an zwei Abbiegungen vorbei in einen beleuchteten Kuppelbau. Von hier war also das Leuchten gekommen.

In der Mitte befand sich ein hellbrennendes Feuer, in das langsam etwas Zähflüssiges aus einer oberhalb des Feuers hängenden Lederflasche hineintropfte. Was da auch immer tropfte, es verbrannte rußfrei und das Leuchten war angenehm, wenngleich es die Kuppel nicht erwärmen konnte.

Sie gingen weiter und kamen am oberen Rand der Höhle heraus. Der Sternenhimmel war klar, aber überall blitzten kleine Lichter auf. Jetzt gab der Hochgewachsene der Gruppe 3 zu verstehen, dass sie Menschen der Höhle aufgeregt waren, sie wussten wohl nicht, was da draußen geschah, aber sie erkannten den Unterschied zum gewöhnlichen Sternenhimmel.

Jasper schaute die Menschen an. „Ja ihr lieben Höhlenmenschen, auch ihr merkt, dass da etwas geschieht. Wenn ich euch doch nur klarmachen könnte, dass da draußen gerade eine Zivilisation untergeht.“

Der Hochgewachsene verstand zwar nicht, was man ihm sagen wollte, aber er erkannte, dass dieses Blitzen und Leuchten nicht gut waren. Als er wieder mit den Händen auf Tauri deutete, da leuchtete der ganze Planet auf, um kurz danach zu verblassen. Irgendwie erschien der Planet jetzt dunkler.

„Was ist da oben geschehen, das war doch eben «Tauri», was haben die getan?“ Fragte Jasper.
„Ich befürchte das schlimmste, lasst uns sofort von hier oben verschwinden.“ Gab Helga an und lief bereits voran. Die anderen folgten ihr.
In der Höhle nahm Helga das Funkgerät. „Hier Gruppe 3 mit den Höhlenmenschen ist alles ok, hier gibt es einen Durchgang nach draußen und gerade eben haben die Fremden «Tauri» beschossen. Der ganze Planet hat geleuchtet. Ich befürchte, die haben unsere Leute vernichtet.“

„Verstanden.“ Kam von Sam zurück. Sein Gesicht war blass, als er die Neuigkeit den anderen erzählte.

***

Unterdessen war Gruppe 1 am Höhleneingang angekommen. Hier zeigte sich der Nachthimmel mit einem seltsamen Glitzern. Marlis nahm Sam bei der Hand und drückte sie fest an sich. „Da schau, jedes Blinken entspricht einem unserer Raumschiffe, das gerade vernichtet wird.“ Sam sah sie an und nickte ganz leicht. „Und wir sind hier auf dem kleinen Planeten und können absolut nichts dagegen unternehmen.“
Nun kamen Sabin und Hilla zu ihnen und betrachteten auch das grässliche Schauspiel.

„Da oben sterben unsere Freunde, was wollen diese Fremden nur von uns, wir haben ihnen doch nichts getan?“
„Lasst uns unsere Sensoren und Messgeräte aufstellen und dann nichts wie weg. Früher oder später taucht einer ihrer Scouts auf und wehe er findet uns.“ Sagte Marlis und nahm das Funkgerät.
„Hier Gruppe 1, wir kommen zurück zum Schiff, Ende.“

Zurück beim Sammelpunkt besprachen sie, was sie gesehen hatten.
„Die Fremden haben unseren Planeten beschossen, da gab es ein Leuchten und ganz «Tauri» schien kurz danach zu brennen.“
Marlis stand auf und trat in die Mitte. Sie stellte ihre Handlaterne auf den Boden ab. „Lasst uns zusammen an unsere Freunde und Familien denken, die da draußen sterben oder bereits gestorben sind. Lasst uns die schönsten Momente in Erinnerung behalten und uns ewig an sie denken.“

Die zwölf standen beisammen und bildeten einen Kreis mit ihren Händen. So blieben sie eine Weile stehen. In ihrer Mitte leuchtete die Laterne und sie schien allen etwas Kraft spenden zu wollen.

Hinter ihnen tat sich plötzlich etwas. Einige der Menschen aus der Höhle kamen näher und versuchten mit einer unbekannten Sprache mit ihnen zu reden. Sie trugen zwei Körbe mit Früchten und zwei Männer hatten ein halbes gebratenes Tier geschultert. Wieder war es der Hochgewachsene, der langsam auf sie zukam und ihnen klarmachte, dass das Geschenke für die neuen Ankömmlinge waren. Einige Frauen trugen Holz herbei und stapelten es zu einer Feuerstelle.
„Die glauben tatsächlich, wir könnten kein Feuer machen.“ Bemerkte Simion und Jaspe ergänzte. „Kein Wunder, wir haben ja bisher nur unsere Lampen angehabt. Das was die da tun ist zumindest logisch.“

Schnell hatten die Menschen zusammen das Feuer entfacht und wenig später drehte sich der Braten bereits über der Feuerstelle.
Der Hochgewachsene verabschiedete sich von den neuen Besuchern und sie verschwanden in der oberen Höhle.
„Ich glaube, wir haben die ersten Freunde gefunden. Lasst uns ihre Gaben annehmen und uns stärken, das scheint anders zu schmecken als unsere Notrationen.“ Vermutete Sam und er behielt Recht.

Ehe das Feuer ausging, legte Kantar einen der Energieriegel für das Funkgerät in die Flammen. „Das dürfte das Feuer für die nächsten 10 Stunden versorgen. Das lehrt man die heutigen Kadetten nicht mehr auf der Schule, das ist Pfadfinder-Zauberei.“ Dabei lachte er ein wenig und erkannte, dass das Pfade finden, jetzt auch vorbei war.

Für die Nacht wurde eine Wache aufgestellt. Geschlafen wurde in der kleinen Korvette «Terra». Die Betten waren deutlich weicher als der harte Steinboden. Außerdem gab es eine Schleuse.
Die Nacht verlief jedoch ruhig, allenfalls wunderten sich einige der Höhlenbewohner, dass das bisschen Holz, das sie mitgebracht hatten, so lange brannte.

***

Am Tag darauf überflogen mehrere Kreuzer der Fremden «Tramis», sie suchten Technologie, aber sie fanden keine und ließen den Planeten in Ruhe. Da es ja keine Feinde auf dem unterentwickelten Planeten gab, war er uninteressant. Das unterentwickelte Leben erkannten die Fremden nicht einmal als richtiges Leben.

Am Abend suchten die Freunde den Nachthimmel ab, aber es gab kein neueres Leuchten, die Schlacht war offenbar vorbei und die Menschheit hatte den Krieg verloren.

Auch am darauffolgenden Abend blieb der Himmel friedlich. Daher verabschiedeten sich die Erforscher am Morgen danach von ihren neuen Freunden und bestiegen die «Terra», ihre kleine Korvette, die ihnen inzwischen mehr als nur ans Herz gewachsen war.

„Lasst uns einen hohen Berg suchen, von dem wir unsere Scanner einschalten können. Vielleicht haben noch andere überlebt.“ Schlugen Marlis und Sam vor. In der nördlichen Hemisphäre fanden sie einen einsamen Berg, der alles andere überragte. Hier landeten sie die Korvette und während die Solarpanels die Energiespeicher aufluden, scannten sie die Frequenzen ab. Außer Rauschen gab es allerdings keine Signale.

Der nächste Flug über den Planeten geschah mit völlig anderen Gefühlen. Jetzt ging es nicht mehr um die Möglichkeit einer neuen Heimat, das war jetzt ihre neue Heimat. Am Nachmittag drangen allerdings erstmals schwache Funksignale aus dem Rauschen und rasch peilte Sam das Signal an.

„Kontakt, ich habe ein Signal aus einer Rettungskapsel, die werden demnächst in das Schwerefeld kommen und dann hier auf «Tramis» heruntergehen.“
„Hast du den Kontakt schon bestätigt?“ Fragte Marlis und Sam nickte ihr zu. „Selbstverständlich, jetzt habe ich sie auch im Sucher, die gehen in dem großen Meer da vor uns nieder.“

Sie flogen mit der «Terra» in das Gebiet, in dem die Rettungskapsel niedergehen würde. Das Radar zeigte deutlich, dass die Kapsel in die Atmosphäre trat und auch, wann sich die Fallschirme öffneten. Wenig später war man an der Landestelle. Die Kapsel landete weich im Wasser und die Fallschirme wurden automatisch wieder eingezogen.

Während die Korvette weiter auf das Ziel zuflog, öffnete sich die kleine Luke der Kapsel und ein Pärchen bestieg ein Schlauchboot. Anstatt sie aber die Luke schließen würden ließen sie diese einfach offen und die Kapsel nahm bei der nächsten Drehung Wasser auf. Wenig später versank die Kapsel im Meer.

„Was sind das für Komiker, die hätten doch nur die Schleuse der Kapsel schließen müssen und die wäre geschwommen.“ Fragte Ziggy und wunderte sich.

Als die Korvette näherkam und die Schleuse öffnete, um eine Rettungsleiter herabzulassen, zog der Mann im Schlauchboot eine Waffe und drohte damit zu schießen, wenn man ihm nicht sofort das Schiff übergibt.

Marlis tat das einzig Richtige, sie schaltete den Schutzschirm ein und ging wieder auf etwas Abstand. Schon schoss der Mann auf die Korvette, aber seine Begleiterin drängte ihn aus dem Schlauchboot und der Bewaffnete fiel ins Wasser.

Voller Rage schrie er die Frau an und feuerte mehrere Male auf sie. Getroffen fiel sie daraufhin in das Schlauchboot. Auch jetzt schoss der Mann noch und durchlöcherte ihr einziges Rettungsmittel. Schnell versank das Schlauchboot im Meer. Doch, anstatt sich zu ergeben, versuchte der Mann, jetzt wieder die Korvette zu beschießen.

Plötzlich schien das Meer um den Mann herum zu kochen und von allen Seiten schienen schwarze Fischflossen sichtbar zu werden. Schwarze Dreiecksflossen umkreisten den Schwimmenden und schließlich wurde der Mann von einem größeren Fisch angegriffen und versank in einem Blutstrom im Meer.

Marlis schüttelte ihren Kopf. „Was für ein Idiot. Aber immerhin gibt es wohl Überlebende, lasst uns den Planeten umrunden und ein Funksignal aussenden, das man empfangen kann.“

So erhob sich die kleine «Terra» und begann ihren Rundflug über die neue Welt. Dabei sendeten sie permanent ein allgemeines Signal, das mit herkömmlichen Funkgeräten empfangen werden konnte. Aber die Empfänger blieben weiterhin stumm.

Am nächsten Tag erweiterten sie die Flugroute, stiegen höher in der Atmosphäre und zugleich sendeten sie jetzt auf den Standard Raumfrequenzen, und der allgemeinen Anruf- und Notfrequenz. Dieses Signal konnte nun im halben Sonnensystem empfangen werden.

Obwohl allen an Bord klar war, dass sie sich damit zu erkennen gegeben hatten und zurückgebliebene Fremden sie anpeilen konnten, blieben sie bei dem Signal und nach einer Stunde kam ein erstes schwaches Signal zurück, dann zwei weitere und nach und nach drangen immer mehr Signale zu ihnen durch.

Es gab doch noch Überlebende. Nach und nach erhielten sie die Nachrichten der Überlebenden und sie besagten, dass Menschen in Kapseln, Weltraumgleitern und allem was flog, zu ihnen unterwegs waren. Leider gab es auf dem Flug noch einige Ausfälle, weil einige der kleinen Kapseln Schäden hatten. Aber dagegen konnte die Gruppe auf «Tramis» nichts machen, sie waren zu weit weg, um helfen zu können.

Mit der Zerstörung ihrer alten Heimatwelt «Tauri» beschlossen die 12 Freunde, einen neuen Kalender zu beginnen, rechnend ab dem Tag des Untergangs.

Inzwischen hatten die Freunde einen Platz gefunden, der die zukünftigen Menschen aufnehmen sollte. Es sollte ein Bereich sein, der nicht direkten Zugang zu den Kulturkreisen dieser Welt hatte, um die Entwicklung der Menschen hier nicht zu gefährden. So suchte man eine geeignete Insel aus.

Zwischen den beiden großen Landmassen, die nach Süden hin spitz zuliefen, lag eine größere Insel, die von einem zentralen Berg mit noch aktivem Vulkan beherrscht wurde. An dem Berg trafen die Wolken aus verschiedenen Richtung und konnten sich abregnen. Es gab reichlich Wald und Früchte. Frische Quellen und Flüsse waren vorhanden. Zwei davon waren sogar sehr breit und mündeten in jeweils einem mächtigen Delta.

Diese Insel war etwas oberhalb des Äquators gelegen, es wurde dort also recht warm, aber nicht zu heiß. Die großen Wälder versprachen reichlich gesunden Boden, reichlich Tiere und Pflanzen. Das Wetter war ideal, es gab Regen und herrlichen Sonnenschein, der Wind blies regelmäßig.

Die Insel hatte in etwa die Form eines Herzens. Gut 1000 Kilometer breit und fast 1600 Kilometer in der Länge. Damit war die Insel groß genug für einen Neubeginn.

Auf dem Berggipfel installierten Gernroth und Ziggy eine starke, solarbetriebene blinkende Rundumleuchte, die allen anzeigte, dass hier Leben war. Bei den Rundflügen über den Planeten konnte man dieses Licht schon aus großer Ferne sehen, solange man hoch genug war. Dieses Blinklicht war auch mit einem Signalgeber verbunden, der ein klares Signal sendete.

Abends saßen die 12 Freunde beisammen und warteten auf die Nachrichten, der anfliegenden Überlebenden. Diese würden bereits in den nächsten paar Tagen ankommen. Am Abend waren es Helga und Kantar Pratsch, die ein Thema auf den Tisch brachten, das noch nicht besprochen war.
„Wenn die Überlebenden eintreffen, dann wollen die wissen wo sie gelandet sind, wie wollen wir denn diese neue Heimat nennen. Diese herrliche Insel braucht einen Namen.“

„Kennt ihr noch die Geschichte von der Regenbogenwelt. Als Kinder hat man die uns immer wieder erzählt, die Geschichte war so schön. Aber ich kann mich nicht an den Namen erinnern.“, begann Helga und Hilla stimmte ihr zu. „Stimmt, das war immer eine meiner liebsten Geschichten. Der Name, ich glaube irgendetwas mit Alan… oder so.“

Mina schaute Marlis an und begann zu lächeln. „Ich glaube, wir alle kennen diese herrliche Geschichte.“ Und Marlis bestätigte. „Sie war ja auch herrlich zu erzählen, allein diese Tiere, die herrlichen Wälder und dazu das Meer. Ja das war zweifellos eine sehr gute Geschichte. Der Name war «Atlantis» nach dem Träger des Regenbogens benannt.“
„Stimmt,“ Kantar und Sam nickten. „Weshalb sollte diese Welt nicht so genannt werden, irgendwie glaube ich, können sich alle an diese Geschichten erinnern, also nennen wir sie doch «Atlantis».“

„Lasst uns abstimmen.“ Gab Marlis vor und die Abstimmung verlief einstimmig. Selbst Jaspe, der im Grunde immer etwas anzumerken oder zu verbessern hatte, war dafür. So bekam eine kleine bisher unbewohnte Insel zwischen zwei Kontinenten gelegen ihren Namen und der Name war «Atlantis».
„Morgen erkunden wir diese Insel richtig. Wir sollten nachsehen, was wir hier alles haben. Wir brauchen Quellen für Trinkwasser, ich habe erst zwei Bäche gefunden, da gibt es bestimmt mehr zu entdecken.“ Erzählte Simion.

Gesagt, getan. Am anderen Morgen stand die Heimatinsel auf dem Plan. Sam ließ die Aufzeichnungsgeräte laufen, so wurde automatisch die Landschaft kartografiert. An vielen kleinen Stellen verweilten sie kurz und notierten sich die Informationen, Nach und nach entstand so die aktuelle Landkarte von «Atlantis».

***

Atlantis

Die Insel «Atlantis» hatte in etwa die Form eines menschlichen Herzens. Auf einer Landkarte betrachtet, orientierten sich die Forscher am Uhr Kreis. So befanden sich bei Ein Uhr zwei große natürliche Häfen, die genügend Schutz vor den Wellen des Ozeans boten.
Auf drei Uhr lagen mehrere, teils große Flussdeltas mit vielen kleinen Wasserstraßen, die ins Meer mündeten. Überhaupt hatte diese Insel reichlich Bäche und Flüsse. Der Süden war ab fünf Uhr bis etwa sieben Uhr mit vielen Seen gesegnet. In den meisten befanden sich herrliche kleine Fische, die gegart oder gekocht herrlich schmeckten. In den dichten Wäldern, die die Insel bedeckten wuchsen unglaublich viele Pflanzen, Sträucher und die Vielfalt an Früchten war überraschend.
Jaspe lächelte Simion an. „Hier gibt es sehr wenig giftige Pflanzen. Bisher haben meine Sensoren nur zwei Pilzsorten als giftig registriert. Alles andere ist genießbar.“
„Schau mal Simion, überall diese Früchte und diese Vielfalt, die da erinnern an die Mellau-Birnen sie sind aber größer und schmecken auch saftiger.“

Auf Neun Uhr befanden sich sandige Böden, die bis zum Meer reichten und im Norden begrenzte eine mächtige Gebirgswand die Insel. Hier im Norden konnten sich auch die Wolken abregnen.
„Sabin, diese Sande sind fein, die sollten optimal für Erdäpfel sein, von den Bergen da kommt genug Wasser und ich wette die wachsen hier bestens.“
„Oh ja Hilla, ich freu mich schon auf die erste Ernte, lass uns noch weiterschauen, was da noch alles wächst.“ So suchten die beiden Teams die Insel weiter ab.

Nahezu in der Mitte befand sich ein großer Stratovulkan, der mit seinem Kegel die Insel beherrschte. Der Vulkan war aktiv und schien mächtig zu sein.
Simion und Jaspe Pfalter untersuchten zusammen mit Sabin und Hilla Malstan den Vulkan.
Hilla lächelte, als sie ihre Messgeräte ablas. „Das ist einer der heißesten Stratovulkane, die ich bisher gesehen habe und ich habe bereits 21 vermessen. Aber der hier ist bestimmt die Nummer eins. Der hier hat sagenhafte 1650 Kelvin.“
Jaspe schaute ihr über die Schulter und zeigte ihr seine Messdaten. „Die Magma ist so flüssig wie Honig, erkennst du, wie viele Schichten dieser Vulkan bereits abgelegt hat?“
„Nein, mein Sensor zeigt mir maximal 20 Schichten an, aber der hier geht recht tief, der scheint seine Speisung aus einem Hotspot zu bekommen.“
„Die Messungen haben gezeigt, dass hier unter uns zwei Platen liegen, die auseinanderdriften. Die Insel hier scheint das Glück zu haben, auf einer Spitze zu ruhen, die beiden Platten driften für Vulkane aber ganz schön schnell auseinander.“
„Schon gesehen Jaspe, ich glaube, wir haben hier tatsächlich ein unglaubliches Glück, ich freue mich schon den Vulkan weiter zu untersuchen.“
„Ich glaube die anderen sind auch schon ganz heiß darauf. Stell dir nur einmal vor, wenn wir es schaffen, unsere Energie daraus zu beziehen, weißt du, was das bedeuten könnte?“
„Keine Energieengpässe mehr. Der Vulkan hat genug Power.“

Marlis und Ziggy saßen beisammen und Hekkla kam dazu. „Hey klasse, dass du gerade kommst.“, begann Marlis. „Hekkla Ziggy und ich wir denken gerade darüber nach, wohin wir den Funksender am besten platzieren könnten, dass er weit genug vom Vulkan weg ist und dennoch hoch genug kommt, schließlich soll das Licht ja auch gesehen werden und nicht nur das Funksignal gefunden werden.“

„Da vorne bei den beiden Häfen ist ein Berg, der könnte genutzt werden, aber eigentlich gefällt mir der Berg zwischen dem Dreieck Vulkan und den beiden Häfen viel besser. Der ist hoch genug, stabil und die Solaranlage wird reichlich Energie abbekommen für Sender und das Licht.“

Ziggy pflichtete Hekkla bei. „Gut, würdet ihr das in die Hand nehmen, ihr könnt ja noch ein paar starke Hände mitnehmen. Lasst uns also den Sender auf diesem Berg erreichten.“ Am nächsten Tag wurde das Funksignal mit dem Leuchtfeuer versetzt und beide angepasst. Von dem nahen Berg zwischen den beiden Häfen konnte man das Licht hervorragend sehen und der Sender konnte ungehindert arbeiten. Die Photovoltaikanlage brachte die benötigte Leistung und die kleine Speicherbank konnte mehrere Tage beides speisen.

