_Der Strahl

Prolog
Neugierige Forscher sind bei Bohrungen im Pazifik auf ein zuvor unbekanntes Element gestoßen, das sie nur theoretisch kennen. Bei dem Versuch daraus Kapital zu schlagen, entgleitet ihnen das Experiment und gefährdet die internationale Luft- und Raumfahrt. Nur eine zufällig in der Nähe befindliche Gruppe junger Urlauber kann das Unglück noch verhindern. Sollten sie dabei versagen, bedeutet das das Aus für die ISS und vielleicht für die gesamte Menschheit.

 

Caroline Miles Protagonistin
Peter Stein Protagonist
Gunnar Erikson Begleiter von Caroline und Peter
Dubnus Verbata Leitender Ingenieur
Sabrina Ziller Chemikerin und Geliebte von Dubnus
Capt. James Payroll Stationsleiter ESOC South Point Hawaii
Capt. Jim Paradon Stationsleiter auf Kwajalein
Pia Paralinga Geologiestudentin
Maike Subanatobix Geologiestudentin
Sam Alapatugara Militärwissenschaftler auf Hawaii
Corinna Mayen Polizei Anwärterin
Häuptling Theolanda Häuptling auf Jucabarta
Konrad Malz Kommandant der ISS
Alexander Popow Wissenschaftskosmonaut
Konrad Malz Wissenschaftsastronat
Vladimir Yukatarow Wissenschaftskosmonaut
Yiri Kamatschenkow Leitender Ingenieur
Kapitän Kefar’ter Kommandant der Fregatte Novel’ult
Haiyko Garonnjew Bordingenieur der Fregatte Novel’ult
Surina Maonatuba Technikerin
Krusta’fils aufmerksamer Seemann
Raffit Vangelis Geldgieriger Industrieller
Michangelis Strabatiopolis Handlanger von Raffit
General Kunjega Moderator der Raumfahrtbesprechungen

Die Insel Jucabarta.

Die Insel Jucabarta, genannt Le Donjon du diable

Die Bohrung

Zwischen den Marshallinseln und Nauru liegt 50 Meilen südlich von Ebon die kleine, malerische Insel Jucabarta im malerischen Pazifik. Das Atoll hatte gerade genug Landmasse, um einen kleinen Flugplatz und einige kleine Dörfer zu beherbergen.
Vor sechs Monaten war eine weitere Siedlung aus Wohncontainern errichtet worden und hier bohrte eine chinesische Gesellschaft mit den modernsten Geräten ein tiefes Loch.
„Tai-Fing, wie sehen die Werte aus?“
„Großartige Herr Ingenieur, wir erreichen die Kaverne wahrscheinlich in den nächsten Stunden.“ Sagte der Bohrleiter zu Ingenieur Dubnus Verbata. „Hier sind die Werte, ich muss zurück, auf die Baustelle.“ Ingenieur Dubnus Verbata stand an seinem Zeichenbrett und verglich die Tabellen mit den Werten der Robotersonde am Bohrkopf. Tai-Fing hatte das Büro gerade wieder verlassen. Sabrina Ziller, die Chemikerin der Expedition und die Geliebte von Dubnus Verbata, stand ganz nah bei ihm.
„Was erwarten wir in der Kaverne, wirklich nur eine riesige Menge Erdgas?“
„Sag es keinem weiter, aber wir erwarten dort nicht ein einfaches Erdgas, wir erwarten dort das legendäre Pyrodaktila-Gas. Vielleicht sogar in riesigen Mengen.“
Sabrinas Augen leuchteten. „Hmm Pyrodaktila Gas, genauer Element 121 Pyrobinilium, zwischen 120 Unbinilium und dem 122 Unbibium. Das war bisher nur ein theoretisches gasförmiges Elementarteilchen. Man glaubte, es im Reaktor erzeugen zu können und dass sich die Energiedichte nahezu unendlich steigern ließe. Doch alleine das ist schon unlogisch und so hat man nicht weiter danach geforscht. Und nun haben wir vielleicht die Chance dieses mehr als seltene Gas tatsächlich abzubauen. Ich finde das so erotisierend.“
Dabei sah Sabrina Dubnus mit einem brennenden Blick an, den dieser nur zu gut kannte. „Wenn das stimmt und wir finden dieses Elementarteilchen, das so unglaubliche Energien speichern kann, dann hätten wir endlich die Batterien gefunden, die alle Energieprobleme lösen könnte.“ Ingenieur Dubnus sah das Leuchten in Sabrinas Augen und wurde jetzt ebenfalls ganz unruhig. „Komm mit mir da hinten in den Server Raum, den kann ich von innen verschließen.“ Rasch huschten die beiden in den Server Raum. Dubnus regelte die Temperatur auf ein erträgliches Maß und während er die Tür verschloss, zog sich Sabrina den Schlüpfer aus und legte sich auf die Sitzbank, unter der eine Reihe Notstrombatterien brummten.
Sabrina räkelte sich einladend und Dubnus hatte bereits Shirt und Hose ausgezogen. Zusammen nutzten sie die Zeit und liebten sich ausgiebig. Die brummenden Geräte waren der Grund, weshalb der Serverraum gut isoliert war, so drangen keine Laute nach außen. Es hätte aber auch keinen interessiert. Die gesamte Bormannschaft war an diesem Tag am Bohrturm, denn der Durchbruch, auf den sie seit Monaten hin gearbeitet hatten stand unmittelbar bevor.
Der Hochleistungsbohrer hatte die schützende Kristallwand der Kaverne langsam durchbrochen. Bei den ersten Versuchen waren die Bohrer noch zerbrochen. Mit einem Mal entlud sich die Anspannung im Bohrer und die Maschine, die mit Höchstleistung arbeitete, entspannte sich schlagartig.
Ebenso schlagartig hatte sich Dubnus entspannt und während Sabrina ihn fest umschlungen in ihren Armen hielt, lief ein tiefes Grollen und Beben durch den Serverraum. „Oh ja das ist schön.“, flüsterte sie und streichelte Dubnus durch die Haare, aber da lief bereits ein weiteres Beben durch den Serverraum und das war jetzt deutlich zu stark. Dubnus erschrak und auch Sabrina erkannte, dass hier etwas nicht in Ordnung war. Rasch zogen sich beide an und Dubnus schaltete die Kühlung wieder ein, da durchlief ein drittes Beben den Serverraum.
Der Bohrer hatte die unterirdische Kaverne getroffen und einen hellen, weißen Strahl befreit. Der helle Strahl fraß sich dem Bohrgestänge entlang und löste es im gleichen Moment auf. Oben auf dem Leitstand schrillten bereits die Alarmglocken und die Techniker und Tiefbohrmeister versuchten, noch mit allen Mitteln, ein Unglück zu verhindern. Schließlich erhofften sich alle unschätzbar reich zu werden, aber nur, wenn man das Gas auffangen konnte.
Am Bohrplatz herrschte bereits Aufruhr. Unkundige hätten bemerkt, dass hier viele Leute wie wild umherliefen und nur das Fachpersonal hätte erkannt, dass die Profis vor Ort genau das taten, was sie monatelang vorher eingeübt hatten. Mit jedem Beben aus dem Bohrloch schien sich die Erde unter ihnen ein wenig zu heben. Fässer rissen sich aus den Verankerungen und Rohrleitungen schlugen gegeneinander. Schließlich mit dem letzten starken Beben zerriss es die Bodenplatte und der mächtige Bohrturm wurde in einen leuchtenden Nebel eingehüllt. Der Nebel blieb nur einen Augenblick, da schoss durch das Bohrgestänge ein hochgeladenes, energiereiches Leuchten empor, das, an der Oberfläche eine gewaltige Explosion auslöste. In einem grellen Feuerpilz wurde alles Material an der Bohrstelle augenblicklich zerrissen. Aus dem Feuerpilz schoss ein greller Lichtstrahl aus dem Bohrloch. Ein Lichtstrahl, der augenblicklich alles verdampfte, was sich dem Strahl in den Weg gestellt hatte. Von der Mannschaft am Bohrloch war keiner mehr zu sehen.
Als beiden Liebenden aus dem Serverraum kamen, sahen sie, dass der Bohrturm fehlte und ein Feuerball am Bohrloch loderte. Noch während Dubnus zum Telefon griff rasten bereits die ersten Feuerwehrfahrzeuge zur Bohrstelle und sie schienen in dem Feuerball zu verschwinden. Einen Moment später sahen Dubnus und Sabrina den grellen Lichtstrahl über der kleinen Insel. Ingenieur Dubnus hatte da bereits den Hörer am Ohr und die Prioritätstaste 1 gedrückt, da meldete sich am anderen Ende eine energische Stimme. „Vangelis hier, haben sie endlich mein Elementarteilchen gefunden. Ich warte schon zu lange darauf?“
„Herr Vangelis, wir haben hier ein riesiges Problem …“ Im gleichen Moment bebte erneut die Erde und am Bohrloch explodierte etwas mit einem mächtigen Feuerball. Die Fensterscheiben im Büro von Dubnus zersplitterten und Sabrina und Dubnus wurden zu Boden gerissen. Alle Bildschirme lagen zersplittert auf dem Boden und das Telefon war tot.
In der Siedlung der Bohrmannschaft löste die Explosion am Bohrloch ein Chaos aus. Lieferwagen wurden wie Spielzeugautos weg gewirbelt. Der Container, in dem Dubnus mit Sabrina weilten, erhielt einen kräftigen Schlag, blieb aber stehen.
Der gebündelte Lichtstrahl aus der Bohrstelle zerstreute sich allerdings nicht, sondern blieb eng gebündelt und löste alles, was sich ihm in den Weg stellte auf. Dann schoss er in den blauen Himmel.
Eine Frachtmaschine von Cathay Pacific erwischte es als Erstes. „Kapitän, wir kollidieren mit diesem Licht da, wo kommt das her?“ Rief der Copilot entsetzt, als er direkt vor sich diesen gleißenden Lichtstrahl sah. Der Flugkapitän trat das Steuerbordpedal voll durch und legte die schwere Maschine in eine möglichst enge Rechtskurve, aber 240 Tonnen Masse haben eine unglaubliche Trägheit. Die Transportmaschine verging in einem grellen, mächtigen Feuerpilz hoch in der Atmosphäre. Das Licht war so grell und hell, dass es von vielen Stationen aus angepeilt und lokalisiert werden konnte. Die ersten Alarmmeldungen liefen auf den benachbarten Inseln ein.
Aber der Lichtstrahl schoss weiter in das All hinaus. Wie ein brennender verbrannte er alles, was über den Lichtstrahl kam. Die Transportmaschine war nur der Anfang, im Orbit verdampften dort mehrere Satelliten, die in die Bahn des Strahles gerieten. Jetzt gingen auch nach und nach in den Kontrollzentren der Länder der Alarm hoch und innerhalb einer halben Stunde wusste alle Kommandostellen, dass es einen tödlichen Bereich gab, der alles fraß, was ihm in die Nähe kam.

***

Alarm

Auf Hawaii befindet sich die South Point Satelliten Kontrolleinrichtung. Eine Außenstelle des ESOC, des European Space Operations Centre. Hier trafen die ersten Meldungen von „Verlorenen“ ein. So nannte man die Satelliten, deren Bahn täglich mitverfolgt wurde und die plötzlich fehlten.
Capt. James Payroll leitete dieses Vierteljahr die Station und er erkannte rasch, dass gerade etwas Ungewöhnliches vor sich ging. Er prüfte mit seiner Kollegin, Leutnant Vilsmer, die Messdaten. Irgendetwas ließ die Satelliten über einem bestimmten Punkt der Erde verschwinden. Also rief James Payroll bei seinem Offizierskollegen auf der GPS Monitoring Station auf den Kwajalein Inseln an. Diese Station lag mit 335 Meilen deutlich näher an dem Ursprung der Störung als seine Station, die 2600 Meilen viel weiter entfernt davon lag.
„Vermittlung Kwajalein, sie wünschen?“ „Verbinden sie mich mit Capt. Jim Paradon, ESOC, die Sicherheitskennung lautet „Logan-203“. „Verstanden, ich verbinde.“ Kam als Antwort. Kurz danach meldete sich sein Offizierskollege. „Hallo James, was machst du so einen Terz, ist bei euch der Vulkan ausgebrochen. Was soll diese Alarmmeldung?“
„Grüß dich Jim, der Vulkan ist immer aktiv, aber der interessiert nicht, ich brauche deine Hilfe.“
„OK erzähl!“ Jim wusste, dass James keine Scherze machte und ganz bestimmt nicht auf einer überwachten Leitung.
„Also gut. 335 Meilen südlich deiner Station verzeichneten unsere Sensoren einen, na sagen wir weißen Fleck. Alles was dort drüber fliegt, verschwindet. Flugzeuge, Kapseln, Satelliten. Es ist so, als würde dort ein mächtiger Radiergummi alles ausradieren, was dort drüber fliegt. Stell dir den Globus vor, über den ein Punkt definiert wurde und der alles frisst, was über diesen Punkt fliegt.!
„Ja James, Moment noch, ich sitze am OPI und gebe die Daten ein. Also hier wird nichts gelistet. Vielleicht spinnen ja deine Sensoren doch durch die Vulkanasche.“
„Das ist kein Scherz Jim, dann sag mir, was macht unser Nachrichtensatellit XB49C1993. Der kommt nämlich in genau einer Minute über diesen Punkt und XB49 befindet sich auf 698 Kilometer Höhe und damit deutlich oberhalb der ISS Bahn.“
„Das ist schnell ermittelt. XB49C1993 ist exakt auf seiner Bahn und kommt …“ Jim verstummte. „Oh Moment, James, ich prüfe … Verflixt Objekt XB49C1993 ist soeben verschwunden!“
„Das meinte ich mit weißem Fleck. Irgendetwas frisst an diesen Koordinaten alles in der Atmosphäre und im All. Ich habe keine Ahnung, was das ist und wie hoch das wirkt.“ Im Hintergrund hörte James, wie der Alarm hochging.
„Hast du etwa gerade den roten Knopf gedrückt Jim?“
„Ja, habe ich. Ich habe den weißen Fleck in den Zentralrechner eingegeben und alle registrierten Objekte im Orbit darübergelegt. In genau 21 Tagen kommt die ISS wieder über diesen Punkt. Sie wird den Punkt zentral überfliegen.“
„Das heißt, wir haben 21 Tage um das Problem zu lösen oder die ISS ist nicht mehr.“
„Exakt James. Verflixt, was geht dort vor sich.“