Es war zwar nur ein einfacher Maschinen Code, der «Atlantis» aussendete. Zusammen mit dem Leuchtfeuer würde das aber den Überlebenden signalisieren, dass sie hier willkommen waren.

***

„Marlis,“ fragte Sam. „Wie wäre es, wenn wir den Null Meridian hier beginnen lassen.“ Marlis schaute Sam fragend an. „Früher oder später werden wir uns mit der Schifffahrt auseinandersetzen müssen und unsere Nachfahren sollten es einfach haben. Äquator und Null-Meridian wären dann bereits definiert. Na was meinst du?“

„Das ist eine sehr gute Idee, daran hatte ich noch gar nicht gedacht, dass wir irgendwann segeln werden oder eher müssen, wenn unsere Reserven an Treibstoff verbraucht sind. Ja sprich es mit den anderen durch aber meinen Segen hast du.“

So wurden die Grundlagen für eine Besiedelung gelegt. In einer neuen Datenbank wurde die Landkarte erstellt und mit den erstellten Daten aktualisiert. Das Koordinatennetz war dann recht schnell definiert, man nahm bekannte Größen.

Abends am Lagerfeuer saßen alle beisammen und besprachen, was sich die Tage alles so ergeben hatte. Die Liste mit Früchten wurde immer größer, ebenso die der Pilze. Zusammen mit der Liste mit dem Fischbestand und den empfohlenen Pflanzgebieten wurde die Übersicht dann langsam komplettiert.

„Übermorgen ist es soweit, wir erwarten so gegen Mittag die ersten beiden Shuttles.“ Ein leichtes Raunen lief um das Lagerfeuer. „Da kommen 19 neue Bewohner zu uns nach «Atlantis». Und wir haben noch nicht einmal einen Namen für diesen herrlichen Planeten.“
Gernroth murrte und lästerte ein wenig, „Dann könnt ihr ja gleich den Namen unserer Fregatte nehmen «Terra» klingt gut meine ich.“
Interessanterweise gab es keine Gegenvorschläge. So wurde der Planet «Terra» genannt. Ob er von den Urbevölkerungen bereits einen Namen erhalten hatte, war Nebensache.

„Was müssen wir denn sonst noch bedenken, wenn die Überlebenden alle hier landen?“ Wollte Mina wissen.

Wieder war es Marlis, die ihre Gedanken mit den anderen teilte und wieder waren diese Gedanken schon gereift und sehr gut.
„Im Grunde sollten wir uns überlegen, wo wir die Besiedlungen beginnen können. Sicherlich wollen nicht alle hier leben. Das mag irgendwann einmal die Hauptstadt werden, aber bis das Capital ist, dauert es noch.
Ich würde da unterhalb des zweiten Hafens eine Siedlung beginnen und oben auf Elf Uhr bei den Erdäpfelfeldfern, was danach kommt werden wir sehen. Diese beiden Siedlungen wären meine Favoriten.“

Sam grinste Marlis an. „Dann begrüßt irgendwann der Bürgermeister des einen Dorfes den des anderen.“
„Und beide verneigen sich vor, ja vor wem eigentlich?“, fragten Helga und Kantar Pratsch wie aus einem Munde.

„Verneigen sicherlich vor niemand. Aber ihr habt es erkannt. Früher oder später brauchen wir Entscheider, die Regeln durchsetzen. Regeln, die ein Team oder Gremium erstellt hat. Mit diesem Gedanken müssen wir uns beschäftigen.“

Ziggy Mantau hob ihre Hand. „Mit dem Duo Marlis und Sam bin ich sehr zufrieden, ihr habt Weitblick bewiesen und uns immer gut beraten, ohne euch in den Mittelpunkt zu stellen. Ich wäre für euch beide als Führungsmannschaft.“
Schnell waren sich die anderen einig und stimmten einstimmig für Marlis und Sam.
„Aber eines sollte klar sein,“, begann Marlis. „Sobald wir mehr sind. Ich denke, so an die ersten Hundert oder so, sollte das wiederholt werden. Vielleicht landen ja noch andere Menschen mit viel besseren Qualitäten?“
„Ja, vielleicht. Aber bis das soweit ist, müssen wir schon die ersten Entscheidungen zu treffen haben.“

„So, was willst du denn schon alles entscheiden?“, fragte Kantar.
Sam tat sich nun hervor, auch er hatte sich Gedanken gemacht. „Folgendes sollten wir bedenken. Wir müssen so früh als nur möglich mit einem Register starten. In das sollten alle Personaldaten aufgenommen werden. Die Namen der Menschen, die Familien und Einzelne, nicht zu vergessen eine medizinische Datenbank. Wir sollten da sehr früh anfangen. Pässe werden wir noch keine ausstellen, das macht keinen Sinn, aber wir brauchen tatsächlich saubere Register zum Start.“

Gernroth und Ziggy sahen sich an und nickten Sam zu. „Wir sollten den Reserverechner aus der Fregatte nehmen und zum neuen Zentralrechner machen. Das heißt, wir brauchen einen Platz für die Maschinerie, die Energieversorgung und all das, was dazugehört.“

„Der Platz hier zwischen dem oberen Hafen und der nördlichen Felswand scheint mir ideal zu sein. Wir sind ja hier nicht zufällig gelandet, sondern, weil so vieles gepasst hat.“ Ergänzte Sam.

„Lasst uns folgendes beschließen.“ Begann wieder Marlis. „Sobald wir 200 Personen stark sind, gründen wir unsere Hauptstadt, ob wir sie dabei «Atlantis» oder «Capital» oder sonst wie nennen, sehen wir dann schon. Damit definieren wir die ersten Verwaltungsposten. Also die Führungsriege, die auch einfache Anordnungen erlassen darf.
Dazu brauchen wir Verantwortliche für die wichtigsten Punkte wie Energie, Gesundheit, Versorgung, Unterbringung und all das was wir für eine kleine Gemeinde brauchen, denn eines ist klar. Mit den Informationen, die wir heute haben, werden wir schnell die 500 Mann Grenze erreichen, das braucht kein Jahr.“

***

Am folgenden Tag begannen alle eifrig damit die vorhandenen Mittel zu verteilen und eine kleine Siedlung zu errichten. Die gute alte «Terra» wurde umgeparkt und sie sollte vorerst die Zentrale darstellen. Vorher flog sie noch einige Punkte um die neue Stadt an, hier wurden schwere Geräte ausgeladen, die man später brauchen würde. Auf dem zentralen Berg der neuen «Stadt» wurden Sensoren und die Reserve Radaranlage für den Nahbereich ausgeladen. Auf dem gegenüberliegenden Hügel wurde eine kleine Energiekanone ausgeladen. Die Verteilung mit den wenigen Energiezellen und Solarpanels war die Aufgabe von Ziggy und Gernroth.

Nach und nach wurde die kleine Fregatte «Terra» ausgeschlachtet. Am Ende war sie zwar noch flugbereit, sie bot aber deutlich weniger Komfort. Rings um die «Terra» wurden die Zelte und Unterstände aufgebaut. Durch den freigewordenen Platz war in dem Schiff Platz zum Wohnen und zum Arbeiten für Marlis und Sam. Außerdem konnten einige wichtige Elemente eh nicht ausgebaut werden. Dazu gehörten die schweren Waffen das Funkgerät und die Ortungsanlage.

In dem Schiff war jetzt auch Platz für Besprechungen. Allerdings war der Platz letztendlich auf etwa 45 Menschen begrenzt. Für Besprechungen kleiner Gruppen, des Rates und anderen war das jedoch mehr als ausreichend.

Mit all dem, was sich seit der Landung hier bereits ergeben hatte, wuchs ein richtiger kleiner Campingplatz aus dem Boden, der für gut 200 Menschen Platz bieten konnte.

Müde und ermattet schliefen die Forscher ein. Die Überwachungsanlage auf dem nahen Berg hatte die gesamte «Station» im Blick und wachte über sie.

***

Die Ankunft

Als Erstes landeten gegen Mittag zwei alte Shuttles mit Überlebenden der Mondkolonie auf «Kinola». Neun neue Gesichter aus dem einen und zehn aus dem zweiten Shuttle kamen dazu. Die Begrüßung war mehr als herzlich. Viele konnten ihre Erlebnisse endlich mit anderen teilen. Schließlich wunderten sich die Überlebenden, was hier alles bereits vorbereitet war. Sie wurden kurz eingewiesen, medizinisch untersucht und konnten sich erstmal stärken. Zwei Kinder waren bereits stark dehydriert.
Das erste Shuttle war ein Standard Shuttle für Personen und fasste bis zu 50 Menschen. Das zweite aber war ein Lastenshuttle, da passten zwar nur 30 Menschen hinein, dafür war Platz für Waren aller Art. Leider war nicht so viel übriggeblieben, wie man gehofft hatte. Aber all das, was vorhanden war, hatten die Menschen eingeladen.

Zusammen wurden die Not-Zelte aus den Shuttles aufgebaut und die Siedlung wuchs weiter. Nach kürzester Zeit hatten sich die ersten Freundschaften gebildet, wie immer waren es die Kinder, die die neuen Freundschaften auslösten.

„Mama, warum müssen wir uns denn da vermessen lassen?“, fragte eines der Kinder und Inka, die Mutter erklärte es ihr.
„Salome, das hier ist jetzt unsere neue Heimat. Die alte haben die Bösen kaputtgemacht und jetzt können wir nur noch hier hin.“
„War das der grelle Blitz, von dem Papa und der andere Mann immer reden?“
„Ja der Blitz. Dieser grässliche Blitz.“

Aus den beiden Gleitern konnten reichlich Grundstoffe für die 3D Drucker in der «Terra» genutzt werden. Dort waren die Grundstoffe doch arg geschrumpft und die Gleiter hatten selbst keine Drucker. Alles, was man an anderer Stelle brauchen konnte, wurde aus den Gleitern ausgebaut. Zurück blieben leergeräumte Lagerhallen mit ebenso leeren Tanks.

Innerhalb einer Woche wuchs das Camp um die doppelte Größe an. Da alle bei den Arbeiten halfen, wurden die Arbeiten recht schnell fertig. In Shuttle zwei gab es dann doch einen jungen Mann, der alles überkritisch ansah.
„Wieso ist denn eure Chefin mit ihrem Man da auf der Baustelle, ich dachte, die regieren nur?“
„Oh Kanter, da hast du dich getäuscht, die packen mit an, aber sie beraten auch und helfen, wo nötig.“
„Ja aber wie sollen die dann vernünftige Entscheidungen treffen, wenn sie müde sind von der Arbeit?“
„Kanter, dann hilf du und arbeite härter, dann haben sie mehr Zeit, wie gefällt dir dieser Ansatz.“
„Hmmm, ich meinte ja nur. Sollen sie halt hier arbeiten und danach noch regieren, aber wehe sie beschließen irgendeinen Stuss!“

Nach und nach landeten weitere Überlebenden. Recht schnell hatte Marlis erkannt, dass man eine provisorische Leitung brauchte. Da das «Terra» Team alle nötigen Wissensbereiche abdeckte, wurden auch von den ersten Überlebenden keine Gegenvorschläge eingebracht.

Selbst der mürrische Kanter fand in einem der Shuttles eine Freundin, die mit ihm zusammen sein wollte und er änderte sich plötzlich ganz schnell. Jetzt wollte er ja vor dem Mädchen zeigen, dass er zu den fleißigen gehörte und er arbeitete tatsächlich sehr gut. Seine Freundin aber war mindestens so tapfer und stark wie er und sie lieferten sich öfter kleine Wettkämpfe.

„Komm Kanter, diese Seile müssen wir anders verspannen. Das geht so nicht. Gib mal her ich zeige dir ein paar Tricks. Als Bergsteigerin musstest du immer die Seile sehr sicher befestigen und so, dass man sie jederzeit lösen kann.“
„Ja Susan, wie machst du denn diese Knoten, dass die halten und dennoch zu lösen sind?“
„Sieh zu und lerne.“ Susan zeigte Kanter einige Knoten und Kanter war plötzlich bereit, zu lernen, und er zeigte Eigeninitiative. Susan begann immer mehr Gefallen an ihm zu finden.
Es gab aber auch Abende, da stritten sich die beiden, fanden aber in der Sache immer einen Kompromiss. Sogar Kanter hatte sehr schnell lernen müssen, dass ein Kompromiss besser ist, als mit Gewalt Recht zu bekommen.

Die Überlebenden fanden sich recht schnell zusammen. Bisher waren die Gruppen noch klein, aber sie wuchsen. So wuchsen auch die Interessen an- und untereinander. Die Anzahl der Frauen im Camp war von Anfang her größer als die der Männer. Bei den nächsten acht Landungen war das auch so geblieben. Allmählich wurden es jetzt aber immer mehr Menschen und man brauchte mehr als nur ein Provisorium einer Regierung. Immerhin war das Verhältnis von Frauen und Männern auf 4:1 angewachsen und das sollte auch, bei der künftigen Leitung mit berücksichtig werden.
So wuchs «Atlantis» von Tag zu Tag. Mit jedem neuen Gleiter, jeder neuen Kapsel kamen die verstreuten Überlebenden zurück. Ihnen zur Seite stand die erste Mannschaft der «Terra».

***

Über 500 Bürger

Inzwischen war das Camp ansehnlich gewachsen. Bisher gab es auch nur kleine Streitigkeiten, die rasch geklärt wurden. Sofern möglich kündigten sich die Neuankömmlinge an, aber nicht alle konnten einen Funkspruch senden.
Als dann eine weitere Kapsel voller halbverhungerter Menschen landete, änderte sich einiges. Die Landung erfolgte nahe am Wasser und glich eher einer Notlandung.

„Leute aufpassen, die kommen sicher von weiter her.“ Wies Sam an, der die Rettung leitete. Als sich die Schleuse endlich öffnete, drang ein stechend scharfer Geruch aus der kleinen Kapsel. Die Lebenserhaltung war am Ende der Leistung angekommen und dann sogar noch ausgefallen.

„Helft uns, wir brauchen Hilfe!“ Rief ein junger Mann mit Bart und als die ersten erschöpften aus der Kapsel krochen, sah man, dass sie dem Ende nahe waren.
„Rasch, wir brauchen noch hier eine Erstversorgung. Alle bleiben hier, baut ein Zelt auf.“ Sam leitete zielsicher und die Leute hörten auf ihn.
Als der junge Mann mit Bart in das Camp gehen wollte, verwehrte ihm Sam den Weg.
„Entschuldigung, aber erst will ich, dass alle aus der Kapsel kommt und versorgt seid. Ich will eine Untersuchung, ob ihr Hilfe braucht und ich will alle Daten erfassen. Wir sind zwar klein, aber wir haben hier schon Regeln, an die sich alle zu halten haben. Bitte versteh das.“
„Ich habe einen Untergang erlebt. Mir sagt keiner mehr, was ich zu tun habe, oder was ich lassen soll und jetzt geh mir aus dem Weg du Narr!“
Doch Sam ging dem Neuankömmling nicht aus dem Weg. Aus dem Camp kam Marlis mit zwanzig anderen Frauen gelaufen, sie trugen Rucksäcke für die Versorgungen. Marlies hatte erkannt, was sich da anbahnte.

„Stopp! Keinen Meter weiter. Wir nehmen euch gerne auf, aber es gelten klare Regeln und die gelten auch für dich und euch alle.“ Damit stellte sie sich neben Sam.
„Ein Duckmäuser und ein Frauenzimmer wollen mir etwas befehligen, haltet den Schnabel, oder ich stopfe ihn euch!“ Fluchte der Mann aus der Kapsel und ballte seine Fäuste.
Marlis trat ganz langsam aber mit erhobenem Kopf auf den Mann zu und ehe er es sah, war der Neuankömmling von über 20 Frauen umzingelt.

„Hier stopft keiner anderen den Mund und so lassen wir nicht mit uns reden. Wir sind hier zusammengekommen, um einen Neubeginn zu wagen, und du spielst nach unseren Regeln, oder suchst dir eine andere Insel. Ist das klar?“
Im gleichen Moment riss der Mann ein Messer aus der Tasche, aber noch eher er etwas unternehmen konnte, packten ihn viele Frauenhände, entwaffneten ihn und zwangen ihn problemlos zu Boden. Der Mann kniete vor Marlis. Gegen solch eine Übermacht konnte er nichts machen. Sein Widerstand brach schnell, sehr schnell.

Marlis fuhr fort. „Ist das klar? Das war eine Frage. Ich möchte jetzt und hier eine Antwort von dir haben.“
Jetzt merkte der Mann, dass diese hochgewachsene Frau und der Mann an ihrer Seite etwas Besonderes ausstrahlten – sie hatten die Autorität.
„Ich…“ Begann der Neuankömmling. „Ich entschuldige mich, ich dachte, wir schaffen es nicht mehr. Wir haben zwei Tote an Bord und konnten sie nicht beerdigen, ihr glaubt gar nicht, was wir durchgemacht haben. Ja, es war nicht richtig, was ich sagte und bitte verzeiht mir.“

Ein leichtes Kopfnicken von Marlis und die Frauen ließen den Mann los, behielten ihn aber im Auge, das spürte er sofort. Er beruhigte sich und atmete nochmals tief durch.
„Ich beginne nochmals und diesmal so, wie es sein sollte und wie wir es alle auch gelernt haben.“ Er sammelte seine Gedanken und sprach weiter.
„Ich bin Dimitrij und ich musste in der Kapsel das Kommando übernehmen, unser Kommandant verstarb eine Woche nach dem Überfall. Wir waren auf der Station Zetrox Sieben auf «Meltapos». Da waren wir über einhundert Menschen und die paar sind alle, die überlebt haben. Wir danken euch – ich danke euch, dass ihr uns hierher gelotst habt. Unser Sender war defekt und wir konnten nur bruchstückhaft den Peilsender empfangen.“

„Ihr habt einiges mitgemacht aber überlebt. Kommt in Frieden und seid unser Gast. Ich bin Marlis Natrath und zusammen mit meinem Mann Sam Muana führen wir diese Kolonie der Überlebenden. Wir haben sie «Atlantis» genannt. Das da vorne ist unser Camp, wir wachsen gerade und haben uns daher Regeln gegeben, die für alle gelten. Ist das ein Problem für dich Dimitrij?“

„Nein, natürlich nicht, ich dachte nur im ersten Moment, ich muss zeigen, dass man mit mir zu rechnen hat, aber ich sehe, dass das nicht nötig ist.“
„Oh, dann sei dir bewusst, dass wir immer nach Leistungsträgern unserer Gesellschaft suchen. Aber nur, wenn es für beide Parteien passt.“

„Gut, was muss ich tun, um euren und meinen Leuten helfen zu können?“

Schnell wurden die Ersten eingewiesen, untersucht und versorgt. Aus der kleinen Kapsel kamen acht Frauen, drei Männer und zwei Kinder. Dimitrij erwies sich als Quell der Hoffnung für die kleine Gruppe aus der Kapsel und er half, wo er konnte. Ebenso schnell hatte er einen Draht zu Sam aufgebaut und die beiden konnten offenbar gut zusammenarbeiten.

Die Beerdigungen der beiden Verstorbenen fanden statt. Auch dafür hatte man beizeiten einen Platz gefunden, der nicht zu nah am Camp oder den Bächen lag. Die Urnen wurden in einem kleinen Bereich beigesetzt, der schön mit bunten Steinen eingefasst war.
Die Abschiedsworte sprach Dimitrij und seine Begleiterin Magda. Es waren Worte voller Hoffnung. Insgesamt waren in der kleinen Kapsel 13 Überlebende gewesen, die jetzt auf «Atlantis» waren. Damit war die erste magische Einwohnerzahl überschritten.

Der nächste Tag verlief in Ruhe, nur die Kinder liefen umher und schrien ab und an etwas vor Freude, wieder neue Spielkameraden gefunden zu haben.

***

Marlis und Sam saßen in der «Terra» und trugen die neuen Daten in dem Rechner ein. „Wir haben die 500 überschritten Schatz, wir sollten die Versammlung einplanen und allen Menschen klarmachen, um was es geht.“ Mit diesen Worten umarmte Sam seine Marlis und sie küssten sich flüchtig. „Ja Schatz, so wie wir es besprochen haben, so wollen wir es auch umsetzen. Ich würde mich freuen, wenn wir das alles ohne Streit fertigbrächten.“

„Lass uns für morgen eine Versammlung planen, ich rufe das gleich noch aus, damit alles es mitbekommen.“ Gab Sam vor und schaltete den kleinen Durchsageverstärker ein.
„Hallo zusammen, bitte alle einmal herhören. Heute ist wieder ein Shuttle gelandet und brachte 13 Überlebende aus den Randgebieten zu uns. Für morgen haben wir die erste Vollversammlung geplant, dort wollen wir einiges Organisatorisches klären, die Ansprechpartner vorstellen und versuchen Verantwortliche zu finden, um unseren kleinen Staat zu verwalten. Wir haben mehr als 500 Einwohner und da wird es Zeit für solch einen Termin. Morgen nach dem Frühstück, ich rufe dann wieder aus. Danke.“

Am anderen Tag versammelten sich die Menschen im Camp, suchten sich einen Platz und warteten, bis es losging. Die 500 Menschen hatten problemlos im Camp Platz. Gut 45 Kinder waren darunter, die weiterspielen konnten. Ab und zu schauten die Erwachsenen nach ihnen.

Vor der alten «Terra» waren Tische und Stühle aufgebaut. Hier saß der Rat, der bisher aus einem Dutzend Menschen bestand.

„Ich begrüße euch als eure gegenwärtige Ratssprecherin.“ Eröffnete Marlis die erste Vollversammlung der Neuen Welt. „Wir, die wir als Erste hier ankamen, fassten seinerzeit den Beschluss, ab einer gewissen Bevölkerungszahl eine kleine «Regierung» zu formen. Wir werden weiterwachsen. Es kommen noch immer Meldungen von Überlebenden an, allein in den kommenden Tagen werden noch vier Kapseln und drei Gleiter erwartet.“
Die erste Wortmeldung kam von Dimitrij. „Was braucht ihr, oder besser, was brauchen wir denn an Leuten und was sollen die verantworten?“ Marlis lächelte in sich hinein, sie hatte ihn richtig eingeschätzt. Mit ihm würde man vielleicht einen guten, starken Freund haben.

„Wir brauchen eine fähige, starke Führung, ideal wären zwei Leute aus unserer Mitte. Dann bräuchten wir Verantwortliche für die Bereiche:
Gesundheitswesen, allgemeine Versorgung, Technik und Energie, Verpflegung und Küche, allgemeine Verwaltung und Sicherheit.“

Es wurden noch einige Bereiche diskutiert und was kaum einer dachte, geschah. Nach nur drei Stunden hatte die Versammlung ihre Auswahl getroffen. An die Spitze wurden, wie allgemein gefordert, Marlis und Sam gewählt. Die einzelnen Bereiche wurden wie angekündigt benannt und auch besetzt. Als Dauer einigten sich die Bürger auf fünf Jahre.

Sam und Marlis bedankten sich nach der Wahl und sie gaben einen weiteren Punkt vor, an dem wieder über die Regierung und deren Größe gesprochen werden sollte.
„Nach unserer Landung haben wir die erste kleine Führungsmannschaft gegründet. Da waren wir gerade etwas mehr als ein Dutzend Menschen.
Jetzt haben wir diesen zweiten Schritt bei 500 Mitbürgern erfüllt. Unser nächster Meilenstein sollte bei 1000 Mitbürgern liegen. Da sollten wir uns dann auch über die Dauer unterhalten. Derzeit ist alles noch zu frisch und zu stürmisch.“

Eine Frau aus einem der ersten Teams hatte noch einen Vorschlag.
„Ich würde vorschlagen, dass wir da auch festlegen, wie wir unser Führungsduo genannt wird, lassen wir uns einen guten, brauchbaren Titel einfallen, mit dem wir alle etwas anfangen können, wenn wir weiterwachsen.“ In den folgenden Wochen nahm die Führungsgruppe die Arbeit auf und es waren gute Ideen, die verwirklicht wurden.

***

Inzwischen waren die ersten zehn Jahre vergangen und «Atlantis» hatte sich zu einer richtigen kleinen Stadt entwickelt. Das Wissen der «Alten Welt» war erhalten geblieben und man versuchte es in der neuen Schule auch an den Nachwuchs weiterzugeben. Marlis Natrath war in zwischen 35 Jahre alt und hatte mit ihrem Mann Sam Muana zwei aufgeweckte Kinder im Alter von acht und zehn Jahren. Nach wie vor bildete sie mit ihrem Mann die Spitze der Verwaltung.

Aus der alten «Führungsgruppe» hatte sich ein «Rat» entwickelt unter der Führung von Marlis Natrath. Der Rat schlug für Marlis den zivilen Titel «Regentin» vor. Ihr zur Seite, stand ihr Mann Sam Muana, er erhielt den militärischen Titel eines Admirals. Damit war die Gewaltenteilung im Grunde vollzogen. Eine Gerichtsbarkeit hatte man noch nicht errichtet. Das war allerdings das nächste Ziel.

Die Bevölkerung hatte inzwischen die 3.000’er Marke erreicht und weitere Dörfer wurden erschlossen. Die Neue Welt hatte auch etwas Gutes. Die vorher geringe Geburtenrate auf «Tauri» war hier auf «Tramis» regelrecht explodiert. Fast jede junge Familie hatte inzwischen zwei Kinder. Es hatte sich aber auch gesellschaftlich etwas getan.
Die alten Vorstellungen einer Familie mit einem Mann und einer Frau sowie einem Kinde war die Ansicht gewachsen, dass sich öfter mehrere Frauen einen Mann teilten. Die Zwei-Kind-Verbindungen wurden zum Standard.

Die jungen Menschen hatten begonnen aus den Überbleibseln der nicht mehr flugtauglichen Gleiter und Kapseln alles Brauchbare zu entfernen und die ersten Boote gebaut. Dabei waren das in der Regel Katamarane. Sie waren einfacher zu bauen und es gab genug Außentanks an den Gleitern, die als Schwimmer geeignet waren.

***

Eines Tages kam ein seltsamer Funkspruch im Camp an, er stammte von einer Gruppe junger Segler, die draußen auf dem Meer ihren Spaß hatten.

„Hallo «Atlantis» hier «13-02».“ Die Technik-Verwaltung, die auch die Funkgeräte verwaltete, hatte die Segelboote einfach mit Doppelnummern versehen. Das war einfach und gut zu organisieren.
„«13-02» hier ist die Zentrale, was liegt an?“
„Wir segeln hier zu dritt vor der Nordküste und uns folgen seit einiger Zeit zwei größere Segelboote, ich glaube, die wollen wissen, woher wir sind.“
„Verstanden «13-02» wenn ihr Hilfe braucht, dann sagt früh genug Bescheid, wartet nicht zu lange, spielt nicht die Helden. Verstanden «13-02»?“

Eine halbe Stunde später kam der Funkspruch, auf den man gerne verzichtet hätte.
„«13-02» an Zentrale. Die Segelboote sind feindlich, sie kamen näher und haben angefangen, mit Pfeilen auf uns zu schießen, auf «12-12» haben sie, glaube ich einen verletzt.“
Jetzt drückte der Mann am Funkgerät der Zentrale auf den Alarmknopf.
Zum ersten Mal dröhnte eine Sirene und rief die Verteidiger zusammen. Da man bisher keinerlei Gründe zur Verteidigung gesehen hatte, war nur eine kleine Mannschaft zusammengestellt worden. Ihnen hatte man ein mittleres Shuttle repariert und bereitgestellt. Der Gleiter hing ununterbrochen am Solarversorger und hatte geladene Powerbänke.

Sam kam mit zwei Helfern aus einer Werkstatt gerannt, zwei weitere junge Männer und zwei Frauen kamen herbei und alle trafen sich vor der Zentrale.
„Was ist los, wozu der Alarm Jennaik?“
„Sam, ich meine Admiral, wir haben einen Funkspruch eines Angriffes auf unsere Segelboote erhalten, die sind im Norden. Laut Funkpeiler auf 01 Uhr in knapp 40 Kilometer Entfernung. Die werden von mindestens zwei Schiffen mit Pfeil und Bogen angegriffen.“
„Gut, Jennaik, wir starten und fliegen ihnen entgegen. Ihr macht den großen Gleiter startklar, falls wir den brauchen.“ Damit schaute Sam in die Runde seiner Leute und alle nickten ihm zu.
„Wir sind bereit Admiral, der Gleiter läuft warm, die Waffen sind geladen und der Funkpeiler ist eingerichtet, wir können loslegen.“
„Also denn, Jennaik, bitte informiere die Regentin, wir sind auf Kanal 2.“

Der Gleiter hob ab und flog rasch in Richtung Norden davon.

Lena saß am Steuer, neben ihr Hurym und Sam war bereits am Funkpeiler.
„23 Kilometer genau auf 12 Uhr!“ Gab Sam vor und aus der Höhe konnte man die beiden großen Segelschiffe bereits sehen. Es waren zwei Segler mit einem zentralen Segel und einem Mast, die Schiffe sahen einer Dau ähnlich.

„«12-02» hier ist die Sicherheit, wir sind auf dem Weg zu euch, ist noch alles klar?“
„Beeilt euch, die schießen auf uns, Mischka ist getroffen.“ Sprach eine Mädchenstimme.
„Macht euch bereit, Mira und Anita, die Waffen klarmachen, es wird ernst!“
„OK Admiral!“ Antwortete Mira und auf ihrem Bildschirm kam die vordere Dau ins Bild, ein Fadenkreuz leuchtete auf.
„Die haben vorne eine richtige fette Waffe, damit schießen die auf unsere Leute.“
„Kannst du die Waffe anvisieren und zerstören, ohne das ganze Boot zu versenken?“
„Ich hoffe, denn ich habe keine Ahnung, wie die Bordkanone auf das Holzboot wirkt, aber ich habe kleinste Energiestufe gewählt. Ich habe sie im Zielpeiler.“
„In Ordnung. Feuer!“

***

Für die Piraten auf dem ersten Segelschiff waren die kleinen Boote eine einfache Beute, die Segel waren zu klein, um ihnen zu entkommen und die ersten Pfeile hatten bereits getroffen. Die Beute war ihnen sicher!

Da tauchte aus einer Wolke ein fliegendes Ding auf und ein Blitz schoss aus dem vorderen Teil direkt auf das erste Segelschiff zu. Ein mächtiger Donner und Getöse, vermischt mit dem Geschrei der Mannschaft zerriss das Segelboot und die Mannschaft wurde ins Wasser geschleudert.

Das fliegende Ding kam näher und setzte sich zwischen das kleine Segelboot und den zerstörten Piraten. Grelle Lichter blendeten die Piraten, während das fliegende Ding sein Maul öffnete und die Leute aus dem kleinen Segelboot verschlang.

Das zweite Piratenboot hatte erkannt, dass da übermächtige Götter aus den Wolken gestiegen waren, um die kleinen Segler zu fressen. Das Piratenboot drehte so schnell wie nur möglich und ließ dabei die Piraten aus dem ersten Boot im Meer zurück.

Das zweite der kleinen Segelboote wurde von dem Ding aus den Wolken angegriffen und das Monster aus den Wolken fraß das ganze Segelboot. Erst dann erhob es sich aus dem Wasser und näherte sich den Piraten im Wasser.

***

„Seid ihr alle in Ordnung. Versorgt die Verletzten. Das schaut nicht ganz so schlimm aus.“

„Admiral, danke dass ihr gekommen seid. Kirah hier hat einen Schock bekommen, als ihr Bruder getroffen wurde.“
„Sollen wir die Pfeile herausreißen?“
„Nein, nur nicht, das machen wir im Camp. Was habt ihr in dem kleinen Segelboot noch zurückgelassen.“
„Nichts wichtiges, nur das Fernglas, das Funkgerät und einen Rucksack mit Zeugs halt.“
„Zeugs? Was denn für Zeugs?“ Fragte Sam nach.
„Ich glaube Signalpistole, Notfallset, die Notausrüstung eben. Da die Piraten klettern in unser Segelboot.“
„Geht auf 200 Meter und nimm das Boot ins Visier, einmal die volle Ladung und Feuer!“
Mira hatte das kleine Segelboot im Visier und sah im Sucher, wie die Piraten anfingen, alles aus dem Rucksack zu nehmen. Einer der Männer hatte gerade die Leuchtpistole gezogen, da traf die Kanone. Der Einschlag zerriss das Boot und die Piraten. Der Rest versank im Meer.
„Einmal darüberliegen und dann nichts wie nach Hause, ins Camp.“
Während die anderen Passagiere prüften, ob noch etwas im Wasser trieb, hatte Sam bereits das Camp verständigt und ein Rettungsteam stand bereit. Noch während sie nach «Atlantis» zurückflogen, kehrte das andere Segelboot zurück und versuchte zu retten oder Beute zu schlagen. Aber es war nichts mehr da zum Plündern.
„Die Götter haben uns gezürnt, sie haben uns für unseren Frevel bestraft. Da auf der Insel müssen die Götter leben.“

***

Der Gleiter mit den Geretteten landete mitten im Camp, so nahe an der Krankenstation wie nur möglich und die Helfer kamen bereits angerannt, um sich um die Verletzten zu kümmern. Die Verletzungen waren aber zum Glück nicht lebensbedrohlich.

Sam wies die Menschen im Gleiter noch an. „Ihr beiden kommt mit mir zur Regentin. Ihr anderen räumt hier rasch auf, macht den Gleiter wieder startklar. Ihr habt super gearbeitet, ein ganz großes Lob an euch.“

Nun schaute er die geretteten Segler an und lächelte wieder. Der Ernst aus seinem Gesicht war verschwunden. „Ihr habt heute richtig Glück gehabt. Nur gut, dass ihr um Hilfe gefunkt habt. Das darf sich nicht wiederholen. Jetzt lauft zu euren Leuten.“

Die beiden Segler, die Sam zum Warten aufgefordert hatte, schauten Sam mit großen Augen an. „Bekommen wir etwa Ärger?“
Mit einem freundlichen Lachen beruhigte er die zwei. „Nein, sicher nicht, aber wir müssen das vor eurer Regentin vortragen, sie muss das erfahren.“

Mit großen Schritten lief Sam zur «Terra» und die beiden Jugendlichen aus den Segelbooten folgten ihm.

***

„Da habt ihr aber noch einmal Glück gehabt.“ Sagte Marlis zu den beiden Jungs, nachdem sie alles gehört hatte. „Ist denn auch wirklich mit euch alles in Ordnung?“ Heftiges Kopfnicken war die Folge. Die Regentin war eben die Respektsperson, da gab es keine Frage.
„Also dann, lauft und erholt euch.“ Schon liefen die beiden Jungs aus der Sicht von Marlis.
Sie sah Sam an und beide nickten sich zu. „Es war uns allen klar, dass irgendwann die ersten Fremden kommen. Dass es gleich so läuft, konnte ja niemand wissen. Wie gehen wir nun vor, was denkst du Sam?“

„Fürs Erste würde ich einige Libellen startklar machen lassen. Auch wenn die unbemannt sind, können die lange in der Luft bleiben und aus der Höhe haben die eine gute Reichweite. Idealerweise sollten die um die Insel kreisen, wir sammeln dabei unsere Erfahrungen, ob das genügt. Die Kameras stellen wir so ein, dass sie uns nur bei Kontakt alarmieren.“

„Und wenn das nicht reicht?“

„Dann müssen wir eine Flugstaffel schaffen, die bemannt und bewaffnet wird. Was die dazu alles braucht und womit wie sie fliegen lassen, das sollten wir genau prüfen. Libellen reicht die Solarenergie, Gleiter brauchen mehr Wartung und wechselnde Besatzungen.“

„Gut. Bitte sorge dafür, dass die Libellen rasch in Dienst gestellt werden können. Ich denke, wir sollten auch der Nachtwache die Möglichkeit geben, sich auf die Libellen zu schalten, dann können sie sicher etwas angenehmer ihre Schichten absolvieren.“

„Ja, das ist in Ordnung und ich stelle eine kleine schlagkräftige Mannschaft zusammen, die mir im Zweifel etwas mehr Unterstützungen geben kann. Unsere Feuerlöschtruppe hat vorbildlich gearbeitet, aber wir hatten sie ja für andere Aufgaben erdacht. Was sagst du zu einem Dutzend?“

„Zweimal sechs Mann, dazu zwei Unterführer und ein Offizier würde ich sagen. Was meinst du?“
„Klingt gut, aber ich würde die zweimal sechs Mann von je einem jungen Offizier anführen lassen, einen dritten benötigen wir da noch nicht, die melden mir und das sollte reichen. Zumindest am Anfang.“

„Du bist der Admiral mein Schatz!“ Und Sam umarmte Marlis. „Ja, meine Regentin.“

***

Ein Jahr später hatten sich die Libellen als sehr gutes, probates Mittel erwiesen. Sie konnten autonom fliegen und boten auch den Heranwachsenden die Chance, etwas Verantwortung zu lernen, indem sie tagsüber die Libellen abwechselnd flogen.