***

Auf dem Ebon Atoll

Peter streichelte mir gerade meinen Rücken, als er innehielt und am südöstlichen Horizont einen hellen Lichtstrahl sah, der von der Nachbarinsel zu kommen schien. „Caroline, Schatz, schau mal da vorne auf drei Uhr, auf der Nachbarinsel, macht da jemand Laserexperimente?“
Ich küsste Peter auf die Wange und orientierte mich kurz. Der Lichtstrahl, den wir sahen, war stark gebündelt und sichtbar. Ein gewöhnlicher Laserstrahl schied also aus. Wir hatten gerade 18:20 Uhr, also Dämmerung und die Sonne würde hier in wenigen Minuten untergehen.
„Nein Peter, das kann kein Laser sein, den könnten wir sicher nicht sehen, aber das ist äußerst ungewöhnlich. Solch einen Strahl habe ich nun doch noch nicht gesehen, der ähnelt eher einem unglaublich gebündelten Flakscheinwerfer.“
„Das ist die Insel Jucabarta, gerade mal 22 Meilen vor Ebon entfernt.“ Sagte Peter mit prüfendem Blick auf sein Tablet. „Dort leben etwa vierzig Menschen, daneben gibt es eine kleine Landebahn, einen Laden und ich habe gelesen, dass eine chinesische Firma dort Bohrungen durchführt.“
Wir beide hätten diesen Lichtstrahl wohl kaum bemerkt, wenn nicht die Abenddämmerung uns dieses Spektakel präsentiert hätte. Jetzt brach die kommende Nacht über uns herein und der Strahl, wie wir das Phänomen nannten, war immer noch sichtbar.
Während wir unsere Badesachen zusammenrafften, schauten wir immer wieder auf diesen Strahl. Oben am Himmel betrachteten wir einen Jet, der einer Motte gleich, direkt auf den Strahl zuzufliegen schien. Jedoch glaubten wir an eine optische Täuschung. Der Jet war mindestens auf 30.000 Fuß.
„Schatz, schau der Flieger dort.“ Peter hatte mich neugierig gemacht. Zusammen betrachteten wir den Punkt am Himmel mit seinen Positionslichtern und plötzlich sahen wir nur ein kleines Leuchten, dann waren die Lichter weg und nur noch der Strahl stand einsam dort, wo eben ein Düsenflugzeug verschwunden war. Glühende Teile schienen in Richtung Meer zu fallen.
„Sag mir, dass wir uns da nicht getäuscht haben, du hast doch auch den Jet gesehen, der sich da eben aufgelöst hat, oder?“ Fragte ich Peter und uns wurde mit einem Mal klar, dass wir soeben ein Unglück gesehen hatten.
„Verflixt nochmal, lass uns zur Station fahren, hier stimmt etwas nicht, das wars erst einmal mit unserem Urlaub Süße.“ Bestimmte Peter und sprang hinter das Lenkrad unseres Jeeps.

***

In unserer kleinen Station angekommen, riefen wir umgehend bei GIPSY, der Kommandozentrale, auf Soulebda an. Mantoriba, eine feurige Argentinierin, hatte Dienst an der Telefonzentrale und freute sich natürlich uns zu hören.
„Hallo Caroline und hallo Peter, ja habt ihr endlich mal ein paar Tage Urlaub?“
„Ja Schatz, bis eben, hier stimmt etwas nicht, wer ist heute Leiter vom Dienst, ich brauche ihn sofort!“
„Heute hat Hauptmann Unger Dienst, der wird sich freuen, in 10 Minuten spielt seine Baseball Mannschaft.“
„OK dann stell mal durch und danke, wir sehen uns bald wieder. Grüß mir deine Töchter.“ Damit verabschiedete ich mich von Mantoriba. Es klickte einmal und der LvD, der Leiter vom Dienst war am Telefon. „LvD, Manfred Unger, was liegt an?“ Fragte er kurz.
„Hallo Manfred, Caroline und Peter hier, freut ihr euch schon auf das Baseballspiel?“
„Ah grüß euch ihr zwei Urlauber, sagt mal, ihr seid doch noch auf dem Ebon Atoll oder?“
„Doch und hier hat sich etwas ereignet …“ begann Peter, aber Unger unterbrach ihn.
„Packt eure Sachen zusammen, macht das Schnellboot klar und schaut zu, dass ihr auf Insel Jucabarta kommt. Nehmt alles mit für einen Rettungseinsatz und vergesst um Himmelswillen eure Waffen und Funkgeräte nicht.“
„Der Lichtstrahl?“ Fragte ich dazwischen und Unger bestätigte.
„Ja der Lichtstrahl. Hier herrscht Alarmstufe Gelb, die Inseln, die näher dran sind, haben bereits auf Rot erhöht. Irgendetwas ist dort vorgefallen und ihr seid die nächsten da unten. Jetzt bewegt eure Hintern, alles Weitere kommt unterwegs über den Sonderkanal 21 Die Jungs am Pier haben das Schnellboot bereits klargemacht, Gunnar begleitet euch. Leitstelle Ende.“

***

Gunnar Gustafsson war ein blonder zwei Meter Mann. Das kräftige Haar hatte er streng nach hinten gekämmt. Sein sportlicher Oberkörper mit den kräftigen Oberarmen machte ihn zu einem Hingucker für uns Mädchen. Ich hatte erst zweimal kurz mit Gunnar zu tun und er war ein feiner Kerl. Peter hatte ihn beim Sport getroffen und mir von ihm berichtet. Jetzt trafen wir beide wieder auf Gunner. Er trieb gerade einige der Stationsmitarbeiter an das Schnellboot klar zu machen. Der aufgehende Vollmond sorgte für Licht und wir winkten Gunnar bereits aus der Ferne zu.
„Caroline, Peter, kommt, wir sind bereit zum Auslaufen.“ Rasch stiegen wir ein und Gunnar startete den Motor. Unser Schnellboot war ein starkes Wasserstrahlboot und konnte auch enorme Lasten befördern. Der Sternenhimmel hatte die Sonnenstrahlen bereits abgelöst und wir mussten das Radar gut beobachten, denn in dieser Gegend gab es reichlich Riffe.
Unterwegs erfuhren wir von Gunnar, dass es auf der kleinen Insel Bohrungen gegeben hatte und dass man etwas bisher Unerforschtes zutage gebracht, oder befreit hatte. Wir wurden auch vor der Gewalt dieses Strahles gewarnt. Mehr erfuhren wir aber noch nicht. Auch wenn Gunnar wie ein Seemann wirkte, war er ein waschechter Physiker. „Geht davon aus, dass der Strahl wie ein starker Laserstrahl wirkt, also nahezu bis zum Ende mit voller Kraft strahlt. Aber bedenkt, dass wir noch nichts Genaues wissen. Wir nehmen an, dass sich das wie Licht verhält, aber was ist, wenn das etwas ganz was anderes ist?“
„Was meinst du mit etwas ganz anderes?“
„Meine Frau Pala’Tinga hat mich versucht vor einer Legende zu warnen, hier hätten die Götter früher das Feuer, das vom Himmel fällt, gebändigt und unter Wasser eingesperrt. Das ist natürlich nur eine Legende, ich musste aber schon mehrfach lernen, dass hier auf Soulebda und Umgebung noch einiges anders ist als anderswo auf der Welt.“
Noch während wir auf die Insel mit dem seltsamen Strahl zufuhren, brummte es hinter uns am Himmel auf und eine schwere, viermotorige Shin Meiwa brummte über uns hinweg und setzte zur Landung an. Im Licht des Vollmondes war die mächtige Maschine gut zu erkennen. Die starken Scheinwerfer versuchten, das Meer aufzuhellen.
„Ganz schön mutig, bei fast Dunkelheit mit einem so großen Flugboot hier zu landen.“ Bemerkte Gunnar zu Peter.
„Ja mutig, dumm, oder ganz schön verzweifelt, würde ich sagen. Können die überhaupt all die Riffe sehen, die hier sind?“, fragte ich und schaute Peter dabei fragend an.
Offenbar konnten sie das nicht. Vor uns ereignete sich gerade eine Katastrophe. Das mächtige Flugboot setzte auf und wurde langsamer. Noch ehe das Flugboot zum Stillstand gekommen war, traf es auf einen der Felsen. Es drehte sich, dabei riss eine der Tragflächen ab und die Maschine bekam Schlagseite. Die Triebwerke schienen den Treibstoff aus dem Flügel zu entzünden und ein Feuerball fraß sich in den Nachthimmel hinein, der die Umgebung in ein teuflisch gemeines Leuchten einhüllte.
Gunnar näherte sich langsamer dem Ort des Grauens. Unser Radar war empfindlich genug um alles Unbewegliche auf dem Wasser anzuzeigen. So kamen wir näher an die Absturzquelle heran. Inzwischen war das Heck bereits gesunken, die Tragflächen hielten sich noch über Wasser, offenbar waren die Tanks fast leer.
Innerhalb der nächsten halben Stunde fanden wir noch drei Menschen, darunter den Bordingenieur Garonnjew, Surina eine Technikerin und einen Anzugträger, der uns von Anfang her unsympathisch war. Dafür wollte er seinen Namen nicht nennen.
Der „Anzug“ wie wir den Mann abwertend nannten, wollte die Gewalt über das Schnellboot an sich reißen, aber Gunnar schubste den „Anzug“ weg, er solle lieber den anderen helfen.
„Hey du halbe Portion, lass das, hier bin ich der Kapitän und du nur Seenot-Treibgut, also sei brav.“
Ich war gerade dabei Surina einen Verband anzulegen. Der Techniker Garonnjew saß zur linken und „der Anzug“ zu meiner Rechten.
„Hör auf, ich zahle ja auch dafür, du musst allerdings warten, bis ich wieder daheim bin. Ich muss da vorne auf meine Insel und nach dem Rechten sehen.“
Jetzt schalteten sich Peter auch ein. „Sie wissen also, was da passiert ist. Also heraus mit der Sprache, wir sind ein Teil des Rettungsteams. Was ist da auf der Insel passiert?“ Jedoch machte „der Anzug“ keinerlei Anstalten die Fragen zu beantworten, stattdessen suchte er etwas in seinen Taschen.
„Das ist Geheimsache und nun will ich das Boot haben, oder ich schneide der Frau …“ Noch ehe der Mann sein Messer mir an den Hals setzen konnte, hatte ich ihn herumgewirbelt und entwaffnet. „Kabelbinder!“ Sagte ich zu Peter und schon saß der „Anzug“ mit auf den Rücken gefesselten Armen auf dem Boden und fluchte fürchterlich. Der Techniker und Surina machten keine Anstalten, dem „Anzugträger“ zu helfen.
„Halt besser den Mund, denn noch sind wir auf See und hier hast du nichts zu sagen und das da vorne ist auch nicht deine Insel. Die ist immer noch Teil der Marshall Inselgruppe und Häuptling Theolanda verkauft nicht, das weiß ich nun besser. Wir kennen uns seit Jahren. Also schweig besser.“
„Ich verklage euch und lass euch so viel Strafe zahlen, dass ihr für den Rest eures jämmerlichen Lebens an mich zahlen müsst.“
Ich stand auf und gab Gunnar ein Zeichen, vor uns trieb eine halbaufgeblasene Rettungsinsel. Die zweite Hälfte hatte sich noch nicht aus der Hülle befreit. Gunnar lenkte das Schnellboot an die Insel und ich zog kurz an den Seilen. Jetzt konnte sich die Insel vollends aufblasen.
„So du Überlebender Anzugträger. Wir sind hier um Leben zu retten und du willst Macht demonstrieren. Das darfst du auf deiner eigenen Insel. Also jetzt heißt es für dich umsteigen.“ Damit schnitt Gunnar dem „Anzug“ die Kabelbinder durch und schubste ihn, höflich aber direkt in die inzwischen vollständig aufgeblasene Rettungsinsel. Gunnar verabschiedet sich auf seine eigene Weise.
„Ahoi Kapitän, an Bord findet sich alles, was ein Seemann wie ihr braucht und nun gute Reise, wir versuchen inzwischen, Leben zu retten!“
Damit fuhren wir los und der „Anzug“ blieb in der Rettungsinsel für 12 Mann zurück. „Lesen wird er ja können und genug zur Rettung hat er sicherlich dabei. Jetzt ist es seine Sache und wir können unserer Aufgabe nachgehen.“
Gunnar beschleunigte und wir fuhren wieder weiter auf die Insel mit dem inzwischen sehr gut sichtbaren Lichtstrahl zu. Nach gut 15 Minuten in voller Fahrt waren wir angekommen und suchten eine Landungsmöglichkeit. Von der Rettungsinsel sahen wir nichts mehr, die müsste gute 18 Meilen hinter uns geblieben sein und der automatische Peilsender hatte bestimmt schon längst die Position gesendet.
Gunnar drehte das Boot und fuhr rückwärts an einen Anleger. An diesem machten wir das Boot fest und Gunnar nahm die Schlüssel und gab mir den zweiten Satz. Anschließend verteilte er noch die Funkgeräte.
„Also gut, Kanal 3 ist der allgemeine und Kanal 14 die Reserve. Kanal 16 läuft als Dauerscan mit. Meldung jede halbe Stunde und das Kennwort ist Roggenbrot. Achtet darauf, dass hier alles möglich passiert sein kann. Bleibt wachsam und denkt daran, da draußen lauert ein Anzugträger.“
Peter nahm die Leuchtpistole und schoss einmal „Weißlicht“ in den Nachthimmel. Am kleinen Fallschirm hängend konnte jeder auf der Insel sehen, dass Hilfe angekommen war. Jetzt müssten alle Überlebenden mitbekommen haben, dass Hilfe eingetroffen war.
Ich schaltete auf Kanal 16, der Notrufkanal, und rief Häuptling Theolanda an. Ich wusste, dass in der Station und auf einigen der Boote die Funkgeräte eingeschaltet waren. Häuptling Theolanda war klug genug, dies zu veranlassen.
Tatsächlich meldete sich einer seiner Söhne und gab sich auch zu erkennen. Minuten später, wir waren gerade dem Boot entstiegen, kamen auch bereits die ersten Lichter aus der kleinen Siedlung auf uns zu. Häuptling Theolanda kam mit einem Dutzend seiner Männer und mit vier seiner besten Frauen zu uns. Die Frauen trugen Verbandkästen und Taschen, die Männer diverses Werkzeug. Der große junge Mann neben dem Häuptling trug als einziger ein Gewehr.
Wir begrüßten uns, wie es sich für gute Freunde gehört mit der Stirn und Häuptling Theolanda lächelte uns an. „Seid gegrüßt Freunde, ich habe euch länger nicht mehr gesehen. Caroline, Peter und du musst Gunther sein oder?“
Gunnar gab dem Häuptling die Hand und stellte sich kurz vor, wir gingen bereits auf das einzige richtige Gebäude nahe der Bohrstelle zu und sahen zwei Gestalten, die auf uns zukamen.