Schnell waren diese Aufgaben beliebt, konnten sich jungen Leute doch beweisen, dass sie die Technik beherrschten und Aufgaben für die Allgemeinheit übernehmen konnten. Sam beobachtete sie immer mal wieder stichprobenweise. Als er das aber in guten Händen sah, unterließ er das. Doch anders als erwartet, hatten die jungen Piloten durchaus das Gefühl einen „Großen“ um sich zu haben. So stellten sie einfach den Antrag bei dem Rat, die eine Flugstaffel zu erweitern und mit zwei Anführern aus ihren Reihen, aufzufüllen.
Der Rat bewilligte dies und fortan kontrollierten sich die «Libellos», wie sie sich stolz nannten selbst.

Sam hatte eine kleine Garde aufgestellt. Zweimal sechs Mann stark und jede Gruppe bestand aus drei Frauen und drei Männern. Das hatte sich als die beste Zusammenstellung erwiesen. Zwei Leutnants wurden ernannt und sie trugen die Verantwortung für die Ausbildung. Mit zwei Gruppen gab es immer genug gesunde Rivalität unter den beiden Gruppen. Sam achtete aber peinlich genau darauf, dass sich keine der beiden Gruppen für etwas Besseres hielt.

Aus der kleinen Sammlung noch intakter Gleiter hatten die Techniker drei kleine und zwei mittlere Gleiter zusammengebaut und mit dem einen großen Lastengleiter standen diese unter einem schützenden Dach.

***

Die kleinen Camps auf «Atlantis» wuchsen nach und nach. Dabei füllte sich eines der Camps überwiegend mit Frauen. Sie verwalteten ihr kleine Camp rasch alleine und luden sich hin und wieder die Männer ein zur Übernachtung. Ein zweites Camp kam dann dazu.
Was anfangs noch etwas anrüchig angesehen war, zeigte nach einiger Zeit, dass das sehr wohl durchdacht war. Es gab keinen Streit untereinander und diesmal waren es die Männer, die zum Ausgleich und der Entspannung beitrugen. Aber noch waren die Camps etwas anrüchig.

Die Männer, die dort mit den Frauen lebten, sorgten für eine blühende Vielfalt und so wuchs «Atlantis» mehr und mehr.
Es dauerte eine Weile, bis den anderen Bürgern klar wurde, dass das keine «Lustcamps» waren. Aber dies gelang überraschend gut und ab da hatten die «Frauencamps» keinen anrüchigen Touch mehr. Im Laufe der Jahre wurde das Camp größer und man zog hinaus in das Camp «E» im Osten der wunderschönen Insel. Das alte Weltbild hatte sich ohnehin gewandelt. Waren die Frauen früher in bestimmten Berufen selten, oder gar nicht anzutreffen, so hatte sich eine tatsächliche Gleichberechtigung unter der Federführung der jungen Regentin eingebürgert.

Eines Tages wurde bei der Ratssitzung eröffnet, dass gerade ziemlich viele Kometen und Trümmer unterwegs seien und einige gefährlich nahekämen.
„Hoher Rat, wir sollten einen Ausguck schaffen, uns vor solchen Gefahren zu schützen. Wenn wir von so etwas getroffen werden, kann das schnell das Ende sein.“, sagten die beiden Wissenschaftler Isala und Bunita.
Aus dem Rat kamen aber nur Ablehnungen.“
„Hält der Rat die Schaffung einer Wächterstation, also eines Ausgucks tatsächlich für unnötig, wenn doch so viele Trümmerstücke herumfliegen?“ Dies wollte Marlis dann doch geklärt haben. Aber zwei Ratsmitglieder eröffneten mit Berechnungen, dass die Chance so verschwindend gering sei, dass man dies als nahezu ungefährlich einstufen könne.
Bei der anschließenden Ratsabstimmung waren nur Marlis, Sam und ein weiteres Mitglied für einen Ausguck, aber 11 dagegen. Immerhin schlug man vor, im kommenden Jahr eine Art Sternwarte zu schaffen, die dann auch als Ausguck tätig sein könnte. Damit war das Thema Kometenalarm erledigt.
Der nächste Punkt war wichtiger. Einer der Bürger hatte ihn eingebracht.
„Ich beantrage die Schaffung eines Krankenhauses. Der bisherige Verbandsplatz ist zu klein, veraltet und wir haben weder Platz noch Leute, sollte etwas geschehen. Bitte vergessen sie nicht, wir haben inzwischen über 3.500 Bürger, die sollten eine adäquate Versorgung haben.“

Gegen diesen Vorschlag gab es keine Gegenstimmen. Das Krankenhaus wurde gebaut und war binnen vier Monate bezugsfertig. Endlich gab es eine deutlich bessere Heilanstalt.

***

In den letzten Wochen konnte man auf «Atlantis» unglaublich viele Sternschuppen sehen. Die Schwerkraft der Planeten hatten begonnen die Trümmerstücke nach und nach einzusammeln. So sammelte auch ihr neuer Heimatplanet «Terra» kleinere Stücke ein und sie vergingen fast alle mit einem Leuchten in der Atmosphäre.

Fast alle!

Ein Trümmerstück bestand aus Eisenmetall und schaffte es durch die Atmosphäre. Hell leuchtend strich es durch den Himmel und kam direkt auf die «Atlantis» zu. Als die Sirenen erklangen, war es bereits viel zu spät.

Wie eine Bombe schlug der feurige Komet in die untere Hälfte des kleinen Berges ein und riss diesen vollends auseinander. Auf der Spitze hatte sich der zentrale Scheinwerfer mit dem Funkfeuer befunden, das den Überlebenden als Signal gedient hatte. Die Leuchtanlage auf dem Berg verging in einem hellen Feuerball. Brennende Reste und Trümmer fielen in die Stadt und gut 30 Häuser und Hütten wurden zerstört.
Dabei kamen leider auch Menschen zu Schaden. Das Unglück war das schlimmste, das es bisher in der Stadt gegeben hatte. Ein zentraler Wassertank ging zu Bruch, und überflutete einige Straßen, wobei Menschen ertranken. Zwei der Solarfelder wurden fast vollständig zerstört und noch vieles mehr.

Die Trauer brachte die Menschen wieder näher zueinander. Nach dem großen Aufräumen begannen die Vorbereitungen für die zentrale Beerdigungszeremonie. Insgesamt kamen dabei 64 Menschen ums Leben. Besonders schlimm wurde dabei empfunden, dass eine Kindergrippe mit 19 Kindern dabei war. Nachdem die Toten begraben, die Verletzten versorgt, und die Stadt wieder halbwegs normal aussah, tagte der Rat erneut und diesmal waren die Besucherplätze restlos besetzt. Viele Neugierige standen an den Eingängen und wollten wissen, was der Rat unternehmen würde, um solche Gefahren zu erkennen und abzuwehren.

Die Vorwürfe gegen die Ablehner des Ausgucks wurden von den Bürgern scharf angegangen. Am Ende entschuldigten sich die Ratsmitglieder bei allen, dass sie damals gegen den Ausguck gestimmt hatten. Schließlich bat Marlis um Ruhe und Gehör.

„Wir haben im Rat Fehler gemacht, als der Ausguck nicht gebaut wurde. Das ist nun einmal Fakt. Dennoch sollten wir nach vorne sehen und überlegen, wie wir so etwa zukünftig vermeiden. Eines ist uns doch klar, wenn wir nur den Ausguck hätten, könnten wir das Unglück nur früher voraussagen. Abwehren könnten wir es aber nicht.

Mein Vorschlag lautet daher wie folgt:
1. Versammelt die wichtigsten Unterlagen und Gegenstände hier in der alten Fregatte. Ihr Schutzschirmgenerator lässt sich ohnehin nicht ausbauen, aber er kann das kleine Schiff schützen, mit allem was drinnen ist. Lasst uns dort die wichtigsten Dinge lagern und verschließen, die zentrale Rechenanlagen stehen ohnehin schon hier.

2. Gleichzeitig empfehle ich den Ausbau der schweren Strahlenkanonen aus der Fregatte, den beiden Korvetten, Gleitern und anderen Schiffen, ausgenommen sind jene der Verteidigung. Diese Kanonen sollten wir rings um unsere Insel auf hochgelegenen Punkten installieren und mit Energiesystemen ausstatten. Nur so könnten wir einen erneuten Angriff abwehren.

3. Das wird gewaltige Anstrengungen erfordern und unser größtes Problem dabei wird die Energieversorgung sein. Die Speicherbänke der Kanonen fassen bestenfalls drei Schuss, dann sind sie leer. Wir brauchen also eine neue Energieversorgung auch für die dezentralen Standorte, denn die benötigen auch mehr Energie. Für die Verteidigung der Insel sollten die Solarfelder erweitert werden, das kann einen Teil decken, aber natürlich nicht alles, das ist mir klar.

4. All unsere Fachleute, sollte zusammenkommen und überlegen, was wir für Möglichkeiten haben unsere Energieversorgung zu optimieren. Auf unseren Raumstationen und Städten hatten wir die Geothermie genutzt. Hier haben wir einen mächtigen Vulkan direkt vor unserer Haustür, lasst uns überlegen, wie wir ihn anzapfen können.

5. Neuaufbau der Signalanlage und des Funkfeuers. Wir sollten nicht vergessen das Funkfeuer wiederaufzubauen. Da draußen können immer noch langsam fliegende Raumschiffe unserer Heimatwelt sein, die unterwegs zu uns sind. Die sollten weiterhin ein Signal erhalten.“

Es trat eine kleine Pause ein, dann standen die ersten Bürger auf und begannen zu applaudieren. Immer mehr fielen ein, danach klatschte auch der Rat und endlich rief jemand „Abstimmen – Abstimmen!“

***

Neue Energie

Der Beschluss erging einstimmig. Die «Terra» wurde fortan zum Regierungssitz auserkoren, mit der Verwaltung kamen die Serverbänke und Archive dazu. Dafür wurden die Waffen aus der Fregatte ausgebaut und in schweißtreibender Arbeit auf acht Hügeln auf der Insel aufgebaut.
Die Kanonen erforderten massive Bauten, daher wurde hier mit Stein gearbeitet.

Die Solaranlagen konnten die Speicherbänke aufladen, sie würden aber teils viele Stunden oder gar Tage benötigen. Entlang der Stadt baute man drei neue Solarfelder, die ihre Energie in neu geschaffene Speicherbänke übertrugen. Je nach Zweck konnten elektrische Arbeiten abgerufen werden, sei es um die Metallschmelze zu betreiben oder um im neuen Krankenhaus nützlich zu sein. So plante und verteilte man die Ressourcen in der Stadt und keine Partei kam dabei zu kurz. Aber es war allen klar, dass die Solarfelder alleine nicht ausreichen konnten. Sie bedeckten jetzt schon viel fruchtbaren Boden.

Zwischen den beiden Natur Häfen an der Landbrücke war ein zumindest halbhoher Berg. Auf der Spitze des Berges entstand ein hoher, gemauerter Turm, der in der Spitze das drehende Leuchtfeuer erhielt. Auf dem Dach wurde wieder eine Antenne für den Funkpeiler errichtet.

Auf den Ratssitzungen besprach man auch das Thema der Gerichtsbarkeit. Dem Vorschlag einiger Mitglieder, den altehrwürdigen Gelehrten Janus Pantoa zum Richter zu ernennen kamen die meisten nach, aber sie wollten sogar drei Richter, für besondere Fälle. Im Normalfall würde jeder Richter für einen Bereich entscheiden und wenn etwas Besonderes zur Debatte stand, dann entschieden alle drei.

Aber noch etwas wurde beschlossen.

Da die Bevölkerung den Führungsstil von Marlis und Sam akzeptierten und mochten, bestanden sie darauf, dass die Regentin mit dem Admiral ein Veto Recht zugesprochen wurde. Die Bevölkerung traute den beiden ohne Wenn und Aber und so wurde neben den drei Richtern auch dieses Recht eingetragen und Gesetz. Die Richter wurden vom Volk vorgeschlagen, ein kleines Gremium beratschlagte und schlug letztendlich der Regentin die Richter zur Ernennung vor.

«Atlantis» entwickelte sich immer mehr zu einem Matriarchat. Was anfangs noch mit Unbehagen angesehen wurde, zeichnete sich aber sehr schnell als richtig heraus. Die Regentin hatte das Sagen. Ihr Gemahl stand ihr zur Seite.

Was folgte, war der Ausbau der Transportwege. Die Wasserwege wurden für die Gütertransporte genutzt und nach uns nach wuchs die kleine Flotte an Schiffen an. Immer mehr Segelschiffe sah man, die mit zwei oder mehr senkrecht stehenden, drehenden und mit Solarpanels bedeckten Säulen über die Flüsse fuhren.

Dabei war das Antriebskonzept des genialen Ingenieurs Jenesay Ruggert die ideale Lösung. Bläst der Wind gegen einen rotierenden Zylinder, so wird die Luft beschleunigt, wo Drehsinn des Zylinders und Windrichtung zusammenkommen. Auf der gegenüberliegenden Zylinderseite wird sie abgebremst, strömt also langsamer. Dies erzeugt zugleich Unterdruck und Überdruck. Die Solarbeplankung erzeugte den Strom für die Drehung der großen Zylinder und diese Technik hatte sich bereits auf der Heimatwelt durchgesetzt. Segelschiffe konnten so auch gegen den Wind kreuzen.

***

Eines Nachmittags wurde in der Zentrale ein schwacher Funkspruch registriert. Aus der Peilung ging hervor, dass das Signal aus dem All kam und zu einem alten Frachter der «Trogger» Klasse entstammte. Diese Frachter waren seit vielen Jahrzehnten außer Betrieb, da sie viel zu langsam und auch noch anfällig dazu waren. Ausgerechnet solch ein altes Schiff hatte sich gemeldet.

„Admiral, wir haben Funkkontakt zu dem Transporter. Die schleichen sich mit letzter Kraft in unsere Richtung und können in zwei Woche bei uns sein.“
„Wissen wir, wo die so lange waren und wieso die sich erst jetzt melden?“
„Ja ein Kapitän Creepy sagte, sie seien bereits seit dem Untergang unterwegs, aber der Hauptantrieb hatte einen Schaden und sie konnten nur mit halber Kraft fahren.“
„Gut weist sie ein, leider haben wir derzeit keine raumtüchtigen Gleiter, um ihnen entgegenzukommen. Haltet mich auf dem Laufenden über alles Neue.“

Der Anflug des Frachters wurde genau verfolgt. Er kroch förmlich durchs All und kam immer näher. Zuletzt erfolgte die Warnung des Kapitän, dass die Steuerung sehr eingeschränkt sei.
Sam machte sich mit Marlis auf zur Funkstation.
„Kapitän Creepy, hier spricht Admiral Sam Muana von «Atlantis». Wie schaut es bei ihnen aus?“
„Admiral, endlich eine angenehme Stimme. Wir kommen in das Schwerefeld des Planeten und haben eine grobe Landeroute einrichten können. Wir haben allerdings nur einen Versuch. Sollte der misslingen dann haben wir alle ein Problem.“
„Gut, was ist bei ihnen ausgefallen, was klappt alles nicht beim Landen?“
„Sir, wir haben keine Bremsraketen, wir müssen einen freien Landstrich haben, bei dem wir mit der Plasmalanze Geschwindigkeit abbauen können. Aber das bedeutet, dass wir einen geraden Kanal in ihre schöne Insel fräsen werden. Ist ihnen das klar?“
„Oh ja, das ist uns durchaus klar. Von wo kommen sie angeflogen?“
Es wurde ein Kurs ausgemacht, der genügend Möglichkeiten bot, den Frachter landen zu lassen. Dennoch gab es dabei ein Problem. Der Frachter würde von Westen her die Insel etwa auf der Mitte der Fläche treffen und dann den Vulkan als Zielmarke haben. Sollte der Frachter nicht genug Energie mit Hilfe der Plasmalanze abbauen können, würde der Vulkan letztendlich den Frachter stoppen.

„Sonst sehe ich keine Möglichkeit. Aus See können wir nicht heruntergehen, wir versinken sofort und alle anderen Landflecken sind von Mooren oder Bergen gesäumt.“

„Lassen sie es uns so machen. Wir errichten am äußersten Landepunkt zwei Leuchten und der Vulkan ist die Peilung, das muss machbar sein.“

„Ja, ich habe verstanden, sollte etwas schiefgehen, wird uns der Vulkan final bremsen. Einen anderen Weg sehe ich auch nicht.“

Der Frachter kam näher und näher, dann endlich trat er in die Atmosphäre ein und verlangsamte wie ein brennender Komet langsam seine Geschwindigkeit.

„Entfernung noch 12 Kilometer zur Insel, ich starte jetzt die Plasmalanze zum Abbremsen.“

Die Landung sah aus, als wie, wenn ein überschwerer Lastenzug ein verschneites Bahngleis freiräumte. Die Plasmalanze verdampfte einen fast 50 Meter breiten Graben und eine unglaubliche Dampfwolke stieg auf, wo sich der landende Frachter wie eine Bodenfräse den Weg freimachte.

„Admiral da vor uns ist ein kleiner Berg, den haben wir übersehen der liegt in einem See, das wird heftig zischen, aber kann zum Löschen der Brände beitragen. Noch etwa vier Kilometer dann kommt der Berg noch sechs Kilometer bis zum Vulkan, jetzt wirds eng…“

Alles, was fliegen und helfen konnte, hatte sich an der Westseite der Insel versammelt und die Landung des Frachters miterlebt. Ein kerzengerader Graben war vom Meer her bis auf die kleine Insel vor dem Vulkan gezogen worden, Dort nahe der kleinen Insel kam der Frachter zischend zu stehen. Von der Meerseite her floss bereits das Wasser in den neuen Kanal ein und umspülte den Frachter. So wurde der Frachter abgekühlt.
„Kapitän Creepy, ist bei ihnen alles klar?“ Fragte Sam und als das erleichterte Jubelgeschrei aus dem Frachter kam, meldete sich auch der Kapitän zu Wort.
„Ja danke Admiral, wir haben es in einem Stück geschafft. Danke für die Unterstützung. Ich bringe ihnen 42 Frauen, 12 Männer, 12 Kinder und den Laderaum voller Waren. Was davon alles noch nutzbar ist weiß ich allerdings nicht.“
„Sie haben die Erlaubnis, an Bord zu kommen und ein herzliches Willkommen, ihnen allen.“
Die Besatzung des Frachters wurde sofort herzlich begrüßt. Die Frauen und Mädchen hatte allesamt eine schlanke Erscheinung und helle Haare, viele rothaarige Frauen waren mit dabei und sie waren alle lieblich anzusehen. Die Männer waren sportlich gestählt und sahen gesund aus. Offenbar hatten sich alle die Mühe gegeben, die Zeit auszunutzen, um fit und gesund zu bleiben.

***

Die Landung des Frachters erwies sich als regelrechtes Wunder. Da die Lagerräume im All nicht betreten werden konnten, waren die Waren im gleich Zustand wie beim Abflug. Baugeräte, Energiegeneratoren, Absorber, Kräne, Material und Baumetarial für eine kleine Raumstation waren dabei und eine Unmenge an Nahrungsmittel. Auch wenn das nur Konzentrationsmittel waren, so war das ein Gruß aus der Heimat.

Wichtiger war aber ein «Thermalgreifer». Diese Greifer waren unglaubliche Geräte. Sie waren für Schlachtschiffe gedacht, die bei Strandungen auf fremden Planeten den Planetenkern anzuzapfen, um Energie abzuzapfen.
Da sie nur eine einzige Energiemenge abzapfen konnten, war das das größte Manko dieser Geräte.
Zu Beginn musste bereits ein Energiewandler installiert sein, der das gewonnene glühende heiße Plasma zu 100% an die Umgebung abgeben konnte. War das nicht gegeben, konnte sich ein «Thermalgreifer» wie eine Nuklearbombe umwandeln und alles um sich herum vernichten.
Dieser Greifer war für die Energie, die ein Schlachtschiff brauchte entwickelt. Die Energiemenge betrug 550 Mrd. kWh. Das war das Vielfache, was alle Siedlungen auf «Atlantis» zusammen benötigten. Entsprechend gut musste die Ableitung sein. Kapitän Creepy wurde mit seinen Ingenieuren und Technikern eingeladen, den Einsatz dieses Greifers zu überdenken.

„Gestatten sie mir zu Anfangs ein paar Bemerkungen. Wir haben einen kompletten «Thermalgreifer» an Bord, das ist ein in sich geschlossenes System. Alles ist aufeinander abgestimmt und sollte niemals verändert werden, wenn sie nicht wollen, dass ihre schöne Insel in einer Nuklearexplosion vergeht.

Der Greifer ist autark, er erstellt sein eigenes Energiefeld, gräbt sich bis zum einprogrammierten Punkt in den Erdmantel, oder bei ihnen in die Erde um den Vulkan ein und schaltet dann die Sicherheitsleitungen autonom an.
Diese Leitungen sind als Ganzes zu sehen und sie müssen dann in das Meer verlegt werden. Die Gesamtlänge beträgt 75 Kilometer und wird bei der Inbetriebnahme automatisch zusammengesetzt. Wir müssen allerdings dafür sorgen, dass es keine Unterbrechung gibt, denn der Greifer wird am Ende auf Energiegewinnung umschalten und wehe wir sind bis dann nicht fertig. Dann hat der Planet ein weiteres Loch.

Das muss uns allen klar sein, ehe wir beginnen, auch nur im Entferntesten daran zu denken einen «Energiegreifer» einzusetzen.“

Während auf der einen Seite der Frachter entladen und zerlegt wurde, planten auf der anderen Seite die Ingenieur und Techniker die Leitungsverlegung für den «Energiegreifer».

„Wir haben einen Vorteil, der mächtige Graben, den der Frachter in die Insel gefressen hat, ist durch das Meerwasser zum Kanal geworden. Am Grunde des Kanals sollten wir die Sicherheitsleitungen in das Meer hinauslegen können.“

„Wie groß ist denn dieser Wärmetauscher?“ Fragte einer der Techniker und die Ingenieure zeigte ihm eine Ansammlung von 22 Großcontainern. „Das da ist alles der Energie und Wärmetauscher. Er gibt die Wärme gnadenlos an die Umgebung ab.“
Zum Glück war das Gesamte System ausgelegt auf einem abgelegenen Planeten die Menschen am Leben zu erhalten und daher auf größtmögliche Sicherheit ausgelegt. Dazu war, dass das System autark war. Es brauchte nur eine geringe Mannschaft, den Wärmetauscher aus den Containern zu fahren und im Meer zusammen zu koppeln.
Am Ende ergab das eine Art Lastenschiff, das schwimmend weiter hinausfahren konnte und dabei den Kurs exakt halten konnte. Beim Erreichen der Maximallänge begann der Tauscher vier Leitungen in Richtung der Insel zu montieren.
Kilometer um Kilometer wuchs die Leitung weiter vom offenen Meer hin in Richtung des Frachtschiffes, das noch immer auf der kleinen Insel am Vulkan lag.

„Wir kommen besser voran, als gedacht, wann kann man den Frachter von dort wegbringen, der stört den weiteren Ausbau?“
„Ein einzigen Mal werden wir das Triebwerk noch zünden können, ich kann aber nicht garantieren, wie weit wir damit kommen 100 Meter oder 10 Kilometer weit.“ Antwortete der Kapitän des Frachters.

Schließlich startete der leere Frachter und stieg mit einem Feuerball hinauf, um seitlich weg zu driften und auf das Meer hinaus zu fliegen.
„Kapitän steigen sie aus, das Schiff stürzt ab, steigen sie aus!“ Rief Sam.
Als die Triebwerke mit einem letzten Fauchen ausfielen, stürzte der Frachter hinab auf die See. Aus dem vorderen Bereich löste sich die Rettungskapsel und Kapitän Creepy meldete sich über Funk.
„Das war die letzte Meldung aus dem Frachter, leb wohl du liebes uraltes Ding. Ich komme zu euch an Land. Ende.“

Der Frachter schlug hart auf dem Meer aus und zerbrach in Stücke, die schnell versanken. Ein wenig Rauch, das war alles, was von dem Frachter übrigblieb.

„Danke Kapitän, sie haben uns einen letzten Dienst erwiesen. Nun sind sie die Verantwortung los.“ Lobte Marlis den Kapitän der sich freute, von der Regentin gelobt zu werden.
„Dann könnt ihr jetzt ja endlich die Leitungen fertig bauen, damit der Greifer aktiviert werden kann, oder?“
„In der Tat!“ Bestätigte Sam und die kleine Gruppe bestieg einen Gleiter und flog in die Stadt. Unterwegs gaben sie die Kommandos, die arbeiten am Bau fortzusetzen. Aus der Luft betrachtet war es tatsächlich eine gerade Linie, in der die Leitungen verlegt wurden und auf der kleinen Insel in einem letzten großen Gehäuse an den «Thermalgreifer» angeschlossen zu werden.

Marlis unterhielt sich mit den Ingenieuren und Kapitän Creepy. „Wie erfolgt eigentlich die Energieübertragung aus dem Greifer?“
„Das System ist ja für Katastrophen ausgelegt. Dort, wo solch ein System eingesetzt wird, liegen keine Kabel. Die Übertragung erfolgt drahtlos über ein Energienetz, das wird man abends wie ein Leuchten sehen können. Das Verteilernetz müssen wir aber erst nach und nach errichten.“

So wurden die Bauarbeiten weitergetrieben. Der erste Teil der Versorgung würde die vier größten Siedlungen versorgen und natürlich die Stadt.
„Dürfte ich einen Vorschlag machen?“ Der Ingenieur Gernroth Lisam meldete sich mit einer seiner genialen Ideen.
„Lasst und gleich zu Beginn ein Ringnetzwerk für das Energienetz aufbauen. Das kann dann auch auf Redundanz ausgelegt werden.“ Rasch zeichnete er das Netzwerk in die Projektion ein und alle waren zufrieden, als sie einige Vorteile erkannten.
„Genial, das ist sicher, da kann so schnell nichts ausfallen.“ Bestätige Kapitän Creepy.

Drei Wochen später waren die Arbeiten abgeschlossen und es näherte sich der Termin der ersten Inbetriebnahme. Der Greifer wurde gestartet und grub sich von der kleinen Insel südwestlich des Vulkans in die Erde ein. Auf den Sensoren erkannten die Techniker, dass es nach einigen Stunden soweit war. Alle Verbindungen waren angeschlossen, die automatische Überprüfungen verliefen ohne Fehler und nach dem Einschalten geschah zunächst einmal gar nichts.

Draußen auf dem Meer schwebte ein Gleiter und beobachtete mit den Messgeräten, ob und was sich tat.
„Hier Gleiter ich messe deutlichen Temperaturanstieg bei dem Wärmetauscher. Die Temperaturen steigen, leichte Bläschen steigen auf, mehr aber nicht. Die Meeresströmung nimmt die Energiemenge problemlos auf. Gleiter Ende.“
In der Stadt wurde ein letzter Test gefahren, am Abend war dann der erste Start des Netzwerks geplant. Mit einer kleinen Rede übergaben die Ingenieure einen Schalter an die Regentin und Marlis weihte mit einem Knopfdruck die Anlage ein.
Ein feines rosafarbenes Leuchten stand zwischen den einzelnen abgespannten Übertragungspunkten. Man musste genau hinsehen, wollte man das Leuchten sehen.
„Was passiert eigentlich, wenn Vögel oder einer unserer Gleiter durch einen solchen Strahl fliegen?“ Fragte Marlies und der Ingenieur Lisam beruhigte sie.
„Keine Sorge Regentin, solange der Vogel sich nicht auf die Antenne sitzt oder der Gleiter keinen Bodenkontakt hat passiert da gar nichts, das fließt einfach um jeden Körper herum.“
„Und das ist vollkommen sicher?“
„Vollkommen sicher.“

In der Stadt wurden nach und nach die Verbraucher eingeschaltet. Überall begannen Lichter zu erleuchten und nirgendwo kam die Ansage, weniger Energie zu benutzen. Es gab seit langem mal wieder reichlich Energie.

Auf der Größen Videoleinwand begann ein Bild zu entstehen, das zeigte die Insel aus der Vogelperspektive.

„Regentin, aufgepasst, wir schalten die Scheinwerfer der Abwehrpunkte dazu. Die acht mächtige Scheinwerfer zauberten ein Lichterkegel über die Insel. Auf der Präsentation erhellten sich jetzt auch die anderen Siedlungen. Im Norden an der Ostküste leuchte ein kleines „U“. Endlich sah man die Bauform der Siedlung, die man vom Boden aus nie gesehen hatte.
Die Nachbarsiedlungen kamen dazu und sogar die beiden kleinen Städte im Osten erhellten sich. Auf Zwei Uhr die kleiner Handelsstadt und auf Drei Uhr die Siedlung der «Tausend Frauen», wie das ehemalige Frauencamp neuerdings öfter genannt wurde.

Mit einem Fest wurde die gewaltige Leistung der Gemeinschaft gefeiert und alle freuten sich.

***

Der Besuch aus einer anderen Welt

Monate später hatte sich das alles normalisiert. Tagsüber liefen jetzt auch die schweren Generatoren in den ersten Fabriken.
Sam und Marlis gingen durch den herrlich angelegten Park im Osten der Stadt, als ein Bote völlig außer Atem zu ihnen gelaufen kam.

„Verzeihen sie edle Regentin, Herr Admiral, aber sie haben ihr Sprechgerät im Büro liegen gelassen, wir konnten sie nicht erreichen.“
„Was ist denn so wichtig, dass wir unseren Mittagsspaziergang unterbrechen sollen?“

„Wir haben die Überreste eines Floßes gefunden. Es trieb mit allerlei Strandgut gut 25 Kilometer nördlich und wurde von einer unserer Fischerpatrouillen eingesammelt. Eine andere Patrouille hat zwei Überlebende im Wasser treibend gefunden, eine Frau und einen Mann.
Diesmal sind es keine Piraten, wie zuletzt vor einigen Jahren. Das scheinen einfache Menschen zu sein.
Vermutlich waren die beiden auf dem Floß. Wir verstehen sie noch nicht, daher bittet der Rat sie um die Unterstützung. Vielleicht können sie mehr aus den beiden erfahren als wir.“

„Es ist gut, wir kommen und helfen, sofern wir das vermögen.“ Der Bote lächelte kurz, drehte um, bestieg sein Elektrobike und fuhr zurück in die Stadt.

„Sollten die einfachen Menschen auf diesem Planeten bereits soweit sein, dass sie auf dem Meer navigieren können, das wäre eine erstaunliche Veränderung. Ich denke, wir müssen künftig öfter mit Besuchern rechnen mein Schatz. Die Piraten, die damals unsere Segler überfielen, müssen wir wohl als «zufällige Fernreisende» einordnen.“

„Sam, dafür liebe ich dich. Du siehst immer noch Möglichkeiten und bist bereit, sofort etwas Neues anzupacken.“
„Tja, Schatz, dafür hast du das Sprachgefühl, das jetzt wohl wieder gebraucht wird. Also los, lass uns sehen, ob wir helfen können.“ Sie schaute nach einem freien Gefährt.
„Hallo Fahrer, bitte bringen sie uns zurück in die Zentrale.“

„Sofort doch Regentin, Herr Admiral bitte nehmen sie Platz.“ Kurz danach rollte ein solarbetriebener Wagen summend in die Stadt und brachte die Regentin und den Regenten in die Zentrale.

***

Die beiden Überlebenden waren bereits medizinisch versorgt und saßen auf einem weichen Teppich und unterhielten sich untereinander leise.
Sie waren etwa 1,65m groß, die Frau etwas kleiner, ihr krauses gelocktes Haar war gepflegt, das sah man.
Der Mann hatte starke Arme und die Frau schien auch recht sportlich und kräftig zu sein. Ihre Haut war sonnenverwöhnt und die Frau hatte einen kräftigen Busen.

Ihre Kleidung bestand aus Stoffen mit unterschiedlichen Bemalungen. Während die Frau Schmuck um den Hals trug, der golden glänzte, trug der Mann nur eine feine, gezeichnete Körperbemalung.
Beide trugen sie am Gürtel je ein Bronzemesser, diese handwerklich geschickt gefertigt aussahen.

Neben den beiden Gestrandeten standen zwei Wachen aus der Zentrale. Sie trugen ihre langen Repräsentationsspeere und die Spitzen der Speere leuchteten. Neben je einem Messer trugen die Wachen auch kleine Impulspistolen.

Ehe die Regentin und der Admiral zu den beiden Gestrandeten kamen, wurden die Wachen verstärkt. Zu den vier Mann der Wache kamen auch ein Schreiber und zwei junge Mädchen, die für die Versorgung zuständig schienen. Die Mädchen schauten immer mal wieder verlegen zu dem muskulösen fremden Mann auf dem Teppich.

Als die Regentin sich freundlich verneigte, und eine Begrüßung von sich gab, stand der Admiral aufmerksam, die beiden musternd neben ihr, sagte aber noch nichts.

Jetzt packte der Mann den Mut und er versuchte sowohl verbal, als auch nonverbal mitzuteilen, dass sein Name «Matomba-Naju» war. Seine Begleiterin zog er zu sich an die Seite, sie kniete sich neben ihn auf den Teppich und der Mann zeigte auf die Frau und sagte «Nana-Remana».

Marlis schaffte es, binnen weniger Minuten eine beruhigende Sicherheit auszustrahlen, und stellte sowohl sich als auch ihren Mann Sam vor. Nach und nach verstand Marlis mehr von dem, was «Matomba-Naju» ihr mitteilen wollte und versuchte nun herauszubekommen, von wo die beiden denn wohl gekommen waren.

Während die Regentin und «Matomba-Naju» miteinander versuchten zu kommunizieren, sah sich die Frau in dem alten Raumschiff um und schien von einem großen Globus angetan zu sein. Den hatten die Heranwachsenden mit Hilfe der 3D Drucker erstellt und an die Regentin übergeben.
«Nana-Remana» stand auf, schaute Sam an und zeigte auf den Globus und redete in einem enormen Tempo auf Sam ein. Sam verstand indes, was die Dame wünschte und ließ den Globus her rollen. Es war ein mächtiger, gut zwei Meter großer Globus von «Tramis».

«Nana-Remana» war gleich auf den Beinen und war beim Anblick des Globus nicht überrascht. Sie drehte ihn und orientierte sich, schließlich zeigte sie auf die dünne Verbindung zwischen den beiden linken Kontinentalplatten mit dem spitz zulaufenden Ende gen Süden.

Von hier aus war es aber ein gewaltiges Stück bis nach «Atlantis». Sam versuchte das der Frau verständlich zu machen und plötzlich lächelte sie verstehend und wies auf die Meere, da schien es eine stetige Strömung zu geben, die an ihrer Heimat vorbeilief und dann weiter gen Norden strömte.

Sie wiederholte diese angedeutete Wasserbewegung und Sam nickte, er gab ihr zu verstehen, dass er die Sache mit der Strömung verstanden hatte.
„Schatz, was ich nicht verstehe, woher kennen diese Menschen das Aussehen ihres Planeten, wieso kennen sie die Kontinente und die Strömungen?“

„Das sind gute Fragen, finde es heraus, das ist sicherlich interessant.“, und mit einem Blick zu dem Schreiber erklärte Marlis ihm „wir nehmen diese Fremden in Gastfreundschaft auf. Man helfe ihnen und kleide sie ein, damit sie sich wohler fühlen.“

So wurden mit «Matomba-Naju» und «Nana-Remana» die ersten Bewohner von «Tramis» eingeladen zu bleiben und diese beiden waren ein echter Glücksgriff. «Nana» sprach zwei Sprachen und drei Dialekte und «Matomba» wusste um die Stämme und Volksgruppen recht gut Bescheid. Mit Marlis und ihrer Tochter «Claudi», die beide ein unglaubliches Sprachgefühl hatten, gelang es in Kürze, die Sprachen den «Neuen Welt» zu erlernen.

«Matomba» erwies sich schnell als ein geschickter Handwerker und er half beim Bau der kleinen Solarroller, die hier überall zu finden waren und Platz für vier Personen boten. Mit der eigentlichen Solartechnik kam er noch nicht zurecht, das überstieg noch sein Verständnis, aber mit rollenden Rädern hatte er überhaupt keine Probleme. Beim Leichtbau konnten die Techniker von ihm noch einiges lernen, was er aus Palmenblättern und diversen Fasern alles zauberte, das verblüffte sogar die Techniker.

***

Zehn Jahre später

«Atlantis» war weitergewachsen. Inzwischen zählte man über 5.000 Bürger. Sam und Marlis waren jetzt beide 45 Jahre alt. Ihr ältester Sohn Manitau war erst kürzlich in den Rat gewählt worden und beeindruckte durch sein Wissen und seinen Weitblick. Der Zwanzigjährige hatte zwar seinen eigenen Kopf, profitierte aber vom Wissen seiner Eltern und war überall gern gesehen.

Mit seiner jungen Frau hatte er ein gesundes Kind. Seine achtzehnjährige Schwester Claudi hatte kürzlich einen jungen Mann geheiratet und die beiden waren gerade mit ihren Freunden dabei ein eigenes Haus zu bauen.

Die anderen sechs Siedlungen wuchsen allmählich immer weiter. Da inzwischen die Energieversorgung kein Problem mehr darstellte, konnte man die Erweiterung der einzelnen Siedlungen und Städte auch weiter betreiben.

***

Bisher hatte es noch immer keine Querelen oder handfeste Streitigkeiten gegeben. Die junge Zweckgemeinschaft hielt zusammen. Ein großer Vorteil war die Abgeschiedenheit der Insel. Dies sorgte aber auch dafür, dass die Frage nach dem Außenhandel immer öfter angesprochen wurde. Und so entstand eine Werft. Hier wurden aus den alten Raumschiffen, Gleitern und Kapseln modernisierte und überholte Gleiter zusammengebaut. Es war nur eine kleine Anzahl, aber immerhin wuchs diese kleine Flotte an.