***

Ingenieur Dubnus Verbata hatte mit Sabrina Ziller allerlei Werkzeug gesucht und bereitgelegt. Sie würden einiges davon sicherlich brauchen. Gerade, als er das Funkgerät einschaltete, ging eine Leuchtkugel im Süden der Insel hoch. Hilfe war eingetroffen.
Der Funk knisterte, blieb ansonsten aber stumm. Dass der UKW Seefunksender ausgefallen war wussten die beiden noch nicht. So rannten beide nach Süden, von wo Hilfe kommen würde, so hofften sie jedenfalls.
„Was sagen wir denen, wenn die uns fragen, was passiert ist?“ Schaute Sabrina Dubnus fragend an. „Lass mich das reden übernehmen, versuche du zu erkennen, ob die gefährlich sind und von wem die geschickt wurden.“
„Du Dubnus, die haben die Eingeborenen dabei. Wieso verstehen die sich so gut mit den Inselaffen?“
„Hmm Sabrina, vielleicht sind das Insel Nachbarn, egal, das da vorne ist hoffentlich die Rettung.“
„Ich sehe da nur Inselaffen und da drüben noch drei Inselaffen …“ Schimpfte Sabrina.
„Hallo!“ Rief Dubnus Verbata und winkte mit einer Hand. „Bitte sei vorsichtig und schweig lieber, man kann nie wissen.“
Wir trafen aufeinander und stellten uns erst einmal vor. Schnell wurden die beiden Überlebenden untersucht, aber da keine Verletzungen sichtbar waren, erhielten sie jetzt etwas zu trinken. Häuptling Theolanda stand die ganze Zeit ganz ruhig da und betrachtete die beiden nur, sagte aber kein Wort.
„Wo ist denn der Rest der Mannschaft und wie viele wart ihr?“ Fragte Peter und schaute sich die beiden genau an.
„Wir waren ein Team von 21 Leuten. Wir sind der Rest, die anderen waren an der Bohrstelle und wir haben bisher nur acht oder neun Leichen gesehen.“
„Acht oder neun Leichen. Wie kommt das?“ Wir gingen alle weiter in Richtung der Bohrstelle. Am Krater des ehemaligen Bohrlochs sahen wir, dass der Strahl wie kochendes Wasser aus dem Boden kam.
„Ein paar unserer Leute waren zerrissen und wir denken, dass wir die Reste von neun Menschen gefunden haben.“
„Wisst ihr genauer, was da geschehen ist und was das für ein Leuchten ist?“
Dubnus überlegte kurz, aber er beschloss, lieber bei der Wahrheit zu bleiben, soweit er sie kannte.
„Also gut, ich sage euch, was wissen wir. Wir haben hier nach einem äußerst seltenen Element gebohrt, das uns als Energiespender unglaubliche Möglichkeiten offeriert hätte, aber so wie es aussieht, hat sich in der Kaverne, tief unter uns, soviel Energie versammelt, dass die einen Weg nach oben suchte.“
An der Bohrstelle sah es aus, als sei eine Bombe explodiert, und hatte den Förderturm mit all seinen Maschinen und Generatoren aus dem Boden gerissen. In der Mitte der Bohrstelle schoss der helle Strahl direkt in den Himmel und wir hörten am Anfang nur ein Zischen. Wir hatten ein Rauschen erwartet, aber es gab nur dieses kräftige Zischen, mehr Lärm kam nicht aus der Erde.
„Seit wann kann Licht zischen?“ Fragte ich die Frau, die mir aber nicht antwortete. Sie schien, allen Blicken auszuweichen und gleichzeitig alles auszukundschaften.
„Ihr müsst verstehen, die vielen Menschen, die gestorben sind, das hat sie verstört, entschuldigt sie bitte.“ Sprang Dubnus für sie ein und erhielt dafür einen Augenaufschlag, der Bände redete.
„OK genug damit, wusstet ihr, dass dieser Strahl durch die Atmosphäre reicht bis hinauf in den weiten Weltraum und dass er alles vernichtet, das mit ihm in Kontakt kommt?“ Wie zur Bestätigung nahm ich einen verbeulten Kochtopf und warf ihn in weitem Bogen in den Strahl. Der Topf verdampfte einfach mit einem leichten Fauchen. Dann war der Topf weg.
Ingenieur Dubnus schien tatsächlich überrascht zu sein. „Wie hoch reicht der Strahl in den Himmel?“
„Das wissen wir noch nicht, aber er hat bereits eine Frachtmaschine und mehrere Satelliten zerstört, die den Strahl durchflogen haben. Der Strahl reicht demnach sehr weit hoch.“
„Aber wenn der Strahl so weit reicht, das muss ja eine unglaubliche Energiemenge sein und was ist, wenn der Strahl die ISS …“ Grübelte Dubnus.
„Mit aus dem Grunde sind wir hier. Die ISS überquert diesen Punkt in genau 20 Tagen und wenn bis dahin nichts geschehen ist, wird der Strahl die ISS zerstören.“
„Wie tief seid ihr denn in die Erdkruste eingedrungen, bis das da geschehen ist?“ Fragte Gunnar.
„Vor zwei Stunden waren wir bei 5 Kilometer Tiefe. Dann müssen wir eine Kristallkaverne angebohrt haben. Diese Kaverne haben wir sensorisch angemessen, die ist etwa dreihundert Meter breit und über 2 Kilometer tief. Da drinnen vermuten wir das Element. Was aber das genau ist, wissen wir nicht. Wir konnten noch keine Messungen durchführen.“
„OK.“ Sagte ich, „Jetzt haben wir zwei Aufgaben. Erstens, woraus besteht der Strahl. Zweitens, wie stoppen wir ihn. Wenn wir den Strahl nicht stoppen, wird die ISS verbrannt und danach haben wir bald keinen einzigen Satelliten mehr im Orbit. Außer den geostationären Satelliten, die außer Gefahr sind, kommen alle im Orbit kreisenden Satelliten irgendwann über diesen Punkt und dann werden sie zerstört.“
Ein weiteres leichtes Beben erinnerte uns daran, dass wir am Krater nicht sicher waren. Peter zeigte auf das Camp am Landungssteg. „OK lasst uns jetzt aber zum Camp fahren, dort haben wir mehr Möglichkeiten wie hier, außerdem ist es dort nicht so gefährlich.“

***

Der „Anzug“ hatte in der Ausstattung der Rettungsinsel den Notsender gefunden und erkannt, dass er bereits die Positionsdaten sendete. Mit einem weiteren Telefon aus der Ausstattung erhielt er Kontakt mit einer Rettungsleitstelle und man sagte ihm einen Rettungshubschrauber innerhalb der nächsten zwei bis drei Stunden zu. Der Rettungshubschrauber aus Ebon musste erst noch gewartet werden, daher die Verzögerung.
Endlich kam ein alter Sikorski H-3 Sea King und schwebte über der Rettungsinsel. Ein Rettungsschwimmer wurde angeseilt herabgelassen, um den „Anzug“ an Bord zu nehmen. Kaum an Bord wetterte der Anzugträger sogleich los. „Ich muss sofort auf die Insel, da sind Eindringlinge, die haben meine Insel zerstört, das ist meine Insel und mein Geld, ich muss sofort dahin.“ Drängelte der „Anzug“ und die Piloten nickten sich nur kurz zu. Sie hatten vorher über Funk die Informationen erhalten, wer gerade auf der Insel gelandet ist und dass das eine Rettungsaktion war.
„Aber nur kurz, der Sprit reicht sonst nicht“ Sagte der Pilot zu dem „Anzug“ was natürlich eine glatte Lüge war.
So aber flog der Hubschrauber los und landete keine 50 Meter von uns entfernt. Der Abwind des Hubschraubers wehte einige lose Gegenstände umher. Nach der Landung öffnete sich die Ladeluke in der Rumpfmitte. Der Anzugträger rannte aus dem Hubschrauber und hatte sich eine Axt genommen, die irgendwo herumlag. Damit kam er auf uns gerannt und drohte uns allen. Er schrie uns wild seine Beschimpfungen zu, als er nähergerannt kam. Zwei Mann aus dem Hubschrauber kamen auch auf uns zu, sie hatten unser Boot und die Flagge von Soulebda gesehen. Sie standen rechts und links neben dem „Anzug“.
„Ihr verschwindet jetzt alle sofort von meiner Insel! Das ist mein Besitz. Ich habe das alles bezahlt. Das ist alles mein und nun weg mit euch!“ Dabei wedelte er mit der Axt.
Jetzt trat Häuptling Theolanda nach vorne und hob seine Hände.
„Nein Fremder. Das ist nicht deine Insel. Sie gehört meinem Volk, ich bin hier der Häuptling und du und deine Leute haben das Grauen auf die Insel gerufen. Ihr hattet keine Genehmigung die Insel zu verwüsten. Ich verbanne dich hiermit von dieser Insel! Hinweg mit dir.“
„Das lasse ich mir nicht gefallen!“, rief der „Anzug“ erhob die Axt und wollte nach dem Häuptling schlagen, aber die zwei Männer des Bordpersonals hinderten den wütenden „Anzug“ daran. „Was soll das, ich habe Geld und ich kauf mir diese Drecksinsel und du Inselaffe hast gar kein Recht …“ Die Hubschrauberbesatzung hatten mit dem „Anzug“ zu kämpfen, so wild und jähzornig war der Mann.
„Stop!“ Rief ich dazwischen. „Häuptling Theolanda hat alles Recht dazu. Die Insel gehört seinem Volk und nun sollten sie schnellstens von hier verschwinden. Sie wurden von ihm, dem Eigentümer der Insel, verbannt. Ein Verbannter ist, wie sie wissen, vogelfrei und jeder kann Jagd auf sie machen.“
Während der „Anzug“ mit offenem Mund von den beiden Piloten unter lautem Protest weggeführt wurde, lächelte Häuptling Theolanda mir zu. „Starke Worte Caroline, starke Worte, aber der Mann kommt wieder. Das ist ein böser Mann, er hat keinen guten Charakter und kein Rückgrat.“

***

Währenddessen in der UNO

Die UNO Vollversammlung war überhastet einberufen worden, als sich die Gefahr durch den Strahl offenbarte. Die Welt hatte eine neue Gefahr und die Welt reagierte erstmals und übereinstimmend und in fast perfekter Gemeinsamkeit, dass dieser Strahl eine Bedrohung für die Menschheit darstellte. Lediglich Nord-Korea weigerte sich, die Erklärung zu unterschreiben, da der Strahl keine Gefahr für das eigene Land darstellte.
Die UNO stellte die kleine Insel unter ihren Schutz und ersuchte die Regierungen der Region Schutzkräfte abzustellen, die diesen Schutzstatus gewährleisten konnten. Da Mikronesien keine eigenen Streitkräfte hatte, wurde neben den USA auch Soulebda gebeten Kräfte abzustellen. Australien würde einen Versorger zur Unterstützung bereithalten.
So geschah es, dass, während wir noch auf der Insel den Anzugträger vertrieben, bereits von den Kwajalein Inseln eine viermotorige C-130 Hercules mit Truppen startklar gemacht wurde und zugleich die Fregatte Novel’ult unter der Flagge von Soulebda nach Norden fuhr.
Da sich die Fregatte aus Soulebda anlässlich einer Übung im Norden von Nauru befand, würde die Anreise deutlich kürzer ausfallen. Mit 25 Knoten fuhr die Fregatte nach Nord-Nordost und würde am Folgetag gegen 04:00 Uhr früh dort erwartet. Aus dem Palast auf Soulebda kam für Peter, Gunnar und mich der Befehl, hier auf der Insel auf die Fregatte Novel’ult zu warten. Häuptling Theolanda freute sich, uns seine Gastfreundschaft anzubieten und wir verbrachten die Nacht bei ihm und seinem Volk. Häuptling Theolanda hatte allerdings seine Krieger das Gebiet der Bohrstelle abriegeln lassen. Offenbar traute er dem „Anzug“ auch nicht über den Weg.

***

Die Fregatte Novel’ult

Auf der Fregatte Novel’ult war man vor drei Stunden mit der Treibstoffübernahme fertig geworden und wollte die Heimreise antreten, als der Befehl kam, nach Nord-Osten zu fahren und zusammen mit den amerikanischen Kräften, die Insel Jucabarta zu beschützen.
Kapitän Kefar’ter ließ seine Offiziere antreten und informierte die gesamte Besatzung, dass sie ab sofort und bis auf Widerruf der UNO unterstellt seien. Dann verlas er den Tagesbefehl der Regentin. Hierin wurde die Besatzung aufgefordert ihr Bestmögliches zu leisten und anschließend für den Wachdienst vergattert.
Während der folgenden Hochgeschwindigkeitsfahrt wurde die blaue UNO Flagge gehisst und die Mannschaften über all das informiert, was man bisher wusste. Leider war das nicht sehr viel. So fuhr die Fregatte mit 25 Knoten durch die Nacht. Kapitän Kefar’Ter hatte volle Bereitschaftsstufe für die Brücke angeordnet. So waren sämtliche Sensoren doppelt besetzt und nichts sollte der Fregatte unerkannt in den Weg geraten.
Der wolkenlose Himmel zeigte sein herrliches Sternenbild. Der Mond stand achtern, also hinter der Fregatte, und der Ausguck hatte beste Sicht voraus. Mit knapp 46 Stundenkilometern war diese Fahrt recht schnell, aber noch immer sparsam genug, um nicht unnötig viel Brennstoff zu verheizen. Die 29 Knoten Höchstgeschwindigkeit würden nur in einem Krieg gefahren werden und auch dort nur, wenn erforderlich.
Wer konnte, der ruhte sich aus, andere standen an Deck und ließen sich den angenehmen Nachtwind durch das Haar streichen und wieder andere betrachteten einfach nur das fantastische Himmelszelt. So verstrich die Zeit, während die Fregatte immer weiter auf das Ziel zufuhr. Am frühen Morgen erreichten sie ihr Ziel. Um 03:55 fiel der Anker und die ersten Beiboote setzten auf die Insel über, wo sie bereits erwartet wurden. Die Sicherungsmannschaft ging an Land, während Peter, Dubnus, Sabrina und ich auf die Fregatte gebracht wurden.
„Guten Morgen Kapitän Kefar’ter, nach Ihnen kann man ja die Uhr stellen, sie sind ja pünktlicher wie die Post von Soulebda.“
„Danke Miss Miles, kommen sie bitte alle an Bord, das Briefing im Konferenzraum läuft bereits, die Satellitenverbindung steht. Wir treffen uns unter Deck im Einsatzbesprechungsraum.“

***

Aufruhr im All

In den Raumfahrtzentren der Welt herrschte emsiger Betrieb. Plötzlich waren all die Funk und Radar-Stationen, die weltweit verteilt waren wieder wichtig. Überall arbeiteten die Ingenieure an der Berechnung der Bahndaten der ISS. Inzwischen war überall klar geworden, dass in 20 Tagen der Überflug der ISS kam, der die Station genau über den Strahl führen würde und der damit das Aus für die Space Station bedeutete.
Alle Berechnungen, die Bahn mittels der vorhandenen Kraftstoffreserven positiv abzuändern waren ergebnislos geblieben. Es gab nicht genug Treibstoff in den Sojus Kapseln und man bräuchte drei volle Kapseln mit Treibstoff um die Bahn nennenswert zu ändern.
Die internationale Raumfahrt stand zusammen und suchte nach einer Lösung außerhalb der Atmosphäre. Als Moderator hatte man den russischen General Vladimir Kunjega einstimmig gewählt, er war ein alter Kosmonaut, hatte als Dr. Ing. der Raumfahrt das nötige Fachwissen und galt als kluger Stratege.
„Meine Damen und Herren,“ begann General Kunjega, „bitte beruhigen sie sich und nehmen sie Platz. Wir haben jetzt Life vor Ort die Augenzeugen zugeschaltet, die mitangesehen haben, was genau geschah. Kapitän Kefar’ter, sind sie bereit?“ „Jawohl Sir!“, kam es in einem klaren Ton aus den Lautsprechern und die Augen richteten sich auf den Monitor, auf dem der Kapitän zu sehen war.