Gleichzeitig machten sich die jungen Menschen daran, kleine und mittlere Segelschiffe zu konstruieren. Die Frachtschiffe wurden mit den rotierenden Säulen angetrieben, aber für den Sport waren die Segel gedacht. Bald schon liefen die ersten kleinen Segler vom Stapel und die erste Regatta hatte einen mächtigen Zulauf.
Endlich gab es wieder eine Sportveranstaltung für alle. Der Wassersport entwickelte sich wieder rasend schnell. Hier konnten die jungen Bewohner zeigen, was alles in ihnen verborgen war. Es gab getrennte und gemischte Klassen. Dabei gewannen die gemischten Klassen immer mehr Zulauf.

Die Fischerei erlebte einen Zulauf. Das Interesse an den fremden Fischen und Gewässern war da und die jungen Menschen zeigten nur allzu gerne, was sie alles konnten. Durch die beiden natürlichen Häfen in Nordosten der Insel konnten die Segler auch in geschützten Bereichen ankern. Die teils heftigen Stürme konnten so gut überstanden werden.

Mit der Zeit entwickelte sich die Landwirtschaft auch wieder. Die Pflanzenkundler hatten die Insel untersucht und einiges brauchbares dabei gefunden. Über eine Versorgung, die mittels der drei Gleitern gestartet wurde, kamen immer mehr neue Nahrungsmittel in die Stadt. «Atlantis» wurde aber auch nach und nach in den Ländern und Kontinenten bekannt und man sah öfter das Zeichen, das für «Atlantis» stand.

Die Neugierde der Menschen auf «Terra» wurde geweckt. Die ersten Königreiche waren zwischenzeitlich entstanden und die Menschen trauten sich erstmals auf die Meere hinaus. Mit Zunahme der Bevölkerung wurden auch nach und nach an den Küstenstellen der Insel die acht Strahlenkanonen in Kombination mit neuen leistungsstarken Scheinwerfern modernisiert.

Diese Geschütze waren vor allem in den Nachthimmel gerichtet, man konnte sie aber auch auf das Meer ausrichten. Ein Jahr später gab es erstmals wieder seit Jahren Alarm für die Raumabwehr.

„Achtung Kometenalarm!“ Drang es aus den Lautsprechern der Insel. So schnell wie nur möglich wurden die Abwehrsysteme hochgefahren. An Bord der alten Fregatte wurden die Schleusen geschlossen und der Energieschirm leuchtete auf.
Die Abwehrtürme waren ferngesteuert und durchliefen die Tests. Nach acht Minuten war die Insel abwehrbereit.

Der Kurs des Trümmer wurde bestimmt. Er würde im Süden, nahe des dortigen Abwehrturmes einschlagen. Als die Kanonensteuerung endlich ein Ziel hatten, begann das Feuer auf den heranrasenden Kometen. Zuerst schossen nur einige der Kanonen, schließlich mehr und am Ende schossen alle acht Kanonen Pulsfeuer, also zeitgleich auf den Kometen. Nach dem fünften Volltreffer verging der Komet in einem mächtigen Feuerball. Die Reste fielen weit vor der Insel als kleine Sternschnuppen ins Meer.

Da keine Gefahr mehr bestand, wurde die Alarmierung aufgehoben. Es kehrte wieder Ruhe ein.

***

Während man sich auf «Atlantis» freute, diesmal mit heiler Haut davongekommen zu sein, hatten Seefahrer gesehen, was sich da am Nachthimmel abgespielt hatte und so entstand die «Lebende von Atlantis».
Die Lage von «Atlantis» war nun aber kein Geheimnis mehr. Jedoch kamen durch die weiten Entfernungen noch keine «Sonntags-Segler» vorbei.
Draußen auf dem Meer tauchten immer öfter größere Boote und Flöße mit Segeln auf. Im Laufe der Zeit sah man auch vereinzelt einfache Boote, Katamarane kamen dazu und schließlich sah man auch die ersten Schiffe mit mehr als einem Mast.

Die Wissenschaftler in «Atlantis» hatten inzwischen die Meeresströmungen um ihre Insel erforscht und sich eine richtige Stromkarte erstellt. Mit dem Meeresstrom konnten gewaltige Entfernungen zurückgelegt werden. Es schien, als befände sich «Atlantis» genau innerhalb eines solchen Stromgeflechts rings um die Insel gab es Strömungen, die zu den verschiedenen Ländern und Kontinenten flossen. Es waren aber bei allen Strömungen die um «Atlantis» kreisten noch gut 50 Kilometer vom Strom bis zur zentral liegenden Insel zu bewältigen und so wähnte sich «Atlantis» in Sicherheit vor Angreifern, die über das Meer kämen. Der Energiewandler im Meer gab die gewaltige Wärmeenergie in diesen nun gemessenen Strom mit ein und sorgte für eine minimale Erwärmung. Sie war aber zu vernachlässigen.

Alles schien in Ruhe und Frieden um die Insel. Man lebte in Frieden, alles war wunderbar und keiner glaubte daran, dass es auch einmal schlechter werden könnte.

***

Wie sehr sie sich doch irren sollten.

Die Stadt mit den verschiedenen Camps hatte sich weiterentwickelt. Die Siedlung der «Tausend Frauen» das anfangs noch im «Bravo» Camp ansässig war, zog weiter in das größere Camp «Echo» im Osten der Insel. Hier gab es gute Böden und wasserreiche Furten und das Camp blühte auf. Dass hier nur 25 Männer in dem Camp wohnten, war in Ordnung, die Männer kannten ihre Hauptaufgabe und sie zogen dabei von Haus zu Haus.

Die Frauen hatten sich mit ihrer Selbstverwaltung bestens abgefunden und hatten ein kleines Himmelreich geschaffen. Die Getreidearten, die sie hier anbauten, wuchsen besser als anderswo anders auf der Insel.

Dann, eines Tages blieb die wöchentliche Statusmeldung über Funk aus. Auch das Nachfragen über das Backup System ergab keine Antwort und so schickte die Verwaltung einen Gleiter aus. Auf halbem Weg zwischen Camp «Bravo» und Camp «Echo» sah man Rauchsäulen aus dem Camp der Tausend Frauen aufsteigen und die Gleiter Besatzung informierte sofort die Einsatzleitung.
„Zentrale, hier Gleiter 01, Maletuv spricht. Wir sehen das Camp der Tausend Frauen und da drinnen wird gekämpft. Menschen laufen durcheinander und wir sehen Menschen am Boden liegen.“

„Überprüfen sie die Lage und informieren sie uns, wir alarmieren derzeit die Verteidigung und die Rettungskräfte.“ In «Atlantis» wurde erstmals seit Wochen wieder Alarm gegeben.

„Maletuv, wie ist die Lage?“

„Zwei Katamarane haben am Fluss Delta angelegt, da scheinen Piraten zu sein, die brandschatzen und plündern die Häuser. Die Frauen werden zusammengetrieben und in der Camp Mitte gesammelt. Ich sehe Piraten mit Seilen, die beginnen die Frauen anzuleinen. Von den Männern sehe ich nichts.“

Jetzt wurde auch die Geschütze nördlich und südlich des Camp «Echo» eingeschaltet. Mit ihren Kamerasystemen suchten sie die Gegend ab und übertrugen die Bilder aus dem Camp direkt in den Palast.
Gleichzeitig wurden alle anderen Geschütze aktiviert und auf Überwachung geschaltet.

Inzwischen waren die Gleiter der Verteidigung und die Rettungskräfte vor Ort eingetroffen. Zwei Gleiter mit Präzisionsschützen näherten sich dem Camp. Zugleich landeten zwei Gleiter mit Soldaten hinter dem Camp und die Soldaten säuberten lautlos das Camp. Daraufhin schlossen sie sich zusammen und näherten sich den zusammengetriebenen Frauen, die am Boden kauerten.

„Präzisionsschützen klar?“ Fragte Sam über Funk. „Ja Admiral drei klare Ziele im Camp, die anderen Piraten sind zwischen Meer und den Frauen.“
„Achtung – Feuer!“ Befahl Sam.
Drei Blitze zuckten durch das Camp und die drei getroffenen Piraten fielen lautlos zu Boden.
„Vorrücken und das Camp sichern.“ War die Anweisung an die Soldaten.
„Achtung Gleiter! Angriff auf die Piraten, seien sie vorsichtig, wir kennen deren Waffen nicht.“
Binnen Minuten waren die Frauen aus dem Camp in Sicherheit und die Soldaten standen vor den Frauen. Jeder Pirat, der angreifen wollte, wurde von einem der Blitze getroffen und fiel Tod zu Boden.

„Sind Frauen auf den beiden Booten?“ Fragte Sam.
„Nein Admiral, hier sind gut 10 Piraten und die haben große Katapulte mit brennbaren Materialien.“
„Also gut, Achtung Geschützmannschaften nördlich und südlich Camp «Echo» dem Camp der Tausend Frauen, Feuern sie auf die beiden Piratenboote, erlösen sie uns von der Plage.“

***

Für die angreifenden Piraten sah das Ganze so aus, als hätte sich der Himmel gegen sie verschworen. Die wenigen Männer in dem Dorf waren schnell zusammengetrieben und getötet. Aber so viele Frauen ohne männliche Bewachung, das verstanden die Piraten nicht. Sie trieben die Frauen zusammen und bewachten sie.

Indessen suchten die Piraten das restliche Camp durch, aber es waren keine anderen Männer zu finden. Ob die auf der Jagd oder beim Fischen waren, fragten sich die Piraten, da blitzte es aus den Wolken auf und die Bewacher der Frauen fielen zu Boden.

Jetzt erschienen Soldaten in Uniform, sie trugen dunkle Helme, aus denen man nichts sehen konnte und dennoch trafen sie bei jedem Schuss genau.
Die beiden Häuptlinge ließen ihre Leute auf die paar Soldaten bei den Frauen anrennen, sollten sie die doch überlaufen und erschlagen.
Aber es kam ganz anders. Die Angreifer fielen schneller, als man das ahnen konnte.

Inzwischen war der Dorfplatz in den Händen der Soldaten und die Frauen wurden nach hinten in Sicherheit gebracht.
„Rückzug zu den Schiffen, wir verbrennen die ganze Bande mit den Katapulten!“ Schrie der Piratenkapitän.

Die verbliebenen Piraten rannten zu den Schiffen und machten dort die Katapulte bereit. Aber ehe sie schießen konnten schossen aus zwei fernen Bergen rote Blitze auf die Schiffe und alles ging in Flammen auf.

Die wenigen, die das überlebten retteten sich ans Ufer und wurden sogleich von den Soldaten gefangen genommen. Zwei der Häuptlinge hatten überlebt und diese brachte man gefesselt zu den Soldaten in dem Camp.

Eine riesige verzauberte Flugmaschine schwebte herbei und landete. Aus dem fauchenden Monster entstiegen Soldaten und bildeten einen Wall um die beiden Personen, die jetzt ausstiegen.

Zwei hochgewachsene Menschen, Mann und Frau kamen im Schutz der Bewacher auf die beiden Kapitäne zu. Die Soldaten senkten ihre Blitzwerfer und die Häuptlinge erwarteten den sicheren Tod.

***

„Die reden wie «Matomba»“ sagte Sam, als er aus dem Gleiter ausgestiegen war und neben seiner Frau langsam auf sie zuging. Die Waffe hatte er gezogen und entsichert. Sam war feuerbereit. Er ging eben kein Risiko ein.

Marlis nickte Sam zu und ging einen Schritt weiter vor. Die Piratenhäuptlinge waren verwirrt. Eine Frau greift mit ein, eine Frau hat das Kommando? Das passte gar nicht in ihr Weltbild. Bei ihnen hegten die Frauen die Kinder, sorgten sich um das Feuer, sie kämpften nicht und ganz sicher hatten sie nichts zu befehligen! Das taten nur die Männer!

„Woher kommt ihr?“ Fragte Marlis und erkannte, dass ihre Worte verstanden wurden. Der erste Piratenkapitän sah sie erschrocken an und schrie etwas von „Hexe verbrennt sie!“
Sam flüsterte Marlis zu „Bei denen dürfen die Frauen wohl nichts sagen, was für eine schwache Gesellschaft.“ Marlis lächelte Sam zu.
Sam kam einen Schritt näher und wiederholte die Frage „Woher kommt ihr?“
Diesmal sprang der andere Kapitän auf und wollte Marlis an die Kehle gehen, jedoch schoss eine der Wachen den Mann sofort zusammen. Mit einem rauchenden Loch im Leib fiel der Mann zu Boden. Seine starren Augen starrten fragend in den Himmel.
Marlis deutete auf den anderen Kapitän und die Wachen erhoben ihre Waffen, sie zielten auf den Kapitän.
„Noch einmal. Woher kommt ihr, wo ist eure Heimat!“
Diesmal begann der Pirat zu reden.

***

Nach der Befragung wurden der Piratenkönig und seine wenigen Mann zu den Resten ihrer Schiffe geführt. Dort wurde ihnen klargemacht, dass sie innerhalb eines Tages die Insel zu verlassen hatten und niemals wieder hierher zurückkommen dürften. Es würde kein Pardon gewährt. Unglaublich schnell banden sie einige Beiboote zusammen, errichteten einen halbwegs brauchbaren Mast und ein Ruder und beluden das Schiff mit dem, was gerade noch da war. Noch am selben Abend stachen sie in See, warfen einen Treibanker und verschwanden rasch in der Dunkelheit.

Die verbliebenen Truppen durchsuchten das Camp und trieben noch zwei junge Männer der Piraten auf, die sich versteckt hatten. Sie waren keine zwanzig Jahre alt. Sonderlich böse wirkten sie nicht und die Wirkung der Feuerstöcke war ihnen Mahnung genug.

Aber anstatt gleich am nächsten Baum aufgehängt zu werden, verlangte die Anführerin des Frauencamps die beiden zu ihrer freien Verfügung. Marlis schaute die Anführerin kurz an und diese flüsterte ihr nur zwei Worte zu „frisches Blut!“
Marlis verstand und nickte. „Jeder Mann wird mit einem Peilsender um den Hals versehen und wenn er nach einem Jahr noch da ist, entfernen wir den Sender wieder.“
Danach wurde beratschlagt, ob die Frauen hierbleiben wollten, oder wieder zurück in den Schutz der Stadt wollten. Alle entschieden sich, hierzubleiben. Die Anführerin des Camps traf mit Marlis die Vereinbarung, dass sie, nachdem das Camp wiederaufgebaut hatte, mit in die Stadt käme und 20 Freiwillige Männer zu suchen und mit hierher zu nehmen. Eine Woche später kam die Anführerin nach «Atlantis» und wurde bei der Regentin vorstellig. Sie bedankte sich nochmals für die schnelle Hilfe und versprach auch weiterhin gutes Getreide für die Stadt zu liefern.
Als Dank erhielt sie 20 stramme junge Kerle, die die Anführerin in ihren Gleiter einlud und sich von der Matriarchin verabschiedete.

***

Energiehunger

Drei Jahre später hatte sich «Atlantis» verwandelt. Mit Unterstützung des Energiegreifers wurde deutlich mehr elektrische Energie erzeugt, und verteilt, als man sie jemals auf der Insel umsetzen und verbrauchen konnte. Die Ingenieure hatten einen Energieverlauf erstellt um zu erkennen, wie die bisherigen jährlichen Steigerungen aussahen. Waren bisher die Steigerungen gerade bei 5%, so mussten die Planer zugeben, dass dies unter dem Punkt der maximal verfügbaren Angaben erfolgte. Mit dem Energiegreifer würde aber eine andere Größenordnung angegangen werden.

Allerdings war das Problem der Energiegreifer selbst. Er stammte aus einem Schlachtschiff und war für 550 Mrd. kWh ausgelegt. Genau diese Energie zog der Energiegreifer aus dem Vulkan ab und genau diese Menge musste abgeleitet werden. Einen Wert dazwischen gab es nicht. Genau das war das Problem.
Es hatte seinerzeit auf einem Mond des «Murnau» ein Experiment gegeben, bei dem man dies nicht ausreichend berücksichtigt hatte. Damals war der Energiegreifer von einem Kreuzer installiert. Solche Greifer waren für 250 Mrd. kWh ausgelegt und dennoch ging der Versuch schief. Die Umlaufbahn des kleinen Mondes dauerte gerade einmal sieben Stunden.

Der Mond befand sich im Schwerkraftfeld des «Murnau». Bei den Umkreisungen hielt sich der Mond nicht auf einer sauberen Kreisbahn, sondern seine Bahn war eher elliptisch. Dadurch wurde der Mond Kern unregelmäßig «durchgeknetet». Die Energie, die zur Verfügung stand, war also nicht gleichmäßig abrufbar.

Als die Anlage beim Abnahmetest angefahren wurde, entnahm der Greifer wie geplant die Wärmeenergie aus dem Inneren des Mondes, aber der Kern wurde schnell kühler und das geschah, als sich der Mond gerade auf der längeren Bahn befand.

Es kam zu Fehlfunktionen und ehe man diese verstand und lösen konnte, befand sich der Mond wieder auf der kürzeren Bahn. Jetzt schien die Anlage wieder zu funktionieren.

Die Energiespeicherbänke wurden gefüllt und als Verbraucher hatte man vier alte Impulskanonen eines veralteten Schlachtschiffes montiert. Diese waren als Energiefresser bekannt, was auch der Grund für die Stilllegung war.

Auf dem kleinen Mond pendelte sich die Energie Greifer Anlage ungünstig auf und die Verbraucher erhielten ihre Energie immer unregelmäßiger. Schließlich versagten die alten Impulskanonen und die gelieferte Energie wurde in sämtliche Speicherbänke gepumpt, bis diese voll waren. Doch die Zufuhr endete nicht.

Was dann kam, war eine mittlere Katastrophe. Die nicht gespeicherte Energie überhitzte die Konverter und Energiespeicher. Die bereits zum Bersten gefüllt waren. Der Energiegreifer lieferte weiterhin den festen Wert und nichts konnte die Energie umwandeln oder abstrahlen.

Die Detonation der Anlage riss den halben Mond auseinander. Überladene Speicherbänke explodierten nacheinander und rissen die letzten Absperrungen zwischen Energiegreifer und Mond Kern entzwei. Was dann folgte, war die Explosion der Greifer Anlage. Sie war so gewaltig, dass sie im ganzen Sonnensystem gemessen werden konnte. Dabei wurde der restliche kleine Mond aus seiner Kreisbahn angehoben und anschließend von dem mächtigen Schwerefeld des «Murnau» erneut eingefangen. Aber es gab keine stabile Bahn mehr.

Der kleine Mond torkelte und näherte sich immer mehr dem riesigen Gasplaneten. Schließlich wurden Beschleunigung und Anziehungskraft zu groß für den Mond und er wurde zerrissen.

***

Solch ein Unglück durfte natürlich auf «Atlantis» nicht geschehen, das war allen klar. Die Verteilung auf die sechs kleineren Siedlungen erfolgt drahtlos, so wie man es auf «Tauri» stets gemacht hatte. Die Stadt selbst verbrauchte den größten Anteil der Energie. Sie versorgte jetzt aber auch die Verteidigungssysteme mit den Kameras.

Das Leucht- und Funkfeuer auf dem höchsten Berg war seit dem Kometeneinschlag einem mächtigen Leuchtturm gewichen. Es schien, als würde das Leuchtfeuer auch tagsüber leuchten. Dass sich dahinter tatsächlich ein Fernabtaster seine Arbeit tat, das wussten die wenigsten.

Die acht Verteidigungssysteme liefen pausenlos und waren im automatischen Reparaturmodus. Sollte ein Fehler auftreten konnte die Elektronik automatisch die Reparaturen einleiten. Lediglich zu den Wartungen musste ein Team vor Ort kommen. Dafür waren die Bilder, die diese Systeme lieferten fehlerfrei und sehr gut zu sehen.

Noch dreimal versuchten Piraten, auf der Insel zu landen. Jedes Mal wurden sie von den mächtigen Scheinwerfern gestellt und danach mit den Kanonen beschossen. Das sprach sich offenbar in der bekannten Welt herum. «Atlantis» erhielt das Prädikat «Für Piraten lebensgefährlich».

Handelspartner, die sich als faire Partner erwiesen hatten, erhielten die Erlaubnis, in den zivilen Hafen einzulaufen und ihre Waren zu löschen. Die Passage über «Atlantis» war für viele Schiffe inzwischen eine angenehme geworden. Hier gab es einen sicheren Hafen, Essen und Trinken und wenn man sich benehmen konnte, dann hatten auch die Seeleute ihre Unterhaltung.

So vergingen die Jahre. Dank der weitblickenden Entscheidungen der Regentin und ihres Mannes konnte sich «Atlantis» prächtig entwickeln. Aber Marlis und Sam war klar, dass ihre Regentschaft zur Neige ging und sie die Nachfolge klären mussten.

***

Der 75 Geburtstag

Inzwischen war das Regenten Paar 75 Jahre alt geworden. Die Geburtstagsfeier wurde in einem kleinen Kreis abgehalten. Dies war der ausdrückliche Wunsch der Regentin. Im Rahmen der Feierlichkeiten kündigten Marlis und Sam an, dass sie mit Ablauf des noch jungen Jahres ihre Regentschaft aufgeben und an die Nachfolger übergeben würden.

Der Ratsvorsitzende, Jakob Pachter, verbeugte sich vor der Regentin und ihrem Ehemann, dem Admiral und hielt eine sehr kurze aber wunderbare Rede, in der er den beiden für ihre unglaubliche Lebensleistung dankte.

„Liebe Regentin, werter Admiral, Freunde, geladene Gäste. Ich denke, es ist Zeit, dass wir uns alle bei ihnen für die ganzen Jahre ihrer Führung bedanken. Als sie 70 Jahre wurden, hatten wir bereits einmal ihr Abdanken angesprochen und die ersten Planungen dafür eingeleitet. Heute möchte ich ihnen gerne mitteilen, zu welchem Ergebnis die Ratsversammlung gekommen ist. Immerhin hatten wir ja fünf Jahre Zeit zu planen.“

Die Gäste lachten und auch die Regentin schmunzelte.

„Wir haben im Rat beschlossen, dass es vorteilhaft wäre, wenn sie ihren Alterswohnsitz in der Hauptstadt hätten, deswegen hat man auch vor zwei Jahren begonnen, in dem kleinen Park hinter dem Regierungssitz eine kleine Villa zu schaffen, die ihre Leistungen widerspiegeln.“ Er lächelte und führte weiter aus; „Intern nennen wir dieses Häuschen seit zwei Jahren die «Villa Marlis» und es wird sie freuen, dass diese kleine Villa bereits heute einzugsbereit ist. Wir sind mit den Arbeiten fast ein Jahr früher fertig geworden.“

Der Ratsvorsitzende deutete mit seinen Fingern etwas an und im Hintergrund bewegten sich einige Leute. Offenbar wurde etwas hergerichtet.

„Um die Nachfolge nochmals aufzugreifen. Wir haben uns Gedanken gemacht, ob es noch sinnig ist bei der Größe der Insel alles auf zwei verantwortliche Schultern zu Lasten und kamen zu der Ansicht, dass wir dies gerne ändern möchten.
Unser Vorschlag sieht vor, dass die Regentin als oberste Führungskraft erhalten bleibt. Dazu möchten wir dann aber ein Parlament sehen, das von jedem der kleinen Städte drei Abgesandte umfasst. Für die Hauptstadt sehen wir fünf Abgeordnete vor. Das Parlament entscheidet auch über die Exekutive, wobei die Regentin immer ein Veto-Recht hat.

Wir sehen auch weiterhin das oberste Gericht in der Stadt. Jede der kleineren Städte erhält eine lokale Administration mit einem Richter einem Administrator und einer kleinen Drei Mann Verwaltung.

Die Verteidigung unserer geliebten Insel übertragen wir dem Militär, angeführt wieder von einem Admiral. Der Admiral ist den Weisungen der Regentin allerdings unterstellt. Damit wollen wir ganz deutlich zeigen, dass wir eine zivil geführte Regierung haben und nichts anderes.“

Marlis und Sam schauten sich mit einem Lächeln im Gesicht an. „Wir denken,“ so begann Marlis, „dass das eine interessante Wandlung geben wird. Die Aufgaben der Nachfolger werden sicherlich ebenso anspruchsvoll sein, wie unsere, als wir damals alles begannen aufzubauen. Wir wünschen daher viel Glück und Erfolg bei der Umsetzung.“

***

Drei Jahre später

Der Wechsel der Regentschaft war vollkommen störungsfrei abgelaufen. Nach einem gewaltigen Fest verabschiedeten sich Marlis und Sam aus dem Palast und wünschten der neuen Führung alles erdenklich Gute. In der kleinen Villa hatten sie es sich einfach aber sehr gemütlich gemacht. Täglich gingen sie durch den Park an ihren Lieblingsplatz, den sie vor sehr langer Zeit gefunden hatten, dem alten Leuchtturm am Nordhafen. Hier hatten sie einen herrlichen Blick über die Stadt und den Hafen mit Blick zum Meer.

Während sie hier saßen und über die Stadt blickten, kam ihr ältester Sohn Manitau, der inzwischen auch schon Großvater war, mit seiner bildschönen Frau Saana, die einfach nicht zu altern schien.

Nach der Begrüßung setzten sich die vier zusammen und Manitau lächelte seine Eltern an. Marlis nickte ihm zu. „Na mein Sohn, was brennt dir denn auf der Seele, dann sag es und spann uns nicht weiter auf die Folter.“

Manitau sah zu seiner Frau, die ihm zunickte und er begann.

„Wir planen eine Reise in den östlichen Kontinent, aus dem unsere ersten Besucher kamen. Mit dem Admiral habe ich gesprochen, er würde uns einen älteren Gleiter mit schwacher Bewaffnung zur Verfügung stellen, sofern die Reise nicht länger, als ein Jahr dauert.“ Sam nahm seine Marlis an der Hand. „Das ist schön, so etwas haben wir uns auch immer gewünscht, aber irgendwie hatten wir nie Zeit dafür.“

„Ja Papa, deswegen wollten wir euch fragen, ob ihr denn Interesse habt, uns zu begleiten. Wir wären nur mit kleiner Mannschaft unterwegs. Insgesamt mit knapp einem Dutzend Leute, genau wie damals, als ihr hier gelandet seid.“

„Au ja Schatz.“ Antwortete Marlis und sah Sam in seine leuchtenden Augen. Die jugendliche Kraft schien wieder in seinen Augen gelangt zu sein.
„Wir würden uns sehr freuen, mitzukommen, wir wollen euch aber nicht zur Last fallen.“
„Keine Sorge, ihr seid unsere besten Berater und keine Last. Wir wollten in drei Wochen starten, könnt ihr das regeln?“
„Aber sicher!“ Antworteten Marlis und Sam gleichzeitig.

So war der Plan gefasst.

***

Drei Wochen später

Als der voll beladene Gleiter abhob und hinaus auf die See flog, wurde er von einer kleinen Patrouille begleitet, bis diese nach einer halben Stunde sich verabschiedeten und abdrehten.

Am Steuer saßen Carla und Moana, die beiden Töchter von Manitau. Sie waren ausgebildete Pilotinnen mit allen Lizenzen und freuten sich endlich einmal mit der ganzen Familie eine Reise zu unternehmen.

Manitau besprach mit den beiden Ingenieuren, Balder und Kanoo, die sie begleiteten, was beim ersten Zwischenstopp zu beachten sei. Die beiden jungen Ingenieure hatten sich freiwillig zu der Expedition gemeldet.

Mit an Bord waren noch die beiden Kinder von Manitau und Saana. Kerim war mit seinen sieben Jahren bereits sehr interessiert, was die Technik anging und war kaum von Susn, der Technikerin der Expedition wegzubekommen.
Maja, die neunjährige Tochter von Manitau saß bei Sabin, der Sicherheitsexpertin, die beiden übten Knoten an einem weichen Seil. Sabin hatte ihren Spaß dabei und Maja stellte sich sehr geschickt an.

Einige Stunden später zog Moana den Gleiter weiter nach oben über die Wolkendecke.
„Da unten braut sich ein Unwetter zusammen, da müssen wir nicht durch. Hier oben ist die Sicht zwar langweiliger, dafür prasseln keine Regentropfen gegen das Shuttle.“

Eineinhalb Stunden später durchbrach das Shuttle wieder die Wolkendecke. Vor ihnen lag eine spiegelglatte, blaue See und eine einzige kleine Insel schien sich am Horizont aufzuzeichnen. Diese Insel würde später einmal «Antigua» genannt werden. „Wollen wir auf dieser Insel landen, um zu übernachten?“ Fragte Carla und Sabin kam nach vorne, um sich am Scanner die Insel genauer anzusehen.
„Kleine und mittelgroße Tiere, aber keine Menschen. Auf den ersten Blick scheint die Insel sauber zu sein.“

Sie flogen tiefer und umkreisten mehrmals diese kleine Insel. Das Radar bestätigte, dass es keine Menschen gab. Die größten Tiere schienen eine Kranichart zu sein. Große Urwaldbäume standen überall und einige kleinere Lichtungen mit niedrigeren Bäumen und Sträuchern kamen dazu. An den Bergen der Umgebung rauchte es aus ein paar Schloten, offenbar war die Insel noch vulkanisch aktiv.

„Da vorne am Ufer ist eine Anhöhe aus Fels, die sieht stabil genug aus, die Sensoren melden keine Probleme, da landen wir.“

Nach der Landung erkundeten die Älteren die Insel. Marlis und Sam blieben im Camp bei den Kindern und Susn, die den Gleiter wartete. Aus dem Funkgerät kamen alle paar Minuten irgendwelche Entdeckungen. Hier ein paar Krebse, dort einige Taranteln und kleine Echsen wurden auch gesichtet.

Am Nachmittag kamen alle Abenteurer wieder zusammen und freuten sich über das Essen, das Marlis und Sam gekocht hatten.
„Ich schlage vor, wir übernachten im Gleiter, den können wir sichern, noch wissen wir nicht, ob hier nicht etwas herumkrabbelt, das uns schaden könnte.“
„Och nööö, wir hatten uns so auf ein Zelt gefreut.“ Jammerten die Kinder, aber Saana machte klar, dass im Schiff geschlafen wurde. So löschten sie vor dem Schlafengehen das Feuer und bestiegen ihr Shuttle. Die Fenster wurden elektronisch auf undurchlässig geschaltet und nach einer halben Stunde schliefen sie fast alle.
***

Inzwischen auf «Atlantis»

Seit der Abdankung der alten Regentin hatte sich auf der Insel einiges getan. Das Parlament war dabei sich seinen Platz zu schaffen, in einigen Stadtbereichen wurden neue Werkhallen gebaut und der Bedarf nach Energie wurde wie so oft angepasst. Die vorhandenen Flüsse waren inzwischen ausgebaut worden und man hatte ein Kanalsystem errichtet, das die ganze Insel durchzog. Von der Mitte des Landes, am Vulkan hatte man einen extra breiten Kanal angelegt. Dieser breite Kanal verlief nach Westen und endete im Meer.

Am Grunde des Kanals verliefen die mächtigen Sicherheitsleitungen, die zu dem Wärmetauscher im Meer liefen. Etwa 50 Km vom Ufer entfernt befand sich der mächtige Wärmetauscher in 370 m Tiefe.
In den sechs kleineren Städte war indes eine gewisse Unruhe aufgekommen. Ursache dafür war, dass die Stadt 80% der Gesamtenergie für sich beanspruchte und die kleineren Städte der Ansicht waren, dass sie dabei zu kurz kämen.

Ein Verwaltungsteam hatte zwar berechnet, dass die Versorgung sehr gut ausreichte und auch in den Städten mehr als genügend Energie verfügbar war. Aber einigen Bürgern passte das Gefühl nicht, nur zweite Klasse zu sein. Der Energiegreifer hatte zur Abgabe der ungenutzten Energie einen Wärmewandler im Meer, über den gewaltige Energiemengen abgegeben wurden. Es war ganz klar definiert, dass die Regulatoren niemals angetastet werden sollten und dass die Gesamtversorgung dadurch gefährdet würde.
Im Laufe der Zeit hatten ein paar findige Technikbegeisterte jedoch herausgefunden, dass man diese «ungenutzte» Energie der Rückleitung zumindest teilweise wieder auf die Insel zurückführen konnte, um sie so für eigene Zwecke zu nutzen. Erst waren es einige wenige Siedlungen, die das nutzen, schließlich war die erste kleine Stadt zufrieden, endlich über genügend Energie zu verfügen. Dass sie dabei den Regelkreislauf erstmals durcheinanderbrachten, bemerkten sie nicht und es war ihnen auch egal. Die Stadt war weit weg und sie lebten hier im Westen.

Als Nächstes kam die kleine Stadt im Nordwesten auf die Idee, dass man das Gleiche doch auch versuchen sollte. Schließlich hatten sie ja auch nur 100% Energie und das erschien auch ihnen zu wenig, es könnte ja sein, dass sie irgendwann einmal mehr Energie brauchten. So zapfte diese zweite Stadt ebenfalls die Rückleitung an und wieder brachte das die Regulatoren kurz durcheinander.

Da die zentrale Steuerung aber für solche Fälle ausgelegt war, bekamen die einfachen Wartungstechniker nicht mit, dass sich da so langsam ein Gefahrenherd aufbaute. Einige Monate später, als die Energiebedarf Besprechung aller Städte anstand, wunderte man sich im Parlament, dass drei Städte nicht mehr Energie anforderten, obwohl sie dies bisher regelmäßig getan hatten. Eine Überprüfung der Energieanlage durch den leitenden Ingenieur brachte die Erkenntnis, dass sich alles noch im Lot befand. Leider übersah der Mann, dass die Ausnahmefallregulierung sich kurz vor dem «Roten Bereich» befand. Dadurch wurde kein Alarm ausgelöst. Der «LI», wie der leitende Ingenieur genannt wurde, hätte allerdings bei einer genaueren Durchsicht dies erkennen müssen.

Und so bahnte sich langsam ein gewaltiges Unglück an.

***

Wir sind nicht allein.

Am frühen Morgen weckte Sabin ihren Chef Manitau sanft aus dem Schlaf.
„Was ist, gibt es ein Problem Sabin?“

„Wir sind nicht mehr allein. In der Nacht sind Boote gelandet, die haben da unten ein Lager errichtet. Ich habe 37 Menschen gezählt. Sie tragen primitive Waffen und Bronzemesser mit sich.“

„Haben sie uns schon gesehen?“
„Ich denke nein, kein Licht dringt nach draußen.“
„Wann geht hier die Sonne auf?“
„Nach dem Bordrechner in einer halben Stunde.“
„Spätestens dann werden sie uns bemerken.“

Tatsächlich bestrahlte die Morgensonne den Gleiter so ungünstig, dass er anfing, wie eine goldene Kutsche zu leuchten und die Menschen am Ufer sahen dieses Leuchten und erschraken erst einmal.
Sie rannten hinauf auf diesen Vorsprung, aber der Gleiter hatte ja alle Fenster auf «geschlossen + verdunkeln» eingestellt und so sah man nicht hinein.

Unschlüssig, was sie tun sollten, trauten sich die Leute nicht so recht an das leuchtende «Ding» heran, erst nach einer Weile, wagten sich die tapfersten an das «Ding» heran und berührten es. Aber nichts geschah.

„Was sollen wir tun, einfach starten wäre das Sicherste.“ Fragte Sabin.
Inzwischen waren auch alle anderen erwacht und sahen auf den Monitoren, was sich da draußen tat. Schließlich war es Marlis, die eine Idee hatte.
„Ist euch aufgefallen, dass das nur junge Menschen sind, da ist keiner älter als 25 Jahre. Die größten unter denen sind gerade einmal 1,65m. Die scheinen auch keine «Alten» zu kennen.“
„Was hast du vor Mama?“ Fragte Manitau und Marlis bekam ihr Leuchten ins Gesicht, das sie so einmalig machte. „Warte ab mein Junge… Sam kommst du?“

Sie warf sich einen goldfarbenen Umhang über und setzte sich ein ebenfalls goldglänzendes Stirnband auf, Sam tat ihr gleich. Darauf nahmen sie beide einen Handstrahler, stellten die Waffen auf schwächste Stufe und traten an die Schleuse. „Wenn wir rausgehen, startet ihr die Triebwerke, falls wir schnell wegmüssen.“ Manitau nickte und gab die Anweisungen.

***

Mit einem zischenden Geräusch öffnete sich die Schleuse. Marlis und Sam standen nebeneinander und traten langsam nach draußen. Ihre Statur ließ die Eingeborenen erschrecken. So große und schlanke Menschen, mit einem goldenen Umhang hatten sie noch nie gesehen und dazu waren sie uralt. Die grauen Haare ließen keine andere Deutung zu, das mussten die «Altvorderen» sein, von denen der Medizinmann immer gesprochen hatte.

Ein junger Mann wollte sich beweisen und trat tapfer und selbstsicher auf die beiden zu, da traf ihn ein Blitz und fällte ihn. Zuckend brach er zusammen. Alle anderen hielten Abstand. Die beiden Häuptlinge begannen schnell auf die Fremden einzureden. Sam hob seine Hand und deutete an, langsam zu machen, was auch sofort verstanden wurde. Nun sprach der Häuptling laut und langsam und endlich konnte Marlis auch einiges verstehen. Es klang, ähnlich der Sprache, des ersten Besuchers.

Marlis hob ihre Hand und sprach langsam, laut und deutlich die Worte. „Freunde wir kommen in Frieden.“
Die Eingeborenen schienen zu verstehen und warfen sich zu Boden, die Häuptlinge wurden gebeten sich zu erheben. Marlis deutete auf den am Boden liegenden und gab zu verstehen, dass er in einiger Zeit wiedererwachen würde.

Marlis trug einen Funkempfänger im Ohr und hörte: „Kommt zurück, da schleichen zwei Gruppen um unseren Gleiter, das könnte gefährlich werden, Rückkehr, Sofort!“

Marlis gab Sam ein Zeichen und sie stiegen wieder ein. Die Schleusentür schloss sich. Jetzt fühlten sie sich wieder sicher.

Auf einmal stürmten die Menschen von allen Seiten auf den Gleiter ein. Mit gezogenen Waffen versuchten sie, auf das Metall einzuschlagen.
„Startet den Gleiter!“ Rief Manitau und mit einem Fauchen erhob sich der Gleiter, blies die ersten Reihen einfach weg und hinterließ eine Feuer und Qualm Wolke. Der Gleiter stieg senkrecht hoch, beschleunigte und verschwand in den Wolken.