***

Auf der Fregatte Novel’ult

Im großen Besprechungsraum hingen acht gewaltige Bildschirme an der Wand. Unter jedem standen die Landesfahnen und Logos der Raumfahrtverbände und jeder konnte sehen, dass da bereits länger heiß diskutiert wurde.
„Meine Damen und Herren, ich bin Kapitän Kefar’ter, an Bord der Fregatte Novel’ult hier vor Ort auf Jucabarta. Neben mit zur rechten sind der leitende Ingenieur Dubnus Verbata und die Chemikerin Sabrina Ziller, beide Sicherheitsstufe Bravo 2. Außerdem sind bei mir an Bord zwei weitere Augenzeugen, Caroline Miles und Peter Stein, beide mit den höchsten Sicherheitsstufen Ultraviolett ausgestattet. Herr Dubnus, bitte berichten sie, was sie wissen!“
Und so berichtete Dubnus Verbata, das, was er wusste und auch das, was er nur ahnte, er ließ aber dabei seine Vermutungen und Ängste aus.
„Danke Ingenieur Dubnus, können sie, Sabrina Ziller, noch etwas dazu beitragen?“ „Nein Herr General, ich habe genau das Gleiche gesehen, ich war ja im gleichen Raum wie Herr Verbata.“
„Verstehe. Herr Stein und Frau Miles, was können sie dazu beitragen?“ Peter nickte freundlich in die Kameras und begann. „Wir befanden uns auf der Nachbarinsel Ebon, gerade 22 Meilen von Jucabarta entfernt und sahen in der beginnenden Dämmerung einen Lichtstrahl, der scheinbar ins Unendliche ging. Wir erkannten ein Flugzeug, das sich auf diesen Lichtstrahl zubewegte und darin verschwand.“
„Was meinen sie mit verschwand?“ Peter sah mich an und nickte.
„Hallo, Caroline Miles spricht. Es sah so aus, als würde das Flugzeug von diesem Lichtstrahl angeleuchtet und dabei verdampft. Das Ganze dauerte weniger als zwei Sekunden, dann sahen wir nur noch einen grellen Lichtstrahl und von dem Flieger war nichts mehr zu sehen, selbst die Positionsleuchten fehlten jetzt.“
„Knapp zwei Sekunden, sind sie sich da sicher?“
„Genau genommen waren es 1,85 Sekunden, laut meinem Chronometer.“
„Gut, haben sie noch etwas Besonderen gesehen, fiel ihnen noch etwas auf?“
„Allerdings. Für die Dauer der Jet-Verdampfung war der Lichtstrahl kurz unterbrochen, er ging erst weiter ins All, als der Jet verdampft war.“
Ein Amerikaner aus Houston murrte vor sich hin. „Jaja Kindchen. Das nehmen sie bestenfalls an, dass der Strahl plötzlich unterbrechen wurde. Das hier ist Hochtechnik und da kann man leicht irritiert werden Mädchen.“
„Herr Trumpf!“ Polterte jetzt General Kunjega los. „Sie sprechen nicht mit einer ihrer Tänzerinnen, sie sprechen hier mit Carolin Miles und wenn sie nicht wissen, wer das ist, sollten sie vielleicht besser den Mund halten, oder noch besser, für jemand mit mehr Profession Platz machen! Danke.“ Leichtes Murmeln ging in Houston um sich.
Ein Leutnant reichte schnell eine Akte an Mr. Trumpf weiter und dieser bekam einen roten Kopf, als er die Akte las und verhielt sich ab sofort kleinlaut.
„Zurück zum Thema. In 20 Tagen überquert die ISS diesen Strahl. Wir müssen etwas unternehmen, das die ISS aus der Bahn bringt oder etwas ermöglichen, dass die ISS aus der Gefahr bringt, andernfalls ist die Station definitiv verloren. Diese beiden Möglichkeiten haben wir. Die Bahnänderung oder die Gefahr beseitigen. Vorschläge?“
„Peter Schopfinger, ESOC, Deutschland, für wie lange wäre die ISS der Strahlung ausgesetzt, von wieviel Sekunden reden wird denn hier?“
General Kunjega nickte Schopfinger zu. „Kluge Frage, ich glaube Valerie, sie haben die Zahlen?“, dabei schaute General Kunjega zu seiner Adjutantin.
„Ja, in der Tat reden wir hier von 0,25 Sekunden genau von 0,250103 Sekunden. Diesen Zeitpunkt muss die ISS überleben, egal wie.“
Aus Houston meldete sich wieder Mr. Trumpf. „Miss Miles, ich entschuldige mich für meine Worte. Mit all den Sojus Kapseln an Bord, wie weit können wir die ISS von der Bahn abbringen, so dass sie vor die Station kommt?“
General Kunjega verwies auf den Energie Ingenieur von der Schubberechnung. „Wir haben das durchgerechnet. Wie haben derzeit nur zwei Kapseln zündbereit, wenn wir die dritte auch zur Schubgewinnung hernehmen könnten, dann bekommen wir die Station nur halbwegs aus dem Strahl, aber wir verlieren dabei das links Sonnenpanel komplett und vielleicht einige Bereiche.“
„Und wenn wir weitere Kapseln anbringen, das müsste doch gehen, oder?“
„Nein Herr Trumpf, die Anzahl den Andockmöglichkeiten an der Station ist begrenzt. Das geht also nicht, es ist maximal die Notlösung.“
„Herr General, darf ich etwas fragen?“ Und der General schaute mich lächelnd an. „Aber natürlich Miss Miles. Wir hören?“
„Wenn die Bahn der ISS in 20 Tagen über den Strahl führt, müssen wir nur dafür sorgen, dass zu diesem Zeitpunkt etwas anderes die Bahn der ISS schützt. Wir sollten also genau prüfen, was wir zu opfern bereit sind. Die ISS wird in 0,25 Sekunden diesen Strahl überfliegen. Also lautet doch die logische Frage: Was werfen wir dem Strahl in den Schlund?“
Der General schaute mich sprachlos an. Noch ehe sein Lächeln zu sehen war, lästerte Mr. Trumpf erneut. „Seht ihr, die Braut taugt nur als Betthäschen, wie sollen wir …“
„MISTER TRUMPF ich habe sie vorhin ermahnt. Sie sollten ihren Mund halten. Da sie das nicht können, fordere ich jetzt einen anderen Ansprechpartner in Houston. Sie will ich hier nicht mehr sehen!“
Zwei Sicherheitsleute kamen und stellten sich neben Mr. Trumpf bis er wutschnaubend und begleiteten ihn aus dem Konferenzraum. An seiner Stelle nahm ein schneidiger Militär Platz.
„Ladies und Gentlemen, ich bin General Max Sauter, ehemals Air Force, jetzt NASA und ich spreche jetzt für Houston. Hallo Miss Miles, lange nicht gesehen, und danke ihnen, ihre Idee ist wieder einmal brillant.“

***

Problem gelöst.

So einfach war es im Grunde. Wenn die ISS den Strahlungspunkt passiert hatte, dann würde sie erst in 184 Tagen wieder an diesem Punkt ankommen. Es musste der Strahl also nur am ersten Punkt in genau 20 Tagen abgedeckt werden. Jetzt drehte sich alles um die eine Frage: Was nimmt man zum Schützen der ISS.
Schließlich kamen die Denker aus den wichtigsten Ländern überein, dass man mindestens vier große Transportflugzeuge gestaffelt über- und hintereinander fliegen lassen sollte, die würden direkt durch den Strahl fliegen und sich „fressen“ lassen. Schließlich mussten ja nur eine Viertelsekunde gewonnen werden.
Die geringe Streuung des Strahls machte es erforderlich, dass die Transportflugzeuge in 10.000 Fuß, also fast 3.500 Meter Höhe fliegen mussten, um die völlige Abdeckung zu gewährleisten. Die freiwilligen Besatzungen würden dann die Maschinen bis eine Minute vor dem Zusammentreffen fliegen, dann sollten sie auf Autopiloten wechseln und mit den Fallschirmen abspringen. Im Wasser würden sie von der Marine aufgenommen werden. Opfer waren keine eingeplant. Vier fernlenkbare Transporter wären nicht mehr rechtzeitig fertig geworden. Also entschied man sich vier mächtige Galaxy Transportmaschinen mit Sandsäcken zu beladen und dem Strahl zum Fraß vorzuwerfen um die ISS zu retten.
General Kunjega bedankte sich bei den angeschlossenen Kollegen und Stationen, dann nickte er General Sauter freundlich zu und dieser erwiderte den Gruß. Schließlich schaute General Kunjega in unsere Kamera.
„Miss Miles, ich glaube, ich muss mich bei ihnen bedanken. Wie lange sind sie noch dort unten auf Soulebda?“
„Noch für drei Monate, ich nehme hier mit meinem Mann,“ damit deutete ich auf Peter, der gerade dem General zunickte, „an einem Austausch teil, der ein halbes Jahr dauert und die erste Hälfte ist um.“
„Gut zu wissen, ich muss demnächst in diese Region, vielleicht sehen wir uns. Danke. Die Sitzung ist geschlossen.“

***

Auf einem Militärflughafen in Australien wurden zwei alte C5 klargemacht und mit Säcken voller Wüstensand beladen. Auf Guam wurden ebenfalls zwei ältere C5 klargemacht. Dort hatte man allerdings nur noch Quarzsand in großer Menge und lud diesen in Säcken in die Maschinen. Als die beiden Maschinen fertig waren, überführte man sie nach Kwajalein, da die dortige Startbahn mit gut 2 Kilometer Länge ausreichend war und von dort aus der kürzesten Route zum Strahl bestand.
Der Tag vor dem Zusammentreffen
Inzwischen waren die 20 Tage fast vorbei und die ISS kam bei der Pazifiküberquerung dem Strahl immer näher. Inzwischen hatten Untersuchungen an Bord der ISS und am Boden ergeben, dass der Strahl eine Wirkungsreichweite von fast 200.000 Kilometer hatte. Diese Entfernung war enorm, war das doch mehr als die halbe Erde-Mond Distanz. Immer, wenn die ISS in Reichweiter des Strahls kam, richtete man auf der Raumstation die vorhandenen Sensoren darauf. Bisher hatte man wenig herausgefunden, aber das wenige war umso interessanter.
Die Quelle des Strahls musste über eine unglaubliche Energiezufuhr verfügen. Da die Wissenschaftler weltweit nur die Kraft der Vulkane als Energiequelle anzunehmen wussten, suchten sie eifrig weiter und fanden dennoch kein Ergebnis.
An Bord der ISS schwebte Konrad Malz vor den Anzeigen und analysierte den Strahl, der sich der Raumstation langsam näherte.
„Alexander, Vladimir, kommt ihr bitte mal zu mir ins ESA-Modul 2?“ Wenig später waren die beiden Kollegen eingeschwebt und Konrad erklärte ihnen.
„Wie es aussieht, wird der Strahl schwächer. Er hat in den letzten drei Tagen gut 8% seiner Kraft verloren, wenn die Messgeräte nicht lügen, aber Vladimir und ich haben sie überprüft.“
„Was heißt das für uns?“ Wollte Vladimir wissen. „Das bedeutet, der Strahl verliert immer weiter seine Energie und es geht schneller.“
„Wann ist der Strahl dann ungefährlich?“
„Vermutlich in 98 Tagen.“
„Das bedeutet, wir müssen hoffen, dass die, da unten den Stunt mit den vier Maschinen hinbekommen, sonst werden wir hier oben geröstet!“
„Bereitmachen für Rendezvous der chinesischen Raketenstufe. In sieben Minuten passieren wir den Strahl an der Backbordseite und die hochglanzpolierte Raketenstufe der Chinesen hat ihre Satelliten abgesetzt und rotiert inzwischen immer schneller. Die Chinesen haben sich ausgerechnet, dass die Hülle bei 300 Umdrehungen viel mehr Energie aufnehmen kann und vielleicht auch so durch den Strahl fliegen kann.“ Kam die Stimme von Yuri aus der Bordanlage.
Die Kollegen machten sich bereit für die Aufzeichnungen. Alle Kameras und sonstige Aufzeichnungsgeräte, die entbehrlich waren, hatten den Punkt im Ziel, an dem der Strahl die ausgebrannte, rotierende, Raketenstufe der Chinesen treffen würde.
Der Strahl kam immer näher. Die Raketenstufe rotierte inzwischen mit fast 300 Umdrehungen in der Minute. Ursprünglich waren das nur 60 Umdrehungen gewesen.
„Ob das funktionieren kann?“ Fragte Vladimir Konrad leise und er schüttelte unmerklich den Kopf. „Ich glaube nicht. Die Grundidee ist richtig, die Raketenstufe zeigt dem Strahl länger die Rumpfseite, aber die können die aufgenommene Hitze ja gar nicht abstrahlen. Die Raketenstufe wird vermutlich verglühen, verbrennen oder einfach wegschmelzen. Ich hoffe nur, dass uns dann nicht ehemals glühendes Metall als Klumpen treffen.“ Vladimir bekam große Augen und Alexander nickte ihm zu. „Das sehe ich genauso.“ Von der Bodenkontrolle kam nun die Ansage. „Countdown bei 5 — 4 — 3 — 2 — 1 — Kontakt!“
Neben der ISS zeichneten die Sensoren ein Schauspiel auf. Die rotierende Raketenstufe war plötzlich hell erleuchtet und änderte ihre Flugbahn ein wenig. Sie schien weiter an Höhe zu gewinnen. Gerade so, als hätte ein schwerer Stein die Stufe getroffen und etwas aus der Bahn geschubst. Allerdings begann die Stufe keineswegs zu eiern, was man angenommen hatte.
Im nächsten Moment hatte der Strahl die hellerleuchtete Stufe vollgetroffen und sie sprühte Funken. Einen Moment später sah es so aus, als liefe ein Eimer Quecksilber oder flüssiges Aluminium aus der Stufe aus, um sich sofort überall gleichzeitig zu verteilen. Da hatte sich der Strahl aber auch schon durch das Material der Raketenstufe gebrannt. Dabei schien sich die ausgebrannte Raketenstufe weiter in die Höhe bewegt zu haben. Während sich die Raketenstufe in einen kleinen, funkelnden Stern verwandelte, der langsam immer kleiner wurde und langsam ausglühte, achteten die Astronauten und Kosmonauten in der ISS, dass keine Fremdkörper in ihre Richtung geschleudert würden.
Das einzige, was man jetzt noch von der Raketenstufe sah, war eine Spirale von einst verflüssigtem Metall, das durch die Rotation nach draußen gelangt war und wie ein helles glühendes Fragment spiralförmig an der Raketenstufe hing. In der Kälte des Alls war das schmelzende Metall sofort schockgefroren. Jetzt drehte eine einsame Weltraumspirale ihren Kurs durchs All mit einer langsam ausglühenden Raketenstufe in der Mitte …
Es sah so aus, als sei der Strahl weitergezogen, was natürlich trog, denn der Strahl stand am gleichen Platz, dafür war die Station weitergezogen und eine langsam ausglühende Raketenstufe torkelte einsam durch das All, eine silbrige Spirale hinter sich herziehend.
„Aufzeichnungen stoppen – – – jetzt!“ Kam die Stimme aus dem Kommandomodul, schon hörte man eine zweite Stimme.
„Nur gut, dass die Raketenstufe auf eine etwas höhere Bahn gehoben wurde, das verlangsamt sie und die Erdschwerkraft wird sie einfangen und verglühen lassen.“
„Hallo Station Alpha, wir haben die Bilder empfangen, sehr gute Aufnahmen. Wir haben noch etwas. Der Strahl hat die Raketenstufe aus der Bahn gedrückt, die Stufe wurde angehoben. Es ist, als hätte der Strahl auch Masse.“
„Oh das ist interessant, wie ihr am Boden bestimmt auch messen konntet, wird der Strahl schwächer. Wir haben in den letzten drei Tagen mindestens 8% gemessen, um das der Strahl schwächer wurde. Der Strahl verliert seine Kraft.“
„Danke Alpha, das haben wir hier auch registriert. Jetzt haben wir die Bestätigung aus nächster Nähe. Die neuen Bahndaten der Stufe berechnen wir gerade, es sieht so aus, als gerät die Raketenstufe in 41 Tagen wieder in das Schwerkraftfeld der Erde. Kommen wir nun wieder zu den Tagespunkten. Für heute sind wir erst bei Punkt 132. also jetzt kommt …“
So ging das Tagesgeschäft auf der ISS weiter.

***

Geschäftliches

Seit einigen Tagen fuhr ein Verbund aus drei Schiffen die Insel Jucabarta an. Ein moderner Katamaran von über 80 Meter Länge, gefolgt von zwei mittelgroßen Versorgern der 120 Meter Klasse. Mit 18 Knoten zog der Verband durch das Meer und kam mit jedem Tag näher an die Insel heran. Am letzten Abend konnten die Besatzungen erstmals den Strahl in der Dunkelheit erkennen. An Bord des Katamarans hatte der „Anzugträger“ seine Vorarbeiter versammelt.
„Also nochmal, sobald wir die Insel erreicht haben, treibt ihr da, Team A und Team B, die paar Eingeborenen von der Insel und wenn sie dabei absaufen, dann ist es halt so. Polizei und Militär gibt es auf der Insel nicht, dazu ist sie viel zu unwichtig. Ihr putzt also die Insel und gebt dann über Funk Bescheid. Den Lichtstrahl werden wir mit wassergekühlten Spiegeln auf das Meer lenken und ab da interessieren wir uns nur noch für diese Kaverne darunter. Gibt es irgendwelche Fragen?“
Die wenigen Fragen, die aufkamen, waren schnell geklärt. Der „Anzug“ sah in die Augen seiner Leute, das waren alles echt harte Hunde und die nahmen es, wenn es sein musste auch mit dem Gesetz nicht so genau. Das waren also genau die Leute, die er brauchte.
Und genauso wie die Führungsgruppe waren auch die auf den Schiffen verbliebenen Teams. Da waren Ex Soldaten dabei, ehemalige Polizisten und Sicherheitsleute und jede Menge Abenteurer. Insgesamt kamen da über 160 Männer und Frauen auf die Insel zugefahren und sie hatten nur zwei Ziele. Vernichtung der Gegner und Einnehmen der Insel. Dass es dabei Tote geben würde, was den Leuten egal, es gab eine saftige Heuer, sowie einen dicken Extra Bonus und nur das zählte.

***

Auf der Fregatte Novel’ult

„Kapitän, Soulebda meldet drei Schiffe mit Kurs 180 auf uns zu. Sie kommen mit 18 Knoten näher. Auf unserem Radar sind sie nicht zu sehen, wir haben die Insel zwischen uns. Soulebda meldet, dass sie 98 Meilen entfernt sind.“
„Gut, dann sehen die uns auch nicht. Deckoffizier, geben sie Alarm für die Deckmannschaften. Hubschrauber und Drohne startbereitmachen, das sehen wir uns genauer an.“
Auf der Fregatte ging der kleine Alarm hoch und die Besatzungen machten die beiden Hubschrauber startklar. Ein hochseefähiger Sikorski UH-60 Black Hawk wurde bereitgemacht und die Bewaffnung überprüft. Dann folgte eine Hubschrauberdrohne mit Tandemrotor.
„Abflugbereitschaft herstellen. Start erfolgt in 8 Minuten!“ Bellte der Oberleutnant das Boarding Team an. Dann gab er die Informationen weiter, die er bekommen hatte und ermahnte die Crew zur Vorsicht.
„Die Aufklärung vermutet, dass das die Entercrew des Anzugträgers ist. Das spielt aber keine Rolle, denn die UNO hat dieses Seegebiet für gesperrt erklärt und uns die Waffenmittel freigegeben.“
„Ich hasse Söldner!“ Brummte Teal’konda der Anführer des Alpha Teams und seine Mannschaft stimmte ihm zu.
Minuten später flog der Hubschrauber Nummer 1 hinaus auf das Ziel zu.
„Kapitän, der Hubschrauber ist mit dem Team gestartet. Der Aufklärer ist ebenfalls abflugbereit.“
„Danke, lassen sie die Drohne aufsteigen, ich traue diesem Anzugträger nicht und ich will kein Risiko eingehen. Wir gehen auf Gefechtsalarm.“
Binnen weniger Minuten wurden die Kampfstationen und Manöverstationen besetzt. Jetzt wurde auch die Satellitenverbindung zu den Amerikanern aktiviert und damit erhielt die Fregatte auch die amerikanischen Aufklärungsdaten.
Mit den Daten erhöhte sich die Radar Reichweite der Fregatte auf 150 Kilometer, also weit über die Horizontalsicht hinaus.
Von den Kwajalein Inseln waren bereits vor zwei Tagen eine Korvette gestartet und inzwischen auch zwei MV-22B Osprey. Die US Korvette hatte die Seeregion um Ebon erreicht und überwachte den Luftraum.
Auf der Fregatte Novel’ult war die Alarmbereitschaft inzwischen hergestellt und wir Zivilisten mussten das Schiff wieder verlassen. Zurück blieben die beiden Boarding Speed Boote mit ihren 8-Mann Teams und die gut 50 Soldaten auf der Insel.
Während des Frühstücks saßen wir mit Dubnus, Sabrina und den beiden Überlebenden des Absturzes zusammen und besprachen das Geschehen der letzten Tage. Peter kam mit einer kleinen Erste Hilfe Tasche zurück und öffnete sie für alle gut sichtbar. „Ihr wisst, dass das Wasser hier Mikroben enthält, die sich in jede noch so kleine Wunde setzen und die Haut zum Entzünden treiben. Das muss man nicht mitmachen. Wir haben hier eine Vorsorge.“ Damit gab Peter jedem eine längliche Kapsel. „Bitteschön zum herunterschlucken.“ Er gab mir auch eine und wir beide schluckten die Kapseln, gut sichtbar, als erste.
Krusta’fils, einer der Seemänner auf dem Schiff schaute in die Runde und erkannte, dass die Leute diese Pille nicht schlucken mochten. Schließlich begann er laut zu lachen und sprach laut und deutlich:
„Ich habe mal einen Seemann gesehen, der hatte nur einen leichten Schnitt in der Hand. Die Entzündungen, die der arme Mann da reinbekam waren unglaublich. Die Hand war doppelt so groß wie früher. Hier im Meer tummeln sich Mikro-Organismen, die sich über jede noch so kleine Verletzung der Haut freuen.“
Jetzt schauten sich die anderen vier kurz an und Dubnus nickte leicht. Schon waren die Kapseln geschluckt und Krusta’fils nickte den Leuten zu. „Gut gemacht.“
Peter fragte den Seemann Krusta’fils „Hat es der Mann denn auch geschafft?“
„Nein, leider nicht. Entweder hatte er vergessen, die Kapsel zu nehmen, oder sie wirkte bei ihm nicht.“ Jetzt schaute auch Sabrina zu Dubnus auf und schluckte ihre Kapsel mit reichlich Wasser. Peter schaute mich mit einem leichten Grinsen an. Krusta’Fils erklärte zum Schluss noch: „War eine echt eklige Sache. Am Ende war er Fischfutter.“
Peter schaute mich an und sprach leise, aber laut genug um von den anderen gehört zu werden. „Lieber schlucke ich zwei von den Kapseln, als dass mir etwas abfault.“
Als wir für eine Weile alleine waren, grinste mich Peter an „Die Pillen waren von Dr. Schemmlein. Die sollten wir eigentlich einnehmen, das sind die neuen GPS Pillen, und sie halten geschluckt für gut vier Tage und schmecken nach Pfefferminze. Übrigens danke Krusta’fils, das hast du sehr gut gemacht.“ Der Seemann nickte und grinste, als er ging.
„Nach Pfefferminze also. Und das Wasser ist voller Mikroben. Du weißt, aber dass diese Mikroben nur nahe Tonga leben. Oder?“
Lachend umarmten wir uns und ich küsste ihn. „Oh ja Schatz, ich weiß, aber die Idee war klasse und wir wissen jetzt wo sie sich herumtreiben.“
„Ja und sie werden sich herumtreiben, das spüre ich bei denen.“
„Naja, aber vielleicht nur, wenn er sie verwöhnen will. Du hast doch sicher mitbekommen, dass sie zusammen sind, oder?“
Peter schaute mich erstaunt an. „Echt jetzt, er vernascht sie, das habe ich nicht mitbekommen.“ Dabei lächelten wir uns beide an.