„OK das war der erste Kontakt mit Leuten, die uns noch nicht kannten.“
„Ja, aber so richtig der Bringer war das noch nicht, oder?“ Fragte Maja und alle lachten.
„Das nächste Mal machen wir es besser, versprochen.“

***

Im Laufe der nächsten Wochen flogen sie über den Bereich, der später «Nord-Amerika» genannt würde. Hier hatten sie bereits Kontakt mit einigen der Naturvölker gehabt. Weiter nordöstlich wurden die Besiedlungen weniger und es wurde deutlich kälter draußen. Weiter ging es über eine Insel, auf der sehr viele Tiere herumliefen, Menschen sah man hier aber noch keine.
„Das nenne ich einmal ein richtig saftiges Grün, können wir dem Land noch Namen geben, dann wäre das hier «Grünland»“, meinte Kerim.
„Bei den Namen seid ihr eh freigestellt. So lange wie wir, waren ohnehin noch keine Menschen von «Tauri» wir halten immer noch den Rekord.“, stellte Sam nüchtern fest.

Schließlich kamen sie auch in dem Gebiet an, das die derzeit größte Landmasse beinhaltete. In tausend Jahren würde man dieses Land einmal «Afrika» nennen. Im Norden dieses Landes schloss sich ein kleines Meer an, das, offensichtlich durch die Kontinentaldrift merklich umgebaut wurde.

„Schaut mal da Kinder, hier hat sich die Erde bewegt, das Meer verengt und einen Fluss gesperrt. Auf der einen Seite liegt dieses riesige Meer und auf der anderen Seite geht es gut hundert Meter tiefer. Diese schmale Stelle scheint aber gequetscht zu sein.“

Maja sah Moana an. „Wenn dieser Spalt mal wieder aufbricht, dann wird ja das ganze Land da volllaufen und untergehen.“
„Ja, diese junge Welt ist noch im Umbruch, sie formt sich täglich neu, da schaut, ich glaube ihr erlebt gerade, wie dieser Spalt aufbricht, durch den gewaltigen Druck.“
„Oh nein, da leben aber Menschen, die ertrinken doch alle?“
„Ich glaube nicht, dass wir denen da helfen können, der Spalt ist das Problem, würde dieser eine runde Kern da weg sein, dann könnte sich der Engpass vielleicht wieder schließen.“
„Oder vollends aufbrechen, weil der Gegendruck fehlt.“ Erwiderte Balder und Kanoo pflichtete ihm bei. „Ich würde das lieber nicht probieren.“
„Ja aber die Menschen ertrinken, wenn das Wasser nicht aufhört langsam hier alles zu fluten.“
„Wir sollten hier nicht versuchen Götter zu spielen, wir wissen nicht, was geschieht.“
Kerim sah das nicht ein und jammerte weiter. „Die Leute da ertrinken doch alle, die ertrinken, Mama, Papa, macht doch etwas.“
„Kerim!“ Rief Saana ihren Sohn zur Ordnung. „Was würdest du sagen, wenn wir diese runde Steinkugel kaputtschießen?“
„Ja Mama, das wäre gut, dann könnte sich der Spalt schließen und alles wäre wieder gut.“
„Und was machst du, wenn das nicht so läuft, wenn sich das alles verschlimmert, willst du dann als der Vater einer Weltenflut dastehen?“
„Mamma, Papa, bitte die Menschen ertrinken!“ Kerim hörte nicht auf zu jammern.
Schließlich machte Manitau der Sache ein Ende. „Fliegt diese Steinkugel an, ich schau, ob ein Energiestrahl sie nicht doch zerstören kann.“
„Bedenkt aber, ihr wisst nicht alles,“ fiel Marlis in das Gespräch mit ein, „ihr wisst nicht, ob das gepresster Stein ist, oder ob da etwas an dem Stein zieht. Eure Entscheidung kann alles besser oder noch viel schlimmer machen. Bedenkt das immer, wenn ihr euch einmischt.“
“Papa das wird besser, vertrau mir!“, beschwor der kleine Kerim seinen Vater und dieser schaltete das Geschütz des kleinen Gleiters ein.
„Also, ich markiere den Punkt und Moana und Carla schießen das runde Ding kaputt, ist das dann OK?“
Alle schauten sie gebannt auf diese runde Steinkugel, die zwischen zwei Felsen eingepresst zu hängen schien. Als das Geschütz auf die Kugel schoss, passierte erst einmal nicht.
„Seht ihr, da ist nur Druck drauf, mehr nicht.“ Fühlte sich Kerim schon bestätigt.
Mit dem nächsten Volltreffer wurde diese Steinkugel auseinandergerissen und es schien, als hätte die Erde nur darauf gewartet, dass jemand diese Kugel befreite.
Ein Grollen lief durch die eine Felsenwand und an dem Punkt, an dem die Kugel sich befunden hatte riss der Felsen auseinander und ein Spalt öffnete sich, durch den das Wasser in unglaublichen Mengen hineinstürzte.
Es war, als ginge das Tor zur Hölle auf.
Kerim stand mit offenem Mund da und sah mit an, wie sich der Spalt mehr und mehr öffnete. Unmengen von Wasser stürzten aus dem einen Meer in das tiefer liegende fruchtbare Land und rissen alles mit sich.
Moana war geistesgegenwärtig genug den Gleiter hochzuziehen und etwas mehr Abstand zum Geschehen zu nehmen.

„Ich…“ Begann Kerim und stockte kurz, „ich habe das nicht gewollt, diese Menschen da, die ertrinken die jetzt alle, nur wegen mir?“

Marlis nahm sich Kerim zur Brust. „Also Folgendes. Wenn du eine Entscheidung triffst, dann musst du dir vorher alle Dinge überlegen, die geschehen könnten. Erst danach solltest du dich für eine Seite entscheiden. Hier hattest du nicht alle Daten und deswegen ist genau das Gegenteil geschehen, was wir eigentlich wollten. Du hast eine Entscheidung getroffen und jetzt musst du mit den Konsequenzen leben. Lerne daraus und mache das nicht wieder.“

Kerim schaute immer noch auf das, was er da angerichtet hatte. Dass irgendwann die Wand sowieso abgebrochen war, erkannte er nicht, aber er verstand, dass es immer zwei Seiten der gleichen Medaille gibt.

Das Gebiet, das geflutet wurde, befand sich an dem mittleren Meer ganz auf der rechten Seite. Dort starben gerade hunderte, ja Tausende Menschen …

***

Unterdessen in «Atlantis»

In «Atlantis» hatte sich die Lage indes zugespitzt. Zwischenzeitlich hatten drei weitere Städte verbotenerweise den Energiegreifer überlastet, indem sie an dem Wärmetauscher Energie abzapften und für ihre Stadt ableiteten.
Das war nun zu viel für die Regelschaltungen des Greifers. Es kam zu einer Rückkopplung und die Reglung fing an zu pulsieren. Jetzt gingen auch in der Energiezentrale die Alarmsirenen hoch.
Der leitende Ingenieur erkannte endlich, was das Problem war und Informierte sofort den Palast.
„Schalten sie die Städte, die unerlaubt die Rückleitung überlasten sofort ab, sonst geht uns der Greifer durch und das wäre fatal. Abschalten – Sofort!“
Die klare Anweisung der noch jungen Regentin war klar. Die Städte hatten allerdings die Regulator Leitungen, über die zentral auf die Energieverteilung zugegriffen werden konnte sabotiert. Sie waren wirkungslos.
Als der leitende Ingenieur das dem Palast mitteilte, war die Regentin außer sich.
„Geben sie mir sofort die Bürgermeister der betroffenen Städte. Schalten sie die zusammen, ich will das nur einmal sagen, die Zeit drängt.“

***

„Hier spricht die Regentin. Sie haben unerlaubt die Rückleitungen des Energiegreifers angezapft und so das gesamte System destabilisiert. Schalten sie diese Anlagen sofort ab. Das ist eine Anordnung, die sofort umzusetzen ist!“
Einer der Bürgermeister, ein älterer Mann schaute frech in das Videophon. „Wir schalten die Zusatzenergie auf keinen Fall ab. Ihr verteilt die Energie ja doch nur, wie ihr das für gut erachtet und wir kleinen Städte haben das Nachsehen. Wir schalten nicht ab.“
Dann trennte der Mann die Verbindung. Sein Bildschirm erlosch.
Die anderen Bürgermeister taten es ihm gleich und schalteten auch ab.

Die Regentin war entsetzt. Sie fragte den «LI» „Können wir den Energiegreifer noch herunterfahren, ehe er hier alles zerstört?“
Der «LI» schaute seine Regentin mit hochrotem Kopf an. „Ich fürchte, dafür ist es längst zu spät. Ich kann bestenfalls versuchen den ganzen Greifer abzuschalten, aber der wird uns dabei verlorengehen.“
„Immer noch besser, als wenn er den Vulkan sprengt. Tun sie es, ich informiere das Parlament.“
Während der «LI» zur Leitstelle rannte, informierte die Regentin die wichtigsten Mitglieder des Parlaments, die sie noch erreichen konnte. Aber da waren drei Mitglieder, die sich vehement gegen eine Abschaltung aussprachen.
„Wir müssen eine andere Lösung suchen, wir können nicht abschalten und Gefahr laufen, den Greifer zu verlieren, was tun wir dann, sollen wir im Dunkeln sitzen?“
„Ich glaube, sie haben den Ernst noch nicht erkannt, wenn wir nicht abschalten, überlädt der Energiegreifer den Vulkan und hier fliegt uns alles um die Ohren. Ich gebe Anweisungen den Greifer abzuschalten.“

„Nein, das tun sie nicht. Dieses Recht haben sie nicht alleine, das Parlament muss dazu gehört werden, sie lassen nicht abschalten, ich sorge dafür, dass das Parlament noch heute Abend zusammenkommt, dann haben wir Morgen die Entscheidung. So lange wird nicht abgeschaltet. Ist das klar?“

„Wir reden sie mit ihrer Regentin?“
„So wie ich es für richtig halte. Jetzt tun sie ihre Arbeit und pfeifen sie den Ingenieur zurück, ehe er alles kaputtmacht.“ Damit legte der Parlamentspräsident auf.

Die Regentin war sichtlich geschockt. Nicht nur, dass der untergebene Parlamentspräsident ihr vorschrieb, was sie zu tun hatte, auch die Tatsache, dass einfache Bürgermeister von kleinen Außenstädten taten, was sie wollten. Das war alles zu viel.

Ehe sie Hilfe herbeirufen konnte, gingen die Türen auf und vier Wachen kamen in Begleitung des Parlamentspräsidenten in den Raum.

„Hiermit nehme ich sie in Sicherheitsverwahrung. Sie verstoßen gegen die Aufgaben der Regentin und bringen uns alle in Gefahr, unsere gewohnten Lebensumstände nicht weiter nutzen zu können. Wachen, nehmen sie die Regentin fest!“

***
Der Untergang

Die vier Wachen hatten die Regentin in ihre Mitte genommen und führten sie hinaus. Unterwegs begann der Boden zu vibrieren, die ersten Beben kündigten sich an.
Die Regentin schrie förmlich den Parlamentspräsidenten an.
„Merken sie nicht, dass ich im Recht bin, lassen sie mich das Unglück verhindern!“
Durch die Beben wurde er unsicher, wollte sich aber keine Blöße geben und bestand darauf, die Regentin einzusperren.
Erneut liefen leichte Beben durch die Stadt. Jetzt sah man auch am Vulkanschlot schwarzen Rauch aufsteigen. Die ersten glühenden Brocken wurden aus dem Vulkan geworfen.
„Oh nein, der Vulkan, er geht durch!“ Rief die Regentin und die Wachen sahen sich verängstigt an.

Erst jetzt erkannte der Parlamentspräsident, welchen Fehler er begangen hatte. Aber anstatt noch etwas zu retten, drehte er sich um und schrie die Regentin an. „Äh so machen sie doch was Regentin!“

Die Regentin drehte sich zu ihm um und sah ihm direkt ins Gesicht.
„Dazu ist es jetzt zu spät. Sie haben «Atlantis» dem Untergang gewidmet. In zwei Minuten ist hier alles ein Raub der Feuer.“

Jetzt bekam es der Parlamentspräsident mit der Angst. Er ließ alles fallen und rannte weg, er wollte nur noch sich selbst retten. Alles andere war ihm egal.
Die Wachen fassten noch einmal Mut und fragten die Regentin. „Wie können wir ihnen noch helfen?“
Mit einem Lächeln im Gesicht sah sie die vier bebenden Gestalten an und sagte nur:
„Danke, sie können nichts mehr tun. Leben sie wohl.“

***

Der Vulkan spuckte Lava und die ganze Erde bebte in weiten Regionen. Überall auf der Insel war zu spüren, dass hier gerade der Vulkan ausbrechen würde, aber nur die Bürgermeister einiger Städte erkannten, dass das ihr Werk war. Doch nun war es zu spät.

In einer gewaltigen Explosion explodierte der Vulkan und riss ¼ der Insel auseinander. Tiefe, breite Risse bildeten sich und in den riesigen Krater voller kochender Lava lief das Wasser der umgebenden Flüsse. Eine gewaltige Wassermenge schoss in die Tiefe, bis sie vom glühenden Schlot aufgenommen wurde. Die meisten Menschen auf «Atlantis» wurden auf der Stelle getötet. Die Explosionswelle war so unfassbar groß, dass alle Bauwerke auf der Insel zu Staub zerrieben wurden.

Tausende Kubikmeter Wasser aus den Flüssen und Seen stürzten in den tiefen Schlund des Vulkans. Nach vielen Meter des Falls traf das Wasser auf das glühende Magma.

Eine gewaltige Wasserdampfexplosion, ausgelöst durch die riesige Wassermenge, die im Vulkan sofort in Wasserdampf verwandelt wurde, zerriss die gesamte Insel. Beim schlagartigen Verdampfen von einem Liter Wasser entstanden bekanntlich 1673 Liter Wasserdampf, der irgendwohin muss. Die Wassermenge, die in den Schlund des Vulkans stürzte, war aber ungleich höher.

Dort wo einst eine Vulkaninsel war, gab es nur noch brodelndes Wasser und Dampf. Die Druckwelle war so enorm, dass sie mehrmals um die gesamte Welt lief. Gefolgt von einem Tsunami, der an den Küsten der bekannten Welt teils erheblichen Schaden hinterließ. Die Insel «Atlantis» war verschwunden und mit ihr die Menschen, die auf der Insel gelebt hatten.

***

„Ich wollte das nicht. Glaube mir bitte.“ Kerim stand mit hochrotem Kopf vor seiner Mutter und fühlte sich offensichtlich unwohl. Sie sah kurz zu Marlis, die ihr zunickte, dann sagte sie zu ihrem Sohn. „Wer weiß, wozu das gut war. Zumindest hast du gelernt, dass man sich vorher genau überlegen sollte, was man gedenkt zu tun.

Wer weiß, vielleicht wird das irgendwann in die Geschichte der Menschen eingehen als eine riesige Flut, die die ganze Welt ertränkt hat.“ Der Gleiter flog weiter. Kerim saß hinten im Gleiter und schaute ab und zu aus den Fenstern. „Er hatte etwas dazugelernt. Er würde seine künftigen Taten sehr genau durchdenken und sich dann für das Richtige entscheiden, dessen bin ich mir sicher.“ Marlis schaute Saana dabei lächelnd an, als sie sich kurz unterhielten. Ein leichtes Nicken von ihr Saana folgte. „Ich wünschte, alle Menschen würden sich ihre Taten so genau durchdenken, wie das Kerim in Zukunft macht.“
„Ja Saana, dann würde der Menschheit viel Leid erspart bleiben.“ Sie flogen weiter über einen Bereich, der später als «Mesopotamien» bekannt würde und landeten schließlich auf einer wunderbaren Hochebene. Was sie sahen, war wie ein Wunder der Natur. Neben den riesigen Wäldern fanden sich fast überall Felder, die bepflanzt wurden, sehr viele kleinere Behausungen und hin und wieder auch größere Ansiedlungen.

Gerade als sie gelandet waren, schlugen die Sensoren des Gleiters an. Ein Unglück musste geschehen sein, wenn der Master-Alarm anging. Manitau und Sam kamen nach vorne in den Kommandostand. „Was ist geschehen?“ Fragte Manitau und Sam schaltete durch die Anzeigen der Bordelektronik. „Die Zentralelektronik in «Atlantis» ist ausgefallen, das globale Funksignal ebenfalls. Die Sensordaten des Thermalgreifers fehlen auch. Ich befürchte, dort ist etwas grauenhaftes geschehen.“

In diesem Moment durchliefen Erdbebenwellen die Hochebene. Sie schienen von einen Ende der Welt zu kommen, da kam auch schon eine nächste Welle, aber von der anderen Seite.

„Die können wir anpeilen, dann finden wir den Ursprung, das Epizentrum.“ Sagte Saana und nahm an einem der Bildschirme Platz. Es dauerte einige Minuten, aber dann war klar, woher diese unglaublichen Erdbebenwellen kamen.

„Es sieht so aus, als sein ganz «Atlantis» explodiert. Was kann so viel Energie freisetzen, um solche Beben auszulösen, die Erdbebenwellen laufen noch immer um den Planeten?“

Sam nahm seine Frau Marlis in den Arm und hielt sie fest. Dann sagte er langsam und mit Bedacht: “In ganz «Atlantis» hatten wir nur eine einzige Energiequelle, die solche Macht innehatte. Das war der «Energiegreifer» der im Vulkan die Stadt und alle Siedlungen versorgte. Der Greifer kann von sich aus nicht solche Fehler verursachen, also haben Menschen ihn überlastet.“
Er ließ die Worte kurz wirken.
„Wir Menschen haben demnach «Atlantis» vernichtet. Wenn es so geschehen ist, wie ich vermute, dann sehen wir in Kürze eine Verdunklung der Atmosphäre und es wird Regnen. Vermutlich drei oder vier Tage lang. Dann wissen wir, dass es unsere Heimat nicht mehr gibt.“

Kerim schaute zu Marlis und Sam. „Dann haben aber viele Menschen nicht nachgedacht und dadurch das Unglück ausgelöst.“

Marlis streichelte durch Kerim‘s Haare. „Exakt, mein lieber Kerim, du hast deine Lektion gelernt!“ Marlis löste sich von Sam und nahm ihn bei der Hand, die andere streckte sie zu Kerim. „Kommt alle herbei, lasst uns einen Kreis bilden und an unsere Lieben denken. Unsere Reise ist beendet, wir werden in Zukunft hierbleiben.“

Die ersten dunklen Wolken erschienen am Himmel und es fiel dunkler Regen. Jetzt hatten sie die Gewissheit. Sie standen in einem Kreis und hielten ihre Hände. Ihre Gedanken waren bei all den lieben Menschen, die ihr Leben verloren hatten. Sie standen da eine ganze Stunde lang und sagten kein Wort. Als Marlis ihre tränenunterlaufenen Augen wieder öffnete, sah sie in lächelnde Gesichter.

Carla, Moana, Kerim und Maja sahen Sam und sie an und ihre Eltern nickten ihnen zu.

„Lasst uns neu beginnen!“

Ende