***

Auf dem Katamaran KTM2010

„Kapitän, sorgen sie dafür, dass das Schnellboot ausgebootet wird, ich will es mit meiner Landungsmannschaft in 15 Minuten übernehmen. Sie fahren mit dem Verband weiter zur Hauptinsel und sie kennen ja ihre Befehle. Halten sie sich daran.“
„Jawohl Sir.“ Bestätigte der Kapitän des Katamarans, der zugleich der Kommandoführer des Verbandes war. Der Mann im schwarzen Anzug war der Auftraggeber und bezahlte immer die Schecks. Ihm zu widersprechen, bedeutete das vorzeitige Ausscheiden aus der Mannschaft.
Keine halbe Stunde später hatte das Schnellboot abgelegt und war mit den Spezialtruppen unterwegs, in den Raum, nördlich der Insel Jucabarta. Während die drei Schiffe des Angriffstrupps alle Augen auf sich lenkte, würde der Anzugträger und seine Mannschaft die Insel still und heimlich übernehmen.
In der kleinen Kommandozentrale stand der Anzugträger am Planungstisch und betrachtete die Landkarte von Jucabarta. „Also wir fahren hier nach Norden umfahren diese beiden Atolle und kommen dann von Nord-Ost, legen hinter dem Maschinenbereich an, da sollte man uns nicht bemerken. Der Tross kommt von Süden und wird für Aufmerksamkeit sorgen. Falls wir dort an unserem Landungspunkt eine Überraschung erleben entscheide ich kurzfristig, Fragen hierzu?“
„Wie gehen wir mit den Ureinwohnern um Sir?“
„Genau wie die Amerikaner das auf den Bikinis gemacht haben, wir treiben sie ins Meer. Was kümmern mich ein paar Inselaffen.“
„Wenn diese anderen, die ihnen das erste Mal den Zugang zur Insel verweigert hatten noch da sind, was haben wir mit denen zu machen.“
„Ach ja die. Bis auf diese Rothaarige könnt ihr alle anderen umlegen, ich meine alle anderen, auch die Überlebenden der Bohrmannschaft, ist das klar?“
„Und diese Rothaarige Sir?“
„Die nehme ich mit zu meinem persönlichen Wohlbefinden und wenn ich ihr überdrüssig bin, dürft ihr noch mit ihr spielen, bis sie kaputt ist, dann wird sie auch Fischfutter, wie alle anderen vor ihr. Sonst noch was?“
Die Mannschaften überprüften ihre Waffen und Ausrüstung. Als Nächstes wurde das Radar abgeschaltet und die Positionsleuchten gelöscht. Jetzt fuhr die Steuerungscrew auf reine Sicht und die Dämmerung würde bald anbrechen.
Der Anzugträger ging an die Funkstation und überprüfte die Verschlüsselung, danach rief er auf dem Katamaran an, dessen Kapitän sich meldete.
„Ja Sir, hier keine Vorkommnisse.“
„Gut. In zwei bis drei Stunden geraten sie in den Sichtbereich der Insel. Lassen sie die Abdeckungen der Kanonen entfernen und genug Munition zu den Geschützen bringen. Ich wünsche, dass ihr ein wahres Feuerwerk veranstaltet, wenn ich das Zeichen gebe, verstanden?“
„Ja Sir, wir werden die mit Granatenfeuer überschütten. Gibt es Bereiche, die wir auslassen sollen, ich meine außer dem Gebiet der Bohrung.“
„Sehr gut, sie denken ja mit. Genau da will ich nicht eine Granate. Alles andere könnt ihr meinetwegen umgraben. Und jagt die Inselaffen zum Teufel, das ist meine Insel. Ist das klar?“
„Das war klar Sir. Ich lasse Linie fahren und dann sehen wir ja mal, wie schnell eine kleine unbewaffnete Insel aufgibt.“
„Gut, dann bis in zwei Stunden, ich rufe durch. Bei Überraschungen melden sie sich. Ende!“
Der Kapitän des Katamarans sah zu seinem ersten Offizier und nickte ihm zu. „Es ist so weit. Signal die die Begleitschiffe, in Linie fahren. Geben sie Gefechtsalarm und lassen sie die Munitionsvorräte nach oben bringen. Wir haben ein Feuerwerk zu veranstalten. Und die sollen auf jeden Fall die Abdeckungen der Kanonen noch unten lassen.“
Der erste Offizier nickte und ging an die Bordsprechanlage, nahm seine alte Trillerpfeife und schaltete auf Durchsage, anschließend pfiff er laut in die Anlage und schaltete die Alarmglocke ein. Oben wurden die Befehle an die Begleitschiffe gegeben. Man sah sofort, dass die Besatzungen aus dem Militär kamen und wussten, wie Befehl und Gehorsam funktioniert.
An den beiden großen Schiffen wurde es hektisch. Unter den schweren Abdeckungen machten die Geschützmannschaften die Kanonen einsatzbereit. Hier hatten die Techniker Haubitzen im Kaliber 120 mm verbaut und verstrebt. Diese Geschütze konnten mit Steilfeuer und auch im flachen Winkel schießen. Offenbar rechneten die Ingenieure mit mächtigen Rückstößen und sie wussten, wie man diese auffangen konnte.
Aus den beiden Versorgern waren soeben Hilfskreuzer geworden, deren Bewaffnung sich durchaus mit anderen Kriegsschiffen messen konnten.
Der vorausfahrende Katamaran hatte die Radargeräte zur Peilung und die Kanonen waren auf den beiden Versorgern. Lediglich eine Reihe schwerer Maschinengewehre waren auf dem Katamaran verbaut, um den Eigenschutz zu gewährleisten.
Eine Dreiviertelstunde später gingen die Meldungen auf dem Katamaran ein. Alles war vorbereitet, alle Geschützmannschaften einsatzklar, es konnte losgehen. Nun wurden auf jedem der beiden Schiffe ein gut 10 Meter langer Blimp, eine Prallluftschiff, vom Aussehen her wie ein Zeppelin angeleint und mit Gas gefüllt. Unter den Blimps befanden sich je ein Korbgestell, in dem ein einzelner Mann Platz hatte und von dort auf zwei schwere Maschinengewehre bedienen würde.
In den Kombüsen waren noch einmal die schweren Öfen angeheizt worden und deftiges Essen gekocht. Keiner wusste, wann die Küche wieder gutes warmes Essen liefern konnte. So stärkten sich die Mannschaften abwechselnd und tranken sich den nötigen Mut an.
Auf dem Katamaran wurde der Luftalarm ausgelöst. Das Radar hatte einen langsam näherkommenden Flugkörper gemeldet. „Hubschrauber im Anflug, Störgeneratoren hochfahren aber passiv lassen, Kabelwerfer bereitmachen und macht die Stinger klar. Der darf nichts melden und fliegt auch nicht mehr zurück.“

***

An Bord des Hubschraubers 1 sahen die Piloten den kleinen Flottenverband auf sich zukommen. „Maratuf, wieso fahren die so nah hintereinander in Linie?“ „Vermutlich haben die Anweisungen, es gibt keinen Grund so etwas zu machen.“
„Was zum Geier sollen diese beiden Luftschiffe, auf den großen Pötten?“
Sie sahen, wie die Prallluftschiffe hochgelassen wurden und an beiden Blimps prangte ein mächtiges chinesisches Firmenlogo.
„Typische Angeber. Wir gehen über die Ballons und drehen noch eine Runde.“
Als an Bord des Hubschraubers der Scheinwerfer aufleuchtete und eines der großen Schiffe absuchte, war das wie ein geheimes Kommando.
Ein grässliches Pfeifen machte die Funkverbindung unmöglich und zugleich wurde von den beiden Schiffen je eine Stinger Rakete gestartet. Von den vier Raketen trafen zwei nicht, aber die beiden anderen brachten den Hubschrauber zum Absturz. Hart schlug der Hubschrauber im Meer auf. Trotz des harten Aufschlages retteten sich noch einige Soldaten ins Wasser. Während der Hubschrauber sich drehte und langsam versank, flammten an den beiden Blimp Lampen auf und beleuchteten die Absturzstelle.
Die schweren Maschinengewehre ratterten los und beschossen die im Wasser Treibenden, bis sich nichts mehr regte. Einige der leblos Treibenden wurden regelrecht zerschossen. Wenige Minuten später war nichts lebendiges mehr an der Wasseroberfläche.
Das Gemetzel wurde von der einsam hoch über dem Meer fliegenden Drohne aufgezeichnet und an Bord der Novel’ult übertragen. Das war kein Zufall, das war ein geplanter, brutaler Angriff. Die kleine unbeleuchtete Drohne kehrte zurück und wurde weder gesucht noch beschossen.

***

An Bord der Fregatte Novel’ult und dem amerikanischen Wachschiff liefen die Bilder des Massakers ein. Das US Wachschiff lag eigentlich vor den Kwajalein und war ebenfalls in die Gewässer um Jucabarta abgeordnet worden.
Über die gesicherte Verbindung kam von den Amerikanern die Anweisung: „Soulebda, halten sie sich zurück, sie schützen die Insel, wir nehmen uns die Schiffe vor.“
Die amerikanische Marine hatte einen älteren Raketenkreuzer der Ticonderoga-Klasse, die USS Octella, in den Pazifik abgestellt. Die Hauptaufgabe der Octella war die Luftraumüberwachung mittels ihrer weitreichenden AEGIS Radaranlage. Deswegen lag sie auch vor dem Kwajalein Atoll.
Dass allerdings den Amerikanern ein bedauerlicher Fehler unterlief, wurde erst viel später erkannt. Der Lenkwaffenkreuzer Octella fuhr Richtung Süden, an einigen kleineren Atollen vorbei und hatte die drei Schiffe immer in der Peilung. Allerdings übersahen sie dabei das kleine Schnellboot, das sich heimlich, quasi hinter ihnen, über Nord West zur Insel Jucabarta schlich.
Viele Menschen denken immer der Pazifik sei so gut wie leer, tatsächlich aber wird dieses Meer durchaus stark befahren. Es ist die schiere Größe dieses riesigen Meeres, das die Schiffe darin oftmals verschwinden lässt.
Da das kleine Schnellboot auch nicht mit Höchstgeschwindigkeit fuhr, wurde es von den hochmodernen Computersystemen als Fischtrawler identifiziert und als ungefährlich eingestuft. Auf den Bildschirmen der Octella erschienen solche neutralen und zivilen Schiffe grau, während die bedrohlichen in Rot und die eigenen in grün dargestellt wurden.
So brauste die Octelle nach Süden, während sich das Schnellboot im Norden einen sicheren Weg suchte.
An Bord der Novel’ult wurden die Schiffsbewegungen ebenfalls mitgeschrieben. Auch hier erschien dieses kleine Boot im Norden. Allerdings mit dem elektronischen Vermerk „Unbekannt“ und das Boot wurde gelb dargestellt.
Alles Rote wurden direkt abgeprüft und überwacht, dann kamen bereits die Gelben an die Reihe. Die Eigenen und solche, die keine Gefahr darstellten, kamen ganz am Schluss an die Reihe. Der junge Radaroffizier, Fähnrich zur See David Rosenthal, der die Umgebung beobachtete, hatte beim Anblick des gelben Symbols ein komisches Gefühl und er machte das einzig richtige. Er meldete dies und bat um Hilfe.
„Was haben sie denn Fähnrich?“ Fragte der Radaroffizier und stand am Radarsystem mit dem großen Display.
„Hier, dieses Ziel, mir scheint es, als versuche es sich unbemerkt auf die Insel zu schummeln, Sir.“
„Verstehe, legen die die Tracking Spur auf das Ziel und zeigen sie mir den Verlauf.“
Jetzt wurde die Spur des Schiffes aufgezeigt, als es in den Erfassungsbereich der Fregatte kam und laufend mitverfolgt. Tatsächlich wich das Ziel gekonnt dem amerikanischen Schiff aus. Es umfuhr kleinere Inseln und sorgte, sooft es ging, für Radarschatten. Schnell wurde klar, dass da jemand tatsächlich Katz und Maus spielte und sich immer weiter an die Insel heran mogelte. Immer schön unscheinbar, damit ja kein Automatismus Alarm schlagen konnte.
„Gut gemacht, das Ziel bekommt Feindstatus, geben sie die Daten an die Überwachung, ich informiere den Wachoffizier und Fähnrich, das haben sie gut gemacht.“
Der Wachoffizier hatte plötzlich vier Ziele auf dem Radar, anstelle Dreier und bekam die Information vom Radaroffizier. Die Wachmannschaften auf der Insel wurden informiert und die erste Verstärkungsgruppe ausgebootet. Da kam ein Feind auf sie zu!
Als Nächstes gingen die Radardaten an die USS Octella. Dort wurden die Zieldaten eingespeist und mit den eigenen abgeglichen. Da in der eigenen Anlage das kleine Schiff allerdings als friedlicher Fischtrawler gekennzeichnet war, wurde die Kennung nicht überschrieben und es blieb ein friedliches Boot. Amerikanische Computer hatten schon damals immer Vorrang.

***

Inzwischen war ein Flugzeug aus Soulebda gelandet. Aus der zweistrahligen Maschine wurde Material ausgeladen. Darunter waren auch unsere Waffen und Sprengmittel. Offenbar hatte man im Palast die Meldungen der Fregatte mitverfolgt und früh gehandelt.
Peter hatte den Funkspruch von der Fregatte gerade aufgenommen und kam zu mir. „Schatz, wir kriegen ungebetenen Besuch.“ Auf der Karte an seinem Tablet zeigte er die Daten und wir erkannten, dass sich da etwas näherte.
„Gut, wo treiben sich unsere Gäste herum?“ Rasch schauten wir auf die GPS Infodaten und die beiden Schiffbrüchigen befanden sich, wie abgemacht an der Sammelstelle in der Mitte der kleinen Insel, Ingenieur Dubnus und seine Gespielin nicht. Die trieben sich im Norden der Insel umher.
Wir legten unsere Ausrüstung an und suchten jetzt Dubnus und seine Freundin.
„Die beiden sind informiert, die versuchen uns in die Suppe zu spucken.“ Rasch liefen wir zum Kommandopunkt und rüsteten uns noch mit Waffen und Munition aus. Schon kam einer der Offiziere auf uns zu. „Ihr habt das mit dem Schiff im Norden mitbekommen?“
„Ja, und zwei der Fremden, Dubnus und seine Freundin treiben sich oben umher. Ich trau denen nicht und wir halten sie für Verräter.“
„Gut. Im oberen Quadranten ist Hauptmann Vehr‘le euer Ansprechpartner, ich informiere ihn und nun gute Jagd.“
So machten wir uns auf in den Norden der kleinen Insel. Hier gab es einen kleinen Naturhafen, da könnten die Angreifer schnell landen und dann hätten wir ein Problem. Neben dem oberen Dorf hatte Häuptling Theolanda einen Aussichtspunkt errichten lassen. Dort schlugen wir unseren Wachpunkt auf. Vom nahen Kommandopunkt hatten wir zusätzlich zu unseren Waffen noch je zwei Gewehre und Munition mitgenommen.
„Hallo Caroline, hallo Peter!“ riefen einige der Insulaner und winkten uns zu sich. „Was macht ihr denn hier oben am Hafen?“ „Unser Häuptling hat uns beauftragt, die Sicherungsschiffe in die Zufahrt zu bringen.“
„Sicherungsschiffe?“, fragte Peter und Jurl’da zeigte ihm sechs älteren Fischerboote, die am Ufer lagen und uns zur Verfügung standen.
„Caroline und Peter, ihr wisst doch, wie man so eine Sperre baut, bitte unterstützt uns, wir wissen nicht, was wirklich gut ist.“
„Kein Problem, gerne helfen wir euch. Was habt ihr denn hier zur Verfügung?“
„Diesen Sprengstoff aus dem Lagerhaus der Bauarbeiter. Das ist ein angeblich guter Industriesprengstoff. Aber kann der auch nass werden, oder geht der dann kaputt?“
„Nun dem Sprengstoff macht Wasser nichts aus, aber wie wollen wir zünden, haben die aus dem Lagerhaus da auch etwas dabei?“
„Ja, sicherlich, aber wir können euch da nicht helfen, wir rühren das Zeug nicht an.“
„Das ist eine gute Einstellung, dann lasst mich einmal sehen.“
Peter und ich schauten auf die Ladefläche des Trucks. Da lagen tatsächlich kistenweise Säcke mit ANFO für den Bereich Miene. Diese Sprengstoffe auf Basis von Ammoniumnitrat waren für trockne Bereiche ausgelegt, aber nicht für eine Sprengung unter Wasser. ANFO war wasserlöslich und würde das Dieselöl oder Heizöl herauslösen.
„Wir haben da ein Problem, der Sprengstoff darf nicht nass werden, wir müssten ihn mit Heizöl oder Diesel mischen und wasserfest abpacken. Wie schauts aus, was habt ihr da anzubieten.“
„Wasserfest sagtest du? Nahe dem Lagerhaus haben die hunderte leerer Druckbehälter liegen, die haben zwei Öffnungen zum Befüllen und wasserfest sind die allemal.“
Eine halbe Stunde später hatten wir zwei Behälter mit ANFO gefüllt und mit Dieselöl vermischt. Sauber und vorsichtig schlossen wir die Öffnungen und hatten nun zwei wasserfeste Behälter.
„Also, wir haben uns folgendes gedacht. In der Mitte der Hafeneinfahrt versenken wir die Behältnisse in einem der alten Boote gut 10 Meter tief unter Wasser. Das versenkte Boot halten wir mit Seilen auf der Tiefe, das bedeutet, wir brauchen vier andere Boote, die das erledigen. Die Boote werden auseinandergehalten und angeleint.
Als Zündung nehmen wir den plastischen Sprengstoff aus unserem Sortiment, das können wir über diese Sprengschnüre zur Detonation bringen. Die Dynacord bringt die Zünder zur Wirkung und diese lässt das Plastik hochgehen. Damit jagen wir das ANFOS hoch. So bleiben die trocken und alles andere ist in der Marineversion, das kann also nass werden. Alles klar?“
Die Männer aus dem Dorf sahen Peter fragend an. „Kocht die auch so gut, wie die sprengt?“ Peter musste laut lachen. „Oh ja und ich bin überzeugt, wenn ihr Caroline mitnehmt und an euere Putzmittel lasst, dann baut sie euch noch ganz andere Dinge zusammen.“
„Ja unser Häuptling sagte, dass Caroline früher in Israel beim Militär war.“
„War ich auch und nicht nur dort, also los. Lasst uns anfangen.“
Das mittlere Boot trug die wasserfesten Ladungen und war mit Steinen beschwert, das würde garantiert sinken. Alles Weitere würden wir mit den Halteleinen über die anderen Boote regeln können.
Binnen der nächsten halben Stunden hatten wir die Tonne im Wasser platziert und die Sprengkabel an Land geführt. Zwischen den Schiffen war eine rote Absperrleine gebunden, die die Zufahrt als verboten auswies.
„Schatz, du und dein Militär denken. Manchmal machst du mir Angst, andererseits hast du sehr gute Ideen.“
„Danke Peter, jetzt lasst auf den zweiten Turm da die Leute etwas hintragen, dann glauben unsere Zuschauer, dass dort die Zünder wären. Du bringst die Dynacord Strippe aber auf den anderen Turm und ich gehe einmal unsere beiden Zuschauer besuchen.“

***

Spione

Dubnus Verbata und Sabrina Ziller hatten sich in einer der kleinen Hütten versteckt. Hier konnten sie einigermaßen den Hafen beobachten. Sie sahen aber nicht alles, geschweige, das, was wir in der letzten Stunde hervorgebracht hatten.
„Schau mal Dubnus, ich glaube, die wollen mit den alten Booten den Hafen blockieren. Die sind doch so altersschwach, dass die aufpassen müssen, dass die nicht absaufen.“
„Zu spät Schatz, da schau, der mittlere Kahn ist abgesoffen und die beiden Inselaffen konnten sich gerade noch retten.“
„Glauben die tatsächlich, dass sich unser Chef von so einer Absperrung aufhalten lässt?“
„Ich sag doch Inselaffen. Was schleppen die beiden denn da auf den Turm?“
„Vermutlich Munition und Waffen. Also der Turm muss nachher fallen, wenn der Chef kommt. Was ist mit dem anderen Turm da?“
„Nichts, der ist leer, ich glaube, von dem dort sehen die einfach nur besser. Der andere Turm ist doch nicht so hoch.“
„Ja, das könnte sein. OK, dann gebe ich das Mal an den Chef durch.“ Dubnus nahm sich ein Handfunkgerät und schaltete es ein.
„Merino an Schäfer kommen.“
„Schäfer hier?“
„Wir sind im nördlichen Hafen, die Einfahrt ist frei, nur einige alte Ruderboote als verrottetem Holz und ganz im Norden ist der Wachturm rechts der Einfahrt besetzt, die haben wohl einige Waffen. Sonst keine Gefahr, ihr könnt kommen.“
„Verstanden, in acht Minuten laufen wir in den Hafen ein, wo seid ihr?“
„Links neben der Pier die Hütte mit dem roten Dach.“
„Gut, Ende und Aus!“
Während Dubnus das Gerät auf den Tisch legte, sah Sabrina erschrocken an ihm vorbei, direkt in mein Gesicht. Dubnus drehte sich um und griff zu seinem Messer.
„So, ihr verratet dem Feind die Lage, ihr elendigen Verräter!“
Sabrina hatte inzwischen auch ein Messer gezogen und beide kamen auf mich zu.
„Eine Frage noch ihr Verräter, kommt ihr immer mit Messern zu einer Schießerei?“

***

Peter war mit den Kabeln an dem kleineren Wachturm fertig, da fielen einige Schüsse aus der Hütte. Kurz danach sah er mich aus der Hütte winken und ich lief auf ihn zu.
„Na hast du die beiden getroffen?“
„Ja, wie wir vermuteten, die beiden waren Verräter und sie haben dem angreifenden Boot gemeldet, dass der Hafen frei ist. Wo sind unsere Freunde?“
„Die haben den großen Wachturm geschmückt, schau mal durch das Zielfernrohr.“
Tatsächlich konnte man meinen, dass der hohe Wachturm mit zwei bewaffneten Männern besetzt war.
„Die sind bereits zurück im Dorf und warnen den Rest.“
„Gut, jetzt müssten die gleich kommen, die acht Minuten sind gleich vorbei.“

***

Der „Anzug“ war alles andere als dumm, er legte aber seine Eier nicht alle in ein Nest, sondern hatte sich mit drei Mann vor der Hafeneinfahrt in ein Zodiac Schlauchboot abgesetzt und fuhr die Insel weiter östlich an, der Küste hinunter und wollte direkt zur ehemaligen Bohrstelle.
„Schäfer an Rammbock, legen sie los!“ „Rammbock hat verstanden, Ende!“ Draußen auf dem Meer beschleunigte das Schnellboot jetzt. Alle Mann waren auf ihren Kampfstationen. Zwei schwere MG zeigten nach vorne, bereit den Weg frei zu machen.
Der „Anzug“ konnte von seinem Schlauchboot das Schnellboot nicht sehen, aber er nahm das Wummern der mächtigen Motoren wahr. Jetzt würden sie gleich in den Hafen einlaufen und den Weg freischießen. Niemand sollte sich ihnen in den Weg stellen.
„Hindernis voraus an beiden Seiten, alte Fischerboote.“
„Wir brechen durch, festhalten!“

***

Kein Durchkommen

„Drück drauf Schatz!“ Sagte ich zu Peter und er drückte auf den Zündautomaten. Die Wegstrecke von unserem Wachturm bis zur Miene im Wasser war etwas einen halben Kilometer lang. Wir sahen das Abbrennen der Zündschnur nicht, sie war in einem Augenblick als kleine Feuerlinie zu sehen, da war es auch schon vorbei und das Schnellboot raste in den Hafenbereich hinein …
Direkt unter dem Schnellboot ging die Sprengladung hoch und brachte die 20 Säcke mit ANFO zur Detonation. Ein schier endloser Wasserberg riss das Schnellboot mit sich in die Höhe und buchstäblich auseinander. Beim Aufschlagen auf dem Meer wurden die letzten Stücke des Schnellbootes zerrissen.
Von unserem Aussichtsturm aus gesehen sah es so aus, als würde das Schnellboot mit allem, was darauf und darin war, von der unglaublichen Gewalt des schäumenden Wassers in kleinste Teile zerrissen. Als der schäumende Wasserberg in sich zusammenbracht, gab es kein Schnellboot mehr.
Stattdessen liefen von der Seite her die Insulaner herbei und schossen mit Pfeil und Bogen auf das Wasser, wo sich noch etwas bewegte. Binnen einer halben Minute war alles vorbei.
Peter und ich hatten den Wachturm verlassen und wurden von Häuptling Theolanda aufgehalten. „Kümmert euch nicht um die da, euer Feind hat die Insel umfahren und legt in einigen Minuten unterhalb der Bohrstelle an. Lauf, an Land seid ihr schneller, ihr habt den kürzeren Weg.“

***

„Scheibenkleister, was war das denn?“ Rief einer der beiden Schlauchbootbegleiter zu dem „Anzug“. „Haben diese Inselaffen etwas die Hafeneinfahrt vermint?“
„Ja, das war nicht vorgesehen, jetzt fehlt uns die Rückendeckung, schneller, wir müssen um diesen Bogen rumfahren, hier können wir nicht anlegen!“
Inzwischen hatten Peter und ich das letzte Haus aus gemauerten Wänden, nahe der Bohrstelle erreicht und schauten durch die Ferngläser. Da kam bereits das Schlauchboot angefahren und würde die Landestelle gleich erreichen.
„Hier Schatz für dich, Kapitän Kefar’ter von der Fregatte.“
„Caroline Miles hier, das ist genau der passende Moment Kapitän. Folgendes zur Lage. Ein schweres Schnellboot versuchte im Nordhafen zu landen und wurde erfolgreich bekämpft. Jetzt gerade fährt ein Zodiac auf die südliche Landzunge zu. Die müsstet ihr eigentlich schon sehen. Das sind bewaffnete Feinde.“
„Danke, wir haben uns schon gefragt, was da oben bei euch los ist. Moment, die im Zodiac schießen auf unsere Seeleute.“
Plötzlich herrschte Stille. Jetzt konnten wir die Aufbauten der Fregatte Novel’ult sehen, das Schiff lag an der Westseite der Insel und vorne aus der Bugkanone spuckten kleine Wolken heraus.
Mit drei Granaten wurde das Schlauchboot gestoppt. Die erste Granate detonierte vor dem Schlauchboot im Wasser, quasi als Warnschuss. Doch das Schlauchboot fuhr weiter. Die beiden anderen Granaten rissen bereits das Boot auseinander.
„Miss Miles, da scheint es einen Überlebenden zu geben. Können sie den übernehmen?“ „Jawohl, danke Kapitän, was machen die drei anderen Angreifer?“
„Die Amerikaner kümmern sich darum, wir haben sie im Radar für die SM2 Raketen. Die Schweine haben unseren Hubschrauber mitsamt der Besatzung abgeschossen und das lassen wir uns nicht bieten.“
Während Peter und ich zu der Stelle liefen, an der die Schlauchbootbesatzung gestoppt wurde, versuchten sich draußen auf dem Meer, drei bislang unbekannte Schiffe mit einer amerikanischen Fregatte und der Novel’ult anzulegen.

***

Unterdessen hatte sich die Drohne der Novel’ult erneut den drei Schiffen genährt. Unbemerkt von der Schiffsbesatzung machte die Drohne ihre Aufnahmen und übertrug diese an die Amerikaner und die Novel’ult. Für die nächsten zwei Stunden würde die Drohne die Schiffe umkreisen und automatisch die Daten übertragen.
Und nach gut einer halben Stunde machten ein paar Matrosen auf dem großen Versorger einen kleinen, aber verhängnisvollen Fehler. Sie fuhren die Abdeckung der Kanone hoch, um durchzulüften.
Die Drohnenkamera machte gestochen scharfe Aufnahmen der unter der Abdeckung versteckten Kanone. Jetzt war nur noch das Zusammenzählen nötig und der Schutzmacht war klar, dass beide Schiffe mit acht schweren Kanonen bewaffnet waren, vier an jeder Seite. Das waren also keine Frachter und Versorger, das waren getarnte Kriegsschiff, so genannte Hilfskreuzer.
„Kapitän Kefar’ter?“ Rief der Kapitän der USS Octella über den Schiff-zu-Schiff Kanal. „Haben sie die Bilder gesehen, das sind Hilfskreuzer und das da waren mindestens 120mm Kanonen. Ist die Lage auf der Insel unter Kontrolle?“
„Kapitän Brandon, die Lage ist unter Kontrolle, wir wurden hier von einem Schnellboot und einem Speed Boot angegriffen und haben die Lage bereinigt.“
„Gut gemacht, bitte unterstützen sie uns, zwei Schiffe sehen mehr und sind flexibler.“
„Wir haben den Verband schon die ganze Zeit über unter Beobachtung, das ist unsere Drohne.“
„Oh, ich dachte, nur wir hätten sowas. Gut Kapitän. Die Angreifer sind innerhalb der 12 Meilen Zone und unterliegen damit unserer Gerichtsbarkeit. Zur Kontrolle, ich stelle fest, zum Land sind es von den Angreifern 10 Meilen. Das genügt. Wir funken die Angreifer an.“
„Kapitän Brandon, wenn die da drüben gute Geschütze haben, ist die Insel und damit auch mein Schiff in deren Reichweite, das genügt mir auch.“
Auf der Fregatte Novel’ult wurde Gefechtsalarm gegeben. Jetzt ging es los. Die Waffenrechner fuhren hoch und die Waffen wurden geladen.
Über die internationale Anruffrequenz kam ein starker Funkspruch herein.
„An den unbekannten Verband vor Jucabarta. Hier spricht die USS Octella. Sie verletzen internationales Seerecht, indem sie in ein gesperrtes Gebiet eingefahren sind. Stoppen sie ihre Maschinen, wir kommen an Bord zur Kontrolle. Versuchen sie nicht zu fliehen.“
Es dauerte ein wenig, dann meldete sich eine tiefe Stimme. „Hier spricht Kapitän Vadiy an Bord der Namru Eltz. Wieso versuchen sie uns zu stoppen, wir transportieren Güter und fahren an der Insel nur vorbei. Dazu sind wir nach internationalem Seerecht befugt. Folglich werden wir nicht stoppen. Ende.“
Der kleine Verband fuhr jetzt weiter auseinander, der kleine Verband lockerte sich auf.
Von der USS Octella kam ein Speed Boot angebraust, allerdings nur mit einem bewaffneten zwei Mann Boarding Team. Es fuhr auf den größeren der beiden Transporter zu. Das Schiff drehte bei und zeigte die Seite. Als das Speed Boot etwa eine Seemeile entfernt war, öffneten sich die vier seitlichen Klappen, vier große Rohre kamen zum Vorschein und spuckten Feuer. Bereits die zweite Granate traf das Speed Boot voll und es wurde zerrissen.
„Hier spricht Kapitän Vadiy an Bord der Namru Eltz. Sie haben uns angegriffen und wir mussten uns wehren. Lassen sie uns in Ruhe!“
„Kapitän Brandon, die haben ihr Boarding Team getötet.“ Kam ein Funkspruch über den gesicherten Schiff-zu-Schiff Kanal.
„Das Speed Boot war ferngelenkt, wir lernen schnell dazu. Wenn die letzte Warnung nicht fruchtet, versenken wir den Verband.“
Erneut wurde der kleine Verband von Kapitän Vadiy angefunkt und diesmal mit der klaren Drohung, dass die Schiffe versenkt würden.
Als Antwort kam nur ein verächtliches „Ihr kriegt unsere Bohrstelle niemals!“ Gleichzeitig begannen die Transporter mit einem Geschützfeuer auf die Insel Jucabarta.

***

Peter und ich hatten den einzigen Überlebenden, unseren bereits bekannten „Anzug“, auf einen Karren gelegt und fuhren ihn an die Westseite, dort waren die Lager der Insulaner und wir würden hier bessere Versorgung erhalten, als am Bohrloch. Als wir die Landebahn gerade erreicht hatten, da schlugen die ersten Granaten im Osten der Insel ein. Ungenau und zu weit weg, aber die Insel und ganz besonders das Bohrloch war das Ziel.
„Kapitän Kefar’ter, wir werden hier beschossen!“ Rief ich in das Funkgerät und die Antwort kam augenblicklich.
„Duckt euch, wir greifen an!“
„Novel’ult wir greifen den seewärts fahrenden Transporter mit Standard Missels an, bekämpfen sie den landwärts fahrenden Transporter.“
„Verstanden, wir greifen den landeinwärts fahrenden Transporter ebenfalls mit Standard Missels an.“
An Bord der Novel’ult gab der Waffenoffizier die passenden Befehle und zwei SM2 Raketen verließen die senkrechten Schächte im Bug. Aus dem weißen Rauch zischten zwei Lichter in den Himmel um in den Wolken zu verschwinden und mit mehr als zweifachem Schall in Richtung der Angreifer zu rasen. Gleichzeitig kamen die beiden SM2 von der Octella angerast und nahezu gleichzeitig schlugen die Raketen in den beiden Schiffen ein.
Die Sprengköpfe mit ihren 113 Kilogramm hochexplosivem Sprengstoff rissen beide Schiffe auseinander. Das erste Schiff wurde völlig auseinandergerissen, das zweite Schiff begann lichterloh zu brennen.
Das dritte Schiff, der Katamaran KTM2010, leistete Hilfe bei der Rettung der wenigen Überlebenden. Während den Schiffbrüchigen an Bord geholfen wurden, kam der Raketenkreuzer USS Octella näher, um bei der Rettung zu helfen und um den Katamaran gleich zu übernehmen.
So endete der Angriff auf die Insel Jucabarta in einem Desaster für die Angreifer. Noch während die Gefangenen Überlebenden auf der USS Octella in Haft genommen wurden, holte einer deren Bordhubschrauber den „Anzugträger“ bei uns an Land ab. Wir hofften, diesen bösen Menschen nicht mehr so schnell wiederzusehen.
Diesmal war der „Anzug“ deutlich leiser und nicht mehr so arrogant, aber das würde sich bestimmt schnell wieder legen, sobald der Mann in seiner Zelle war.

***

Die Opferung

Am folgenden Tag wurde ein Gedenkgottesdienst für die verstorbenen Besatzungen abgehalten und als die Dämmerung anbrach, kreisten die vier Galaxy Opferflugzeuge um die Insel. In einer halben Stunde, genauer in 28,3 Minuten würde die ISS den Strahl passieren und genau zu dem Zeitpunkt würden sich die vier Transportflugzeuge in den Rachen des Strahls werfen.

Der mögliche Absturzort der Transportmaschinen wurde bestimmt, er lag fast 8 Meilen hinter der Insel Jucabarta.
Wir wussten genau, wenn wir uns verrechnet hatten, würde das das Ende für die Besatzung der ISS bedeuten.
Die Crew der ISS machte auf den ersten Blick einen gelassenen Eindruck, aber wir wussten alle, dass das täuschte. Kein Mensch würde sich freiwillig grillen lassen.
Die Leitstellen der Raumfahrtorganisationen hatten sich geeinigt, dass die Verantwortung des Unternehmens im Mission Komplex in Moskau stattfand. Die Hochgeschwindigkeitsdatenleitungen zur NASA standen alle zur Verfügung und auch in den lokalen Zentralen waren die Menschen gespannt, wie das ausging.
Es war in der Tat eine Rechnung mit zahlreichen Unbekannten gewesen. Neben der Geschwindigkeit der ISS im erdnahen Orbit waren die Erdrotation und natürlich auch die Windgeschwindigkeit Faktoren, die berücksichtig wurden, ebenso wie die Luftdichte und die Luftfeuchtigkeit. Daneben wurden noch acht weitere Faktoren mit in die Formel einbezogen und all das hatte man einem der stärksten Supercomputer der Welt, im Jet Propulsion Laboratorium eingegeben und mehrfach durchrechnen lassen.
Nachdem sich die Wissenschaftler der Welt geeinigt hatten, dass die Berechnungen richtig und fehlerfrei waren, konnte das waghalsige Unternehmen starten. Die erst kürzlich eingebauten Atomuhren in den Opferflugzeugen liefen unglaublich genau und nach dem Programmstart gab es keinen Weg zurück mehr. In der Leitstelle saß Surina Maonatuba, eine erfahrene Technikerin und Missionsleiterin. Ihre Stimme war sehr klar, hell und angenehm im Funk. Daher nannten die Kosmonauten sie einfach nur „the Voice“.
„Leitstelle, hier Kormoran Eins bis Vier. Wir sind an Position. Kommen.“
„Hallo Kormoranflotte, hier Leitstelle, danke für ihren Mut wir starten in 5 – 4 – 3 – 2 – 1.“
Ab jetzt waren die Automaten die Herrscher der riesigen Transportflugzeuge und die Piloten saßen noch zwei Minuten auf ihren heißen Sitzen und prüften, dass auch wirklich alles stimmte.
„Leitstelle an Kormorane, bereit für Absprung, wir erwarten sie in der warmen See, Hals und Beinbruch!“
Wir und die Beobachter an Land, den Schiffen und in den Flugzeugen, die sich hier versammelt hatten, sahen nacheinander die Fallschirme aufgehen. Zuerst zwei, dann vier, sechs und dann sieben. Wo blieb der Achte?
Eine Schrecksekunde später sahen wir auch den achten Fallschirm. Die Besatzungen waren also ausgestiegen und trieben von der Insel weg zu den Marineschiffen, die bereits darauf warteten, sie anzulanden.
„Leitstelle hier Novel’ult, wir sehen die acht Fallschirme. Kommen.“
„Leitstelle, verstanden.“
In der Dämmerung sahen wir die ISS am Himmel deutlich näherkommen. Sie raste mit 7,66 km/s auf ihrer Kreisbahn und würde in weniger als 10 Sekunden in den Strahl treten und verglühen, wenn nicht ein Wunder geschah.
Unmittelbar vor dem Auftreffen der Raumstation glühte viel tiefer in der Atmosphäre eine der Galaxy Transportflugzeuge auf, schien am Himmel wie ein Leuchtfeuer zu brennen, dann erfolgte ein heller Blitz und die Maschine fiel in Tausenden brennenden Sternen in die See. Oben hatte die zweite Maschine bereits das Leuchten abgeschlossen und flammte ebenfalls auf, um im Meer zu versinken.
Schon flammte die dritte Maschine auf, aber hier war etwas anders. Die schwere Maschine, beladen mit Quarzsand leuchtete deutlich länger, ehe sie in einem Feuerpilz verging. Da griff sich der Strahl bereits die vierte und letzte Galaxy und brachte sie zum Leuchten. Auch hier gab es einen Feuerpilz, der den Himmel zum Leuchten brachte.
Als das Leuchten endlich vorbei war, schauten alle in den zunehmend dunkel gewordenen Himmel und suchten die ISS Raumstation.
Unruhe machte sich breit und die Ersten fragten bereits nach Trümmerspuren im All.
Endlich kam die erlösende Information. „Da ist sie, wir sehen sie, die Station. Die ISS hat überlebt!“
„Hallo Leitstelle, hallo Erde, hier ist die ISS, Verzeihung, aber der Relaissatellit wurde gegrillt, wir mussten auf UHF umschalten. Wir sind in Ordnung, lediglich am hintersten Kollektor sind ein paar Ecken weggeschmolzen. Ende.“
„Leitstelle an ISS, Danke Jungs, hier haben ein paar Leute vergessen weiter zu atmen. Willkommen zurück Leute. Leitstelle Ende.“
Jubel brandete überall auf der Welt auf. Die ISS hatte überlebt und würde so schnell nicht mehr in Gefahr durch den Strahl kommen.
Am Boden aber gingen die Messungen weiter. Mit den Astronauten und Kosmonauten in der ISS hatte man auch diesmal den Strahl vermessen. Es bestätigte sich, dass der Strahl beständig an Kraft verlor. Leider gab es auf der Erde keine Möglichkeit diese unglaubliche Energie zu fassen oder zu speichern. Die einzige denkbare Möglichkeit hatte man verworfen. Das war ein Gedankenexperiment, mittels eines Spezialprismas den Strahl umzulenken, um ihm auf der 38 Kilometer entfernten Insel aufzufangen. Die Berechnungen hatten jedoch ergeben, dass der Strahl durch die Erdkrümmung so nah an das Wasser kam, dass die Gefahr bestand, dass der Lichtstrahl in das Weltmeer eintauchen könnte. Und was dann geschehen würde, das hatte man noch nicht einmal theoretisch durchgerechnet.
So war die Entscheidung gefallen, den Strahl abklingen zu lassen und sobald dies gefahrlos machbar war, sollte die Kaverne untersucht werden. Sollte das nicht möglich oder zu gefährlich sein, dann müsste die Kaverne auf immer und ewig verschlossen werden.
So hatte das die UNO beschlossen und genauso sollte es kommen. Das besagte jedenfalls der Plan.
Aber die UNO hatte den Plan gemacht, ohne Mutter Natur zu fragen.
Während Peter und ich mit unseren Leuten dieses trübe, zerstörte Eiland wieder verlassen hatten, sammelte ein mächtiger Zyklon im Südosten von Neuseeland seine Kräfte und wanderte durch die warme See langsam nach Nordwesten und sammelte weiter seine Kräfte.
Der Zyklon lief zwischen Fidschi und Vanuatu hindurch und wurde mit jeder Stunde stärker und stärker. Daraufhin drehte der Sturmwind gen Osten und lief auf Tuvalu zu. Diese herrliche Urlaubsregion befürchtete bereits das Schlimmste, da drehte der Zyklon erneut und lief nach Nordwesten, vorbei an Soulebda, hier brachte er nur eine kühlende Brise. Aber danach lief der Zyklon direkt auf Jucabarta zu. Inzwischen war der Sturm über Wochen gewandert und hatte über dem Meer ungeheuerliche Energien getankt.
Die Forscher stuften den Zyklon in die Stufe 5 ein, ein mächtiger zerstörerischer Sturm mit über 300 km/h Windgeschwindigkeit. Die bewohnten Inseln um Jucabarta wurden evakuiert, da der Sturm nun direkt auf diese Inseln zulief.
Die Wissenschaftler hatten keine Erklärungen für das, was danach geschah. Normalerweise sind Zyklone riesige Sturmgebiete. Zuerst steigt feuchte, warme Luft nach oben, wodurch ein Tiefdruckgebiet entsteht, in das Luft aus allen Richtungen nachfließt. Durch die Corioliskraft werden diese Luftströme wie auf einer Korkenzieherbahn, rechtsdrehend nach oben gezogen, kühlen sich ab und bilden dicke Unwetterwolken.
Dieser Zyklon aber verhielt sich anders. Er sammelte seine Kraft wie alle Zyklone vor ihm aus dem warmen Meer und das Tiefdruckgebiet war gewaltig. Jedoch wurde der eigentliche Wirbel im Durchmesser ständig kleiner, dafür umso heftiger. Das, was jetzt auf die Insel Jucabarta zulief, war kein riesiger Megasturm mehr. Das war das Grauen selbst, das sich da näherte.
Fast sah es so aus, als würde sich das Böse der Welt hier versammelt haben, um Jucabarta für etwas zu bestrafen. Unglaublich Wassermassen wurden angesaugt und wie ein riesiger Wasserstrahl auf die Insel losgelassen.
Nach und nach versagten alle automatischen Kameras auf der Insel ihren Dienst. Die letzten hatten flutartige Regengüsse gezeigt, die wie ein mächtiger Dampfreiniger die Insel wegstrahlen begann. Als die riesigen Wasserwolken in den Strahl gerieten, begannen sie unheimlich zu leuchten. Der Strahl selbst schien in der Wasserwolke gefangen zu werden. Ab und an drang er wieder nach draußen.
Nun geschah das Unglaubliche. Die kleine Insel Jucabarta schien sich aufzulösen und über alledem stand dieser unglaubliche Strahl, der alles anzutreiben schien. Zwei volle Tage lang wütete das Unwetter von einem Zyklon, dem man inzwischen den Namen „Le Donjon du Diable“ gegeben hatte, was etwa „das Verlies des Teufels bedeutet“.
Am dritten Tage schließlich gab die Inseldecke nach und ein gewaltiger Sturm aus Wasserwellen und Licht erhob sich, plötzlich stürzte alles in sich zusammen. Es war, als wolle der Zyklon die Spuren beseitigen und am Ende löste sich der Zyklon in mächtigen Regenwolken auf. Von der Insel Jucabarta aber war nichts mehr zu sehen. Sie war ausgelöscht und von der Weltkarte getilgt und zusammen mit der Insel gab es auch keine Chance mehr den seltsamen Strahl zu erkunden, der seither nie wieder aufgetreten ist.

***

In einer dunklen Gefängniszelle, tief unter der Erde in einem einsamen Flecken von Nordamerika saß ein Mann in einem orangefarbenen Overall und biss sich die Finger wund. „Ihr habt mir mein Licht geraubt. Ihr habt mir meine Insel genommen, ihr habt mir mein Geld genommen und mein Licht geraubt. Ihr habt mir mein Licht geraubt …“ Immer und immer wieder schrie der Mann gebetsmühlengleich diese Sätze. Abwechselnd schlug er mit seinen Fäusten auf den harten Panzerstahl, aber der Stahl blieb unnachgiebig. Nach Wochen wurde der tobende Mann endlich in eine geschlossene Nervenheilanstalt eingewiesen und „schlafen gelegt“. Seither hat man von dem „Anzug“ nichts mehr gehört.

Epilog

Es gibt Dinge auf Erden, die sollte man besser ruhen lassen. Jahrmillionen alte Kräfte, die einst von Mächten versteckt wurden, die wir nicht einmal erfassen können. Diesmal hatten die Menschen noch einmal Glück gehabt und das Grauen in Form eines Lichtstrahls hat ihnen nur die Finger verbrannt. Was aber, wenn einmal etwas weitaus Gefährlicheres geweckt wird?

 

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